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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.10.2009
Aktenzeichen: PL 9 B 468/07
Rechtsgebiete: SächsPersVG


Vorschriften:

SächsPersVG § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: PL 9 B 468/07

In der Personalvertretungssache

wegen Auflösung eines Arbeitsverhältnisses; Antrag nach § 9 Abs. 4 SächsPersVG

hier: Antrag auf Zulassung der Beschwerde

hat der 9. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn und die ehrenamtlichen Richter Dick und Ott

am 27. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Anträge des Beteiligten zu 1, des Beteiligten zu 3 und der Beteiligten zu 4 auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. April 2007 - PL 9 K 1419/06 - werden abgelehnt.

Gründe:

Die Zulassungsanträge haben keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (vgl. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Die Antragsteller des Zulassungsverfahrens, die Beteiligten zu 1, 3 und 4, haben mit ihrem Vorbringen weder tragende Rechtssätze noch erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt, dass der Ausgang des Beschwerdeverfahrens zumindest als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1164; Kammerbeschl. v. 26.3.2007, NVwZ-RR 2008, 1).

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers, das zwischen ihm und dem Beteiligten zu 1 gemäß § 9 Abs. 2 SächsPersVG zustande gekommene Arbeitsverhältnis aufzulösen, zu Recht entsprochen, weil dem Antragsteller dessen Weiterbeschäftigung nach § 9 Abs. 4 Satz 1 SächsPersVG nicht zugemutet werden kann. Der Antragsteller habe, so das Verwaltungsgericht, über keine der Ausbildung des Beteiligten zu 1 entsprechende Stelle verfügt. Soweit der Antragsteller in der Vergangenheit mehrfach Stellenreste zusammengeführt habe, habe es sich um Stellen für Verwaltungsfachangestellte gehandelt, nicht aber um Stellen für Vermessungstechniker wie den Beteiligten zu 1. Einer Zusammenführung von Stellenresten stünden im Übrigen haushaltsrechtliche Gründe entgegen. Bei den vom Antragsteller im Frühjahr 2006 nachbesetzten Stellen habe es sich ebenfalls nicht um solche für Vermessungstechniker gehandelt; zudem sei auch hier die Besetzung unter Zusammenführung von Stellenresten erfolgt. Schließlich sei dem Antragsteller die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1 auch deshalb unzumutbar, weil der Sächsische Rechnungshof die bisherige Stellenbesetzungspraxis des Antragstellers, die zum 1.7.2006 zu einem Stellenüberhang von 7,91 Stellen geführt habe, als haushaltsrechtswidrig gerügt habe.

Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 1, 3 und 4 mit ihren Anträgen auf Zulassung der Beschwerde. Sie machen geltend, dass am 1.7.2006 im Geschäftsbereich des Landesvermessungsamts bei einer Zusammenrechnung von Stellenresten 3,5 Stellen unbesetzt gewesen seien. Dass auf diese Weise in der Vergangenheit gebildete Stellen nur mit Verwaltungsfachangestellten besetzt wurden, treffe nicht zu; je nach Bedarf seien die Stellen auch für Vermessungstechniker verwendet worden. Im April 2006 habe der Antragsteller Stellenreste, so der Beteiligte zu 1, zur Erhöhung der Arbeitszeit verwendet und dabei unzulässigerweise seinen Weiterbeschäftigungsanspruch nach dem Ende seiner Ausbildung im Juli 2006 nicht berücksichtigt. Der vom Verwaltungsgericht angenommene Stellenüberhang lasse sich aus der vom Antragsteller vorgelegten Stellenbesetzungsliste und auch sonst nicht nachvollziehen; im Übrigen komme es für den Weiterbeschäftigungsanspruch nicht auf die Auffassung des Sächsischen Rechnungshofs, sondern auf die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers an. Diese Erwägungen verhelfen den Zulassungsanträgen nicht zum Erfolg.

Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SächsPersVG ist das nach § 9 Abs. 2 SächsPersVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses ist dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber des Jugend- und Auszubildendenvertreters zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz bereitstellen kann, der dessen Ausbildung entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch hinsichtlich der Vergütung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der vom Arbeitgeber für eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und eingestellt worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.3.2008 - 6 PB 16/07 - juris). Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz für den - wie hier - Jugendvertreter einer Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung vorhanden ist, kommt es dabei auf alle Dienststellen des Geschäftsbereichs der übergeordneten Dienststelle an, bei welcher die Jugend- und Auszubildendenstufenvertretung gebildet worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.1.2009, PersV 2009, 182, 184).

Darüber, ob im öffentlichen Dienst ein geeigneter und besetzbarer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, hat primär der Haushaltsgesetzgeber zu entscheiden. Liegt danach eine der Qualifikation des Jugendvertreters entsprechende Zweckbestimmung des Haushaltsgesetzgebers nicht vor, so ist ein freier Arbeitsplatz nicht deswegen vorhanden, weil eine im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses freie Stelle ohne Verstoß gegen das Haushaltsrecht mit einem Jugendvertreter besetzt werden könnte. Unterliegt der öffentliche Arbeitgeber bei der Stellenbewirtschaftung keinen Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers in Bezug auf berufliche Qualifikation und Fachrichtung, ist er nicht durch § 9 SächsPersVG gezwungen, auf verfügbaren freien Stellen Arbeitsplätze zu schaffen, die auf die Qualifikation des Jugendvertreters zugeschnitten sind, der seine Weiterbeschäftigung geltend macht. Bei der Entscheidung über die Mittelverwendung obliegt ihm keine Prüfpflicht zugunsten des Jugendvertreters. Auf dieser Ebene der Entscheidungsfindung beschränkt sich die Wirkung von § 9 SächsPersVG auf eine Missbrauchskontrolle: Die Weiterbeschäftigung ist ausnahmsweise dann zumutbar, wenn die Entscheidung über die Zweckbestimmung der Mittelverwendung erkennbar das Ziel verfolgte, die Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.11.2005, E 124, 292, 300 ff.; Beschl. v. 11.3.2008 - 6 PB 16/07 - juris).

Die in den beschriebenen Grenzen zu respektierende Freiheit des öffentlichen Arbeitgebers, Arbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten, besteht unabhängig davon, ob haushaltsrechtlich eine "ganze" Stelle zur Verfügung steht oder eine solche Stelle erst aus "Stellenresten" oder "Stellenanteilen" zusammenzufügen ist. Im einen wie im anderen Fall setzt die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers, die Stelle vorrangig mit dem Jugendvertreter zu besetzen, eine Entscheidung dahingehend voraus, die Stelle dauerhaft für Verwaltungszwecke zu nutzen, die auf die Qualifikation des Jugendvertreters zugeschnitten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.11.2008 - 6 PB 22/08 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.2.2008 - 60 PV 1/07 - juris).

Dies zugrunde gelegt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass im für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach § 9 Abs. 4 Satz 1 SächsPersVG maßgebenden Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses des Beteiligten zu 1 ein auf Dauer angelegter ausbildungsadäquater Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stand. Anders als die Beteiligten zu 1, 3 und 4 meinen, war der Antragsteller nicht gehalten, für den Beteiligten zu 1 einen neuen Arbeitsplatz dadurch zu schaffen, dass er etwa vorhandene "Stellenreste" oder "Stellenanteile" zusammenführt, um diesem eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Soweit die Beteiligten zu 3 und 4 geltend machen, dass nach der vom Antragsteller vorgelegten Stellenbesetzungsliste zum 1.7.2006 3,5 Stellen unbesetzt gewesen seien, kommt es hierauf nicht an. Denn diese Stellen sind, wie sich aus der Tabelle im Schriftsatz der Beteiligten zu 3 und 4 vom 13.9.2007 ergibt, durch die Addition von "Stellenresten" entstanden. Aus dieser Rechengröße ergibt sich jedoch kein Arbeitsplatz für den Beteiligten zu 1, der den oben genannten Anforderungen entspricht.

Ohne Erfolg bleibt auch das Vorbringen der Beteiligten zu 3 und 4, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller in der Vergangenheit mehrfach Stellenreste nur für Verwaltungsfachangestellte zusammengeführt habe. Selbst wenn der Antragsteller, wie die Beteiligten zu 3 und 4 behaupten, solchermaßen zusammengefasste Stellenreste je nach Bedarf entweder im technischen Bereich oder im Verwaltungsbereich verwendet haben sollte, folgt hieraus nichts zugunsten des Beteiligten zu 1. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von freien Arbeitsplätzen auch in den Fällen auszugehen, in denen beim Arbeitgeber die Übung bestand, mit erfolgreichen Absolventen einer Berufsausbildung unbefristete Arbeitsverträge abzuschließen, solange die Vergütung aus dem Gesamtbudget gesichert war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.9.1999, E 109, 295, 298 f.). Dass beim Antragsteller eine derartige Verwaltungspraxis bestand oder besteht, tragen die Beteiligten zu 3 und 4 selbst nicht vor; dies ist für den Senat auch sonst nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund bleibt es daher dabei, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses des Beteiligten zu 1 nicht nach § 9 Abs. 4 SächsPersVG gehalten war, für diesen einen "neuen" Arbeitsplatz zu schaffen, auch nicht durch das Zusammenführen von "Stellenresten" oder "Stellenanteilen".

Anders als der Beteiligte zu 1 meint, hat sein Weiterbeschäftigungsanspruch keinen Vorrang vor der aufgrund der Zusammenfassung von "Stellenresten" und "Stellenanteilen" durch den Antragsteller erfolgten Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit der Angestellten des vergleichsweise mittleren Dienstes zum 1.4.2006. Durch diese Vorgehensweise wird der Normzweck des § 9 SächsPersVG, den Jugendvertreter vor nachteiligen Folgen seiner Amtsausübung zu schützen, nicht berührt. Dieser kann dadurch diskriminiert werden, dass statt seiner andere Absolventen der Berufsausbildung weiterbeschäftigt oder externe Dritte eingestellt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.6.2009, PersR 2009, 370 f.). Hat sich der öffentliche Arbeitgeber, wie hier der Antragsteller im Bezirkstarifvertrag vom 11.4.2005, zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen durch Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, zu einem sozial-verträglichen Personalabbau entschlossen, liegt aber eine Benachteiligung des Jugendvertreters nicht vor, wenn der Arbeitgeber frei werdende Stellen oder freie "Stellenreste" und "Stellenanteile" dazu nutzt, die Weiterbeschäftigung der von solchen Maßnahmen betroffenen Mitarbeiter - hier: durch die schrittweise erneute Anhebung der Arbeitszeit - zu sichern.

War mithin im Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses keine auf die Qualifikation des Beteiligten zu 1 zugeschnittene Stelle vorhanden, kann offen bleiben, ob beim Antragsteller seinerzeit ein Personalüberhang von, wie das Verwaltungsgericht meint, 7,91 Stellen bestanden hat, und ob der Antragsteller, wie die Beteiligten zu 3 und 4 vortragen, der Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1 einen den Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 2.11.1994, E 97, 68, 77 f.) und des Senats (vgl. Beschl. v. 1.4.2009 - PL 9 A 552/08 - juris) entsprechenden wirksamen Einstellungsstopp nicht entgegenhalten kann.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (vgl. § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i. V. m. § 80 Abs. 1, § 2a Abs. 1 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG).

Mit dieser Entscheidung, die unanfechtbar ist, wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (vgl. § 88 Abs. 2 Satz 2 SächsPersVG i. V. m. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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