Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.10.2003
Aktenzeichen: 4 U 631/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 533 n. F.
Der Übergang (vom Rücktritt) zur Minderung in der Berufung bei (erstinstanzlich) abgewiesener Klage auf Rücktritt (eines Gebrauchtwagenkaufs) stellt keine zulässige Klageänderung nach § 533 ZPO n.F. dar und führt zur Verwerfung der Berufung.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

4 U 631/03

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richter am Oberlandesgericht Krohn

am 21.10.2003

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 12.06.2003 - Az. 1 O 1038/02 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 1.750,- festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Abweisung seiner auf Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages nach Rücktritt gerichteten Klage. Die landgerichtliche Entscheidung beruht darauf, dass die nachweislich bei Übergabe vorhandenen Mängel des Fahrzeugs eine nur unerhebliche Pflichtverletzung des Beklagten nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB dargestellt und deshalb keinen Rücktritt gerechtfertigt hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt er nunmehr einen Anspruch auf Minderung; insoweit wird ergänzend auf den Schriftsatz vom 18.08.03 Bezug genommen.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil er mit ihr keine Beseitigung der Beschwer aus der angefochtenen Entscheidung verfolgt. Unabhängig davon, inwieweit ein Wechsel zwischen Gewährleistungsrechten materiellrechtlich und prozessual innerhalb der Instanz möglich ist, ist ein Übergang von einem zu einem anderen Gewährleistungsanspruch zwischen Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug und Berufungsbegründung nur unter den Voraussetzungen des § 264 Nr. 3 ZPO zulässig (vgl. Baumbach/Lauter-bach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz § 511 Rn. 24; Zöller/Gummer, ZPO, Vor § 511 Rn. 10c; MüKo-Rimmelspacher, ZPO, Vor § 511 Rn. 38; Schneider, MDR 1987, 811, 812). Dies erfordert eine Veränderung der tatsächlichen klagebegründenden Umstände, die in diesem Zeitraum entweder eintritt oder dem Kläger bekannt wird.

An einer solchen Veränderung im Tatsächlichen fehlt es vorliegend. Die Einsicht des Klägers, mit seinem Begehren nicht durchdringen zu können, reicht hierfür auch dann nicht aus, wenn sie auf Erkenntnissen beruht, welche er erst im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens gewonnen hat. Dies schon deshalb nicht, weil die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen, sollen sie entscheidungserheblich sein, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens geworden sein müssen. So hat das Landgericht seine Überzeugung, die Erheblichkeitsgrenze des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB sei nicht erreicht, gemäß § 286 Abs. 1 ZPO aus dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme gewonnen; nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretene Umstände waren hierfür - weder für das Gericht noch für den Kläger - von Belang.

Soweit der Berufungskläger in seiner Stellungnahme vom 16.10.2003 auf den Hinweis des Senats auf §§ 533 Nr. 2, 529 ZPO verweist, führt dieser Hinweis zu keiner anderen Beurteilung. Im vorliegenden Fall hält sich die Antragsänderung nicht mehr in den voranstehend aufgezeigten Grenzen. Mithin ist vorliegend auch kein Fall des § 533 Nr. 2 ZPO gegeben. Die von dem Berufungsführer in seiner Stellungnahme aufgezeigten Fälle aus der Rechtsprechung sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Nach § 437 Nr. 2 BGB n.F. kann der Käufer bei einem Sachmangel nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 BGB n.F. vom Vertrag zurücktreten oder nach § 441 BGB n.F. den Kaufpreis mindern. Beide vom Gesetz aufgezeigten Alternativen sind aber Gestaltungsrechte, die sich gegenseitig ausschließen. Deshalb muss die Wahl - Rücktritt oder Minderung - bis zur Schlussverhandlung in erster Instanz getroffen sein. Der Schuldner muss also bis zur Schlussverhandlung sein Wahlrecht ausgeübt haben. Das war vorliegend der Fall, indem der Kläger (und Berufungskläger) den Rücktritt gewählt hatte. Greift der Kläger das Urteil, in dem die Klage auf Rücktritt mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Rücktrittsrechts abgewiesen wurde, mit seiner Berufung nicht an (s.o.), so bleibt ihm für die Ausübung des Minderungsrechts mit Erklärung nach § 441 BGB n.F. nur der Weg einer erneuten Klage, weil insoweit eine neue Tatsachengrundlage durch das andere Gestaltungsrecht geschaffen wird. Die Minderung ist also keineswegs nur ein Minus gegenüber dem Rücktritt, sondern ein aliud. § 533 Nr. 2 ZPO (n.F.) in Verbindung mit § 529 ZPO ist mithin in diesem Fall nicht einschlägig.

Die Berufung ist daher gemäß § 522 Abs. 1 S. 2, 3 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf §§ 3 ZPO, 14, 25 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück