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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 02.03.2005
Aktenzeichen: 4 U 943/01
Rechtsgebiete: Thür KO, BGB


Vorschriften:

Thür KO § 67 Abs. 1 Satz 2
BGB § 134
Die Vorschrift des § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO - kein Gemeindevermögen zu verschenken (oder zu verschleudern) - ist Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Verträge, die gegen das Verschleuderungsverbot verstoßen, sind nichtig.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 943/01

(vormals 3 U 943/01)

Verkündet am: 02.03.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat (vormals 3. Zivilsenat) des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richter am Amtsgericht Lübbers

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 11.07.2001 - Az. 3 O 1706/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Revision und der Nebenintervention tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, eine Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um teilweise Rückzahlung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung.

Mit notariellem Kaufvertrag, den die Parteien am 30.01.1996 vor dem Streithelfer geschlossen haben, erwarben die Kläger von der Beklagten die von ihnen bereits zuvor als Mieter genutzte Wohnung.

Die Beklagte wurde bei Abschluss des Kaufvertrages durch den Zeugen Karl XX vertreten.

In dem Kaufvertrag heißt es:

"In Ansehung der gesetzlichen Vorkaufsrechte schließt die Stadt Bad Liebenstein mit den Erschienenen zu 2) und 3) folgenden Kaufvertrag: ..."

In Ziffer 3.1. verweist der Kaufvertrag wegen des Kaufpreises auf eine dem Vertrag beigefügte Anlage.

In jener Anlage heißt es unter Ziffer 4.1.:

"Der Kaufpreis beträgt: a) für das Wohneigentum 52.835,00 DM b) für das Teileigentum (Kfz.-Stellplatz) 4.000,00 DM c) für den Baukostenzuschuss Heizhaus 8.441,00 DM insgesamt: 65.276,00 DM.

Darüber hinaus sind vom Kläger zu übernehmen die Vorfälligkeitsentschädigung, diese beträgt bei Ablösung durch den Mieter

575,00 DM/m2, insgesamt also 40.446,00 DM.

Der Gesamtkaufpreis beträgt somit 105.722,00 DM."

Diesem Kaufvertrag lag zu Grunde, dass die Beklagte den Zeugen Bührke mit der Privatisierung der Wohnungen in den Wohnblöcken "Am Mühlweg" (insgesamt 171 Wohnungen) beauftragt hatte. Der Zeuge Bührke verkaufte daraufhin einige Wohnungen und schloss über die restlichen 123 Wohnungen am 28.11.1995 selbst einen Kaufvertrag mit der Beklagten vor dem Streithelfer. Die Mieter dieser restlichen Wohnungen wurden mit Anschreiben des Streithelfers vom 14.12 1995 sowie des Drittkäufers Bührke vom 13.12.1995 auf den Verkauf der Wohnungen und das ihnen als Mieter zustehende Vorkaufsrecht hingewiesen. Unter anderem die Kläger erwarben daraufhin ihre Mietwohnung zu Eigentum.

Der von dem Zeugen Bührke abgeschlossene Kaufvertrag (Muttervertrag), den das Landratsamt Wartburgkreis als Aufsichtsbehörde genehmigte, verweist wegen der Preisbestimmung zu den jeweiligen Wohnung ebenfalls auf beigefügte Anlagen.

Dort heißt es unter Ziffer 4.1. abweichend von der Anlage des mit den Klägern geschlossenen Kaufvertrages zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung:

"Darüber hinaus sind vom Käufer zu übernehmen die Vorfälligkeitsentschädigung, die auch durch Beibringung einer Freistellungserklärung für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung für die Darlehen bei der DG-Hyp erfolgen kann; diese betragen bei Ablösung durch den Mieter 575,00 DM/m2, insgesamt also 40.446,00 DM."

"Der Käufer hat der Verkäuferin entsprechendes Attestat der Finanzierungsgläubigerin bis zum 15. März 1996 beizubringen. Der Notar belehrt über das Zustimmungserfordernis der Gläubigerin. Hat der Käufer durch Zahlung der Ablösung auf das Konto der Stadt Bad Liebenstein die Ablösung bewirkt, entfällt die Verpflichtung zur Beibringung des entsprechenden Attestats."

Die Kläger zahlten den Gesamtkaufpreis an die Beklagte und wurden als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen.

Nachdem die Kläger in Erfahrung gebracht hatten, dass der Zeuge Bührke aus dem Muttervertrag nicht zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung herangezogen worden war, forderten sie die Beklagte vergeblich zur Rückzahlung des als Vorfälligkeitsentschädigung ausgewiesenen Kaufpreisanteils von 40.446,00 DM auf.

Die Kläger haben vorgetragen, sie hätten den als Vorfälligkeitsentschädigung ausgewiesenen Kaufpreisanteil nur zu zahlen gehabt, wenn eine solche bei der Beklagten auch tatsächlich angefallen wäre. Deshalb sei die Beklagte wegen ungerechtfertigter Bereicherung zur Rückzahlung des entsprechenden Kaufpreisanteils verpflichtet.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 40.446,00 DM nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 21.12.1999 bis 31.04.2000 sowie 8,42 % Zinsen seit dem 01.05.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der unter Ziffer 4.1. genannte Betrag sei als Gesamtkaufpreis ausgehandelt worden, wenngleich dort ein gesonderter Betrag für eine Vorfälligkeitsentschädigung genannt war. Tatsächlich sei eine Vorfälligkeitsentschädigung auch angefallen. Im Übrigen sei die Wohnung ohnehin unter Wert verkauft worden.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht nach Vernehmung des Zeugen Bührke die Klage abgewiesen. Es befand, dass die Parteien den Fall, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht anfalle, bei Vertragsabschluss nicht bedacht hätten. Als redliche Vertragsparteien hätten sie auch ohne gesonderte Ausweisung einer Vorfälligkeitsentschädigung den Gesamtkaufpreis bei 105.722,00 DM belassen.

Wegen der näheren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Meiningen verwiesen.

Mit ihrer Berufung vom 06.08.2001 verfolgen die Kläger den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch weiter.

Sie rügen, das Landgericht habe bei seiner Auslegung den eindeutigen Wortlaut der Vertragsurkunde verkannt. Tatsächlich habe die Wohnung auch nur einen Wert von 922,44 DM/m2 gehabt, was dem Kaufpreis ohne Vorfälligkeitsentschädigung entspreche.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 11.07.2001 aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Die Beklagte und der Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bleiben bei ihrer Auffassung, der auf eine Vorfälligkeitsentschädigung entfallende Betrag sei als Teil des Kaufpreises geschuldet gewesen. Der Wert der Wohnung habe 1.500,00 DM/m2 betragen; nur zu diesem Preis sei die Beklagte zum Verkauf der Wohnungen bereit gewesen.

Der Senat hat - nach wiederholter Beweisaufnahme - mit Urteil vom 05.03.2002 die von dem Erstgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung des Landgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf das vorbezeichnete Senatsurteil Bezug genommen.

Mit Revisionsurteil vom 17.01.2003 - Az: V ZR 127/02 - hat der Bundesgerichtshof nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger das Senatsurteil vom 05.03.2002 aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Er hat die im Berufungsurteil bestätigte Auffassung des Landgerichts im Ergebnis unbeanstandet gelassen. Ergänzend hat er jedoch darauf hingewiesen, dass die Forderung der Kläger aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt - Schadensersatz wegen pVV des Mietvertrages - begründet sein könne.

Die Beklagte sei aus §§ 570b Abs. 2, 510 BGB a. F. verpflichtet gewesen, den Klägern zur Ausübung ihres Mietervorkaufsrechts den richtigen und vollständigen Inhalt des Muttervertrages mitzuteilen. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den Klägern lediglich ein Entwurf des später mit ihnen abgeschlossenen Kaufvertrags, nicht aber die hiervon abweichende Regelung des Kaufpreises im Muttervertrag mitgeteilt worden sei, hätten die Kläger ihr Vorkaufsrecht nicht durch eine Erklärung nach § 505 BGB a. F. mit der für sie günstigeren Kaufpreisregelung des Muttervertrages ausgeübt. Diese Pflichtverletzung der Beklagten könne zu einem Schaden der Kläger in Höhe der von dem Zeugen Bührke nicht geschuldeten Nutzungsentschädigung geführt haben.

Der Bundesgerichtshof hat weiter ausgeführt, ein solcher Schadensanspruch bestehe nur dann, wenn der Muttervertrag zwischen der Beklagten und dem Drittkäufer Bührke wirksam zustande gekommen ist. Eine Unwirksamkeit des Drittkaufs könne sich bei einer Unter-Wert-Veräußerung der Wohnungen möglicherweise aus § 134 BGB i.V.m. § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 ThürKO 1993 ergeben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes Bezug genommen.

Die Kläger tragen hierzu unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Sachverständigen Bärthel weiter vor, der von diesem ermittelte Preis von 925,00 DM/m2, der durch Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung auch von dem Drittkäufer zu zahlen gewesen sei, habe nicht unter dem damaligen Verkehrswert gelegen.

Die Beklagte führt weiter aus, entgegen der Annahme des Bundesgerichtshofes sei den Klägern neben dem für sie bestimmten Vertragsentwurf auch die Mutterurkunde übersandt worden. Sie selbst sei von dem Zeugen Bührke darüber getäuscht worden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung schon wegen des Ausschlusses durch § 2 Abs. 3 Satz 6 des Erblastentilgungsfonds-Gesetzes ausgeschlossen gewesen sei. Ihm habe daran gelegen, durch Aufnahme einer möglichst hohen Vorfälligkeitsklausel in die Preisvereinbarung mit der Beklagten einen unter Wert angesetzten Quadratmeterpreis von 925,00 DM angemessen erscheinen zu lassen, da durch die Zusammenrechnung dieses Quadratmeterpreises sowie der kalkulierten Vorfälligkeitsentschädigung von 575,00 DM/m2 der vom Stadtrat genehmigte Verkaufspreis von 1.500,00 DM/m2 rechnerisch erreicht wurde. Der Zeuge Bührke habe damit die Genehmigung des Stadtrats sowie der Kommunalaufsichtsbehörde erschlichen, so dass der Muttervertrag unwirksam sei. Die Beklagte habe deshalb den Kaufvertrag mit dem Zeugen Bührke mit Schreiben vom 30.12.1998 sowie erneut mit Schriftsatz vom 28.02.2003 wegen Täuschung und Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften angefochten. Tatsächlich habe der Wert der Wohnungen gemäß einem Gutachten des Sachverständigen Wenk mindestens 1.500,00 DM/m2 betragen. Das dagegenstehende Gutachten des Sachverständigen Bärthel sei wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 1 Wertermittlungsverordnung sowie einer unzutreffend angesetzten Nutzungsdauer von nur 45 Jahren fehlerhaft. Auch habe der Sachverständige Bärthel die zu den Wohnungen gehörenden Stellplätze sowie das Heizhaus nicht in seine Preisbestimmung einbezogen. Zudem legte die Beklagte ein in einer anderen Rechtssache erstelltes Gutachten des Sachverständigen Müller vor, der für eine der hier betroffenen Wohnungen im Jahr 2002 einen Verkehrswert von € 782,17 ermittelte.

Der Streithelfer trägt weiter vor, er habe allen Vorkaufsberechtigten Ablichtungen der Mutterurkunde auszugsweise übersandt.

Der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und dem Zeugen Bührke sei bereits wegen Sittenwidrigkeit nichtig, da nicht nur der Kaufpreis von 925,00 DM/m2 unter dem Verkehrswert von 1.500,00 DM/m2 lag, sondern der Zeuge Bührke tatsächlich nur einen Preis von 738,00 DM/m2 gezahlt habe. Der Vertrag sei auch unter einem geheimen Vorbehalt abgeschlossen worden. Denn sowohl der damalige Bürgermeister der Beklagten als auch der Zeuge Bührke hätten bei Vertragsschluss gewusst, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung gar nicht anfalle. Diese sollte lediglich von den Mietern, die ihr Vorkaufsrecht ausübten, als zusätzlicher Verkaufserlös verlangt werden, während der Zeuge Bührke nur den geringeren Kaufpreis ohne Vorfälligkeitsentschädigung habe zahlen sollen.

Mit Bescheid vom 28.07.2003 hat das Landratsamt Wartburgkreis seine rechtsaufsichtliche Genehmigung vom 07.12.1995 gemäß § 48 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Rücknahmebescheids Bezug genommen.

Die Kläger haben hiergegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Anfechtungsklage erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den umfangreichen schriftsätzlichen Sachvortrag der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die - zulässige - Berufung ist nicht begründet.

Das Landgericht Meiningen hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Den Klägern steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus keinem Rechtsgrund zu.

Bereicherungsrechtliche Ansprüche scheitern daran, dass die Kläger den streitgegenständlichen Kaufpreisanteil nicht rechtsgrundlos zahlten. Sie waren aus dem notariellen Kaufvertrag vom 30.01.1996 zur Zahlung des dort vereinbarten "Gesamtkaufpreises" verpflichtet. Die Auflistung einzelner Kaufpreisbestandteile unter Einschluss eines Betrages von DM 40.446,00 für eine "Vorfälligkeitsentschädigung", lässt die Zahlungspflicht der Kläger unberührt.

Auf die dahingehenden Ausführungen in den bereits vorliegenden Urteilen, insbesondere auf S. 5 - 8 des Revisionsurteils des Bundesgerichtshofes wird Bezug genommen.

Den Klägern steht gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages zu.

Ein Vorkaufsfall lag nicht vor. Die Beklagte war deshalb nicht verpflichtet,

die Kläger über den Inhalt des Muttervertrages und die Möglichkeiten zur Ausübung ihres Vorkaufsrechtes zu belehren.

Gemäß § 504 BGB a.F. entsteht der Vorkaufsfall und damit die nebenvertragliche Pflichtenlage des Vermieters durch einen wirksam zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und einem Dritten geschlossenen Kaufvertrag. Eine erforderliche behördliche Genehmigung muss vorliegen (Palandt-Putzo, BGB, 60. Auflage, § 504 RN 5). Ob - was der 8. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichtes in seinem Urteil vom 30.03.2004 annahm - die zunächst erteilte behördliche Genehmigung durch den Bescheid des Landratsamtes Wartburgkreis vom 28.07.2003 zurückgenommen und ein eingetretener Vorkaufsfall rückwirkend wieder beseitigt werden konnte, kann dahinstehen.

Eine wirksame Ausübung eines Vorkaufsrechts der Kläger scheiterte unabhängig vom Fortbestand der kommunalaufsichtsrechtlichen Genehmigung an der Unwirksamkeit des Kaufvertrages zwischen der Beklagten und dem Drittkäufer Bührke.

Der Muttervertrag verstößt gegen § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO und ist gemäß § 134 BGB nichtig.

§ 134 BGB erklärt verbotswidrige Rechtsgeschäfte für nichtig, somit für - unabhängig vom Willen der Beteiligten - nicht zustande gekommen. Solche Rechtsgeschäfte können keine Rechtsfolgen auslösen, mithin auch keine Ansprüche oder Pflichten aus einem Vorkaufsrecht begründen.

Die Rechtsfolge der Nichtigkeit tritt hier jedoch - anders als bei § 138 BGB - nicht ohne weiteres ein, da sich aus der Verbotsnorm auch "ein anderes" ergeben kann. Zur Begründung einer Nichtigkeit nach § 134 BGB kommt es deshalb darauf an, ob die hierfür herangezogene Vorschrift ein an beide Vertragsparteien gerichtetes ausdrückliches Verbot ausspricht oder lediglich eine im Außenverhältnis unverbindliche interne Verhaltensregel für einen der Vertragspartner enthält (vgl. S. 15 f des Revisionsurteils m.w.N.).

Richtet sich das Verbot gegen beide Vertragsteile, ist die Nichtigkeitsfolge die Regel; bei einseitigen Verboten hängt die Nichtigkeitsfolge vom Verbotszweck ab (ebenda; Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Auflage, § 134 RN 8 f).

§ 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO (1993) enthält - wie vom Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil erwogen - ein solches Verbot ("Verschleuderungsverbot").

Die Vorschrift des § 67 Abs. 5 Satz 1 ThürKO, kein Gemeindevermögen zu verschenken, ist bereits seinem Wortlaut nach ein Verbotsgesetz.

§ 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO spricht indes kein an alle Vertragsbeteiligten adressiertes Verbot aus, sondern ein allein an die Kommunen gerichtetes Gebot ("Die Gemeinde darf ...") und begründet somit noch nicht ohne weiteres ein zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führendes Verbot. Nur die Beklagte, nicht der Zeuge Bührke unterlag dem Geltungsbereich der Thüringer Kommunalordnung; im privatrechtlichen Geschäftsverkehr sind Schenkungen und Unter-Wert-Verkäufe nicht verboten.

Andererseits enthält das Gebot, Vermögensgegenstände nur zum vollen Wert zu verkaufen, im Umkehrschluss das Verbot eines Unter-Wert-Verkaufs (Verschleuderungsverbot). Es ist nicht anders zu beurteilen als das Verbot des § 67 Abs. 5 Satz 1 ThürKO, da bei einer erheblich unterwertigen Veräußerung die Differenz zwischen Kaufpreis und Wert einer unentgeltlichen Zuwendung gleichkommt (vgl. BGHZ 47, S. 30, 39; BayOblGZ 2001, S. 54 ff [juris-Zit.: Ziff. 27]).

Danach kommt es auf die Zweckbestimmung des Verbotes an, ob diese die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäftes erfordert (BGHZ 143, S. 283 ff [juris-Zit.: Ziff. 18]).

Der Verbotszweck des § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO erfordert die Nichtigkeit des Drittkaufes gemäß § 134 BGB.

Sinn des Verschleuderungsverbotes ist die Erhaltung kommunalen Vermögens. Dies soll zur Erfüllung kommunaler Aufgaben dienen und nicht durch Fehlleistungen einzelner Beamter oder durch Bevorzugung einzelner Dritter dem Gemeinnutzen entzogen werden. Deshalb ist für jede Verwertung kommunaler Vermögensgegenstände außerhalb der kommunalen Aufgaben eine gleichwertige Gegenleistung zu erzielen. Dieser Normzweck enthält eine über einzelne Vertragsbeziehungen hinausgehende allgemeingültige Wertung; der Regelungsgehalt des § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO beschränkt sich damit nicht auf den einer bloßen Ordnungsvorschrift oder internen Verhaltensregel. Eine solche beschränkte Auslegung würde vielmehr zu dem zweckwidrigen Ergebnis führen, dass ein außerhalb des Adressatenbereichs der Vorschrift stehender Dritter den Vollzug eines entgegen dieses Verbotes zustande gekommenen Vertrages zu Lasten der Gemeinschaft verlangen könnte. Der auf die Allgemeinheit (Bürgergemeinschaft) zielende Schutzzweck der Vorschrift rechtfertigt es daher zur Abwendung der mit einer Vertragswirksamkeit verbundenen wirtschaftlichen Folgen, § 134 BGB hierauf anzuwenden.

Diese Auslegung entspricht der zu vergleichbaren Fällen vorliegenden Rechtssprechung.

Die gleichlautende Vorschrift des Art. 75 Abs. 1 BayGO wird als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB angesehen (BayObLGZ 2001, S. 54 ff; 1995, S. 225 ff; 1983, S. 85 ff).

Der Senat hat in einer Beschwerdeentscheidung vom 01.12.2003 - Az: 4 W 486/03 - bereits ausführlich dargelegt, dass § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB darstellt.

Für unentgeltliche Zuwendungen aus staatlichem (nicht kommunalem) Vermögen hat die Rechtsprechung den allgemeinen Grundsatz, dass der Staat nichts verschenken dürfe, ebenfalls als Verbotsgesetz gemäß § 134 BGB angesehen (BGHZ 47, S. 30, 39 f).

Auch wird bei - einseitigen - Verstößen gegen § 1 RBerG, das sich ebenso wie § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO nur an einen Vertragsteil (Rechtsanwälte) richtet, den Tatbestand des § 134 erfüllt gesehen, weil nur so der Normzweck, der Schutz der Allgemeinheit vor unqualifizierter Rechtsberatung, erreicht werden kann und verhindert wird, dass ein nicht zugelassener Rechtsberater aus einem fortbestehenden Vertrag zur Fortsetzung seiner unerlaubten Tätigkeit gezwungen wäre (BGH NJW 1962, S. 2010).

Die gemäß § 67 Abs. 3 Nr. 2 ThürKO angeordnete aufsichtsbehördliche Genehmigung steht der Einordnung als Verbotsgesetz nicht entgegen.

Das Genehmigungserfordernis dient als vorbeugende interne Kontrolle der Fehlervermeidung (Gnauck/Höhlein/Steenbock, Kommentar zur Thüringer Kommunalordnung, § 67 RN 27). Allein damit ist indes - wie der vorliegende Fall zeigt - ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln nicht in einem Maße sichergestellt, dass auf eine nachträgliche Fehlerbeseitigung gänzlich verzichtet werden könnte. Der Schutzzweck des § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO kann vielmehr nur erreicht werden, wenn die Nichtigkeitsfolge auch bei einer fehlerhaften oder einer auf unvollständigen Tatsachen beruhenden Genehmigung erhalten bleibt.

Auch die Möglichkeit einer Rücknahme fehlerhafter Genehmigungen - die hier mit dem Rücknahmebescheid des Landratsamtes Wartburgkreis vom 28.07.2003 erfolgt ist - lässt das Erfordernis, § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB anzusehen, nicht entfallen. In den nicht ganz fernliegenden Fällen eines willentlichen kumulativen Rechtsverstoßes von Gemeinde und Kommunalaufsicht oder einem auf anderen Gründen beruhenden Unterbleiben einer Korrektiventscheidung der Aufsichtsbehörde gebietet die grundlegende Bedeutung des Verschleuderungsverbotes für die kommunale Vermögenssicherung zur Abwendung des Vollzuges eines gesetzeswidrigen Vertrages zusätzlich die Anwendung des § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO als Verbotsgesetz des § 134 BGB.

Schließlich wird eine aufsichtsrechtliche Genehmigung nur wirksam, wenn "der Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes keine weiteren Rechtsmängel entgegenstehen" (Wachsmuth, Th. KommR, § 123 ThürKO, S. 7); dies lässt trotz erteilter Genehmigung die Berücksichtigung von einer Vertragswirksamkeit entgegenstehenden Verstößen gegen Landesrecht zu.

Der Kaufvertrag der Beklagten mit dem Drittkäufer Bührke verstößt gegen das Verschleuderungsverbot des § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO.

Der von dem Drittkäufer zu zahlende Kaufpreis weicht erheblich von dem tatsächlichen Wert der Wohnungen ab. Diese Feststellung ist ohne weitere Sachaufklärung bereits anhand der vorliegenden Anhaltspunkte möglich.

Eine verbotswidrige Unter-Wert-Veräußerung ergibt sich - wie es das Landratsamt Wartburgkreis in seinem Rücknahmebescheid vom 28.07.2003 darlegt (S. 8 f) - bereits aus der Mitveräußerung der Stellplätze sowie des Heizhauses zu einem nur für das Wohneigentum ermittelten Kaufpreis von ca. DM 925,00/m². Dieser Auffassung des Landratsamtes schließt sich der Senat an. Anstelle des ermittelten Verkehrswertes für das Wohnungseigentum von ca. DM 925,00 zahlte der Drittkäufer hierfür - unstreitig - nur ca. DM 738,00/m². Hieraus errechnet sich eine Wertunterschreitung von 20 %, um die der von dem Drittkäufer zu zahlende Kaufpreis hinter dem von dem Sachverständigen Bärthel ermittelten Verkehrswert zurückbleibt.

Diese Bewertung ist auch nach der Vorgabe des Bundesgerichtshofes (vgl. S. 17 des Revisionsurteils) ausreichend, um einen "erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Preis" und damit einen Verstoß gegen das Verschleuderungsverbot zu begründen.

Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines gerichtlichen Obergutachtens zu dem tatsächlichen Verkehrswert der verkauften Wohnungen bedarf es nicht, wenngleich einige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Wertermittlung aus dem Gutachten des Sachverständigen Wenk in Höhe von DM 1.500,00/m², die durch ein in anderer Sache erstelltes Gerichtsgutachten des Sachverständigen Müller (€ 780,00/m²) bestätigt wird, die zutreffende ist.

Dass die Veräußerung der Wohnungen zu diesem Preis wegen der Wahrnehmung eines besonderen öffentlichen Interesses ausnahmsweise ("... in der Regel ...") gerechtfertigt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat vielmehr stets vorgetragen, mit einem Verkauf des Wohnungsbestandes an den Zeugen Bührke nur zu einem Preis in der Größenordnung von DM 1.500,00/m² (DM 925,00 für das Immobilieneigentum + DM 525,00 Vorfälligkeitsentschädigung) einverstanden gewesen zu sein. Auch der Rücknahmebescheid des Landratsamtes Wartburgkreis lässt keine vom Regelfall abweichende Interessen- oder Pflichtenlage der Beklagten erkennen.

Eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über den Bestand des Rücknahmebescheides des Landratsamtes Wartburgkreis war nicht veranlasst, nachdem der Rechtsstreit aus einem anderen Grund - Nichtigkeit des Drittkaufes - entscheidungsreif war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

Die Kläger haben auch die Kosten der - für sie erfolgreichen - Revision zu tragen, da diese aufgrund der Zurückverweisung Teil der Rechtsmittelkosten des § 97 ZPO sind und die Kläger mit ihrem Rechtsmittel der Berufung gegen das landgerichtliche Urteil insgesamt erfolglos bleiben (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 26. Auflage, § 97 RN 8).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Revisionsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Insbesondere unterliegt die Auslegung des § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 ThürKO als Verbotsgesetz gemäß § 134 ZPO dem nicht revisiblen Landesrecht, § 545 Abs. 1 ZPO (vgl. S. 14 f des Zurückverweisungsurteils des BGH v. 17.01.2003).

Ende der Entscheidung

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