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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: 4 BS 362/03
Rechtsgebiete: VwGO, SächsKomZG, SiGrG


Vorschriften:

VwGO § 65 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
SächsKomZG § 48
SächsKomZG § 62
SiGrG § 1 Abs. 1 Satz 2
SiGrG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
SiGrG § 1 Abs. 3
SiGrG § 2 Abs. 1
SiGrG § 2 Abs. 1 Nr. 1
SiGrG § 2 Abs. 2
SiGrG § 2 Abs. 2 Satz 4
SiGrG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 4 BS 362/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Sicherheitsneugründung; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Rottmann und den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng

am 11. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Beiladung des Zweckverbands Wasserwerke Westerzgebirge wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 23. Oktober 2003 - 1 K 1323/03 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Regierungspräsidiums Chemnitz im Bescheid vom 27.8.2003, eine Sicherheitsneugründung des Zweckverbands Wasserwerke Westerzgebirge durchzuführen.

Anfang der 90iger Jahre einigten sich zahlreiche im Gebiet der ehemaligen Landkreise Aue und Schwarzenberg gelegenen Städte - unter ihnen die Antragstellerin - und Gemeinden sowie die Stadt Zwönitz mit Blick auf die Kommunalisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung darauf, einen Zweckverband zu gründen. Der Satzungsentwurf vom 30.9.1992 sah vor, dass die Aufgaben der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung einschließlich der Abgabenhoheit auf den zu gründenden Zweckverband übergehen. Das Ausscheiden von Verbandsmitgliedern war nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Satzung an einen Mehrheitsbeschluss der in der Verbandsversammlung anwesenden Mitglieder geknüpft.

Am 10.12.1992 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragstellerin, dem "Zweckverband kommunale Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Westerzgebirge" unter der Voraussetzung beizutreten, dass der Antragstellerin jederzeit der Austritt aus dem Verband ermöglicht werde. In der Folgezeit beteiligte sich die Antragstellerin an der Tätigkeit des 1993 genehmigten Verbands.

1996 fasste die Verbandsversammlung die Verbandssatzung neu und benannte den Zweckverband in "Zweckverband Wasserwerke Westerzgebirge" um. Nach der geänderten Satzung bedurfte das Ausscheiden eines Verbandsmitglieds der Zustimmung von drei Vierteln der Stimmen aller Vertreter in der Verbandsversammlung sowie der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.

Am 15.9.1997 beschloss der Stadtrat der Antragstellerin, zum nächstmöglichen Termin "entsprechend dem Vorbehalt vom 10. Dezember 1992" aus dem Zweckverband auszutreten und - falls der Beitritt nicht wirksam erfolgt sei - dem Zweckverband zum nächstmöglichen Termin die Aufgabe der Trinkwasserversorgung zu entziehen. Die Verbandsversammlung lehnte dies mit Beschluss vom 15.10.1997 ab; in der Anlage zu der 1999 erneut geänderten Verbandssatzung ist die Antragstellerin weiterhin als Mitglied des Zweckverbands aufgeführt.

Auf die im Jahr 1998 erhobene Klage der Antragstellerin gegen den Zweckverband Wasserwerke Westerzgebirge stellte das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 30.5.2001 - 1 K 1557/98 - fest, dass die Antragstellerin nicht Mitglied des Zweckverbands ist. Der Zweckverband sei nicht wirksam gegründet worden. Die erforderlichen Beschlüsse der Gemeindevertretungen zahlreicher Mitgliedsgemeinden lägen nicht vor. Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Antragstellerin vom 10.2.1992, dem Zweckverband "unter der Voraussetzung" eines jederzeit möglichen Austritts beizutreten, sei ohne Rechtswirkungen geblieben, zumal ein Beitrittsbeschluss bedingungsfeindlich sei. Eine Heilung der zahlreichen Gründungsmängel sei nicht erfolgt.

Nachdem der Stadtrat der Antragstellerin die Durchführung einer Sicherheitsneugründung abgelehnt hatte, kündigte die Antragstellerin unter dem 2.4.2002 ihre Mitgliedschaft im Zweckverband, an dessen Verbandsversammlungen sie bereits seit März 2002 nicht mehr teilgenommen hatte. Mit Schreiben vom 26.4.2002 wies der Zweckverband die Kündigung zurück.

Nach Anhörung u.a. der Antragstellerin ordnete das Regierungspräsidium Chemnitz mit Bescheid vom 27.8.2003 gegenüber der Antragstellerin, den (übrigen) Mitgliedern des Zweckverbands und diesem selbst die Durchführung der Sicherheitsneugründung "nach Maßgabe dieses Bescheides" an (Nr. 1), erklärte die Anordnung für sofort vollziehbar (Nr. 2) und drohte für den Fall, dass "der Beschluss des Gemeinderates/Stadtrates" zu einer Verbandssatzung nach Maßgabe des § 48 SächsKomZG und der Beschluss der Verbandsversammlung über eine Verbandssatzung nicht bis zum 15.10.2003 vorliege, jeweils die Ersatzvornahme an (Nr. 3). Zur Begründung führte das Regierungspräsidium im Einzelnen aus, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Durchführung der Sicherheitsneugründung nach § 1 Abs. 3 SiGrG vorlägen. Die Vereinbarung einer Verbandssatzung erfordere wie der Beitritt zu einem Zweckverband einen Beschluss des jeweiligen Gemeinde- bzw. Stadtrats zur Übertragung der Aufgabe der Wasserversorgung (§ 57 SächsWG) als auch einen Beschluss zu einem bestimmten Entwurf der Verbandssatzung. Soweit entsprechende Beschlüsse nicht ergingen, würden diese durch Ersatzvornahme herbeigeführt.

Die Antragstellerin erhob unter dem 19.9.2003 Widerspruch, über den noch nicht entschieden wurde.

Am 19.9.2003 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Chemnitz die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt. Sie sei nicht zur Mitwirkung an der Sicherheitsneugründung verpflichtet, weil sie kein "am bisherigen Verband beteiligtes Mitglied" i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SiGrG sei. Sie habe den Beitrittsbeschluss erkennbar unter der Voraussetzung des jederzeitigen Austritts gefasst und damit keinen Rechtsschein gesetzt, am Zweckverband unbedingt und "für alle Zeiten" beteiligt sein zu wollen. Eine Verpflichtung zur Sicherheitsneugründung scheide auch deshalb aus, weil sie vor In-Kraft-Treten des Sicherheitsneugründungsgesetzes durch einseitige Erklärungen (Austritt, Kündigung) mit Wirkung für die Zukunft aus dem Verband ausgeschieden sei. Die Zurückweisung dieser Erklärungen durch die Verbandsversammlung sei rechtlich unerheblich, weil der Zweckverband mangels wirksamer Gründung keine verbindliche Verbandssatzung habe; auch einer Genehmigung des Austritts (§ 62 SächsKomZG) habe es nicht bedurft. Im Übrigen sei das Sicherheitsneugründungsgesetz wegen einer Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts verfassungswidrig. Rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid auch deshalb, weil er eine bestimmte Neufassung der Verbandssatzung vorschreibe. Da die Antragstellerin im Wege der Sicherheitsneugründung nicht verpflichtet werden dürfe, einem Verband anzugehören, aus dem sie bei realistischer Betrachtung nicht mehr ausscheiden könne, sei zumindest die Aufnahme eines einseitigen Sonderaustrittsrechts in die Satzung geboten.

Mit Beschluss vom 23.10.2003 - 1 K 1323/03 - hat das Verwaltungsgericht Chemnitz die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen Nr. 3 des Bescheids des Regierungspräsidiums Chemnitz angeordnet und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei summarischer Prüfung erweise sich die Anordnung der Ersatzvornahme als rechtswidrig, weil § 4 Abs. 1 SiGrG die Rechtsaufsichtsbehörde nicht zur Ersetzung der jeweiligen Gemeinderatsbeschlüsse ermächtige, sondern nur die Bildung eines Zweckverbands und den Erlass der Verbandssatzung durch die Rechtsaufsichtsbehörde vorsehe. Die auf § 1 Abs. 3 SiGrG gestützte Anordnung der Sicherheitsneugründung sei dagegen voraussichtlich rechtmäßig, weshalb das öffentliche Vollziehungsinteressse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin insoweit überwiege.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 24.10.2003 zugestellten Beschluss am 10.11.2003 Beschwerde erhoben, soweit ihr Antrag abgelehnt wurde, und diese wie folgt begründet: Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die Antragstellerin nicht zur Mitwirkung an der Sicherheitsneugründung verpflichtet. Ihre Austrittserklärung, ihre Kündigungserklärung sowie das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 30.5.2001 hätten dazu geführt, dass der Zweckverband bereits vor dem In-Kraft-Treten des SiGrG in das Stadium der Auseinandersetzung eingetreten und die vom Gesetzgeber angestrebte Rechtssicherheit eingetreten sei. Soweit der Zweckverband im Außenverhältnis noch als Aufgabenträger auftrete, sei dies rechtswidrig.

Da der Zweckverband seine Tätigkeit hätte einstellen müssen, sei der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 2 SiGrG jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung hier nicht eröffnet. Die zwangsweise Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sicherheitsneugründung komme einer Aufgabenentziehung zumindest gleich und sei an Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 82 Abs. 2 SächsVerf zu messen. Verhältnismäßig sei der Eingriff in die kommunale Aufgabenwahrnehmung nur dann, wenn er einem besonderen Gemeinwohlbelang diene, nicht jedoch zur Schaffung von Rechtssicherheit. Diese könne - als milderes Mittel - auch durch die Auflösung der jeweiligen Zweckverbände erreicht werden.

II.

1. Der Antrag der Antragstellerin auf Beiladung des Zweckverbands Wasserwerke Westerzgebirge ist abzulehnen. Ein Fall der notwendigen Beiladung i.S.v. § 65 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor, weil der genannte Zweckverband an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt ist, dass die Entscheidung ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die sofortige Vollziehbarkeit der Anordnung zur Sicherheitsneugründung nur insoweit, als sie die Antragstellerin selbst betrifft. Rechtspositionen des Zweckverbands Wasserwerke Westerzgebirge werden damit allenfalls mittelbar bzw. faktisch berührt. Eine einfache Beiladung (§ 65 Abs. 1 VwGO) des Zweckverbands, die damit allein in Betracht kommt, erscheint dem Senat hier nicht angezeigt.

2. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die im Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 27.8.2003 enthaltene Anordnung, eine Sicherheitsneugründung des Zweckverbands Wasserwerke Westerzgebirge durchzuführen, zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass das öffentliche Interesse an der Vollziehung dieser Anordnung das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig erweist.

Nach § 1 Abs. 3 SiGrG kann die Rechtsaufsichtsbehörde die Durchführung der Sicherheitsneugründung anordnen, wenn die Verpflichtung zur Sicherheitsneugründung besteht, diese aber nicht durchgeführt wird. Eine solche Verpflichtung zur "bestätigenden Gründung" (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 SiGrG) eines Zweckverbands ist - wie der Senat bereits im Beschluss vom 1.7.2003 (- 4 BS 49/03 -, SächsVBl. 2004, 60 [62] = NJ 2003, 665 mit Anmerkung Lühmann) ausgeführt hat - einer Gemeinde unmittelbar durch das Sicherheitsneugründungsgesetz auferlegt, wenn sie gemäß § 2 Abs. 2 SiGrG als Mitglied eines Zweckverbandes gilt, der seine Tätigkeit aufgenommen hat, an dessen wirksamer Gründung und demnach Bildung als Körperschaft aber zumindest erhebliche Zweifel bestehen und dessen Gründung bislang nicht wirksam nachgeholt worden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 3 SiGrG).

Das Vorliegen dieser tatbestandlichen Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend bejaht. Der Zweckverband Wasserwerke Westerzgebirge hat seine Tätigkeit bereits vor mehreren Jahren aufgenommen, ohne dass seine Gründung bislang wirksam nachgeholt worden ist. An der wirksamen Gründung des Zweckverbands bestehen erhebliche Zweifel (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SiGrG), weil das Verwaltungsgericht Chemnitz mit (rechtskräftigem) Urteil vom 30.5.2001 - 1 K 1557/98 - von der Unwirksamkeit der Verbandsgründung ausgegangen ist. Die Antragstellerin ist als "am bisherigen Verband beteiligtes Mitglied" i.S.v. § 2 Abs. 1 und 2 SiGrG auch kraft Gesetzes verpflichtet, an der Sicherheitsneugründung mitzuwirken.

Für eine einschränkende Auslegung des Sicherheitsneugründungsgesetzes, wie sie die Antragstellerin unter Hinweis auf den "bedingten" Beitrittsbeschluss ihrer Stadtverordnetenversammlung aus dem Jahr 1992, ihre Austritts- und Kündigungserklärungen gegenüber dem Zweckverband sowie das rechtskräftige Feststellungsurteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 30.5.2001 mit Blick auf die Gewährleistung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts fordert, sieht der Senat keine Grundlage. Die Auffassung der Antragstellerin, eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sicherheitsneugründung eines Zweckverbands scheide aus, wenn dieser bereits vor dem In-Kraft-Treten des Sicherheitsneugründungsgesetzes (1.5.2002) in das Stadium der Auseinandersetzung getreten sei, findet im geltenden Recht keine Stütze.

In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung zu der - in der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 8.2.2002 - 4 B 555/01 -, UA S. 4 f.) bislang nicht abschließend geklärten - Frage, ob bzw. in welchem Umfang die in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf unwirksam gegründete Zweckverbände entsprechend anwendbar sind (dies erwägend etwa Degenhart, SächsVBl. 2001, 85 [88]; ausführlich Kollhosser, NJW 1997, 3265). Eine - unterstellte - Anwendung dieser Grundsätze, nach denen die Geltendmachung eines fortwirkenden Gründungsmangels zur Folge hätte, dass die Vereinigung in das Stadium der Auseinandersetzung tritt, sie also nicht mehr auf die dauerhafte Erfüllung ihres ursprünglichen Zwecks, sondern nur noch auf die Abwicklung (Liquidation) ausgerichtet ist, schlösse die Anordnung einer Sicherheitsneugründung nicht etwa aus, wie sich aus Folgendem ergibt:

§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SiGrG, der bestimmt, dass eine Sicherheitsneugründung dann durchzuführen ist, wenn zumindest erhebliche Zweifel daran bestehen, ob die ursprüngliche Gründung zur wirksamen Bildung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts geführt hat, sieht eine Sicherheitsneugründung vor, wenn eine beachtliche Unsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit der Gründung besteht. Mit dieser Regelung werden - wie dort ausdrücklich angesprochen - insbesondere die Fälle erfasst, in denen ein Verwaltungsgericht von der Unwirksamkeit der Verbandsgründung ausgegangen ist. Diese dem Gesetzeswortlaut verpflichtete Auslegung trägt auch dem erkennbaren Normzweck des Sicherheitsneugründungsgesetzes Rechnung. Das genannte Gesetz dient vorrangig der Schaffung von Rechtssicherheit in den Rechtsverhältnissen der faktisch bestehenden Zweckverbände, deren (Fort-)Bestand durch "bestätigende" Neugründungen möglichst aufrechterhalten bleiben soll.

Davon ausgehend kommt es nicht darauf an, ob der Zweckverband Wasserwerke Westerzgebirge aufgrund der vom Verwaltungsgericht rechtskräftig festgestellten Gründungsmängel vor dem In-Kraft-Treten des Sicherheitsneugründungsgesetzes in das Stadium der Abwicklung eingetreten ist, wie es mit der Beschwerdebegründung geltend gemacht wird. Dass die Austrittserklärung vom 15.9.1997, auf die sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang beruft, die Anwendbarkeit des Sicherheitsneugründungsgesetzes nicht etwa ausschließt, folgt zudem aus § 2 Abs. 2 Satz 4 SiGrG, auf den das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Die genannte Regelung bestimmt, dass (nur) Mitglieder, die unter Beachtung der Austrittsvorschriften des § 62 SächsKomZG (u.a. mit aufsichtsbehördlicher Genehmigung) ausgeschieden oder nicht mehr in der letzten genehmigten und bekannt gemachten Fassung der Verbandssatzung aufgeführt sind, (als mitwirkungspflichtige Mitglieder des Zweckverbands) außer Betracht bleiben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das Sicherheitsneugründungsgesetz in allen Fällen "leer laufen" würde, wenn dessen fehlende Anwendbarkeit damit begründet würde, dass sich der Zweckverband wegen Gründungsmängeln ohnehin im Stadium der Auseinandersetzung befinde. Maßgeblicher Sinn und Zweck des Gesetzes ist es gerade, Zweckverbänden, deren rechtlicher Bestand unsicher ist, eine rechtssichere Grundlage zu geben. Der bislang auf unsicherer Grundlage tätige Verband soll seine Tätigkeit nunmehr auf rechtlich gesicherter Grundlage ausüben können; als Rechtsnachfolger tritt er in die Rechte und Pflichten des bisherigen Zweckverbands ein (§ 6 Abs. 1 SiGrG) und übernimmt diese gleichsam. Ob sich die Wirkung der Sicherheitsneugründung darauf beschränkt, die Tätigkeit des neu gegründeten Zweckverbands "lediglich für die Zukunft" auf eine sichere Grundlage zu stellen, wie es der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem - nicht rechtskräftigen - Urteil vom 5. November 2003 (- 5 B 316/03 -, UA S. 10; ablehnend Birk, Sachsenlandkurier 2004, 22) entschieden hat, oder ob aus der Sicherheitsneugründung etwa folgt, dass der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des bisherigen Verwaltungshandelns maßgebliche Zeitpunkt derjenige der Rechts- und Pflichtenübernahme ist, bedarf hier keiner weiteren Erörterung.

Der Senat sieht jedenfalls auch im Hinblick auf die vorgebrachten - und seinen Prüfungsumfang beschränkenden - verfassungsrechtlichen Erwägungen in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine Veranlasssung, von einer Verfassungswidrigkeit des Sicherheitsneugründungsgesetzes auszugehen.

Eine einschränkende Auslegung dieses Gesetzes, wie sie die Antragstellerin unter Hinweis auf ihre Zweifel an der Vereinbarkeit des genannten Gesetzes mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 82 Abs. 2 SächsVerf) fordert, ist nicht geboten. Eine verfassungskonforme Auslegung ist nach allgemeiner Auffassung nur vorzunehmen, wenn eine einfach-rechtliche Vorschrift mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, von denen nur eine den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 23.10.1958, BVerfGE 8, 210 [221]; std. Rspr.). Für eine solche Auslegung besteht nach den Darlegungen in der Beschwerdebegründung kein Anlass.

Bei dieser Beurteilung verkennt der Senat nicht, dass die vom Antragsgegner angeordnete Mitwirkung der Antragstellerin an der Sicherheitsneugründung des Zweckverbands Wasserwerke Westerzgebirge und die Übertragung der Wasserversorgung auf diesen Zweckverband das durch Art. 28 Abs. 2 GG wie durch Art. 82 Abs. 2 SächsVerf gewährleistete Recht der Gemeinde berührt, alle Aufgaben des örtlichen Wirkungskreises selbst wahrzunehmen und eigenverantwortlich zu erfüllen (zum Schutzbereich vgl. SächsVerfGH, Urt. v. 18.11.1999, JbSächsOVG 7, 51 [59]; Urt. v. 16.5.2002, SächsVBl. 2002, 187 [188]; Degenhart, SächsVBl. 2001, 85 [87]). Ob bzw. in welchem Umfang die Sicherheitsneugründung eines Zweckverbands einen Eingriff in dieses Recht bewirkt (bejahend VerfG Brandenburg, Urt. v. 20.1.2000, LKV 2000, 199 [200]; Degenhart, aaO; offen lassend dagegen etwa BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.7.2002, LKV 2002, 569 [572]), bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe geben keine Veranlassung, von einer Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts auszugehen.

Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hindert den Gesetzgeber nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht, kommunale Angelegenheiten anderen Aufgabenträgern zuzuweisen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.11.1998, BVerfGE 79, 127 [143]), das Recht der Gemeinden zur eigenverantwortlichen Erledigung ihrer Aufgaben zu beschränken und auch in ihre Organsiationshoheit einzugreifen (BVerfG, Urt. v. 3.12.1992, BVerfGE 91, 227), soweit dies durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (SächsVerfGH, Urt. v. 16.5.2002, aaO, 189, m.w.N.). Innerhalb dieses Rahmens darf der Gesetzgeber eine eigenverantwortliche Aufgabenerledigung der Gemeinden allerdings nur insoweit beschränken, als dies zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks geeignet und angemessen ist (vgl. SächsVerfGH, Urt. v. 16.5.2002, aaO; vgl. auch Ehlers, DVBl. 2000, 1301 [1307 f.]).

Ausgehend von diesem Maßstab bestehen zunächst keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der durch das Sicherheitsneugründungsgesetz auferlegten Verpflichtungen. Die in Rede stehenden Bestimmungen sind zur Verfolgung des erkennbaren gesetzgeberischen Zwecks, der Schaffung eines Mindestmaßes von Rechtssicherheit im Bereich der zumindest faktisch bestehenden Zweckverbände, geeignet. Dies wird auch von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht bezweifelt. Ihr Einwand, dem Gesetzgeber habe mit der Auflösung von Zweckverbänden, deren Mitglieder sich nicht auf eine Sicherheitsneugründung einigen könnten, ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Erforderlichkeit des Sicherheitsneugründungsgesetzes. Ein auf die Auflösung und Abwicklung von Zweckverbänden, deren wirksame Gründung zweifelhaft ist, gerichtetes Gesetz wäre zur Schaffung von Rechtssicherheit zwar möglicherweise ebenfalls geeignet gewesen. Gegenüber der vom Gesetzgeber gewählten Entscheidung, die bestehenden Zweckverbände möglichst aufrecht zu erhalten, erscheint dies - gerade unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative - jedoch schon deshalb nicht als offensichtlich milderes Mittel, weil zahlreiche Gemeinden (wie hier) ein Interesse an der weiteren Aufrechterhaltung der von ihnen mitgegründeten Zweckverbände und der Fortsetzung deren Tätigkeit in den Bereichen der Daseinsvorsorge haben. Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass die mit dem Sicherheitsneugründungsgesetz gewählten Mittel generell außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck stünden, sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen und auch ansonsten nicht ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin des Weiteren geltend macht, die Sicherheitsneugründung sei jedenfalls hier unverhältnismäßig, weil ihre Mitwirkung an der (erstmaligen) Verbandsgründung nur unter der Voraussetzung eines jederzeitigen Austritts erfolgt sei, sie - die Antragstellerin - ihren Willen zum Ausscheiden aus dem Verband bereits vor mehreren Jahren rechtsverbindlich bekundet habe, und sich der Zweckverband weigere, der Antragstellerin die ihr zustehende Durchführung der Wasserversorgung zu überlassen, begründet auch dies keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Durch die Anordnung der Sicherheitsneugründung wird den betroffenen Mitgliedsgemeinden - so auch der Antragstellerin - zwar die Pflicht zur Mitwirkung an der Sicherheitsneugründung auferlegt. Die betroffenen Gemeinden haben diese Verpflichtung dadurch zu erfüllen, dass sie eine genehmigungsfähige, d.h. vor allem den gesetzlichen Erfordernissen genügende Verbandssatzung vereinbaren (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SiGrG) und sicherstellen, dass ihre Vertreter in der Verbandsversammlung des bisherigen Verbandes der vereinbarten Verbandssatzung zustimmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 SiGrG i.V.m. § 26 Abs. 1 SächsKomZG; § 52 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 SächsKomZG). Das Gesetz überlässt es damit vorrangig den Gemeinden selbst, sich über die Bedingungen, unter denen sie den Verband auf rechtlich gesicherter Grundlage fortsetzen wollen, d.h. über den Inhalt der neuen Verbandssatzung, zu einigen (vgl. bereits SächsOVG, Beschl. v. 1.7.2003, a.a.O.). Dies gilt auch hinsichtlich der Möglichkeit eines Ausscheidens der Antragstellerin aus dem neu zu gründenden Zweckverband. Nur wenn sich nicht alle Betroffenen über den Inhalt einer genehmigungsfähigen Verbandssatzung einigen können, ist die Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 4 Abs. 1 SiGrG zum Erlass einer Verbandsatzung im Wege der Ersatzvornahme berufen. Vor diesem Hintergrund ist - nach wie vor - offen, ob der Antragstellerin im Ergebnis der aufzunehmenden Verhandlungen letztlich ggf. eine Art "Sonderaustrittsrecht" zugestanden werden kann, das ihren Vorstellungen entspricht. Im Übrigen ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht außer Betracht zu lassen, dass auch die Antragstellerin an der - wenn auch fehlgeschlagenen - ursprünglichen Gründung des Zweckverbands teilgenommen und über Jahre hinweg durch die von ihr entsandten Vertreter an dessen Tätigkeit aktiv mitgewirkt hat.

Die Beschwerde ist daher mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Bei der Streitwertfestsetzung gemäß § 20 Abs. 3 i.V.m. §§ 14, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG orientiert sich der Senat an Nr. II.19.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahr 1996 (abgedruckt u.a. bei Kopp/Schenke, a.a.O., Anh. § 164), der für Maßnahmen der Kommunalaufsicht einen Streitwert von 20.000,00 DM vorsieht; dieser Betrag ist für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Nr. I.7. des Katalogs). Die Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 3 des Bescheids vom 27.8.2003) ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens und bleibt deshalb für die Streitwertfestsetzung außer Betracht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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