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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: 4 BS 293/05
Rechtsgebiete: VwGO, VwVfG, TAppO, SächsHG


Vorschriften:

VwGO § 62 Abs. 3
VwGO § 78 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
VwVfG § 46
TAppO § 3 Abs. 1
TAppO § 6 Abs. 1
TAppO § 10 Abs. 2
TAppO § 10 Abs. 3
SächsHG § 61 Abs. 1
SächsHG § 62 Abs. 1
SächsHG § 63 Nr. 7
Eine gleichheitswidrige erneute Prüfungschance verschafft sich ein Prüfling sowohl, wenn er unter Vortäuschung einer Prüfungsunfähigkei von einer Prüfung zurücktritt, wie auch, wenn er sich in Kenntnis seiner Prüfungsunfähigkeit oder ihrer wesentlichen Beeinträchtigung einer Prüfung unterzieht, um sich im Falle eines Misserfolges durch einen nachträglichen Rücktritt den Rechtswirkungen der erfolglosen Prüfung zu entziehen.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 BS 293/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zur Wiederholungsprüfung des Tierärztlichen Vorphysikums; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein

am 9. Februar 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 20. September 2005 - 4 K 801/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Bezeichnung des Antragsgegners in dem Rubrum des Beschlusses berichtigt wird; Antragsgegner ist der Freistaat Sachsen, vertreten durch die Universität Leipzig, Ritterstr. 26, 04109 Leipzig.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

1. Die Antragstellerin begehrt eine an den Antragsgegner gerichtete einstweilige Anordnung, sie zu einer Wiederholungsprüfung des Vorphysikums in dem Studiengang Veterinärmedizin im Fach Zoologie zuzulassen.

Die Antragstellerin wiederholte am 11.3.2005 die Prüfung des Tierärztlichen Vorphysikums im Fach Zoologie. Mit Bescheid vom 17.3.2005 wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Prüfungsergebnis erneut mit der Note nicht ausreichend bewertet worden und eine weitere Wiederholung nicht möglich sei. Am 29.3.2005 übergab sie dem Prüfungsausschuss bei der Universität Leipzig eine amtsärztliche Bescheinigung vom 14.3.2005, wonach sie in der Zeit vom 2. bis 11.3.2005 an einem hochfieberhaften Infekt erkrankt und prüfungsuntauglich gewesen sei. Mit Schreiben vom gleichen Tag an den Prüfungsausschuss teilte sie mit, dass sie während der Prüfung eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bemerkt habe; erst nach der Prüfung sei ihr klar geworden, dass ihre Leistungsfähigkeit durch die Krankheit sehr beeinträchtigt gewesen sei. Die amtsärztliche Bescheinigung habe sie zunächst nicht vorgelegt, weil sie sich nicht in L. aufgehalten habe und auf dem Weg der Besserung gewesen sei; außerdem sei es möglich gewesen, dass sie die Prüfung bestanden habe. Mit Bescheid der "Universität Leipzig - Prüfungsausschuss für die Tierärztliche Vorprüfung", der von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unterzeichnet ist, wurde ihr als Widerspruch gewertetes Vorbringen zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat dagegen Klage erhoben und eine auf Zulassung zu einer Wiederholungsprüfung gerichtete einstweilige Anordnung beantragt. Das Verwaltungsgericht Leipzig hat mit dem hier angefochtenen Beschluss den einstweiligen Rechtsschutzantrag gegen "die Universität Leipzig" abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgehoben, dass der Rücktritt der Antragstellerin nicht unverzüglich i.S.v. § 10 Abs. 2 TAppO erfolgt sei.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde bringt sie im Wesentlichen vor, dass sie ihre Prüfungsunfähigkeit rechtzeitig geltend gemacht habe. Bei Antritt zur Prüfung habe sie geglaubt, die Krankheit überwunden zu haben. Daher habe sie vor Beginn der Prüfung eine Erklärung unterzeichnet, wonach sie sich physisch und psychisch gesund fühle und sich unverzüglich einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen werde, sofern sich während der Prüfung eine entsprechende Beeinträchtigung einstellen sollte. Diese Verpflichtung habe sie erfüllt, da sie am Montag, den 14.3.2005 von dem Amtsarzt, den sie am Freitag, den 11.3.2005 nach Beendigung der Prüfung nicht mehr angetroffen habe, untersucht worden sei. Es könne nicht verlangt werden, eine nur vermutete Gesundheitsbeeinträchtigung unverzüglich geltend zu machen. Darüber hinaus sei die Widerspruchsentscheidung auch wegen einer Unzuständigkeit des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses formell rechtswidrig.

2. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) ist nicht begründet. Aus den von der Antragstellerin vorgebrachten Erwägungen, die den Prüfungsumfang des Senats begrenzen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Ablehnung der von ihr beantragten Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) durch den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, dessen Rubrum wegen der fehlerhaften Bezeichnung des Antragsgegners zu berichtigen ist (sh. 2.1.), rechtswidrig sein könnte. Die Antragstellerin hat ihren nachträglichen Rücktritt wegen einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit nicht unverzüglich i.S.v. § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 TAppO geltend gemacht (sh. 2.2.). Aus ihrem Vorbringen zur Unzuständigkeit des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ergibt sich nicht, dass sie zu einer neuen Prüfung zuzulassen wäre (sh. 2.3.).

2.1. Das Rubrum des angefochtenen Beschlusses ist zu berichtigen, da Antragsgegner nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entsprechend nicht, wie in dem Beschluss angesprochen, die Universität Leipzig, sondern der Freistaat Sachsen als Rechtsträger der für die Zulassung zu der staatlichen Prüfung des Tierärztlichen Vorphysikums zuständigen Behörde ist.

Nach § 3 Abs. 1 TAppO wird bei jeder Universität ein staatlicher Prüfungsausschuss für die Tierärztliche Vorprüfung und Prüfung gebildet, dessen Vorsitzender nach § 6 Abs. 1 TAppO über die Zulassung zu einem Prüfungsabschnitt entscheidet. Die Prüfungen sind damit keine autonom von der Universität durchzuführenden Hochschulprüfungen, sondern staatliche Prüfungen (§ 23 SächsHG). Unabhängig davon, ob eine Zulassungsentscheidung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses der Universität zuzuordnen wäre, weil diese für die Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe zuständig sein könnte (§ 61 Abs. 1, § 62 Abs. 1, § 63 Nr. 7 SächsHG) und der Prüfungsausschuss lediglich Erfüllungsgehilfe für sie wäre (sh. dazu: Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 78 RdNr. 5) oder etwa dem Prüfungsausschuss als staatliche Behörde und Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung (sh. dazu: Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl., RdNr. 553 m.w.N.), ist Rechtsträger i.S.v. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO jedenfalls der Freistaat Sachsen. Hinsichtlich seiner Vertretung (§ 62 Abs. 3 VwGO) könnte sich zwar die Frage erheben, ob etwa der Prüfungsausschuss oder die Universität die in § 4 Abs. 1 der Sächsischen Vertretungsverordnung insoweit angesprochene Behörde ist. Eine weitere Erörterung hierzu ist jedoch vorliegend nicht veranlasst, weil die Universität Leipzig entsprechend ihrer langjährigen und bislang nicht beanstandeten Praxis in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen einer Zulassung zu einer Tierärztlichen Prüfung die Funktion einer Vertreterin jedenfalls im Einvernehmen mit dem Prüfungsausschuss und augenscheinlich auch der sonstigen Behörden der Staatsverwaltung wahrnimmt.

2.2. Der angefochtene Beschluss ist nicht zu ändern, weil die Antragstellerin ihren nachträglichen Rücktritt, unabhängig davon, ob dieser schon deshalb ausgeschlossen sein könnte, weil die Antragstellerin möglicherweise in Kenntnis ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung an der Prüfung teilgenommen hat, jedenfalls nicht unverzüglich i.S.v. § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 TAppO erklärt hat.

§ 10 Abs. 2 TAppO regelt u.a. unter welchen Voraussetzungen bei krankheitsbedingter Versäumnis eines Prüfungstermins Studierende zu einer neuen Prüfung zu laden sind; nach § 10 Abs. 3 TAppO gilt diese Regelung entsprechend, wenn Studierende eine Prüfung abbrechen oder von ihr zurücktreten. Da ein Rücktritt nicht voraussetzt, dass die Prüfung oder der Prüfungsabschnitt noch andauert, wird davon auch ein nachträglicher Rücktritt erfasst (sh. dazu: BVerwG, Urt. v. 22.10.1982, NJW 1983, 2101). Voraussetzung für einen Rücktritt nach § 10 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 TAppO ist das Vorliegen eines triftigen Grundes, der dem Vorsitzenden unverzüglich auch schriftlich mitzuteilen und auf Verlangen glaubhaft zu machen ist und die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, wobei der Vorsitzende die Vorlage des Zeugnisses eines Gesundheitsamtes verlangen kann. Das Vorliegen eines krankheitsbedingten triftigen Grundes genügt daher für einen Rücktritt selbst dann nicht, wenn er durch ein amtsärztliches Zeugnis bestätigt wird; erforderlich ist daneben eine unverzügliche schriftliche Mitteilung. Das Erfordernis der Unverzüglichkeit dient dazu, einer Verletzung der Chancengleichheit entgegen zu wirken, indem sich ein Prüfling durch einen Rücktritt eine zu Lasten der Mitprüflinge zusätzliche Prüfungschance verschafft.

Eine gleichheitswidrige erneute Prüfungschance verschafft sich ein Prüfling sowohl, wenn er unter Vortäuschung einer Prüfungsuntauglichkeit von einer Prüfung zurück tritt, wie auch, wenn er sich in Kenntnis seiner Prüfungsunfähigkeit oder ihrer wesentlichen Beeinträchtigung einer Prüfung unterzieht, um sich im Falle eines Misserfolges durch einen nachträglichen Rücktritt den Rechtswirkungen der erfolglosen Prüfung zu entziehen. Erkennt ein Prüfling bereits vor der Prüfung, dass er prüfungsunfähig ist oder hat er wegen körperlicher Symptome oder äußerer Umstände Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit, dann muss er sich um Aufklärung bemühen, wozu auch die Einholung etwa ärztlichen Rats gehört. Verdrängt er die Zweifel, lässt sie auf sich beruhen oder nimmt er trotz ihrer Bestätigung an einer Prüfung teil, so muss er sich an seiner Entscheidung für die Prüfungsteilnahme festhalten lassen und kann sich ihr nicht durch einen Rücktritt entziehen. Denn es widerspräche dem Grundsatz der Chancengleichheit, einem Kandidaten, der sich ungeachtet einer erkannten Verminderung seiner Leistungsfähigkeit einer Prüfung in der Hoffnung stellt, sie gleichwohl zu bestehen, im Falle des Misslingens eine weitere Prüfungschance einzuräumen. Nur dann, wenn vor einer Prüfung eine gegebene Leistungsbeeinträchtigung nicht erkennbar war und vernünftigerweise kein Anlass bestand, die Leistungsfähigkeit in Zweifel zu ziehen oder eine Leistungsbeeinträchtigung erst während einer Prüfung entstand, kann ein Prüfling trotz Teilnahme an einer Prüfung seinen Rücktritt erklären. Auch in diesen Fällen besteht die Gefahr einer Verletzung der Chancengleichheit, indem der Prüfling versucht, Unklarheiten auszunutzen und sich eine zusätzliche Prüfungschance durch die Geltendmachung einer in Wirklichkeit nicht gegebenen Prüfungsunfähigkeit zu eröffnen. Einer solchen gleichheitswidrigen Verbesserung der Prüfungschancen kann entgegengewirkt werden, wenn dem Prüfungsamt eine eigene zeitnahe Gelegenheit zur Überprüfung gegeben wird, indem ihm die Rücktrittsgründe frühzeitig bekannt gegeben werden. Die diesem Zweck dienende unverzügliche Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit durch den Prüfling als Teil seiner auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhenden Mitwirkungspflicht im Prüfungsverfahren muss daher zu dem ihm frühestmöglich zumutbaren Zeitpunkt erfolgen (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, NJW 1989, 2340).

Davon ausgehend ist der von der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 29.3.2005 erklärte Rücktritt nicht unverzüglich. Dabei bedarf es zunächst keiner Entscheidung, ob ein Rücktritt der Antragstellerin schon deshalb ausgeschlossen sein könnte, weil sie möglicherweise eine bereits vor der Prüfung bestandene und von ihr erkannte gesundheitliche Beeinträchtigung in Kauf genommen und gleichwohl an der Prüfung teilgenommen hat. Zwar hat sie vorgebracht, dass sie sich, wenngleich nicht voll genesen, in der Lage gefühlt habe, die Prüfung zu absolvieren und erst während der Prüfung eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bemerkt habe. Dem könnte allerdings entgegen zu halten sein, dass sie nach der von ihr beigebrachten amtsärztlichen Bescheinigung auch an dem Prüfungstag an einem hochfieberhaften Infekt mit Magen-/Darmbeteiligung erkrankt war und sich ihr bei einem solchen Krankheitsbild zumindest Zweifel an ihrer Prüfungsfähigkeit hätten aufdrängen müssen. Sofern sie ungeachtet solcher Zweifel an der Prüfung teilgenommen hätte, müsste sie sich - wie ausgeführt - schon deshalb an der Prüfungsteilnahme festhalten lassen und könnte sich dem Prüfungsergebnis nicht durch einen nachträglichen Rücktritt entziehen.

Selbst wenn angenommen würde, dass sie die geltend gemachte krankheitsbedingte Gesundheitsbeeinträchtigung erstmals während der Prüfung bemerkt hätte und ihr erst nach dem Prüfungsende ihre Leistungsbeeinträchtigung klar geworden wäre, hätte sie den mit Schreiben vom 29.3.2005 erklärten Rücktritt nicht unverzüglich mitgeteilt. Zwar wäre in diesem Fall voraussichtlich nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin bereits während der Prüfung oder unmittelbar danach - wie in dem angefochtenen Beschluss angesprochen - ihren Rücktritt hätte erklären müssen. Angesichts der erheblichen Folgen eines Rücktritts von einer Prüfung muss einem Prüfling ein Mindestmaß an Überlegungszeit zugebilligt werden um ihm die Abwägung des Für und Wider zu ermöglichen. Für eine solche Abwägung besteht während einer unter Zeitdruck stehenden Prüfung keine ausreichende Gelegenheit, weshalb sie erst nach Beendigung einer Prüfung erfolgen kann. Auch nach Beendigung einer Prüfung kann es einem Prüfling jedoch nicht verwehrt werden, sich zunächst Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Leistungsbeeinträchtigung auf einer Erkrankung beruht, die einen Rücktritt rechtfertigt und ob ein Nachweis gegenüber der Prüfungsbehörde gelingen wird. Dementsprechend ist einem Prüfling auch insoweit eine Überlegungszeit zuzubilligen, deren Dauer von den jeweils gegebenen Umständen abhängt. Um so eindeutiger die krankheitsbedingte Leistungsbeeinträchtigung ist, desto weniger zeitlicher Aufwand ist für den Prüfling erforderlich, um sich Klarheit zu verschaffen. Umgekehrt wird bei nicht eindeutigen Symptomen eine längere Überlegungszeit zuzubilligen sein, während der ein Prüfling etwa zunächst ärztlichen Rat einholt und erst danach - alsbald - über einen Rücktritt entscheidet (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, aaO).

Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Antragstellerin hier eine solche längere Überlegungszeit zuzubilligen gewesen wäre und sie ihre Entscheidung über einen Rücktritt erst nach Einholung von ärztlichem Rat hätte treffen müssen, wäre es ihr zuzumuten gewesen, nach Beendigung der Prüfung am Freitag, den 11.3.2005 oder zumindest am darauf folgenden Samstag ärztlichen - nicht notwendigerweise ämtsärztlichen - Rat einzuholen und danach alsbald ihre Entscheidung über den Rücktritt dem Prüfungsamt mitzuteilen. Ob diese Mitteilung wiederum am 11.3. oder während des folgenden Wochenendes hätte erfolgen müssen, oder ob wegen einer möglichen Nichterreichbarkeit des Prüfungsamtes eine Mitteilung am darauf folgenden Wochentag - Montag, den 14.3.2004 - ausreichend gewesen wäre, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die erstmalige schriftliche Mitteilung des Rücktritts am 29.3.2004 war jedenfalls nicht unverzüglich.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist auf diese Mitteilung abzuheben und nicht auf die ihrer Auffassung nach unverzügliche amtsärztliche Untersuchung. Ihre Verpflichtung zu einer unverzüglichen amtsärztlichen Untersuchung, beruht auf § 10 Abs. 2 Satz 4 TAppO, wonach der Vorsitzende zusätzlich die Vorlage eines Zeugnisses eines Gesundheitsamtes verlangen kann und der von ihr vor Beginn der Prüfung geforderten und abgegebenen Erklärung sich unverzüglich einer solchen Untersuchung zu unterziehen. Diese zusätzliche Verpflichtung entbindet die Antragstellerin nicht von der daneben nach wie vor bestehenden Verpflichtung zu einer unverzüglichen Mitteilung des Rücktritts und seiner Gründe, die auf der im Prüfungsrecht allgemein bestehenden Mitwirkungspflicht des Prüflings im Prüfungsverfahren beruht, wie sie hier in § 10 Abs. 2 Satz 2 TAppO angesprochen ist. Dass des Weiteren der Antragstellerin eine vorherige Mitteilung - wie sie vorbringt - nicht möglich gewesen sein sollte, weil sie sich außerhalb von L. aufgehalten habe, auf dem Weg der Genesung gewesen sei und sie ein Bestehen der Prüfung für möglich gehalten habe, erschließt sich nicht. Umgekehrt wird durch ihre Einwendung zu einem für möglich gehaltenen Bestehen der Prüfung, mit der sie in der Sache zum Ausdruck bringt, sie habe zunächst das Prüfungsergebnis abwarten wollen, deutlich, dass sie ihre Rücktrittsmeldung rechtsmissbräuchlich hinausgezögert hat, um sich bei einer erfolglosen Prüfung durch einen nachträglichen Rücktritt eine weitere - gleichheitswidrige - Prüfungschance zu verschaffen.

2.3. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses ergibt sich auch nicht wegen der von der Antragstellerin vorgebrachten Unzuständigkeit des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses für die Widerspruchsentscheidung. Es mag hier dahin gestellt bleiben ob dieser Einwand berechtigt ist, zumal sich zum einen die Frage erheben könnte, ob der als Entscheidung über den Widerspruch bezeichnete Bescheid vom 5.4.2005, jedenfalls soweit die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom 29.3.2005 die Zulassung zu einer neuen Prüfung beantragt hatte, der Sache nach keine Widerspruchsentscheidung sondern eine Ausgangsentscheidung über diesen Antrag ist. Des Weiteren kann offen bleiben, ob für eine Widerspruchsentscheidung gegen das der Antragstellerin mitgeteilte Prüfungsergebnis der Vorsitzende, der Prüfungsausschuss - der allerdings in seiner Sitzung vom 9.8.2005 der Zurückweisung des Widerspruchs vom 5.4.2005 zugestimmt hat - oder eine sonstige Behörde zuständig war. Selbst wenn eine verfahrensfehlerhafte Entscheidung bislang getroffen worden sein sollte, könnte dies - allenfalls (§ 2 Abs. 1 SächsVwVfG i.V.m. § 46 VwVfG) - ihre Aufhebung zur Folge haben, nicht jedoch einen Zulassungsanspruch zu einer erneuten Wiederholungsprüfung.

Die somit nicht begründete Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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