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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.11.2000
Aktenzeichen: 5 Sa 55/99
Rechtsgebiete: AFG, BGB, GmbHG, KSchG


Vorschriften:

AFG § 141 m
BGB § 613 a
GmbHG § 11 Abs. 2
KSchG § 17
KSchG § 18
1. Um die Übernahme einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19.09.1995, Rs C-48/94 - Rygaard -; DB 1995 S. 2117) handelt es sich auch dann, wenn es ohne die Übernahme zu einer Betriebsstillegung durch den ursprünglichen Inhaber gekommen wäre.

2. Auf die Übernahme der Arbeitsverhältnisse muß sich das von § 613 a BGB vorausgesetzte Rechtsgeschäft nicht beziehen.

3. In den Fällen, in denen die Identität der wirtschaftlichen Einheit durch Übernahme der materiellen und immateriellen Betriebsmittel und Teilen der Belegschaft gewahrt wird, aber auch in Branchen, in denen es bei Fehlen derartiger Betriebsmittel im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt und deshalb die wirtschaftliche Einheit durch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern verkörpert wird, ist für Festlegung des Zeitpunkts des Betriebsübergangs nicht an den Beginn der zur Ausübung der Geschäftstätigkeit erfolgenden Beschäftigung dieser Arbeitnehmer anzuknüpfen. Ausreichend ist es, daß eine solche Beschäftigung dieser Arbeitnehmer aufgrund ihrer Übernahme unmittelbar bevorsteht und durch andere für das Unternehmen handelnde Personen die Ausübung einer Geschäftstätigkeit festzustellen ist.

4. Die Wiederaufnahme oder Weiterführung der Geschäftstätigkeit beginnt mit der Ausübung einer jeglichen Tätigkeit, welche der Erfüllung der wirtschaftlichen Zielsetzung des Unternehmens dient.

5. Liegen die Voraussetzungen der Übernahme einer wirtschaftlichen Einheit und greifbare Anhaltspunkte für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs zu einem bestimmten Zeitpunkt vor, dann ist für die gerichtliche Feststellung die Behauptung der mit Wirkung von diesem Zeitpunkt erfolgenden Weiterführung der Geschäftstätigkeit ausreichend, wenn die Gegenpartei keinen Sachverhalt vorträgt, der es nachvollziehen läßt, daß der Zeitpunkt der Weiterführung der Geschäfte nicht mit dem Zeitpunkt des Übergangs einer wirtschaftlichen Einheit zusammenfällt.

6. Die Haftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG umfaßt nicht die nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche.

7. Der nach dem Konzept der auf einen Verlustausgleich beschränkten Innenhaftung der Gesellschafter einer Vor-GmbH bei Vermögenslosigkeit der Vor-GmbH von der Rechtsprechung (BGH NJW 1997 S. 1507 ff; BAG NJW 2000 S. 2915 ff, NZA 1998 S. 27, NZA 1997 S. 1053 ff) ausnahmsweise zugelassene Haftungsdurchgriff scheidet aus, wenn die an Barmitteln vorhandene Einlage den gegen die Gesellschafter gerichteten Verlustdeckungsanspruch übersteigt.

8. In den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Gesellschafter nach den Grundsätzen der Haftung einer "unechten Vor-GmbH" nicht vorliegen, macht es für die Anwendung der auf einen Verlustausgleich beschränkten Innenhaftung keinen Unterschied, ob die diesen auslösende Verbindlichkeit vor oder nach Aufgabe der Absicht die GmbH in Handelsregister entsteht.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gera, 3 Ca 3711/97 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin die Beklagten als geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH in Gründung auf Rückerstattung von ihr geleisteter Konkursausfallgeldzahlungen in Anspruch nehmen kann.

Die Beklagten waren zunächst für die Firma BIT GmbH (nachfolgend BIT) als Niederlassungsleiter (Bekl. zu 1) und Vertriebsleiter (Bekl. zu 2) tätig. Diese Firma unterhielt in G einen Handel mit PC-Technik nebst Hard- und Software. Zum Unternehmensgegenstand gehörten auch Systemberatungsleistungen, technischer Service und Schulungen. Diese Firma geriet im Spätsommer 1995 in finanzielle Schwierigkeiten.

Mit Schreiben vom 16.8.1995 kündigte die BIT allen Mitarbeitern zum 30.9.1995.

Die Beklagten entschlossen sich, zusammen mit einem weiteren Mitarbeiter der BIT eine eigene Firma BIT-S.h. GmbH (nachfolgend BITSH) zu gründen. In dem notariellen Gesellschaftsvertrag war ein Stammkapital von 100.000,-- DM vorgesehen. Dieses Stammkapital war bei Gründung in Form von Barmitteln vorhanden. Die Beklagten wurden als Geschäftsführer bestellt. Die zu den Akten gereichte Fotokopie der Gewerberegisterauskunft vom 27.8.1996 weist als Beginn der Aufnahme der Tätigkeit der BITSH den 13.9.1995 aus. Geschäftsgegenstand war die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der EDV-Planung, Beratung, Schulung, Installation, EDV-Support und die Lieferung von Hard- und Softwareausrüstungen. Zu einer Eintragung der BITSH in das Handelsregister ist es in der Folgezeit allerdings nicht gekommen.

Mit Schreiben vom 11.9.1995 stellte die BIT bei dem beim Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt-Thüringen gebildeten Ausschuss für anzeigepflichtige Entlassungen gemäß § 18 Abs. 1 KSchG am 18.9.1995 einen Antrag auf Verkürzung der einmonatigen Sperrfrist und Zustimmung zur Entlassung von 23 Arbeitnehmern mit Ablauf des 30.9.1995.

Mit Schreiben vom 14.9.1995 stellten die Banken der BIT die laufenden Kredite zur sofortigen Rückzahlung fällig.

Mit Schreiben vom 19.9.1995 stellte die BIT Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

Mit Schreiben vom 25.9.1995 teilte die BIT den Mitarbeitern mit, daß trotz der Sanierungsbemühungen Gesamtvollstreckungsantrag gestellt werden mußte und bat diese, alle in ihrem Besitz befindlichen Firmenunterlagen, Geräte, Arbeitsmittel, Schlüssel, PKWs bis spätestens 29.9.1995 abzugeben und ihren Arbeitsplatz ordentlich und aufgeräumt zu hinterlassen.

Ebenfalls mit Schreiben vom 25.9.1995 verweigerte der beim Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt-Thüringen gebildete Ausschuss für anzeigepflichtige Entlassungen die von der BIT beantragte Zustimmung zur Abkürzung der Sperrfrist und teilte mit, daß diese am 18.10.1995 ende und rechtwirksame Entlassungen erst in der darauf folgenden einmonatigen Freifrist erfolgen könnten.

Der konkrete Zeitpunkt der Einstellung der Geschäftstätigkeit der BIT ist zwischen den Parteien streitig.

Am 26.9.1995 ordnete das AG G. die Sequestration der BIT an und bestellte den RA G. in G. zum Sequester.

Mit Wirkung vom 1.10.1995 stellte die BITSH 3 bereits zum 31.3.1995 bei der BIT ausgeschiedene Mitarbeiter ein.

Am 10.10.1995 schlossen die BIT und die BITSH eine Vereinbarung über die entgeltliche Nutzung der Büroräume und der Bürokommuikation und der Firmenfahrzeuge der BIT. Die Nutzungsgebühr bemaß sich nach Kalendertagen. Sie betrug für die Zeit vom 10.10. bis 14.11.1995 insgesamt 30.000,-- DM. Diese zunächst bis zum 17.11.1995 getroffene Vereinbarung wurde von dem Sequester genehmigt. Da der Sequester den Betrieb der BIT nicht fortführen wollte, trat die BITSH gegenüber den Kunden der BIT als Betreuer auf.

Der Firmenname BITSH wurde von den Inhabern gewählt, um die Möglichkeit zu nutzen, mit Hilfe des guten Rufs der BIT einen Teil des alten Kundenstammes für die neue Firma zu gewinnen. Die BITSH war desweiteren über den alten Telefonanschluß der BIT erreichbar. Die BITSH benutzte weiterhin das Gehaltsabrechnungssystem der BIT.

Mit Schreiben vom 18.10.1995 erklärte die BIT gegenüber ihren Mitarbeitern unter Bezugnahme auf die bereits am 16.8.1995 ausgesprochene Kündigung, daß sie vorsorglich der Richtigkeit des Ablaufs der Sperrfrist am 18.10.1995 zum 19.10.1995 kündige.

Spätestens mit Wirkung vom 19.10.1995 beschäftigte die BITSH dreizehn der bei der BIT beschäftigten Mitarbeiter (darunter 1 Systemingenieur, 3 Systemtechniker, den Vertriebsbeauftragten, 1 Systemberater, 3 Vertriebsassistentinnen, 1 kaufmännische Angestellte und 2 Sekretärinnen und 1 Auszubildende) und schloß mit diesen neue Anstellungsverträge.

Die von den Banken zunächst in Aussicht gestellte Finanzierung des Betriebs der BITSH kann nicht zustande. Erforderliche Vertragsschlüsse und Investitionen konnten nicht getätigt werden.

Am 14.11.1995 schloß die BITSH deshalb mit allen bei ihr beschäftigten Mitarbeitern Aufhebungsverträge und stellte ihren Geschäftsbetrieb ein.

Am 8.2.1996 wies das AG G. den Antrag auf Gesamtvollstreckung der BIT mangels Masse ab.

Sämtliche ehemals bei der BIT beschäftigten Arbeitnehmer haben Antrag auf Konkursausfallgeld gestellt. Wegen des jeweiligen Antragsdatums, des jeweiligen Zahlungszeitraums und der als Konkursausfallgeld geleisteten Zahlungen wird auf die von der Klägerin zu den Akten gereichte Zusammenstellung (Bl. 243 d. A.) Bezug genommen.

Am 14.5.1996 unterzeichneten der Geschäftsführer der BIT und deren Liquidatorin die zum Antrag auf Konkursausfallgeld von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebenen Verdienstausfallformblätter. In diesen war jeweils unter lfd. Nr. 3 als Datum für die vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit der 19.10.1995 angegeben.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin gegen die Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß der §§ 611 Abs. 1, 613a Abs. 1 BGB, 141 m Abs. 1 AFG die Rückzahlung des an die Mitarbeiter der BIT geleisteten Konkursausfallgeldes in Höhe von 77.743,98 DM geltend.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 11 Abs. 2 GmbHGesetz, jedenfalls aber daraus, daß sie als Gesellschafter persönlich in vollem Umfang gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der von der Gründungsgesellschaft BITSH hafteten und sich hierbei auf die Entscheidung des LAG Köln vom 21.3.1997 (LAGE § 11 GmbHG Nr.1) berufen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Betriebsübergang nach § 613a BGB liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der arbeitsgerichtlichen Entscheidung wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 28.12.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.1.1999 Berufung eingelegt. Diese wiederum hat die Klägerin nach einem am 25.2.1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Fristverlängerungsantrag am 22.3.1999 begründet.

Die Klägerin ist auch in der Berufungsinstanz der Auffassung, daß eine persönliche gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten als Gesellschafter der BITSH für die Verbindlichkeiten der BIT bestehe. Die BITSH hafte ihrerseits aus dem Gesichtspunkt des Betriebsübergangs nach § 613a BGB für die Verbindlichkeiten der BIT. Die Annahme eines Betriebsübergangs folge bereits zwangsläufig aus den unstreitig übernommenen und für einen Dienstleistungsbetrieb als wesentlich anzusehenden Betriebsmittel, insbesondere auch einer Kundenliste der BIT, der Übernahme mehr als der Hälfte der bei der BIT beschäftigten Mitarbeiter und dem gleichgelagerten Unternehmenszweck der BITSH. Sie behauptet, die Betriebsübernahme sei nahtlos erfolgt, was sich schon aus der im Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2 vom 23.6.1997 abgegebenen Erklärung ergebe, die BIT habe in Gera ihre Tätigkeit mit Wirkung vom 18.10.1995 eingestellt.

Die Klägerin beantragt,

1.Das am 24.9.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Gera, 3 Ca 3711/97 wird aufgehoben.

2.Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 77.743,98 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.11.1995 zu zahlen

Die Beklagten beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagten machen geltend, der Betrieb der BIT sei mit Ausspruch der Kündigungen am 16.8.1995 stillgelegt worden, schon dies stehe der Annahme eines Betriebsübergangs entgegen. Die Annahme eines Betriebsübergangs scheitere desweiteren auch daran, daß die BITSH keine nennenswerten Betriebsmittel der BIT übernommen und mit anderen Organisationsstrukturen einen unterschiedlichen Unternehmenszweck verfolgt habe, dieser Unternehmenszweck allein mit den von der BIT übernommenen Mitarbeitern nicht realisierbar gewesen sei und es sich auch bloß um eine nicht auf Dauer angelegte Tätigkeit der BITSH gehandelt habe. Darüber hinaus lägen sowohl der Übernahme der Betriebsmittel als auch der Übernahme der Arbeitnehmer keine Rechtsgeschäfte zugrunde. Die Kündigung der BIT vom 18.10.1995 beruhe auf der Mitteilung der Sperrfrist durch das Landesarbeitsamt und habe nicht die Ursache darin, daß eine Betriebsfortsetzung bis zum 19.10.1995 möglich gewesen sei. Darüber hinaus bestreiten die Beklagten die Höhe des Anspruches und die tatsächliche Zahlung der von der Klägerin angegebenen Konkursausfallgelder.

In der Berufungsverhandlung hat der Beklagte zu 2 erklärt, der Betrieb der BITSH sei im Wege eines Betriebsüberganges im November 1995 komplett von der Firma Datennetze B. (DGW) übernommen worden. Bezüglich der BITSH sei solange die Finanzierung nicht klar gewesen sei, kein Antrag auf Eintragung in das Handelsregister gestellt worden. Dieses Erfordernis sei nach Übernahme durch die DGW entfallen. Nach dieser Übernahme habe die BITSH auch keine eigene Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin kann zum Zwecke der Erstattung der von ihr mit der Klage geltend gemachten Konkursausfallgeldzahlungen nicht auf die Beklagten zurückgreifen. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden. Die Klageabweisung läßt sich allerdings nicht auf die vom Arbeitsgericht getroffene Annahme stützen, weil die BITSH den Betrieb der BIT nicht nach § 613a BGB übernommen habe, sei diese nicht Schuldner der nach § 141 m Abs. 1 AFG auf die Klägerin übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche geworden und deshalb scheide eine Haftung der Beklagten als Gesellschafter der BITSH aus. Die Klage ist vielmehr deshalb abzuweisen, weil die Klägerin die Voraussetzungen für eine Direktinanspruchnahme der Beklagten als Gesellschafter der BITSH nicht dargelegt hat.

I. Die Klägerin hat dem Grunde nach gemäß §§ 611 Abs. 1, 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, 141m Abs. 1 AFG einen Anspruch gegen die BITSH auf Erstattung des von ihr nach den Bestimmungen des AFG an die Arbeitnehmer der BIT geleisteten Konkursausfallgeldes. Die dem Anspruch auf Zahlung von Konkursausfallgeld zugrundeliegenden Arbeitsentgeltansprüche bestanden ursprünglich seitens der betroffenen Arbeitnehmer nur gegenüber ihrem Arbeitgeber, der BIT. In die Verpflichtung der BIT zur Begleichung dieser Arbeitsentgeltansprüche ist die BITSH durch Übernahme des Betriebes der BIT nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB am 10.10.1995 eingetreten.

1. Die Anwendung des § 613a BGB ist im Streitfall nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Bestimmung in dem in den neuen Bundesländern geltenden Gesamtvollstreckungsverfahren bis zum 31.12.1998 nicht anwendbar war (vgl. Art 232 § 5 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Maßgeblich für den Beginn des Gesamtvollstreckungsverfahrens ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht der Zeitpunkt der Antragstellung bei dem für die Eröffnung dieses Verfahrens zuständigen Gericht, sondern erst der Eröffnungsbeschluß gemäß §§ 5,6 GesO (Urteil vom 25.9.1997, BAGE 36 s. 336 ff). Daß die BIT am 19.9.1995 den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt hat und mit Beschluß vom 27.9.1995 die Sequestration des Vermögens der BIT angeordnet wurde, läßt die Anwendung des § 613a BGB unberührt.

2. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11.3.1997, - Rs. C-13/95 - Ayse Süzen, DB 1997, S. 628 f; Urteil vom 19.9.1995, - Rs. C-48/94 - Rygaard, DB 1995 S. 2117 f), setzt ein Betriebsübergang die Bewahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit voraus, was namentlich dann zu bejahen ist, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt oder wiederaufgenommen wird. Es muß sich um den Übergang einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit handeln. Unter dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit ist eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung zu verstehen. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der wirtschaftlichen Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Das Fehlen derartiger Betriebsmittel schließt aber einen Betriebsübergang nicht aus. Den für das Vorliegen eines Betriebsübergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach Art der ausgeübten Tätigkeit und den in dem betreffenden Betrieb angewandten Produktions- oder Betriebsmethoden ein unterschiedliches Gewicht zu. Da eine wirtschaftliche Einheit in bestimmten Branchen ohne relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel tätig sein kann, kann die Wahrung der Identität einer solchen Einheit über ihren Übergang hinaus, nicht von der Übertragung von Betriebsmitteln abhängen. In Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung von deren Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Denn in diesem Fall erwirbt der neue Unternehmensinhaber eine organisierte Gesamtheit von Faktoren, die ihm die Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens erlauben. Hingegen wird durch das bloße Erbringen ähnlicher Dienstleistungen (durch einen anderen Auftragnehmer) die Identität der wirtschaftlichen Einheit nicht bewahrt. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer der Unterbrechung dieser Tätigkeit. Diese Umstände werden vom EuGH als nicht isoliert zu betrachtende Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung angesehen. Dieser Rechtsprechung hat sich der für Rechtsfragen des Überganges eines Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB zuständige 8. Senat des BAG in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (z.B. Urteil vom 2.12.1999, DB 2000 S. 622 ff; Urteil vom 18.3.1999 - 8 AZR 169/98 -; Urteil vom 10.12.1998, - 8 AZR 763/97 - n. v.; Urteil vom 13.11.1997, - 8 AZR 52/96 - n. v.; Urteil vom 22.5.1997, BAGE 86 S. 20 ff) Dieser Rechtsprechung folgt auch die 5.Kammer des Thüringer LAG.

3. Werden diese Maßstäbe angelegt, hat die BITSH die Identität der durch die BIT verkörperten wirtschaftlichen Einheit bewahrt.

a) Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist zunächst festzustellen, daß es sich sowohl bei der BIT als auch bei der BITSH um Betriebe gehandelt hat, deren Tätigkeit in einer Mischung aus Produktvertrieb und Service-Leistungen bestand. Damit kommt für die rechtliche Einordnung denjenigen Umständen eine übergeordnete Bedeutung zu, welche dem Zweck derartiger Betriebe besonders förderlich und für deren Fortführung von wesentlicher Bedeutung sind. Dieser Zweck besteht in dem Verkauf von Waren an und der Erbringung von entgeltlichen Betreuungsdiensten für einen mehr oder weniger bestimmten Kundenkreis.

Die Kundenbeziehungen sind das Substrat eines solchen in Fachhandel und Serviceleistungen engagierten Betriebes. Die Übernahme der Kundenlisten und/oder die im wesentlichen unveränderte Beibehaltung des Warensortiments und der Betriebsform ist regelmäßig Voraussetzung für eine Aufrechterhaltung der Kundenbeziehungen. Auch der Übernahme der Räumlichkeiten oder der Fortführung der Geschäfte in unmittelbarer Nähe kommt daneben je nach der Betriebsform und der Art der verkauften Ware erhebliche Bedeutung zu. Geringere Bedeutung kommt meist dem Erwerb von Warenbeständen zu, denn die Fortführung des Betriebs hängt hiervon nicht ab und wird hierdurch nicht ermöglicht. Entsprechendes kann für den Eintritt in Lieferantenbeziehungen gelten, wenn diese allgemein offenstehen und nicht ganz spezielle Markenware verkauft wird. Auch kann das im wesentlichen gleiche Warensortiment oftmals von verschiedenen Lieferanten bezogen werden. Die Übernahme der Ladeneinrichtung ist kaum wesentlich. In der Übernahme des Personals kann die Fortführung einer bestehenden Organisation liegen. Nutzt der neue Betreiber eines Handelsgeschäfts die Fachkenntnisse der eingearbeiteten Mitarbeiter in der bisherigen Weise, so spricht das in Verbindung mit weiteren Umständen für einen Betriebsübergang (vgl. nur BAG, Urteil vom 2.12.1999 a. a. O.).

b) Für die Annahme eines Betriebsübergangs sind danach im Streitfall folgende Umstände maßgeblich:

(1) Die BITSH betrieb eine Geschäftstätigkeit mit derselben wirtschaftlichen Zielsetzung wie die BIT. Die BIT unterhielt einen Handel mit PC-Technik nebst Hard- und Software. Zum Geschäftsgegenstand gehörten daneben Systemberatungsleistungen, technischer Service und Schulungen. Geschäftsgegenstand der BITSH war ausweislich der Gewerberegisteranmeldung die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der EDV-Planung, Beratung, Schulung, Installation, EDV-Support aber auch die Lieferung von Hard- und Softwareausrüstungen. Es liegt lediglich eine sprachlich unterschiedliche Beschreibung eines inhaltlich einheitlichen Geschäftsgegenstandes vor. Den unpräzisen Vortrag des Beklagten zu 1, im "Vordergrund" habe bei der BIT der Handel, bei der BITSH der Bereich Service/Dienstleistungen gestanden, wertet die Kammer als Schutzbehauptung. Wenn bei der BIT bzw. der BITSH tatsächlich eine mit dem Erfordernis der Bewahrung der wirtschaftlichen Identität nicht in Einklang zu bringende Gewichtung dieser beiden Geschäftssparten bestanden hätte, dann hätten die Beklagten dies auch anhand eines entsprechenden Tatsachenvortrages nachvollziehbar erläutern können. Dazu waren sie aufgrund ihrer Tätigkeit in beiden Firmen in der Lage und nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO verpflichtet. Im übrigen spricht bereits der Umstand, daß von den 13 von der BIT übernommenen Mitarbeitern 8 dem Bereich Verkauf/Vertrieb zuzuordnen sind, dagegen, daß dieser Bereich bei der BITSH nur eine zu vernachlässigende Rolle gespielt hat.

(2) Die BITSH übernahm von der BIT die zur Fortführung des Geschäftsbetriebes wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel.

Der Firmensitz der BITSH befand sich in den Büroräumen der BIT. Die Geschäftstätigkeit erfolgte unter Nutzung der Büro- und Geschäftsausstattung und der Firmenfahrzeuge der BIT. Für diese Nutzungsmöglichkeiten hat die BITSH für den Zeitraum vom 10.10. bis 14.11.1995 ein Entgelt von 30.000,-- DM bezahlt. Diesem Vorbringen der Klägerin haben die Beklagten nicht widersprochen. Es wird im wesentlichen bereits durch die vorprozessual an das Arbeitsamt gerichteten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) vom 23.6. und 18.11.1997 bestätigt.

Der BITSH wurde von der BIT darüber hinaus nach der Überzeugung der Kammer auch eine Liste von Kunden und den dazugehörigen Adressen überlassen. Darauf hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) bereits selbst in den erwähnten vorprozessualen Schreiben hingewiesen. Der Beklagte zu 1) hat demgegenüber den Erwerb einer Kundenliste durch die BITSH abgestritten und dargetan, bei den entsprechenden Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) habe es sich um ein Versehen gehandelt. Dieses Vorbringen des Beklagten zu 1) ändert nichts an der Überzeugung der Kammer. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) hat sich in seinem an das Arbeitsamt gerichteten Schreiben vom 18.11.1997 ausdrücklich noch einmal mit diesem Umstand befasst und richtiggestellt, daß es sich bei der bereits im Schreiben vom 25.6.1997 bezeichneten Liste nicht um eine Auftragsliste, sondern um eine Adressliste gehandelt, deren Überlassung die Möglichkeit eröffnet habe, über die Adressen der dort genannten Kunden Aufträge für die Firma BITSH zu gewinnen. Ein Versehen scheidet somit aus. Die Kammer glaubt der sich auf ein schlichtes Abstreiten der Übergabe einer Kundenliste beschränkenden Version des Beklagten zu 1) nicht. Auch diesem konnte bei vergleichender Betrachtung der beiden Schreiben nicht entgangen sein, daß die Behauptung, die Angaben des Beklagten zu 2) in den vorgenannten Schreiben beruhten auf einem Versehen, völlig abwegig war. Die daraus folgende Unseriosität seines Vorbringens an dieser Stelle hat zur Folge, daß die Kammer das Vorbringen des Beklagten zu 1) zur Frage der Überlassung einer Kundenliste unter Einbeziehung der nachfolgenden Umstände, die ebenfalls für diese Annahme sprechen, insgesamt als unglaubwürdig wertet und von der Richtigkeit der durch die beiden vorgenannten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) untermauerten Klägerbehauptung der Übernahme einer Kundenliste ausgeht.

Für die Überlassung einer Liste mit den Adressen der Kunden der BIT spricht es auch, daß die BITSH über die alte Telefonnummer der BIT erreichbar gewesen ist und der der BIT ähnliche Firmenname BITSH von deren Inhabern bewußt deshalb gewählt wurde, um die Möglichkeit zu nutzen, mit Hilfe des guten Rufs der BIT einen Teil des alten Kundenstammes für die neue Firma zu gewinnen. Letzteres hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) in seinen beiden bereits erwähnten, an das Arbeitsamt gerichteten Schreiben ausdrücklich angegeben. Der Beklagte zu 1) ist dem nicht entgegengetreten. Es erscheint angesichts dieser Umstände unwahrscheinlich, daß sich die BITSH zur Aufrechterhaltung der bereits mit der BIT bestehenden Kundenbeziehungen auf diese Maßnahmen beschränkt und ausgerechnet die mit dem Erhalt einer Auflistung der Kundenadressen mögliche Erfassung des Kundenbestandes der BIT nicht in Anspruch genommen hat.

Für die Überzeugungsbildung der Kammer ist insoweit auch von Belang, daß die BITSH ausweislich der dem Arbeitsamt mit Schreiben vom 10.10.1997 abgegebenen Stellungnahme des Sequesters der BIT, der die Beklagten nicht entgegengetreten sind, gegenüber den Kunden der BIT als Betreuer aufgetreten ist. Dies spricht nicht nur für die im wesentlichen unveränderte Fortführung des Waren- und Dienstleistungssortiments der BIT, sondern untermauert im Zusammenwirken mit den bereits genannten Argumenten ebenfalls die Einschätzung der Kammer, die BITSH habe sich im Besitze einer Kundenliste befunden.

Bei der von der BITSH übernommenen Kundenliste muß es sich entgegen der verniedlichenden Darstellung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) in seinem Schreiben vom 18.11.1997 auch nicht bloß um die Auflistung eines Bruchteils, sondern um einen wesentlichen Teil bzw. die Gesamtheit der bei der BIT vorhandenen Kunden gehandelt haben. Anderenfalls würde es keinen Sinn ergeben, daß mit der BITSH auch für die Übergabe dieser Liste die Zahlung eines Entgelts vereinbart worden ist. Letzteres hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) aber in seinem Schreiben vom 23.6.1997 an das Arbeitsamt angegeben, ohne an dieser Aussage in seinem an das Arbeitsamt gerichteten Folgeschreiben etwas zu ändern.

Die Klägerin hat zu recht darauf hingewiesen, daß in Anbetracht der Höhe der Nutzungsentschädigung der Behauptung der Beklagten, es habe sich bei den von der BIT übernommenen Betriebsmitteln, an dem Geschäftszweck gemessen, insgesamt um unwesentliche Vermögenswerte und Rechtsbeziehungen gehandelt, kein Glauben geschenkt werden kann. Wenn die BITSH bereit war, für die Nutzung dieser Ressourcen innerhalb eines Monats 30 % ihres Stammkapitals einzusetzen, dann läßt dies nur den Schluss zu, daß es für den Betrieb der BITSH wesentlich war, den Zugriff auf diese von der BIT überlassenen Betriebsmittel und Rechte zu erhalten.

(3) Desweiteren ist zugunsten der Annahme der Bewahrung der Idendtität der wirtschaftlichen Einheit der BIT zu berücksichtigen, daß die die BITSH 13 der bei der BIT beschäftigten 23 Mitarbeiter beschäftigte und auch das Gehaltsabrechnungssystem der BIT fortführte. Hervorzuheben ist, daß der Beklagte zu 1) bei der BIT vorher als Niederlassungsleiter und der Beklagte zu 2) vorher bei der BIT als Vertriebsleiter tätig waren. Danach waren bei der BITSH mit der Sachkunde der beiden Beklagten und den 13 von der BITSH in einem Arbeitsverhältnis weiterbeschäftigten Mitarbeitern der BIT alle zum Geschäftsfeld der Firma gehörenden Bereiche, sowohl der Bereich Technik als auch der Bereich Vertrieb in praktisch allen Hierarchie- und Kompetenzstufen durch von der BIT übernommenes Personal (1 Niederlassungsleiter, 1 Vertriebsleiter, 1 Vertriebsbeauftragter, 3 Vertriebsassistentinnen, 1 kaufmännische Angestellte, 2 Sekretärinnen, 1 Auszubildende, 1 Systemingenieur, 3 Systemtechniker, 1 Systemberater) weitestgehend abgedeckt.

(4) Unerheblich ist es, daß die BITSH die bei der BIT bestehenden Warenbestände nicht übernommen hat und nicht ersichtlich ist, ob die BITSH in bestehende Lieferantenbeziehungen der BIT eingetreten ist. Zum einen hat der Sequester der BIT in seinem dem für die Gesamtvollstreckung der BIT zuständigen Amtsgericht erstellten Gutachten vom 6.2.1996 angegeben, daß die bei der BIT vorhandene Ware zum Teil veraltet und gebraucht war. An der Übernahme des Lagerbestandes konnte die BITSH deshalb gar kein Interesse haben. Zum anderen handelt es sich bei Geräten aus dem Bereich der EDV um Produkte, die äußerst kurzen Innovationszyklen unterliegen und abgesehen von Lieferengpässen der jeweiligen Hersteller jederzeit über ein breites Spektrum von auf dem Markt konkurrierenden Lieferanten bezogen und an den Endverbraucher weiterveräußert werden können.

(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch nicht maßgeblich, daß der Geschäftsbetrieb der BITSH nur vorübergehend für knapp 2 Monate bestanden hat. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 19.9.1995 (Rs. C-48/94 - Rygaard - , DB 1995 S. 2117 f) entschieden, daß der Übergang grundsätzlich eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit betreffen muß, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Etwas anders könne nur dann gelten, wenn die Übertragung einer nicht auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit mit der Übertragung von Faktoren einherginge, die eine dauerhafte Fortsetzung der Tätigkeiten oder bestimmter Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens erlauben würde. Ausgenommen von der Anwendbarkeit des § 613a BGB sind danach nicht die Fälle, in denen sich, wie im Streitfall, der Übernehmer einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit nach der Übernahme zu einer Einstellung der Tätigkeit entschließt (BAG, Urteil vom 16.7.1998 - 8 AZR 80/97 - n. v.; Urteil vom 27.4.1995, BAGE 80 S. 74) oder es ohne die Übernahme zu einer Betriebsstillegung durch den ursprünglichen Inhaber gekommen wäre, deren Grund nicht in der Erfüllung des vorübergehenden Zwecks der wirtschaftlichen Einheit liegt, aber auch diejenigen Fälle, in denen die ursprünglich auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit (z.B. um einen Konkurrenten auszuschalten) überhaupt nur zum Zweck der Einstellung der Tätigkeit übernommen wird.

(6) Es ist desweiteren auch nicht ersichtlich, daß das Vorliegen eines Betriebsübergangs deshalb ausgeschlossen ist, weil der Betrieb der BIT zuvor stillgelegt worden wäre oder daß die Geschäftstätigkeit der BIT bis zur Übernahme für eine ins Gewicht fallende Zeit unterbrochen war.

Betriebsübergang und Betriebsstillegung schließen sich aus. Nach der Rechtsprechung des BAG ist unter einer Betriebsstillegung die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bestehenden Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, daß der Arbeitgeber die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen. Der Arbeitgeber muß endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Eine wirtschaftlich erhebliche Zeitspanne der Betriebsruhe, die dann indiziert ist, wenn die Unterbrechungsdauer länger währt als jede gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 BGB, steht der Annahme eines Betriebsübergangs entgegen. Bei alsbaldiger Wiedereröffnung des Betriebes oder bei alsbaldiger Wiederaufnahme der Produktion durch den Erwerber spricht eine tatsächliche Vermutung gegen die ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (BAG, Urteil vom 22.5.1997, BAGE 86 S. 20 ff).

Die Beklagten haben außer der Tatsache, daß am 16.8.1995 alle Arbeitsverhältnisse der BIT zum 30.9.1995 gekündigt wurden, keine weiteren Umstände vorgetragen, die für einen endgültigen Entschluss der Inhaber der BIT spricht, deren Betrieb stillzulegen, bevor es zu der Fortführung des Betriebes der BIT durch die BITSH gekommen ist. Kündigungen können als Reaktion auf fehlende Aufträge oder finanzielle Engpässe nur vorübergehender Natur sein. Für die Annahme einer endgültig beabsichtigten Stillegung spricht es hingegen, wenn die Kündigung der Belegschaft mit weiteren Maßnahmen zur dauerhaften Nichtfortsetzung des Betriebes korrespondiert. Es ist Sache der sich auf das Vorliegen einer Stillegung berufenden Partei, die hierfür sprechenden Tatsachen in einer für das Gericht nachprüfbaren Form vorzutragen. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten nicht. Die im Streitfall zu Tage getretenen Umstände sprechen vielmehr gegen das Vorliegen einer endgültig beabsichtigten Stillegung der BIT.

Als weitere Maßnahme im oben genannten Sinne reicht jedenfalls nicht die im Streitfall unstreitige Stellung des Antrages auf Gesamtvollstreckung am 13.9.1995 durch die BIT, weil eine Gesamtvollstreckung nicht notwendig zu einer Betriebsstillegung führen muß. Die Behauptung des Beklagten zu 1), bis zum 16.8.1995 seien sämtliche Kundenaufträge entweder abgewickelt oder storniert worden, ist ohne nähere Angaben nicht nachvollziehbar. Diese Behauptung ist auch in dieser Pauschalität nicht wahr. Noch in seinem Schreiben vom 20.10.1995 hat der Sequester der BIT dem für den Gesamtvollstreckungsantrag zuständigen Amtsgericht von Aufträgen berichtet, die an eine Auffanggesellschaft übertragen werden könnten. In seinem abschließenden Gutachten vom 6.2.1996 hat dieser ausgeführt, daß sich nach Anordnung der Sequestration, also am 26.9.1995, eine aus den ehemaligen Mitarbeitern der BIT bestehende Auffanggesellschaft bilden wollte. Allerdings habe die in Gründung befindliche Gesellschaft (gemeint ist die BITSH) nicht die erforderliche Finanzierung der Banken erhalten, so daß dieses Konzept fehlgeschlagen sei. Wenn demgegenüber der Beklagte zu 1) angibt, mit dem Ausspruch der Kündigungen am 16.8.1995 habe eine übernahmefähige funktionsfähige Einheit nicht mehr bestanden, so entspricht auch dies offensichtlich nicht der Wahrheit und auch nicht den ursprünglichen Wahrnehmungen des Beklagten zu 2). Dieser hatte in seinem Schreiben vom 23.6.1995 an das Arbeitsamt den 18.10.1995 als Datum der Einstellung des Betriebes der BIT angegeben. In der von dem Geschäftsführer der Bit und deren Liquidatorin für alle antragstellenden Arbeitnehmer unterzeichneten "Verdienstbescheinigung für Konkursausfallgeld" ist unter lfd. Nr. 3 als Datum der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit der 19.10.1995 eingetragen. Die Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) in der Berufungsverhandlung, die unternehmerische Entscheidung, den Betrieb der BIT stillzulegen, sei vor dem Ausspruch der Kündigungen vom 16.8.1995 gefallen, ist nicht nur unsubstantiiert geblieben, sie erfolgte auch ohne entsprechende Mandanteninformation oder aufgrund einer entsprechenden eigenen Wahrnehmung ins Blaue hinein, wie die Rückfrage des Gerichts ergeben hat. Zu berücksichtigen ist auch in diesem Zusammenhang die Tatsache der bereits am 13.9.1995 mit einer der BIT ähnlichen Firmenbezeichnung und inhaltlich identischen Geschäftsfeld erfolgte Gewerberegisteranmeldung. Weiterhin ist auch in diesem Zusammenhang der Umstand der vom Sequester genehmigten Vereinbarung der BITSH mit der BIT vom 10.10.1995 über die entgeltliche Nutzung der Büroräume, des Inventars mitsamt der Bürokommunikation, der Firmenfahrzeuge und der Überlassung von Kundenlisten zu berücksichtigen. Die Kammer ist nach alledem davon überzeugt, daß es von Anfang an zwischen den Inhabern der BIT und den späteren Inhabern der BITSH zur Debatte stand, unter Eintritt in die vorhandenen Kundenbeziehungen, von demselben Adresse aus, unter derselben Telefonnummer und mit den zur Weiterverwendung brauchbaren Betriebsmitteln, mit einer weiterzubeschäftigenden Kerntruppe, die sich aus dem Personal der BIT rekrutieren sollte, die Geschäftstätigkeit der BIT fortzusetzen. Die Erwägung der Fortsetzung der wirtschaftlichen Einheit der BIT mittels eines neuen Rechtsträgers schließt die Absicht einer endgültigen Stillegung aus. Dies gilt erst recht dann, wenn wie es hier der Fall ist, Maßnahmen zur Umsetzung dieser Erwägung ergriffen werden. Die von dem Sequester als Auffanggesellschaft bezeichnete Lösung ist erst nach Vollzug des Betriebsüberganges gescheitert.

4. Die Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB scheitert im Streitfall schließlich auch nicht daran, daß dem Betriebsübergang kein Rechtsgeschäft zugrundelag. Mit der gegenteiligen Auffassung verkennen die Beklagten, daß die Übernahme bzw. Nutzung der oben im einzelnen näher bezeichneten Betriebsmittel und Rechte aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zustandekam. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer bereits aus der dementsprechenden, dem Arbeitsamt gegenüber abgegebenen Stellungnahme des Sequesters vom 10.10.1997. Auf die Übernahme der Arbeitsverhältnisse muß sich das Rechtsgeschäft nicht beziehen (vgl. auch Erfurter Kommentar/Preis § 613a BGB Rn. 32). Dies ergibt sich schon daraus, daß der Übergang der Arbeitsverhältnisse die gesetzlich angeordnete Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist. Um eine Vermischung von Tatbestand und Rechtsfolge zu vermeiden, muß dies unabhängig davon gelten, daß die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals eines Unternehmens bei Fortführung der von diesem Unternehmen ausgeübten Geschäftstätigkeit durch einen neuen Inhaber im Zusammenwirken mit anderen für einen Betriebsübergang typischen Merkmalen bzw. in bestimmtem Branchen, in denen es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, auch ohne nennenswerte weitere Umstände die Annahme der Bewahrung der Identität einer wirtschaftlichen Einheit bestätigen kann.

5. Nachdem feststeht, daß der Betrieb der BIT durch Rechtsgeschäft auf die BITSH übergegangen ist, haftet diese den Arbeitnehmern der BIT, mit denen im Zeitpunkt des Übergangs ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB für die von der BIT nicht erfüllten Lohnansprüche. Die insoweit erforderliche Sachverhaltsprüfung ergibt, daß die von der Klägerin ihrer Klageforderung zugrundegelegten 18 Konkursausfallgeldantragsteller sich im Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch in einem Arbeitsverhältnis mit der BIT befanden.

a) Die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, für welche die Klägerin den Übergang von Arbeitsentgeltansprüchen geltend macht, endeten nicht zum 30.9.1995, sondern bestanden bis zum 18.10. bzw. 19.10.1995. Die zum 30.9.1995 ausgesprochenen Kündigungen der BIT vom 16.8.1995 sind nicht wirksam geworden.

Ende der Entscheidung

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