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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 05.09.2000
Aktenzeichen: 7 TaBV 12/99
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 19
Ein von drei Arbeitnehmern in der ersten Instanz erfolgreich betriebenes Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG wird im Beschwerdeverfahren nach Rücktritt des Betriebsrates von 2 (betriebsangehörigen) Antragstellern mit Zustimmung des beteiligten Betriebsrates und Arbeitgebers für erledigt erklärt, der dritte (inzwischen aus dem Betrieb ausgeschiedene) Antragsteller will eine Sachentscheidung. Was tun?
Tenor:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Eisenach vom 08.04.1999, 2 BV 5/98, wird abgeändert.

Der Antrag des Antragstellers U. F. wird als unzulässig verworfen.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 08.04.1999 hat das Arbeitsgericht auf Antrag dreier Arbeitnehmer (Beteiligte zu 1 bis 3) die Betriebsratswahl vom 14./15.04.1998 für unwirksam erklärt. Betriebsrat (Beteiligter zu 4) und Arbeitgeber (Beteiligter zu 5) waren damit nicht einverstanden und gingen in die Beschwerde. Im Ergebnis der zweitinstanzlichen Anhörung vom 21.03.2000 wollte der Betriebsrat über seinen Rücktritt beraten. Verkündungstermin wurde deshalb anberaumt auf den 25.04.2000. Am 18.04.2000 trat der Betriebsrat zurück. Der Verkündungstermin wurde aufgehoben.

Die betriebsangehörigen Antragsteller W. (Beteiligter zu 1) und K. (Beteiligter zu 2) erklärten den Rechtsstreit für erledigt. Betriebsrat und Arbeitgeber schlossen sich an. Am 02.08.2000 wurde ein neuer Betriebsrat gewählt, das Wahlergebnis am 03.08.2000 bekannt gemacht.

Der Antragsteller F. (Beteiligter zu 3) widerspricht der Erledigung des Verfahrens und verlangt eine Sachentscheidung. Er ist im Laufe des Wahlanfechtungsverfahrens auf Grund gerichtlichen Abfindungsvergleiches zum 30.11.1998 aus dem Betrieb ausgeschieden. Anlass war eine außerordentliche Arbeitgeberkündigung, die mit betriebsrätlicher Zustimmung ausgesprochen wurde.

II

1. Das von den Antragstellern W. und K. getragene Wahlanfechtungsverfahren ist durch Beschluss der Kammer einzustellen:

a. Die drei Antragsteller nach § 19 Abs. 2 BetrVG bilden keine zur gemeinsamen Prozessführung verpflichtete Gruppe. Jeder Antragsteller bleibt selbständig und kann nach Maßgabe des Verfahrensrechtes seinen Antrag zurücknehmen (BAGE 48, 96) oder das von ihm getragene Verfahren für erledigt erklären.

b. Den betriebsangehörigen Antragstellern W. und K. ging es nicht um die Zerschlagung des Betriebsrates, sondern um die Einleitung von Neuwahlen. Dieses Ziel haben sie durch den Rücktritt erreicht und deshalb mit Blick auf § 22 BetrVG den Rechtsstreit - richtiger: das von ihnen als Antragsteller getragene Verfahren - für erledigt erklärt. Betriebsrat und Arbeitgeber stimmten zu, der Antragsteller F. widersprach. Eine Einstellung durch den Vorsitzenden nach den §§ 90 Abs. 2, 83 a Abs. 2 ArbGG scheitert daran, dass nicht alle (BAG vom 27.08.1996 AP Nr. 4 zu § 83 a ArbGG 1979) Beteiligten zustimmen.

c. Verweigert ein Beteiligter die Zustimmung zur Erledigterklärung des Antragstellers, so ist das Verfahren dennoch einzustellen, wenn es sich tatsächlich erledigt hat (BAG, a. a. O.), und zwar durch Beschluss der Kammer (Hauck, ArbGG, 1. Aufl. 1996, § 83 a Rz. 6). Damit bleibt auf Grund einseitiger Erledigungserklärung lediglich zu prüfen, ob der Antrag nachträglich unzulässig oder unbegründet geworden ist. Ob er von Anfang an zulässig und begründet war, spielt keine Rolle (BAG, a. a. O.).

d. Die Wahlanfechtung wurde nachträglich unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr besteht. Die betriebsangehörigen Antragsteller W. und K. haben mit dem Rücktritt des Betriebsrates ihr erklärtes Rechtsschutzziel erreicht. Sie müssen sich nicht gegen ihren Willen vor den Karren des externen Antragstellers F. spannen lassen, der mit der Wahlanfechtung eigene Ziele verfolgt. Das Beschlussverfahren ist nicht dazu da, alte Rechnungen zu begleichen. Das Wahlanfechtungsverfahren muss bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz in der Beschwerdeinstanz noch von mindestens einem betriebsangehörigen Arbeitnehmer getragen werden (BAG vom 15.02.1989 AP Nr. 17 zu § 19 BetrVG 1972; Fitting u. a., BetrVG, 20. Aufl. 2000, § 19 Rz. 19) und erledigt sich spätestens mit der Neuwahl nach Rücktritt (BAG vom 13.03.1991 AP Nr. 20 zu § 19 BetrVG 1972).

2. Der Antragsteller F. will - aus welchen Gründen auch immer - keine Konsequenzen aus der Erledigung des Anfechtungsverfahrens ziehen und besteht auf einer Sachentscheidung. Da er mit seinem Anfechtungsbegehren alleine übrig geblieben ist, fehlt es schon an der von § 19 Abs. 2 BetrVG verlangten Mindestzahl von Antragstellern, einer zusätzlichen Prozessvoraussetzung für das Wahlanfechtungsverfahren. Sein unzulässig gewordener Anfechtungsantrag ist daher unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses zu verwerfen.

3. Die Entscheidung ergeht kostenfrei.

4. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlen.

Ende der Entscheidung

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