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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: 5 U 551/07
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 94
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 134
InsO § 143
BGB § 252
BGB § 246
1. Dem Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters aus §§ 134, 143 InsO auf Rückzahlung ausgeschütteter Scheingewinne können durch den Anleger die ihm gegen die Insolvenzschuldnerin vor deren Insolvenz als aufrechenbare Forderungen zustehenden Schadensersatzansprüche entgegen gehalten werden. Hiervon erfasst wird der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlage, wie auch des Agios und des entgangenen Zinsgewinnes.

2. Für die Höhe ihm entgangener Zinsen kommt dem Anleger die Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB zugute, soweit er sich auf die Geltendmachung des gesetzlichen Zinssatzes nach § 246 BGB von 4 % beschränkt, sofern es sich um Geldbeträge handelt, die aufgrund ihrer Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern anderweitig angelegt worden wären.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

5 U 551/07

Verkündet am: 11.03.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Richter am Oberlandesgericht Bayer, Richterin am Oberlandesgericht Rothe und Richter am Amtsgericht Weisgerber

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 27.06.2007, Az.: 2 O 56/07 (24), wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.944,42 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005, sowie weitere 194,63 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreites erster Instanz haben der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5 zu tragen.

Die Kosten des Rechtsstreites zweiter Instanz haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. K. GmbH bestellt worden ist, nimmt den Beklagten auf Rückzahlung erhaltener Auszahlungen gemäß §§ 143 Abs. 1, 134 InsO in Anspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise, nämlich unter Abzug von Gegenforderungen des Beklagten für entgangene Zinsen und einem Anspruch auf Rückzahlung des Agios stattgegeben.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Rückzahlungsanspruch nach §§ 134, 143 InsO zu. Dem Beklagten seien von der Schuldnerin lediglich Scheingewinne ausgezahlt worden, die als unentgeltliche Leistungen anzusehen seien. Dies ergebe sich daraus, dass es objektiv für diese Auszahlungen an einer Gegenleistung des Beklagten gefehlt habe. So hätten seine erbrachten Einlagen zwar dem Einsatz bei Termingeschäften gedient. Da die von den Anlegern eingezahlten Gelder aber nur zu einem geringen Teil in Termingeschäften für gemeinsame Rechnung angelegt worden seien, sei die Auszahlung der Scheingewinne nicht auf der Grundlage des zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages erfolgt, sondern habe die Gemeinschuldnerin nur vorgespiegelt, entsprechend diesem Geschäftsbesorgungsvertrag gewinnträchtige Termingeschäfte getätigt zu haben.

Soweit der Beklagte demgegenüber subjektiv angenommen habe, dass sich die Gemeinschuldnerin vertragsgerecht verhalten habe und ihm echte Gewinne ausgezahlt worden seien, sei dies unerheblich und könne eine Entgeltlichkeit unter Anfechtungsgesichtspunkten nicht begründen. Eine solche lasse sich ferner auch nicht daraus herleiten, dass die Gemeinschuldnerin mit der Auszahlung der Scheingewinne das Schneeballsystem aufrecht erhalten habe, womit die Zuwendungen im wirtschaftlichen Interesse der Gemeinschuldnerin gestanden hätten. Zur Begründung der Entgeltlichkeit einer Leistung reiche nicht jedes beliebige wirtschaftliche Interesse bzw. jede Motivation aus. Auch könne das Interesse der Gemeinschuldnerin an der Verschleierung ihres rechtswidrigen Verhaltens nicht als Entgelt für die von dem Beklagten erbrachten Zahlungen angesehen werden. Vielmehr stelle dieses Interesse nur eine einseitige Vorstellung der Schuldnerin über mögliche Vorteile dar, welches in keiner rechtlichen Abhängigkeit zu den von dem Beklagten erbrachten Zahlungen stehe.

Da die Auszahlung der Scheingewinne zudem im Anfechtungszeitraum des § 134 Abs. 1 InsO erfolgt sei, stehe dem Kläger damit grundsätzlich ein Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Diesem Anspruch könne der Beklagte jedoch - zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu § 814 BGB - seine Gegenansprüche auf Ersatz der ihm entgangenen Zinsen und seinen Anspruch auf Rückzahlung des Agios entgegenhalten.

Der Wertungswiderspruch zu § 814 BGB ergebe sich dabei daraus, dass dem Kläger bei uneingeschränkter Anwendung der §§ 134, 143 InsO ein Anspruch auf Rückzahlung der ausgezahlten Scheingewinne zustehe, während umgekehrt ein Aufrechnungsanspruch des Beklagten gegen diesen Rückforderungsanspruch daran scheitern würde, dass der Anspruch des Klägers erst mit der Insolvenzeröffnung entstanden sei. Damit aber würde der Insolvenzverwalter besser gestellt als die Schuldnerin vor ihrer Insolvenz, da deren - inhaltsgleichen - Bereicherungsanspruch auf Rückgewähr der Scheingewinne die Vorschrift des § 814 BGB entgegen gestanden hätte, weil die Schuldnerin gewusst habe, dass sie zur Auszahlung nicht erzielter Gewinne nicht verpflichtet gewesen sei.

Somit jedoch hätte der Beklagte vor der Insolvenz aufgrund der Vorschrift des § 814 BGB keine Rückzahlung leisten müssen. Dieses Ergebnis dürfe sich aber nicht allein wegen des Insolvenzeintrittes zu Lasten des Beklagten ändern. Dies entspreche zudem der zur Konkursordnung ergangenen Rechtsprechung des BGH. Auf der Grundlage der Insolvenzordnung könne insoweit aber auch nichts anderes gelten. Dass der Gesetzgeber - in Kenntnis der Rechtsprechung des BGH zur Konkursordnung - § 814 BGB im Geltungsbereich der Insolvenzordnung nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt habe, stehe dem nicht entgegen. Zum einen könne bei einer Gesetzesnovellierung nicht jegliche zu einem Problem entwickelte Rechtsprechung in die jeweilige Vorschrift "eingearbeitet" werden. Zum anderen handele es sich hier um eine sehr spezielle Problematik, für die kein zwingendes allgemeines Regelungsbedürfnis bestehe.

Aufrechnen könne der Beklagte dabei aber nicht nur mit seinem Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Einlagen, sondern ebenso mit Schadensersatzansprüchen in Form von Zinsansprüchen auf die Einlage, sowie eines Anspruches auf Rückzahlung des Agios. Insoweit weise die Rechts- und Interessenlage keine relevanten Unterschiede zu dem Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Einlagen auf. Denn bei allen diesen Ansprüchen hätten die aus Pflichtverletzungen des Geschäftsbesorgungsvertrages bzw. aus Delikt resultierenden Schadensersatzansprüche bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden und beruhten in gleicher Weise auf einer Täuschung der Schuldnerin.

Der Höhe nach könne der Beklagte dem Rückgewähranspruch des Klägers dabei einen Schadensersatzanspruch für entgangene Zinsen in Höhe von 1.771,08 € entgegen halten. Zinsen verlangen könne der Beklagte im Zeitraum vom 31.03.2000 bis zum 31.12.2001 auf die Einlagesumme zzgl. Agio in Höhe von 4 %. Der Zinssatz könne nach § 287 ZPO auf diese Höhe geschätzt werden, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass Eigenkapital in dieser Größenordnung nicht ungenutzt geblieben wäre, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre.

Nach dem 31.12.2001 stehe dem Beklagten kein weiterer Zinsanspruch zu, da nach diesem Zeitpunkt aufgrund der erfolgten Auszahlungen für ihn ein positiver Saldo bestanden habe.

Über den Zinsschaden hinaus könne der Beklagte dem Rückgewähranspruch des Klägers seinen Anspruch auf Rückzahlung des Agios entgegen halten, der in weiterer Höhe von 1.104,39 € bestehe.

Über den damit für den Kläger verbleibenden Rückgewähranspruch in Höhe von 3.944,42 € hinaus könne dieser schließlich noch die Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Beauftragung seines Bevollmächtigten verlangen, allerdings nur in Höhe von 194,63 €, ausgehend von einem berechtigten Rückgewähranspruch des Klägers in Höhe von 3.944,42 €.

Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 29.06.2007 zugestellte Urteil des Landgerichts Meiningen hat der Kläger mit einem am 05.07.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit weiterem am 31.07.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen die von dem Landgericht bejahte Aufrechnungsmöglichkeit und die teilweise Abweisung der vorgerichtlichen Anwaltsgebühren und verlangt klageerweiternd Zinsen auf den Rückforderungsbetrag bereits ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Aufrechnung des Beklagten sei vorliegend nach §§ 94, 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen. Eine Ausnahme hiervon könne auch nach Treu und Glauben zur Vermeidung eines Wertungswiderspruches nicht gemacht werden. Vielmehr bestimme § 143 Abs. 2 InsO abschließend, unter welchen Voraussetzungen der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese zurück zu gewähren habe. Da diese Regelung durch den Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des BGH zur Konkursordnung getroffen worden sei und in die Insolvenzordnung kein Verweis auf § 814 BGB aufgenommen worden sei, sei die Rückgewährpflicht des Empfängers einer unentgeltlichen Leistung im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung nur durch den nach § 143 Abs. 2 InsO möglichen Einwand der Entreicherung beschränkt. Dies sei auch sachgerecht. Hätte der Beklagte nämlich seine Anlage nicht gekündigt, wäre er Insolvenzgläubiger und hätte noch nicht einmal seine Einlage in vollem Umfang zurückerhalten. Im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Gläubiger in der Insolvenz dürfe der Beklagte als Begünstigter des Betruges - jedenfalls nicht über den Rückerhalt der Einlage hinaus - gegenüber den Geschädigten des Betruges privilegiert werden.

Abgesehen davon, dass damit eine Aufrechnungsmöglichkeit des Beklagten schon dem Grunde nach ausgeschlossen sei, stehe dem Beklagten auch weder dem Grunde noch der Höhe nach der von dem Landgericht zuerkannte Zinsanspruch von 4 % zu.

Ein Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns (Zinses) gebe es schon dem Grunde nach bei Termingeschäften nicht, weil diese als Spiel und Wette i.S.d. § 764 BGB a.F. einzustufen seien. Bei der streitgegenständlichen Beteiligung handele es sich um ein Differenzgeschäft i.S.d. § 764 BGB a.F..

Bei der zugesprochenen Höhe von 4 % habe das Landgericht ferner verkannt, dass sich der Beklagte für eine hochspekulative Anlageform entschieden habe. Damit könne ihm nun aber nicht im Wege der Schätzung ein am Markt für Festzinsenanlagen nicht erzielbarer Zinssatz von 4 % zuerkannt werden.

Der Kläger beantragt,

unter Zurücknahme der mit Schriftsatz vom 04.07.2007 zunächst weitergehend eingelegten Berufung,

das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 27.06.2007 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger

a) über den ausgeurteilten Betrag von 3.944,42 € hinaus weitere 2.875,47 € zu bezahlen, nebst Zinsen aus 6.819,89 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005;

b) über den ausgeurteilten Betrag von 194,63 € hinaus weitere 91,75 € zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2006.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung gegen die Berufungsangriffe des Klägers.

Die von dem Beklagten zunächst eingelegte selbständige Anschlussberufung hat dieser zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2008 zurückgenommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei Gericht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie jedoch nur in Bezug auf die von dem Kläger weitergehend begehrten Zinsen Erfolg.

Im Ergebnis und der Begründung zutreffend hat das Landgericht den Beklagten zur Rückzahlung von an ihn ausgezahlter Scheingewinne in Höhe von 3.944,42 € gemäß §§ 134, 143 Abs. 1 InsO verurteilt.

Die an den Beklagten von der Schuldnerin ausgezahlten Scheingewinne stellen, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, unentgeltliche Leistungen i.S.d. § 134 InsO dar.

Zu folgen ist dem Landgericht darüber hinaus aber auch darin, dass der damit grundsätzlich bestehende Rückgewähranspruch der Höhe nach nur vermindert um die Gegenansprüche des Beklagten auf Rückzahlung der geleisteten Einlage, des Agios und der hierauf angefallenen Zinsansprüche begründet ist. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Klägers bleiben ohne Erfolg.

Wenn auch eine Aufrechnung gegen den erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Rückgewähranspruch des Klägers nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO in der Regel ausgeschlossen ist, erfährt dieser Grundsatz vorliegend eine Ausnahme, da der Rückgewähranspruch des Klägers aus § 143 InsO nur deshalb überhaupt in Betracht kommt, weil ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin nach § 814 BGB ausgeschlossen war. Da der Beklagte ohne die Vorschrift des § 814 BGB gegen den Rückzahlungsanspruch der Schuldnerin mit seinen Schadensersatzansprüchen hätte aufrechnen können - wodurch der Rückgewähranspruch des Klägers in Höhe der begründeten Aufrechnungsforderung entfallen wäre - würde sich die Vorschrift des § 814 BGB in Fällen wie dem vorliegenden zu Lasten des Anfechtungsgegners auswirken, würde man diesem nach Insolvenzeröffnung die Möglichkeit der Aufrechnung gegen den Rückgewähranspruch aus §§ 134, 143 InsO verwehren. Dies jedoch ist nicht gerechtfertigt, weil die Vorschrift des § 814 BGB den Leistungsempfänger nicht benachteiligen, sondern im Gegenteil privilegieren will. Dieses Normzweckverständnis des § 814 BGB, das auch der BGH ausdrücklich für einen Rückgewähranspruch des Konkursverwalters nach §§ 32 Nr. 1, 37 KO vertreten hat (vgl. BGH NJW 1991, 560), gilt, wie das Landgericht nach Auffassung des Senates zu Recht festgestellt hat, auch im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung (so auch OLG Frankfurt a.M. ZIP 07, 2426 (2427)). Anderes könnte nur dann gelten, wenn die Insolvenzordnung gegenüber der Konkursordnung weitergehende Schutzinteressen der Insolvenzgläubiger verfolgen würde, wofür sich jedoch weder in den Gesetzesmaterialien, noch in dem Wortlaut des § 134 InsO selbst Anhaltspunkte finden lassen (so auch OLG Frankfurt a.M. a.a.O.). Allein das Schweigen des Gesetzgebers, d.h. das Fehlen einer § 814 BGB ausdrücklich auch im Rahmen der Insolvenzordnung für anwendbar erklärenden Vorschrift, vermag entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht kein zwingendes Argument für eine von dem Gesetzgeber beabsichtigte Nichtanwendbarkeit abzugeben. Genauso gut könnte der Gesetzgeber nämlich in Kenntnis der auf der Grundlage der Konkursordnung ergangenen Rechtsprechung des BGH von dem Fehlen eines ausdrücklichen Regelungsbedarfes ausgegangen sein, da sich die Normzwecke der Konkurs- und der Insolvenzordnung in diesem Punkt nicht unterscheiden. Von daher wäre es, wenn denn der Gesetzgeber eine Nichtanwendbarkeit des § 814 BGB im Rahmen der Insolvenzordnung gewollt hätte, im Gegenteil sogar naheliegend gewesen, dies in Kenntnis der vorausgegangenen unter der Geltung der Konkursordnung ergangenen anderslautenden Rechtsprechung des BGH ausdrücklich festschreiben. Da dies aber nicht geschehen ist, kann dem Schweigen des Gesetzgebers entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung jedoch auch nicht der Wille zur Festschreibung der Nichtanwendbarkeit des § 814 BGB im Geltungsbereich der Insolvenzordnung entnommen werden.

Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung führt dieses, die Aufrechnungsansprüche des Beklagten erhaltende Ergebnis auch nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Beklagen gegenüber solchen Anlegern, die von der Schuldnerin nicht durch eine Auszahlung von Scheingewinnen begünstigt wurden. Der Gedanke des Gläubigerschutzes tritt nämlich zurück, wenn sich vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Forderungen und Verpflichtungen des Schuldners gegenüberstehen. Der Gläubigerschutz erfordert es nicht, einen Anfechtungsgegner allein deshalb einem Rückgewähranspruch auszusetzen, weil eine Aufrechnung an einer Norm scheitert, die weder den Schuldner, noch die Gläubigergesamtheit, sondern allein den Anfechtungsgegner schützen will (so auch BGH NJW 1991, 560 (562)).

Der Beklagte ist damit, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, so zu stellen, als hätte er aufrechnen können. Dies bedeutet, dass er dem Rückgewähranspruch des Klägers seine gegen die Schuldnerin vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Schadensersatzansprüche entgegenhalten kann. Solche hätte der Beklagte vorliegend wegen arglistiger Täuschung aus culpa in contrahendo (CiC) und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gehabt. Der dem Beklagten zustehende Schadensersatzanspruch geht dabei jedoch entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht nicht nur auf Rückzahlung der von dem Beklagten geleisteten Einlage. Vielmehr kann dieser darüber hinaus auch die Rückzahlung des erbrachten Agios und auch nach § 252 S. 2 BGB Ersatz entgangenen Gewinns verlangen.

Wird ein Kapitalanleger durch schuldhaft unrichtige Angaben bewogen einer Publikumsgesellschaft beizutreten, so ist ihm nicht nur seine Einlage, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass Eigenkapital in solcher Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (vgl. BGH NJW 1992, 1223).

Diesen Zinssatz hat das Landgericht nach Ansicht des Senates vorliegend der Höhe nach zutreffend mit 4 % zugesprochen.

Gemäß § 252 S. 2 BGB gilt als entgangener Gewinn und damit als zu ersetzender Schaden nämlich der Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Die Annahme des Landgerichtes, dass der Beklagte, wäre er nicht durch Täuschung der Schuldnerin zu der Leistung der Einlagen und des Agios veranlasst worden, Beträge in dieser Größenordnung, d.h. von mehr als 20.000,00 € nicht ungenutzt gelassen hätte, sondern angelegt hätte, ist nach Auffassung des Senates dabei nicht zu beanstanden. Hiervon kann vielmehr nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden, so dass für eine solche Anlage dem Beklagten die Beweiserleichterung des § 252 S. 2 BGB zugute kommt. Allerdings gilt diese Beweiserleichterung vorliegend, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, nur für den gesetzlichen Zinssatz des § 246 BGB in Höhe von 4 %. Dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in dieser Höhe verzinst, kann nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden (so auch LG Heilbronn, Urteil vom 08.02.2007, Az.: 8 O 328/06).

Des Nachweises besonderer für die Alternativanlage bereits getroffener Vorkehrungen bedarf es insoweit nicht, vielmehr wäre es aufgrund der nach § 252 S. 2 BGB für den Geschädigten bestehenden Beweiserleichterung Sache des Klägers, den Nachweis einer im konkreten Fall fehlenden Wahrscheinlichkeit einer zumindest 4 %-igen Verzinsung zu erbringen, woran es indes fehlt.

Soweit der Kläger darüber hinaus die Ansicht vertritt, dass ein Zinsanspruch des Beklagten dem Rückgewähranspruch schon dem Grunde nach auch deshalb nicht entgegengehalten werden könne, weil die streitgegenständliche Beteiligung als Differenzgeschäft i.S.d. § 764 BGB a.F. anzusehen sei, kann dem nach Auffassung des Senates aus zwei Gründen nicht gefolgt werden.

Zum einen liegt hier schon kein Differenzgeschäft im Sinne dieser Vorschrift vor, weil es hier insbesondere bereits an der für ein derartiges Geschäft besonderen Gefährlichkeit eines hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunktes fehlt (vgl. auch BGH Urteil vom 13.07.2004, XI ZR 132/03). Zum anderen kommt es nach Ansicht des Senates darauf, dass es bei einem Differenzgeschäft keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn und damit auch keinen Zinsanspruch gibt hier gar nicht an, da der Beklagte keinen Ersatz von Zinsen verlangt, die ihm auf die streitgegenständliche Beteiligung hätten gezahlt werden müssen, sondern entgangenen Gewinn für eine Alternativanlage, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erfolgt wäre, wenn der Beklagte sein Geld nicht in die streitgegenständliche Anlage investiert hätte.

Nachdem der Rückgewähranspruch durch das Landgericht nach alledem zutreffend mit 3.944,42 € ermittelt wurde, stehen dem Kläger auch keine höheren Rechtsanwaltskosten als durch das Landgericht ausgeurteilt zu.

Allerdings kann der Kläger auf diesen von dem Beklagten rückzugewährenden Betrag entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht Zinsen nicht erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage, sondern gemäß § 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz bereits ab dem 13.05.2006 verlangen, da sich der Beklagte mit Ablauf der mit Schreiben vom 02.05.2006 bis zum 12.05.2006 gesetzten Zahlungsfrist ab dem 13.05.2006 in Zahlungsverzug befunden hat.

Begründet fordert der Kläger darüber hinaus klageerweiternd in zweiter Instanz Zinsen auf die begründete Klageforderung der Hauptsache bereits ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner Prozesszinsen nämlich bereits ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (vgl. BGH MDR 07, 678).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und trägt dem jeweiligen Unterliegen der Parteien im Rechtsstreit Rechnung. Des Weiteren hat bei der Höhe der Kostenquote die Rücknahme der Berufung des Beklagten Berücksichtigung gefunden. Die Teilrücknahme der Berufung des Klägers, die sich lediglich auf den ursprünglich falsch formulierten Klageantrag zu 2) bezogen hat, hatte dagegen kostenrechtlich keine Auswirkungen.

Die gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgte Abänderung der Kostenquote hat ihre Grundlage darin, dass für die Verteilung der Kosten des Rechtsstreites erster Instanz entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht nicht nur die Klageforderung, sondern auch die von dem Beklagten erstinstanzlich nur hilfsweise erklärte Aufrechnung zu berücksichtigen war, die teilweise Erfolg hatte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Auch die Anhängigkeit einer Vielzahl ähnlicher Rechtsstreite vermag vorliegend keinen Anlass für eine Revisionszulassung zu bilden. Eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt der vorliegenden Entscheidung gleichwohl nach Auffassung des Senates nicht zu, da wie vorstehend ausgeführt, Anhaltspunkte für Zweifel daran, dass die zur Konkursordnung ergangene Rechtsprechung des BGH auf die Insolvenzordnung nicht übertragbar ist, aufgrund des beiden Gesetzen zugrunde liegenden gleichen Normzweckgedankens nicht bestehen.



Ende der Entscheidung

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