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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.09.2009
Aktenzeichen: NC 2 B 180/09
Rechtsgebiete: KapVO


Vorschriften:

KapVO § 8 Abs. 1
1. Passivlegitimiert in Rechtsstreitigkeiten wegen Zulassung zum Studium außerhalb des zentralen Vergabeverfahrens ist nach sächsischem Landesrecht die Hochschule.

2. Grundlage für den Ansatz von Art und Zahl der Stellen i. S. v. § 8 Abs. 1 KapVO ist nach dem in Sachsen bis 31.12.2008 geltenden Hochschul- und Haushaltsrecht der Haushaltsplan. Bei der Abwägungsentscheidung, ob und wo kapazitätsrelevante Stellen wegfallen, ist von den im Haushaltsplan ausgebrachten Stellen auszugehen. Eine budgetorientierte Abwägung findet dagegen im alten Hochschulrecht keine Grundlage.

3. Bei Anordnung eines Losverfahrens ist eine Kostenaufhebung sachgerecht (Änderung der Senatsrechtsprechung).


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: NC 2 B 180/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zum Studium Humanmedizin, 1. FS, WS 2008/09; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 9. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 1. Dezember 2008 - NC 2 L 1553/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Senat hat das Rubrum dahingehend berichtigt, dass Antragsgegnerin die Universität Leipzig ist. Die Universität ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst Antragsgegnerin (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entsprechend) und nicht Vertreterin des Freistaates Sachsen. Auch soweit die Hochschule staatliche Aufgaben wahrnimmt, erfüllt sie ihre Aufgaben nach sächsischem Landesrecht "durch eine Einheitsverwaltung" (so explizit § 61 Abs. 4 SächsHG [a. F.]) im "Auftrag" des Freistaates Sachsen (vgl. § 62 Abs. 1 SächsHG [a. F.] sowie das Wort "Auftragsverwaltung" in der Überschrift von § 6 SächsHSG [n. F.]). Sie bleibt dabei selbstständige Rechtsperson und ist nicht in den allgemeinen staatlichen Behördenaufbau eingegliedert. Die vom Antragsteller begehrte vorläufige Zulassung zum Studium kann sich deshalb nur gegen die Hochschule selbst richten, da nur sie über die Studienplätze verfügt.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

Der Antragsteller begehrt einen Studienplatz im Fach Medizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 an der Universität Leipzig. Zu diesem Zweck hat er vor dem Verwaltungsgericht beantragt, ihn an einem Losverfahren zu beteiligen und ihm gegebenenfalls einen Studienplatz - hilfsweise beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt - zuzuweisen. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, ein Losverfahren durchzuführen und die Antragsteller mit den Rangplätzen 1 bis 19 oder deren Nachrücker vorläufig zum Studium zuzulassen. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht unter anderem aus, die in der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Festsetzung von Zulassungszahlen an den Universitäten und Fachhochschulen im Studienjahr 2008/2009 (SächsZZVO 2008/2009) vom 27.6.2008 (SächsGVBl. S. 377) festgelegte Zulassungszahl für Studienanfänger an der Universität Leipzig für den Studiengang Medizin von 312 sei nicht kapazitätserschöpfend. Unter Zugrundelegung der Kapazitätsverordnung ergäbe sich eine jährliche Aufnahmekapazität von 335 Studienplätzen. Da lediglich 316 Studienplätze belegt seien, könnten noch 19 Teilstudienplätze vergeben werden. Das aus dem Studienjahr 2007/2008 stammende, vom Dekanatskollegium und Fakultätsrat beschlossene sowie vom Rektorratskollegium bestätigte Stellen- und Strukturkonzept der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin sei abwägungsfehlerhaft, soweit es die Streichung einer Professoren- und einer Hochschuldozentenstelle im Institut für Anatomie vorsehe. Das Stellen- und Strukturkonzept orientiere sich maßgeblich an der von der Antragsgegnerin für sachgerecht erachteten Aufnahmekapazität von schwundbereinigt 300 Studenten sowie das zur Verfügung stehende Budget. Für eine vom Haushaltsplan losgelöste Stellenbewirtschaftung biete aber das im Jahr 2008 noch geltende Hochschul- und Haushaltsrecht keine Grundlage. Der Haushaltsplan selbst sehe in den maßgeblichen Stellengruppen in den Jahren 2006 bis 2008 nur die Streichung von 8 Stellen vor, von denen zudem vier auf die gesamte Universität Leipzig bezogen seien. Warum hiervon zwei auf die Lehreinheit vorklinische Medizin entfallen müssten, sei nicht dargelegt.

Hiergegen wendet die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung ein, das den Stellenstreichungen zugrundeliegende Stellen- und Strukturkonzept sei nach einer umfassenden Abwägung verabschiedet worden. Die medizinische Fakultät müsse sich bis zum Jahr 2010 auf einen drastisch absinkenden Landeszuschuss für Forschung und Lehre einstellen. Budgetbezogene Erwägungen könnten auch im Rahmen des geltenden Haushalts- und Hochschulrechts berücksichtigt werden. Der Freistaat weise der Medizinischen Fakultät mit dem Haushaltsplan jährlich ein eigenständiges Budget zu. Verbindlich würden im Haushaltsplan nur die Planstellen der Beamten nach Besoldungsgruppe und Amtsbezeichnung ausgebracht. Im Übrigen seinen die Festlegungen des Haushaltsplanes nicht verbindlich. Vielmehr obliege nach § 109 Abs. 5 Satz 3 SächsHG (a. F.) die sachgerechte Verwendung der haushaltsrechtlich flexibel zugewiesenen Mittel dem Dekanatskollegium. Da die Mittel der entsprechenden Titelgruppe alle wechselseitig deckungsfähig seien, habe das Dekanatskollegium einen planerischen Entscheidungsspielraum auch für die Personalplanung und die Bestimmung des notwendigen Stellenbestandes in den einzelnen Lehreinheiten. Der medizinischen Fakultät sei das Budget ohne Festlegung auf ein Stellenkontingent zur Verfügung gestellt. Zwar müsse die in § 8 KapVO in Bezug genommene Stellenzahl an einem hinreichend im Voraus determinierten Stellenbestand anknüpfen. Dieser müsse aber nicht im Einzelnen normativ festgelegt werden. Dass dem Staat bei der Ressourcenbestimmung ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme, sei vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt worden. Bei der Kontrolle der Abwägung überdehne das Verwaltungsgericht die Anforderungen. Das Strukturkonzept beschreibe die Ausgangslage ausführlich und setze sich mit den einzelnen Belangen im konkreten Fall auseinander. Die finanzielle Bedrängnis der Fakultät liege auf der Hand, strukturelle Alternativen seien ausführlich erläutert und bewertet worden. Das Vorziehen und Zurückstellen bestimmter Belange innerhalb eines vorgegebenen Rahmen sei aber die elementare planerische Entschließung der Universität und kein gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang. Auch die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft. Die Kostenaufhebung stehe im Widerspruch zu Entscheidungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, wonach die Kosten des Verfahrens nach der Loschance des Antragstellers zu quoteln seien.

Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in Hochschulzulassungsverfahren grundsätzlich beschränkt ist (vgl. Beschl. v. 17.8.2009 - NC 2 B 421/08 - juris), führen nicht zu einer Änderung des angegriffenen Beschlusses.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die zwei Stellenstreichungen in der Anatomie kapazitätsrechtlich nicht anerkannt.

Nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 22.6.2006 (SächsGVBl. 2007 S. 86), der in Sachsen als Landesgesetz gilt, wird die jährliche Aufnahmekapazität auf der Grundlage des Lehrangebotes, des Ausbildungsaufwands und weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien ermittelt. Nach Satz 2 liegen dem Lehrangebot die Stellen für das hauptamtlich tätige wissenschaftliche Personal, soweit ihm Lehraufgaben übertragen sind, die Lehraufträge und die dienstrechtlichen Lehrverpflichtungen unter Berücksichtigung festgelegter Reduzierungen, insbesondere im medizinischen Bereich für Krankenversorgung und diagnostische Leistungen, zugrunde. Dementsprechend bestimmt § 8 Abs. 1 KapVO, dass für die Berechnung des Lehrangebotes alle Stellen des wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen sind.

Diese Regelungen gehen von der hergebrachten Form der Stellenbewirtschaftung aus (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 29.5.2008 - 3 N 145/08 - juris), die deshalb grundsätzlich nach wie vor die Grundlage für die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität bildet. Für den Ansatz von Art und Zahl der Stellen ist danach der geltende Haushaltsplan maßgebend (SächsOVG, Beschl. v. 29.5.2008 - 3 NC 145/08 - juris; Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl., § 8 KapVO, Rn. 3). Der Haushaltsplan ist normative Grundlage der Stellenausstattung der Universität oder Fakultät. Die Verteilung der im Haushaltsplan ausgebrachten Stellen (vgl. Epl. 12, Kap. 1208, abrufbar unter: www.finanzen.sachsen.de/download/haushaltsplan_2007_2008_einzelplan_12.pdf) auf die Lehreinheiten kann den hierzu nach dem Hochschul- und Haushaltsrecht berufenen Organen überlassen werden (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 31.8.2009 - NC 2 B 407/08 -; OVG NRW, Beschl. v. 8.7.2009 - 13 C 93/09 - juris).

Ein anderer Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der Aufnahmekapazität kann kapazitätsrechtlich nur anerkannt werden, wenn er sich auf eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zurückführen lässt. Dies folgt aus der Wesentlichkeit des Anknüpfungspunktes für die Verwirklichung der Grundrechte, hier des Rechts auf freie Wahl von Ausbildungsstätte und Beruf sowie des Gleichheitssatzes (Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 28, 29 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 SächsVerf), aus denen sich das Gebot der Erschöpfung bestehender Ausbildungskapazitäten ableiten lässt. Dieses Gebot zwingt zwar nicht zu Festlegungen ausschließlich durch den Gesetzgeber selbst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.6.1980, BVerfGE 54, 173, zur damaligen Festlegung der Curricularnormwerte durch die Universität). Weniger wesentliche Fragen können der Entscheidung der Wissenschaftsverwaltung überlassen bleiben. Wesentliche Fragen, wie die Änderung des traditionell bestehenden Anknüpfungspunktes der Berechnung der Aufnahmekapazität, muss aber der parlamentarische Gesetzgeber selbst regeln.

Eine solche gesetzliche Regelung fehlt hier. Da der Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 vorläufig zum Studium zugelassen werden will, bleibt für die Beurteilung dieses Verfahrens auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz - SächsHSG) vom 10.12.2008 (SächsGVBl. S. 900) am 1.1.2009 das Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz - SächsHG) vom 11.6.1999 (GVBl. S. 294) in seiner im Herbst letzten Jahres geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Artikel 31 SächsVwNG vom 29.1.2008 [GVBl. S. 138]) maßgeblich.

Nach den zu dieser Zeit gültigen Regelungen war ein Wettbewerbs- und Budgetierungsmodell lediglich in der Experimentierklausel des § 99 SächsHG (a. F.) vorgesehen. Ein derartiges Modell wurde indes an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig nicht erprobt, so dass die Bestimmung hier nicht angewandt werden kann. Ansonsten geht das bis Ende 2008 geltende Sächsische Hochschul- und Haushaltsrecht von der traditionellen Stellenbewirtschaftung aus. Danach werden die Planstellen für Beamte verbindlich im Stellenplan des Haushaltsplanes ausgebracht (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 1 SächsHG [a. F.], Haushaltspaln 2007/2008, Epl. 12, Kap. 1208, Stellenplan). Auch die Stellen der Angestellten der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig sind im Haushaltsplan aufgeführt (Epl. 12, Kap. 1208, TG 71, S. 203). Letztere Ausweisung ist zwar haushaltsrechtlich nicht verbindlich, da die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig nach der Bestimmung im Haushaltsplan zur Titelgruppe 71 wie ein Landesbetrieb verselbständigt zu führen ist und die Einzeltitel in der Titelgruppe 71 nach der Bestimmung im Haushaltsplan gegenseitig deckungsfähig und übertragbar sind. Damit wird den Universitäten - wie von der Antragsgegnerin zu Recht ausgeführt - haushaltsrechtlich eine gewisse Flexibilität eingeräumt. Diese haushaltsrechtliche Flexibilität führt aber nicht ohne weiteres zu einer in gleichem Maße bestehenden kapazitätsrechtlichen Flexibilität. Vielmehr bleibt normativer Ansatzpunkt nach den kapazitätsrechtlichen Bestimmungen sowie dem Hochschulrecht der im Haushaltsplan ausgewiesene Stellenbestand. Die entsprechenden Stellenausweisungen erfolgten nach Beteiligung der Antragsgegnerin, die den Voranschlag des sie betreffenden Kapitels des Haushaltsplans aufstellt (§ 98 Abs. 4 Satz 1 SächsHG [a. F.]).

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, sieht der Haushaltsplan für die Medizinische Fakultät der Antragsgegnerin in den maßgeblichen Stellengruppen eine Streichung von vier Stellen (2008 gegenüber 2006) und eine Streichung von vier Planstellen bezogen auf die gesamte Universität vor.

Grundsätzlich können auch in zulassungsbeschränkten Studiengängen Stellen reduziert werden. Besonders weit ist dabei die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Soweit es der Haushaltsgesetzgeber der Wissenschaftsverwaltung überlässt, seine Vorgaben eines Stellenabbaus entsprechend den Bedürfnissen der einzelnen Einheit umzusetzen, kommt dieser ein Organisationsermessen zu, sei es das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, sei es die Universität Leipzig. Die zu Zwecken einer flexiblen Bewältigung der örtlichen Hochschulverhältnisse eröffnete haushaltsrechtliche Ermächtigung ist nicht dahin eingeschränkt, dass von ihr stets im Sinne der kapazitätsgünstigeren Alternative Gebrauch gemacht werden müsste. Eine solche Entscheidung ist erst unumgänglich, wenn es an sachlichen Gründen für eine andere Lösung fehlt. Allerdings muss die Wissenschaftsverwaltung nachvollziehbar und nachprüfbar darlegen, dass sie ihr Ermessen, in welcher Weise Stellen abgebaut wurden, ordnungsgemäß ausgeübt hat, wenn dadurch ein Kapazitätsverlust bewirkt wurde. Im Hinblick auf das Kapazitätserschöpfungsgebot müssen die Belange der Studienbewerber der betroffenen Studiengänge und diejenigen von Forschung, Lehre und Studium abgewogen werden. Wie die Verwaltung die relevanten Belange im Einzelnen abwägt, unterliegt ihrem Ermessen. Die Entscheidung ist von komplexen planerischen, haushaltsspezifischen und wissenschaftsbezogenen Wertungen gekennzeichnet. Das Ermessen ist gerichtlich nur darauf überprüfbar, dass die Verwaltung von einer planerischen Abwägung nicht absehen darf, dass willkürfrei auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts abzuwägen ist und dass die Belange der Studienplatzbewerber nicht in einer Weise gewichtet werden dürfen, die den erforderlichen Ausgleich der grundrechtlich geschützten Rechtsphären von Hochschulen, Lehrpersonen, Studenten und Studienplatzbewerbern zum Nachteil der Letzteren verfehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.7.2007 - 7 C 10.86 - juris; SächsOVG, Beschl. v. 26.7.1999, SächsVBl. 2000, 158, 160).

Hier haben die Antragsgegnerin und das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst als Verordnungsgeber zwar eine Abwägung vorgenommen, indem sie sich das ausführliche Stellen- und Strukturkonzept der Medizinischen Fakultät zu eigen gemacht haben. Diese Abwägung ist aber - unter Zugrundelegung des hier maßgeblichen früheren Hochschulrechts - nicht willkürfrei. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass die Abwägung im maßgeblichen Stellen- und Strukturkonzept nicht von den im Haltshaltsplan ausgewiesenen Stellenzahlen und dem dort vorgesehenen Stellenabbau ausgeht, sondern einen vorwiegend budgetbezogenen Ansatz wählt, das selbst gesetzte Ziel eines Gleichlaufes der Zahl von vorklinischen und klinischen Studienplätzen und eine deshalb zu erreichende Zielgröße von schwundbereinigt 300 Studenten anstrebt.

Diese Ausgangspunkte sind aber nach dem hier maßgeblichen alten Hochschulrecht fehlerhaft. Nach diesem Recht bleibt Grundlage der Abwägung der haushaltsrechtliche Stellenbestand. Da das hier den Stellenstreichungen zugrunde liegende Stellen- und Strukturkonzept der Medizinischen Fakultät nicht von dieser Grundlage ausgeht, sondern einen budget- und zielorientierten Ansatz wählt, ist die Abwägung ermessensfehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin und das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst bei einem am Haushalt orientierten Ansatz zu einem anderen Ergebnis bei der Abwägung gekommen wären. So ist es denkbar, dass es zur Einsparung der nach dem Haushaltsplan abzubauenden Stellen wegen des durchgeführten Stellenabbaus im klinischen Abschnitt keines (weiteren) Stellenabbaus in der vorklinischen Medizin bedurft hätte. Die Antragsgegnerin hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass es auch bei einer Orientierung am im Haushaltsplan ausgewiesenen Stellenbestand zu einer Streichung der beiden Stellen in der Anatomie hätte kommen müssen.

Der Senat weist darauf hin, dass sich nach dem zum 1.1.2009 in Kraft getretenen neuen Hochschulrecht eine andere Beurteilung ergeben dürfte. Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SächsHSG ist von den Hochschulen unter anderem ein Stellenplan als Teil des Wirtschaftsplans aufzustellen. Dieser ist Grundlage der nach kaufmännischen Grundsätzen erfolgenden Wirtschaftsführung der Hochschulen (vgl. § 11 Abs. 1 SächsHSG). Angesichts dieser neuen Bestimmungen im Hochschulrecht spricht einiges dafür, dass künftig Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle des Streichens von Stellen nach dem Maßstab des Abwägungsgebotes der von der Universität aufgestellte Stellenplan sein wird und nicht mehr der Haushaltsplan (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 27.8.2008 - 3 Nc 141/07 - juris für das dortige Landesrecht). Da § 11 SächsHSG vom traditionellen Stellenbewirtschaftungskonzept abweicht und einen Budgetansatz wählt, wird dem Budget möglicherweise künftig auch eine entscheidende Funktion bei der kapazitätsrechtlichen Abwägung zukommen können. Dasselbe gilt für eine von der Universität präferierte Stellenstruktur. Es wird dann zu prüfen sein, ob der Abbau von Teilstudienplätzen in der Vorklinik ein sachgerechtes Ziel darstellt und bei der Abwägung geringeren Anforderungen unterliegt als der Abbau von Vollstudienplätzen (so Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl., § 8 KapVO, Rn. 7) oder aber vorrangig klinische Stellen abzubauen sind, um (Teil-) Studienplätze in der Vorklinik zu erhalten (letzteres bejahend BayVGH, Beschl. v. 24.8.2009 - 7 CE 09.10343 u. a. -; vgl. auch HessVGH, Beschl. v. 27.10.1998 - 8 NC 2849/98 - juris, wo maßgeblich auf die Proportionalität der Kürzung der Teilstudienplätze abgestellt wird). Nachgegangen werden muss dann wohl auch der Frage, ob die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose, dass die Zahl der Studienplätze im klinischen Abschnitt auf mittelfristig schwundbereinigt 300 sinken wird, auf einer vollständig und richtig ermittelten Tatsachengrundlage beruht und ob diese Prognose gegebenenfalls nachträglich zu korrigieren ist, weil den Hochschulen im Rahmen des Konjunkturpakets II zusätzlich Mittel zur Verfügung gestellt werden.

2. Die vom Verwaltungsgericht getroffene Kostenentscheidung ist nicht zu beanstanden.

Zuzugeben ist der Antragsgegnerin, dass der Senat bislang in seinen Entscheidungen bei Anordnung eines Losverfahrens die Kosten anhand der Loschance verteilt hat. Diese Kostenverteilung wird nicht mehr aufrechterhalten. Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen das Gericht die Kosten verhältnismäßig verteilt oder gegeneinander aufhebt, steht in seinem Ermessen. Die Entscheidung ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu treffen (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 155 Rn. 3). Wenn beide Beteiligte anwaltlich vertreten sind, erscheint dem Senat in zulassungsrechtlichen Verfahren, in denen ein Losverfahren angeordnet wird, eine Kostenaufhebung sachgerecht (so nunmehr auch VGH BW, Beschl. v. 12.5.2009 - NC 9 S 289/09 -). Sie trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass die Kapazitätsberechung der Hochschule fehlerhaft war und weitere Studienplätze (vorläufig) vergeben werden können, berücksichtigt andererseits aber auch, dass dies bei Anordnung eines Losverfahrens nicht jedem Antragsteller zum Erfolg verhilft. Dagegen weist die Kostenverteilung anhand der Loschance den Nachteil auf, dass der damit ausschlaggebende Faktor, wie viele andere Studienplatzbewerber ebenfalls einen Antrag beim Verwaltungsgericht stellen, vom Antragsteller weder beeinflusst noch vorhergesehen werden kann. Die Kostenverteilung wird damit von Zufälligkeiten abhängig, die nicht sachgerecht erscheinen. Eine Kostenentscheidung, die dichter an den tatsächlichen Erfolgsaussichten der jeweiligen Studienbewerber liegt, würde dann ermöglicht, wenn die Antragsgegnerin eine "Reserveliste" erstellen würde, auf der die im Rahmen der kapazitären Vergabe nichtberücksichtigten Bewerber anhand der Vergabekriterien der Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen in eine Reihefolge eingeteilt werden (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.5.2009 a. a. O.).

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 und § 52 Abs. 1, 2 GKG (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.7.2005, NVwZ-RR 2006, 219). An der Festsetzung auf 2.500,- € hält der Senat im Hinblick auf die Besonderheiten der hochschulzulassungsrechtlichen Verfahren fest.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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