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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.05.2004
Aktenzeichen: 9 U 264/01
Rechtsgebiete: BoSoG, SachenRBerG, BauGB


Vorschriften:

BoSoG § 9
BoSoG § 15
BoSoG § 18
BoSoG § 19
SachenRBerG § 19
SachenRBerG § 20
SachenRBerG § 71 ff.
BauGB § 194
BauGB § 196
1. Ob § 15 Abs. 6 BoSoG nach Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass mit der Enteignung zugleich auch über die Entschädigung zu entscheiden ist, bleibt offen. Jedenfalls muss ein Entschädigungsbescheid zeitnah nach dem Sonderungsbescheid ergehen. Geschieht das nicht, kann der Betroffene hiergegen trotz fehlender ausdrücklicher Regelung Untätigkeitsantrag im gerichtlichen Verfahren nach § 18 BoSoG stellen.

2. Der Entschädigungsanspruch des durch den SSonderungsbescheid enteignete Grundstückseigentümers ist ab Bestandskraft der Enteignung mit dem verkehrsüblichen Zinssatz, der sich an den Prozess- und Verzugszinsen des BGB orientiert, zu verzinsen.

3. Für Grundstücke, die in der DDR für den komplexen Wohnungsbau in Anspruch genommen wurden, bemisst sich die Enteignungsentschädigung des § 15 Abs. 1 BoSoG unabhängig von der Art ihrer tatsächlichen Bebauung, also auch für Verkehrsflächen und gewerblich genutzte Grundstücke, nach dem durchschnittlichen Bodenrichtwert aller Grundstücke im Plangebiet. Hiervon ist bei gewerblich genutzten Grundstücken (hier Apotheke) ein Betrag zwischen 5,11 € und 12,78 € (§ 19 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 1 SachenRBerG), bei mit Wohnungen, Neben- und Infrastrukturanlagen sowie Versorgungseinrichtungen bebauten Grundstücken hingegen ein Drittel des Bodenwerts (§ 20 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG) abzuziehen.

4. Der enteignete Grundstückseigentümer hat keinen Anspruch auf Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung nach den §§ 71 ff. SachenRBerG in den Sonderungsbescheid.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

9 U 264/01

Verkündet am: 24.05.2004

In dem Bodensonderungsverfahren

hat der 9. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Richter am Oberlandesgericht Bettin als Vorsitzenden, Richterin am Oberlandesgericht Zoller und Richterin am Oberlandesgericht Bötzl am 24.05.2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerden der Parteien wird der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 16.01.2001 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Untätigkeitsantrag der Antragstellerin vom 20.04.1999 erledigt ist.

Der Entschädigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 06.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 07.03.2000 - Az.: 204.5-0915-001/00-EF - wird dahin abgeändert, dass der an die Antragstellerin zu zahlende Entschädigungsbetrag auf 15.789,33 € festgesetzt wird. Dieser Betrag ist ab 05.01.1999 mit 4 % p.a. zu verzinsen.

Im Übrigen werden die Beschwerden der Parteien zurückgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten beider Instanzen haben die Antragstellerin 2/5 und die Antragsgegnerin 3/5 zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin 2/5 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin 3/5 zu tragen.

Im Übrigen haben die Parteien und weiteren Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach § 15 BoSoG.

Die Antragstellerin war Miteigentümerin eines Grundstücks in E., das vor Ablauf des 02.10.1990 im Rahmen des komplexen Wohnungsbaus bei der Errichtung des Wohngebiets K. H. bebaut worden ist. Die Antragsgegnerin hat für dieses Plangebiet am13.02.1995 ein Bodensonderungsverfahren eingeleitet und mit dem angefochtenen Sonderungsbescheid vom 30.10.1998 unter anderem die Ausgleichsbeträge, welche von den Begünstigten zu zahlen sind, festgesetzt. Mit Bescheid vom 06.10.1999 hat die Antragsgegnerin den Entschädigungsbetrag für den Verlust der dinglichen Rechte an dem Grundstück Gemarkung M., Flur 1, Flurstück 108/05, Blatt 80908, mit einer Fläche von 375 m² auf der Grundlage eines anzusetzenden Entschädigungsbetrages von 40,65 DM/m² festgesetzt. Die Parteien streiten insbesondere über die Höhe der Entschädigung, mögliche Nachzahlungsverpflichtungen der Begünstigten und der Antragsgegnerin nach §§ 71, 73 SachenRBerG sowie eine Verzinsung des Ausgleichsbetrages bereits ab Bestandskraft des Sonderungsbescheides.

Das Landgericht Erfurt hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.01.2001 auf Antrag der Antragstellerin den Entschädigungsbescheid vom 06.10.1999 dahin abgeändert, dass der Entschädigungsbetrag auf der Grundlage des durchschnittlichen Bodenrichtwertes im Plangebiet auf 32.268,75 DM festgesetzt wird, die Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung in den Sonderungsbescheid hingegen abgelehnt. Den ursprünglich von der Antragstellerin gestellten Untätigkeitsantrag, mit dem sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass eines Entschädigungsbescheides erreichen wollte, hielt das Landgericht für unzulässig.

Im Übrigen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 16.01.2001 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und sie begründet.

Die Antragsgegnerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und nimmt auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Das Landgericht habe schon verkannt, dass es sich bei Garagen um Nebenanlagen des komplexen Wohnungsbaus und bei Straßenbahnanlagen um Maßnahmen der Infrastruktur (§ 11 Abs. 1 Satz 2 SachenRBerG), nicht hingegen um gewerbliche Anlagen handle. Als Bodenwert im Sinne des § 20 Abs. 3 SachenRBerG komme der Bodenrichtwert (§§ 19 Abs. 5 SachenRBerG, 196 BauGB) nur bei gleichförmiger Bebauung in Betracht, nicht aber bei der vorliegenden völlig inhomogenen Bebauung des "K. H.". Mit § 20 Abs. 3 SachenRBerG sollte nur eine Ungleichbehandlung der betroffenen Alteigentümer verhindert werden, die von der Antragsgegnerin vorgenommene Einzelbewertung als Grundlage eines Mittelwertgutachtens sei jedoch nicht ausgeschlossen und vermeide gerade eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung der Alteigentümer, deren Ansprüche sich eher zufällig aus dem SachenRBerG, dem VerkFlBerG oder eben dem BoSoG ergeben.

Soweit die Antragstellerin einen Anspruch auf Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung (der Nutzer/Erwerber) weiterverfolge, bestehe eine solche nur für vertragliche Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer nach dem SachenRBerG, nicht hingegen im Rahmen eines Bodensonderungsverfahrens und schon gar nicht gegen die Antragsgegnerin als Bodensonderungsbehörde.

Soweit die Antragstellerin erneut die Unzulässigkeit der Nebenintervention der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) rügte, habe sie diese Rüge im Termin vom 21.11.2000 ausdrücklich zurückgenommen. Auch die Kostenentscheidung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden, da der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Sonderungsbescheid unzulässig gewesen sei und die Antragsgegnerin lediglich über die Entschädigung als solche, nicht aber über deren Höhe bereits im Ausgangsbescheid zu entscheiden habe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 16.01.2001 aufzuheben und den Entschädigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 06.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 07.03.2000 wiederherzustellen und die dort festgesetzte Entschädigung für die Antragstellerin auf den dort bezeichneten Umfang von DM 15.243,75 festzusetzen sowie

die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr,

1. festzustellen, dass der Untätigkeitsantrag der Antragstellerin vom 20.04.1999 erledigt ist,

2. unter Abänderung des Entschädigungsbescheides der Antragsgegnerin vom 06.10.1999 und des dazugehörigen Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 07.03.2000 - auf die vorsorglich erhobene Anschlussbeschwerde der Antragstellerin - den von der Antragsgegnerin zu zahlenden Entschädigungsbetrag auf DM 32.268,75 gleich 16.498,75 EUR festzusetzen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 % p.a. über dem Basiszinssatz seit 05.01.1999 zu zahlen,

3. unter Abänderung des Sonderungsbescheides der Antragsgegnerin vom 30.10.1998 und des dazugehörigen Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 23.09.1999 festzustellen, dass die Antragsgegnerin und die weitere Beteiligte zu 4) verpflichtet sind, etwaige durch die Weiterveräußerung oder Änderung der derzeitigen Wohnnutzung der ihnen zu Eigentum zugewiesenen Teilflächen des früheren Flurstücks 108/5 der Flur 1 der Gemarkung M. entstehende Mehrerlöse und/oder Werterhöhungen gemäß §§ 71, 73 SachenRBerG an die Antragstellerin auszukehren und das Vorliegen dieser Voraussetzungen der Antragstellerin unverzüglich nach Entstehen mitzuteilen.

4. die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Berechnung der Entschädigung. Diese Berechnung habe inzwischen auch der BGH (VIZ 2002, 580) bestätigt. Der geringere Wert der Verkehrsflächen sei bereits mit dem 1/3-Abzug für alle Flächen berücksichtigt.

Der erhobene Untätigkeitsantrag sei vor Erledigung durch den Erlass des Entschädigungsbescheids zulässig und begründet gewesen. Die Antragsgegnerin hätte die Höhe der Entschädigung bereits im Sonderungs- (und Enteignungs-) bescheid regeln müssen, zumal sie diesen sofort vollzogen habe. Auch wenn die Antragstellerin in ihrem Widerspruch gegen den Sonderungsbescheid darauf hingewiesen habe, dass die festgesetzte Ausgleichszahlung nicht kostendeckend sein werde, so ergebe doch die Auslegung ihres Widerspruchs, dass sie allein den sie betreffenden Teilsonderungsbescheid angefochten und allein die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht habe. Eine Begründung des Widerspruchs sei analog § 69 VwGO und entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde und des Landgerichts überhaupt nicht erforderlich gewesen, § 18 Abs. 2 Satz 2 BoSoG gelte allein für das gerichtliche Verfahren.

Die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) seien zu Unrecht zum Verfahren hinzugezogen worden. Sie seien zwar als Nutzer vom Sonderungsbescheid, nicht aber vom allein angefochtenen Teilsonderungsbescheid betroffen. Nutzer des ehemaligen Grundstücks der Antragstellerin seien nur die Stadt E. und die weitere Beteiligte zu 4) mit gesamt 375 m² gewesen. Gegenüber den Wohnungsbaugesellschaften sei der Sonderungsbescheid hingegen bestandskräftig geworden. Der Ausgang des Rechtstreits könne auf die Rechte der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) keinen Einfluss haben, weil sie selbst möglichen Maßnahmen nach §§ 48, 49, 51 VwVfG den Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegenhalten könnten. Die Antragstellerin habe die Kosten dieser Beigeladenen daher nicht zu tragen, die Anwaltskosten seien jedenfalls nicht erstattungsfähig, da eine Antragstellung nicht erforderlich sei.

Bereits in den Sonderungsbescheid hätte die Antragsgegnerin eine Nachzahlungsverpflichtung aufnehmen müssen. § 15 Abs. 1 BoSoG verweise auf die Vorschriften des SachenRBerG zum Ankaufsfall und damit auch auf §§ 71 ff SachenRBerG. Ob das konkrete Grundstück, das im Miteigentum der Antragstellerin stand (die Apotheke) zu Wohnzwecken genutzt werde oder nicht, sei insoweit unbeachtlich, weil es im Plangebiet des komplexen Wohnungsbaus liege. Die gewerbliche Nutzung wirke sich schon auf die Höhe des durchschnittlichen Bodenwerts bzw. den vorzunehmenden Abzug und damit die Höhe der Entschädigung aus. Die Antragsgegnerin hätte die Verpflichtung der Begünstigten gegenüber der Antragstellerin zur Nachzahlung im Verkaufsfall als feststellenden Verwaltungsakt bereits in den Grundlagenbescheid, also in den Sonderungsbescheid, aufnehmen müssen. Die weitere Beteiligte zu 4) habe inzwischen auch verkauft.

Während die Antragstellerin bislang meinte, der geltend gemachte Zinsanspruch könne sich entweder aus §§ 13 Abs. 2, 31 Abs. 1 ThürEG (in Höhe von 6 % p.a.) oder aus §§ 59 Abs. 2, 64 Abs. 2 BauGB (2 % über Diskontsatz) ergeben, macht sie nun Verzugs- bzw. Prozesszinsen nach BGB seit Bestandskraft der Enteignung geltend und verweist auf § 99 Abs. 3 BauGB, der analog anzuwenden sei. Seit diesem Zeitpunkt stehe ihr keine Nutzungsentschädigung nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 8 EGBGB mehr zu.

II.

Die selbständigen Beschwerden der Parteien sind nach § 19 Abs. 1 BoSoG zulässig.

Sie führen zu einer teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung und des streitigen Entschädigungsbescheides.

1)

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass vorliegend für die Bestimmung der nach § 15 Abs. 1 BoSoG zu leistenden Entschädigung nach § 20 Abs. 3 SachenRBerG der durchschnittliche Bodenrichtwert aller Grundstücke im Plangebiet, der nach den verfahrensfehlerfreien und damit für den Senat im Beschwerdeverfahren bindenden Feststellungen des Landgerichts einheitlich 240,00 DM/m² betrug, heranzuziehen ist.

§ 15 Abs. 1 BoSoG verweist pauschal auf die Ankaufsfälle nach SachenRBerG und damit auf die §§ 19, 20 SachenRBerG. Während die Antragsgegnerin meint, Ausgangsbasis sei der Sonderfall des § 20 Abs. 1 SachenRBerG, nach dem nicht auf die baurechtlich zulässige Bebauung (damit den Bodenrichtwert) abzustellen sei, sondern auf die tatsächliche Bebauung und auf dieser Grundlage ihr Mittelwertgutachten verteidigt, meint die Antragstellerin - wie das Landgericht -, § 20 Abs. 1 SachenRBerG gelte nur für den staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau, nicht aber für den komplexen Wohnungsbau. Für diesen gelte nur § 20 Abs. 2 und 3 SachenRBerG. Für die letztgenannte Auffassung sprechen sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der genannten Bestimmungen. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts Bezug.

Damit ist der Verkehrswert nur nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG i.V.m. § 194 BauGB zu ermitteln. Da § 20 Abs. 2 SachenRBerG im Übrigen zwar die Anwendung des § 19 Abs. 2 bis 4 SachenRBerG ausschließt, nicht aber § 19 Abs. 5 SachenRBerG, ist der Bodenwert grundsätzlich der Bodenrichtwert nach § 196 BauGB. Selbst wenn man aber § 20 Abs. 1 SachenRBerG für die Bewertung der mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke heranziehen wollte, weil jeder komplexe Wohnungsbau auch teilweise einen staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau enthält, würde dies eine Abweichung von § 20 Abs. 3 SachenRBerG und eine Bewertung nach der tatsächlichen Bebauung und Nutzung der gewerblich oder für Verkehrsflächen genutzten Grundstücke nicht rechtfertigen. Hinsichtlich der mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke ergäbe auch die Anwendung von § 20 Abs. 1 SachenRBerG im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Aus dem Gutachten zur Ermittlung des Bodenrichtwertes ergibt sich nämlich, dass die als Vergleich herangezogenen Grundstücke in anderen Gemeindegebieten ebenfalls durch Geschosswohnbebauung gekennzeichnet sind. Dadurch ist dem Anliegen von § 20 Abs. 1 SachenRBerG, nämlich den Umstand zu berücksichtigen, dass der Wert mit Wohnungen bebauter Grundstücke dauerhaft geringer sein kann, als derjenige unbebauter Grundstücke in vergleichbarer Lage (vgl. Wendtland, Neues Schuld- und Sachenrecht im Beitrittsgebiet, § 20 SachenRBerG, Rn 3), hinreichend Rechnung getragen.

Ob der "Mittelwert" nach § 20 Abs. 3 SachenRBerG so bestimmt wird, wie dies die Antragsgegnerin getan hat, indem sie jedes einzelne Grundstück bewertet und dann den Durchschnitt gebildet hat, oder ob man das gesamte Plangebiet als ein Grundstück betrachtet und dieses bewertet, führt vorliegend zu keinem unterschiedlichen Ergebnis, weil der Bodenrichtwert zum maßgeblichen Stichtag für alle Flächen im Plangebiet 240,00 DM/m² betrug.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin gilt dies auch für die gewerblich oder als Verkehrsflächen genutzten Grundstücke.

Das VerkFIBerG findet nach der ausdrücklichen Regelung des § 13 Abs. 2 VerkFlBerG keine Anwendung.

Der Senat folgt dabei nicht der Entscheidung des OLG Dresden vom 13.12.1999 (Az.: 3 W 1583/98, VIZ 2000, 300), auf die sich die Antragsgegnerin beruft.

Die Sonderungsbehörde Leipzig war in einem Verfahren ähnlich vorgegangen wie die Antragsgegnerin, allerdings noch mit der Besonderheit, dass das Sonderungsgebiet dort allein aus dem streitgegenständlichen Grundstück bestand. Diese Verfahrensweise hat das OLG Dresden gebilligt (Az.: 3 W 1583/98, VIZ 2000, 300). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss v.04.07.2003, Az.: 1 BvR 133/00; Bl. 536, IV d.A.). Daraus ist aber entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der weiteren Beteiligten zu 2) nicht zu schließen, dass das BVerfG den gewählten Berechnungsmodus für zutreffend und allein vertretbar hielt, es hat lediglich keine Willkür gesehen, gleichzeitig aber unter Hinweis auf eine neuere Entscheidung des OLG Dresden (VIZ 2001, 687) ausgeführt, "die Vorschriften des einfachen Rechts und die Gesetzesmaterialien mögen zwar auch ein anderes Ergebnis zulassen, es vielleicht sogar nahe legen. Die vom OLG hier vertretene Rechtsauffassung ist jedoch nachvollziehbar begründet und rechtlich nicht unvertretbar."

Das OLG Dresden (Az.: 21 U 709/00; VIZ 2001, 688) hat - nach Wechsel des zuständigen Senats - dann auch seine Auffassung geändert. Diese Entscheidung, der sich auch der Senat anschließt, betrifft zwar nicht die Entschädigung in einem Bodensonderungsverfahren, sondern die Nutzungsentschädigung nach Art. 233 § 2 a EGBGB nach Einleitung eines Bodensonderungsverfahrens, hinsichtlich der Berechnung des maßgeblichen Bodenwertes ergeben sich jedoch keine Unterschiede.

In dieser Entscheidung legt das OLG Dresden unter ausdrücklicher Abkehr von der o.g. Entscheidung den durchschnittlichen Bodenrichtwert zugrunde. Auf die tatsächliche bauliche Nutzung und den Anteil an Verkehrsflächen soll es nicht ankommen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dass diese Grundsätze nicht nur für die Nutzungsentschädigung, sondern ebenso für die Enteignungsentschädigung gelten. Diese Auffassung hat der BGH (Az.: V ZR 126/01; VIZ 2002, 580) bestätigt und zwar ebenfalls generell für die Berechnung des Bodenwerts nach dem BoSoG und nicht nur für die Berechnung der Nutzungsentschädigung. Danach soll der 1/3 - Abschlag nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG - pauschal - nicht nur abgelten, dass im komplexen Wohnungsbau an sich baurechtswidrig Abstandsflächen und dgl. nicht eingehalten wurden, sondern auch, dass eben bestimmte Flächen als Verkehrs- oder Grünflächen praktisch keinen Verkehrswert mehr haben (und als solche, weil im Plangebiet gelegen, auch nicht unter das VerkFlBerG fallen). Ein angemessener Ausgleich im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung soll nur zwischen den Nutzern/Erwerbern nach § 20 Abs. 5 SachenRBerG erfolgen.

Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und sieht auch keine Veranlassung, die Sache im Hinblick auf die genannte Abweichung von der Entscheidung des OLG Dresden vom 13.12.1999 nach § 19 Abs. 3 Satz 2 BoSoG dem BGH vorzulegen. Die Vorlagepflicht nach § 19 Abs. 3 BoSoG, der ersichtlich dem § 28 FGG nachgebildet ist, ist entfallen, weil der nunmehr für Verfahren nach § 19 BoSoG zuständige 10. Zivilsenat des OLG Dresden auf Anfrage des Senats unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 23.02.2001 (VIZ 2001, 687) mitgeteilt hat, dass er an der Entscheidung vom 13.12.1999 nicht mehr festhält (vgl. z.B. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl.. § 28 Rn 21 m.w.N.).

2)

Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landgericht für alle Grundstücke im Plangebiet einen Bodenrichtwert von 240,00 DM/m² nach dem Gutachten zum 17.03.1998 angenommen hat.

Nach § 19 Abs. 5 Satz 2 SachenRBerG kann zwar jeder Beteiligte eine Abweichung vom festgestellten Bodenrichtwert verlangen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Wert nicht den Marktverhältnissen entspricht oder er wegen der untypischen Lage oder Beschaffenheit des Grundstücks ungeeignet ist.

Die Antragsgegnerin hat hierzu nur vorgetragen, dass der Bodenrichtwert nicht auf tatsächlichen Verkaufsfällen beruhe, die es in diesem Gebiet (wegen der komplexen Bebauung) nicht gebe, sondern auf dem Vergleich mit anderen Gemeindegebieten. Dies lässt jedoch nicht an der zutreffenden Bewertung zweifeln. Anhaltspunkte dafür, dass am "K. H." - die komplexe Bebauung weggedacht - andere Marktverhältnisse herrschen, oder eine andere Lage oder Beschaffenheit der Grundstücke bestehen soll, als bei anderen Gemeindegebieten, liegen nicht vor. Das Landgericht hat diesen Einwand daher zu Recht unbeachtet gelassen.

Eine Abweichung kommt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 5 Satz 2 SachenRBerG insbesondere nicht im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung einzelner Grundstücke z.B. als Verkehrs- oder Grünflächen in Betracht.

3)

Der Senat folgt allerdings nicht dem Landgericht, soweit es bei seiner Berechnung des anzusetzenden durchschnittlichen Bodenwertes die Garagenkomplexe (Nr. 23, 24, 26) und die Straßenbahnwendeschleife (Nr. 60) als Gewerbeflächen betrachtet hat.

Nach § 11 Abs. 1 SachenRBerG gehören auch Nebenanlagen, Versorgungseinrichtungen und Infrastruktur zum komplexen Wohnungsbau. Dem entspricht § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SachenRBerG. Nur Flächen, die zu diesen Zwecken in Anspruch genommen wurden, sollen nach § 20 Abs. 2, 3 SachenRBerG vereinfacht bewertet werden, im Übrigen verbleibt es bei den allgemeinen Regelungen des § 19 SachenRBerG.

Das Landgericht hat u.a. die Garagenkomplexe (Nr. 23, 24, 26), die Straßenbahnwendeschleife (Nr. 60) und die Apotheke (Nr. 37) als Gewerbeflächen ausgenommen.

Gegen eine gegenwärtige gewerbliche Nutzung der Garagenkomplexe - für die Sachvortrag der Antragstellerin fehlt - spricht schon die Nutzung durch eine "Garagen e.V.". Im Übrigen wurden solche umfangreichen Garagengemeinschaften - gerade im komplexen Wohnungsbau - in aller Regel als Nebenanlagen des Wohnungsbaus genutzt. Einen Grund, sie wie Gewerbeanlagen zu behandeln, ist nicht ersichtlich.

Die Straßenbahnwendeschleife ist eine typische Maßnahme der Infrastruktur.

Lediglich die Apotheke (das streitgegenständliche Grundstück) fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 und 3 SachenRBerG, sondern unter § 19 Abs. 2, 3 SachenRBerG. Eine Apotheke dient zwar im weitesten Sinn auch der Versorgung der Bevölkerung (§ 11 SachenRBerG), eine solche gewerbliche Versorgungseinrichtung unterfällt aber nicht dem Katalog des § 20 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG, so dass der Abzug von 1/3 nicht gerechtfertigt ist (vgl, z.B. KG Berlin vom 12.09.2000, Az.: 27 U 8168/99, zur "Kaufhalle"; Nichtannahmebeschluss des BGH vom 04.10.2001, Az.: V ZR 367/00).

Die Berechnung des Landgerichts, der sich der Senat im Übrigen anschließt, ist also bei den Positionen 23, 24, 26 und 60 insoweit zu korrigieren, als hier nicht nur ein Abzug von nur 25,00 DM, sondern ein solcher von 1/3 (80,00 DM) vorzunehmen ist. Damit ergibt sich ein durchschnittlicher Bodenwert/m² von 164,69 DM (statt 172,11 DM). Der hälftige durchschnittliche Bodenwert von 82,35 DM/m² multipliziert mit der Grundstücksfläche von 375 m² ergibt einen Ausgleichsbetrag von 30.881,25 DM bzw. 15.789,33 €.

4)

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung in den Sonderungsbescheid.

Die Antragstellerin erstrebt nicht etwa eine alleinige Nachzahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin, sie möchte, dass in den Sonderungsbescheid, der auch die Ausgleichspflichten der Erwerber enthält, eine Nachzahlungsverpflichtung der Erwerber unmittelbar zugunsten der Antragstellerin und der weiteren Beteiligten zu 4) aufgenommen wird und die Verpflichteten diese möglichen Zahlungen an sie "durchreichen".

Sie meint, § 15 Abs. 1 BoSoG verweise nur auf die Ankaufsfälle und damit auch auf §§ 71 ff SachenRBerG, obwohl § 20 Abs. 3 Satz 2 SachenRBerG für die Bemessung der Entschädigung allein auf § 68 SachenRBerG verweist, nicht hingegen auf § 68 ff SachenRBerG.

Das Landgericht hat diesen Anspruch schon an der Rechtsverletzung scheitern lassen, da der Sonderungsbescheid, was die Ausgleichszahlungen anlangt, allein die Erwerber belaste, nicht die Antragstellerin. Das Landgericht hat dabei verkannt, dass die Antragstellerin den Erlass eines - aus ihrer Sicht - drittbelastenden Verwaltungsakts erstrebt, der sie selbst begünstigt.

Das Landgericht hat einen solchen Anspruch aber in der Sache zu Recht verneint.

Auch der Senat schließt sich nicht der Auffassung an, dass § 71 SachenRBerG auch im Bodensonderungsverfahren Anwendung findet (so auch Czub, ZOV 2002, 335, 338; entgegen Thietz-Bartram, VIZ 2002, 390, 394; unter Aufgabe seiner früheren Auffassung in VIZ 1998, 500). Dies führt zwar zu einer Ungleichbehandlung von Alteigentümern, die Ansprüche nach dem SachenRBerG geltend machen können und solchen, die von einem Bodensonderungsverfahren betroffen sind. Diese Ungleichbehandlung erfolgt aber nicht ohne sachlichen Grund. Die Interessenlage der Alteigentümer ist ähnlich, aber nicht identisch.

Schon der Wortlaut des § 20 Abs. 3 SachenRBerG spricht gegen eine Nachzahlungsverpflichtung. Der Verweis auf § 68 SachenRBerG betrifft nur die Halbierung des Bodenwertes, der schon - auch zugunsten einiger Alteigentümer - anders berechnet wird, als bei den Ankauffällen des SachenRBerG.

Auch die Grundstückssituation und Interessenlage der Erwerber ist eine andere. Nach dem SachenRBerG kann Erwerber nur der Nutzer, der sich in einer geschützten Rechtsposition befindet, sein. Seine Rechtsposition ist gerade im Hinblick auf z.B. die fortdauernde Wohnnutzung geschützt, oder weil er Bauten errichtet hat. Er erwirbt in der Regel ein Grundstück oder einen abgrenzbaren Teil eines Grundstücks. Bei der Bodensonderung soll hingegen ein Konglomerat von Eigentümern und Nutzern entwirrt werden. Es kann vorkommen, dass ein Grundstück eines Alteigentümers durch die Bodenneuordnung in Teilflächen zahlreicher neu gebildeter Flurstücke aufgeteilt wird, die alle von unterschiedlichen Personen erworben werden. Eine "partielle" Nachzahlungsverpflichtung ist also schon praktisch kaum durchführbar, gestaltet sich jedenfalls ungleich schwieriger, als bei den Ankauffällen und verzögert die Bereinigung und Abwicklung durch die Sonderungsbehörde.

Das BoSoG wurde vor dem SachenRBerG erlassen. Es verweist für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs zwar auf des SachenRBerG, konkrete, abschließende Bestimmungen enthält aber erst dieses Gesetz, so dass davon auszugehen ist, dass dem Gesetzgeber die normierte Ungleichbehandlung durchaus bewusst war und keine planwidrige Regelungslücke vorliegt.

Nicht zuletzt enthält § 15 Abs. 1, Abs. 5 BoSoG auch keine ausdrückliche Ermächtigung für einen solchen an eine Bedingung und Befristung geknüpften Verwaltungsakt.

5)

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Landgerichts, dass der ursprüngliche Untätigkeitsantrag der Antragstellerin unzulässig war. Seine Erledigung durch den Erlass des Entschädigungsbescheides war daher festzustellen.

§ 18 Abs. 5 BoSoG verweist zwar nur auf § 217 Abs. 4 BauGB, nicht auch auf § 217 Abs. 1 BauGB, der ausdrücklich auch einen Untätigkeitsantrag zulässt. Auch aus § 18 Abs. 1 BoSoG ergibt sich die Zulässigkeit nicht, weil hier nur hinsichtlich des Verwaltungsvorverfahrens auf den 8.Abschnitt der VwGO verwiesen wird, nicht hingegen auch hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens. Ein solcher Antrag ist aber auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Regelung im gerichtlichen Bodensonderungsverfahren nicht ausgeschlossen; der Betroffene ist nicht gehalten eine solche Klage vor dem Verwaltungsgericht zu führen. Der Untätigkeitsantrag ist vielmehr nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Gesetz als Anfechtung eines negativen - weil pflichtwidrig unterlassenen - Bescheides stets zulässig; § 217 Abs. 1 BauGB hat damit nur klarstellende Funktion.

Im Übrigen hatte die Antragstellerin ihren Untätigkeitsantrag auch auf die bestrittene und unter Beweis gestellte Behauptung gestützt, eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin habe den Erlass eines Entschädigungsbescheides ausdrücklich verweigert und diesen von der Bedingung abhängig gemacht, dass die Antragstellerin ihren Widerspruch gegen den Sonderungsbescheid zurücknehme. Jedenfalls gegen diesen - bestrittenen - Bescheid wäre der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig gewesen, so dass das Landgericht auch nach seiner Auffassung über die ursprüngliche Zulässigkeit nicht ohne Beweisaufnahme hätte entscheiden dürfen.

Dieser Antrag war anfänglich auch begründet.

Die Antragstellerin meint unter Bezugnahme auf die übrige Rechtsprechung zum Enteignungsrecht und Art. 14 Abs. 3 GG, die Antragsgegnerin hätte zugleich mit der Enteignung über die Entschädigung (auch der Höhe nach) entscheiden müssen. Deswegen sei die Untätigkeitsklage begründet gewesen und der Antragstellerin ein Zinsschaden entstanden.

Zunächst kann nach § 15 Abs. 6 BoSoG über Ausgleichs- und Entschädigungspflichten gesondert entschieden werden. Auch § 5 SPV weicht hiervon nicht ab.

Bereits in der VwVBoSoG, Nr. 7.8. wurde aber bestimmt, dass in diesen Fällen wegen Art. 14 Abs. 3 GG der Entschädigungsbescheid zeitnah zu ergehen hat. Damit hängt die Frage der Begründetheit des Untätigkeitsantrags davon ab, wie der unbestimmte Rechtsbegriff "zeitnah" auszulegen ist, ob hierfür also die Dreimonatsfrist des § 75 VwGO heranzuziehen ist, oder der Sonderungsbehörde eine weitere Frist zuzugestehen ist. Orientiert man sich an der Frist des § 75 VwGO, wäre der Antrag bereits bei seiner Einreichung begründet gewesen, weil eine Verwaltungsvorschrift zwar keine unmittelbare Außenwirkung besitzt, aber zur Selbstbindung der Verwaltung führt. Die Antragsgegnerin hätte aus diesem Grund jedenfalls zügig über die Entschädigung entscheiden müssen. Der Antrag ist aber jedenfalls vor seiner Erledigung durch Erlass des Entschädigungsbescheides zulässig und begründet geworden, weil die Antragsgegnerin erst am 06.10.1999 über die Höhe der Entschädigung entschieden hat und damit keinesfalls "zeitnah" oder zügig.

Dies mag sich auch aus der "Junktim-Klausel" des Art. 14 Abs. 3 GG ergeben (vgl. Maunz-Düring-Papier, GG, Rn 568 zum gesetzesakzessorischen Verwaltungsakt), wenngleich diese Klausel zunächst nur besagt, dass ein Gesetz, das eine Enteignung ermöglicht, zugleich auch die Grundsätze der Entschädigung regeln muss und in dessen Weiterentwicklung, dass bei Enteignung auch zugleich die Frage der Entschädigung zu klären ist, also das "Ob", ob es sich also um eine Enteignung oder einen enteignungsgleichen Eingriff handelt.

Es wäre ohne Erledigung auch zu prüfen gewesen, ob § 15 Abs. 6 BoSoG verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass seit Inkrafttreten des SachenRBerG über die Entschädigung zugleich mit der Enteignung zu entscheiden ist (so wohl Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 15 BoSoG Rn 6), weil der übergeordnete im Interesse der Allgemeinheit liegende Gesichtspunkt der Beschleunigung der Grundstücksbereinigung eine Trennung nicht mehr erfordert.

6)

Der Ausgleichsanspruch der Antragstellerin ist nach Auffassung des Senats auch ab dem Zeitpunkt der Bestandskraft des in dem Sonderungsbescheid enthaltenen Eigentumsverlustes und damit seit 05.01.1999 zu verzinsen.

Die Antragstellerin hat zwar gegen den Sonderungsbescheid Widerspruch eingelegt, die gebotene Auslegung dieses Widerspruchs ergibt aber, dass sie sich nur gegen die voraussichtliche Höhe ihres Ausgleichsanspruchs wandte, nicht hingegen gegen den Eigentumsverlust an dem Grundstück. Damit hat sie ab 05.01.1999 ihren Anspruch auf den Moratoriumszins nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 8 EGBGB verloren.

Das BoSoG enthält zwar keine dem BauGB oder dem ThürEG vergleichbare Regelung der Verzinsung. Ebenso wie der Grundsatz, dass über die Höhe der Entschädigung zugleich oder zeitnah mit der Enteignung zu entscheiden ist, ist der Anspruch auf Verzinsung des Ausgleichsbetrages dem Enteignungsentschädigungsanspruch jedoch immanent. Es liegt in der Ausgleichsfunktion der Entschädigung begründet, dass der Enteignungsgegenstand und sein Gegenwert gewissermaßen ausgetauscht werden. Die richtig bemessene Enteignungsentschädigung ist deshalb erst dann angemessen, wenn der Geldwert dem Enteigneten sofort bei der Enteignung zur Verfügung gestellt wird. Geschieht dies nicht, so ist die Entschädigung im Allgemeinen von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, zu dem die Enteignung bei wirtschaftlicher Betrachtung wirksam wird (z.B. BGH NJW 1969, 1897, m.w.N.). Der Senat sieht keinen Anlass, vorliegend von diesen Grundsätzen abzuweichen. Dies ist vorliegend der Zeitpunkt zu dem die Antragstellerin ihren Anspruch auf Zahlung eines Moratoriumszinses verloren hat.

Da das BoSoG keine Verzinsung regelt und auch eine Analogie zu einem bestimmten Enteignungsgesetz nicht nahe liegt, ist die Höhe der Verzinsung nach der im Verkehr üblichen Höhe zu bemessen. Der Senat hat sich daher an den Verzugs- und Prozesszinsen des BGB orientiert, die in den hier nach Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB maßgebenden § 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 30.04.2000 geltenden Fassung 4 % p.a. betrugen.

Die Antragstellerin konnte diesen Zinsanspruch auch in der Beschwerde noch geltend machen. § 19 Abs. 1 BoSoG verweist zwar einerseits auf § 561 ZPO (a.F.), andererseits aber nicht auf § 554 ZPO (a.F.). Damit ist lediglich ein neuer Tatsachenvortrag ausgeschlossen, eine Bindung an konkrete Anträge besteht aber nicht (so auch Czub, ZOV 2002, 335, 343). Das Beschwerdegericht hat vielmehr "im Rahmen" der gestellten Anträge die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides und die Rechtsverletzung zu prüfen. Da die Frage der Verzinsung in untrennbarem Zusammenhang mit der Frage steht, ob eine Enteignung ohne sofortige Entschädigung zulässig ist und die Antragstellerin dies von Anfang an geltend gemacht hat, war auch ihr Zinsantrag zu berücksichtigen.

7)

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 18 Abs. 5 BoSoG, 228 BauGB, 91 ff ZPO.

Hierbei wurde entsprechend § 101 ZPO berücksichtigt, dass die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) den Anträgen der Antragsgegnerin beigetreten sind, mit denen diese überwiegend unterlegen ist.

Nach § 222 Abs. 1 BauGB, der entsprechend anzuwenden ist, sind Beteiligte alle, die am Verwaltungsverfahren beteiligt waren und deren Rechte oder Pflichten durch die Entscheidung des Gerichte betroffen werden können. Der Senat folgt insoweit dem OLG Dresden (VIZ 2000, 300) und hält ein Betroffensein der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) deswegen für gegeben, weil die Möglichkeit der Abänderung des Sonderungsbescheides zu ihren Lasten nach §§ 48, 49 VwVfG nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint.

Ihre außergerichtlichen Kosten sind aber gleichwohl nicht zu erstatten, weil die weiteren Beteiligten zu 1) bis 3), soweit die Antragsgegnerin mit ihren Anträgen Erfolg hatte (nämlich hinsichtlich der Nachzahlungsverpflichtung), von der Entscheidung in der Sache nicht unmittelbar betroffen sind, sondern nach dem ausdrücklichen Sachantrag der Antragstellerin nur die weitere Beteiligte zu 4), die ebenso wie die weitere Beteiligte zu 5) keinen Antrag gestellt hat.



Ende der Entscheidung

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