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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: NC 2 B 308/09
Rechtsgebiete: SächsHSG


Vorschriften:

SächsHSG § 18
1. Ob ein Studienbewerber mit anrechenbaren Studienleistungen die Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität nur für dasjenige (höhere) Semester erhalten kann, das seinem Ausbildungsstand entspricht, oder auch für ein niedrigeres, richtet sich nach den Vorschriften über die Immatrikulation.

2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Immatrikulationsordnung vorsieht, dass der Studienbewerber, der über einen Anrechnungsbescheid verfügt, auf Antrag (nur) in das entsprechend höhere Fachsemester immatrikuliert werden kann.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: NC 2 B 308/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zum Studium Humanmedizin, 2. FS, SS 2009 Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke

am 30. April 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 24. April 2009 - NC 2 L 118/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird ebenfalls auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 24.4.2009 hat keinen Erfolg. Mit dem Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, ihn nach Durchführung eines Losverfahrens vorläufig außerhalb der festgesetzten Kapazität zum Studium der Humanmedizin im 2. Fachsemester zuzulassen, abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht geht in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass ein Anspruch des Antragstellers auf Zulassung zum 2. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin im Sommersemester 2009 nicht besteht, weil der Antragsteller einen Anrechnungsbescheid vorgelegt hat, wonach ihm Studienleistungen aus einem anderen Studiengang im Umfang von zwei Fachsemestern angerechnet werden. Damit sei aber sein Zulassungsanspruch für die ersten beiden Fachsemester verbraucht. Nach der Immatrikulationsordnung der Universität Leipzig könne ein Studienbewerber, der bereits in einem anderen Studiengang an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes Studienleistungen erbracht und diese durch Anrechnungsbescheid nachgewiesen habe, nur in das entsprechend höhere Fachsemester immatrikuliert werden.

Hiergegen wendet der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung ein, ihm gehe es in erster Linie darum, überhaupt einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu erhalten. Das Verwaltungsgericht übersehe, dass es an der Universität Leipzig im Sommersemester keine Möglichkeit gebe, das Studium im 3. Fachsemester aufzunehmen. Es sei deshalb vernünftig, wenn er einen Antrag auf Zulassung in das 2. Fachsemester stelle. Die Immatrikulationsordnung stehe dem nicht entgegen. Sie müsse verfassungskonform so ausgelegt werden, dass eine Zulassung in das höchstmögliche gerade angebotene Fachsemester ausgesprochen werden müsse. Ihm fehlten darüber hinaus Studienleistungen, die in Leipzig üblicherweise im 2. Fachsemester erbracht würden. Sein Studium könne deshalb in den Studienplan des 2. Semesters eingepasst werden. Er begehrt mit seiner Beschwerde, ihn in Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung an dem vom Verwaltungsgericht in Parallelverfahren angeordneten Losverfahren zu beteiligen, hilfsweise die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen oder eine Zwischenverfügung bis zu einer Senatsentscheidung über die Beschwerde zu treffen.

Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein einzugehen ist, führen zu keiner Änderung des angegriffenen Beschlusses. Sie rechtfertigen auch keine Zurückverweisung oder den Erlass einer Zwischenverfügung.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO ergeht eine einstweilige Anordnung, wenn das Bestehen eines zu regelnden Anspruchs, des sog. Anordnungsanspruchs, und die Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung, der sog. Anordnungsgrund, überwiegend wahrscheinlich sind.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf vorläufige Zulassung zum 2. Fachsemester Humanmedizin an der Universität Leipzig hat. Einem Anspruch auf Zulassung zum Studium und Zuweisung eines Studienplatzes im 2. Fachsemester steht § 18 Abs. 3 Nr. 3 SächsHSG entgegen. Danach kann einem Studienbewerber die Immatrikulation versagt werden, wenn er für bestimmte Fachsemester nicht eingeschrieben werden kann. So liegt es hier.

Der Antragsteller kann für das 2. Fachsemester nach den Bestimmungen der Immatrikulationsordnung der Universität Leipzig vom 22.9.2000 i. d. F. der Zweiten Änderungssatzung vom 4.6.2003 (http://www.zv.uni-leipzig.de/fileadmin/user_upload/Studium/allgemein/pdf/immatrikulationsordnung.pdf) nicht eingeschrieben werden. Nach § 6 Abs. 7 Satz 5 Immatrikulationsordnung wird ein Studienbewerber, der für den gewählten Studiengang noch nicht an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes eingeschrieben war, in der Regel für das 1. Fachsemester immatrikuliert. Nach Satz 8 kann ein Studienbewerber auf Antrag in das entsprechende höhere Fachsemester immatrikuliert werden, wenn er anrechenbare Studienleistungen in einem anderen Studiengang an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes erbracht hat und diese durch einen Anrechnungsbescheid nachgewiesen sind.

Diese Vorschriften bieten dem Studienbewerber, der - wie der Antragsteller - über anrechenbare Studienleistungen aus einem anderen im Inland absolvierten Studiengang verfügt, zwei Möglichkeiten. Er kann auf einen Antrag verzichten und wird dann in das 1. Fachsemester immatrikuliert. Stellt er einen Antrag, so kann er (nur) in das entsprechend höhere Fachsemester immatrikuliert werden. Dagegen ist eine Immatrikulation in ein dazwischen liegendes niedrigeres Fachsemester nach dem Wortlaut der Immatrikulationsordnung nicht vorgesehen. Sinn und Zweck von § 6 Abs. 7 Satz 8 Immatrikulationsordnung führen zu keiner anderen Beurteilung. Er will es ermöglichen, dass Studienbewerber, die bereits über Kenntnisse verfügen, einen Studienplatz adäquat zu ihrem Ausbildungsstand erhalten. Dieses Ziel würde aber zumindest teilweise verfehlt, wenn Bewerber für ein Semester eingeschrieben würden, dessen Ausbildungsstand sie bereits erworben haben. Dies gilt unabhängig davon, ob Studienbewerber - wie hier der Antragsteller - einzelne nach dem Studienplan im Semester angebotene Lehrveranstaltungen sinnvoll belegen können, weil sie sie noch nicht absolviert haben, oder nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei dem Anrechnungsbescheid um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, von dem der Antragsteller Gebrauch machen kann oder nicht. Das mangels entgegenstehender Vorschriften bei einer Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität bestehende Wahlrecht (vgl. hierzu VGH BW, Beschl. v. 7.5.1979 - NC IX 726/79 - sowie einschränkend VG Sigmaringen, Beschl. v. 31.3.2008 - NC 6 K 318/08 -, jeweils juris), beschränkt sich grundsätzlich darauf, von dem Anrechnungsstatus Gebrauch zu machen oder auf ihn vollständig zu verzichten. Die Möglichkeit eines teilweisen Verzichts besteht nur bei einer entsprechenden Regelung im Gesetz oder in der Immatrikulationsordnung. Fehlt eine solche Regelung, kann die Immatrikulation nur in das 1. oder das nächsthöhere Fachsemester erfolgen.

Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht aus dem Verfassungsrecht. Zwar lässt sich aus dem Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und dem Gleichheitssatz (Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 29 SächsVerf) für jeden Bürger, der die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, ein Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl ableiten (vgl. grundlegend BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 - 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 - "Numerus clausus 1", juris). Auch besteht ein Anspruch auf Gleichstellung der Bewerber mit anrechenbaren Leistungen und Studienanfängern (BVerfG, Urt. v. 13.10.1976 - 1 BvR 135/75 - "Quereinstieg", juris Rn. 22). Das Gebot der Gleichbehandlung verlangt aber nur, Studienbewerber mit anrechenbaren Studienleistungen bei freier Kapazität in das entsprechend höhere Fachsemester zuzulassen. Studienbewerber ohne anrechenbare Studienleistungen haben nur die Möglichkeit, sich für das 1. Fachsemester zu immatrikulieren. Finden sich - wie hier - für das 1. Fachsemester an einer bestimmten Hochschule im Sommersemester keine Studienplätze, müssen sie sich an andere Hochschulen wenden oder ein Semester warten. Nicht anders stellt sich nach der Immatrikulationsordnung die Lage für Studienbewerber mit anrechenbaren Studienleistungen dar, die einen Anrechnungsbescheid vorlegen. Sie können in das entsprechende höhere Fachsemester immatrikuliert werden. Werden für dieses von der Hochschule im Sommersemester Studienplätze nicht angeboten, müssen auch sie sich an andere Hochschulen wenden oder ein Semester warten. Ein teilweises Gebrauchmachen von Anrechnungsbescheiden würde demgegenüber über eine Gleichbehandlung mit Studienbewerbern für das 1. Fachsemester hinausgehen. Sie ist verfassungsrechtlich nicht geboten.

Hier hat der Antragsteller nach der Immatrikulationsordnung somit lediglich die Möglichkeit, eine Immatrikulation in das 1. oder das 3. Fachsemester zu erhalten. Da die Universität Leipzig indes im Sommersemester 2009 Studienplätze nur für geradzahlige Fachsemester bereithält, hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Immatrikulation und folglich auch keinen Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium.

Der Antragsteller hat als Weniger gegenüber der vorläufigen Zulassung oder der Beteiligung am Losverfahren auch keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Zulassungsantrag mit vorläufiger Wirkung (vgl. hierzu: SächsOVG, Beschl. v. 11.9.2002, SächsVBl. 2003, 45). Zwar steht die Versagung der Immatrikulation nach § 18 Abs. 3 Nr. 3 SächsHSG grundsätzlich im Ermessen der Hochschule. Hier ist das Ermessen aber auf null reduziert, weil einer Immatrikulation für das 2. Fachsemester die Immatrikulationsordnung entgegensteht und eine Immatrikulation für das 1. Fachsemester mangels Studienplätzen im Sommersemester nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 und § 52 Abs. 1, 2 GKG (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.7.2005, NVwZ-RR 2006, 219).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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