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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 07.10.2004
Aktenzeichen: 7 D 6/03.F
Rechtsgebiete: FlurbG, LwAnpG


Vorschriften:

FlurbG § 9 Abs 1
LwAnpG § 4 Abs 1 Satz 1 F. 1990
LwAnpG § 14 F. 1990
LwAnpG § 22 F. 1990
Ein nachträglich eingetretener Umstand, der eine Flurneuordnung nicht zweckmäßig erscheinen lässt, muss faktischer Natur sein. Eine von der ursprünglichen Wertung abweichende, lediglich nachträglich gewonnene Rechtsansicht genügt dafür nicht.

Haben sich Teile einer dadurch aufgelösten ehemaligen LPG in einem Zug mit einer übernehmenden ehemaligen LPG zusammen geschlossen, bedurfte es zur Wirksamkeit dieses Zusammenschlusses und einer Rechtsnachfolge keiner Neugründung einer LPG.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT FLURBEREINIGUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: F 7 D 6/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Einstellung des Verfahrens auf freiwilligen Landtausch nach dem LwAnpG

hat der 7. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Sattler, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Franke und die ehrenamtlichen Richter Ltd.Verm.Dir. a.D. Mayer, Dipl.Agr.-Ing. Schreiber und Landwirt Thiele auf die mündliche Verhandlung

vom 7. Oktober 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Einstellungsbescheid des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung Kamenz vom 9. Dezember 2002 (einschließlich der Aufhebung des Tauschbeschlusses vom 27. August 1999) und dessen Widerspruchsbescheid vom 21. März 2003 betreffend die Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum (P. , Milchviehanlage) werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die nachträgliche Einstellung eines bereits bis zu einem Tauschbeschluss gediehenen Bodenordnungsverfahrens. Sie hatte mit Schreiben vom 8.8.1994, ergänzt durch Schreiben vom 28.11.1996, u.a. bezüglich der Milchviehanlage P. Antrag auf Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum gestellt. Hiervon betroffen sind u.a. die Flurstücke F1 , F2 und F3 der Gemarkung P. . Vorgelegt wurden ein der LPG (T) P. erteilter Prüfbescheid Nr. 116/85 vom 23.8.1985 betr. einen Rindermaststall, ein der LPG (T) "F. " P. erteilter Prüfbescheid Nr. 258/80 vom 18.11.1980 für einen Bergeraum und von der Staatlichen Bauaufsicht mit Prüfbescheid Nr. 111/85 am 6.8.1985 geprüfte Projektunterlagen der LPG (T) P. betr. Sozialgebäude zur Rindermastanlage. Sämtliche Gebäude wurden auf fremdem Grundeigentum erstellt.

Am 9.3.1992 wurde die Klägerin aufgrund Beschlusses der Mitgliederversammlung der früheren LPG "F. " P. vom 14.12.1991 über die Umwandlung in eine eingetragene Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen. Gemäß weiterer Eintragung vom 28.1.1998 wurde die Genossenschaft durch Beschluss der Generalversammlung vom 17.11.1997 aufgelöst und zwei Liquidatoren, durch weiteren Beschluss vom 31.8.2000 nur noch ein Liquidator bestellt.

Zwischen dem 16.3.1998 und dem 20.1.1999 fanden mehrere Aufklärungs- und Beratungsgespräche statt, in denen u.a. die Klägerin und die betroffenen Grundstückseigentümer vertreten waren. Es kam sodann zu mehreren Tauschvereinbarungen, u.a. auch zwischen der Klägerin und dem weiteren Teilnehmer A. N. , der sich zur Zahlung von 270.000 DM für die Übernahme der auf den Flurstücken F1 und F2 aufstehenden Gebäude verpflichtete. Diese Vereinbarungen wurden in dem Tauschbeschluss des damaligen Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung Kamenz vom 27.8.1999 für die Flurstücke F4 , F1 , F5 , F6 , F2 , F3 und F7 der Gemarkung P. angeordnet, der den Beteiligten am 16.9.1999 mit einer konkretisierenden Erklärung bezüglich einer Teilfläche des Flurstücks F2 bekannt gegeben und von ihnen gleichzeitig unterschriftlich bestätigt wurde. Die Ausführung des Tauschplans wurde nicht angeordnet.

In der Folge ließ das damalige Staatliche Amt für Ländliche Neuordnung Kamenz - aus aktenmäßig nicht nachvollziehbaren Gründen - ein Gutachten zur Umstrukturierung der LPG (P) "D. " T. durch Teilung sowie zur Umwandlung der LPG "F. " P. in die Agrargenossenschaft e.g. P. erstellen. Das von dem Rechtsanwalt Dr. D. unter dem 24.5.2002 erstellte Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass die Teilung der LPG (P) "D. " T. und die angestrebte Übertragung von Vermögensteilen auf drei andere LPG`en unwirksam und auch nicht durch die Registereintragung geheilt worden sei, weshalb ein Eigentumsübergang an dem Silo P. auf die Klägerin nicht erfolgt sei. Das Ergänzungsgutachten des Rechtsanwalts M. vom 16.10.2002 stellte darüber hinaus fest, dass eine neue LPG nach Verschmelzung nicht entstehen konnte und deshalb die Willensbildung in der Vollversammlung vom 14.12.1991 auf Umwandlung in eine e.G. von vornherein ins Leere gegangen sei.

Mit Einstellungsbescheid vom 9.12.2002 stellte das Amt hierauf das Verfahren zur Zusammenführung T. (P. , Milchviehanlage) ein und hob den Tauschbeschluss vom 27.8.1999 auf, da der Eigentumsübergang von der LPG (T) P. auf die Klägerin nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen sei, nachdem deren Rechtsnachfolge durch Umwandlung nicht erfolgt sei. Mangels Eigentum an der Milchviehanlage fehle es an der Antragsberechtigung der Klägerin. Damit sei dem Verfahren die Grundlage entzogen, es sei einzustellen und der Tauschbeschluss sei zurückzunehmen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 20.12.2002 Widerspruch ein. Hierzu fand am 12.2.2003 eine Widerspruchsverhandlung statt, in welcher die Klägerin nach dem gefertigten Vermerk vom 14.2.2003 vortragen ließ, das eingeholte Rechtsgutachten betreffe nicht die Gebäude der Milchviehanlage. Die Klägerin sei durch Umwandlung aus der LPG (T) P. als der Gebäudeerrichterin hervorgegangen. Diese Umwandlung könne nicht daran scheitern, dass die Vollversammlung von falschen Voraussetzungen hinsichtlich Teilung und Zusammenschluss ausgegangen sei.

Mit Bescheid vom 21.3.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Numerus clausus der Umstrukturierungsmöglichkeiten nach dem LwAnpG sei beim Versuch der Teilung der LPG (P) und Zusammenschluss der Teile mit je einer LPG (T) verletzt worden, so dass die Umwandlungsmaßnahmen unheilbar nichtig seien. Infolge der fehlgeschlagenen Umwandlung bestehe die seinerzeitige LPG (T) P. in Liquidation weiter und bedürfe in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG eines zu bestellenden Nachtragsliquidators, was nicht von der Behörde veranlasst werden könne. Mangels handlungsfähigen Gebäudeeigentümers könne das Tauschverfahren nicht zum Abschluss gebracht werden und sei zweckmäßigerweise nach Ermessen gemäß § 55 Abs. 3 LwAnpG, § 103d i.V.m. § 9 Abs. 1 FlurbG durch Beschluss eingestellt worden. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 21.3.2003 zugestellt.

Die Klägerin hat am 17.4.2003 Klage "gegen den am 21.3.2003 ergangenen Widerspruchsbescheid" erhoben und mit am 19.6.2003 eingegangenem Schriftsatz vom 17.6.2003 mitgeteilt, dass sich die Klage gleichfalls gegen den Einstellungsbescheid vom 9.12.2002 richte. Zur Begründung der Klage macht sie geltend, es fehle schon an einer Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Einstellungsbescheid. Die vom Beklagten zitierten Regelungen in § 103d i.V.m. § 9 Abs. 1 FlurbG verlangten, dass nachträglich eingetretene Umstände die Fortsetzung des Verfahrens als unzweckmäßig erscheinen ließen. Das sei hier nicht der Fall, da nachträglich keine neuen Umstände eingetreten seien, vielmehr bereits mit der Antragstellung sämtliche für die Rechtsnachfolge und Entstehung selbstständigen Gebäudeeigentums maßgebenden Unterlagen vorgelegt worden seien. Auch sei die Jahresfrist entsprechend § 48 Abs. 4 bzw. § 49 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ab Kenntnis der Behörde von den die Rücknahme bzw. den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen weit überschritten und auch die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung angesichts des Zeitablaufs von ca. neun Jahren ab Antragstellung und der mehrfach durchgeführten Beratungen ohne jede Beanstandung der Rechtsnachfolge verwirkt. Unabhängig davon sei aber auch die Annahme fehlender Rechtsnachfolge unzutreffend. Die in den Gutachten vom 24.5. und 16.10.2002 getroffenen und vom Beklagten übernommenen Feststellungen hielten einer rechtlichen Prüfung nicht Stand. Sie übersähen die Reichweite des § 22 Abs. 2 LwAnpG, der die Möglichkeit vorsehe, Teilung und Zusammenschluss von LPG`en in einem Zug durchzuführen; dabei sehe der insoweit missverständliche § 14 LwAnpG vor dem Zusammenschluss keine Neugründung einer LPG vor. Vielmehr sähen die §§ 14 ff. LwAnpG den Zusammenschluss mehrerer bereits existierender LPG`en unter zukünftig gemeinsamer Firmierung vor, wobei auch die übernehmende LPG an dem in § 15 LwAnpG vorgeschriebenen Vertrag beteiligt sei und nicht erst gegründet werden müsse. Wenn § 14 LwAnpG von der übernehmenden LPG als einer neuen LPG spreche, sei dies nicht mit einer neu zu gründenden LPG gleichzusetzen. Das ergebe sich aus den weiteren Vorschriften des LwAnpG und seiner in § 3 enthaltenen Zielsetzung. Auch fehle - anders als in § 4 Abs. 3 LwAnpG - ein Hinweis auf die entsprechende Anwendung der bei Gründung neuer Unternehmen entsprechend anzuwendenden Gründungsvorschriften. Daneben werde durch eine neuerliche Registerberichtigung vom 16.9.2003 bestätigt, dass die durch Teilung und Zusammenlegung erfolgten Umstrukturierungsprozesse nicht gescheitert seien. Unabhängig davon, ob die Klägerin Teilrechtsnachfolgerin der LPG (P) T. geworden sei, sei sie auf jeden Fall Rechtsnachfolgerin der LPG (T) "F. " P. , welche die in das Verfahren einbezogenen Gebäude errichtet habe. Insoweit sei der Umwandlungsbeschluss vom 14.12.1991 nicht schon deshalb unwirksam, weil an ihm auch Mitglieder der ehemaligen LPG (P) T. mitgewirkt hätten. Hierfür greife jedenfalls die erfolgte Registereintragung mit der Heilungswirkung des § 34 Abs. 3 LwAnpG i.V.m. den vom BGH hierzu entwickelten Voraussetzungen ein, die sämtlich vorlägen. Insbesondere sei die gewählte Rechtsform nach dem LwAnpG zugelassen und keine Mitgliederverdrängung vorgesehen. Schließlich lasse sich aus dem Umwandlungsbeschluss auch der Wille der Mitglieder der LPG (T) "F. " P. entnehmen, zumindest als Minimum die Umwandlung dieser LPG in die jetzige Klägerin vorzunehmen und eine Liquidation kraft Gesetzes auszuschließen. Die Klägerin beantragt,

den Einstellungsbescheid des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung Kamenz vom 9. Dezember 2002 (einschließlich der Aufhebung des Tauschbeschlusses vom 27. August 1999) und dessen Widerspruchsbescheid vom 21. März 2003 betreffend die Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum T. (P. , Milchviehanlage) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält daran fest, die Klägerin sei nicht Rechtsnachfolgerin der LPG und damit Gebäudeeigentümerin geworden. Sowohl die Teilung der LPG (P) als auch der Zusammenschluss mehrerer LPG (T) hätten nach §§ 4 und 14 LwAnpG ausschließlich der Gründung bzw. Bildung von neuen LPG dienen müssen. Das sei aber hier nicht geschehen, vielmehr sei eine Verschmelzung mit der als Rechtssubjekt unverändert fortbestehenden LPG (T) P. bei bloßer Erweiterung des Vermögens- und Mitgliederbestandes bezweckt worden. Die Aufnahme eines Teils der ehemaligen LPG (P) T. in die bisherige LPG (T) P. sei aber nach LwAnpG nicht zulässig gewesen. Darin liege jeweils eine unwirksame Umstrukturierung mit der Folge, dass sich sowohl die LPG (P) T. als auch die LPG (T) P. seit dem 1.1.1992 unerkannt in Liquidation befänden. Der Umwandlungsbeschluss vom 14.12.1991 enthalte auch nicht als "Minus" einen Umwandlungsbeschluss der ehemaligen LPG (T) P. ohne Teile der ehemaligen LPG (P) T. und könne dahin auch nicht umgedeutet werden. Er habe die Umwandlung des vermeintlich verschmolzenen Gesamtgebildes umfasst und sei als Scheinbeschluss unheilbar nichtig. Auf die Frage, ob die Eintragung der Klägerin die Kriterien für den Eintritt der Umwandlungswirkungen gemäß § 34 Abs. 3 LwAnpG erfülle, komme es deshalb nicht an. Da auch trotz entsprechenden Hinweises keine Bestellung eines Liquidators zur Herbeiführung von dem Gebäudeeigentümer zurechenbaren Erklärungen beantragt worden sei, könne das Tauschverfahren nicht zum Abschluss gebracht werden. Es sei somit zu Recht und mit zutreffenden Ermessenserwägungen eingestellt worden. Darüber hinaus wird geltend gemacht, eine Rücknahme bzw. ein Widerruf sei noch gemäß §§ 48 f. VwVfG möglich, ohne dass die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG Anwendung finde.

Die Klägerin hält es dem gegenüber für paradox, bei Teilung einer LPG und Zusammenschluss der dadurch entstandenen Teile mit anderen LPG`en als Zwischenschritt die Bildung neuer LPG`en für die Einzelteile zu verlangen. Dies widerspreche auch der Regelung des § 22 Abs. 2 LwAnpG und der gesetzlich gewollten zügigen Umwandlung von LPG`en.

Wegen der Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Senat liegen vier Ordner Akten des Beklagten und zwei Bände Akten des Registergerichts Dresden (GnR) vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Klägerin ist - weiter - sowohl partei- als auch prozessfähig. Mit Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts Dresden vom 6.10.2003 (533 IN 1239/03), durch den der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin abgewiesen wurde, ist die Klägerin zwar gemäß § 81 a Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften - GenG - aufgelöst worden. Damit ist aber nicht zugleich die Partei- oder Prozessfähigkeit der Klägerin weggefallen. Sie wird lediglich - wie bisher schon - durch die Liquidatoren vertreten und stellt so lange eine in Abwicklung befindliche, partei- und prozessfähige Gesellschaft dar, bis sie - nach bisher nicht erfolgter Löschung im Register - beendet ist (vgl. Schulze-Osterloh in: Baumbach/Hueck, 17. Aufl., § 60 GmbHG RdNrn. 3, 9, 25 ff. zu den entsprechenden Regelungen des GmbHG).

2. Die Klage richtet sich zulässigerweise nicht nur gegen den Widerspruchsbescheid, sondern auch gegen den Erstbescheid insgesamt, d.h. auch einschließlich der Aufhebung des Tauschbeschlusses vom 27.8.1999. Dem steht nicht entgegen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin innerhalb der Klagefrist ausdrücklich nur die Aufhebung des Widerspruchsbescheides begehrt und den Einstellungsbescheid als solchen zunächst nicht ausdrücklich angefochten hat. Der erkennbare Zweck ihres Rechtsschutzbegehrens geht über das ausdrückliche Begehren im Klageschriftsatz deutlich hinaus, die Einstellung des Verfahrens als solche nicht bestandskräftig werden zu lassen. Nach § 88 VwGO ist das Gericht an die Fassung der Klageanträge nicht gebunden, wenn das durch Auslegung und Gesamtwürdigung des Klagevortrages zu ermittelnde Klagebegehren darüber hinaus geht (BVerwG, Urt. v. 26.7.1979, Buchholz 310 zu § 113 VwGO Nr. 93; HessVGH, Urt. v. 27.1.1987, GewArch 1987, 234). Hier ist jedenfalls aus dem nicht begründeten Klageschriftsatz für sich nicht zweifelsfrei erkennbar, dass die Klägerin - entgegen ihrem grundsätzlichen Interesse - lediglich die Aufhebung des Widerspruchsbescheides erstreben wollte. Demgemäß hat sie auf die Nachfrage des Berichterstatters vom 2.6.2003 unter dem 17.6.2003 klargestellt, auch den Erstbescheid einbeziehen zu wollen.

II.

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Sowohl die Einstellung des Tausch-/Zusammenführungsverfahrens im Bescheid vom 9.12.2002 (1.) als auch die gleichzeitig verfügte Aufhebung des Tauschbeschlusses vom 27.8.1999 (2.) sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

1. Nach § 55 Abs. 3 LwAnpG, § 103 d, § 9 Abs. 1 FlurbG kann die Flurneuordnungsbehörde das freiwillige Landtauschverfahren einstellen, wenn das Verfahren infolge nachträglich eingetretener Umstände nicht zweckmäßig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1.1. Das gilt schon deshalb, weil nachträglich kein Umstand faktischer Art eingetreten ist, der, hätte er bei Einleitung des Tauschverfahrens vorgelegen, dazu geführt hätte, dass das Verfahren nicht durchgeführt worden wäre (ebenso OVG Lüneburg, Urt. v. 28.8.1970, RdL 1971, 18; Seehusen/Schwede, 7. Aufl., § 9 FlurbG RdNr. 1). Der Beklagte macht lediglich geltend, die - rechtlichen - Voraussetzungen für die Anordnung des Tauschverfahrens hätten mangels selbstständigen Gebäudeeigentums der Klägerin nicht vorgelegen. Dieser Umstand ist aber weder nachträglich eingetreten, noch ist er faktischer Natur. Er beruht lediglich auf einer nachträglich gewonnenen Rechtsansicht, die von den Feststellungen und Wertungen im "Schlußbericht Zusammenfassung der Vorarbeiten" vom 3.6.1999 abweicht, welche ihrerseits Grundlage des Tauschbeschlusses vom 27.8.1999 gewesen waren. Darin kann kein nachträglicher Umstand erkannt werden (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 13.5.1996, zit. nach Juris).

Soweit der Beklagte geltend macht, nur mittels Verfahrenseinstellung habe der Erkenntnis Rechnung getragen werden können, dass der Klägerin die Legitimation gefehlt habe, die aus der Tauschvereinbarung folgenden Ansprüche durchzusetzen, folgt daraus nichts anderes. Dies hätte sowohl durch Verweigerung der Anordnung des Tauschplans als auch durch Aufhebung des Tauschbeschlusses - allerdings unter Beachtung der dafür normierten Voraussetzungen - berücksichtigt werden können. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Verfahrenseinstellung können daraus jedenfalls nicht hergeleitet werden.

1.2. Die Klägerin ist selbstständige Gebäudeeigentümerin hinsichtlich der in Rede stehenden baulichen Anlagen geworden, nämlich des Rindermaststalls, des Bergeraums sowie des Sozialgebäudes zur Rindermastanlage, die auf vom Tauschbeschluss erfassten Flächen errichtet wurden.

1.2.1. Ursprüngliche Gebäudeeigentümerin war die ehemalige LPG (T) P. gewesen. Sie hat aufgrund § 13 Abs. 2 LPGG 1959 und § 27 Satz 1 LPGG 1982 und ihres Nutzungsrechts an den auf übergebenem Boden errichteten Gebäuden, unabhängig vom Eigentum an Grund und Boden, genossenschaftliches Eigentum erlangt. Am Nutzungsrecht dieser Genossenschaft, die gelegentlich mit dem Zusatz "F. " bezeichnet wurde, besteht kein Zweifel. Dass die LPG insofern selbstständiges Gebäudeeigentum erlangt hat, wird - unabhängig davon, dass eine entsprechende Eintragung in einem Gebäudegrundbuch fehlt - auch vom Beklagten nicht in Frage gestellt.

1.2.2. Die Klägerin ist wirksam Rechtsnachfolgerin dieser ehemaligen LPG mit der Folge geworden, dass deren Gebäudeeigentum auf sie übergegangen ist.

1.2.2.1. Der Senat stimmt dem Beklagten zu, dass nicht nur eine Umwandlung von einer LPG in eine eingetragene Genossenschaft stattgefunden hat, sondern dem eine Teilung einer LPG unter gleichzeitigem Zusammenschluss einzelner dieser Teile mit anderen LPG`en, u.a. der LPG (T) P. , vorausgegangen ist. Auch diese Veränderung, die im Falle ihrer Rechtsunwirksamkeit allerdings die Rechtsnachfolgekette hin zur Klägerin unterbrochen hätte, ist wirksam erfolgt. Die Teilung der ehemaligen LPG (P) "D. " T. unter gleichzeitiger Übertragung ihres Vermögensanteils von 30,6 % auf die ehemalige LPG (T) P. leidet an keinen Rechtsfehlern. Insbesondere bedurfte es entgegen der Rechtsansicht des Beklagten keiner Neugründung einer LPG.

Nach § 22 Abs. 2 LwAnpG haben die Regelungen über den Zusammenschluss Vorrang, wenn Teilungen und Zusammenschlüsse von LPG`en in einem Zug durchgeführt werden. Dass Teilung und Zusammenschluss hier in einem Zug durchgeführt wurden, folgt aus dem einheitlichen Beschluss der ehemaligen LPG (P) T. vom 5. Oktober 1990. Maßgebend ist deshalb die Regelung des § 14 LwAnpG für den Zusammenschluss von LPG`en. Danach konnten sie "im Wege der Bildung einer neuen LPG (übernehmende LPG), auf die das Vermögen jeder der sich vereinigten LPG (übertragenden LPG) ... übergeht", zusammengeschlossen werden. Aus dieser Regelung folgt, dass die Annahme des Beklagten, es müsse eine neue LPG im Sinne eines errichtenden Zusammenschlusses gebildet werden, für den Zusammenschluss von LPG`en nicht zutrifft. Eine "übernehmende" LPG, die nur im Gegensatz zu den "übertragenden" als neu bezeichnet wird, muss nicht notwendigerweise eine neu gegründete Genossenschaft sein, sondern lässt auch die Verschmelzung mit einer bereits bestehenden LPG zu. Das bestätigt die gesetzliche Gegenüberstellung von übernehmender und übertragender LPG, von denen lediglich die übertragende LPG mit Registereintragung erlischt (vgl. § 20 Nr. 2 LwAnpG), nicht aber die übernehmende LPG. Dieses Ergebnis entspricht dem Anliegen des Gesetzgebers, bei der Teilung keine selbstständigen Reste der geteilten LPG zu erhalten. Das ist hier beachtet. Die ehemalige LPG (P) T. hat sich vollständig auf drei weiter bestehende LPG`en aufgeteilt (36,4 % LPG (T) V. K. K. , 30,6 % LPG P. und 33,0 % LPG (T) N. L. T. ). Zuvor vorgenommene Verfügungen über einzelne Vermögensgegenstände stehen dem nicht entgegen. Für den fortbestehenden Übernehmer existieren dem gemäß solche Regelungen nicht. Im Übrigen hat auch der BGH in seinem Beschluss vom 3.5.1996 (BGHZ 132, 353, 359f.) nicht nur für den Fall der Umwandlung, sondern ebenso für den Fall der Verschmelzung die Rechtsposition der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft gegeneinander abgegrenzt. Das kann nur dann Sinn machen, wenn eine Übernahme im Wege der Verschmelzung und ohne Neugründung überhaupt zulässig ist. Der Senat vermag zudem nicht zu erkennen, welchen tieferen Sinn es haben sollte, einen Zusammenschluss von LPG`en nur für den Fall des Entstehens rechtlich neuer Gesellschaften, nicht aber den verschmelzenden Beitritt zu einer fortbestehenden LPG zuzulassen. Auch Nies, den der Beklagte für seine entgegen stehende Ansicht in Anspruch nimmt, verlangt lediglich für die Teilung (in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 4 LwAnpG RdNr. 2; vgl. auch Kimme, Offene Vermögensfragen, Band III, § 4 LwAnpG RdNrn. 3 und 5 unter Hinweis auf den numerus clausus der Umwandlungsrechte), nicht aber für den Zusammenschluss (aaO, § 14 RdNr. 1 bis 3) die Entstehung einer neuen LPG im Sinne einer Neuerrichtung im Gegensatz zur Verschmelzung für die übernehmende LPG. Dem entspricht es, dass nur die eine Teilung regelnde Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 LwAnpG in der hier maßgeblichen Fassung vom 29.6.1990 (GBl.-DDR I S. 642) - F. 1990 - "dadurch gegründete neue Unternehmen" verlangt (vgl. auch Neixler, AgrarR 1993, 1, 4), die hier maßgebliche Norm des § 14 LwAnpG indessen nicht. Gleiches gilt insofern, als - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - lediglich § 4 Abs. 3 LwAnpG F. 1990 Regelungen über die Gründung des nach Teilung neuen Unternehmens enthält, die den Zusammenschluss regelnde Vorschrift des § 14 LwAnpG aber nicht. Nach alledem steht außer Zweifel, dass die am 18.1.1991 erfolgte Eintragung der um Teile der ehemaligen LPG (P) T. ergänzten LPG P. in das LPG-Register materiell zu Recht erfolgt und damit weder eine Unterbrechung der Rechtsnachfolgekette eingetreten noch die nachfolgende Umwandlung ins Leere gegangen ist.

1.2.2.2. Umwandlungswirkung und damit eine weitere Fortsetzung der Gesamtrechtsnachfolge (hier: im Verhältnis zu der um Teile der ehemaligen LPG (P) T. erweiterten LPG P. ) trat sodann gemäß § 34 Abs. 3 LwAnpG mit der Eintragung des neuen Unternehmens - hier der Klägerin am 9.3.1992 - in das Genossenschaftsregister ein. Mängel des Umwandlungsaktes würden diese Wirkung nach gefestigter Rechtsprechung nur dann ausschließen, wenn ein Beschluss der Mitglieder in einer Vollversammlung über die Umwandlung nicht gefasst worden wäre, in eine Rechtsform umgewandelt worden wäre, die wenigstens im Zeitpunkt der Registereintragung vom Gesetz nicht für zulässig erachtet worden ist, oder die Identität der Mitgliedschaft nicht gewahrt wäre , d.h. die Fortsetzung der bisherigen Mitgliedschaft ausgeschlossen worden ist. Läge auch nur einer dieser Mängel vor, fände eine wirksame Umwandlung nicht statt (zum Ganzen: Wenzel, AgrarR 2000, 351, 352 mit Nachweisen der Rspr.). Vorliegend kann indessen keiner dieser Mängel angenommen werden:

1.2.2.2.1. Ein - einstimmiger - Umwandlungsbeschluss der Mitgliederversammlung der früheren LPG "F. " P. vom 14.12.1991 zur Umwandlung als solcher liegt vor. Auf seine Wirksamkeit kommt es nicht an (Wenzel, aaO, S. 352).

1.2.2.2.2. Auch war die zur Umwandlung beschlossene Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft sowohl zum Zeitpunkt des Beschlusses als auch der Registereintragung eine vom Gesetz als zulässig erachtete Rechtsform (§ 23 Abs. 1 LwAnpG).

1.2.2.2.3. Ebensowenig bestehen Bedenken gegen die Annahme, dass die Kontinuität der Mitglieder gewahrt ist. Missverständlich sind insofern allerdings die Passagen in Nr. 3 des Umwandlungsbeschlusses vom 14.12.1991, für alle Mitglieder der LPG P. ende das Mitgliedsverhältnis mit der Gründungsversammlung, sie könnten bis zur Rechtswirksamkeit zur Umwandlung in eine e.G. die Mitgliedschaft durch Unterschrift erwerben, sowie in Nr. 4 des Beschlusses, jedes Mitglied müsse mit mindestens drei, in Höhe von jeweils 500,- DM zu erwerbenden, Geschäftsanteilen beteiligt sein. Selbst wenn damit die Mitgliedschaft von einem Antrag und einer zusätzlichen Geldleistung abhängen sollte, folgt daraus nicht, dass nicht allen Mitgliedern die Beteiligung an der eingetragenen Agrargenossenschaft ermöglicht wurde. Darin liegt eher eine mit der Umwandlung einher gehende Kapitalerhöhung, die jedoch die Identität der Gesellschaft nicht berührt (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.1994, ZIP 1995, 422, 425). Aber auch wenn diese Passagen nichtig sein sollten, ergriffe diese Nichtigkeit nicht den gesamten Umwandlungsbeschluss. Nach ihrem Sinn und Zweck läuft die Regelung nämlich nicht darauf hinaus, Mitgliedern der umgewandelten LPG die Fortsetzung ihrer Mitgliedschaft in dem formgewandelten Unternehmen im Sinne einer Verdrängung von vornherein tatsächlich oder rechtlich zu verweigern (BGH, Beschl. v. 8.5.1998, BGHZ 138, 371, 376 f.).

1.2.2.3. Der Senat lässt angesichts vorstehender Ausführungen offen, ob bei einem - unterstellt - unwirksamen Zusammenschluss mit Teilen der ehemaligen LPG (P) T. die LPG (T) P. gleichwohl fortbestanden und gewissermaßen als "Minus" die spätere Umwandlung in die jetzige Klägerin wirksam vornehmen konnte. Er merkt lediglich an, dass der im Rechtsgutachten Dr. D. vom 24.5.2002 als maßgeblich angesprochene Silo P. im vorliegenden Verfahren keine Relevanz besitzt, es hier vielmehr um andere Gebäude geht, zu denen sich das Gutachten aber nicht äußert. Immerhin könnten sich unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und des eigentumsrechtlichen Mitgliederschutzes daraus Bedenken ergeben, dass am Umwandlungsbeschluss vom 14.12.1991 nicht nur die Mitglieder der ehemaligen LPG (T) P. , sondern auch des übertragenen Teils der ehemaligen LPG (P) T. beteiligt waren, deren Verbleib und Berechtigung damit im Falle eines unwirksamen Zusammenschlusses ungeregelt bliebe.

2. Auch die Aufhebung bzw. Rücknahme des Tauschbeschlusses vom 27.8.1999 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Nach der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 BVwVfG kann ein rechtswirksamer Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurück genommen werden. Ein begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß Satz 2 nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurück genommen werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

2.1. Der Tauschbeschluss war nicht rechtswidrig. Wie unter 1. festgestellt, ist die Klägerin im Wege der Rechtsnachfolge Gebäudeeigentümerin geworden. Ihre Legitimation steht damit fest und sonstige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Tauschbeschlusses sind weder geltend gemacht, noch von Amts wegen gegeben.

2.2. Selbst wenn der Tauschbeschluss rechtswidrig gewesen wäre, wäre dessen Rücknahme aber auch deshalb rechtsfehlerhaft erfolgt, weil das geforderte Ermessen nicht ausgeübt worden ist. Im Erstbescheid heißt es hierzu nach Darlegung der Gründe, weshalb die Klägerin nicht Eigentümerin der Milchviehanlage und deshalb dem Verfahren die Grundlage entzogen sei, lediglich

"Nach alledem ist das Verfahren ... einzustellen und der Tauschbeschluss vom 27.08.1999 zurückzunehmen."

Das ist hinsichtlich der Rücknahme die klassische Formulierung eines nicht ausgeübten Ermessens. Und der Widerspruchsbescheid enthält zur Rücknahme keinerlei Ausführungen. Die hinsichtlich der Verfahrenseinstellung gemachten Ausführungen stehen in anderem Zusammenhang und geben deshalb für die Rücknahmeentscheidung nichts her. Damit scheidet ein Nachschieben von Ermessenserwägungen von vornherein aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die Gebührenpflicht beruht auf § 60 LwAnpG i.V.m. § 147 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, die Entscheidung über die Erhebung eines Auslagenpauschsatzes auf § 147 Abs. 1 Satz 1 FlurbG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG auf 27.000,-- € festgesetzt. Dabei knüpft der Senat für die Bemessung der Bedeutung der Sache für die Klägerin zunächst an den in der maßgebenden Tauschvereinbarung bestimmten Geldausgleich von 270.000,-- DM an. Im Hinblick darauf, dass der Rechtsstreit nicht die - zudem nur unter Gegenleistung zu erbringende - Leistung dieses Betrages an die Klägerin betrifft, vielmehr nur die Übernahme dieser Vereinbarung durch den Beklagten in einen Tauschbeschluss in Rede steht, hält es der Senat für sachgerecht, den Streitwert mit einem Fünftel dieses Betrages anzusetzen. Den daraus folgenden DM-Betrag rechnet der Senat im Verhältnis 1 : 2 um, woraus sich die festgesetzte Summe ergibt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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