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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.08.2000
Aktenzeichen: 1 Sa 495/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 670 analog
Die Haftung des Arbeitgebers für Schäden am eigenen Fahrzeug des Arbeitnehmers, die bei einer Dienstfahrt entstanden sind, kann vertraglich ausgeschlossen werden.
Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 16.06.1999, Az.: 4 Ca 3407/98, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Ersatz eines Unfallschadens, den er während einer Dienstfahrt an seinem Kraftfahrzeug erlitten hat.

Der bei der Beklagten vom 01.11.1993 bis 30.09.1997 beschäftigte Kläger benutzte mit Billigung der Beklagten sein Privatfahrzeug für Dienstfahrten. Insoweit bestimmt § 4 Abs. 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages:

Bei Benutzung eines Privatwagens vergütet die Firma für jeden dienstlich gefahrenen Kilometer einen von der Firma festgelegten Kilometerpauschalsatz von z. Z. DM 0,52 pro km. Mit dieser Vergütung sind auch alle Nebenkosten des Fahrzeugs, einschließlich der Parkgebühren abgegolten. Die Haftung der Firma für im Zusammenhang mit der Kraftfahrzeugbenutzung auftretende Personen- oder Sachschäden ist (auch im Innenverhältnis) ausgeschlossen. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, seine Haftpflichtversicherung dementsprechend ausreichend zu bemessen und abzuschließen.

Zur Geltendmachung von Ansprüchen bestimmt § 12 des Arbeitsvertrages:

Sämtliche beiderseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit nachweislich geltend zu machen, andernfalls verfällt der Anspruch.

Der Kläger erlitt am 04.11.1996 einen Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug in der Auffahrspur einer Autobahnauffahrt auf das vor ihm fahrende Fahrzeug auffuhr. Am eigenen Fahrzeug des Klägers entstand ein Schaden in Höhe von 14.438,33 DM.

Mit seiner Klage vom 08.09.1998 hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde Ersatz in Höhe der Hälfte des ihm entstandenen Schadens. Mit der Zahlung der steuerfreien Kilometerpauschale sei das Unfallrisiko nicht abgegolten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 40 - 42 d. A.) Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz des ihm am eigenen Fahrzeug entstandenen Unfallschadens in entsprechender Anwendung des § 670 BGB zu.

1) Der Anspruch ist nicht innerhalb der vertraglichen Ausschlußfrist von drei Monaten nachweisbar geltend gemacht worden.

Die den Schaden aus dem Unfall vom 04.11.1996 betreffende Reparaturrechnung stammt vom 15.11.1996. Der Kläger hat die Ansprüche unter Vorlage dieser Rechnung erstmals mit der Klage geltend gemacht, die der Beklagten am 16.09.1998 zugestellt worden war.

Zwar behauptet der Kläger, daß er am 04., 06. und 08.11.1996 wegen des Unfalls mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten Telefongespräche geführt habe und dabei nachgefragt habe, ob Bereitschaft zu einer wenigstens teilweisen Regulierung des Schadens bestehe. Der Vorgesetzte habe jedoch jegliche Schadensregulierung abgelehnt.

In diesen Gesprächen kann keine nachweisbare Geltendmachung der Ansprüche des Klägers gesehen werden, wie sie in der Ausschlußklausel des Arbeitsvertrages vorgesehen ist. Zur Geltendmachung eines Anspruchs gehört die Spezifizierung nach Grund und Höhe. Zum Zeitpunkt der Telefonate konnte der Kläger die Höhe der Reparaturrechnung selbst noch nicht kennen, sie also auch dem Vorgesetzten nicht mitteilen. Die Geltendmachung eines Anspruchs muß ferner dergestalt erfolgen, daß für den Anspruchsgegner erkennbar wird, daß eine Forderung nicht nur im Kulanzwege, sondern aus Rechtsgründen erhoben wird und daß die Durchsetzung des Anspruchs in Aussicht gestellt wird. Der Kläger hat demgegenüber bei der Beklagten nur angefragt, ob dem Grunde nach eine Bereitschaft zur Regulierung des Schadens besteht und sich dann mit der abschlägigen Antwort zufriedengegeben. Die Beklagte konnte demnach weder erkennen, ob der Kläger den Anspruch aus Rechtsgründen für gegeben hält, noch, in welcher Höhe er geltend gemacht wird.

2) Der Anspruch ist aber nicht nur wegen des Eingreifens der vertraglichen Ausschlußfrist erloschen, sondern er war von vornherein nicht gegeben.

a) Die Parteien haben in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß mit der Kilometerpauschale in Höhe der steuerlichen Höchstgrenzen (zum damaligen Zeitpunkt 0,52 DM) sämtliche Kosten abgegolten sind und eine Haftung für im Zusammenhang mit der Kfz-Nutzung auftretende Personen- und Sachschäden ausgeschlossen ist. Eine derartige vertragliche Vereinbarung über den Aufwendungsersatz ist zulässig (Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB Rnr. 817). Auch das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach bestätigt, daß § 670 BGB abbedungen werden kann und abweichende Regelungen über den Aufwendungsersatz nur dann ausgeschlossen sind, wenn gesetzliche oder tarifvertragliche Vorschriften dem entgegenstehen (BAG vom 30.04.1992, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitgebers; BAG vom 14.02.1996, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Aufwandsentschädigung).

Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung kann auch nicht in den Grenzen des § 138 BGB als unbillig angesehen werden. Das Arbeitsgericht hat bereits darauf hingewiesen, daß bei der vom Kläger dienstlich erbrachten Kilometerleistung die in einem einzigen Jahr gezahlte Kilometerpauschale annähernd dem Neuwert des Fahrzeugs entspricht. Unstreitig ist zwischen den Parteien ferner, daß der Kläger für das für Dienstfahrten benutzte Privatfahrzeug zunächst eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hatte, die allerdings zum Unfallzeitpunkt bereits wieder gekündigt war. Dies zeigt, daß dem Kläger bewußt war, daß er das Unfallrisiko für Schäden am eigenen Fahrzeug zu tragen hat.

b) Die vom Kläger angezogenen Entscheidungen des LAG Köln vom 03.07.1991 (LAGE Nr. 10 zu § 670 BGB) und des LAG Frankfurt/Main vom 13.11.1983 (LAGE Nr. 5 zu § 670 BGB) sind nicht einschlägig.

In der Entscheidung des LAG Köln ging es um die Frage, ob die Rückstufungserhöhung in der Haftpflichtversicherung durch die Kilometerpauschale abgedeckt sei. Dies verneinte das LAG Köln, wurde jedoch durch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 30.04.1992 (a. a. O.) aufgehoben. Entscheidend ist, daß nach dem mitgeteilten Sachverhalt eine Vereinbarung über den Aufwendungsersatz von den dortigen Vertragsparteien gerade nicht getroffen worden war.

Die Entscheidung des LAG Frankfurt/Main betrifft zwar einen Fall, in dem es um den Ersatz eines Schadens am eigenen Fahrzeug des Arbeitnehmers ging. Auch dort war aber über den Aufwendungsersatz zwischen den Parteien keine Vereinbarung getroffen worden, so daß zu prüfen war, ob die steuerfreie Kilometerpauschale auch zur Abdeckung des Kasko-Risikos ausreicht.

c) Dem Anspruch steht schließlich entgegen, daß ein überwiegendes Verschulden des Klägers gem. § 254 BGB am Unfall besteht. Bereits aus dem vom Kläger mitgeteilten Sachverhalt ergibt sich, daß der Schaden am Fahrzeug des Klägers dadurch entstanden ist, daß der Kläger bei im übrigen normalen Straßen- und Sichtverhältnissen auf das voranfahrende Fahrzeug aufgefahren ist. Der Kläger kann sich nicht damit exkulpieren, daß eines der vorausfahrenden Fahrzeuge plötzlich gebremst hat. Er befand sich auf der Auffahrspur einer Autobahnauffahrt, also in einer Situation, in der damit zu rechnen ist, daß sich ein voranfahrendes Fahrzeug nicht in den schnell fließenden Verkehr auf der Autobahn einfädeln kann und von daher abrupt bremsen muß. Das Verhalten des Klägers war grob fahrlässig. Nach den zur sog. gefahrgeneigten Tätigkeit entwickelten Grundsätzen haftet der Kläger bei grober Fahrlässigkeit für den entstandenen Schaden allein.

Der Kläger hat gem. § 97 ZPO die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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