Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: D 6 B 323/03
Rechtsgebiete: SächsDO


Vorschriften:

SächsDO § 15 Abs. 1 S. 1
SächsDO § 15 Abs. 1 S. 2
1. Ein Lösungsbeschluss gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SächsDO ist nur dann zulässig, wenn erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts bestehen.

2. Erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts bestehen, wenn das Disziplinargericht ohne Lösungsbeschluss gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder nach Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden.

3. Strafgerichtliche Feststellungen, die nicht auf einer gegen Denkgesetze und Erfahrungswerte verstoßenden Beweiswürdigung beruhen, sind auch dann für das Disziplinargericht bindend, wenn dieses aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich hält.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: D 6 B 323/03

In der Disziplinarsache

wegen Entfernung aus dem Dienst

hat der 6. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng, die Beamtenbeisitzerin Sehrig und den Beamtenbeisitzer Weist aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2004

am 25. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beamten wird das Urteil der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. Februar 2003 - D 10 K 1160/02 - geändert.

Dem Beamten wird ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v.H. seines erdienten Ruhegehaltes auf die Dauer von sechs Monaten bewilligt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Der am 1964 in R. geborene Beamte erlernte nach dem Besuch der 10-jährigen Polytechnischen Oberschule in R. den Beruf des Baufacharbeiters für Maurerarbeiten. Die Facharbeiterprüfung legte er am 15.7.1982 mit dem Ergebnis "befriedigend" ab. Anschließend arbeitete er bis zum 31.10.1983 in seinem erlernten Beruf. In der Zeit vom 1.11.1983 bis 31.10.1986 leistete er seinen Wehrdienst bei der kasernierten Volkspolizei ab. Am 13.1.1987 wurde er mit dem Dienstgrad Oberwachtmeister der Volkspolizei im VPKA , Abteilung Schutzpolizei, VP-Revier , Streifeneinzeldienst eingestellt. Einen Grundlehrgang für Neueingestellte an der Volkspolizeischule "E. " in N. schloss er mit dem Prädikat "sehr gut" ab. Für die Zeit vom 4.1.1988 bis zum 31.12.1988 wurde er zum Baukommando des MdI in B. kommandiert. Für die Zeit vom 16.1.1989 bis 31.12.1989 wurde er zum Baukommando der BDVP D. kommandiert. Ab dem 1.1.1990 war der Beamte in mehreren Funktionen im VPKA D. und in der Polizeidirektion D. tätig.

Am 3.10.1990 wurde der Beamte zunächst als Angestellter im Polizeidienst des Freistaates Sachsen übernommen und mit Wirkung vom 1.1.1992 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeimeister ernannt. Am 20.1.1995 wurde ihm die Eigenschaft des Beamten auf Lebenszeit verliehen. Eine Beförderung fand seitdem nicht statt.

Der Beamte wurde während seiner Probezeit mehrmals zwischenbeurteilt. Im Juni 1999 wurde er regelbeurteilt für den Zeitraum vom 1.1.1995 bis 1.4.1999. Er erhielt die Gesamtnote von 4,26 Punkten. Dies entspricht dem Prädikat "entspricht den Anforderungen".

Der Beamte hat im Jahre 1985 zum ersten Mal geheiratet. Aus der im Jahre 1987 geschiedenen Ehe ging die am 1986 geborene Tochter A. hervor. Die Tochter wohnt bei ihrer Mutter. Der Beamte ist seit Juni 2003 wieder verheiratet. Seine Ehefrau verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von €. Die monatlichen finanziellen Belastungen des Beamten betragen € für die Tilgung eines Autoratenkredites sowie € für den Unterhalt seiner Tochter aus erster Ehe. Die Warmmiete der ehelichen Wohnung beträgt € im Monat. Der Beamte muss zudem die Kosten der strafgerichtlichen Hauptverhandlungen in Höhe von insgesamt € tragen.

Disziplinar- oder strafrechtlich ist der Beamte bisher nicht in Erscheinung getreten. Wegen der hier gegenständlichen Straftat wurde er mit Urteil des Landgerichts D. vom wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit diesem Urteil hob das Landgericht D. das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts D. vom auf, das den Beamten freigesprochen hatte. Die gegen das Urteil des Landgerichts D. eingelegte Revision des Beamten verwarf der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts D. mit Beschluss vom als unbegründet. Das Urteil des Landgerichts D. wurde am rechtskräftig. Dem Urteil des Landgerichts liegen folgende tatsächlichen Feststellungen zugrunde:

Der Angeklagte ist seit 1987 mit Frau F. V. , der Mutter der am 1.1.1984 geborenen N. V. , befreundet und unterhielt auch intime Beziehungen zu ihr. Während F. V. dieser Beziehung durchaus zukünftige gemeinsame Lebensperspektiven beimaß, dachte der Angeklagte nicht daran, ein gemeinsames Leben mit ihr zu führen oder eine Ehe mit F. V. einzugehen.

N. , die ohne eine starke Vaterpersönlichkeit allein von ihrer Mutter erzogen wurde, sah im Angeklagten einen väterlichen Freund und freute sich stets auf Besuche des Angeklagten. Der Angeklagte vermochte es aber nicht, eine väterliche Bindung zu N. herzustellen.

F. V. , die zusehends mit der Bewältigung der Probleme, die bei der Erziehung von N. V. entstanden, überfordert war, bat den Angeklagten dennoch stets um Rat und Beistand bei der Erziehung von N. . Während F. V. überreizt auf Vorkommnisse um N. reagierte, versuchte der Angeklagte durch seine ruhige Art ermahnend und stabilisierend auf N. einzuwirken. Dabei nutzte er durchaus seine Position als Polizist, um seine Erziehungsaufgaben, die ihm F. V. aufgetragen hatte, zu erfüllen. Neben dieser erziehenden Rolle war es aber auch der Angeklagte, der versuchte, N. durch kleinere Geschenke, Freude zu bereiten.

Der Angeklagte wußte aus einer Vielzahl von Begegnungen zwischen F. V. und N. V. , daß N. zur Tatzeit 11 Jahre alt ist.

Am Abend des rief der Angeklagte bei F. V. an und bat sie, mit ihm seine Verbeamtung und seinen Geburtstag nachzufeiern. Nachdem F. V. hierauf zusagte, traf der Angeklagte kurze Zeit später in deren Wohnung in der R. in D. ein. In der Wohnung der F. V. waren zu dieser Zeit noch zwei weitere Herren anwesend, die bereits alkoholisiert waren. Während der gemeinsamen Unterhaltung, bei der auch Alkohol getrunken wurde, entspann sich plötzlich ein Streit zwischen F. V. und einem dieser beiden Besucher, einem L. , dem damaligen Freund der F. V. , der handgreiflich zu werden drohte. Geweckt von der lautstarken Unterhalt der F. V. mit den anwesenden Herren trat die damals 11-jährige N. in das Wohnzimmer und wandte sich schutzsuchend an ihre Mutter. Da der Streit zu eskalieren drohte, schlug der Angeklagte F. V. vor, daß er gehen werde und dabei auch N. mitnehmen könnte, um sie dieser unangenehmen Situation zu entziehen. Mit diesem Vorschlag war F. V. einverstanden. Sie packte für ihre Tochter N. Schlafanzug und Waschsachen ein; kurze Zeit später - gegen 23:30 Uhr - verließen der Angeklagte und N. die Wohnung von F. V. , um in die Wohnung des Angeklagten auf der H. in D. zu gelangen, wo sie wenig später eintrafen.

Nachdem der Angeklagte und N. noch etwas ferngesehen hatten, wollte N. ins Bett gehen. Der Angeklagte zeigte N. ihre Schlafstätte, auf der rechten Seite der ausgezogenen Doppelbettcouch im Schlafzimmer. N. zog sich ihren Schlafanzug an und legte sich auf die vom Angeklagten zugewiesene Seite des Bettes.

Kurze Zeit später, es war bereits nach Mitternacht, kam der Angeklagte, obwohl ihm eine weitere Schlafstätte im Wohnzimmer zur Verfügung stand, ins Schlafzimmer, schaltete das Radio ein, das unmittelbar am Kopfende der Doppelbettcouch auf einer Konsole stand, zog sich aus und legte sich, mit einem Schlafanzug begleitet, auf die linke Seite der Doppelbettcouch. Zu diesem Zeitpunkt war der Angeklagte, der durch den zuvor genossenen Alkohol in keinster Weise in seiner Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt war, bereits entschlossen, sexuelle Handlungen an N. vorzunehmen, um sich sexuell zu erregen. Aus diesem Grund versuchte er zunächst, N. auf den Rücken zu drehen und an sich heranzuziehen, was ihm aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit ohne weiteres möglich war. Er fragte N. , ob sie schon wüßte, was ein Zungenkuss sei. Ohne eine Antwort abzuwarten, küsste der Angeklagte N. auf den Mund. N. , der diese Annäherung unheimlich erschien, entgegnete, daß sie müde sei. Sie wollte sich aus der Umklammerung des Angeklagten lösen, was ihr jedoch nicht gelang. So versuchte sie, dieser Lage dadurch zu entkommen, indem sie den Angeklagten bat, auf die außerhalb der Wohnung liegende Toilette gehen zu dürfen.

Obwohl N. die Annäherungen des Angeklagten unangenehm waren, entschied sie sich, nach dem vorgeschobenen Toilettenbesuch zurück in das Schlafzimmer zu gehen, weil sie Angst hatte, allein in der Nacht nach Hause zu laufen.

Als N. zurückkam, hoffte sie, der Angeklagte sei eingeschlafen. Sie betrat das Schlafzimmer und legte sich abgewandt vom Angeklagten in das rechte Bett.

Der Angeklagte, der trotz der Abwehr des Kindes N. nicht bereit war von seinem Vorhaben, N. sexuell zu mißbrauchen, Abstand zu nehmen, drehte N. erneut auf den Rücken und zog sie an sich heran. Zunächst faßte der Angeklagte mit seiner Hand auf die bedeckte Brust von N. , obwohl diese versuchte, sich wegzudrehen und damit dem Angeklagten zeigte, daß sie derlei Handlungen nicht wolle. Während der Angeklagte N. nun gegen deren Willen das Oberteil ihres Schlafanzuges auszog, sagte er zu ihr, daß das, was hier passiere, niemanden etwas angehe. N. wollte nicht, daß der Angeklagte ihr das Oberteil ihres Schlafanzuges auszieht und versuchte durch Herunternehmen der Arme und Herunterziehen des Oberteils, ihn am Ausziehen zu hindern. Der Angeklagte schaffte es schließlich und berührte hiernach die nun unbedeckte, körperlich noch nicht entwickelte Brust des Kindes N. . N. , die erneut nicht wollte, daß der Angeklagte sie an ihrem bedeckten oder unbedeckten Geschlechtsteilen berührte und hoffte, er würde müde werden und einschlafen, bat erneut, auf Toilette gehen zu dürfen. Sie zog sich ihr Oberteil wieder an und ging zur Toilette. Als sie zurückkam und sich in ihr Bett legte, spürte sie bei der erneuten Annäherung des Angeklagten, daß dieser nunmehr nackt war. Er drehte sie wieder zu sich herum, legte sie auf den Rücken und zog ihr, obwohl sie sich mit den Händen wehrte und es ihr unangenehm war, sowohl Oberteil als auch die Hose ihres Schlafanzuges aus. N. wollte sich wieder anziehen, der Angeklagte aber befahl ihr, daß sie dies lassen solle. Aus Angst vor evtl. Gewalttätigkeiten, die der Angeklagte ihr jedoch nicht angedroht hatte, unterließ sie weitere Abwehrversuche.

Der Angeklagte streichelte nun in der Absicht, sich sexuell zu erregen, N. unbedeckte Brust und ihre unbedeckte Scheide; er hatte zuvor mit seiner Hand ihre Beine auseinandergedrückt, um ungehindert N. Scheide berühren zu können. N. war dies sehr unangenehm, sie wollte sich daher wieder anziehen, wurde jedoch vom Angeklagten an den Armen festgehalten. Sie bat erneut, um sich den sexuellen Wünschen des Angeklagten zu entziehen, auf die Toilette gehen zu dürfen. Der Angeklagte gab ihr einen Morgenmantel zum Überziehen. N. verblieb dieses Mal eine längere Zeit auf der Toilette und ging anschließend in die Küche in der Wohnung des Angeklagten, um sich in ihrem Genitalbereich zu waschen. Sie verspürte nämlich Ekelgefühle, nachdem sie der Angeklagte an ihrer Scheide angefasst hatte. Darüber hinaus war sie müde und wollte ihre Ruhe haben, nicht zuletzt sorgte sie sich auch um ihre Mutter.

Zurückgekommen ins Schlafzimmer ließ der Angeklagte nicht von N. ab. Er drehte sie abermals zu sich, küsste sie gegen ihren Willen, den sie durch Wegdrehen des Kopfes versuchte kenntlich zu machen, auf den Mund und legte sich schließlich in unbekleidetem Zustand auf das nackte Mädchen. N. waren diese nun seit ca. 1 Stunde anhaltenden Belästigungen durch den Angeklagten zuwider und sie versuchte sich ständig durch Umdrehen den Zugriffen des Angeklagten zu entziehen. Während der Angeklagte auf dem nackten Mädchen lag, versuchte er, mit seinem Finger in die Scheide von N. einzudringen. Hierbei verspürte N. einen starken stechenden Schmerz, was sie dem Angeklagten auch sagte, worauf er von ihr abließ und einschlief.

N. konnte aufgrund dieser Vorfälle nicht einschlafen und wartete ungeduldig auf den Morgen, um nach Hause gehen zu können. Nach dem Aufstehen wusch sie sich gründlich, weil sie sich infolge der Berührungen des Angeklagten ekelte. Nach einem kleinen Frühstück wurde N. vom Angeklagten nach Hause zu ihrer Mutter gebracht. Aus Angst vor Ärger erzählte sie ihrer Mutter zunächst nichts von diesen nächtlichen Vorfällen.

In der Zeit nach dem trafen sich der Angeklagte und F. V. seltener. Auch Kontakte zwischen dem Angeklagten und N. bestanden nicht.

Am , als eine der Auseinandersetzungen zwischen N. und F. V. zu eskalieren drohte und F. V. N. ankündigte, sie nunmehr in ein Heim zu geben, offenbarte sich N. ihrer Mutter. F. V. erstattete daraufhin noch am selben Tag Anzeige gegen den Angeklagten. N. wurde sofort polizeilich vernommen und einem Gynäkologen - Dr. med. S. - vorgestellt. Dieser stellte fest, daß das Hymen von N. unverletzt war und auch sonst keinerlei Anzeichen von Verletzungen der inneren und äußeren Geschlechtsorgane vorhanden sind."

Das Landgericht führte weiter aus, dass sich der der Verurteilung zugrunde gelegte Sachverhalt mit der für eine Verurteilung notwendigen Überzeugung aufgrund der im Wesentlichen in sich stimmigen und von hoher Aussagekonstanz geprägten Aussagen der Zeugin N. V. ergäbe. An der Glaubhaftigkeit und der Glaubwürdigkeit des Kindes bestünden aufgrund der eigenen Wahrnehmungen der Kammer in der Berufungshauptverhandlung und auch ausgehend von den überzeugenden, fundierten und von hoher Fachkompetenz getragenen Ausführungen der Sachverständigen Diplompsychologin S. F. keine Zweifel.

Am 22.2.1996 ordnete der Präsident des Polizeipräsidiums D. wegen des strafgerichtlich festgestellten Fehlverhaltens des Beamten Vorermittlungen an, die wegen des zum damaligen Zeitpunktes laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgesetzt wurden. Mit Schreiben des Polizeipräsidenten des Polizeipräsidiums D. vom 10.8.1999 erhielt der Beamte Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens und der beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung. Mit Schreiben vom 1.9.1999 erklärte daraufhin der Beamte, dass das von der Diplompsychologin S. F. im strafgerichtlichen Verfahren erstellte Gutachten nicht den Mindestanforderungen an ein strafprozessuales Glaubwürdigkeitsgutachten genüge. Die Gutachterin habe wesentliche Tatsachen ausgeklammert, die Auswirkungen auf die Gesamtpersönlichkeit der Geschädigten gehabt hätten.

Nach der Vorlage des Urteils des Landgerichts D. durch die Staatsanwaltschaft D. leitete der Polizeipräsident des Polizeipräsidiums D. mit Verfügung vom 17.4.2000 das förmliche Disziplinarverfahren wegen des Verdachts eines schwerwiegenden Dienstvergehens ein. Gleichzeit enthob er den Beamten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von 15 v.H. seiner Dienstbezüge an.

Am 27.5.2002 ging bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden eine Anschuldigungsschrift des Präsidenten des Polizeipräsidiums D. ein. Darin wurde der Beamte angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er in der Nacht vom 28.1. zum 29.1.1995 in seiner Wohnung die damals 11-jährige N. V. sexuell missbraucht habe.

Mit Urteil vom 14.2.2003 entfernte die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden den Beamten wegen eines außerhalb des Dienstes begangenen Dienstvergehens ohne Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages aus dem Dienst. Die Disziplinarkammer legte ihrer Entscheidung den vom Landgericht D. ermittelten Sachverhalt zugrunde. Sie führte weiter aus, an die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts D. gebunden zu sein. Sie sehe weder Anlass noch Möglichkeit, sich gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SächsDO von den Feststellungen des Landgerichts zu lösen. Dazu wären ernstliche Zweifel an den dort getroffenen Feststellungen notwendig, die zudem offensichtlich sein müssten. Dies sei nach Auffassung der Kammer jedoch nicht der Fall. Die Kammer habe auch keine Zweifel an den gutachtlichen Feststellungen und Wertungen des psychologischen Gutachtens von Frau F. ; einer Einvernahme der Gutachterin zur Beantwortung etwaiger offener Fragen habe es deshalb ebenso wenig bedurft wie der Einvernahme des Dienstvorgesetzten des Beamten oder der ermittelnden Polizeibeamten.

Der Beamte habe auch nichts vortragen können, was die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dessen Urteil vom rechtfertigen könnte. Seine Hinweise auf die nach seiner Auffassung unzutreffenden Feststellungen des vom Landgericht eingeholten Gutachtens hätten nicht zu überzeugen vermocht. Seine Rüge beschränke sich insoweit auf den Vorwurf, das Gutachten hätte nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen arbeiten dürfen. Dies gelte für die verneinte "Stigmatisierung des Herrn B. als Polizist" wie auch für die zu Unrecht verneinte Möglichkeit, dass die dem "Beschuldigten zugeordneten inkriminierenden Handlungen sich möglicherweise mit einem anderen Mann und in einem anderen Zusammenhang ereignet haben".

Die Kammer habe in diesen Einwänden keinen ausreichenden Nachweis beachtlicher Fehler des Erstgutachtens zu erkennen vermocht, die Anlass hätten sein können, nach Maßgabe der vom Bevollmächtigten des Beamten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.7.1999 aufgestellten Mindestanforderungen an strafprozessuale Glaubhaftigkeitsgutachten die Einholung eines weiteren Gutachten für notwendig zu erachten. In dem Gutachten, dass der strafrechtlichen Entscheidung des Landgerichts zugrunde gelegen habe, habe sich die Gutachterin mit den von den Ermittlungsbeamten erklärten Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Geschädigten eingehend auseinandergesetzt. Im Gutachten fänden sich auch Ausführungen zu möglichen Parallelerlebnissen der Geschädigten und einer entsprechenden möglichen Motivlage. Inwieweit die von der Gutachterin getroffenen Feststellungen und Wertungen fehlerhaft sein könnten, habe der Beamte nicht vortragen lassen. Zweifel drängten sich der Kammer dazu auch nicht aus anderen Gründen auf, so dass sie keine Möglichkeit sehe, sich von den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zu lösen.

Das vom Landgericht festgestellte Fehlverhalten des Beamten beinhalte einen Verstoß gegen die in § 72 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SächsBG genannten Pflichten des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes. Dagegen habe der Beamte verstoßen, Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe lägen nicht vor. Wegen der Schwere des Pflichtenverstoßes habe die Kammer auch keinen Anlass zur Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages gesehen.

Am 17.4.2003 hat der Beamte Berufung gegen das Urteil der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden eingelegt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Es bestünden Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts D. . Er, der Beamte, habe sich stets straffrei und vorbildlich geführt und hänge sehr an seinem Beruf als Polizeibeamter. Er habe die Tat zu keinem Zeitpunkt eingeräumt und durchgehend darauf hingewiesen, dass er unschuldig sei. Vom Amtsgericht D. sei er freigesprochen worden. Die Entscheidung enthalte eine Vielzahl guter Argumente dafür, dass durchaus Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts D. angebracht seien. Diese Zweifel würden auch nicht durch das aussagepsychologische Gutachten der Diplompsychologin S. F. ausgeräumt. Die Gutachterin führe aus, dass sich aus den im Rahmen der Exploration zur Sache ausführlich zum Vorgeschehen erhobenen Angaben der Zeugin die Annahme ableiten lassen könne, dass die dem Beamten zugeordneten inkriminierenden Handlungen sich möglicherweise mit einem Mann in einem anderen Zusammenhang ereignet hätten und dann von der Zeugin fälschlich übertragen worden sein könnten. Das Gutachten stelle dazu fest, dass diese Annahme sehr unwahrscheinlich sei, weil sich aus motivationaler Betrachtungsweise keine zu schützende männliche Person aus dem näheren Umfeld des Kindes eruieren ließe, die eine solche Übertragung erklären könne. Es bleibe unerfindlich, woher diese Annahme stamme. Den Umstand, dass das Kind durchgängig angegeben habe, der Beamte sei in seine Scheide eingedrungen, negiere die Gutachterin lediglich mit dem Hinweis, dass Tätigkeiten mit dem Penis am Scheidenvorhof als schmerzhaft empfunden werden könnten. Das Gutachten entspreche nicht den vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.7.1999 entwickelten Anforderungen an ein strafprozessuales Glaubhaftigkeitsgutachten. Danach müssten im Gutachten Anknüpfungs- und Befundtatsachen nachvollziehbar dargestellt werden. Ein Gutachten könne selbstverständlich nicht, wie hier geschehen, mit Wahrscheinlichkeitsannahmen operieren. Soweit die Gutachterin auf Seite 41 ihres Gutachten festgestellt habe, dass die Stigmatisierung des Beamten als Polizist und damit als böse nicht naheliegend sei, da sie dem allgemeinen Rollenstereotyp nicht entspreche, sei dies eine Arbeitshypothese, die gerade auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zutreffe. Der Beamte habe mehrfach betont, dass gerade in Krisensituationen die Mutter des Kindes N. ihn als Polizisten, Ordnungshüter und Aufseher dargestellt habe, der das unfolgsame Kind aufgrund seiner Rolle als Polizist zur Ordnung bringen werde. Dies löse selbstverständlich, über geraume Zeit praktiziert, eine Abwehrhaltung aus und vermöge durchaus dazu führen, dass man den Ordnungsonkel "kaltstellt". Für diese Annahme spreche im Übrigen auch der lange Zeitraum zwischen vorgeblicher Begehung der Tat und dem Zeitpunkt, an dem sich das Kind seiner Mutter offenbart habe. Die im strafgerichtlichen Urteil zugrunde gelegten Feststellungen seien darüber hinaus nicht lebenstypisch. So sei es ungewöhnlich, dass ein Kind nach angeblich vorgenommener sexueller Handlung, die es als ekelerregend empfunden habe, sich durch einen Gang auf die Toilette entziehe, dann aber wieder in das Bett zurückkehre und diesen Vorgang wiederhole. Es hätte ja ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, sich anderweitig oder lautstark zur Wehr zu setzen. Ebenfalls zweifelhaft sei die Aussage des Kindes, dass es wegen des empfundenen Ekels am nächsten Tag einen frischen Schlüpfer angezogen habe. Angesichts der Vorgeschichte dürfte sich das Kind nicht auf einen längeren Aufenthalt beim Beamten eingestellt haben und deshalb auch gar keinen frischen Schlüpfer bei sich gehabt haben. Die Behauptung der Zeugin N. V. , der Beamte sei mit seinem Penis eingedrungen, sei gynäkologisch widerlegt worden. Dies schließe zwar eine sonstige unsittliche Berührung mit Finger oder Penis nicht aus, jedoch hätten die Sachverständigenbekundungen des Gynäkologen ergeben, dass derartige Berührungen zu Schmerzen im Scheidenvorhof führen könnten und nicht zu den von der Zeugin behaupteten Bauchschmerzen. Damit sei die Aussage der Sachverständigen widerlegt, dass ein Auflegen des Fingers auf die Scheide als Eindringen empfunden werden könnte. Ein solches Verhalten könne lediglich zu Schmerzen im Scheidenvorhof, nicht aber auch zu Schmerzen im Bauch führen.

Zweifel an den gutachtlichen Feststellungen ergäben sich auch daraus, dass die Zeugin auf die Frage, ob der Beamte zum Samenerguss gekommen sei, geantwortet habe, es sei ihr nicht aufgefallen, dass etwas nass geworden sei. Dieser Umstand gebe deshalb Anlass zu Zweifeln, weil es höchst ungewöhnlich sei, dass ein Sexualstraftäter ohne Zwang durch äußere Randumstände einen sexuellen Missbrauch ohne abschließende Befriedigung beende.

Auch die Erstvernehmungsbeamten H. und W. hätten im Übrigen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Kindes gehabt. Insoweit hätte sich deren Vernehmung in der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht angeboten.

Der Beamte hält es für erforderlich, die Diplompsychologin S. F. ergänzend anzuhören sowie ein psychologisches Obergutachten insbesondere zu der Frage einzuholen, ob die gutachtlichen Feststellungen mit der Methodik in der strafrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes übereinstimmten. Eine derartige Beweisermittlung sei angezeigt, um die disziplinarrichterliche Frage prüfen zu können, in welchem Umfang Zweifel anzubringen seien. Würde man eine entsprechende Beweisaufnahme in diesem Bereich nicht durchführen, so käme man in keinem Fall zu einer nochmaligen Prüfung zugunsten eines strafrechtlich verurteilten Beamten, denn dann würde ein derartiges Verfahren stets in die Wiedergabe einer schlüssigen strafrechtlichen Urteilsbegründung münden.

Hilfsweise trägt der Beamte vor, dass im Hinblick auf die strafrechtliche Verurteilung die geringere Disziplinarmaßnahme der Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt in Betracht käme. Dies komme nicht zuletzt auch deshalb in Betracht, weil sich der Beamte bislang vollkommen straffrei verhalten habe. Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Strafkammer das Strafmaß bewusst gewählt habe, um nicht eine Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes herbeizuführen.

Der Beamte beantragt,

unter Abänderung des Urteils der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14.2.2003 - D 10 K 1160/02 - das Disziplinarverfahren einzustellen,

hilfsweise den Beamten in ein Amt mit niedrigerem Endgrundgehalt zu versetzen.

Die Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzungen für eine Lösung des Disziplinargerichts von den tatsächlichen Feststellungen in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts D. nicht gegeben seien. Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts habe zutreffend festgestellt, dass keine erheblichen Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts D. bestünden. Das im Strafverfahren erstellte wissenschaftliche Glaubwürdigkeitsgutachten entspreche den vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.7.1999 entwickelten Anforderungen.

Das Vertrauensverhältnis des Dienstherrn in den Beamten sei durch das schwerwiegende Dienstvergehen so nachhaltig zerstört worden, dass er für eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses untragbar geworden sei. Die Öffentlichkeit hätte kein Verständnis, wenn ein mit der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten beauftragter Polizeibeamter, der selbst ein ihm anvertrautes Kind sexuell missbraucht hat, weiterhin seinen Dienst bei der Polizei versehen dürfte.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten der ersten Instanz vor einschließlich der von der Einleitungsbehörde dem Gericht vorgelegten Vorgänge, die insgesamt zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden sind. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte im vorliegenden Berufungsverfahren einschließlich der über die Hauptverhandlung am 25.2.2004 angefertigten Niederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beamten ist in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt, da der Beamte den ihm vorgeworfenen Sachverhalt bestreitet. Der Senat hat deshalb den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarrechtlich zu würdigen.

Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden hat zu Recht die Entfernung des Beamten aus dem Dienst ausgesprochen. Der Disziplinarsenat folgt insoweit der Einschätzung der Disziplinarkammer, der Beamte habe ein solch schweres Dienstvergehen begangen, dass er für den Polizeivollzugsdienst untragbar sei.

Ebenso wie die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden ist der Senat gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SächsDO an die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts D. vom gebunden. Nach dieser Vorschrift sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, auf denen die Entscheidung beruht, im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Disziplinargericht bindend. Das Disziplinargericht hat jedoch nach § 15 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. SächsDO die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen des Strafurteils zu beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Hinsichtlich der Voraussetzungen für einen solchen Lösungsbeschluss schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 22.7.1980 - 1 D 65/79 - zitiert nach Juris; Urt. v. 20.12.1991 - 1 DB 18/91 - zitiert nach Juris; Urt. v. 4.5.1993 - 1 D 72/91 - zitiert nach Juris; Urt. v. 19.1.1993 - 1 D 68/91 - zitiert nach Juris; Urt. v. 31.3.1998 - 1 D 83/97 - zitiert nach Juris; Urt. v. 31.3.1998 - 1 D 59/97 - zitiert nach Juris; Urt. v. 24.2.1999 - 1 D 31/98 - zitiert nach Juris; Urt. v. 24.11.1999 - 1 D 68/98 - zitiert nach Juris; Urt. v. 20.6.2000 - 1 D 2/99 - zitiert nach Juris; Urt. v. 29.11.2000 - 1 D 13/99 - zitiert nach Juris) an, nach der eine Lösung von tatsächlichen Urteilsfeststellungen der Strafgerichte nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich ist. Das Disziplinargericht darf die eigene Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen des Strafgerichts setzen. Strafgerichtliche Feststellungen, die nicht auf einer gegen Denkgesetze und Erfahrungswerte verstoßenden Beweiswürdigung beruhen, sind auch dann für die Disziplinargerichte bindend, wenn diese aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich halten. Andernfalls wäre die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 SächsDO auf Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht der Beweiswürdigung des Strafgerichts ohnehin folgen würde. Das aber wäre weder mit dem Begriff der gesetzlichen Bindung noch mit dem Gesichtspunkt vereinbar, dass die Disziplinargerichte keine Überprüfungsinstanz für Strafurteile sind.

Die Zulässigkeit einer Lösung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SächsDO ist in der Praxis sonach auf Fälle beschränkt, in denen das Disziplinargericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden, wenn etwa Festsstellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig sind. Nur dies soll durch die Lösungsmöglichkeit verhindert werden. Die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen auch anders gewesen sein könnte, reicht zu einem Lösungsbeschluss nicht aus.

Durchgreifende Zweifel im vorgenannten Sinne gegen die das Urteil maßgeblich tragenden Feststellungen des Landgerichts D. in seinem Urteil vom vermag der Senat hier nicht zu erkennen.

Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf den von der Zeugin N. V. in der Hauptverhandlung gemachten Aussagen sowie den gutachtlichen Ausführungen der Diplompsychologin S. F. . Das Landgericht hat hierzu im Einzelnen ausgeführt:

"Gegen die Richtigkeit der Behauptung des Angeklagten, er habe sich in keinster Weise dem Kind in sexueller Absicht genähert, spricht zunächst das von ihm selbst eingestandene Verhalten, sich gemeinsam mit dem Kind in ein Doppelbett gelegt zu haben. Schon allein dieses Verhalten weist auf die inhaltliche Richtigkeit der Zeugenaussage des Kindes hin. Lebensfremd und unhaltbar erschien der Kammer der Einwand des Angeklagten, er habe deshalb nicht im Wohnzimmer nächtigen können, weil er geraucht habe und das Zimmer überhitzt gewesen sei. Allein die nächtlichen Temperaturen im Januar bieten die Möglichkeit für ein schnelles Abkühlen von überhitzten Räumlichkeiten, so daß der Angeklagte danach in der Lage gewesen wäre, im gelüfteten Wohnzimmer Ruhe zu finden. Es bestand mithin für ihn nicht die Notwendigkeit, mit dem Kind in einem gemeinsamen Bett zu schlafen. Einen Grund gab es allerdings aus seiner Sicht nur dann, wenn er beabsichtigte, die gemeinsame Schlafstelle zur Tatverwirklichung zu nutzen. Die Kammer ist sich hierbei jedoch bewußt, daß alleine auf diesen äußeren Umstand eine Verurteilung des Angeklagten nicht begründet werden kann. Im Zusammenwirken mit der Aussage des Kindes, auf die noch einzugehen sein wird, kommt dem zugestandenen Verhalten jedoch ein wesentliches Indiz zu.

Unabhängig davon ergibt sich die Glaubwürdigkeit der Zeugin N. V. nach Auffassung der Kammer aus ihrem Aussageverhalten, der detaillierten Schilderung eigenpsychischer Vorgänge gepaart mit Originalität, der vielfältigen Verflechtung des Aussageinhalts mit veränderlichen äußeren Umständen sowie der Homogenität und Objektivität ihrer Aussagen. Sie schilderte einen von komplexen Handlungen geprägten Tathergang. Die Aussagen der Zeugin N. V. waren geprägt von Originalität, d.h., sie beschrieb Handlungen des Angeklagten und Situationen, die nur sie selbst erlebt haben konnte, weil sie ihr eigenes Empfinden widerspiegelten. Durch die von ihr gewählten Worte, wie "wußte erst nicht was geschieht", "konnte mich nicht wehren, er war ja viel zu stark", "habe mich auf Toilette erst mal 5 Minuten aufgehalten, weil ich ja ein bissel Schiß hatte", werden nur selbst erlebte Situationen wiedergegeben, die einen Bezug der Zeugin zur Realität offenbaren.

Im Aussageverhalten der Zeugin N. V. zeigte sich anläßlich ihrer Zeugenvernehmung in der Berufungshauptverhandlung, ihrer polizeilichen Vernehmung sowie der Angaben, die sie gegenüber der Sachverständigen im Rahmen der Exploration machte, eine Übereinstimmung der Schilderung des Handlungsablaufes, des Handlungspartners, der Örtlichkeit, von Helligkeit und Dunkelheit am Ort des Geschehens und den Körperpositionen. Die nach wie vor bestehende psychische Betroffenheit, die nur auf tatsächlich Erlebtem basieren kann, kam nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, daß die sehr behutsame Vernehmung von N. in der Berufungshauptverhandlung immer wieder unterbrochen werden mußte, weil sie weinte und dadurch nicht in der Lage war zu antworten. So schämte sie sich offensichtlich dem Gericht zu schildern, wo und wie sie der Angeklagte berührte. Sie schaute ständig auf ihre Hände, erzählte nur stockend auf die jeweilige Frage des Vorsitzenden, wie sich die nächtlichen Ereignisse zugetragen hätten.

Die Aussage der Zeugin N. V. hat eine besonders hohe Qualität aufgrund der Wiedergabe von Details im gesamten Handlungsgeschehen. Inhaltliche Besonderheiten des Handlungsgeschehens konnten von ihr widerspruchsfrei dargelegt werden. So führte sie schlüssig die jeweiligen Positionen sowie Be- und Entkleidungszustände der Beteiligten, die zeitliche Abfolge in das Haupt- und Randgeschehen ein ohne zu dramatisieren oder zu übertreiben. So schilderte sie in all ihren Vernehmungen, daß der Angeklagte, als er ins Schlafzimmer kam, zuerst das Licht und hiernach das Radio oberhalb des Bettes anschaltete. Danach habe er sich entkleidet, sich neben ihr ins Bett gelegt und sie zugleich an sich herangezogen. Auch die Reihenfolge der einzelnen Teilhandlungen, das Ent- und Bekleiden vor den Toilettengängen, fügen sich nahtlos und widerspruchsfrei in das Gesamtgeschehen ein.

Die Zeugin N. V. schildert ihre Erlebnisse mit dem Angeklagten in konsequent sinnesbezogener Art, die ein Erzeugen in N. Entwicklungsalter nicht zuzutrauen wären, hätte sie diese Erfahrungen nicht selbst gemacht. Phantasierten Ereignissen fehlt dieser körperlich-sinnliche Bezug; ein nachträgliches Hinzufügen solcher Erlebnisqualität ist äußerst schwierig und in der hier vorgefundenen Qualität praktisch nicht artifiziell von dieser Zeugin herzustellen. N. Beschreibungen sind an den selbst erlebten Phänomenen orientiert.

Die erlebnisbezogene Beteiligung von N. am Geschehen gewinnt dadurch an Kontur, in dem sie psychische Komponenten in Form von viktimologischen Erlebens mit einbringt. Sie bringt in ihrer Aussage nicht eine pauschale Gefühlswelt zum Ausdruck, sondern beschreibt unterschiedliche Empfindungen und Verhaltensweisen, um sich den Handlungen des Angeklagten zu entziehen. Ihre Schilderungen zu den Toilettengängen, ihren Hoffnungen, daß der Angeklagte einschlafen würde und ihrem Ekelgefühl, nachdem der Angeklagte sie an ihren unbedeckten Geschlechtsteilen berührt hatte, zeigen deutlich die von ihr angedachten Möglichkeiten, sich den Handlungen des Angeklagten zu entziehen. Derartige Möglichkeiten können aber nur dargelegt werden, wenn man selbst diese Situation erlebt hat und ansonsten - es war Nacht, die Zeugin N. befand sich in einer ausweglosen Lage - keinen anderen Ausweg sieht, ihr zu entrinnen.

Auch in der Berufungshauptverhandlung war deutlich die Angst der Zeugin N. V. , das bereits Erlebte und zum Teil Verarbeitete noch einmal wiederzugeben und damit erneut nachzuempfinden, zu spüren. Eine typische Art des Erlebens durch N. wird darin deutlich, daß sie zu Beginn der Handlungen des Angeklagten nicht wußte, was geschieht und auch die Handlungen nicht einer gleichartigen von ihr bereits erlebten Lebenssituation zuordnen konnte. So schilderte sie dem Gericht, daß sie vor dem Angeklagten Angst hatte. Zwar habe sie sich versucht zu wehren, dies sei ihr jedoch aufgrund der körperlichen Überlegenheit des Angeklagten nicht gelungen. Daher habe sie nach anderen Möglichkeit gesonnen, sich der Handlungen des Angeklagten zu entziehen. Sie habe nunmehr vorgegeben, auf die Toilette gehen zu müssen, was in Wirklichkeit gar nicht notwendig gewesen wäre. Gerade diese Aussage von N. beschreibt eine allgemeine kindtypische Strategie, nämlich den Versuch, sich der unliebsamen Handlungen zu entziehen. Dort habe sie dann Zeit gehabt, nachzudenken, wie sie sich weiterhin verhalten solle; gleichfalls hoffte sie jedesmal, der Angeklagte werde ermüden, einschlafen und von ihr lassen. Sie hat ferner angegeben, daß sie sich durch die Berührungen des Angeklagten an ihren entblößten Geschlechtsteilen geekelt habe und sich daher nach einem Toilettenbesuch in der Küche des Angeklagten - unbemerkt von diesem - gewaschen habe. Es ist ein gerichtsbekanntes, im übrigen durch die Sachverständige in der Hauptverhandlung bestätigtes Phänomen, daß in einer Vielzahl von Fällen sexueller Übergriffe auf Mädchen und Frauen bei den Opfern das Gefühl besteht, sich nach der Tat waschen zu müßen. Wenn N. nun in ihrer Vernehmung davon sprach, diese Notwendigkeit bei sich selbst verspürt zu haben, kann dies nur bedeuten, daß sie derartiges zuvor selbst erlebt hatte.

Die Kammer ist in Übereinstimmung mit der Sachverständigen davon überzeugt, daß sich das Kind eine derartige viktimologische Besonderheit, die geradezu idealtypisches Opferverhalten wiedergibt, nicht ausdenken kann. Wenn es gleichwohl davon berichtet, kann es nur bedeuten, daß es tatsächliche Erlebnisse geschildert hat.

Die Verflechtung des Kerngeschehens mit bestimmten äußeren Merkmalen, die mit der individuellen Situation des Angeklagten in direktem Zusammenhang stehen, lassen hier eine sogenannte Individualverflechtung erkennen, die dafür spricht, daß die Erlebnisse mit dem Angeklagten auch in dieser Situation stattgefunden haben, wie Lichtverhältnisse im Raum, Radiomusik während des Geschehens. Zu einer derartigen Transferleistung wäre N. nach den Feststellungen der Sachverständigen nicht in der Lage gewesen, denn sie hätte diese Verflechtung künstlich herstellen müssen, wenn sie sich alles ausgedacht hätte. Zu einer derartigen Komplexität wäre N. aufgrund ihres Entwicklungsstandes nicht in der Lage gewesen. Dann wären zumindest aber Unstimmigkeiten in Raum und Zeit sichtbar zutage getreten, die vorliegend nicht erkennbar sind.

Die von N. geschilderten Vorgänge erfüllen das Kriterium der Homogenität, da die geschilderten Inhalte in sich stimmig sind und die Handlungsabläufe zu einem organischen Ganzen schließen. Sowohl die Angst als auch das Ekelgefühl und das Schmerzempfinden von N. lassen sich ebenso in Einklang bringen mit den jeweiligen Handlungsabläufen, wie ihre Versuche, durch Toilettengänge sich dem Zugriff des Angeklagten zu entziehen.

Die Kammer hat geprüft, ob das Kind ein Motiv zur falschen Beschuldigung des Angeklagten gehabt haben könnte. Anlaß zur Prüfung bestand deshalb, weil es sich genau in dem Zeitpunkt der Mutter offenbarte, als diese sich wegen aus ihrer Sicht nicht zu überwindender Erziehungsprobleme entschlossen hatte, N. in ein Heim zu geben. Um dem zu entgehen, hat das Kind nämlich der Mutter ihre eigenen Auffälligkeiten im Sozialverhalten damit erklärt, es sei durch Herrn B. sexuell mißbraucht worden. Damit wollte sie nicht nur ihre eigenen Verhaltensauffälligkeiten erklären bzw. relativieren, sondern gleichzeitig auch die Zuneigung der Mutter gewinnen.

Selbst wenn die Kammer der Meinung wäre, das Mädchen könnte ein derartiges Motiv gehabt haben, wäre sie, davon ist die Kammer in Übereinstimmung mit der Sachverständigen überzeugt, nicht in der Lage gewesen, zielstrebig und selbständig einen solchen abstrakten Sachverhalt zu planen, in Szene zu setzen und über die Zeitdauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens beizubehalten. Hierfür fehlt es N. an der dafür notwendigen altersgemäßen intellektuellen Fähigkeit.

Auch eine gezielte suggestive Einflußnahme der Mutter auf das Kind bezogen auf die Tat, um den Angeklagten doch noch zu einer Heirat zu bewegen, ist hier nicht erkennbar. Dies würde nach der überzeugenden Ausführung der Sachverständigen jedoch eine völlig intakte Mutter-Kind-Beziehung voraussetzen, die hier nicht vorhanden ist.

Nach den Aussagen des Sachverständigen Dr. med. S. , welcher die Zeugin N. V. am erstmals gynäkologisch untersuchte, handelt es sich bei N. V. um ein körperlich altersgerecht entwickeltes Mädchen, welches sich in einem frühen Stadium der Pubertät (keine Schambehaarung und Brustentwicklung, keine Regelblutung) befindet. Bei seiner Untersuchung konnte er weder Veränderungen in Form von Verletzungen und Narben am Jungfernhäutchen - eine Defloration hatte nicht stattgefunden - noch an den inneren oder äußeren Geschlechtsorganen von N. feststellen. Infolge dessen und aufgrund der Tatsache, daß bei einem derartigen biologischen Entwicklungsstadium der Scheidenvorhof eines Mädchens im Alter von 11 Jahren sehr flach ist, schloß er ein Eindringen eines Fingers oder des Penis des Angeklagten in den Scheidenvorhof der Zeugin N. V. nahezu aus. Er bestätigte aber, daß bereits das Auflegen eines Fingers des Angeklagten auf die Scheide bei N. das Gefühl des Eindringens in die Scheide und stechende Schmerzen verursacht haben könnte.

Dem Angeklagten war daher nicht nachzuweisen, daß er versucht habe, mit seinem Penis ganz oder teilweise in die Scheide der Zeugin N . V. eingedrungen zu sein. Zwar hat die Zeugin N. V. dargetan, daß sie das Gefühl hatte, der Angeklagte sei mit seinem Penis in sie eingedrungen, jedoch sind diese Aussagen durch die Feststellungen des Sachverständigen Dr. med. S. widerlegt. Dabei handelt es sich bei den Aussagen der Zeugin V. keinesfalls um eine Lüge, die ihre glaubwürdigen Aussagen erschüttern könnten, sondern allenfalls um einen Irrtum, der ihrer kindlichen Vorstellung von konkreten sexuellen Handlungen und Manipulationen entsprungen ist. Da ohne den Erfahrungshintergrund eines vollzogenen Geschlechtsverkehrs bei sehr jungen Mädchen schmerzhafte Wahrnehmungen eines männlichen Geschlechtsteiles im Scheidenvorhof häufig als "Eindringen" empfunden werden, ist diese Aussage nicht als falsch anzusehen, sondern als eine verzerrte Wahrnehmung einer unwissenden Zeugin. Dies bedeutet aber nicht, daß ihre gesamte Aussage das Ergebnis einer pubertären Traumwelt ist, was folgerichtig auch die Sachverständige Diplompsychologin F. widerlegte.

...

Von der Richtigkeit des Gutachtens geht die Kammer deshalb aus, weil es keinerlei inhaltliche Widersprüche enthält oder inhaltliche Widersprüche zwischen schriftlichem und mündlichem Gutachten festzustellen sind und ihm keine falschen Voraussetzungen zugrunde gelegt wurden. Das Gutachten bedient sich im übrigen, wie die Kammer aus einer Vielzahl gleicher oder ähnlich gelagerter anderweitiger Strafverfahren weiß, der in der forensischen Aussagepsychologie anerkannten und bewährten Untersuchungsmethoden (u.a. Affektivbezugsexploration, aussagepsychologische Exploration, Ergebnisgedächtnisprüfung, Exploration zur Sache, Persönlichkeitsexploration, Phantasieprobe, Sexualaufklärungsexploration und Einbeziehung). Die Kammer weiß, daß sich damit die Sachverständige, an deren fachlicher Kompetenz keine Zweifel bestehen, der derzeitig in der Wissenschaft anerkannten Untersuchungsmethoden bedient hat."

Das Berufungsvorbringen des Beamten begründet allerdings insoweit Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts D. , als es in seinem Urteil ausgeführt hat, dass der Einwand des Beamten, er habe deshalb nicht im Wohnzimmer nächtigen können, weil er geraucht habe und das Zimmer überhitzt gewesen sei, lebensfremd und unhaltbar erscheine. Das Landgericht D. ist davon ausgegangen, dass das Wohnzimmer wegen der niedrigen nächtlichen Temperaturen im Monat Januar durch Lüften hätte abgekühlt werden können. Diese Annahme des Landgerichts D. könnte durch die glaubhafte Aussage des Beamten in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat in Frage gestellt worden sein. Er hat hier vorgetragen, dass das Wohnzimmer mit einem Kachelofen geheizt worden sei und er deshalb den Raum in der fraglichen Nacht nicht habe durch Lüften abkühlen lassen können.

Erfolgt die Heizung eines Raumes, wie im vorliegenden Fall, durch einen nicht abgekühlten Kachelofen, so bedeutet dies, dass die Raumtemperatur entsprechend der vom Kachelofen abgegebenen Wärme gehalten wird und solange nicht absinkt, als die vom Ofen abgegebene Wärme konstant bleibt. In diesem Fall hat das Lüften des Raumes auch in der kalten Jahreszeit lediglich den Effekt, die verbrauchte Luft durch von außen zugeführte frische Luft zu ersetzen. Das mit dem Lüften verbundene Absinken der Raumtemperatur ist nur auf kurze Dauer angelegt. Der mit einem Kachelofen beheizte Raum ist bei gleichbleibender Betriebstemperatur des Ofens innerhalb kürzester Zeit wieder aufgeheizt.

Im Hinblick auf diesen vom Beamten wohl erstmals vorgebrachten Umstand bestehen Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts D. allerdings nur insoweit, als es ein Abkühlen des Wohnzimmers durch Lüften des Raumes für möglich gehalten hat. Dadurch wird jedoch nicht die Annahme des Landgerichts D. in Frage gestellt, der Beamte habe sich in das Bett im Schlafzimmer mit der Absicht gelegt, die gemeinsame Schlafstelle zur Tatverwirklichung zu nutzen. Das Berufungsvorbringen des Beamten vermag nämlich nicht die Feststellung des Landgerichtes D. in Zweifel zu ziehen, die Folgen des Rauchens im Wohnzimmer hätten durch entsprechendes Lüften des Raumes beseitigt werden können. Die Wärme des Raumes allein ist nach Auffassung des Disziplinarsenats aber keine überzeugende Begründung für die Entscheidung des Beamten, nicht allein im Wohnzimmer, sondern zusammen mit dem Kind im Schlafzimmer in einem Bett zu schlafen. Der Beamte hätte sich insoweit durch entsprechende Vorkehrungen wie leichte Schlafkleidung und eine leichte Schlafdecke auf die Wärme einstellen können.

Der Senat kann die vorgehend aufgeworfene Frage der Richtigkeit der Annahme des Landgerichts D. , der Beamte hätte die Raumtemperatur im Wohnzimmer durch Lüften absenken können, letztlich dahingestellt lassen, weil das Landgericht seine Entscheidung maßgeblich auf andere, die Entscheidung selbständig tragende Feststellungen gestützt hat. Es hat in seiner Entscheidung ausgeführt, sich bewusst gewesen zu sein, dass allein auf diesen äußeren Umstand, nämlich der Wahl der Schlafstelle, eine Verurteilung des Beamten nicht begründet werden könne. Zwar komme diesem Umstand im Zusammenhang mit der Aussage des Kindes ein wesentliches Indiz zu. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin N. V. ergebe sich aus Umständen, die das Landgericht im Einzelnen darlegt. Das Landgericht hat somit der Wahl der Schlafstelle durch den Beamten kein wesentliches Gewicht eingeräumt. Vielmehr tragen die weiteren Ausführungen des Landgerichts zur Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin N. selbständig das Urteil.

Der Beamte vermochte auch vor dem Disziplinarsenat nicht mit der Folge eines Lösungsbeschlusses nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SächsDO darzulegen, dass durchgreifende Zweifel im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an dem von der Diplompsychologin F. erstellten Gutachten bestehen.

Entgegen der Auffassung des Beamten vermag der Senat auch unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 30.7.1999 (NJW 1999, 2746) entwickelten wissenschaftlichen Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen (Glaubhaftigkeitsgutachten) nicht zu erkennen, dass das vom Landgericht D. seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Glaubhaftigkeitsgutachten offensichtlich unrichtig ist.

Die vom Beamten behaupteten Mängel des Glaubhaftigkeitsgutachtens beziehen sich auf das von der Gutachterin vorab vorgelegte schriftliche Gutachten. Dabei handelt es sich nur um eine vorläufige und unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme stehende sachverständige Stellungnahme. Für die Urteilsfindung und damit für die Überprüfung des Urteils maßgebend ist dagegen stets das in der Hauptverhandlung erstattete und verwertete Gutachten. Aus den dem Disziplinarsenat vorliegenden Unterlagen erschließt sich allerdings, dass die Sachverständige in den Hauptverhandlungen sowohl vor dem Amtsgericht D. als auch vor dem Landgericht D. nicht in relevanter Weise von ihrem schriftlichen Gutachten abgewichen ist oder dieses wesentlich ergänzt hat.

Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in seiner o.g. Entscheidung (aaO, 2747) nicht die Frage nach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Untersuchten im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft. Vielmehr geht es um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, d.h. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen. Dabei besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage) solange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der Sachverständige muss deshalb bei der Begutachtung zunächst von der Unwahrheit der zu bewertenden Aussage ausgehen. Zur Prüfung dieser Annahme hat er weitere Hypothesen zu bilden. Ergibt seine Prüfstrategie, dass die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, es gilt dann die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt. Die Bildung relevanter Hypothesen ist daher von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung.

Die Auswahl der für die Begutachtung in Frage kommenden Test- und Untersuchungsverfahren hängen davon ab, welche Möglichkeiten als Erklärung für eine - unterstellt - unwahre Aussage in Betracht zu ziehen sind. Dazu können neben einer bewussten Falschaussage etwa auto- oder (bewusst) fremdsuggerierte Angaben gehören. Speziell bei kindlichen Zeugen besteht die Gefahr, dass diese ihre Angaben unbewusst ihrer eigenen Erinnerung zuwider verändern, um den von ihnen angenommenen Erwartungen eines Erwachsenen, der sie befragt, zu entsprechen oder um sich an dessen vermuteter größerer Kompetenz auszurichten. Zu berücksichtigen sind allerdings nicht alle denkbaren, sondern nur die im konkreten Fall nach dem Stand der Ermittlungen realistisch erscheinenden Erklärungsmöglichkeiten.

Der Disziplinarsenat vermag nicht zu erkennen, dass das Gutachten von Frau F. diesen grundlegenden Anforderungen in einer Weise nicht gerecht wird, die es als offensichtlich falsch erscheinen lässt. Zwar erschließt sich aus dem Gutachten nicht mit letzte Zweifel ausschließender Sicherheit, dass die Gutachterin das methodische Grundprinzip beachtet hat, die von ihr zu überprüfende Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugin N. V. zunächst zu negieren. Dem Gutachten kann aber auch nicht entnommen werden, dass die Gutachterin von dem entgegengesetzten Ansatz ausgegangen ist, nämlich zunächst die Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage der Zeugin anzunehmen. Es spricht jedoch nach Auffassung des Senates vieles dafür, dass die Gutachterin von einer - wie vom Bundesgerichtshof verlangten - sogenannten Nullhypothese ausgegangen ist.

Auch wenn insoweit letzte Zweifel nicht ausgeräumt sind, haben diese nach Auffassung des Senats nicht ein solches Gewicht, dass sie als durchgreifende Zweifel im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an der Richtigkeit des Glaubhaftigkeitsgutachten zu beurteilen sind.

Zur Überzeugung des Disziplinarsenates steht dagegen fest, dass die Gutachterin nicht die Glaubwürdigkeit der Zeugin N. V. , sondern die Glaubhaftigkeit deren Aussage im Hinblick auf ihren Missbrauch durch den Beamten zum Gegenstand ihres Glaubhaftigkeitsgutachten gemacht hat.

Entgegen der Auffassung des Beamten hat sich die Gutachterin auch eingehend mit den Möglichkeiten einer bewussten Falschbezichtigung des Beamten sowie einer fremdsuggestiven Beeinflussung der Zeugin N. V. befasst. In dem Gutachten wird eingehend geprüft, ob die Zeugin möglicherweise vorhandene Erinnerungslücken in Folge eines Bemühens um Konsistenz "konstruktiv geschlossen" und so den von ihr möglicherweise als "Buh-Mann" gesehenen Beamten belastet haben könnte. So hat die Psychologin in ihrem schriftlichen Gutachten auf den Seiten 38 und 39 hierzu im Wesentlichen ausgeführt:

"...

Bei der Betrachtung der emotional affektiven Einstellung der Zeugin zum Beschuldigten ist festzustellen, dass dieser für N. nicht nur eine respektierte Vertrauensperson gewesen sein soll, sondern vielmehr noch eine der wenigen Personen, gegenüber denen das Mädchen sich öffnen konnte und für die sie zugänglich gewesen sein soll, was sich sowohl aus Berichten des Kindes als auch der Mutter ableiten lässt.

Die Äußerungen der Zeugin und ihrer Mutter lassen keine zeitlich koinzidierenden anderweitigen Konflikte zwischen dem Beschuldigten und der Zeugin ausfindig machen, die eine Falschanlastung in sich rächender oder rechtfertigungsbedürftiger Grundstimmung aus sachfremden Motiven begründen könnte.

Die Beziehung zwischen dem Beschuldigten und der Kindesmutter zeichnet sich zur Zeit des fraglichen Geschehens und zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung als affektiv distanziert und ohne eigenen Konflikthintergrund ab. Beider wohl vor Jahren bestanden habende intime Beziehung war, laut Angaben von Frau V. , ohne Ressentiments schon lange vor dem fraglichen Ereignissen beendet gewesen und hatte einer vertrauensvollen Freundschaft Raum gegeben. Der Verlust des Herrn B. als Vertrauten und Helfer bei Problemen mit der Tochter bedeutet für die Mutter der Zeugin mit Sicherheit einen Nachteil, dem kein aus einer Anzeige zu gewinnender sekundärer Vorteil gegenüber zu stellen wäre.

Es ließen sich auch keine anderen Hinweise auf suggestive Einflussnahme der Kindesmutter in Richtung einer unbegründeten Falschanlastung eruieren. Frau V. zeigte sich gegenüber der Unterzeichnerin nach wie vor nicht vollständig vom Realitätsgehalt der Anschuldigungen der Tochter über Herrn B. überzeugt, so dass die Annahme einer Belastung suggerierenden Einflussnahme von Seiten der Mutter der Zeugin sehr unwahrscheinlich ist.

Aus der Art, wie N. die fraglichen Handlungen innerhalb der Exploration darbot, sind aus motivationeller Blickrichtung keine Bedenken zu erheben - ein besonderer Belastungseifer ist nicht zu eruieren. Vielmehr ist die Zeugin immer wieder bemüht, trotz der Darstellung einer geringen Druckausübung von Seiten des Beschuldigten, ihre Vergeblichkeit der Abwehr zu verdeutlichen.

Darüber hinaus kommt es vor, dass die Zeugin explizit den Beschuldigten entlastende Momente des fraglichen Handelns benennt (z.B. "... er hat die Hand genommen und so ein bissel sanft, ..." oder "... danach hat er mich erst wieder ein bisschen in Ruhe gelassen ..."). Auch angeblich freundliche und hilfreiche Gesten des Beschuldigten ihr gegenüber erwähnt die Zeugin, was sich wiederum mit der Annahme einer intentionalen gezielten Falschanlastung nur schwer vereinbaren lässt. ..."

Die vorgenannten Ausführungen der Gutachterin zeigen hinreichend deutlich, dass sie sich mit den vom Beamten auch im förmlichen Disziplinarverfahren vorgetragenen Bedenken inhaltlich und eingehend auseinder gesetzt hat. Der Disziplinarsenat vermag nicht zu erkennen, dass die gutachtlichen Einschätzungen auf methodischen Grundlagen beruhen, die wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügen.

Bei der Begutachtung der Glaubhaftigkeit einer Zeugenaussage hat sich ein Sachverständiger ferner ausschließlich methodischer Mittel zu bedienen, die dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht werden. Die eingesetzten Test- und Untersuchungsverfahren müssen zudem durch die gebildeten Hypothesen indiziert, d.h. geeignet sein, zu deren Überprüfung beizutragen. Existieren mehrere anerkannte und indizierte Testverfahren, so steht deren Auswahl allerdings in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dass der Sachverständige einen bestimmten Test, der ihm zur Verfügung steht, nicht anwendet, weil er ihn nicht für erforderlich hält, zeigt daher grundsätzlich nicht, dass seine Sachkunde zweifelhaft ist. Vielmehr bleibt es dem Sachverständigen überlassen, auf welchem Weg und auf welchen Grundlagen er sein Gutachten erarbeitet (BGH, aaO, 2748, m.w.N.).

Bei einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung sind jedoch regelmäßig die - vor allem bei der Exploration zur Sache gegenüber dem Sachverständigen gemachten - Angaben auf ihre inhaltliche Konsistenz zu überprüfen. Bei der Konstanzanalyse geht es um das von einer Person gezeigte Aussageverhalten insgesamt. Es handelt sich dabei um ein wesentliches methodisches Element der Aussageanalyse. Sie bezieht sich insbesondere auf aussageübergreifende Qualitätsmerkmale, die sich aus dem Vergleich von Angaben über denselben Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergeben. Falls etwa ein Zeuge mehrfach vernommen worden ist, ist ein Aussagevergleich im Hinblick auf Übereinstimmungen, Widersprüche, Ergänzungen und Auslassungen vorzunehmen. Dabei stellt allerdings nicht jede Inkonstanz einen Hinweis auf mangelnde Glaubhaftigkeit der Angaben insgesamt dar. Vielmehr können vor allem Gedächtnisunsicherheiten eine hinreichende Erklärung für festgestellte Abweichung darstellen (BGH, aaO).

Die Gutachterin hat im Falle der Zeugin N. V. eine Konstanzanalyse im o.g. Sinne durchgeführt. Sie hat dabei auch die Kompetenzen und Erfahrungen der untersuchten Zeugin sowie die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Aussage hinreichend berücksichtigt. Entgegen der Auffassung des Beamten hat die Gutachterin insbesondere im Wege der Kompetenzanalyse geprüft, ob die von ihr gefundene Aussagequalität namentlich durch so genannte Parallelerlebnisse oder reine Erfindung der Zeugin N. V. erklärbar sein könnte. Bei einer solchen vorzunehmenden Kompetenzanalyse bedarf es der Beurteilung der persönlichen Kompetenz der aussagenden Person, insbesondere seiner allgemeinen und sprachlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit sowie seiner Kenntnisse in Bezug auf den Bereich, dem der erhobene Tatvorwurf zuzurechnen ist (hier Sexualdelikte). Die daher unter Berücksichtigung des konkreten Tatvorwurfs vorzunehmende Prüfung dieser Fähigkeiten einschließlich eventueller aussagerelevanter Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung des Untersuchten (etwa Selbstwertprobleme, gesteigertes Geltungsbedürfnis) erfolgt dabei üblicherweise mit den allgemeinen Methoden psychologischer Diagnostik (z.B. Befragung, Beobachtung, Tests, Fragebögen). Deren Auswahl fällt - wie dargelegt - zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit des Sachverständigen, so dass im Einzelfall auch der Einsatz sogenannter projektiver Verfahren hinzunehmen sein mag. Der Sachverständige hat aber dabei stets den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu beachten. Bei Sexualdelikten ist im Hinblick auf die in diesem Bereich auftretenden Besonderheiten grundsätzlich die Durchführung einer Sexualanamnese in Betracht zu ziehen. Diesem Erfordernis wird das Gutachten in vollem Umgang gerecht. Die Gutachterin hat eine Sexualaufklärungsexploration durchgeführt und das Ergebnis auch bei ihrer Bewertung der Aussage der Zeugin als glaubhaft zugrunde gelegt. Fehler bei der Sexualaufklärungsexploration der N. vermochte der Senat nicht festzustellen.

Nach Auffassung des Senats drängen sich auch keine Zweifel dahingehend auf, dass die Gutachterin die von ihr eingangs ihres Gutachtens dargestellten angewandten diagnostischen Maßnahmen nicht durchgeführt hat. Die dargestellten Explorationen sind nach dem Inhalt des aussagepsychologischen Gutachtens durchgeführt worden.

Das Gutachten kann auch nicht mit dem Hinweis darauf in Zweifel gezogen werden, einzelnen Aussagen der Zeugin N V. hätten nicht durch das gynäkologische Gutachten untersetzt werden können. So habe die Zeugin angegeben, der Beamte sei mit seinem Glied in sie eingedrungen. Dem stehe jedoch die gynäkologische Aussage entgegen, dass ein Eindringen des Beamten auszuschließen sei.

Das Landgericht D. hat sich mit diesem - äußerlichen - Widerspruch der Aussage der Zeugin N. V. auseinander gesetzt und ist auf der Grundlage der ihm vorliegenden Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Zeugin allein das Auflegen eines Fingers auf ihre Scheide im Hinblick auf den zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgebildeten Scheidenvorhof als Eindringen mit einem Glied oder einem Finger empfunden haben kann. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen.

Das Disziplinargericht ist auch nicht verpflichtet, zur Frage der Richtigkeit des aussagepsychologischen Gutachtens und damit der strafgerichtlichen Feststellungen ein weiteres Gutachten einzuholen. Dies würde im Ergebnis nämlich dazu führen, dass das Disziplinargericht in einer Art Rechtsmittelgericht die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen überprüfen würde. Dies ist jedoch nach den obigen Ausführungen nicht Aufgabe des Disziplinargerichts.

Die dem Beamten angelastete Verfehlung stellt ein Dienstvergehen im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 2 SächsBG dar, da er schuldhaft eine ihm obliegende beamtenrechtliche Pflicht verletzt hat und sein Verhalten nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in eine für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Er hat mit seinem Verhalten, das strafrechtlich als sexueller Missbrauch von Kindern im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB zu werten ist, gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Sinne des § 72 Abs. 1 Satz 2 SächsBG verstoßen.

Achtungswürdigkeit im Sinne der vorgenannten Vorschrift bedeutet die Integrität eines Beamten im äußeren Verhältnis zur Umwelt sowie das Ansehen bei den Mitbürgern einschließlich der Kollegen. Die vorzunehmende dienst- und disziplinarrechtliche Bewertung bezieht sich auf die Achtung und das Ansehen in Bezug auf die dienstliche Stellung als Beamter mit ihren Ausstrahlungen auf das Ansehen der Verwaltung. Es geht hierbei darum, das Vertrauen der Allgemeinheit in den sachgerechten Verwaltungsvollzug durch den einzelnen Beamten und damit das Vertrauen in die Achtungswürdigkeit und die Integrität der Verwaltung als solche zu wahren (Zängl, in: Woydera/Summer/Zängl, SächsBG, Erl. 7 zu § 72 m.w.N.). Dabei hängen die Anforderungen, die an den einzelnen Beamten zur Wahrung von Achtung und Ansehen zu stellen sind, sowohl von dessen dienstlicher Stellung und den dienstlichen Aufgaben als auch davon ab, wie eng der Bezug zwischen dem konkreten Fehlverhalten und dem Dienst ist. Je höher die dienstliche Stellung des Beamten und je gewichtiger sein dienstliches Aufgabengebiet ist, umso mehr wird er als Repräsentant seines Dienstherrn und als ein die Amtsführung einer Verwaltung prägendes Kennzeichen betrachtet und umso größer ist auch das Ausmaß einer Ansehensschädigung durch ein Fehlverhalten, das Rückschlüsse auf die dienstliche Tätigkeit erlaubt (Zängl, aaO).

Die Vertrauenswürdigkeit eines Beamten meint seine integre Stellung im innerdienstlichen Verhältnis zu seinem Dienstherrn. Sie bedeutet die Gewähr des Dienstherrn über die dienstliche Zuverlässigkeit des Beamten, die darin besteht, dass dieser seiner Dienstleistungspflicht ordnungsgemäß nachkommt und die ihm obliegenden besonderen Dienstpflichten beachtet.

Wird dem Beamten, wie im vorliegenden Falle, sein Verhalten im außerdienstlichen Bereich vorgeworfen, so ist bei der Beurteilung dieses Verhaltens die Vorschrift des § 72 Abs. 1 Satz 2 SächsBG im Zusammenhang mit § 96 Abs. 1 Satz 2 SächsBG zu sehen. In der letztgenannten Vorschrift ist dabei nicht lediglich eine Einschränkung der disziplinarrechtlichen Verfolgbarkeit, sondern vielmehr eine Begrenzung der dienstlichen Verhaltenspflicht auf das dort genannte Mindestmaß zu sehen (Zängl, aaO, Erl. 14). § 72 Abs. 1 Satz 2 SächsBG stellt in Verbindung mit § 96 Abs. 1 Satz 2 SächsBG für das außerdienstliche Verhalten des Beamten keinen umfassenden Verhaltenskodex auf, sondern legt lediglich Mindestanforderungen fest, die ein Beamter beachten muss, um schwerwiegende dienstliche Auswirkungen zu vermeiden und als Träger öffentlicher Aufgaben tragbar zu bleiben. Dies bedeutet, dass sich der Beamte als ordentlicher Staatsbürger zu verhalten und dabei die Gesetze zu befolgen hat. Zu beachten ist ferner, dass nicht jedes achtungs- und vertrauensschädigende Verhalten im außerdienstlichen Bereich, das irgendwelche Rückschlüsse auf die dienstliche Haltung ermöglicht, bereits als pflichtwidrig gilt. Vielmehr muss das außerdienstliche Verhalten in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen zu beeinträchtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass das Verhalten, nicht der Erfolg eines Verhaltens zu beurteilen ist. Ein außerdienstliches Verhalten wird deshalb nicht erst dann pflichtwidrig, wenn es tatsächlich zu einer Ansehens- oder Vertrauenseinbuße geführt hat, sondern wenn es seiner Natur nach geeignet ist, achtungs- und vertrauensschädigend zu wirken.

Die Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen muss sich auf das Amt oder das Ansehen des Beamtentums beziehen. Damit wird auch für das außerdienstliche Verhalten das bereits in § 72 Abs. 1 Satz 2 SächsBG enthaltene Merkmal der Berufsbezogenheit verdeutlicht. Die Anstellung des Beamten wird vor allem tangiert, wenn das außerdienstliche Verhalten auf den dienstlichen Tätigkeitsbereich ausstrahlt.

Die Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen durch ein außerdienstliches Verhalten muss ferner bedeutsam sein. Das dem Beamten vorgeworfene Verhalten muss ein gewisses Gewicht haben. Dieses kann sich bereits aus der Schwere eines konkreten Rechtsverstoßes, insbesondere einer Straftat ergeben aber auch in besonderen Umständen des Einzelfalles liegen (Zängl, aaO, m.w.N.).

Wird dem Beamten ein Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften als außerdienstliche Dienstpflichtverletzung vorgeworfen, so wird der Beamte dienstrechtlich nicht wegen Verwirklichung eines bestimmten Strafrechtstatbestandes zur Verantwortung gezogen, sondern nur dann, wenn und soweit er sich durch die Straftat gleichzeitig achtungs- und vertrauenschädigend in Bezug auf das Amt oder ansehensschädigend auf die Beamtenschaft verhalten hat. Die vorsätzliche Verübung einer Straftat wirkt regelmäßig achtungs- und vertrauensschädigend, da gerade die Beachtung der zum besonderen Schutz bestimmter Rechtsgüter erlassenen Strafrechtsnormen zu den grundlegenden Pflichten eines jeden Bürgers und damit erst recht der Beamten zählt. Ein Beamter, der im besonderen Maß zur Wahrung des Rechts verpflichtet ist, handelt regelmäßig in bedeutsamer Weise achtungs- und vertrauensschädigend, wenn er vorsätzlich gegen elementare Rechtsvorschriften, wie sie das Strafrecht darstellt, verstößt. Dies gilt erst recht für die Verwirklichung eines vorsätzlichen Straftatbestandes durch einen Polizeivollzugsbeamten. Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass zu den einen Polizeivollzugsbeamten obliegenden spezifischen Amtspflichten als Kernpflicht insbesondere die Verhinderung (vgl. §§ 1 und 3 SächsPG) und die Verfolgung (vgl. § 163, § 161 Satz 2 StPO) von Straftaten gehört. Angesichts dieser spezifischen Amtspflichten erschüttert eine auch außerdienstlich begangene vorsätzliche Straftat in besonderem Maße das Vertrauen der Verwaltung sowie die Achtung der Bevölkerung in die Integrität eines Polizeivollzugsbeamten.

Der Beamte hat nach den vorgenannten Grundsätzen gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen, in dem er nach den für den Disziplinarsenat bindenden Feststellungen des Landgerichts D. ein Kind sexuell missbraucht hat. Er hat damit in schwerwiegender Weise die ihm obliegende Pflicht verletzt, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert. Er hat damit zugleich sein Ansehen und das der Beamtenschaft beeinträchtigt, auf das der zur Durchsetzung seiner Ziele auf Zwangsmaßnahmen weitgehend verzichtende freiheitliche Rechtsstaat in besonderem Maße angewiesen ist, wenn er die ihm gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zweckgerecht erfüllen will. Der Beamte hat sich durch sein Fehlverhalten auch erheblichen Zweifeln in seine Vertrauenswürdigkeit gegenüber seinem Dienstherrn ausgesetzt. Ein Polizeibeamter, der sich außerhalb des Dienstes eines sexuellen Missbrauchs eines Kindes schuldig gemacht hat, genießt nicht mehr die Achtung und das Vertrauen, das einerseits sowohl die Allgemeinheit und andererseits seine Vorgesetzten und Mitarbeiter in einen Polizeivollzugsbeamten setzen.

Der Beamte hat die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten auch schuldhaft verletzt. Er konnte aufgrund seiner Ausbildung und seiner langen Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter ohne weiteres erkennen, dass er mit der Begehung des sexuellen Missbrauchs eines Kindes auch gegen seine Pflichten aus dem Beamtenverhältnis verstößt. Schuldausschließungsgründe liegen nicht vor. Es sind auch keine Anhaltspunkte für ein Fehlen der Schuldfähigkeit des Beamten ersichtlich.

Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auch davon ausgegangen, dass das Dienstvergehen des Beamten nur seine Entfernung aus dem Dienst rechtfertigt. Die Entfernung aus dem Dienst (§ 4 Abs. 1 Nr. 4, § 8 SächsDO) setzt voraus, dass der Beamte aufgrund seines Fehlverhaltens für den Dienst nicht mehr tragbar ist. Dabei ist nicht nur das Fehlverhalten, sondern die Gesamtpersönlichkeit des Beamten zu würdigen. Die Entfernung aus dem Dienst ist dann auszusprechen, wenn diese Gesamtwürdigung ergibt, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zuzumuten ist, mit dem betroffenen Beamten das Beamtenverhältnis fortzusetzen.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 10.4.2002 - D 6 B 798/01 -; Urt. v. 6.11.2002 - D 6 B 437/02 -; Urt. v. 27.8.2003 - D 6 B 361/03 - und Urt. v. 18.11.2003 - D 6 B 301/03 -) ist ein Polizeivollzugsbeamter, der eine außerdienstliche vorsätzliche Straftat begeht, aus dem Dienst zu entfernen, sofern keine rechtfertigenden Gründe für eine mildere Maßnahme vorliegen.

Maßgebend für die Beantwortung der Frage, welche Disziplinarmaßnahme bei einer im Dienst begangenen vorsätzlichen Straftat eines Beamten geboten ist, sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalles. Ein ganz entscheidendes Gewicht kommt bei dieser Einzelfallprüfung den dem Beamten obliegenden spezifischen Beamtenpflichten zu. Wie der Senat bereits oben ausgeführt hat, gehört zu den einem Polizeivollzugsbeamten obliegenden spezifischen Amtspflichten als Kernpflicht insbesondere die Verhinderung und die Verfolgung von Straftaten. Angesichts dieser spezifischen Amtspflichten erschüttert, worauf der Senat ebenfalls bereits oben hingewiesen hat, eine außerdienstlich begangene vorsätzliche Straftat in besonderem Maße das Vertrauen der Verwaltung in die Integrität eines Polizeibeamten. Auch die Allgemeinheit hegt nach wie vor gegenüber Polizeivollzugsbeamten in noch größerem Maße als gegenüber mit sonstigen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betrauten Beamten die Erwartung, diese würden, ob nun außer- oder innerdienstlich, nicht selbst Straftaten begehen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 18.8.1997 - 2 S 270/96 - zur Entlassung eines Probebeamten). Angesichts dessen muss ein Beamter, der durch die Begehung einer Straftat gerade das tut, was zu verhindern oder wenigstens anzuzeigen zu den spezifischen Aufgaben seines Amtes gehört, im Regelfall aus dem Dienst entfernt werden (Urt. des Senats v. 10.4.2002 - D 6 B 798/01 -; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.2.1985 - 1 D 171.84 -; Urt. v. 26.3.1985 - 1 D 65.84 -; BVerwGE 76, 356 [359] und Urt. vom 23.2.2000 - 1 D 65.99 -, zitiert nach Juris). In der Rechtsprechung der Disziplinargerichte der anderen Bundesländer ist es daher auch anerkannt, dass vorsätzliche Straftaten von Polizeivollzugsbeamten wegen des damit verbundenen Vertrauensverlustes und Ansehensschadens grundsätzlich zur Entfernung aus dem Dienst führen (vgl. zum Diebstahl: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.2.1996 - D 17 S 19/95 -, zitiert nach Juris).

Dem Beamten stehen auch keine Milderungsgründe zur Seite, die es ausnahmsweise rechtfertigen, von der Entfernung aus dem Dienst abzusehen. Insbesondere kann als Milderungsgrund nicht berücksichtigt werden, dass es sich bei der Straftat des Beamten um eine einmalige Verfehlung gehandelt hat. Die Einmaligkeit der Verfehlung könnte nur dann als Milderungsgrund Berücksichtigung finden, wenn es sich bei ihr um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat oder um eine Tat in einer psychischen Ausnahmesituation gehandelt hätte. Dies vermag der Senat jedoch aufgrund der für ihn bindenden Feststellungen des Landgerichts D. nicht zu bejahen. Erschwerend ist vielmehr bei der disziplinarrechtlichen Bewertung des Verhaltens des Beamten zu berücksichtigen, dass ihm das Kind zum Zeitpunkt der Tat anvertraut war, weil es in der elterlichen Wohnung zu lautstarken und auch tätlichen Auseinandersetzungen zwischen einem Gast und seiner Mutter gekommen war, die es seelisch schwer belastete.

Auch die Tatsache, dass dem Beamten eine im Polizeivollzugsdienst bislang gute Arbeit bescheinigt wird, kann nicht als Milderungsgrund berücksichtigt werden. Denn von jedem Angehörigen des öffentlichen Dienstes wird erwartet, dass er beanstandungsfreie dienstliche Leistungen erbringt (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.9.1997 - 1 D 32.96 -, zitiert nach Juris). Dies gilt auch für den Umstand, dass der Beamte bislang nicht disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Entgegen der Auffassung der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden ist dem Beamten ein Unterhaltsbeitrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu bewilligen.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SächsDO kann dem Verurteilten in einem auf Entfernung aus dem Dienst lautenden Urteil ein Unterhaltsbeitrag auf bestimmte Zeit bewilligt werden, wenn er nach seiner wirtschaftlichen Lage der Unterstützung bedürftig und ihrer nicht unwürdig erscheint.

Nach den vom Beamten in der Hauptverhandlung gemachten Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse geht der Senat davon aus, dass er nach seiner wirtschaftlichen Lage der Unterstützung bedürftig ist. Entgegen der Auffassung der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts hält der Senat den Beamten auch nicht für unwürdig im Sinne der vorgenannten Vorschrift.

Die Voraussetzung, dass der Verurteilte nicht unwürdig erscheinen darf, ist negativ festzustellen. Bloße Zweifel an der Würdigkeit reichen nicht aus, um den Unterhaltsbeitrag zu versagen. Die Unwürdigkeit muss in der Person des Verurteilten selbst begründet sein. Dabei ist dessen gesamte Persönlichkeit zu bewerten, für die Einzelhandlungen (wie die zur Dienstentfernung führende Tat) meist nur von indizieller Bedeutung sind. Unwürdigkeit kann danach z.B. bei folgenden Umständen angenommen werden: Ehrlose Gesinnung, krimineller Hang, Vielzahl und Dauer der Verfehlungen, Verdächtigung von Kollegen zur eigenen Verteidigung, hartnäckige Fortsetzung des Dienstvergehens auch nach Verfahrenseinleitung, Täuschung des Gerichts, hartnäckiges Leugnen, besonders schwerer Bruch der Rechtsordnung.

Im vorliegenden Falle könnte das hartnäckige Leugnen sowie die im Missbrauch eines minderjährigen Kindes liegende Schwere der Verfehlung Anlass sein, die Unwürdigkeit zu bejahen.

Das hartnäckige Leugnen des Beamten führt nicht zu seiner Unwürdigkeit. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Senat nicht aufgrund eigener Feststellungen des Sachverhaltes, sondern vielmehr wegen der Bindung an die tatsächlichen Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil von einer zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst führenden Dienstverfehlung ausgeht. In einem solchen Fall, in dem der Beamte die Feststellungen des Strafgerichts mit der Begründung leugnet, er habe die ihm vorgeworfene Straftat nicht begangen, ist ein Grund für die Annahme der Unwürdigkeit im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 SächsDO nicht zu sehen.

Die Straftat des Beamten führt ebenfalls nicht dazu, die Unwürdigkeit des Beamten zu bejahen. Zwar stellt der sexuelle Missbrauch eines minderjährigen Kindes grundsätzlich einen schweren Verstoß gegen die Rechtsordnung dar. Zugunsten des Beamten wirkt sich hier allerdings aus, dass er die Straftat ohne Anwendung oder Androhung von Gewalt durchgeführt hat und sie in dem Moment beendet hat, in dem das Kind ihm gegenüber geäußert hatte, durch seine Handlungen Schmerzen zu haben.

Der Disziplinarsenat hält einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v.H. des Ruhegehaltes für die Dauer von sechs Monaten für angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 106 Abs. 1 und 2 SächsDO. Dem Beamten sind die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, weil seine Berufung gegen den Ausspruch der Disziplinarmaßnahme in dem Urteil der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden ohne Erfolg geblieben ist.

Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig (§ 82 SächsDO).

Ende der Entscheidung

Zurück