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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.06.2008
Aktenzeichen: 5 B 514/07
Rechtsgebiete: BauGB, SächsKAG


Vorschriften:

BauGB § 123 Abs. 2
BauGB § 127 Abs. 2
SächsKAG § 26 Abs. 1 S. 1
SächsKAG § 28 Abs. 1
1. Im sächsischen Ausbaubeitragsrecht gilt der wirtschaftliche Vorteilsbegriff.

2. Der wirtschaftliche Vorteil beruht auf der gebotenen Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Verkehrsanlage. Das Ausmaß des Vorteils richtet sich nach dem Ausmaß der von einem durch die ausgebaute Verkehrsanlage erschlossenen Grundstück aus zu erwartenden - wahrscheinlichen - Inanspruchnahme der Anlage.

3. Im Ausbaubeitragsrecht bleiben ebenso wie ein Erschließungsbeitragsrecht Grundflächen anderer Erschließungsanlagen bei der Verteilung des umlagefähigen Ausbauaufwandes unberücksichtigt.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Straßenausbaubeitrags

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt ohne mündliche Verhandlung

am 17. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Januar 2007 - 14 K 554/02 - geändert.

Die Klage wird auch in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10.1.2007, soweit mit ihm der gegenüber der Klägerin erlassene Ausbaubeitragsbescheid vom 8.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.2.2002 teilweise aufgehoben wird.

Die Klägerin war bis Juni 2005 Eigentümerin des auf Blatt des Grundbuches von unter Nr. 5 eingetragenen Grundstücks K....straße 23, Flurstück Nr. 1 der Gemarkung mit einer Fläche von 185 m². Das Grundstück ist mit einem dreigeschossigen Wohngebäude bebaut. Es wird von der K....straße durch das südöstlich angrenzende Grundstück Flurstück Nr. 2 getrennt, welches unmittelbar an der K....straße anliegt und mit einem fünfgeschossigen überwiegend gewerblich genutzten Gebäude bebaut ist. Es ist mit einem Wegerecht zugunsten des Eigentümers u. a. des Flurstücks Nr. 1 belastet.

Im Jahre 1997 wurde die K....straße zwischen P.....platz und A.....platz insgesamt grundhaft neu ausgebaut. Die Beklagte errechnete einen umlagefähigen Ausbauaufwand von insgesamt 778.120,26 DM (397.846,57 €). Bei der Berechnung der Grundstücksflächen, auf die der umlagefähige Ausbauaufwand zu verteilen ist, wurde u. a. das Flurstück Nr. 3 nicht mit einbezogen. Dieses Flurstück weist eine Fläche von 2.078 m² auf. Es grenzt nordwestlich an die K....straße und südöstlich an die H....straße an. Das Grundstück wird als öffentliche Grünanlage genutzt; auf ihm befindet sich das S.......denkmal.

Mit Bescheid vom 8.11.2001 zog die Beklagte die Klägerin für das Grundstück K....straße 23, Flurstück Nr. 1 zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 3.109,95 DM (1.590,09 €) heran. Dem Bescheid legte die Beklagte eine beitragspflichtige Fläche von 370 m² zugrunde, die sich aus der Grundstücksfläche multipliziert für den nach der einschlägigen Ausbaubeitragssatzung der Beklagten festgesetzten Nutzungsfaktor 2 für eine dreigeschossige Bebauung ergibt.

Auf den gegen diesen Bescheid von der Klägerin eingelegten Widerspruch setzte die Beklagte mit Bescheid vom 12.2.2002 den Straßenausbaubeitrag auf 4.946,85 DM (2.529,28 €) fest und wies den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 8.3.2002 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Dresden.

Mit Urteil vom 10.1.2007 hob das Verwaltungsgericht Dresden den Bescheid der Beklagten vom 8.11.2001 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 12.2.2002 auf, soweit darin ein über 2.501,38 € hinausgehender Straßenausbaubeitrag festgesetzt wird, und wies im Übrigen die Klage ab. Zur Begründung des der Klage stattgebenden Teils des Urteils führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die Beklagte habe bei der Ermittlung der Gesamtverteilungsfläche die Fläche des Flurstück Nr. 3 zu Unrecht nicht in die Verteilung mit einbezogen. Im Gegensatz zum Erschließungsbeitragsrecht beschränke sich im Straßenausbaubeitragsrecht der Kreis der bei der Verteilung berücksichtigungsfähigen Grundstücke nicht auf baulich oder gewerblich nutzbare Grundstücke. Vielmehr kämen alle Grundstücke in Betracht, für die die ausgebaute Anlage Vorteile im Hinblick auf die Grundstücksnutzung bewirke. Einen solchen wirtschaftlichen Vorteil durch die ausgebaute Verkehrsanlage habe auch ein unmittelbar an ihr anliegendes Grundstück, das als öffentliche Grünanlage genutzt werde. Der im Erschließungsbeitragsrecht anzuwendende Grundsatz, eine Erschließungsanlage könne nicht von einer anderen Erschließungsanlage erschlossen werden, lasse sich so nicht auf das Ausbaubeitragsrecht übertragen. Der Vorteil im Straßenausbaubeitragsrecht liege nicht in der durch Baumaßnahmen ermöglichten Erschließung eines Grundstücks, sondern in der durch Baumaßnahmen verbesserten Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit. Auch wenn die Beklagte wegen der Nutzung des Grundstücks als öffentliche Grünanlage keinen individuellen Vorteil habe, sei dennoch ein beitragsrelevanter Vorteil zu bejahen, weil es im Ausbaubeitragsrecht nicht auf die Person des Grundstückseigentümers, sondern auf das Grundstück selbst ankomme. Das Flurstück Nr. 3 profitiere auch und gerade in seiner Nutzung als öffentliche Grünanlage von der durch den Ausbau der K....straße erfolgten Verbesserung und sei deshalb in die Gesamtverteilungsfläche mit einzubeziehen.

Dem stehe nicht entgegen, dass eine Verkehrsanlage grundsätzlich keine Verkehrsanlage bevorteilen könne. Dieser auch von der Kammer vertretene ausbaubeitragsrechtliche Grundsatz könne hier bereits deshalb nicht zum Tragen kommen, weil die Grünfläche um das S.......denkmal gerade nicht eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Fläche darstelle. Als öffentliche Grünanlage solle sie vielmehr der Erholung dienen.

Mit Beschluss vom 3.9.2007 hat der erkennende Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) die Berufung der Beklagten gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zugelassen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor: Das Flurstück Nr. 3 sei als öffentliche Grünfläche zu Recht nicht in die Gesamtverteilungsfläche einbezogen worden. Das Grundstück sei zum alleinigen Gebrauch durch die Allgemeinheit bestimmt und erfahre deshalb keinerlei private Vorteile durch die Ausbaumaßnahmen. Ausbaubeitragsfähig sei jedoch ein Grundstück nur dann, wenn ihm durch die Ausbaumaßnahmen ein privatnütziger Vorteil zuwachse.

Die Beklagte beantragt,

unter entsprechender Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Januar 2007 - 14 K 554/02 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin hat sich im Berufungsverfahren zur Sache nicht geäußert.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 i. V. m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die zulässige Berufung der Beklagten, die trotz des insoweit missverständlichen Wortlautes der Zulassungsentscheidung des erkennenden Senats nur darauf gerichtet ist, das Urteil des Verwaltungsgerichts in seinem stattgebenden Teil abzuändern, ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 8.11.2001 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 12.2.2002 ist auch rechtmäßig, soweit mit ihm über den Betrag von 2.501,38 € hinausgehend ein Ausbaubeitrag in Höhe von 27,90 € festgesetzt wird, und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte zu Recht das als öffentliche Grünfläche genutzte Flurstück Nr. 3 mit seiner Grundfläche nicht mit in die Gesamtgrundstücksfläche einbezogen, auf die der ermittelte beitragsfähige Ausbauaufwand zu verteilen ist. Dieses Grundstück erfährt durch die Ausbaumaßnahmen an der K....straße keine ausbaubeitragsrelevanten Vorteile.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG können die Gemeinden, soweit das Baugesetzbuch nicht anzuwenden ist, zur Deckung des Aufwands für die Anschaffung, Herstellung oder den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Verkehrsanlagen) Beiträge für Grundstücke erheben, denen durch die Verkehrsanlage Vorteile zuwachsen. Diese Regelung wird ergänzt durch § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 SächsKAG. Danach sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen (Satz 1). Soweit Verkehrsanlagen neben den Beitragspflichtigen auch der Allgemeinheit zugute kommen, hat der Beitragsberechtigte einen angemessenen, dem Vorteil der Allgemeinheit entsprechenden Anteil (öffentliches Interesses) des beitragsfähigen Aufwands selbst zu tragen (Satz 2).

Der Begriff des Vorteils in § 26 Abs. 1 Satz 1 und § 28 Abs. 1 SächsKAG ist ein ausfüllungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff. Im Gegensatz zu Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer (vgl. z. B.: § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG NW - wirtschaftliche Vorteile; § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG - besondere wirtschaftliche Vorteile: Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayKAG - besondere Vorteile) enthalten die den Begriff des Vorteils verwendenden Vorschriften des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes keinen den Inhalt dieses Begriffes näher konkretisierenden Zusatz. Der Verzicht des sächsischen Gesetzgebers auf einen Zusatz bedeutet jedoch nicht, dass der Vorteil im Sinne des sächsischen Ausbaubeitragsrechts weit zu verstehen ist und alle nur denkbaren Vorteile im Zusammenhang mit dem Ausbau einer Verkehrsanlage erfasst. Die Bedeutung des Begriffs beschränkt sich vielmehr auf wirtschaftliche Vorteile. Ausschließlich ideelle oder sonstige Vorteile ohne jeglichen wirtschaftlichen Bezug sind keine Vorteile im Sinne der vorgenannten Vorschriften des sächsischen Ausbaubeitragsrechts. Dieser Inhalt des an allen drei Stellen im Sächsischen Ausbaubeitragsrecht verwandten Begriffs des Vorteils (§ 26 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SächsKAG) ist mangels entgegenstehender aus der Gesetzgebungsgeschichte und der systematischen Stellung der Normen folgenden Anhaltspunkte identisch.

Die Beschränkung des ausbaubeitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs auf ausschließlich wirtschaftliche Vorteile folgt aus dem Wesen des Ausbaubeitragsrechts. Der Ausbaubeitrag ist - wie auch die anderen Beiträge des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes - eine kommunale Abgabe und stellt in Abgrenzung zur kommunalen Steuer eine sog. Vorzugslast oder Entgeltabgabe dar. Darunter ist ein Entgelt zu verstehen, das für einen Sondervorteil erhoben wird, der dem einzelnen durch einen Hoheitsträger - hier einer Gemeinde - unmittelbar zukommt. Im Gegensatz zur Gebühr, deren Festsetzung und Erhebung ein Benutzungsverhältnis und damit die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder einer öffentlichen Anlage voraussetzt, entsteht eine Beitragspflicht bereits dann, wenn - vorbehaltlich des Vorliegens aller weiteren Voraussetzungen - die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung oder der öffentlichen Anlage besteht. Der durch diese Möglichkeit der Inanspruchnahme vermittelte Vorteil löst die Beitragspflicht aus und bestimmt die Höhe des Beitrags, der z. B. für die Herstellung, Anschaffung, Erneuerung, Verbesserung einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage i. S. d. § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG erhoben werden soll.

Nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 1 sowie des § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SächsKAG ist der Begriff des Vorteils ausschließlich mit der Verteilungsphase in Verbindung gesetzt (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 29 Rn. 8). Die Verteilungsphase ist die Phase, in der darüber entschieden wird, in welchem Umfang der in der Aufwendungsphase (vgl. zum rechtslogischen Aufbau der ausbaubeitragsrechtlichen Bestimmungen: Driehaus, a. a. O., § 29 Rn. 1 ff.) als beitragsfähig festgestellte Ausbauaufwand umlagefähig ist sowie welchen Grundstückseigentümern in welcher Höhe Anteile davon zuzuschreiben sind.

Der im Ausbaubeitragsrecht verwandte Begriff des Vorteils dient somit

1. der Ermittlung des umlagefähigen Aufwands, d. h. der Reduzierung des in der Aufwendungsphase ermittelten beitragsrechtlichen Aufwands um einen bestimmten, der Gemeinde zuzurechnenden Anteil (§ 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SächsKAG),

2. der Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstückseigentümer (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG,

3. der Verteilung des umlagefähigen Ausbauaufwands auf die Beitragspflichtigen (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., § 29 Rn. 8).

Diese Funktion kann der Begriff des Vorteils nur dann erfüllen, wenn er in Geldwert quantifizierbar und vergleichbar ist (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., Rn. 9). Die Quantifizierbarkeit und Vergleichbarkeit erfordert somit ein Verständnis des ausbaubeitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs im wirtschaftlichen Sinne. Seine Funktion als maßgebliche Grundlage für die Berechnung der Ausbaubeiträge verbietet also ein Verständnis im Sinne ausschließlich ideeller Vorteile ohne jeglichen wirtschaftlichen Bezug.

Dies wird besonders deutlich bei der Aufteilung des beitragsfähigen Aufwands auf die Gruppe der Allgemeinheit und die Gruppe der Anlieger (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG). Diese Aufteilung hat nach Maßgabe der beiden Gruppen vermittelten Vorteile zu erfolgen. Voraussetzung dafür ist die Vergleichbarkeit der beiden Gruppen vermittelten Vorteile mit der Folge, dass diese sowohl inhaltlich als auch rechnerisch quantifizierbar sein müssen. Diesen Anforderungen kann nur ein wirtschaftlicher Vorteilsbegriff genügen (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., Rn. 10).

Der die Beitragserhebung rechtfertigende - wirtschaftliche - Vorteil entsteht durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Verkehrsanlage. Der sächsische Gesetzgeber hat zwar in § 26 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG nicht ausdrücklich den Begriff der Inanspruchnahmemöglichkeit verwendet. Er macht jedoch durch die Regelungen in § 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SächsKAG (Beteiligung der Allgemeinheit am beitragsfähigen Ausbauaufwand) und § 29 SächsKAG (Maßstäbe für die Aufwandsverteilung) deutlich, dass die beitragsbegründenden wirtschaftlichen Vorteile - wie im Erschließungsbeitragsrecht - auch im sächsischen Ausbaubeitragsrecht auf der gebotenen Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Verkehrsanlage beruhen. Der Senat hat hierzu im Einzelnen in seinem Beschluss vom 27.5.2003 (5 BS 48/01) näher ausgeführt:

"Bei diesen wirtschaftlichen Vorteilen muss es sich um besondere Vorteile in dem Sinne handeln, dass sie einer bestimmten Gruppe von Grundstückseigentümern in erster Linie zukommen und ihnen damit mit der Konsequenz einer anteiligen Kostenbelastung zurechenbar sind. Dies ergibt sich bereits aus dem Wesen des Beitrags als einer durch den Gesichtspunkt der Gegenleistung gekennzeichneten Abgabe, mit der ein Ausgleich für den durch eine Leistung der Gemeinde ausgelösten Sondervorteil verlangt wird. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen spricht vieles dafür, dass es bei der Bestimmung des Vorteils im Sinne der Vorschriften der §§ 26 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SächsKAG allein auf die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage ankommt. Der eine Beitragserhebung rechtfertigende wirtschaftliche Sondervorteil kann deshalb nur Grundstückseigentümern bzw. Erbbauberechtigten zugute kommen, die befugt sind, ein Grundstück in rechtlich zulässiger Weise zu nutzen. Die den vollen wirtschaftlichen Sondervorteil ausmachende abstrakte Besserstellung ist demnach grundstücksorientiert, d. h. sie muss sich, um dem Merkmal Sondervorteil zu genügen, aus der in einer räumlich engen Beziehung des Grundstücks zur ausgebauten Anlage begründeten, qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Anlage von dem Grundstück aus ergeben und sie muss sich darüber hinaus im Rahmen der zulässigen Grundstücksnutzung auswirken können.

Der durch die Herstellung einer beitragsfähigen Verkehrsanlage im Sinne des Straßenausbaubeitragsrecht ausgelöste Vorteil beruht somit auf der Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Anlage. Das Ausmaß des jeweiligen Vorteils richtet sich nach dem Ausmaß der von einem durch diese Anlage erschlossenen Grundstück aus zu erwartenden - wahrscheinlichen - Inanspruchnahme der Anlage und ist deshalb unabhängig von dem Umfang der zugelassenen Ausnutzbarkeit eines Grundstücks. Der Umfang der wahrscheinlichen - erfahrungsgemäß zu erwartenden - Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage dürfte im Ausbaubeitragsrecht wie im Erschließungsbeitragsrecht das einzige den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Kriterium für die Bemessung des Wertes der Inanspruchnahmemöglichkeit sein (so Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., Rdnr. 21 zu § 29). Diese Auslegung beruht darauf, dass der die Beitragserhebung rechtfertigende wirtschaftliche Sondervorteil durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Verkehrsanlage geboten wird, die ihrerseits geeignet ist, zu einer Steigerung des Gebrauchswertes - Nutzungswertes - des betroffenen Grundstückes zu führen. Die wirtschaftlichen Vorteile des Grundstückseigentümers beruhen demnach - wie die der Allgemeinheit - allein auf der Inanspruchnahmemöglichkeit (Benutzungsmöglichkeit) der ausgebauten Anlage. Dies bedeutet im Ergebnis, dass je mehr die hergestellte bzw. ausgebaute Anlage von einem "erschlossenen" Grundstück aus erfahrungsgemäß in Anspruch genommen wird, desto wertvoller die durch den Ausbau der Verkehrsanlage gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeit ist und desto größer die ihm vermittelten Vorteile sind. Die Höhe der durch eine beitragsfähige Anlage vermittelten Vorteile ist somit abhängig vom Maß der wahrscheinlichen Inanspruchnahme, deren Umfang ihrerseits maßgeblich von der jeweiligen Ausnutzbarkeit eines durch die Verkehrsanlage erschlossenen Grundstückes beeinflusst wird."

Der Senat macht sich diese in der vorgenannten Entscheidung wegen der Besonderheiten des auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens noch als vorläufig bezeichnete Auffassung nunmehr auch im Sinne einer endgültigen Auffassung zu eigen.

Bei dem Vorteil im Sinne des Ausbaubeitragsrechts handelt es sich also um einen Sondervorteil, ohne den die Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen wäre. Dies bedeutet, dass Voraussetzung für die Erhebung eines Ausbaubeitrages die sog. qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit ist. Die Erhebung eines Ausbaubeitrages setzt eine abstrakte Besserstellung des Ausbaubeitragspflichtigen im Verhältnis zu nicht individualisierbaren Dritten voraus. Diese abstrakte Besserstellung, die den wirtschaftlichen Sondervorteil ausmacht, ist nach den gesetzlichen Bestimmungen grundstücksorientiert. Die Besserstellung muss sich aus der in einer räumlich engen Beziehung des Grundstücks zur ausgebauten Anlage begründeten, qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Anlage von dem Grundstück aus ergeben und darüber hinaus muss sie sich im Rahmen der zulässigen Grundstücksnutzung auswirken können.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte das streitgegenständliche Grundstück zu Recht nicht in die Verteilung einbezogen, weil es insoweit an einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrsanlage K....straße von dem Grundstück aus fehlt.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung davon aus, dass die im Erschließungsbeitragsrecht für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands auf die Grundstücke entwickelten Rechtsgrundsätze nicht ohne weiteres auf das Ausbaubeitragsrecht übertragen werden können. Der umlagefähige Erschließungsaufwand ist nach § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Diese Regelung steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Vorschrift des § 133 Abs. 1 BauGB. Danach unterliegen der Beitragspflicht Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen (Satz 1). Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen (Satz 2). Da die Verteilung des umlagefähigen Aufwands ausgerichtet ist auf die Erhebung von Erschießungsbeiträgen, müssen - schon - bei der Aufwandsverteilung regelmäßig Grundstücke unberücksichtigt bleiben, die auf Dauer nicht Gegenstand der Beitragspflicht sein können, weil sie zu keinem absehbaren Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 133 Abs.1 BauGB erfüllen werden. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB dient nicht dazu, Grundstücke in den Kreis der bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigenden Grundstücke einzubeziehen, die auf Dauer von der Erfüllung der Voraussetzung des § 133 Abs. 1 ausgeschlossen sind (BVerwG, Urt. v. 4.5.1979, Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 69, S. 50, 53).

Im Gegensatz zum Erschließungsbeitragsrecht beschränkt sich im Straßenausbaubeitragsrecht der Kreis der bei der Verteilung berücksichtigungsfähigen Grundstücke nicht auf baulich oder gewerblich nutzbare Grundstücke. Es kommen alle Grundstücke in Betracht, für die die ausgebaute Anlage wirtschaftliche Vorteile im Hinblick auf die Grundstücksnutzung bewirkt. Deshalb werden als an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - teilnehmende Grundstücksflächen auch Außenbereichsgrundflächen angesehen (vgl. u. a. ThürOVG, Beschl. v. 30.6.2003, LKV 2004, 39). Das als öffentliche Grünanlage genutzte Flurstück Nr. 3 ist somit aus dem Kreis der Verteilungsgrundflächen nicht allein deshalb herauszunehmen, weil auf ihm auf unabsehbare Zeit weder eine bauliche noch eine gewerbliche Nutzung zu erwarten ist.

Das Flurstück Nr. 3 ist aber bei der Verteilung des ausbaubeitragsfähigen Aufwandes deshalb nicht zu berücksichtigen, weil eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit der K....straße von diesem Grundstück aus nicht besteht. Im Ausbaubeitragsrecht bleiben ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht Grundflächen anderer Erschließungsanlagen bei der Verteilung des umlagefähigen Ausbauaufwands unberücksichtigt. Dies gilt für Grundflächen sowohl von - öffentlichen - Erschließungsanlagen i. S. d. § 127 Abs. 2 BauGB als auch von Erschließungsanlagen i. S. d. § 123 Abs. 2 BauGB, die entweder Kraft einer entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan oder einer - förmlichen oder formlosen - Widmung für ihre öffentliche Zweckbestimmung einer Nutzung für andere als Erschließungszwecke entzogen sind (vgl. die Nachweise bei Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., § 35 Rn. 32).

Beschränkt sich die bestimmungsgemäße Nutzung eines Grundstücks auf eine Nutzung durch die Allgemeinheit, besteht für dieses Grundstück keine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit. Das Sächsische Ausbaubeitragsrecht unterscheidet bei der Verteilung des beitragsfähigen Ausbauaufwands zwischen den den Beitragspflichtigen und der Allgemeinheit durch den Ausbau der Verkehrsanlage zugute kommenden Vorteilen (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG). Auch wenn diese Vorschrift unmittelbar das Verhältnis der Nutzung der Verkehrsanlage durch die Allgemeinheit und der von einem anliegenden Grundstück ausgehenden Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrsanlage regelt, so enthält diese Regelung darüber hinausgehend aber einen allgemeinen Grundsatz mit dem Inhalt, dass allein der Allgemeinheit zugute kommende Vorteile bei der Nutzung einer Verkehrsanlage keine eine Ausbaubeitragspflicht auslösenden Vorteile darstellen. Vorteile i. S. d. § 26 Abs. 1 Satz 1 und § 28 Abs. 1 SächsKAG können somit keine der Allgemeinheit zuwachsende Benutzungsvorteile seien.

Dem Begriff des wirtschaftlichen Sondervorteils ist trotz seiner Grundstücksbezogenheit immanent, dass er dem Grundstückseigentümer oder sonst dinglich Berechtigten zugute kommen muss. Dies hat seinen gesetzlichen Niederschlag in § 21 SächsKAG gefunden. Nach § 21 Abs. 1 SächsKAG ist Beitragsschuldner der Grundstückseigentümer. An seiner Stelle ist nach § 21 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG Beitragsschuldner der Erbbauberechtigte oder sonst dinglich Berechtigte. Hierbei handelt es sich um einen Personenkreis, der befugt ist, das Grundstück in rechtlich zulässiger Weise zu nutzen und andere Personen von der Nutzung auszuschließen (vgl. § 903 Satz 1 BGB, § 11 Abs. 1 ErbbauRG). Diesem Personenkreis muss der Sondervorteil zugute kommen. Ein Grundstück, das sein Eigentümer der ausschließlichen Nutzung durch die Allgemeinheit überlassen hat, erfährt wegen der fehlenden Beschränkung der unmittelbaren Nutzung auf den vorgenannten Personenkreis keinen ausbaubeitragsrechtlichen (Sonder-)Vorteil durch Ausbaumaßnahmen an der anliegenden Verkehrsanlage. Einen Vorteil hat lediglich die Allgemeinheit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei diesem Grundstück um Grundflächen von öffentlichen Erschließungsanlagen i. S. d. § 127 Abs. 2 BauGB oder Erschließungsanlagen i. S. d. § 123 Abs. 2 BauGB handelt.

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass bei einem solchen Verständnis des wirtschaftlichen Vorteils Grundstückseigentümer in einer mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Weise belastet werden, wenn große Grundstücke aus den Grundflächen herauszunehmen sind, weil sich auf ihnen Erschließungsanlagen i. S. d. vorgenannten Vorschriften befinden, und so der beitragsfähige Ausbauaufwand auf die verbleibenden Grundstücksflächen zu verteilen ist. Dies gilt zum Beispiel für zentrale Parkanlagen in einem Gemeindegebiet. In diesen Fällen wird ein Ausgleich durch die Einordnung der an solchen Grundstücken vorbeiführenden Straßen in die nach § 28 Abs. 2 SächsKAG vorgesehenen Straßenkategorien stattfinden. So werden Straßen, von denen aus zentrale Parkanlagen betreten werden, als zumindest innerörtliche Durchgangsstraßen zu qualifizieren sein mit der Folge einer entsprechenden Reduktion des umlagefähigen Ausbauaufwands.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass Grundflächen an der Verteilung des beitragsfähigen Ausbauaufwands nicht teilnehmen, wenn sich auf ihnen Erschließungsanlagen i. S. d. § 123 Abs. 2 BauGB oder § 127 Abs. 2 BauGB befinden.

Die Grünfläche auf dem Grundstück Flurstück Nr. 3 stellt zwar keine Erschließungsanlage i. S. d. § 127 Abs. 2 BauGB dar. Nach Nummer 4 dieser Vorschrift sind Erschließungsanlagen Grünanlagen, soweit sie Bestandteil der in § 127 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da die Grünanlage wegen ihrer Größe nicht Bestandteil der in § 127 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 BauGB genannten Erschießungsanlagen ist. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen, dass die Grünanlage zur Erschießung eines Baugebietes notwendig ist. Vielmehr hat sie gerade auch im Hinblick auf ihre Flächenausdehnung die Funktion, der Erholung der Bevölkerung zu dienen. Damit fällt sie aber in den Kreis der Erschließungsanlagen i. S. d. § 123 Abs. 2 BauGB (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., § 35 Rn. 32 m. w. N.) mit der Folge, dass ihre Grundfläche nicht an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands der ausgebauten K....straße teilnimmt. Dem steht nicht entgegen, dass die Grundstücksfläche nach dem Vortrag auch der Beklagten nicht ausdrücklich gewidmet wurde. Hier ist von einer konkludenten Widmung durch vorbehaltlose Überlassung des Grundstücks zur Nutzung durch die Allgemeinheit auszugehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf den im Berufungsverfahren nur noch streitgegenständlichen Betrag in Höhe von

27,90 €

festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



Ende der Entscheidung

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