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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.02.2001
Aktenzeichen: 6/9 Sa 866/98
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 8
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 9
BGB § 1922 Abs. 1
BGB § 2032 Abs. 1
BGB § 2039
BetrVG § 112 Abs. 1 Satz 3
BetrVG § 77 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 521
ZPO § 522 a
Ansprüche auf Abfindungen aus einem Sozialplan unterliegen jedenfalls dann der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren gem. § 195 BGB, wenn die im Sozialplan selbst vorgenommene Zweckbestimmung dieser Abfindung ihre Einordnung als Gegenleistung für geleistete Dienste des Arbeitnehmers ausschließt.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Auf Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 20.10.1998 - 1 Ca 54/97 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach der verstorbenen H. T. bestehend aus dem Kläger und J. T. zur gesamten Hand 1.720,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.01.1996 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

b) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin.

c) Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.788,80 DM festgesetzt.

3. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte; die Kosten der Streithilfe im Berufungsrechtszug trägt die Streithelferin.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zum Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung noch über einen Anspruch der Erbengemeinschaft nach der verstorbenen ehemaligen Arbeitnehmerin der Beklagten, der ursprünglichen Klägerin H. T., gegen den Beklagten auf Zahlung eines Restbetrages aus einem ersten Teil eines Abfindungsbetrages aus dem Sozialplan vom 29. November 1991. In materieller Hinsicht ist zwischen den Parteien nur noch die Frage, ob der Anspruch bereits verjährt ist, umstritten.

Die am 08. Juli 1937 geborene H. T. (fortan: Erblasserin) war seit dem 01. September 1960 bei dem Beklagten beschäftigt. Zuletzt war sie Mitarbeiterin in der Regionalstelle S. und erhielt ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 2.000,00 DM.

Am 11. Juli 1990 schlossen der Parteivorstand der P., der Hauptvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen/DDR und die Betriebsgewerkschaftsleitung des Parteivorstandes der P. eine als "Vereinbarung zum Sozialplan der P." überschriebene Vereinbarung. Wesentlicher Inhalt dieser Vereinbarung war, daß Mitarbeiter, die aufgrund grundlegender Änderungen der Betriebsorganisation gekündigt werden müssen, eine Abfindung erhalten sollten. Nach Ziff. 4 dieser Vereinbarung sollte sich die Höhe der Abfindung neben anderen Berechnungsparametern nach der Höhe der Monatsgehälter richten. Hinsichtlich des mit der Abfindungszahlung verfolgten Zweckes vereinbarten die Parteien dieser Vereinbarung in Ziff. 2.3 wörtlich folgendes:

"Mitarbeiter, denen fristgemäß gekündigt wird und die nicht in den Vorruhestand treten, erhalten von der P. eine einmalige Abfindung. Mit dieser sind alle Nachteile (materielle und immaterielle) des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung gegenüber der P. abgegolten."

Wegen des weiteren Inhaltes dieser Vereinbarung wird auf die als Anlage zur Klagschrift zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 8 - 11 d. A.) Bezug genommen.

Am 27. November 1990 schlossen das Präsidium des Parteivorstandes der P. und die Gewerkschaftsleitung des Parteivorstandes und der Gewerkschaftsvorstände der Länder (ehemals DDR) eine ebenfalls als "Vereinbarung zum Sozialplan der P." überschriebene Vereinbarung. Gegenstand dieser Einigung war die Zahlung von Abfindungen wegen eines notwendigen weiteren Abbaus von Personal. Die Höhe der Abfindungen sollte sich neben anderen Berechnungsparametern nach Monatsgehältern errechnen. Unter Ziff. 2.3 dieser Vereinbarung formulierten die vertragsschließenden Parteien zum Zweck der zu zahlenden Abfindungen wörtlich:

"Mit dieser (Abfindung - Hinzufügung durch das Gericht) sind alle Nachteile (materielle und immaterielle) des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung gegenüber der P. abgegolten."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes dieser Vereinbarung vom 27. November 1990 wird auf die als Anlage 1 a zur Klagschrift gereichte Kopie hiervon (Bl. 12 - 15 d. A.) Bezug genommen.

In der Folgezeit traten aufgrund von Rechtsstreitigkeiten auf dem Hintergrund dieser geschlossenen Vereinbarungen Zweifel auf, ob diese rechtswirksam seien.

Am 29. November 1991 schlossen u. a. das Präsidium des Parteivorstandes der P., der Betriebsrat beim Parteivorstand der P. sowie der Betriebsrat des Beklagten zwei Vereinbarungen. Eine von diesen ist überschrieben als "Sozialplan der P." und hat Abfindungszahlungen für ab dem 01. Juli 1991 aus betriebsbedingten Gründen zu kündigende Mitarbeiter zum Gegenstand. Als einen Berechnungsparameter für die Abfindungshöhe vereinbarten die Parteien das Bruttomonatsentgelt. Zum Zweck der Abfindung formulierten diese, daß damit alle materiellen und immateriellen Nachteile des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis und dessen "Bedingungen" gegenüber der P. abgegolten sein sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarung sowie insbesondere hinsichtlich der übrigen diese Vereinbarung abschließenden Parteien wird auf die als Anlage 4 zur Klagschrift hiervon zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 17 - 19 d. A.) verwiesen.

Die weitere am selben Tage, dem 29. November 1991, abgeschlossene Vereinbarung überschrieben die Unterzeichner der Vereinbarung mit "Vereinbarung zum Sozialplan der P." (fortan kurz: Sozialplan I 1991). Der (in einer sehr schlecht lesbaren Kopie zu den Akten gereichte) Sozialplan I 1991 lautet wie folgt:

"Zwischen dem Präsidium des Parteivorstandes der P. und dem Betriebsrat beim Parteivorstand der P., dem Präsidien bzw. Sprecherräten der Landesvorstände und den Betriebsräten der Landesverbände der P. sowie den Betriebsräten des Zentralen Parteiarchivs und des Institutes für Geschichte der Arbeiterbewegung wird aufgrund des notwendigen Abbaus des Personalbestandes der Partei folgender Sozialplan gemäß § 112 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vereinbart:

"1. Grundlage und Geltungsbereich

1.1. Zwischen der HHV/DDR einerseits, dem Betriebsrat des Parteivorstandes und dem Parteivorstand der P. ist am 11.07.1990 eine Vereinbarung getroffen worden. Außerdem haben Parteivorstand und Betriebsrat am 27.11.1990 eine weitere "Vereinbarung zum Sozialplan" abgeschlossen.

Die Rechtswirksamkeit und die Erfüllbarkeit der genannten Regelungen sind nicht eindeutig geklärt.

1.2. Parteivorstand und Betriebsrat heben die genannten Vereinbarungen auf.

1.3. Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren nachfolgend einen Sozialplan.

Dieser bezieht sich auf ca. 1.400 Kündigungen bzw. Aufhebungsverträge, die bis zum 30.06.1991 aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen wurden bzw. zustande gekommen sind.

Das Gesamtvolumen dieses Sozialplanes umfaßt maximal 12,0 Millionen DM.

Alle individuellen Forderungen aus diesem Sozialplan ändern sich entsprechend, wenn sich nach Feststellung der Summe aller Ansprüche herausstellt, daß das hier festgelegte Gesamtvolumen zu ihrer Erfüllung nicht ausreicht oder sie übersteigt.

2. Individuelle Abfindungen

Das Sozialplanvolumen wird zur Erfüllung folgender individueller Abfindungen verwendet:

2.1. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen nach bisheriger Berechnungsgrundlage 10.000,00 DM und weniger Abfindung zustehen, bleibt dieser Anspruch erhalten.

2.2. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen nach bisheriger Berechnungsgrundlage über 10.000,00 DM bis 20.000,00 DM zustehen, bleibt 80 Prozent ihres Anspruchs, mindestens jedoch 10.000,00 DM erhalten.

2.3. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen nach bisheriger Berechnungsgrundlage über 20.000,00 DM zustehen, bleibt ein Anspruch von 80 Prozent der 20.000,00 DM erhalten.

3. Fälligkeiten

3.1. Die Abfindung ist mit dem Ablauf der Kündigungsfrist fällig.

3.2. Es erfolgt die sofortige Auszahlung eines Abfindungsteiles, der dem Verhältnis des Gesamtvolumens gem. Ziff. 1.3 zu einem fiktiven Sozialplanvolumen entspricht, das auf der Basis von 5.000,00 DM pro Arbeitnehmer berechnet wird.

Diese Beträge werden von der Teuhandanstalt aus Altvermögen, rechtzeitig zum Auszahlungstermin, zur Verfügung gestellt.

Der zweite Teil des individuellen Anspruchs wird bis zum 31.12.1993 gesundet.

Wird bis zu diesem Termin Geldvermögen der PDS, das rechtsstaatlich-materiell erworben wurde und der P. zurückgegeben wird, bereitgestellt, besteht davon ein Anspruch von höchstens 10 % am Gesamtvolumen für die Begleichung nach ausstehender Sozialplanleistungen. Der Anteil ändert sich entsprechend, wenn nach Auszahlung des ersten Abfindungsteiles das Restvolumen oder die verfügbaren, materiell-rechtsstaatlich erworbenen Mittel zur vollständigen Erfüllung aller Restansprüche nicht ausreichen.

Weitere Ansprüche können nicht geltend gemacht werden.

Diese Regelung tritt an die Stelle etwaiger Ansprüche, die von Arbeitnehmers aus den unter 1. genannten, hinsichtlich ihrer Rechtswirksamkeit zweifelhaften Regelungen abgeleitet werden könnten.

3.3. Arbeitnehmer, die Kündigungsschutzklage bzw. weitergehende Abfindungsansprüche aufrechterhalten, erhalten die in diesem Sozialplan festgelegten Leistungen nicht.

Dies gilt auch für eingeleitete Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen aus den Vereinbarungen vom 11.07. und 27.11.1990 (siehe 1.1).

3.4. Die Auszahlung des Abfindungsteiles von 5.000,00 DM ist vom entsprechenden individualrechtlichen Erklärungen abhängig zu machen.

4. Schlußbestimmungen

Dieser Sozialplan regelt rückwirkend für alle von der Aussetzung des Sozialplanes am 08.02.1991 betroffenen und bis zum 30.06.1991 Gekündigten die Begleichung offener Ansprüche."

Vor Abschluß des Sozialplans I 1991, am 25. März 1991, kündigte die Beklagte der Erblasserin zum 31. Juli 1991. Am 08. April 1992 unterschrieb die Erblasserin eine Erklärung, wegen deren Wortlaut im einzelnen auf die als Anlage S 1 zum Schriftsatz der Streithelferin vom 01. Oktober 1997 zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 94 d. A.) Bezug genommen wird. Daraufhin zahlte die Beklagte am selben Tage an die Erblasserin 5.000,00 DM als Zahlung auf den ersten Teil einer Abfindung nach dem Sozialplan I 1991. Von diesem Sozialplan waren insgesamt 924 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen.

Mit am 28. Dezember 1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten aufgrund richterlicher Verfügung vom 03. Januar 1996 am 09. Januar 1996 zugestellten Schriftsatz hat die Erblasserin Klage auf Zahlung von 10.772,24 DM nebst Zinsen gegen die Beklagte erhoben und hilfsweise Auskunft darüber begehrt, wieviele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen des Sozialplanes I 1991 insgesamt ausgeschieden seien und welche Abfindungssumme diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insgesamt aus dem genannten Sozialplan zugestanden habe. Wegen der weiter hilfsweise gestellten Anträge im einzelnen wird auf die Klageschrift vom 27. Dezember 1995, Seite 2 (Bl. 2. d. A.) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 18. Januar 1996 hat der Beklagte der Streithelferin den Streit verkündet, die mit Schriftsatz vom 12. September 1997 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist.

Nach mehrfachen zwischenzeitlichen Änderungen der Klageanträge, wegen deren Inhalt im einzelnen auf den Schriftsatz der Erblasserin vom 14. April 1997 (Bl. 54 und 55 d. A.) sowie auf die Niederschrift der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichtes vom 23. September 1997 (Bl. 87, 87 R d. A.) Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht mit Teilurteil vom 28. Oktober 1997 die Beklagte verurteilt, der Erblasserin mitzuteilen, welche Abfindungssumme den 924 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen des Sozialplanes I 1991 zugestanden hat. Wegen dieses Urteils im einzelnen wird auf das Urteil (Bl. 97 - 106 d. A.) verwiesen.

In Erfüllung des Auskunftsanspruchs hat der Beklagte mitgeteilt, daß die Streithelferin für Abfindungszahlungen eine Summe von 10.886.825,54 DM zur Verfügung gestellt habe.

Am 26. Januar 1998 verstarb die Erblasserin und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts S. vom 29. Januar 1998 vom Kläger sowie von dessen Vater, dem Ehemann der Erblasserin J. T., zu gleichen Teilen beerbt. Mit Schriftsatz vom 22. April 1998 hat der Kläger den Rechtsstreit aufgenommen.

Der Beklagte und die Streithelferin haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.788,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.12.1995 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Streithelferin hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 20. Oktober 1998 hat das Arbeitsgericht der Klage bis auf einen Betrag von 68,80 DM stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

Der Klägerin stehe über die bereits gezahlten 5.000,00 DM hinaus eine weitere Abfindungszahlung in Höhe von 1.720,00 DM zu. Die Höhe der Abfindung sei nach dem Bruttomonatsentgelt und nicht nach dem Nettomonatsentgelt zu berechnen. Das ergebe sich aus der Auslegung des Sozialplanes I 1991. Der Wortlaut des Sozialplanes I 1991 sei indifferent. Der Sozialplan I 1991 beziehe sich jedoch auf die Vereinbarungen aus dem Jahre 1990 und folge dem allgemeinen Rechtssprachgebrauch, wonach unter dem Monatsgehalt das Bruttomonatsgehalt zu verstehen sei. Gem. 2.3. des Sozialplanes I 1991 habe die Erblasserin einen Anspruch auf Zahlung einer um den Faktor 0,42 geminderten Summe von 16.000,00 DM, mithin auf 6.720,00 DM.

Der so errechnete Restanspruch in Höhe von 1.720,00 DM sei nicht verjährt, denn Abfindungen unterlägen der regelmäßigen Verjährung von 30 Jahren. Sie seien keine Vergütung i. S. von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB, weshalb sie nicht der kurzen Verjährungsfrist unterlägen.

Gegen dieses ihr am 09. November 1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 04. Dezember 1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 01. Februar 1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist aufgrund des am 24. Dezember 1998 eingegangenen Verlängerungsantrages mit Beschluß vom 28. Dezember 1998 bis zum 04. Februar 1999 verlängert worden ist.

Beklagte und Streithelferin haben sich im Berufungsrechtszug nicht mehr dagegen gewandt, daß in Person der Erblasserin ein Anspruch dem Grunde nach und in der vom Arbeitsgericht ermittelten Höhe entstanden ist. Sie sind der Ansicht, der Anspruch sei nicht mehr durchsetzbar, weil er mittlerweile verjährt sei. Abfindungen seien Arbeitseinkommen i. S. der Verjährungsfristenregelungen des § 196 Abs. 1 BGB und verjährten deshalb in zwei Jahren. Zumindest sei eine Abfindungszahlung ein "anderer Bezug" i. S. der vorbezeichneten Regelung. § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB bezögen sich auch nicht nur auf laufende regelmäßig wiederkehrende sondern auch auf einmalige Leistungen. Die Verjährung habe wegen Fälligkeit des Anspruches im Jahr 1991 mit dem 01. Januar 1992 begonnen und sei am 31. Dezember 1994 abgelaufen, so daß die Klageeinreichung zu spät sei. Die Zahlung der 5.000,00 DM im Jahre 1992 habe keine Anerkenntniswirkung bezüglich des darüber hinausgehenden Betrages entfaltet, weshalb diese Zahlung nicht verjährungsunterbrechend habe wirken können.

Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2001, dem Beklagten und Streithelferin zugestellt am gleichen Tage, hat der Kläger Anschlußberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 20.10.1998 - 1 Ca 54/97 - aufzuheben und die Klage abzuweisen;

2. die Anschlußberufung vom 21.02.2001 zu verwerfen.

Die Streithelferin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 20.10.1998, Az.: 1 Ca 54/97, abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Anschlußberufung vom 21.02.2001 zu verwerfen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft L. W. / J. T. 1.788,80 DM nebst 4 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.

Er ist der Ansicht, das erstinstanzliche Urteil sei nur insofern zu korrigieren, als daß der Kläger nicht Leistung an sich alleine, sondern Leistung an die aus ihm und seinem Vater bestehende Erbengemeinschaft verlangen könne, so daß der Klagantrag entsprechend umzustellen sei. Im übrigen unterlägen Abfindungsansprüche der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren, weil es sich dabei nicht um Geschäfte des täglichen Lebens handele und die Abfindung kein Entgelt für geleistete Dienste sei, sondern vielmehr dem sozialen Ausgleich des Verlustes des Arbeitsplatzes diene.

Entscheidungsgründe:

Berufung und Anschlußberufung sind zulässig.

Die Berufung ist gem. der §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthaft und nach dem Beschwerdewert gem. § 64 Abs. 2 ArbGG zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG).

Bei dem Antrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 21. Februar 2001 handelt es sich um eine Anschlußberufung, obschon der Schriftsatz diese Bezeichnung nicht ausdrücklich enthält. Das ergibt die Auslegung seines Begehrens. Im Zusammenhang mit der Überreichung des Schriftsatzes hat er auf Nachfrage der Kammer zu Protokoll erklärt, daß er das erstinstanzliche Urteil für unzutreffend halte soweit es den Beklagten zur Zahlung an den Kläger allein verpflichtet hat und er insofern eine Abänderung begehre. Damit ist hinreichend deutlich, daß der Kläger einerseits die Zurückweisung der Berufung will und andererseits eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils dahingehend, daß nunmehr der Beklagte zur Zahlung der streitgegenständlichen Summe an die Erbengemeinschaft verurteilt werden soll. Dieses Begehren ist nicht anders als als Anschlußberufung aufzufassen. Schließlich haben auch die Prozeßbevollmächtigten des Beklagten sowie der Streithelferin dies ohne weitere vorhergehende Erörterung als Anschlußberufung verstanden.

Die Anschlußberufung des Klägers ist nach §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i. V. mit 521 Abs. 1 ZPO statthaft. Sie ist - entgegen dem von Beklagten und Streithelferin in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwand - zulässig ohne formelle Beschwer des Anschlußberufungsführers (vgl. statt vieler Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl., § 64 Rz. 70 m. w. N.). Für die Kammer besteht kein Anlaß aufgrund der von Stein/Jonas/Grunzky (ZPO, Bearbeitung 1993, § 521 Rz. 4 ff) angestellten Erwägungen von dieser herrschenden Meinung abzuweichen. Ließe man die unselbständige Anschlußberufung einer Klagepartei, die mit einem nicht sachdienlichen Antrag zu Unrecht in erster Instanz obsiegt hat, nicht zu wegen Fehlens formeller Beschwer, verbaute man dieser Partei die Möglichkeit im Berufungsrechtszug den Klageantrag umzustellen und perpetuierte so nicht nur den Fehler der Klagepartei, sondern auch das Versäumnis des erstinstanzlichen Gerichtes dahingehend, entgegen § 139 Abs. 1 S. 1 ZPO schon vor Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz auf das Stellen sachdienlicher Anträge hinzuwirken. Der Berufungsrechtzug dient auch der Durchsetzung materieller Gerechtigkeit und damit der Korrektur etwaiger in erster Instanz unerkannter Fehler. Es muß deshalb auch der im ersten Rechtszug obsiegenden Partei möglich sein, im Berufungsrechtszug die Klage sachdienlich zu ändern, was nur im Rahmen einer zulässigen Anschlußberufung möglich ist. Sieht man darüber hinaus zutreffenderweise in einer unselbständigen Anschlußberufung kein Rechtsmittel, sondern einen angriffsweise wirkenden Antrag innerhalb der fremden Berufung (BGHZ 4, 229, 223; seitdem ständige Rechtsprechung vgl. nur BGH NJW 1991, 2569m. w. N.), so besteht kein Bedarf für ein Verlangen einer formellen Beschwer. Rechtfertigung für das Verlangen einer Beschwer in einer bestimmten Höhe ist es, daß der Staat den Parteien keine Rechtsmittel zur Verfügung stellen will und soll, deren Gebrauch für sie mit Aufwendungen verbunden sind, die zu dem angestrebten Erfolg in keinem sinnvollen Verhältnis stehen (so Stein/Jonas/Grundky a. a. O. § 511 a Rz. 2) sowie auch eine gewisse Entlastung der Gerichte (allgemeine Meinung). Ist - wie bei der unselbständigen Anschlußberufung - die Instanz durch eine zulässige Berufung ohnehin eröffnet, stellt sich auch die Frage des Sinns des Verlangens einer formellen Beschwer für den in Form der Anschlußberufung geführten Gegenangriff innerhalb der zulässigen Berufung.

Die Anschlußberufung ist form- und fristgerecht i. S. der §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 521 Abs. 1 und 522 a ZPO eingelegt. Zeitliche Grenze für die Einlegung einer unselbständigen Anschlußberufung ist der Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen. Hier ist die Anschlußberufung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2001 eingereicht und zugestellt worden vor dem Stellen der Anträge und damit noch rechtzeitig. Sie ist gleichzeitig gem. § 522 a ZPO begründet worden. Über die Identität des Urteils, welches mit der Anschlußberufung angegriffen sein soll, war nicht zu zweifeln, weshalb auch eine ausdrückliche Bezeichnung dieses Urteils nicht erforderlich war.

Die Berufung ist unbegründet und die Anschlußberufung ist begründet, weil die Klage in zuletzt zur Entscheidung angefallener Form zulässig und begründet ist.

Die Klage ist zulässig.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2001 hat der Kläger seine Klage geändert dahingehend, daß er nunmehr nicht mehr Leistung nur an sich, sondern Leistung an die aus ihm und seinem Vater bestehende Erbengemeinschaft beantragt. Er durfte den Prozeß für die Erbengemeinschaft alleine führen. Der einzelne Miterbe einer Erbengemeinschaft darf nach dem Tode der klagenden Partei den Prozeß alleine aufnehmen, doch er muß dann bei Antragstellung die Rechte der übrigen Erben berücksichtigen und gem. § 2039 BGB Leistung an alle verlangen (BGHZ 23, 212; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl. § 239 Rz. 5).

Die Klageänderung ist auch hinsichtlich des Zeitpunktes ihrer Vornahme zulässig.

Eine Klageänderung ist auch im Berufungsrechtszug grundsätzlich gem. §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i. V. mit 523, 263 ZPO zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält, denn über die Verweisungsnorm des § 523 ZPO findet auch § 263 ZPO im zweiten Rechtszug Anwendung. Hier ist die Klageänderung sachdienlich. Sachdienlichkeit ist nur ausnahmsweise zu verneinen, besonders dann, wenn ihre Bejahung zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes nötigen würde ohne daß dafür das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung verwertet werden könnte. Maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Frage der Sachdienlichkeit ist die Prozeßwirtschaftlichkeit, wobei es darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl. § 523 Rz. 8 m. w. N.). Durch die vom Kläger vorgenommene Klageänderung ändert sich am Streitstoff und an den materiell-rechtlich zu beurteilenden Fragen nichts. Der gesamte bisherige Prozeßvortrag bleibt verwertbar und zur Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit der geänderten Klage ist kein neuer Sachvortrag notwendig. Die Klageänderung ist nur deshalb notwendig, weil der Kläger ausweislich der nunmehr auch vorgelegten Vollmacht seines Vaters für die Prozeßbevollmächtigten des Klägers im Einklang mit dem weiteren Erben die Ansprüche der Erbengemeinschaft verfolgt, dies bisher aber nicht in prozessual erkennbarer Weise getan hat. Er hat bisher Leistung an sich allein verlangt, was mit § 2039 BGB nicht in Einklang zu bringen ist. Dadurch, daß er den Klageantrag nunmehr der Rechtslage angepaßt hat und Leistung an die Erbengemeinschaft statt an sich allein verlangt, korrigiert er nur seine bisherige eben nicht sachdienliche Antragstellung und paßt diese der materiellen Rechtslage hinsichtlich der Anspruchsinhaberschaft an. Es ist auch nicht ersichtlich, daß Rechte des Beklagten hierdurch in unzulässiger Weise beschnitten würden.

Die Klageänderung war auch trotz ihres sehr späten Vorbringens noch zuzulassen. Ob es sich dabei überhaupt um Vorbringen neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel i. S. von § 67 Abs. 2 ArbGG, der einzig hier in Betracht kommenden Zurückweisungsnorm, handelt, kann offenbleiben, weil es auch dann zuzulassen wäre, denn nach freier Überzeugung der Kammer würde die Zulassung und hat die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert, sondern eher gefördert.

Die Klage ist begründet. Die aus dem Kläger und seinem Vater bestehende Erbengemeinschaft hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 1.720,00 DM als Restzahlung aus dem ersten Teil der Abfindung nach dem Sozialplan I 1991. Anspruchsgrundlage ist Ziff. 3.2. Sozialplan I 1991 i. V. mit §§ 112 Abs. 1 S. 3, 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG i. V. mit §§ 1922 Abs. 1, 2032 Abs. 1, 2039 BGB.

Durchgreifende Wirksamkeitsbedenken hinsichtlich des Sozialplanes I 1991 hat die Kammer nicht. Dieser wirkt gem. § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG wie eine Betriebsvereinbarung und daher gem. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG unmittelbar und zwingend, so daß sich hieraus ein Anspruch der ehemaligen Arbeitnehmerin, der Erblasserin, gegen die Beklagte ergibt. Nach Ziff. 2 und 3 des Sozialplanes I 1991 stand der Erblasserin eine Abfindung zu, die in zwei Teilen auszuzahlen war. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, gehörte die Erblasserin zu den Mitarbeiterinnen, die gem. 2.3. des Sozialplanes I 1991 nach den bisherigen Berechnungsgrundlagen der Vereinbarungen aus dem Jahre 1990 Ansprüche von über 20.000,00 DM gehabt hätte, so daß ihr nun ein Anspruch in Höhe von 16.000,00 DM insgesamt erhalten blieb. Der erste Teil dieser Abfindung berechnet sich nach dem Verhältnis des Gesamtvolumens gem. Ziff. 1.3. zu einem fiktiven Sozialplanvolumen, das auf der Basis von 5.000,00 DM pro Arbeitnehmer berechnet wird. Betroffen waren 924 Arbeitnehmer; das zur Verfügung gestellte Gesamtvolumen beläuft sich nach der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichtes auf 10.886.825,54 DM, so daß das Arbeitsgericht zutreffend die Höhe dieses ersten Teils der Abfindung festgestellt hat mit (924 x 5.000,00 : 10.886.825,54) x 16.000,00 = 6.720,00 DM.

Hiergegen wenden sich der Beklagte und die Streithelferin im Berufungsrechtszug auch nicht mehr.

Dieser Anspruch ist mit dem Tode der Erblasserin auf den Kläger und seinen Vater gem. §§ 1922 Abs. 1, 2032 Abs. 1 BGB übergegangen, weil der Nachlaß als gemeinschaftliches Vermögen der Erben anfällt.

Der Anspruch ist nicht verjährt.

Ansprüche auf Abfindungen aus einem Sozialplan unterliegen jedenfalls dann der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren gem. § 195 BGB, wenn die im Sozialplan selbst vorgenommene Zweckbestimmung dieser Abfindung ihre Einordnung als Gegenleistung für geleistete Dienste des Arbeitnehmers ausschließt.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob Sozialplanabfindungen der kurzen Verjährungsfrist gem. § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB oder der regelmäßigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB unterliegen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich, soweit der Kammer ersichtlich, noch nicht entscheidungserheblich mit dieser Frage befaßt. In der Entscheidung vom 07. Mai 1986 (BAGE 52, 33 = AP § 4 BAT Nr. 12) führt der 4. Senat allerdings aus, daß die kurze Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8 bzw. Nr. 9 BGB sich erstrecke auf Ansprüche aus Heimarbeit, Auslagenersatz, Vorstellungskosten, Ruhegelder und Abfindungen (vgl. BAG a. a. O., m. w. N.). Auch in einer Entscheidung des 3. Senats vom 25. Januar 2000 (3 AZR 780/98 EzA § 196 BGB Nr. 11 auch zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen) führt das Bundesarbeitsgericht aus, daß nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 oder 9 BGB alle Arten von Arbeitsentgelten, die abhängig Beschäftigte zu beanspruchen haben, der zweijährigen Verjährungsfrist unterlägen und daß hierzu auch Abfindungs- und Versorgungszahlungen zählten. Daraus läßt sich allerdings nicht entnehmen, daß Sozialplanabfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes der zweijährigen Verjährungsfrist unterliegen, weil die Art der in den vorbezeichneten Entscheidungen in den Aufzählungen mit enthaltenen Abfindungen nicht näher in den Entscheidungen erläutert sind. In der Entscheidung vom 25. Januar 2000 (3 AZR 780/98 a. a. O.) könnte auch eine einen Versorgungsanspruch abgeltende Abfindung gemeint sein. Da allerdings die Bemerkungen des BAG in den vorbezeichneten Entscheidungen nicht den zu entscheidenden Streitgegenstand betrafen und hierauf nicht die Entscheidung gestützt worden ist, meint die Kammer, nicht von einer abschließenden Klärung der Frage durch das Bundesarbeitsgericht ausgehen zu dürfen.

In der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Zum Teil wird vertreten, daß jedenfalls zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsstreites vereinbarte Abfindungen ebenso wie rückständige Lohn- und Ruhegehaltsansprüche der zweijährigen Verjährung unterlägen (vgl. LAG Hamm Urteil vom 15. Januar 1990 - 19 Sa 1148/89 - LAGE § 9 KSchG Nr. 18). Demgegenüber meint das LAG Bremen (Urteil vom 23. November 1982 - 4 Sa 152/82 - LAGE § 9 KSchG Nr. 2) solche gem. §§ 9, 10 KSchG vereinbarten Abfindungsansprüche verjährten in 30 Jahren. Nach der Entscheidung der 8. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichtes vom 31. August 1998 (8 Sa 295/98 n. v.) verjähren Sozialplanabfindungsansprüche gem. § 195 BGB nach 30 Jahren, weil es sich dabei nicht um Geschäfte des täglichen Lebens und auch nicht um eine Leistung mit Entgeltcharakter, sondern um eine solche mit Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion handele, so daß nach Sinn und Zweck der kurzen Verjährungsfrist ihre Anwendung nicht angezeigt sei (vgl. Thüringer LAG vom 31. August 1998 a. a. O.). Demgegenüber meint das Landesarbeitsgericht Berlin (Urteil vom 23. September 1998 - 4 Sa 69/98) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß Abfindungen auch Arbeitseinkommen seien, so daß diese der kurzen Verjährungsfrist unterlägen. Diene die Sozialplanabfindung dem Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile, die dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes künftig entstünden und erwartet der Arbeitnehmer von der Abfindung einen Ausgleich des Lohnwegfalls für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses, so solle es der Verkehrsauffassung entsprechen der Abfindung die Bedeutung eines anderen Dienstbezuges i. S. vom § 196 Abs. 1 Nr. 8 bzw. Nr. 9 BGB zukommen zu lassen (vgl. LAG Berlin a. a. O., S. 9 der Entscheidungsgründe).

In der Literatur wird wohl überwiegend, allerdings ohne eingehendere tiefere Untersuchungen angenommen, Abfindungen jedenfalls nach §§ 9, 10 KSchG unterlägen der 30-jährigen Verjährung (vgl. Ascheid/Preis/Schmidt/Bibel, § 10 KSchG Rz. 47; KR/Spilger, § 10 Rz. 22 b m. w. N.).

Zur Überzeugung der Kammer ergibt die Auslegung von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB, daß unter diese Norm Sozialplanabfindungen, deren Zweck im Sozialplan ausdrücklich so definiert sind, daß sie keine Gegenleistung für in der Vergangenheit geleistete Dienste des Arbeitnehmers sind, nicht subsumiert werden können. In Betracht kommt ohnehin nur, Abfindungen als "andere Dienstbezüge" i. S. von Nr. 8 der Vorschrift oder als "andere an Stelle oder als Teil des Lohnes vereinbarter Leistungen" i. S. der Nr. 9 der Vorschrift anzusehen. Diese Gesetzesbegriffe sind zunächst vom Wortlaut her auszulegen. Der maßgeblicher Sinn des Begriffs ist zu ermitteln. Auch sind der Wille des Gesetzgebers, der systematische Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Norm zu berücksichtigen (vgl. BAG vom 15. März 2000 - 10 AZR 101/99 - zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen). Außerdem ist soweit erkennbar die Entstehungsgeschichte der Norm heranzuziehen.

Nach dem Wortlaut der Norm werden von ihr nur Vergütungsansprüche in engerem Sinne oder diese ersetzende Ansprüche erfaßt (vgl. Staudinger/Peters Bearbeitung 1995 § 196 BGB Rz. 49). Unter Vergütung in diesem Sinne versteht man nach allgemeinem Rechtssprachgebrauch diejenige Gegenleistung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für dessen geleistete Dienste gewährt. Vergütung bzw. Entgelt in diesem Sinne sind Dienstbezüge i. S. von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB. Damit werden von der Norm zur solche Ansprüche des Arbeitnehmers erfaßt, die ein Äquivalent für seine erbrachten Leistungen darstellen (vgl. BGHZ 79, 89 unter II 2 a der Gründe zu Ansprüchen aus Kaufvertrag; BAG vom 17. Februar 1993 - 4 AZR 52/92 - AP zu § 196 BGB Nr. 14 unter III 2 der Gründe). Nach dem Wortlaut der Vorschrift werden zunächst ausdrücklich aufgezählte Ansprüche der kurzen Verjährung unterworfen und zwar Gehalt und Lohn. Daneben werden noch in der selben Aufzählung in Nr. 8 der Vorschrift "andere Dienstbezüge" und in Nr. 9 der Vorschrift "andere anstelle oder als Teil des Lohnes vereinbarte Leistungen" der kurzen Verjährung unterworfen. Die Aufzählung mit den abschließenden Ausdrücken "andere Dienstbezüge" und "anstelle ... des Lohnes vereinbarter" Ansprüche macht deutlich, daß diese weiteren Ansprüche nur dann von der Norm erfaßt sein sollen, wenn sie Lohn- oder Gehaltscharakter haben, mithin Gegenleistung für geleistete Dienste darstellen.

Hierunter fallen Sozialplanabfindungen grundsätzlich nicht, so daß die Kammer kein Anlaß zur Vertiefung der Frage hat, ob einmalige laufende Vergütungsabsprüche abgeltende Abfindungen der kurzen Verjährungsfrist unterfallen können oder nicht (vgl. dazu BGH Urteil vom 23. Februar 1965 - 6 ZR 281/63 - NJW 1965, 1224, 1225; Bundesarbeitsgericht Urteil vom 28. März 1969 - 3 AZR 54/67 - NJW 1968, 2027; BAG Urteil vom 07. November 1989 - 3 AZR 48/88 - Betriebsberater 1990, 561, 562). Eine Sozialplanabfindung, die ausschließlich dem gesetzlichen Zweck bzw. einem besonderen definierten Zweck, der nicht Gegenleistung für in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistung ist, dient, ist jedenfalls keine Abfindungszahlung, die ansonsten laufende Bezüge mit einem Einmalbetrag abgelten soll. Nur über solche kapitalisierten Ansprüche verhielten sich die vorbezeichneten Entscheidungen (vgl. BGH a. a. O., BAG vom 28. März 1968 und 07. November 1999 jeweils a. a. O.).

Die Beschränkung der Anwendung des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB auf Vergütung im oben definierten Sinne ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern aus dem Sinn und Zweck der Regelungen sowie ihrer Entstehungsgeschichte. Dabei ist zu beachten, daß § 196 BGB als Ausnahme zur regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB eng auszulegen ist (vgl. jetzt Bundesarbeitsgericht Urteil vom 15. März 2000 - 10 AZR 101/99 - zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen; BGH Urteil vom 08. Dezember 1992 - X ZR 123/90 - NJW-RR 1993, 1059 f; möglicherweise noch anders BAG Urteil vom 07. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - AP BAT § 4 Nr. 12; von einer weiten Auslegung durch das BAG ausgehend jedenfalls Erfurter Kommentar/Preis §§ 194 - 225 BGB Rz. 5). Für eine enge Auslegung spricht, daß sich der Gesetzgeber des BGB nach umfänglicher Diskussion, ob nicht die Verjährungsfrist von 30 Jahren ohnehin viel zu lang sei und abgeschafft gehöre, bewußt dafür entschieden hat, diese Frist als regelmäßige Verjährungsfrist beizubehalten und nur ausnahmsweise kasuistisch aufgeführte Ansprüche von dieser Verjährungsfrist auszunehmen (vgl. Motive S. 295 f.). Die hiervon abweichenden Bestimmungen über kürzere Verjährungsfristen bezeichnet der Gesetzgeber selbst als "Sonderbestimmungen" (vgl. Motive S. 296), die auf Kosten des Berechtigten nicht überspannt werden dürften (Motive S. 296). Damit sprechen Ausnahmecharakter der Norm sowie Wille des Gesetzgebers gegen eine weite Auslegung, zumal der Gesetzgeber der Ansicht war, mit den Bestimmungen dem Bedürfnis nach kürzerer Verjährungsfrist schon "in weitem Umfange Rechnung getragen" zu haben (vgl. Motive ebd.).

Der Sinn und Zweck der kurzen Verjährungsfrist ist nur zu verstehen auf dem Grundgedanken jeglicher Verjährung. Dieser ist, das tatsächliche Zustände, die längere Zeit hindurch unangefochten bestanden haben, im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als zu Recht bestehend anerkannt werden (Motive S. 289). So betonen die Motive zum BGB immer wieder dieses seinerzeit sogenannte "rechtspolizeiliche" Argument (Motive S. 297 ff.). Schwerpunkt der Verjährung ist es nicht, dem Gläubiger sein Recht zu nehmen, sondern dem Schuldner ein Schutzmittel zu geben, weil dieser "infolge der verdunkelnden Macht der Zeit" nur noch schwer sich gegen einen Anspruch verteidigen kann (Motive S. 291).

Weil bestimmte Geschäfte des täglichen Verkehres zu zahlreich und dem Gegenstande nach in der Regel zu unbedeutend gewesen seien, als daß diese im Gedächtnis der Beteiligten längere Zeit gegenwärtig blieben und schriftliche Notizen vom Verpflichteten nur ausnahmsweise gemacht, Quittungen über die Begleichung selten erteilt noch seltener, wenn erteilt aufbewahrt würden, hielt man im Bereich solcher Geschäfte eine kürzere Verjährungsfrist für notwendig (Motive S. 297). Unter solche Geschäfte faßte man seinerzeit auch die Vergütung von Arbeitnehmern. Zu Recht verweist das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 15. März 2000 (10 AZR 101/99 a. a. O.) darauf, daß der auf den vor 100 Jahren bestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beruhende, kasuistisch gefaßte § 196 BGB mit dem heutigen Entwicklungsstand von Wirtschaft und Technik nur noch teilweise im Einklang stehe und daß hierauf bei der Auslegung der Norm Bedacht zu nehmen sei. Schon 1941 wies Herschel (Von der Verjährung im Arbeitsrecht, Deutsche Justiz 1941, 425) darauf hin, daß aufgrund der Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre bessere Aufzeichnungen und Dokumentationen in den Betrieben stattfänden und daß deshalb die frühere Verjährungsfreundlichkeit nicht mehr berechtigt sei.

Diesen Sinn und Zweck widerspricht es, der kurzen Verjährungsfrist über die von einer strengen Wortlautinterpretation hinaus erfaßten Ansprüche noch weitere zu unterwerfen, die nicht Geschäfte des täglichen Lebens sind, die in aller Regel nicht unbedeutend sind und über die selbst und über deren Erfüllung in aller Regel Aufzeichnungen gemacht und auch längere Zeit aufbewahrt werden. Für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB scheint daher heute kaum Raum zu sein. Fast alle Vergütungszahlungen und vor allem auch Zahlungen größerer Einmalbeträge wie die von Abfindungen erfolgen heute bargeldlos. Schon dadurch ist die Dokumentation der Zahlungswege gewährleistet. Nicht nur aufgrund der Aufbewahrung von Unterlagen in den Betrieben, sondern darüber hinaus aufgrund der Speicherung von Daten und Aufbewahrung, wenn auch in digitalisierter Form, von Unterlagen in den Banken, lassen sich heute noch jahrelang Zahlungswege nachweisen, wenn die Beteiligten es nicht geradezu darauf anlegen, diese zu vertuschen. Deshalb ist trotz der Schnellebigkeit der heutigen Zeit ihre "verdunkelnde Macht" geringer geworden, so daß der Bedarf an Schutzmitteln für den Schuldner insofern geringer ist. Gerade die Zahlung einer Sozialplanabfindung ist kein Geschäft, welches seinem Gegenstande nach so unbedeutend ist, als daß sie dem Gedächtnis der Beteiligten nicht längere Zeit gegenwärtig bleiben und es ist auch kein solches, von dem schriftliche Notizen nur ausnahmsweise gemacht werden. Sozialpläne müssen ohnehin schriftlich abgeschlossen werden. Die Anspruchsvoraussetzungen werden in aller Regel klar und nachvollziehbar definiert. Es ist auch noch nach Jahren nachvollziehbar, wer zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört und wie sich die Höhe der Abfindungen berechnet. Da Hintergrund eine erhebliche Betriebsänderung ist, ist eine sozialplanpflichtige Angelegenheit sowohl für den Arbeitgeber als auch erst recht für den Arbeitnehmer, um dessen Entlassung es geht, ein einschneidendes und nicht ein unbedeutendes Ereignis, welches gewiß lange Zeit im Gedächtnis haften bleibt.

Zu Recht führen die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 28. März 1968 sowie 07. November 1989 (3 AZR 54/67 - a. a. O.; 3 AZR 48/88 - a. a. O.) aus, daß es die regelmäßig wiederkehrend zahlbaren Gehälter und Löhne sind, die Leistungen des täglichen Lebens darstellen, die rasch abzuwickeln sind. Das Ausbleiben solcher Zahlungen werde schnell bemerkt, der Gläubiger könne durch entsprechende Maßnahmen die Verjährung verhindern.

Der Grundgedanke der kurzen Verjährung liegt demnach darin, Ansprüche zu erfassen, die in großer Zahl entstehen. Dazu gehören Lohnansprüche und deren Ersatz und Nebenansprüche (vgl. BAG Urteil vom 15. März 2000 - 10 AZR 101/99 - a. a. O. zu II B 3 e der Gründe).

Der kurzen Verjährung unterliegen deshalb nur andere Dienstbezüge und andere vereinbarte Leistungen, wenn sie den in Nr. 8 und 9 ausdrücklich erwähnten Lohn- und Gehalt dem Charakter nach entsprechen, mithin Entgeltansprüche und die diese ersetzende Ansprüche.

Jedenfalls eine Sozialplanabfindung, wie die hier in Rede stehende, ist kein Entgeltanspruch in diesem Sinne. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Betriebspartner bei der Vereinbarung eines Sozialplanes frei in ihrer Entscheidung, welche Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer in welchem Umfange ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Der Inhalt des Sozialplanes muß dabei nur dem Normzweck von § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG entsprechen, die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder doch zu mildern, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen; mit dem Sozialplan soll den von der Betriebsstillegung betroffenen Arbeitnehmern eine verteilungsgerechte Überbrückungshilfe gewährt werden (BAG Urteil vom 31. Juli 1996 - 10 AZR 42/96 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 3). Der Zweck einer Sozialplanabfindung ist demnach keine Belohnung für die in der Vergangenheit geleisteten Dienste, die für den Betrieb erbrachte Leistungen nachträglich vergüten soll, sondern eine Überbrückungshilfe für die von den Entlassungen betroffenen Arbeitnehmern bis zu einem neuen Arbeitsverhältnis oder bis zum Beginn des gesetzlichen Altersruhegeldes (vgl. BAG Urteil vom 31. Juli 1996 - 10 AZR 45/96 - a. a. O.; BAG Urteil vom 19. Oktober 1999 - 1 AZR 816/98 - n. v.).

Hier haben die Parteien den Zweck der Abfindung besonders definiert. Im Sozialplan I 1991 selbst findet sich keine solche Definition. Dieser Sozialplan regelt aber Abfindungen, die an die Stelle der Abfindungen aus den Vereinbarungen aus dem Jahre 1990 treten sollen, in denen jeweils unter 2.3 vereinbart ist, daß die Abfindungen dem Ausgleich aller materiellen und immateriellen Nachteile, die sich aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben, dienen soll. Damit ist die hier vereinbarte Sozialplanabfindung ein reiner Nachteilsausgleich, der in keiner Weise als Gegenleistung für die in der Vergangenheit geleisteten Dienste betrachtet werden kann, weshalb ihr der Entgeltcharakter in diesem Sinne fehlt und sie nicht der kurzen Verjährung unterfallen kann. Es handelt sich auch nicht um Entschädigungsansprüche, die gleichsam als Surrogat an die Stelle der früher gezahlten Arbeitsvergütung treten (vgl. so zu Recht Thüringer Landesarbeitsgericht Urteil vom 31. August 1998 - 8 Sa 295/98 - a. a. O.). Dem steht auch nicht entgegen, daß Berechnungsfaktor häufig die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Höhe der im Arbeitsverhältnis erzielten Vergütung ist. Das berücksichtigt nur, daß die abzugeltenden Nachteile für einen länger Betriebszugehörigen und höher Verdienenden größer sind. Dem stehen auch nicht die Entscheidungen des BAG entgegen, in denen Sozialplanabfindungen als Arbeitseinkommen bezeichnet werden (BAG Urteil vom 30.11.1994 - 10 AZR 79/94 - AP § 112 BetrVG 1972 Nr. 88; Urteil vom 13. November 1991 - 4 AZR 20/91 - AP Nr. 13 zu § 850 ZPO). In diesen Entscheidungen hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden, ob Sozialplanabfindungen den Pfändungsvorschriften unterworfen sind oder unter tarifliche Ausschlußfristen fallen, die alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfassen. Zweifelsohne ist der Sozialplananspruch ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, aber ohne daß er zwingend Entgeltcharakter i. S. einer Gegenleistung für geleistete Dienste haben muß. Das schließt jedenfalls nunmehr die zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (Urteil vom 19. Oktober 1999 - 1 AZR 816/98 - a. a. O. sowie Urteil vom 31. Juli 1996 - 10 AZR 45/96 - a. a. O.) aus. Der Begriff des Arbeitseinkommens i. S. der Pfändungsvorschriften §§ 850 ff. ZPO ist nicht identisch mit dem Begriff des Arbeitsentgelts bzw. der Vergütung (hierauf weist schon zu Recht hin Thüringer Landesarbeitsgericht Urteil vom 31.08.1998 - 8 Sa 295/98 -). Das ergibt sich schon daraus, daß unter Vergütung i. S. einer Gegenleistung für geleistete Arbeit nicht nur Geldzahlungen, sondern auch Sachleistungen zu verstehen sind, wohin gegen Arbeitseinkommen i. S. der Pfändungsvorschriften nur Geldzahlungen sind, weil die Pfändung von Sachleistungen sich nach §§ 846, 847 ZPO und nicht nach 850 ff ZPO richtet. Die Definition des Arbeitseinkommens i. S. der Pfändungsvorschriften orientiert sich vielmehr am einkommenssteuerrechtlichen Begriff der Einkünfte gem. § 19 Abs. 1 EStG (vgl. Zöller/Stöber, a. a. O. § 850 Rz. 2). Auch Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und Richter fallen unter den pfändungsrechtlichen Begriff des Arbeitseinkommens, obschon sie keine Gegenleistung für geleistete Dienste, sondern eine amtsangemessene Alimentierung darstellen. Da dieser Begriff wesentlich weitergefaßt ist als der der Arbeitsvergütung oder auch des Arbeitsentgelts, bedeutet die Qualifizierung von Sozialplanabfindungen als Arbeitseinkommen i. S. der Pfändungsvorschriften nicht gleichzeitig, daß diese auch Gehalt, Lohn oder andere Dienstbezüge i. S. von § 196 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BGB sind. Deshalb überzeugen auch die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Hamm und Berlin (LAG Hamm vom 15. Januar 1990 - 19 Sa 1148/89 - a. a. O.; LAG Berlin Urteil vom 23. September 1998 - 4 Sa 69/98 - a. a. O.) die Kammer nicht, weil diese aufgrund der Bezeichnung von Sozialplanabfindungen als Einkommen in den vorerwähnten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes diese ohne weiteres unter die kurze Verjährungsfrist von § 196 Abs. 1 BGB subsumieren. Die Gleichsetzung ist, wie dargelegt, nicht gerechtfertigt; schließlich haben die Pfändungsschutzvorschriften einen ganz anderen Sinn und Zweck als die Verjährungsvorschriften.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.

Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen. Soweit für die Anschlußberufung überhaupt besondere Kosten entstanden sein sollten, sind diese dadurch auch in diesem Rahmen der Beklagten auferlegt. So will jedenfalls die Kammer ihren Tenor verstanden wissen, weil hier im Rahmen der Anschlußberufung lediglich eine sachdienliche Umstellung des Klageantrages vorgenommen worden ist und weder ein anderer noch ein erweiterter Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt worden ist, so daß die möglicherweise veranlaßten Kosten durch diesen nach Rechtsprechung des BGH innerhalb der fremden Berufung geführten Gegenangriff jedenfalls in einer solchen Fallkonstellation wie hier von den Kosten der Berufung mit erfaßt sind. Dem steht nicht entgegen, daß in den anderen Fallkonstellationen, daß mit einer Anschlußberufung Klagerweiterungen und geänderte Streitgegenstände geltend gemacht werden, üblicherweise trotz der Qualifizierung als nicht eigenes Rechtsmittel, sondern Gegenangriff innerhalb einer fremden Berufung die herrschende Meinung § 97 Abs. 1 ZPO anwendet. Deshalb war hier auch keine Entscheidung der Gesamtkosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO veranlaßt. Gem. § 101 Abs. 1 ZPO trägt die Streithelferin auch im Berufungsrechtszug die Kosten ihrer Streithilfe.

Die Revision war zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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