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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 05.01.2005
Aktenzeichen: 1 Ta 148/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 767
ZPO § 888
Der Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 888 ZPO können materiell-rechtliche Einwendungen (z. B. weitere Kündigung, Auflösungsantrag des Arbeitgebers) nicht entgegengehalten werden. Solche Einwendungen können nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO geltend gemacht werden.
Tenor:

1) Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Eisenach vom 22.09.2004, Az.: 1 Ca 2010/03, aufgehoben.

Dem Arbeitsgericht wird aufgegeben, erneut über den Vollstreckungsantrag der Klägerin vom 26.07.2004 zu entscheiden.

2) Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3) Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.300,00 € festgesetzt.

4) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I)

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 13.05.2004 festgestellt, dass eine von der Beklagten am 03.11.2003 ausgesprochene Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Ferner wurde die Beklagte verurteilt, die Klägerin vertragsgemäß als Haushaltssachbearbeiterin weiterzubeschäftigen.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt (Thüringer LAG, Az.: 1 Sa 230/04) und im Berufungsrechtszug hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Die Beklagte hatte der Klägerin erneut am 18.06.2004 außerordentlich, vorsorglich ordentlich, gekündigt.

Mit Antrag vom 26.07.2004 hat die Klägerin beantragt, die Beklagte durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten, sie weiterzubeschäftigen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 22.09.2004, der Klägerin zugestellt am 28.09.2004, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, die erneut am 18.06.2004 ausgesprochene Kündigung sei nicht offensichtlich unwirksam und habe daher den Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin beendet.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 11.10.2004, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Der Beklagten wurde rechtliches Gehör zur Beschwerde gewährt.

II)

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gem. den §§ 793, 567, 569 ZPO i. V. mit § 62 Abs. 2 ArbGG zulässig.

Die Beschwerde ist begründet.

Die Voraussetzungen für eine Vollstreckung gem. § 888 ZPO liegen vor. Das Urteil, aus dem vollstreckt werden soll, ist gem. § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar. Es hat auch einen vollstreckungsfähigen Inhalt, denn es verpflichtet die Beklagte, die Klägerin als Haushaltssachbearbeiterin weiterzubeschäftigen. Dem so titulierten Anspruch könnte im Vollstreckungsverfahren nur entgegengehalten werden, dass die Weiterbeschäftigung tatsächlich unmöglich geworden ist, etwa deshalb, weil der Arbeitsplatz weggefallen ist (KR-Etzel, 6. Aufl., § 102 BetrVG Rnr. 292; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 123 Rnr. 169). Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte aus im Tatsächlichen liegenden Gründen gehindert ist, die Klägerin weiterzubeschäftigen.

Demgegenüber steht die vom Arbeitsgericht gegebene Begründung der antragzurückweisenden Entscheidung der Vollstreckung nicht entgegen. Zwar hat das Arbeitsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.1985 (AP Nr. 17 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) angenommen, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch materiell-rechtlich ab dem Zeitpunkt endet, ab dem eine weitere ausgesprochene Kündigung wirksam werden soll, wenn diese Kündigung nicht offensichtlich unwirksam ist. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber - wie vorliegend die Beklagte - einen Auflösungsantrag nach den §§ 9, 10 KSchG stellt (BAG vom 16.11.1995, AP Nr. 54 zum Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX). Solche nachträglich entstandenen Einwendungen gegen den durch das Urteil festgestellten Anspruch können jedoch nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO geltend gemacht werden (vgl. auch BAG vom 19.12.1985, a. a. O., Ziff. II 2 d der Entscheidungsgründe). Anders als Etzel in KR, a. a. O., Rnr. 295 annimmt, vertritt das LAG Berlin in seiner Entscheidung vom 14.07.1993 (LAGE Nr. 20 zu § 62 ArbGG 1979) keine hiervon abweichende Auffassung. Das Gericht hatte über einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG zu entscheiden und vertrat in diesem Zusammenhang die Meinung, dass nach Wegfall des materiell-rechtlichen Beschäftigungsanspruchs bei Vorliegen einer erneuten Kündigung die Durchsetzung des Titels erster Instanz einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Mit der Frage, ob materiell-rechtliche Einwendungen gegen den im Urteil festgestellten Anspruch nicht ausschließlich über § 767 ZPO geltend gemacht werden können, setzt sich die Entscheidung nicht auseinander.

Die Beklagte hat gem. den §§ 891, 91 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes richtet sich nach dem Wert der Hauptsache (Thomas-Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rnr. 188), für den ein Monatsgehalt der Klägerin anzusetzen ist.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.



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