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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 7 D 27/04.F
Rechtsgebiete: FlurbG, LwAnpG, SachenRBerG


Vorschriften:

FlurbG § 27 Abs. 1
FlurbG § 27 Abs. 2 S. 1
FlurbG § 29
FlurbG § 44
FlurbG § 141 Abs. 2
LwAnpG § 63 Abs. 2
LwAnpG § 64
SachenRBerG § 19
SachenRBerG § 68
1. Nach der Vereinfachungsregelung in § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRberG ist auch ein Bodenrichtwert für erschließungsbeitragsfreies Bauland zur Bestimmung des Wertes eines "ortsüblich alterschlossenen Baulands" regelmäßig heranzuziehen.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für eine Wertermittlung nach den §§ 27 ff FlurbG ist nach § 29 Abs. 2 Satz 1 FlurbG der Zeitpunkt auf den sich die Ermittlung bezieht und nicht der in § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG angesprochene Zeitpunkt für die wertgleiche Abfindung.

3. Auch bei einer unterstellten Befugnis, eine Ausgangsentscheidung im Wertermittlungsverfahren zu Lasten eines Widerspruchsführers zu verschlechtern, wäre eine solche reformatio in peius, jedenfalls beschränkt auf den Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

Az.: 7 D 27/04.F

Verkündet am 27. Juli 2006

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Wertermittlung im Bodenordnungsverfahren

hat der 7. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober sowie die ehrenamtlichen Richter Präsident a.D. Eixenberger, Landwirt Aust und Forstwirtin Butter aufgrund der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung Kamenz vom 1. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Widerspruchsausschusses bei dem Amt für Ländliche Entwicklung Kamenz vom 9. November 2004 wird unter entsprechender Aufhebung geändert, soweit darin ausgehend von einem Bodenrichtwert von 13,00 €/m² ein Bodenwert von 5,53 €/m² festgesetzt wurde und statt dessen ausgehend von einem Bodenrichtwert von 15,00 €/m² ein Bodenwert von 6,38 €/m² festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 7/10 und der Beklagte zu 3/10.

Zu Lasten des Klägers wird eine Gerichtsgebühr festgesetzt.

Zu Lasten des Klägers wird ein Auslagenpauschsatz in Höhe von 175,00 € erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Feststellung der Wertermittlung durch den Bescheid des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung Kamenz vom 1.7.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Widerspruchsausschuss beim Staatlichen Amt für Ländliche Entwicklung Kamenz vom 9.11.2004.

Der Kläger ist Eigentümer des im Grundbuch der Gemeinde S. eingetragenen und 721 m² großen Flurstückes Nr. F1 der Gemarkung F. . Vormaliger Eigentümer, des von einer LPG genutzten Grundstücks war Herr G. Z. , von dem es der Kläger durch Kaufvertrag vom 29.4.1992 erworben hat. Das Flurstück ist mit einem Wohngebäude bebaut, dessen Eigentümerin seit 1998 die Beigeladene ist, nachdem sie es von dem Voreigentümer (Herrn C. H. ) erworben hatte. Das Gebäude hatten der Kläger und seine Ehefrau auf dem angesprochenen Flurstück errichtet; von dem damaligen Rat der Gemeinde S. wurde ihnen an diesem genossenschaftlich genutzten Flurstück am 23.8.1977 ein Nutzungsrecht übertragen. Die Erschließungskosten hat der Kläger teilweise getragen (Straßenerschließung und der Vermessung). 1989 kaufte Herr C. H. das Wohngebäude von der Ehefrau des Klägers und einem Treuhänder, der für den Miteigentumsanteil des Klägers - der 1987 die DDR verlassen hatte - handelte. Das Nutzungsrecht für das Flurstück Nr. F1 wurde an Herrn H. am 30.5.1989 übertragen.

Die Klärgrube und die Zufahrt zu dem Wohngebäude befinden sich - teilweise - auf dem Flurstück Nr. F2 , dessen Eigentümer Herr B. ist. Die Zufahrt erfolgt dabei über eine zunächst entlang des Flurstücks Nr. F2 und dann abknickend über dieses Flurstück bis zur Grenze des Flurstücks Nr. F1 führende öffentlich gewidmete Straße. Von dem Flurstück Nr. F3 wird zudem eine Fläche von etwa 400 m² als Wäscheplatz und eine Fläche von etwa 90 m² für die Zufahrt und Ablagerung von Kohlebriketts in Anspruch genommen, da das Wohnhaus auf dem Flurstück Nr. F1 mit festen Brennstoffen beheizt wird. Diese Zufahrt wird durch eine eingetragene Baulast gesichert. Eigentümer dieses Flurstücks ist Herr D. G. Z. .

Nachdem der vormalige Gebäudeeigentümer Herr C. H. mit Schreiben vom 27.1.1992 am 6.2.1992 einen Antrag zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem LwAnpG gestellt hatte, erfolgte am 2.7.1998 ein Aufklärungs- und Beratungsgespräch mit dem Ziel eines Freiwilligen Landtauschs. Da zwischen den Beteiligten ein einvernehmlicher Landtausch nicht zustande kam, ordnete das Amt für Ländliche Neuordnung Kamenz (ALN) mit Beschluss vom 13.1.1999 ein Bodenordnungsverfahren für das insgesamt 0,92 ha große und die Flurstücke Nr. F3 , F1 und F2 der Gemarkung F. umfassende Verfahrensgebiet an. Der Kläger erhob dagegen Widerspruch, den das ALN Kamenz mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2000 zurückwies. Seine dagegen gerichtete Klage wurde mit - rechtskräftigem - Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9.10.2000 - F 7 D 28/00 - abgewiesen.

Durch ein von dem ALN beauftragtes Ing.-Büro wurden die Bodenwerte für die von der Neuordnung betroffenen Flächen zunächst zum 6.9.2002 ermittelt. Hinsichtlich des Grundstückes des Klägers - Flurstück Nr. F1 - wurde ein Bodenrichtwert von 15,00 €/m² zu Grunde gelegt; dieser Richtwert wurde von dem Gutachterausschuss des Landkreises Bautzen als zum Stichtag 31.12.2001 für erschließungsbeitragsfreies aber abgabenpflichtiges Bauland ermittelter Wert mit Schreiben vom 19.2.2003 mitgeteilt. Das Ing.-Büro errechnete nach Abzug des Betrages von 5,11 €/m² nach § 19 Abs. 3 Nr. 3 SachenRBerG einen Bodenwert von 9,89 €/m². Wegen der Regelung in § 19 Abs. 3 Satz 2 SachenRBerG, wonach der Bodenwert mindestens den Wert des Rohbaulandes erreichen muss, wurde der mit 85 % des baureifen Landes - somit 12,75 € - maßgebliche Wert zugrunde gelegt. Dieser Wert wurde entsprechend dem in § 68 Abs. 1 SachenRBerG angesprochenen Teilungsgrundsatz halbiert und demgemäß 6,38 €/m² ermittelt.

Die Ergebnisse der Wertermittlung wurden den Beteiligten am 10.9.2002 von dem ALN erläutert. Die Wertermittlung und die Niederschrift über die Erläuterung wurden in der Gemeindeverwaltung S. vom 11.9.2002 bis zum 8.10.2002 ausgelegt.

Der Kläger hatte gegen die Wertermittlung mit Schreiben vom 8.10.2002 der Sache nach vorgebracht, dass der Bodenwert nicht 15,00 €/m², sondern mindestens 20,00 €/m² betrage; weitere Einwendungen hat er nicht erhoben. Mit Beschluss des ALN vom 1.7.2003 wurde nach Durchführung einer Nachbewertung der Bodenwert mit 15,00 €/m² festgestellt und durch Einrücken in das Amtsblatt der Gemeinde S. vom 1.9.2003 sowie Aushang im Rathaus der Gemeinde vom 1.9. bis 30.9.2003 öffentlich bekannt gemacht.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 1.9.2003 am gleichen Tag gegen den Feststellungsbeschluss vom 1.7.2003 Widerspruch ein; anlässlich einer Erörterung mit dem ALN am 5.11.2003 trug er vor, dass die Ausgangswerte für die Bodenwertermittlung zu niedrig seien.

Mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses bei dem - zwischenzeitlich umbenannten - Staatlichen Amt für Ländliche Entwicklung Kamenz (ALE) vom 9.11.2004 wurde der Abfindungswert für das Grundstück des Klägers mit 5,53 €/m² festgestellt. Zur Begründung wird darin ausgeführt, dass der Gutachterausschuss beim Landkreis Bautzen am 3.6.2004 einen zum Stichtag des 31.12.2003 ermittelten Bodenrichtwert von 13,00 €/m² - für Wohnbebauung - mitgeteilt habe. Bei Annahme eines Rohbauwertes von 85 % des Baulandes und einer hälftigen Teilung ergäbe sich ein Wert von 5,53 €/m². Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 12.11.2004 zugestellt.

Der Kläger hat dagegen am 10.12.2004 Klage erhoben. Zur Begründung verweist er auf sein Widerspruchsvorbringen. Er beantragt,

den Bescheid des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung Kamenz vom 1. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Widerspruchsausschusses bei dem Amt für Ländliche Entwicklung vom 9. November 2004 unter entsprechender Aufhebung zu ändern, soweit darin ausgehend von einem Bodenrichtwert von 13,00 € ein Bodenwert von 5,53 € festgesetzt ist und statt dessen ausgehend von einem Bodenrichtwert von 20,00 € einen Wert von 8,50 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids vom 9.11.2004.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des ALN (drei Ordner) sowie des Widerspruchsausschusses beim ALE (ein Ordner) und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, soweit in dem angefochtenen Bescheid ein Wert von 5,53 € ermittelt wurde; der Kläger kann insoweit unter Aufhebung und Änderung des angefochtenen Bescheids eine Wertermittlung in Höhe von 6,38 €/m² beanspruchen. Im Übrigen ist die Klage unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf eine darüber hinaus gehende Wertfestsetzung in Höhe von 8,50 € hat (§ 60 LwAnpG i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2, § 144 Satz 1 FlurbG und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die angefochtene Wertermittlung wurde dem Grunde nach zu Recht nach den anzuwendenden Regelungen in §§ 27 ff FlurbG, die bei Sachverhalten wie hier durch die Bewertungsregelungen des SachenRBerG ergänzt werden (sh. 1.) und für die der Zeitpunkt der Wertermittlung nach § 29 Abs. 2 Satz 1 FlurbG und nicht der in § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG angesprochene Zeitpunkt für die wertgleiche Abfindung maßgebend ist (sh. 2.) durchgeführt. Sie ist jedoch in der Höhe des ermittelten Wertes rechtswidrig und entsprechend zu ändern, soweit ein gegenüber dem im Ausgangsbescheid festgestellten Wert von 6,38 €/m² niedrigerer Wert von 5,53 €/m² ermittelt wurde, da diese Verschlechterung im Widerspruchsverfahren nicht zulässig war (sh. 3.).

1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Wertermittlung sind auch in einem wie hier angesprochenen Verfahren über die Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum nach § 64 LwAnpG die Regelungen zur Wertermittlung nach §§ 27 ff FlurbG. Dies folgt aus § 63 Abs. 2 LwAnpG, wonach für die Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse im Übrigen die Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes - damit auch die angesprochenen Wertermittlungsregelungen - sinngemäß anzuwenden sind, da das LwAnpG insoweit keine Bestimmungen enthält. Diese Regelungen werden bei der Bewertung von mit fremdem Gebäudeeigentum bebauten Grundstücken ergänzt durch die entsprechend zur Anwendung kommenden Bewertungsregelungen des SachenRBerG, das ebenso wie das LwAnpG BGB-konforme Verhältnisse zu erreichen sucht (BVerwG, Urt. v. 26.3.2003, DÖV 2003, 860; SächsOVG, Urt. v. 4.4.2002, F 7 D 35/01, zitiert nach juris).

Nach § 29 Abs. 1 FlurbG hat die Wertermittlung für Bauflächen und Bauland sowie für bauliche Anlagen auf der Grundlage des Verkehrswertes zu erfolgen. Ein bereits bebautes Grundstück ist als baureifes Land (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, § 4 Abs. 4 WertV) Bauland (sh. dazu auch: Kleiber, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Band IV, § 196 RdNr. 72), dessen Verkehrswert nach § 29 Abs. 2 FlurbG durch den Preis bestimmt wird, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Eine Bewertungsregel für den Verkehrswert von mit fremdem Gebäudeeigentum bebauten Grundstücken enthält § 19 Abs. 2 SachenRBerG, wonach sich der Bodenwert nach dem um die Abzugsbeträge nach Satz 3 verminderten Wert eines baureifen Grundstücks bestimmt (Satz 1); der Wert eines baureifen Grundstücks ist der Verkehrswert i.S.d. § 194 BauGB, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre (Satz 2). Soweit für ein Grundstück Bodenrichtwerte nach § 196 BauGB vorliegen, soll nach § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG der Wert des baureifen Grundstücks hiernach bestimmt werden; liegen nach § 19 Abs. 5 Satz 2 SachenRBerG Anhaltspunkte dafür vor, dass vorliegende Bodenwerte nicht den tatsächlichen Marktverhältnissen entsprechen (Nr. 1) oder sind diese Werte als Ermittlungsgrundlage wegen untypischer Lage oder Beschaffenheit des Grundstücks ungeeignet (Nr. 2), steht den Beteiligten die Möglichkeit einer abweichenden Bodenwertermittlung offen. Ebenso wie im Fall nicht vorliegender Bodenwerte ist der Verkehrswert dann in erster Linie nach dem Vergleichswertverfahren nach § 15 Abs. 2 i.V.m. §§ 13 f WertV zu ermitteln (BVerwG, Urt. v. 26.3.2003, aaO). Nach der Vereinfachungsregelung in § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG ist damit auch ein Bodenrichtwert für erschließungsbeitragsfreies Bauland zur Bestimmung des Wertes eines "ortsüblich alterschlossenen Baulands" regelmäßig heranzuziehen.

Die in § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG angesprochene regelmäßige Verkehrswertermittlung nach vorliegenden Bodenrichtwerten, von der demzufolge nur in atypischen Fällen abzuweichen ist, dient der Verwaltungsvereinfachung (sh. dazu: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz - Einzelbegründung zu § 18 Absatz 3 -, BT-Drucks. 12/5992). Die Bodenrichtwertermittlung ist eine Bewertungsmethode, durch eine nachträgliche Auswertung einer - möglicherweise selektiven - Kaufpreissammlung (§ 195 BauGB), einen durchschnittlichen Lagewert für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands, mindestens jedoch für erschließungspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland, zu ermitteln (§ 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die nach § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG regelmäßig vorzunehmende Bestimmung des Wertes des baureifen Grundstücks nach diesem Bodenrichtwert bedeutet in der Sache die Zuordnung des zu bewertenden baureifen Grundstücks zu einem bei typisierender Betrachtung vergleichbaren Bodenrichtwertgrundstück. Bestehen daher bei einem Bodenrichtwertgrundstück und einem zu bewertenden baureifen Grundstück im wesentlichen vergleichbare Nutzungs- und Wertverhältnisse, ist der ermittelte Bodenrichtwert zur Ermittlung des Bodenwertes dieses Grundstücks geeignet.

Im Wesentlichen vergleichbar mit einem erschlossenen und beitragsfreien Grundstück ist auch ein "ortsüblich alterschlossenes Grundstück". Zwar kann in solchen Fällen - wie auch hier - nicht ausgeschlossen werden, dass wegen einer zukünftigen erstmaligen Herstellung von bislang durch die "ortsübliche Alterschließung" nicht erfassten einzelnen Erschließungsanlagen eine Erschließungsbeitragspflicht (§ 127 BauGB) entstehen wird. Andererseits lastet wegen dieser nicht auszuschließenden Möglichkeit des zukünftigen Entstehens einer Erschließungsbeitragspflicht gegenwärtig keine konkrete Beitragspflicht auf dem Grundstück. Ein atypischer Fall, der wegen seiner bedeutsamen Umstände eine Abweichung von der regelmäßigen Ableitung des Bodenwertes aus dem ermittelten Bodenrichtwert für erschlossene und beitragsfreie Grundstücke veranlassen könnte, liegt demzufolge nicht vor. Dafür spricht auch der mit der Regelung in § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG verfolgte Zweck einer Vereinfachung der Wertermittlung. Würde bei "ortsüblich alterschlossenen Grundstücken" eine Heranziehung von Bodenrichtwerten für beitragsfreie erschlossene Grundstücke verneint werden, hätte dies zur Folge, dass in jedem dieser Fälle das Vergleichswertverfahren nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WertV durchzuführen wäre. Die mit § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG bezweckte Vereinfachung wäre danach gerade für die regelmäßig auftretenden Fälle einer zu Zeiten der ehemaligen DDR erfolgten Bebauung auf fremden - alterschlossenen - Grundstücken ausgeschlossen. Die Vereinfachungsregel käme nur dann zur Anwendung, wenn diese Grundstücke nachträglich i.S.d. §§ 127 ff BauGB erschlossen worden wären. Sie würde damit in vielen Fällen - wenn nicht regelmäßig - angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten leer laufen. Demzufolge hält der Senat an seiner bisherigen gegenteiligen Rechtsprechung (Urt. v. 13.3.2000 - F 7 D 567/98 -) nicht weiter fest.

Ein in dieser Weise ermittelter Bodenwert enthält jedoch wegen der fiktiven Nichtberücksichtigung des Gebäudeeigentums nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG eine Erhöhung des Grundstückswertes, weshalb die tatsächliche Wertminderung wegen der Bebauung mit einem fremdem Gebäude, durch eine entsprechende Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes nach § 68 Abs. 1 SachenRBerG zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. v. 26.3.2003, aaO).

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für eine dem Bodenordnungsplan vorausgehende Wertermittlung ist nach § 29 Abs. 2 Satz 1 FlurbG der Zeitpunkt auf den sich die Ermittlung bezieht und nicht der in § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG angesprochene Zeitpunkt für die wertgleiche Abfindung.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG ist für die wertgleiche Abfindung zwischen Einlage- und Abfindungsflächen der Zeitpunkt maßgebend, in dem der neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt; somit nach § 61 Satz 2 FlurbG der in der Ausführungsanordnung festgesetzte Tag, der Zeitpunkt der Wirksamkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung nach den §§ 65 ff FlurbG oder - sofern weder eine Ausführungsanordnung noch eine vorläufige Besitzeinweisung ergangen ist - der Tag der letzten mündlichen Verhandlung des Flurbereinigungsgerichts. Diese Regelung bezieht sich auf die im Flurbereinigungsplan i.S.d. § 58 FlurbG bzw. im Bodenordnungsplan i.S.d. § 59 LwAnpG vorzunehmende wertgleiche Landabfindung und nicht auf die vorangehende Wertermittlung nach den §§ 27 ff FlurbG. Die Wertermittlung steht zwar als rechnerische Grundlage der Landabfindung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) mit dieser in einem unlösbaren sachlichen Zusammenhang. Sie ist jedoch durch die Regelungen nach den §§ 27 bis 33 FlurbG aus dem gestuften Verwaltungsverfahren Flurbereinigung als eigener Verfahrensabschnitt ausgegliedert und nicht Teil des Abfindungsverfahrens nach den §§ 44 bis 55 FlurbG. Durch eine diesem Verfahren voran gehende - unanfechtbare - Wertermittlung wird das Abfindungsverfahren entlastet, indem die in dem voran gehenden Verfahrensabschnitt getroffene - unanfechtbare - Wertfestsetzung als rechtswirksam zugrunde zu legen ist. Im Rahmen eines späteren Abfindungsstreits können daher keine Einwendungen gegen diese Festsetzung vorgebracht werden. Da die - unanfechtbare - Wertfestsetzung auf den Stichtag des Wertermittlungszeitpunktes bezogen ist, sind spätere Wertänderungen, die im Zeitpunkt des nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG maßgeblichen Stichtages vorliegen, bei der Ermittlung des Abfindungsanspruches zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 31.1.1979, Buchholz 424.01 § 60 FlurbG Nr. 3; OVG Brandenburg, Urt. v. 8.4.2004 - 8 D 68/01.G - zitiert nach juris).

Dass für die gerichtliche Prüfung der Wertermittlung nach den §§ 27 ff FlurbG nicht - wie der Senat noch in seinem Urteil vom 4.4.2002 (aaO) vertreten hat - der Zeitpunkt nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG maßgebend sein kann und damit - bei Fehlen sowohl einer vorläufigen Besitzeinweisung wie auch einer vorzeitigen Besitzeinweisung - der Tag der letzten mündlichen Verhandlung des Flurbereinigungsgerichtes als letzter Tatsacheninstanz, erschließt sich auch, wenn zu diesem Zeitpunkt der Verkehrswert aufgrund veränderter Umstände geringer wäre, als der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Wert. Eine wegen der Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der letzten mündlichen Verhandlung festgesetzte niedrigere gerichtliche Bewertung würde gegen das prozessuale Verschlechterungsverbot verstoßen: Dem Betroffenen würde durch die niedrigere Wertfestsetzung ein Anspruch jedenfalls in Höhe der getroffenen Wertfestsetzung genommen werden, obgleich er diese regelmäßig mit dem Ziel einer höheren Festsetzung angreift und nicht bis zur Höhe des festgesetzten Verkehrswertes, der insoweit unanfechtbar wäre.

Hinzu kommt, dass bei einer Maßgeblichkeit des Stichtages für die wertgleiche Abfindung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG die Behörde verpflichtet wäre, die Wertermittlung nach den §§ 27 ff FlurbG fortlaufend unter Kontrolle zu halten und während des gesamten Flurbereinigungsverfahrens oder Bodenordnungsverfahrens gegebenenfalls zu ändern. Sinn und Zweck der Ausgliederung des Wertermittlungsverfahren ist jedoch gerade, diesen Verfahrensabschnitt durch einen feststellenden Verwaltungsakt nach § 32 FlurbG abzuschließen und spätere Verfahrensabschnitte durch die Unanfechtbarkeit der Bewertung zu entlasten. Dass in einem Verfahren nach dem 8. Abschnitt des LwAnpG anderes gelten könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Unanfechtbarkeit der voran gegangenen Wertfestsetzung steht einer Berücksichtigung von nachträglichen Veränderungen bei der wertgleichen Abfindung im Übrigen nicht entgegen; die Unanfechtbarkeit bezieht sich auf die Wertfestsetzung im Zeitpunkt der Wertermittlung (§ 29 Abs. 2 FlurbG) und nicht auf später eingetretene Wertumstände. Wurden bei der zugrunde liegenden Wertermittlung maßgebliche und zum Stichtag der wertgleichen Abfindung nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG gegebene Wertumstände nicht berücksichtigt, müssen diese daher nachträglich durch den Flurbereinigungsplan bzw. den Bodenordnungsplan berücksichtigt werden (sh. dazu: BVerwG, Beschl. v. 30.12.1987, Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 49; OVG Brandenburg, aaO; Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl., § 29 RdNr. 11 und § 44 RdNr. 10 ff).

3. Der Widerspruchsausschuss konnte in dem Widerspruchsbescheid nicht den - gegenüber dem Wert im angefochtenen Ausgangsbescheid von 6,63 €/m² - niedrigeren Wert von 5,53 €/m² festsetzen, da er hierfür keine Entscheidungsbefugnis besaß. Gegenstand des Widerspruchsverfahren war nach dem tatsächlichen Begehren des Klägers nicht die Aufhebung des aufgrund eines Bodenrichtwertes von 15,00 €/m² ermittelten Bodenwertes von 6,63 €/m², sondern die Erhöhung dieses Wertes wegen eines nach Auffassung des Klägers gegebenen Bodenrichtwertes von mindestens 20,00 €/m².

Ob ein Widerspruchsausschuss durch Festsetzung eines gegenüber der Ausgangsentscheidung niedrigeren Wertes die Rechtsstellung eines Widerspruchsführers in einem Wertermittlungsverfahren i.S.v. §§ 27 ff FlurbG verschlechtern darf, kann hier offen bleiben. Auch bei einer unterstellten Befugnis, eine Ausgangsentscheidung zu Lasten eines Widerspruchsführers zu verschlechtern, wäre eine solche reformatio in peius jedenfalls beschränkt auf den Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Aus der dem Widerspruchsausschuss zukommenden umfassenden Kompetenz zu einer freien Entscheidung nach seiner aus dem gesamten Verhandlungen und Ermittlungen gewonnenen Überzeugung (§ 141 Abs. 2 FlurbG) folgt nicht eine uneingeschränkte Befugnis, ohne Beschränkung auf den Gegenstand eines Widerspruchs zu entscheiden. Wenn daher etwa wegen einer Teilanfechtung der Ausgangsentscheidung der zugrunde liegende Gegenstand nur teilweise Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist, bezieht sich die Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde auch nur auf diesen Streitgegenstand. Die Teilanfechtung durch einen auf eine höhere Wertermittlung gerichteten Verpflichtungswiderspruch kann nicht zum Anlass genommen werden, auch über den nicht angefochtenen Teil des Gegenstandes der Ausgangsentscheidung, der mangels Anfechtung bestandskräftig ist, zu entscheiden. Wenn eine Widerspruchsbehörde in diesem Fall eine Änderung auch des nicht angefochtenen Teils der Ausgangsentscheidung für sachgerecht hält, kann sie allenfalls - sofern sie ein entsprechendes Weisungs- oder Aufsichtsrecht gegenüber der Ausgangsbehörde hat - veranlassen oder - andernfalls - anregen, dass die Ausgangsbehörde ihre Entscheidung nach den Grundsätzen über die Rücknahme oder den Widerruf von Verwaltungsakten aufhebt.

Das mit dem Widerspruch des Klägers hier verfolgte Begehren war im Widerspruchsverfahren darauf gerichtet, unter Zugrundelegung eines Bodenrichtwertes von mindestens 20,00 €/m² einen höheren Bodenwert festzusetzen. Er wollte mit seinem Widerspruch in der Sache erreichen, dass ein entsprechend höherer Wert festgesetzt wird, weil seiner Auffassung nach sein Recht auf Ermittlung eines höheren - über den Wert von 6,38 € hinaus gehenden - Bodenwertes verletzt worden sei. Sein Begehren zielte damit gleichsam auf eine ergänzende Verpflichtung des Beklagten zu einer Erhöhung des bislang festgestellten Bodenwertes seines Grundstücks und nicht auf eine Aufhebung bis zur Höhe dieses Wertes. Nur hinsichtlich der versagenden Entscheidung der Ausgangsbehörde, einen höheren Bodenwert festzusetzen, hatte er im Widerspruchsverfahren die Änderung begehrt. Dieses tatsächliche Begehren des Klägers im Widerspruchsverfahren entsprach damit demjenigen des Klageverfahrens, wie es der Kläger durch seine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebracht hat. Die Befugnis des Widerspruchsausschusses war demgemäß auf die Entscheidungen beschränkt, entweder einen höheren Bodenwert als denjenigen der Ausgangsentscheidung festzusetzen oder den Widerspruch zurückzuweisen. Da - wie sich aus den Ausführungen unter 1. und 2. ergibt - die Ermittlung des Wertes in Höhe von 6,38 €/m² rechtmäßig ist und der Kläger keinen Anspruch auf die von ihm geltend gemachte höhere Festsetzung eines Bodenwertes von 8,50 €/m² hat (20,00 € geltend gemachter Bodenrichtwert x 85% als Wert für Rohbauland x 0,5 wegen des Halbteilungsgrundsatzes), hätte durch eine Zurückweisung des Widerspruches die Ausgangsentscheidung in der Sache bestätigt werden müssen. In dem gerichtlichen Verfahren hier ist damit unter Abweisung der Klage im Übrigen der angefochtene Verwaltungsakt dahingehend zu ändern, dass darin - entsprechend dem Ausgangsbescheid - ein Bodenrichtwert von 15,00 € zugrunde gelegt und ein Bodenwert von 6,38 € festgesetzt wird (§ 60 LwAnpG i.V.m. § 144 Satz 1 FlurbG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 60 LwAnpG i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da der Kläger eine gegenüber dem angefochtenen Bodenwert von 5,53 €/m² erhöhte Festsetzung des Bodenwertes von 8,50 €/m² begehrt hat und nur bis zu einer Höhe von 6,38 €/m² obsiegt, somit etwa in Höhe von 3/10, hat er 7/10 und der Beklagte 3/10 der Kosten zu tragen. Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), liegen nicht vor.

Die Entscheidungen über die Gebührenpflicht und die Erhebung einer Auslagenpauschale zu Lasten des Klägers beruhen auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 147 Abs. 1 und 2 FlurbG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Grund i.S.v. § 132 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 Bautzen innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen.

In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss vom 27. Juli 2006

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgricht wird auf 2.141,37 € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 52 Abs. 1 GKG. Die für die Festsetzung des Streitwertes danach maßgebliche Bemessung der Bedeutung der Sache für den Kläger ergibt sich aus der Differenz zwischen dem gewünschten und dem angefochtenen Wert. Der Kläger hat einen Bodenrichtwert von 20,00 €/m² vertreten, woraus sich ein Wert von 8,50 €/m² ergibt (20 € x 85 % x 50 %), somit für 721 m² insgesamt 6.128,50 €. In dem angefochtenen Bescheid ist ein Wert von 5,53 €/m² festgesetzt, woraus sich für 721 m² insgesamt 3.987,13 € ergeben. In Höhe der sich daraus ergebenden Differenz von 2.141,37 € ist der Streitwert festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 2 Satz 6, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



Ende der Entscheidung

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