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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: 1 U 99/00
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
VOB/B § 16 Nr. 3
VOB/B § 2 Nr. 6 Abs. 1
VOB/B § 2 Nr. 8 Abs. 2
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 1
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
ZPO § 92
ZPO § 711
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2 S. 1
Bei Ausschreibungen hat grundsätzlich der Bieter das Risiko seiner Fehlkalkulation zu tragen. Der Auftraggeber ist nicht gehalten, von sich aus zu klären, ob ein Kalkulationsirrtum des Bieters vorliegt. Die Erkennbarkeit eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung genügt nicht. Eine Pflicht zur Aufklärung eines Kalkulationsirrtums besteht allenfalls dann, wenn sich der Tatbestand des Kalkulationsirrtums mit seinen unzumutbaren Folgen für den Bieter aus dem Angebot des Bieters oder aus dem Vergleich zu den weiteresn Angeboten oder aus den dem Auftraggeber bekannten sonstigen Umständen geradezu aufdrängt.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 99/00

Verkündet am: 30.11.2000

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch die Richterin am Oberlandesgericht Zimmermann-Spring als Einzelrichterin

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 01.12.1999 - Az. 2 O 735/99 - wird auf die Berufung des Klägers wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 22.867,86 DM nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit dem 18.05.1999 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass die zunächst in Höhe von 179.879,27 DM erhobene Klage in Höhe von 68.710,01 DM unbegründet ist.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die der Beklagten werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens fallen dem Kläger 79 %, der Beklagten 21 % zur Last.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger 94 %, der Beklagten 6 % zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,- DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch Vorlage einer selbstschuldnerischen, unwiderruflichen, unbefristeten Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen in der EU anerkannten Kreditinstitutes erbracht werden.

4. Die Beschwer des Klägers beträgt 91.170,53 DM, die der Beklagten 6.285,47 DM.

Tatbestand:

Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage Restlohnwerkansprüche für Stahlbau-, Dach- und Fassadenarbeiten aus einem zwischen den Parteien am 11.09.1998 geschlossenen schriftlichen Bauvertrag (Anlage K 1, Anlagenheftung Kläger, Blatt 1 - 5) geltend.

Auf diesen sollten nach den vertraglichen Vereinbarungen die Vorschriften der VOB/B ergänzend angewendet werden.

Der vereinbarte Leistungsumfang und der auf der Basis von Einheitspreisen auf vorläufig 430.417,31 DM netto bzw. 499.284,08 DM brutto bezifferte Vergütungsanspruch bestimmten sich nach dem Angebot des Klägers vom 18.08.1998 (Anlage K 2, Anlagenheftung Kläger, Blatt 6-12), das auf dem Leistungsverzeichnis der Beklagten vom 09.07.1998 (Anlage K 3, Anlagenheftung, Kläger Blatt 13-24) basierte.

Nach Abnahme der Leistung durch die Beklagte stellte der Kläger unter dem 07.04.1999 die Schlussrechnung (Anlagenheftung Kläger, Blatt 26 ff.), die die Beklagte mit Prüfbericht ihres Architekten, Herrn Möller, vom 28.04.1999 (Anlagenheftung Kläger, Blatt 25, Anlage K 4) zurücksandte. Ausweislich dieses Berichtes erkannte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 432.019,19 DM netto bzw. 501.142,26 DM brutto an. Hierauf bezahlte die Beklagte zunächst 426.600,00 DM.

Eine weitere Zahlung in Höhe von 68.710,01 DM erbrachte die Beklagte am 28.05.1999.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen:

Bei Erteilung seines Angebots vom 18.08.1998 sei ihm ein gravierender Kalkulationsfehler hinsichtlich der Einheitspreise für die als Fremdgewerk mit auszuführenden Außenwände - Positionen 1.3.20, 1.3.21, 1.3.23, 1.3.24, 1.3.25, 1.3.26 des Leistungsverzeichnisses - unterlaufen, indem er es verabsäumt habe, mit einzubauende Fensterelemente, Türen und Rolltore mit einzukalkulieren. Der Irrtum stelle sich wie folgt dar:

LV-Position EP des Klägers "Objektiver Wert" der Pos. Wertdifferenz

Pos. 1.3.20 29.461,78 DM 7.361,17 DM 22.100,61 DM Pos. 1.3.21 12.965,40 DM 23.266,86 DM 10.301,46 DM Pos. 1.3.23 15.087,49 DM 24.058,89 DM 8.971,40 DM Pos. 1.3.24 10.679,26 DM 21.919,68 DM 11.240,42 DM Pos. 1.3.25 3.423,92 DM 9.799,12 DM 6.375,20 DM Pos. 1.3.26 1.993,44 DM 20.564,24 DM 18.870,80 DM Summen: 51.210,68 DM 129.070,57 DM 77.859,89 DM (netto) (netto) (netto)

Diese offensichtlichen Differenzen könnten der Beklagten bzw. ihrem Architekten nicht verborgen geblieben sein. Die Beklagte habe eigene Vorstellungen von den Preisen wesentlicher Bauteile gehabt haben müssen. Spätestens nach Vergleich mit den Angeboten konkurrierender Bieter habe die Beklagte nicht mehr die Augen davor verschließen können, dass dem Kläger bei der Angebotserstellung die vorstehend aufgezählten gravierenden Fehler unterlaufen seien. Aufgrund des vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses sei es die Pflicht der Beklagten gewesen, den Kläger auf den erkannten Kalkulationsirrtum hinzuweisen. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt, so dass ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe bestehe.

Die Beklagte verweigere darüber hinaus zu Unrecht die Vergütung von Mehrkosten, unter anderem 390,00 DM (netto) für Abdeckkappen als seitliche Abschlüsse für Fensterbänke, die auf Weisung des Architekten montiert worden seien, obwohl sie im Leistungsverzeichnis nicht ausgeschrieben und auch nicht im Angebot des Klägers enthalten gewesen seien sowie 720,00 DM (netto) für Nacharbeiten an dem von einer anderen Firma errichteten Betonsockel der Lagerhalle, die dadurch entstanden seien, dass dieser Sockel keine gerade Randeinfassung gebildet habe, so dass die Montage der Wandelemente (Stahlkonstruktion) ohne Nacharbeit nicht möglich gewesen sei.

Schließlich sei die Beklagte nicht zu den in dem Prüfbericht des Architekten/Schlusszahlungsfreigabe aufgeführten Abzügen berechtigt; Gegenforderungen stünden ihr nicht zu.

Der Kläger hatte zunächst mit seiner am 31.05.1999 bei Gericht eingegangenen Klageschrift vom 27.05.1999 über eine Hauptforderung in Höhe von 175.879,27 DM Klage erhoben, hat jedoch alsdann - im Hinblick auf die von der Beklagten unter dem 28.05.1999 geleistete Zahlung - beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 111.169,26 DM nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit 27.04.1999 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm die Kosten zu erstatten, die ihm dadurch entstanden sind, dass die zunächst in Höhe von 179.879,27 DM erhobene Klage nunmehr in Höhe von 68.710,01 DM unbegründet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen:

Sie habe den behaupteten Kalkulationsfehler nicht erkannt. Der Kläger sei ebenso wie andere Anbieter von einer Mischkalkulation ausgegangen mit der Folge, dass einzelne Teilpositionen bei den Bietern unterschiedlich hoch ausfielen. Bei der Mischkalkulation sei lediglich die letztendlich festgestellte Gesamtsumme von Belang und nicht die einzelnen Teilpositionen. Deshalb sei klägerseits von keinem Irrtum auszugehen, zumal alle Details und Ausführungen mehrfach mit dem Architekten besprochen worden seien und der Kläger ein vollständiges Leistungsverzeichnis des Architektenbüros zur Verfügung gehabt habe. Angesichts der Maßgeblichkeit der Gesamtsumme sowie der Tatsache, dass das Angebot eines weiteren Bieters, der Firma G., lediglich 10.000,00 DM über dem des Klägers gelegen habe, habe sich der Beklagten eine Fehlkalkulation auch nicht aufdrängen müssen. Vor Abgabe seines von ihr angenommenen Angebots über eine Nettosumme in Höhe von 430.417,31 DM netto (bzw. 499.284,08 DM brutto) sei der Kläger am 17.08.1998 über das Angebot der Firma G. informiert worden und habe daraufhin eine nochmalige Kalkulation vorgenommen und anderntags das besagte Angebot unterbreitet. Letztendlich sei die Angebotssumme für den Kläger auch nicht unzumutbar.

Die geltend gemachten Mehrkosten schulde sie nicht. So seien Lieferung und Einbau von Abdeckkappen an den Fensterbänken vertraglich geschuldet gewesen, weil ansonsten wegen Eindringens von Wasser kein mangelfreies Gewerk vorgelegen hätte. Der Kläger hätte dementsprechend die Abdeckkappen einkalkulieren müssen. Hinsichtlich des Mehraufwandes für den Betonsockel sei der Vortrag des Klägers unsubstantiiert. Die Bauausführung des Betonsockels liege im Toleranzbereich der DIN 18022.

Mit dem in der Berufung angefochtenen Urteil vom 01.12.1999 hat das Landgericht Meiningen die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 22.415,46 DM nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit dem 18.05.1999 verurteilt und dem auf Ersatz der Kosten für die Klageerhebung in Bezug auf den zwischenzeitlich gezahlten Differenzbetrag (68.710,01 DM) gerichteten Feststellungsantrag stattgegeben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt:

Schon nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien stehe noch ein Betrag in Höhe von 5.833,07 DM zur Zahlung offen. Denn die Beklagte habe einen Rechnungsbetrag in Höhe von 501.143,08 DM anerkannt, so dass nach Abzug der geleisteten Zahlungen in Höhe von 426.600,00 DM sowie 68.710,01 DM der Restbetrag von 5.833,07 DM verbleibe.

Weiterhin habe der Kläger Anspruch auf Zahlung der unter Position 1.3.1.1.,

1.3.8.1. sowie 1.3.14.1. der Schlussrechnung geltend gemachten Beträge für Mehraufwendungen in Höhe von insgesamt 9.909,84 DM netto (= 11.459,41 DM brutto).

Darüber hinaus bestehende Zahlungsansprüche habe der Kläger nicht.

So habe er keinen Anspruch auf Zahlung von 77.859,89 DM zuzüglich Mehrwertsteuer wegen des behaupteten Kalkulationsirrtums. Ein Anspruch auf Anpassung der vereinbarten Vergütung komme nur unter besonderen Umständen in Betracht (BGH NJW-RR 1995, 1360), z. B. wenn der andere Vertragsteil sich die unrichtige Kalkulation soweit zu Eigen gemacht habe, dass eine Verweigerung der Anpassung gegen das Verbot des venire contra factum proprium verstoßen würde, ferner wenn beide Parteien einen bestimmten Berechnungsmaßstab zur Grundlage ihrer Vereinbarung gemacht hätten oder wenn die andere Seite den Irrtum bemerkt und treuwidrig ausgenutzt habe. Ob der Kalkulationsirrtum für den anderen Teil dabei erkennbar gewesen sei, sei regelmäßig unerheblich. Im vorliegenden Fall könne das Vorliegen solcher besonderen Umstände nicht festgestellt werden. Der Vortrag des Klägers hierzu sei unzureichend. Er erschöpfe sich im Wesentlichen in Darlegungen dahingehend, dass die Beklagte den Irrtum hätte bemerken müssen, was aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ausreiche. Die Beklagte habe bestritten, den behaupteten Kalkulationsirrtum bemerkt zu haben, und der Kläger habe für die behauptete positive Kenntnis der Beklagten keinen Beweis angetreten. Ein Vergleichen verschiedener Angebote durch den Bauherrn und den Architekten im Hinblick auf die unterschiedlichen Preisgestaltungen bezüglich einzelner Gewerke (bzw. Angebotspositionen) sei nicht zwingend, zumal es für einen Bauherrn vornehmlich darauf ankomme, auf welche Höhe sich der voraussichtliche Werklohn insgesamt belaufen werde. Dass die Beklagte oder der von ihr beauftragte Architekt sich die streitgegenständlichen Angebotspositionen (zwischen Pos. 1.3.20 und Pos. 1.3.26) im Einzelnen angesehen und im Einzelnen Vergleiche zu den weiteren eingeholten Angeboten gezogen hätten, sei in keiner Weise belegt. Darüber hinaus wäre es auch zweifelhaft, ob ein Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde, was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weitere Voraussetzung für eine Anpassung wäre. Hierzu habe der Kläger keinen Vortrag gehalten.

Ein Anspruch auf Vergütung für die Lieferung von Abdeckkappen für die Fensterbänke in Höhe von 390,00 DM netto bestehe nicht. Nach dem Vortrag des Klägers handele es sich hierbei um eine Leistung, die nicht vorgesehen gewesen sei. Vergütung hierfür könnte der Kläger gem. § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B nur beanspruchen, wenn er den entsprechenden Anspruch gegenüber der Beklagten vorher angekündigt hätte, was nicht ersichtlich sei und wozu auch nichts vorgetragen sei. Im Übrigen könne sich der Kläger nicht darauf berufen, der entsprechende Auftrag sei von dem Architekten wirksam erteilt worden, denn der Architekt sei ausweislich des Bauvertrages nicht berechtigt gewesen, für die Beklagte Aufträge zu erteilen, was auch dem Kläger bekannt gewesen sei. Auch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B ergebe sich kein Anspruch auf Vergütung, denn es sei nicht vorgetragen, dass entsprechende Leistungen nachträglich anerkannt worden seien. Im Übrigen seien Lieferung bzw. Einbau von Abdeckkappen nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht notwendig gewesen, um den Bauvertrag zu erfüllen.

Es bestehe auch kein Anspruch auf Erstattung von Mehraufwendungen in Höhe von 702,00 DM netto für die Nacharbeiten am Betonsockel. Der Vortrag des Klägers hierzu sei unsubstantiiert; insbesondere fehlten Darlegungen dazu, inwieweit und in welcher Hinsicht die Ausführung des Betonsockels nicht dem Soll entsprochen habe. Vor allem nachdem sich die Beklagte damit verteidigt habe, dass die Ausführung der Arbeiten im Toleranzbereich der einschlägigen DIN-Vorschriften liege, wäre es erforderlich gewesen, dass der Kläger seine Behauptungen konkretisiert.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 20.12.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 20.01.2000 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage Berufung eingelegt und diese mit am 18.02.2000 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage begründet.

Der Kläger hat gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 22.12.1999 zugestellte Urteil ebenfalls Berufung eingelegt, nämlich mit am 24.01.2000 (einem Montag) eingegangenem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage und diese innerhalb der mit Verfügung vom 21.01.2000 bis zum 24.03.2000 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 24.03.2000 eingegangenem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage begründet.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, das Landgericht habe sie zu Unrecht zur Zahlung eines Restbetrages in Höhe von 5.833,07 DM verurteilt. Es treffe nicht zu, dass sie einen Rechnungsbetrag in Höhe von 501.143,08 DM anerkannt habe (so dass nach Abzug der geleisteten Zahlungen in Höhe von 426.600,00 DM sowie 68.710,01 DM ein Restbetrag in Höhe von 5.833,07 DM verbliebe). Der von ihrem Architekten angebrachte Prüfvermerk habe keinerlei rechtliche Qualität, insbesondere nicht im Sinne eines Anerkenntnisses. Dem prüfenden Architekten fehlten sowohl die entsprechende Vollmacht - was sich im Streitfall auch aus Ziffer 11.3. des Bauvertrages ergebe, wonach der Architekt keine Vertretungsvollmacht besessen habe - als auch der rechtsgeschäftliche Wille zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung.

Die Beklagte beantragt,

das am 01.12.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Meiningen - 2 O 735/99 - aufzuheben, soweit sie zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 5.833,07 DM verurteilt worden ist und die Klage insofern abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Kläger vertritt die Ansicht, es könne letztlich dahingestellt bleiben, ob der Prüfvermerk als Anerkenntnis im rechtsgeschäftlichen Sinne auszulegen sei, wofür allerdings spreche, dass er sich nicht allein auf die Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit beschränkt habe, sondern auch die Aufrechnung mit vermeintlichen Gegenforderungen sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts enthalte und darüber hinaus auch die aus dem geschuldeten Werklohn zu ermittelnde Gewährleistungsbürgschaft beziffere. Jedenfalls habe die Beklagte keine Einwendungen gegen die von ihrem Architekten als sachlich und rechnerisch richtig festgestellte Rechnungssumme von 432.019,19 DM erhoben. Die Forderung des Klägers sei also insoweit zumindest unstreitig geschuldet. Unter Berücksichtigung der auf den betreffenden Betrag entfallenden Umsatzsteuer einerseits und der geleisteten Zahlungen andererseits errechne sich der vom Landgericht zugesprochene Teilbetrag von 5.833,07 DM. Mit etwaigen neuen Einwendungen gegen die Schlussrechnung im Verlaufe des Prozesses sei die Beklagte ausgeschlossen, nachdem die Rechnungsprüfung tatsächlich erfolgt sei und die Prüffrist nach § 16 Nr. 3 VOB/B auch seit langem abgelaufen sei.

Zu der seinerseits eingelegten Berufung trägt der Kläger vor:

Ihm stehe - entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts - ein Anspruch infolge Kalkulationsirrtums in Höhe von 77.859,89 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu, und zwar sowohl im Wege der Vergütungsanpassung als auch wegen culpa in contrahendo (c.i.c.).

Er habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt, mit welchen Kosten die aufgrund des Kalkulationsirrtums in seinem Angebot unberücksichtigt gebliebenen Türen, Fenster und Rolltore zu veranschlagen gewesen seien und wie sich dies auf die Kalkulation der entsprechenden Teilleistungen wie auch auf das Verhältnis zur Angebotsendsumme ausgewirkt habe. Auch für die Tatsache, dass die Türen, Fenster und Rolltore bei der Angebotserstellung vergessen worden seien, habe er Beweis angeboten. Die Beklagte habe weder bestritten, dass ihr die handelsüblichen Preise der von ihr genau spezifizierten Zulieferteile bekannt gewesen seien, noch dass die Einheitspreise anderer Bieter bei den betreffenden Teilleistungen um ein Vielfaches über den Einheitspreisen des Klägers gelegen hätten. Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen dahingehend, dass sie den Kalkulationsirrtum nicht bemerkt habe, verfingen nicht. Denn es handele sich vorliegend um einen Einheitspreisvertrag, und die Einheitspreise würden nicht im Wege einer Mischkalkulation, bei der die einzelnen Teilpositionen ohne Belang seien, ermittelt. Gehört werden könne die Beklagte allenfalls mit der - klägerseits bestrittenen - Behauptung, das Konkurrenzangebot eines anderen Bieters, der Firma G., habe nur 10.000,00 DM über dem Angebot des Klägers gelegen; hierüber sei jedoch nicht Beweis erhoben worden. Das klägerische Vorbringen sei demnach - entgegen der Ansicht des Landgerichts - sehr wohl substantiiert. Denn er habe dargelegt, dass die beim Vergleich der konkurrierenden Angebote unübersehbaren und in ihrer Dimension auch nicht nachvollziehbaren Preisunterschiede das Vorliegen eines Kalkulationsirrtums geradezu aufgedrängt hätten und damit eine Pflicht des Auftraggebers zur Aufklärung begründet gewesen sei (BGH, Urteil vom 07.07.1998, BauR 1998, 1089, 1093). Die Beklagte habe auch nicht in Abrede gestellt, die konkurrierenden Angebote tatsächlich im Einzelnen (also auch hinsichtlich der Teilleistungen) verglichen zu haben. Dem Landgericht könne nicht darin gefolgt werden, es wäre in keiner Weise belegt, dass die Beklagte oder der von ihr beauftragte Architekt die Preise der Teilleistungen nicht verglichen hätten, denn dies sei - wie sich aus den Grundleistungspflichten des Architekten in der Leistungsphase VII ergebe - Aufgabe eines sorgfältig arbeitenden Architekten, der auf diese Weise auch mögliche Ausschreibungs- und Planungsfehler erkennen könne. Dass eine solche Prüfung nicht stattgefunden haben sollte, erscheine nicht lebensnah. Jedenfalls hätte der gegenteilige Sachvortrag des Klägers nicht als unwahr behandelt werden dürfen. Schließlich lasse auch das Schreiben der Beklagten vom 07.08.1998 (Anlage K 18, Blatt 134 d. A.) darauf schließen, dass die Beklagte tatsächlich die eingeholten Angebote hinsichtlich der Einheitspreise der einzelnen Positionen verglichen habe.

Nach alledem stünden ihm, dem Kläger, Schadensersatzansprüche aus c.i.c. zu. Dabei komme es - anders als bei Vertragsanpassung - nicht darauf an, ob ein Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW 1980, 180; BGH NJW-RR 1986, 569; BGH-BauR 1983, 368) sei allein auf das Bestehen eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses abzustellen; irgendwelche Zumutbarkeitskriterien bestünden nicht. Wäre die Beklagte bei der Vergabeverhandlung am 17.08.1998 ihrer Hinweispflicht nachgekommen, indem sie den Kläger nach einer Erklärung dafür gefragt hätte, wieso er die Außenwände zu einem Bruchteil dessen angeboten habe, was die Konkurrenten verlangten, so hätte der Kläger das Leistungsverzeichnis nochmals kontrolliert, den Kalkulationsirrtum bemerkt und den Vertrag nicht geschlossen.

Der Kläger habe aber auch einen Anspruch auf Vergütungsanpassung, denn im vorliegenden Fall sei die Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Mit Blick auf die nach allgemeiner Rechtsansicht bei 20 % anzusiedelnde Zumutbarkeitsgrenze für Vergütungsnachforderungen bei Mengenabweichungen im Pauschalvertrag sei vorliegend eine deutlich niedrigere Grenze interessengerecht. Beim Abschluss eines Einheitspreisvertrages solle - im Gegensatz zum Pauschalpreisvertrag - das Risiko, unvergütet Mehrleistungen zu erbringen, ausgeschlossen bleiben. Der Auftraggeber sei in seinem Vertrauen auf den (ausgehandelten) Preis hier weniger geschützt. Wenn er den Auftragnehmer zur Erbringung falsch oder gar nicht kalkulierter Leistungen verpflichte, so betätige er kein Vertrauen. Es sei zu sehen, dass der Kläger anderenfalls bei einer Gesamtauftragssumme in Höhe von 430.000,00 DM für Leistungen im Wert von nahezu 78.000,00 DM keine Vergütung erhielte. Dabei müsse zusätzlich beachtet werden, dass der Kläger der Beklagten einen Preisnachlass von 8,5 % gewährt habe und dass die Ausführung des Auftrages bei einem Vergütungsloch von weiteren 18 % zu einem entsprechend hohen Verlust führe.

Die Ausführung des Auftrages habe vorliegend tatsächlich zu einem Verlust geführt, und zwar sowohl bei Zuerkennung der klageweise geltend gemachten Ansprüchen als auch bei deren Ablehnung. Für die Erbringung der Leistungen habe der Kläger nämlich Kosten von insgesamt 560.911,04 DM (Personalkosten ca. 116.181,00 DM; Sachkosten ca. 444.729,00 DM; vgl. Anlagen K 19, K 20, Blatt 137 ff. d. A.) aufwenden müssen. Die vom Kläger in Rechnung gestellte Vergütung (einschließlich der geltend gemachten Nachforderungen für Türen, Fenster und Rolltore in Höhe von ca. 78.000,00 DM) betrage hingegen 523.575,04 DM netto. Auch unter Berücksichtigung einer Vergütung der streitgegenständlichen Leistungsteile habe der Auftrag also einen Verlust eingebracht mit der Folge, dass eine sonst anzurechnende Kompensation des Schadens durch die Auftragsdurchführung nicht gegeben sei.

Darüber hinaus habe er einen Anspruch auf Mehrvergütung in Bezug auf die an die Fensterbänke montierten Abdeckkappen (390,00 DM netto), da der Architekt der Beklagten, der ihn hiermit beauftragt habe, ungeachtet der Regelung in Ziffer 11.3. des Bauvertrages sämtliche Leistungsänderungen in Auftrag gegeben habe, so dass zumindest eine Anscheinsvollmacht gegeben sei.

Auch habe er einen Anspruch auf Vergütung der Mehraufwendungen wegen Nachbesserungsarbeiten am Betonsockel (720,00 DM netto), da das Vorgewerk mangelhaft gewesen sei, was er auch unter Beweis gestellt habe, und der Behauptung der Beklagten, die Toleranzen der einschlägigen DIN seien nicht überschritten, keine eigenständige Bedeutung zukomme.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Meiningen vom 01.12.1999, Az. 2 O 735/99, zu verurteilen, an ihn 111.169,26 DM nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit dem 18.05.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt insoweit das erstinstanzliche Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt sie im Wesentlichen vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung wegen des geltend gemachten Kalkulationsirrtums aus c.i.c. oder im Wege der Vertragsanpassung. Es sei nicht zutreffend, dass das vorliegende Bauvorhaben mit einem Verlust für ihn verbunden gewesen sei. Einen etwa erlittenen Schaden dadurch, dass der Kläger nachweislich einen potenziellen Alternativauftrag nicht hätte ausführen können, habe er ebenfalls nicht dargelegt.

Der Kläger müsse selbst das Risiko seiner Kalkulation tragen. Ihm habe schließlich das vollständige Leistungsverzeichnis vorgelegen. Selbst wenn die Beklagte positive Kenntnis vom Kalkulationsirrtum gehabt hätte, was sie bestreite, reiche das allein für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung nicht aus. Hinzukommen müsse nämlich ein Irrtum von einigem Gewicht, was bei einem Irrtum, der sich auf ca. 18 % der Auftragssumme - also noch unterhalb der Marge der bei ca. 20 % anzusiedelnden Zumubarkeitsgrenze für Vergütungsnachforderungen bei Mengenabweichungen im Pauschalvertrag - belaufe, nicht gegeben sei. Eine Vertragsausführung sei für den Kläger auch nicht schlechthin unzumutbar. Zwar sei das in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.07.1998 genannte Merkmal "erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten" lediglich exemplarisch, doch es komme darin zum Ausdruck, dass Gründe von erheblichem Gewicht und erheblicher Schwere vorliegen müssten, deren Vorliegen der Kläger aber nicht einmal annäherungsweise dargetan habe. Erst Recht habe die Beklagte vom Vorliegen solcher Gründe weder vor bzw. bei Vertragsschluss noch später Kenntnis erlangt.

Selbst für den Fall, dass die Beklagte sämtliche Angebote in ihren einzelnen Positionen miteinander verglichen hätte, hätte sich für sie ein Verdacht des Kalkulationsirrtums nicht aufdringen müssen. Allein entscheidend sei nämlich die Angebotssumme, die nur ca. 10.000,00 DM unter der von der Firma Grüßing zuletzt angebotenen Endsumme von 440.000,00 DM netto (vgl. Beweisantritt Blatt 160 d. A.) gelegen habe.

Es sei auch unzutreffend, dass der Kläger von seiner Angebotsendsumme abgerückt wäre, sofern die Beklagte ihn auf seinen angeblichen Kalkulationsirrtum hingewiesen hätte. Ihm sei so sehr an der Auftragsdurchführung gelegen gewesen, dass er auch in diesem Fall an dem ohnehin nur 10.000,00 DM unter dem Angebot der Firma G. liegenden Angebot festgehalten hätte.

Der Senat hat durch den Einzelrichter über die vom Kläger behaupteten Mängel des Betonsockels, die Aufwendungen für Mehrarbeit in Höhe von 702,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verursacht haben sollen, Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17.08.2000 (Blatt 166 f. d. A.).

Wegen des Ergebnisses der vor dem Einzelrichter durchgeführten Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.11.2000 (Blatt 178 ff. d. A.) verwiesen.

Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter erklärt (vgl. Sitzungsprotokoll vom 10.11.2000, Blatt 182 d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen vor dem Landgericht Meiningen und dem Senat.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg, soweit das Landgericht Meiningen dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn aus dem streitgegenständlichen Werkvertrag in Höhe von (weiteren) 5.833,07 DM zuerkannt hat.

Dem Kläger steht nämlich insoweit (zunächst) ein Anspruch auf Zahlung von 5.832,25 DM zu.

1. Ob von einem sogenannten "deklaratorischen Schuldanerkenntnis" der Beklagten in Bezug auf den Rechnungsbetrag in Höhe von 501.142,26 DM brutto (das erstinstanzliche Gericht ging von 501.143,08 DM brutto aus) - wovon nach Abzug der geleisteten Zahlungen in Höhe von 426.600,00 DM und 68.710,01 DM noch 5.832,25 DM verbleiben - auszugehen ist, indem dem vom Architekten der Beklagten auf der Schlussrechnung des Klägers angebrachten Prüfvermerk in Verbindung mit dem Prüfbericht des Architekten vom 28.04.1999 (Anlagenheftung Kläger, Blatt 25 und 26 ff.) die rechtliche Bedeutung eines Anerkenntnisses zugemessen wird, kann dahingestellt bleiben.

2. Jedenfalls ist die Beklagte mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Schlussrechnung, soweit deren Höhe in dem vorbezeichneten Prüfvermerk nicht beanstandet worden ist, nach § 242 BGB ausgeschlossen.

Denn sie hat innerhalb der Prüfungszeit für Schlussrechnungen von zwei Monaten gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B über die in der geprüften Schlussrechnung (Anlagenheftung Kläger, Blatt 26 ff) bereits enthaltenen Anmerkungen hinaus weder gegen die vom Kläger zugrunde gelegten Mengen noch gegen seine Abrechnung Einwendungen erhoben, so dass solche Einwendungen nunmehr verwirkt sind. Die VOB/B verfolgt mit der Frist von zwei Monaten in § 16 Nr. 3 Abs. 1 nämlich erkennbar das Ziel, Aufmaß- und Abrechnungsstreitigkeiten schnell zu klären, was folglich die Geltendmachung von Einwendungen in kurzer Frist erfordert. Dem durch die Zwei-Monats-Frist bewirkten, für den Auftraggeber vorteilhaften Hinausschieben der Fälligkeit um zwei Monate gegenüber der Regelung im BGB (§ 641 BGB) steht die Verpflichtung des Auftraggebers bzw. seines Architekten gegenüber, die Rechnung und das zugrunde liegende Aufmaß in dieser Frist zu prüfen und gegebenenfalls Einwendungen zu erheben. Nachträgliche Streitigkeiten über die Abrechnung, die häufig zu langwierigen Prozessen führen und für den Unternehmer mit dem Nachteil verbunden sind, den Beweis für den Umfang der ausgeführten Leistungen führen zu müssen, werden auf diese Weise vermieden. Dem Auftraggeber ist es auch zuzumuten, seine Einwendungen innerhalb der Frist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B vorzubringen, da er sich in dieser Zeit ohnehin mit der Rechnungsprüfung befasst und eine zeitnahe Klärung der Ausführung der Bauleistungen - wie bereits ausgeführt - zur Vermeidung von Aufklärungs- und Beweisschwierigkeiten beiträgt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1997, BauR 1997, Seite 1052 ff.).

II.

Die ebenfalls zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers führt nur zu einem Teilerfolg.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Vergütungsanpassung noch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen culpa in contrahendo (c.i.c.) infolge Kalkulationsirrtums zu.

1.1. Wie das Landgericht Meiningen zutreffend ausgeführt hat, kommt ein Anspruch auf Anpassung der Vergütung nur unter ganz besonderen Umständen in Betracht (BGH NJW-RR 1995, 1360). Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch vorliegend nicht erfüllt.

1.1.1. Ein externer Kalkulationsirrtum kann unter dem Gesichtspunkt des Fehlens der Geschäftsgrundlage zwar eine Erhöhung der Vergütung rechtfertigen.

Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem zukünftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut.

Im vorliegendem Fall ist die Kalkulation des Auftragnehmers (des Klägers) indes nicht Geschäftsgrundlage in diesem Sinne auch für die Auftraggeberin (die Beklagte) geworden. Inwieweit die in die Wände einzubauenden Türen, Fenster und Rolltore bei der Kalkulation der Einheitspreise der Einzelpositionen im Angebot des Klägers Berücksichtigung gefunden hatten, hat der Kläger bei Abgabe seines Angebotes nicht - etwa durch Vorlage seiner (dies berücksichtigenden oder nicht berücksichtigenden) Kalkulation - deutlich gemacht.

1.1.2. Eine positive Kenntnis der Beklagten vom Kalkulationsirrtum des Klägers kann vorliegend nicht festgestellt werden. Der Kläger konnte eine solche Kenntnis nicht beweisen.

Ein Kalkulationsirrtum kann allerdings auch aufgrund eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung erkannt werden bzw. erkennbar sein und unter Umständen eine Vertragsanpassung erfordern.

Ausgangspunkt der Beurteilung muss hierbei sein, dass eine fehlerhafte Kalkulation bei Ausschreibungen im Risikobereich des Bieters (hier des Klägers) liegt; grundsätzlich hat der Bieter das Risiko seiner Fehlkalkulation zu tragen. Der Auftraggeber ist deshalb während des Ausschreibungsverfahrens nicht verpflichtet, ohne offenbare Anhaltspunkte in den abgegebenen Angeboten diese auf etwaige Kalkulationsfehler zu überprüfen oder weitere Ermittlungen anzustellen. Er ist nicht gehalten, von sich aus zu klären, ob ein Kalkulationsfehler vorliegt oder nicht. Die Erkennbarkeit eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung genügt regelmäßig nicht (BGH NJW 1980, 180).

Eine Pflicht zur Aufklärung kann allenfalls dann bestehen, wenn sich der Tatbestand des Kalkulationsirrtums mit seinen unzumutbaren Folgen für den Bieter aus dem Angebot des Bieters oder aus dem Vergleich zu den weiteren Angeboten oder aus den dem Auftraggeber bekannten sonstigen Umständen geradezu aufdrängt. Nur in einem solchen Ausnahmefall kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gerechtfertigt sein, den Auftraggeber entgegen seinem eigenen Interesse als verpflichtet anzusehen, an der Aufklärung eines Kalkulationsfehlers eines Bieters mitzuwirken (BGH-BauR 1998, 1089 ff.).

1.1.3. Im vorliegenden Fall ist eine positive Kenntnis der Beklagten in Bezug auf den Kalkulationsfehler des Klägers - wie bereits erwähnt - nicht nachgewiesen.

Aufgrund des vom Kläger im Berufungsrechtszug vorgelegten Schreibens der Beklagten an den Kläger vom 07.08.1998 (Anlage K 18, Blatt 134 d. A.), in welchem die Beklagte den Kläger um Prüfung unter anderem bezüglich des Angebotes zu Einzelposition 1.3.22 bittet, da sein Angebot hier erheblich höhere Preise zugrunde lege als die Angebote von Mitbewerbern, kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Beklagte nicht nur - wie beklagtenseits behauptet - die Endpreise der verschiedenen Anbieter, sondern darüber hinaus auch die in den Angeboten enthaltenen Einheitspreise der Einzelpositionen verglichen hat.

Ein Kalkulationsirrtum konnte sich aufgrund des vorgenannten Preisvergleiches indessen allenfalls in Bezug auf die Einzelpositionen 1.3.20, 1.3.25 und 1.3.26 des Leistungsverzeichnisses des Klägers aufdrängen, in denen die Wertdifferenz zwischen den vom Kläger angebotenen Einheitspreisen und dem "objektiven Wert" der Position bei 300 % bzw. 186 % und 1.114 % liegt.

1.1.4. Hinzu kommen müssten allerdings auch aus dem Kalkulationsfehler erwachsende unzumutbare Folgen für den Auftragnehmer (den Kläger) im Falle der Auftragsdurchführung, die zudem für die Beklagte hätten erkennbar werden müssen.

Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Auftragnehmer (Kläger) durch die Vertragsdurchführung zu dem angebotenen (falschen) Preis in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geriete (BGH BauR 1998, 1089 ff.) bzw. wenn das Festhalten an der ursprünglichen Regelung aus sonstigen Gründen zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH NJW 1995, 1360).

Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

Die Gesamtsumme der - relevanten - Wertdifferenz für die oben genannten Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses (1.3.20, 1.3.25 und 1.3.26) beträgt lediglich 47.346,61 DM netto (bzw. 54.922,07 DM brutto) und damit nur ca. 11 % der Gesamt-Auftragssumme. Von unzumutbaren Folgen für den Auftragnehmer bei einer Auftragsdurchführung zu den angebotenen Preisen kann hiernach - selbst bei zusätzlicher Berücksichtigung des (zum Erhalt des Auftrags bewusst und freiwillig vom Kläger) gewährten Preisnachlasses von 8,5 % - nicht ausgegangen werden.

Auch bei einem Einheitspreisvertrag ist das Vertrauen des Auftraggebers auf den ausgehandelten Preis geschützt. Dies geht zwar nicht - wie beim Pauschalpreisvertrag - so weit, dass den Auftragnehmer in bestimmtem Umfang (nach allgemeiner Rechtsansicht bis 20 %) sogar das Risiko trifft, unvergütet Mehrleistungen zu erbringen. Allerdings muss sich der Auftragnehmer in aller Regel an den angebotenen Einheitspreisen festhalten lassen. So auch im vorliegenden Fall, zumal selbst die Summe des relevanten Kalkulationsirrtums (11 %) und des gewährten Preisnachlasses (8,5 %) noch unter der für die Pauschalpreisverträge angenommenen Zumutbarkeitsgrenze liegt.

Nach alledem hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

1.2. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen scheidet ein Anspruch auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo (c.i.c.) gleichermaßen aus.

Nur unter besonderen - nach den vorstehenden Feststellungen hier nicht vorliegenden - Umständen kann der Vertragspartner verpflichtet sein, den anderen (hier den Kläger als Auftragnehmer) auf einen Kalkulationsirrtum hinzuweisen bzw. durch Nachfrage den wahren Sachverhalt, das heißt hier die richtigerweise einzusetzenden Preise, aufzuklären. Eine c.i.c. würde dann unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes dazu führen, dass sich der die Aufklärung schuldende Vertragspartner (hier die Beklagte) nicht auf den dem anderen ungünstigen Vertragstatbestand (hier die in den strittigen Einzelpositionen ausgewiesenen Einheitspreise) berufen darf.

Es kommt allerdings stets auf den Einzelfall und deshalb darauf an, ob in conreto schutzwürdige Vertrauenstatbestände entstanden sind - wie hier nicht. Eine nicht auf Notfälle beschränkte, sondern extensive Auslegung haftungsrechtlich relevanter Vertrauenstatbestände müsste nämlich bald die in einer liberalen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung unverzichtbare Vertragsinitiative des einzelnen gefährden oder gar lähmen; sie wäre zudem ein höchst problematischer Schlag gegen den wichtigen Grundsatz des Vertragsrechtes, dass Verträge grundsätzlich so, wie sie abgeschlossen worden sind, auch eingehalten werden müssen: pacta sunt servanda (vgl. Giesen: Zur Relevanz des Kalkulationsirrtums, JR 1971, 403 ff., 406, Fn. 21).

2. Auch der geltend gemachte Anspruch auf Vergütung von Mehraufwendungen wegen Nachbesserungsarbeiten am Betonsockel (720,00 DM netto bzw. 835,20 DM brutto) steht dem Kläger nicht zu.

2.1. Zwar haben die Zeugen Voigtmann, Friedrich und Jestädt bei ihrer Vernehmung vor dem Einzelrichter am 10.11.2000 bestätigt, dass wegen Problemen mit Maßgenauigkeiten am Betonsockel bei der Dach- und Wandmontage in Stahlkonstruktion Nacharbeiten ausgeführt wurden, deren Kosten in Höhe von 702,00 DM netto unstreitig sind (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 10.11.2000, Seite 5, Blatt 182 d. A.).

2.2. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte für Maß-ungenauigkeiten und damit verbundene Mehraufwendungen verantwortlich ist, so dass sie diese Aufwendungen dem Kläger zu erstatten hätte.

2.2.1. Die mit der Stahlkonstruktion befassten Zeugen Voigtmann und Friedrich wie auch der für die Firma des Klägers an der besagten Baustelle zuständige Bauleiter, der Zeuge Jestädt, haben übereinstimmend erklärt, dass es im Stahlbau andere, weit geringere Toleranzen gibt als beim Betonbau. Dass die im Betonbau zulässigen Toleranzen überschritten worden wären, hat die Beweisaufnahme indes nicht erbracht. Allein aufgrund der Schätzung des Zeugen Jestädt, der erklärt hat, von seinem "Gefühl" her habe es bei den Betonarbeiten ca. 2 - 3 cm Fluchtungenauigkeit gegeben, kann von einem Überschreiten der Toleranzen am Betonsockel nicht ausgegangen werden.

Auch der mit den Betonarbeiten befasste Zeuge Laibach hat nicht bestätigt, dass es relevante Maßungenauigkeiten bei seinen Arbeiten gegeben hätte. Er hat zwar - ebenso wie der Zeuge Jestädt - davon berichtet, dass die Betonteile zum Teil von ihm (Laibach) abgeschliffen bzw. nachgeschnitten worden seien. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass letztlich (nach diesem Nachschneiden und vor Anbringung der Stahlkonstruktion) der Betonsockel wegen Nichteinhaltung der zulässigen Maßtoleranzen mangelhaft gewesen wäre, was sich die Beklagte zurechnen lassen müsste.

2.2.2. Soweit jedoch Nacharbeiten - hier ein Auffüttern bei Anbringung der Stahlkonstruktion - deshalb erforderlich waren, weil im Stahlbau andere, geringere Toleranzen einzuhalten sind als im Betonbau, kann dies nicht zu Lasten der Beklagten als Auftraggeberin gehen, sondern allein zu Lasten des Klägers, der sein Gewerk - wie ihm aufgrund der Ausschreibung bekannt war - auf dem Vorgewerk, dem Betonsockel, aufbringen musste, und der als "Stahlbauer" nicht nur für die Einhaltung der im Stahlbau zulässigen Toleranzen Verantwortung trug, sondern den auch das - von ihm als Fachmann vorhersehbare und einschätzbare - Risiko traf, dass aufgrund der unterschiedlichen Toleranzen beim Stahlbau Nacharbeiten erforderlich werden sollten.

3. Die geltend gemachte Mehrvergütung in Bezug auf die an die Fensterbänke montierten Abdeckkappen (390,00 DM netto bzw. 452,40 DM brutto) steht dem Kläger demgegenüber zu.

Obgleich der Architekt nach der - dem Kläger bekannten - Regelung in Ziffer 11.3. des Bauvertrages zur Auftragserteilung nicht berechtigt war, ist davon auszugehen, dass er dem Kläger wirksam einen Auftrag für die - im Leistungsverzeichnis nicht enthaltene und damit vertraglich nicht geschuldete - Lieferung und Anbringung von Abdeckkappen an den Fensterbänken erteilt hat. Aufgrund des Umstandes, dass der Architekt, von der Beklagten unwidersprochen, sämtliche Leistungsänderungen in Auftrag gab, durfte der Kläger nämlich davon ausgehen, dass die Beklagte hiermit (entgegen der ursprünglichen Regelung im Bauvertrag) einverstanden war, so dass insoweit eine Anscheinsvollmacht des Architekten vorlag, der den Auftrag unstreitig erteilt hat, zumal das Volumen des hier streitigen Nachtragsauftrages mit 390,00 DM netto, also weniger als 0,1 % der Bausumme, äußerst niedrig war.

Demgemäß hat der Kläger gegen die Beklagte - entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts - auch Anspruch auf Zahlung einer Mehrvergütung von 390,00 DM netto (bzw. 452,40 DM brutto).

III.

Der dem Kläger hiernach zustehende Anspruch beläuft sich nach alledem - über den ihm bereits rechtskräftig zuerkannten Anspruch in Höhe von 16.852,47 DM nebst Zinsen hinaus - auf weitere 6.285,47 DM brutto (= 5.832,25 DM brutto + 452,40 DM brutto), mithin insgesamt auf 22.867,86 DM nebst Zinsen.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in der ausgeurteilten Höhe ergibt sich aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B.

Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten zu ersetzen, die ihm dadurch entstanden sind, dass die zunächst in Höhe von 179.879,27 DM erhobene Klage in Höhe von 68.710,01 DM unbegründet ist, war keine Prüfung durchzuführen, da insoweit keine Berufung eingelegt ist.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Beschwer beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO bzw. § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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