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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.09.2009
Aktenzeichen: 5 B 305/09
Rechtsgebiete: VwGO, VwVfG, SächsKAG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwVfG § 38
SächsKAG § 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 B 305/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abwasserbeitrags; Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung

hier: Beschwerde

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 22. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 1. April 2009 - 6 K 757/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 454,22 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 1.4.2009 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers abgelehnt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage insoweit anzuordnen, als der Abwasserbeitragsbescheid vom..5.2007 in der Fassung vom 25.2.2008 bezüglich der Flurstücke Nummern F1.... und F2..... einen Abwasserbeitrag von über 4.360,50 € festsetzt. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein einzugehen ist, rechtfertigen keine Änderung dieses Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass nach summarischer Prüfung ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht wahrscheinlicher als ein Misserfolg sei. Die Erfolgsaussichten der Klage seien allenfalls offen. So könne im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mit hinreichender Sicherheit geklärt werden, ob der Abwasserbeitragsbescheid materiell rechtmäßig sei. Möglicherweise zweifelhaft sei die Rechtmäßigkeit des festgesetzten Betriebskapitals. Nicht durchgreifen könne allerdings die Rüge des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Schreiben des Antragsgegners vom...3.2003. Aus diesem Schreiben könne keine rechtsverbindliche Zusicherung des Antragsgegners über die tatsächliche Beitragshöhe hergeleitet werden. Das Schreiben stelle lediglich eine Auskunft über die zu erwartende Beitragshöhe dar. Auch dürften die Nutzungseinschränkungen infolge der über das Grundstück verlaufenden Versorgungsleitungen nicht dazu führen, dass die Voraussetzungen einer Teilflächenabgrenzung vorliegen. Im Übrigen sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der festgesetzten Beitragshöhe für ein Grundstück nicht die Höhe des Kaufpreises entscheidend. Grundlage für die Beurteilung seien vielmehr nur die Kapitalien und die Nutzungsflächen.

Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, dass das Schreiben des Antragsgegners vom...3.2003 eine verbindliche Auskunft im Sinne einer Zusicherung nach § 38 VwVfG analog darstelle. Von dem - nach eingehender Besichtigung der Grundstücke abgegebenen - bindenden Versprechen, den Abwasserbeitragsbescheid lediglich in Höhe von 4.360,50 € zu erlassen, könne sich der Antragsgegner nach § 38 Abs. 3 VwVfG nicht mehr lösen. Die Sach- und Rechtslage habe sich nach Abgabe der Zusicherung in Bezug auf die satzungsrechtlich vorgesehenen Berechnungsgrundlagen nicht geändert. Im Übrigen stehe die Höhe des Abwasserbeitrages für das 323 m² große Grundstück F2..... außer Verhältnis zum eigentlichen Wert des Grundstücks, der ausweislich des Kaufvertrages 323,00 DM (165,15 €) betrage. Darüber hinaus sei eine abgrenzbare und unbebaute Teilfläche des ca. 700 m² großen Flurstückes Nr. F1.... mit einer Vielzahl von Versorgungs- und Abwasserleitungen belastet, weshalb die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 19 SächsKAG vorlägen.

Dieser Vortrag rechtfertigt keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senates setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfes gegen einen Abgabenbescheid nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO voraus, dass dieser bei summarischer Prüfung rechtswidrig erscheint und damit ein Erfolg des Rechtsbehelfes in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Misserfolg ist oder dass die Vollziehung des Bescheides für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Es reicht hingegen nicht aus, dass die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfes nach derzeitigem Erkenntnisstand im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als offen zu bewerten sind (vgl. u. a. SächsOVG, Beschl. v. 28.7.2003, SächsVBl. 2004, 34). Soweit es um die Anwendung der dem Abgabenbescheid zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen, insbesondere der Satzung, geht, ist der Verfahrensausgang als offen zu bewerten, sofern die Rechtsgrundlagen nicht offensichtlich unwirksam sind (SächsOVG, Beschl. v. 22.6.2007 - 5 BS 73/07 -). Des Weiteren muss die Beantwortung schwieriger, noch nicht geklärter Rechtsfragen grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (SächsOVG, Beschl. v. 28.6.2005 - 5 BS 371/04 -).

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Nach der im Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung ist der Verfahrensausgang allenfalls als offen anzusehen. Der Abwasserbeitragsbescheid des Antragsgegners vom 8.5.2007 in der Fassung vom 25.2.2008 bezüglich der Flurstücke Nummern F1.... und F2..... ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Die Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.

1. Auch das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, das Schreiben des Antragsgegners vom...3.2003 als Zusicherung einzuordnen mit der Folge, dass der Antragsgegner an den darin genannten Abwasserbeitrag von insgesamt 4.360,50 € als Höchstbeitrag gebunden ist und nicht insgesamt 6.177,38 € hätte festsetzen dürfen.

In dem genannten Schreiben hat der Geschäftsführer des Antragsgegners dem Antragsteller mitgeteilt: "Nach derzeitigem Stand wird für Ihr Grundstück D...straße in M........, Flurstück F2..... mit 323 m² und Flurstück F1.... mit 1.615 m², ein Gesamtbeitrag von 4.360,50 € erhoben werden. Der Beitragsbescheid wird nach Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen voraussichtlich Ende 2003 / Anfang 2004 erlassen werden." Hierin liegt lediglich eine Auskunft (§ 3 Abs. 1 Nr. 3a SächsKAG i. V. m. § 89 AO) über die zu erwartende Beitragshöhe. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass es dem Schreiben an dem erforderlichen Bindungswillen des Antragsgegners fehlt. Dies wird aus den Worten deutlich, dass "nach derzeitigem Stand" ein Gesamtbeitrag von 4.360,50 € erhoben werden wird. Das Schreiben enthält weiterhin auch den Hinweis darauf, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Beitragsbescheids noch geschaffen werden müssen. Aus dem Kontext ist keine Selbstverpflichtung des Antragsgegners zu entnehmen, künftig einen bestimmten Beitragsbescheid zu erlassen. Insofern kann dahinstehen, ob § 38 VwVfG - wie der Antragsteller meint - hier analog anwendbar ist. § 3 Satz 1 SächsKAG verweist für die Erhebung von Kommunalabgaben auf die Bestimmungen der Abgabenordnung. Die Abgabenordnung enthält aber keine dem § 38 VwVfG vergleichbare Regelung.

2. Das Vorbringen des Antragstellers zu den Versorgungs- und Abwasserleitungen hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend gewürdigt. Es hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach § 19 SächsKAG für das Grundstück F2..... nicht vorliegen dürften. Über das Grundstück verlaufende Versorgungsleitungen führten allenfalls zu Nutzungseinschränkungen. Das über die Antragsbegründung nicht hinausgehende Beschwerdevorbringen vermag eine Teilflächenabgrenzung nach § 19 Abs. 1 SächsKAG ebenfalls nicht zu rechtfertigen.

Nach § 19 Abs. 1 SächsKAG sind Teilflächen eines Grundstücks für die Beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen, wenn sie nicht baulich oder gewerblich genutzt werden können. Unter baulicher Nutzung ist nicht nur die auf dem Grundstück zulässige Bebauung zu verstehen, sondern darüber hinaus auch jede zur Bebaubarkeit akzessorische Nutzbarkeit. So stellen Hausgärten, Abstandsflächen, Zufahrten etc. Grundstücksteile dar, die baulich genutzt werden. Ist eine solche oder vergleichbare Nutzung auf dem Grundstück zulässig, scheidet eine entsprechende Teilflächenabgrenzung aus (vgl. SächsOVG, Urt. v. 20.8.1998, JbSächsOVG 6, 223 [226 f.]). Insoweit korrespondiert § 19 Abs. 1 SächsKAG mit § 18 Abs. 1 SächsKAG, der jedes Grundstück seiner baulichen und sonstigen Nutzungsmöglichkeit entsprechend der Beitragspflicht unterwirft. Abzugrenzen sind hingegen Flächen, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen baulich nicht genutzt werden können. Bei vorhandenen Baubeschränkungen darf nur der Teil des Grundstücks beitragsrechtlich berücksichtigt werden, der bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung des Grundstücks herangezogen werden kann (vgl. SächsOVG, Urt. v. 13.4.1999, SächsVBl. 1999, 271).

Hiervon ausgehend lässt der Vortrag des Antragstellers nicht erkennen, dass eine sonstige Nutzung des Grundstücks wegen der Versorgungs- und Abwasserleitungen ausgeschlossen wäre. Zwar beschränken die Leitungen und der damit zusammenhängende - wohl 3 m breite - Schutzstreifen die bauliche Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks, schließen diese jedoch nicht grundsätzlich aus. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das zulässige Maß an baulicher Nutzung auf dem Grundstück nicht mehr verwirklicht werden kann.

3. Die Festsetzung eines Abwasserbeitrages von insgesamt 6.177,38 € verletzt auch nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Äquivalenzprinzip als der auf den Beitrag bezogene Ausdruck des allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit besagt, dass der Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten Vorteil stehen darf. Es schützt nur vor einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen dem Beitrag und dem einen Grundstück durch die öffentliche Einrichtung vermittelten Vorteil. Dagegen verhält es sich nicht zu der Frage, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Beitragserhebung in Bezug auf das betroffene Grundstück hat. Auch der Gleichheitssatz verlangt keine Bemessung der Beitragshöhe nach den finanziellen Auswirkungen der Beitragserhebung auf das betroffene Grundstück (BVerwG, Beschl. v. 16.12.1991 - 8 B 154/91 -, zitiert nach juris). Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. Für eine willkürliche Berechnung des Abwasserbeitrags gibt es hier aber ebenso keinen Anhaltspunkt wie für ein grobes Missverhältnis zwischen dem durch den Anschluss an die Einrichtung des Antragsgegners vermittelten Vorteil und der Höhe des Beitrags.

Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung in Höhe von 1/4 des Abgabenbetrages beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 3 GKG in Übereinstimmung mit Ziffer 3.1, 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8.7.2004 (NVwZ 2004, S. 1327).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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