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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: 4 U 1030/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 282 a.F.
BGB § 280 Abs. 1 Satz 2 n.F.
1. Grundsätzlich ist es Sache des Patienten, einen Behandlungsfehler des Arztes sowie dessen Ursächlichkeit für den aufgetretenen Gesundheitsschaden darzulegen und zu beweisen.

2. Ausnahmsweise kann ein Patient dann Beweiserleichterungen - bis hin zur Beweislastumkehr - für sich in Anspruch nehmen, wenn der erlittene Gesundheitsschaden sich in einem Bereich ereignet hat, dessen Gefahren vom Arzt (bzw. Klinikpersonal) voll beherrscht werden können und müssen. Als solcher - voll beherrschbare - Gefahrenbereich gilt grds. auch die (ordnungsgemäße) Lagerung eines Patienten und deren Überwachung während der Operation in Vollnarkose zur Vermeidung von Lagerungsschäden. Das bedeutet, dass grds. der - wegen eines Lagerungsschadens - in Anspruch genommene Klinikträger den Beweis dafür führen muss, dass ein Lagerungsschaden nicht durch eine falsche Lagerung während der Operation verursacht worden ist.

3. Für die Anwendung dieses (Ausnahme)Grundsatzes ist aber dann kein Raum, wenn der Patient eine körperliche Anomalie mitbringt, die ihn für den eingetretenen Schaden anfällig macht. Besteht ein solcher Risikofaktor bei einem Patienten, der von den behandelnden Ärzten vor der Operation nicht erkannt werden konnte, ist der Gefahrenbereich der (ordnungsgemäßen) Lagerung des Patienten vom Arzt nicht mehr voll beherrschbar, so dass der Patient nachweisen muss, ob die Lagerung Ursache des später eingetretenen Schadens war.

4. Wird der Patient während der Operation dann in der (Rücken)Lage gelagert, die für die vorgesehene Operation Standard ist, reicht auch eine allgemeine Behandlungsaufklärung, die im Rahmen der Aufklärung über die Narkose deren Risiken enthält, u.a. dahingehend, "dass in Zusammenarbeit mit dem Operateur laufend die Lagerung auf dem Operationstisch überprüft wird, um Nervenschäden (Gefühlsstörungen und Lähmungen) durch Druck oder Zerrung möglichst zu vermeiden", aus. Eine weitergehende Aufklärung über spezielle Lagerungsschäden - hier wegen einer bei dem Kläger nicht bekannten Anomalie des Querfortsatzes des 7. Halswirbels - wird angesichts der fehlenden Erkennbarkeit vom Arzt dann nicht geschuldet.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 1030/04

Verkündet am: 28.03.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richter am Oberlandesgericht Jahn und Richterin am Landgericht Höfs

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 14.10.2004 - Az.: 5 O 1325/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund behaupteter ärztlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler in Anspruch. Neben einer (angeblich) unzureichenden Aufklärung im Zusammenhang mit der bei der Operation eines Hodenbruchs am 21.07.1994 vorgenommenen Rückenlagerung habe eine nicht sachgerechte Lagerung zur Schädigung des rechten Plexus brachialis geführt, die auf eine mechanische Nervenschädigung zurückzuführen sei. Der Klinikträger trage die Beweislast dafür, dass der Patient - zur Vermeidung von Lagerungsschäden - richtig auf dem Op-Tisch gelagert und dies über die Dauer der Operation auch überwacht worden sei. Der Kläger beruft sich auf den Bericht des Neurologen Dr. Müller vom 5.8.1994, wonach die Nervschädigung durch eine Überstreckung in Narkose hervorgerufen worden sei. Er ist weiter der Auffassung, dass die bei ihm vorhandene anatomische Besonderheit des beidseitigen hypertrophischen Querfortsatzes des 7. Halswirbels (zur 1. Rippe) nicht zu einer Änderung der Beweislast führe, gegebenenfalls hätten die behandelnden Ärzte ihn daraufhin untersuchen müssen. Ferner hätten die Ärzte nicht auf seine schon unmittelbar nach der Operation angezeigten Beschwerden reagiert und verabsäumt, einen Neurologen hinzu zu ziehen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien, der von ihnen gestellten Anträge und in Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bd. II, Bl. 103 ff. d. A.).

Das Landgericht Mühlhausen hat die Klage mit Urteil vom 14.10.2004 abgewiesen. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme sei der Kläger für einen ärztlichen Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehler beweisfällig geblieben. Eine Beweislastumkehr zugunsten des Klägers komme nicht in Betracht. Die vorliegende Anomalie beim Kläger sei nicht erkennbar; eine weitere röntgenologische Abklärung nicht erforderlich, im Übrigen zu belastend gewesen; sie hätte auch an der Lagerung nichts verändert.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er rügt, dass die bei ihm bestehende Hypertrophie des Querfortsatzes des siebten Halswirbels vor der Operation durch entsprechende Röntgenuntersuchungen hätte erkannt werden müssen und können, so dass eine andere Lagerung während der Operation erforderlich gewesen sei. Der Kläger bleibt dabei, dass auch keine ausreichende Aufklärung über das Risiko eines Lagerungsschadens erfolgt sei. Zudem habe die unterbliebene Hinzuziehung eines Neurologen nach der Operation die aufgetretene Nervenschädigung ungünstig beeinflusst.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des am 14.10.2005 verkündeten Urteils des Landgerichtes Mühlhausen, Az. : 5 O 1325/01,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld aus der fehlerhaften Behandlung zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 25.000,- €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 31.842,90 € (= 62.279,30 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche immateriellen, sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung entstanden sind, derzeit entstehen und in Zukunft noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden;

4. hilfsweise, unter Aufhebung des Urteils das Verfahren an das Landgericht Mühlhausen zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch die mündliche Anhörung des Sachverständigen Dr. Sch. sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 24.05.2006 (Bd. III, Bl. 214 f. d. A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 29.03.2006 (Bd. III, Bl. 1135 ff. d. A.) und das Gutachten des Herrn Dr. med. B. vom 16.10.2006 (Bd. III, Bl. 222 f. d. A.).

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Urteil des Landgerichts Mühlhausen ist im Ergebnis der in zweiter Instanz ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Es bleibt dabei, dass im vorliegenden Fall wegen der beim Kläger vorhandenen anatomischen Besonderheit des hypertrophen Querfortsatzes des 7. Halswirbels, der ihn zu einem Risikopatienten macht, eine Beweislastumkehr hinsichtlich des behaupteten Lagerungsschadens nicht stattfindet. Das bedeutet, dass der Kläger nicht bewiesen hat, dass ein Behandlungsfehler der Beklagten - in Bezug auf die vorgenommene Rückenlagerung - zur Armplexus- parese geführt hat. Im Zusammenhang mit der hier für die streitgegenständliche Operation erfolgten Lagerung ist die durchgeführte Rückenlagerung Standard; eine (besondere) Aufklärung hierüber ist nicht erforderlich. Eine mangelhafte nachoperative Behandlung ist nicht ausreichend substantiiert dargelegt.

1. Die Beklagte haftet nicht aus einem Behandlungsfehler.

Ein Lagerungsschaden, der zu der rechtsseitigen Schädigung des unteren Armplexus geführt hat, ist durch den Kläger nicht nachgewiesen worden. Eine Beweislastumkehr - hier zu Lasten der Behandlungsseite - findet im vorliegenden Fall nicht statt.

Grundsätzlich ist es Sache des Patienten einen Behandlungsfehler des Arztes sowie dessen Ursächlichkeit für den bei ihm aufgetretenen Gesundheits-schaden darzulegen und zu beweisen. Ausnahmsweise kann der Patient Beweiserleichterungen - bis hin zur Beweislastumkehr - für sich in Anspruch nehmen. Von einer solchen Umkehr der Beweislast ist mit der Rechtsprechung des BGH dann auszugehen, wenn der Gesundheitsschaden des Patienten sich in einem Bereich ereignet hat, dessen Gefahren vom Klinikpersonal voll beherrscht werden können und müssen (vgl. BGH VersR 1995, 539 m. w. N.). Dazu ist insbesondere auch die ordnungsgemäße Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch und deren Überprüfung während der Operation zur Vermeidung von Lagerungsschäden zu zählen. Es obliegt dann grundsätzlich dem in Anspruch genommenen Krankenhausträger der Beweis dafür, dass ein Lagerungsschaden nicht durch eine falsche Lagerung während der Operation verursacht worden ist.

Für die Anwendung dieses Grundsatzes ist aber in solchen Fällen kein Raum, in denen der Patient eine ärztlicherseits nicht im Voraus erkennbare seltene körperliche Anomalie mitbringt, die ihn für den eingetretenen Schaden anfällig macht. Wird ein solcher Risikofaktor - von dem Patienten - in das Operationsgeschehen eingebracht, wird dieses zu einem Gefahrenbereich, der durch die behandelnden Ärzte nicht mehr uneingeschränkt beherrscht werden kann (BGH VersR 1995, 539 ff.).

So liegt der Fall hier. Beim Kläger liegt eine anatomische Besonderheit in Form eines beidseitig hypertrophen Querfortsatzes des 7. Halswirbels vor. Schon allein diese beim Kläger festgestellte Anomalie, die für die behandelnden Ärzte aufgrund der bisherigen Krankengeschichte und Symptomfreiheit des Klägers nicht erkennbar war, hat hier zu einer Gefahrerhöhung geführt, die eine Plexusläsion begünstigt. Das folgt aus den übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. Sch. (s. Protokoll vom 29.3.2006, Bd. III Bl. 195 - 197 d.A.) und des Sachverständigen Dr. B. in seinem Gutachten vom 16.10.2006 (Bd. III, Bl. 222 ff d.A.). Ob die Hypertrophie zudem durch das Vorhandensein eines sog. scharfkantigen fibrösen Bandes gekennzeichnet war oder nicht, kann nach den weiteren Ausführungen der Sachverständigen dahinstehen.

Mit dieser Prädisposition hat der Kläger demnach einen Risikofaktor in das Operationsgeschehen eingebracht, der zu der Nervenläsion geführt haben kann. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Nervenschädigung nicht an dem abgewinkelten und mit der Infusion versehenen linken Arm aufgetreten ist, sondern am rechten Arm, der während der Operation parallel zum Körper in einem breiten Tuch gelagert war. Nach den Darlegungen des Gutachters Prof. Dr. med. M.-V. aus dem Schlichtungsverfahren treten Nervenschäden bei Operationen in Rückenlage jedoch typischerweise am ausgelagerten Arm auf, wobei entscheidender Vorgang eine übermäßige Abduktion durch Seitwärtshebung des vom Rumpf abgewinkelten Arms, also dessen Überdehnung ist, die hier auf Grund des am Rumpf angelegten rechten Arms also eher auszuschließen ist (abgewinkelt wurde beim Kläger dessen linker Arm !).

2. Auch im Zusammenhang mit dem Nichterkennen dieser Anomalie (des Klägers) ist den behandelnden Ärzten hier kein Vorwurf zu machen. An erkennbaren Anzeichen dieser beim Kläger bestehenden Anomalie fehlte es; im Rahmen der Operationsvorbereitung war daher von den behandelnden Ärzten insoweit nichts einzuplanen, wodurch die Gefahr (einer Plexusläsion) hätte ausgeschaltet werden können. Eine weiterführende diagnostische Abklärung des Kopf-Hals-Überganges hinsichtlich einer Hypertrophie des Querfortsatzes des C7-Halswirbels gehört nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. B. definitiv nicht zum Standard einer Operationsvorbereitung für einen Eingriff außerhalb der Wirbelsäule, solange der Patient - wie hier - symp-tomfrei ist. Zudem wäre die Anomalie bei dem adipösen Kläger im Röntgenbild (möglicherweise) nicht oder jedenfalls nur sehr schwer darstellbar gewesen. Allenfalls mit einer Kernspintomografie hätte die Hypertrophie sicher diagnostiziert werden können; für die aber aufgrund des Fehlens jeglicher Symptome kein Anlass bestand.

3. Schließlich erforderte der beim Kläger vorgesehen urologische Eingriff auch eine Lagerung des Patienten - bei Narkose - in Rückenlage. Diese Lagerung war für die vorgesehene Operation Standard. Alle anderen Lagerungen (Seitenlagerung oder Bauchlagerung) wären zudem - nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Böhm - für den Kopf-Hals-Übergang gefährlicher und irritierender gewesen.

Eine Beweiserleichterung wegen mangelhafter Dokumentation der Lagerung kommt dem Kläger ebenfalls nicht zu Gute. Die behandelnden Ärzte sind ihrer Dokumentationspflicht ausreichend nachgekommen, indem sie die Lagerung des Klägers technisch schlagwortartig mit dem Begriff "Rückenlagerung" beschrieben haben. Durch diese Bezeichnung ist für den Fachmann erkennbar, nach welcher Methode der Kläger gelagert worden ist. Ein detaillierter Bericht darüber, wie der Patient im Einzelnen gelagert wurde, ist demgegenüber nicht erforderlich (vgl. BGH VersR 1984, 386).

4. Der Kläger kann sich auch nicht auf eine unzureichende Aufklärung durch die Behandlungsseite berufen. Unstreitig ist eine Aufklärung über die allgemeinen Risiken der Anästhesie - entsprechend dem schriftlichen Aufklärungs- und Anamnesebogen der Beklagten (s. Krankenunterlagen) erfolgt. Dies hat vorliegend genügt. Sinn und Zweck der Selbstbestimmungsaufklärung ist es, dem Patienten eine allgemeine Vorstellung zu vermitteln von der Art und dem Schweregrad der in Betracht stehenden Behandlung sowie den Belastungen und Risiken, denen er sich - mit der Behandlung - aussetzt (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl., II "Aufklärungspflichten", S. 201). Eine hier, von der eigentlichen Operation getrennte Aufklärung über die Narkose, die in Betracht kommenden Narkosearten und deren Risiken enthält das besagte Aufklärungsblatt. Darin ist auch ausgeführt, dass der Narkosearzt "in Zusammenarbeit mit dem Operateur laufend die Lagerung auf dem Operationstisch überprüft, um Nervenschäden (Gefühlsstörungen und Lähmungen) durch Druck oder Zerrung möglichst zu vermeiden".

Eine weitergehende Aufklärung über spezielle Lagerungsschäden war angesichts der dargelegten fehlenden Erkennbarkeit eines derartigen Risikos von den behandelnden Ärzten nicht geschuldet. Der Umfang und die Genauigkeit der Aufklärung richten sich nach der Dringlichkeit und den Heilungsaussichten des vorgesehenen Eingriffs. Die Aufklärungslast nimmt in dem Maß zu, in dem der Dringlichkeitsgrad des medizinischen Eingriffs und seine Heilungs-aussicht abnehmen und umgekehrt (Geiß/Greiner, aaO S. 202). Im Übrigen richten sich Umfang und Intensität der Aufklärung nach der jeweils konkreten Sachlage. Hier war die Scrotalhernie medizinisch indiziert, die gewählte Vollnarkose üblich. Angesichts fehlender oder nicht erkennbarer Gefahrenpotentiale war im Zusammenhang mit der Standardlagerung (in Rückenlage) ein Hinweis auf eine - wegen der Anomalie des C-7 Halswirbels des Klägers - erhöhte Plexusläsionsgefahr im Rahmen der üblichen Behandlungsaufklärung nicht geboten. Hierzu zählt nur der als sicher und regelmäßig eintretende vorhersehbare postoperative Zustand. War die Funktionsbeeinträchtigung der Plexusläsion hier aber - auf Grund der den behandelnden Ärzten unbekannt gebliebenen Anomalie des Klägers - nicht vorhersehbar, schuldeten diese auch keine über die Standardaufklärung hinausgehende Aufklärung (vgl. Geiß/Greiner aaO Bl. 205, 206 mit weiteren Nw. zur Rspr.).

5. Eine mangelnde nachoperative Behandlung wurde durch den Kläger schon nicht substantiiert vorgetragen. Das zweitinstanzliche Vorbringen beschränkt sich auf die nur vage und pauschale Behauptung, die unterbliebene Hinzuziehung eines Neurologen habe die Nervenschädigung ungünstig beeinflusst. Erstinstanzlich war noch behauptet worden, diese Unterlassung sei für die fortdauernde Schädigung zumindest mitursächlich gewesen.

Ist das Vorbringen erster Instanz schon nicht hinreichend konkretisiert gewesen, trifft dies auch für den zweitinstanzlich - leicht abgeänderten - Vortrag zu; im Übrigen ist der neue Vortrag verspätet. Es ist auch nicht dargetan, dass der Kläger die Frage der mangelnden Nachsorge nicht bereits im ersten Rechtszug in den Rechtsstreit hätte einführen können (§ 531 Abs. 2 ZPO).

Es ist schon zweifelhaft, ob zum Zeitpunkt der Entlassung des Klägers aus der Klinik von einem dauerhaften Befund (einer Nervenschädigung im Plexusbereich des rechten Arms des Klägers) auszugehen war. Nach den EMGs vom 25.8.1994 und vom 11.10.1994 bestand selbst zu jenen Zeitpunkten, also deutlich später, (nur) ein Verdacht auf Druckschädigung des Nervus ulnaris rechts bzw. einer Wurzelirritation C7/C8 rechts (s. Befunde Bl. 20, Bd. I d.A.). Nach der Beurteilung des OA Dr. Meißner vom 11.10.94 lag zu diesem Zeitpunkt "eine periphere Läsion des re. N. ulnaris myo- und neurographisch nicht vor. In den untersuchten Muskeln finden sich auch keine deutlichen Anzeichen einer motorischen Zervikalwurzelläsion i.B. C7(C8. ... Dieser nur diskrete Befund sollte aber zurückhaltend bewertet werden" (Bl. 20 R/I d.A.). Erst am 26.07.1995 wurde die Diagnose einer Nervenschädigung des N. medianus und N. ulnaris gestellt (Bd. I, Bl. 23 d. A.). (Erst) zu diesem Zeitpunkt fanden sich in allen Ableitungsbereichen Hinweise für eine inkomplette Läsion des peripher-motorischen Neurons mit ablaufenden Denervierungen in der ulnaris- und medianus innervierten Muskulatur (s. Bericht der Zentralklinik Bad Berka von diesem Tag, Bl. 23 R/ Bd. I d.A.). Wenn also noch 3 Monate (nach der Entlassung aus der Klinik der Beklagten) zunächst allenfalls ein "zurückhaltend zu bewertender Verdacht" bestand, bestand über die von den behandelnden Ärzten der Beklagten bei Entlassung empfohlene Hinzuziehung eines Physiotherapeuten hinaus noch keine weitergehende Veranlassung zur Hinzuziehung eines Neurologen.

Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf den im Arzthaftungsverfahren geltenden Grundsatz der erleichterten Substantiierungspflicht des Patienten. Es geht bei der mangelnden Nachsorge nicht um eine medizinische Frage, sondern darum, auch diesen Abschnitt des Behandlungsverlaufs zur Überprüfung durch das Gericht zu stellen. Der Kläger wusste aus eigenem Erleben, welche Behandlungsmaßnahmen im Einzelnen ergriffen worden sind, wie sich der postoperative Behandlungs- und Heilungsverlauf konkret gestaltet hat. Auf vertiefte medizinische Kenntnisse war er demnach nicht angewiesen (vgl. BGH Urteil vom 08.06.2004, Az. : VI ZR 199/03, zitiert nach juris). Klangen die von ihm schon unmittelbar nach der Operation bemerkten Beschwerden nicht ab, war es seine Sache, gegebenenfalls einen Neurologen aufzusuchen.

Der Kläger befand sich zudem fortwährend in ambulanter Betreuung, die u.a. eine physiotherapeutische Behandlung beinhaltet hat. Es ist daher nicht ersichtlich, dass eine zeitlich frühere neurologische Untersuchung Einfluss auf den Behandlungs- und Heilungsverlauf gehabt hätte.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Entscheidung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zu. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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