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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 6 U 968/05
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 245
AktG § 246
1. Da die aktienrechtlichen Anfechtungsklage für die Aktionäre ein Instrument zur Herbeiführung gesetzes- und satzungskonformer Hauptversammlungsbeschlüsse ist, genügt es für das Rechtsschutzbedürfnis einer Anfechtungsklage grds., dass die Beseitigung eines gesetz- oder satzungswidrigen Beschlusses erstrebt wird und die Klage damit auf die Herbeiführung eines rechtmäßigen Zustandes gerichtet ist.. Nicht erforderlich ist, dass die Beseitigung des Beschlusses dem Kläger im übrigen einen Nutzen bringt.

2. Etwas anderes kann gelten, wenn die Nichtigerklärung weder für die Gesellschaft noch für den Anfechtungskläger irgendwelche Folgen haben kann z.B. deswegen, weil der streitgegenständlichen Beschluss zwischenzeitlich rechtswirksam aufgehoben wurde oder weil er wegen Rücknahme der Anmeldung nicht wirksam werden kann oder weil es sich um einen ablehnenden Beschluss handelt (vgl. BGH, WM 1964, 1188, 1191).

3. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine aktienrechtliche Anfechtungsklage kann sich auch daraus ergeben, dass der angefochtene Beschluss den Anschein trägt, als seien die Aktionäre sowie Vorstand und Aufsichtsrat an ihn gebunden.

4. Der in einem Anfechtungsprozess vereinbarte Vergleich, dass ein Hauptverhandlungsbeschluss nicht wirksam sein soll, führt nicht dazu, dass der Beschluss aufgehoben ist oder als aufgehoben gilt, weil ein Vergleich dieses Inhalts sachlich der Aufhebung der Hauptversammlungsbeschlüsse gleich kommt und damit allein in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fällt.

5. Ein solcher Vergleich kann nicht als Klageanerkenntnis verbunden mit dem Antrag des Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ausgelegt werden.

6. Ein Widerspruch ist auch dann für eine spätere Anfechtungsklage ausreichend, wenn er vorab "zu allen Beschlüssen der Tagesordnung" erklärt wurde.

7. Haben der Hauptversammlung zur Entscheidung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat die in § 120 Abs. 3 Satz 2 AktG bezeichneten Dokumente nicht vorgelegen, ist der anfechtungsbegründende relevante Kausalzusammenhang (vgl. § 243 Abs. 4 AktG i.d.F. des Gesetzes vom 22.09.2005, BGBl. I S. 2801; Kubis in MünchKommAktG, aaO., § 120 Rn. 48 m.w.N.) jedenfalls dann gegeben, wenn ein verständiger Durchschnittsaktionär sich nicht in der Lage sieht, in Abwesenheit des fraglichen Dokumente an der Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrats teilzunehmen.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 968/05

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Bayer und die Richterin am Oberlandesgericht Reichertz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.2.2006 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des 1. Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 22.8.2005 - Az. HKO 141/04 - abgeändert:

Der Beschluss - Top 2 (Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2002) der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. November 2004 wird für nichtig erklärt. Der Beschluss - Top 3 (Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2002) der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. November 2004 wird für nichtig erklärt. 2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention trägt die Beklagte. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand: Der Kläger begehrt als Aktionär der beklagten C. AG im Wege der Anfechtungsklage, zwei Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. 11. 2004 für nichtig zu erklären. Durch den Beschluß zu TOP 2 wurde dem Vorstand, durch den Beschluß zu TOP 3 dem Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2002 Entlastung erteilt, und zwar mit einer Mehrheit von jeweils 268.321 Ja- zu 43.927 Nein-Stimmen. Der Kläger hat als Aktionär an der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 persönlich teilgenommen und vor der Beschlussfassung "zu allen Beschlüssen der Tagesordnung unter Verweis auf § 120 Aktiengesetz" Widerspruch zu Protokoll erklärt. Schon im Vorjahr hatte die Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2002 mehrheitlich beschlossen. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Hauptversammlung war eine Anfechtungsklage anhängig, die sich gegen die am 18. 12. 2003 gefassten Entlastungsbeschlüsse richtete (LG Mühlhausen, Az. HKO 6/04). Die damalige, unter dem 14. 1. 2004 erhobene Anfechtungsklage stützte der Kläger des Vorprozesses auf verschiedene Mängel. So rügte er, dass an der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 der gemäß § 20 Abs. 7 AktG an der Ausübung der Aktionärsrechte gehinderte Mehrheitsaktionär teilgenommen und abgestimmt habe. Für 238.278 des in 450.000 Stückaktien aufgeteilten Grundkapitals der Beklagten habe daher am 18. 12. 2003 kein Teilnahme- und kein Stimmrecht bestanden; die gleichwohl abgegeben Stimmen aus diesen Aktien führten zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003. Die Entlastung des Vorstandes sei außerdem rechtswidrig gewesen, weil ein Ankündigungsmangel vorgelegen habe. Die Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses für den Aufsichtsrat ergebe sich zudem aus dem Umstand, dass der mit dem Datum 7. 11. 2003 unterzeichnete Aufsichtsratsbericht nicht der Maßgabe des § 314 Abs. 2 und 3 AktG entspreche. Beide Entlastungsbeschlüsse seien darüber hinaus unter Verstoß gegen § 314 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AktG gefasst worden und aus diesem Grunde anfechtbar. Entsprechendes ergebe sich aus groben Verstößen gegen das Auskunftsrecht des Aktionärs (§ 131 AktG). Sämtliche Rügen wurden von der Beklagten zurückgewiesen und die Abweisung der Anfechtungsklage beantragt. Das Landgericht Mühlhausen regte in der öffentlichen Sitzung vom 16. 9. 2004 an, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2002 bei der nächsten ordentlichen Hauptversammlung erneut zur Abstimmung zu stellen und die klägerseitigen Rügen bei den Beschlussfassungen zu berücksichtigen. Nach der erfolgten erneuten Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrats durch die Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 einigten sich die Parteien des damaligen Verfahrens im Wege des gerichtlich protokollierten Vergleichs darauf, dass die Beklagte die Anträge des Klägers in der Klageschrift vom 14. 1. 2004 anerkennt, so dass die Beschlussfassungen als nichtig erklärt gelten, und dass die Beklage die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen hat. Weiterhin verzichtete der (damalige) Kläger darauf, die Beschlussfassungen über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2002 sowie für das Geschäftsjahr 2003 anzufechten. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Beschlüsse seien anfechtbar, weil Jahresabschluss und Lagebericht für das Geschäftsjahr 2002 im Rahmen der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 (unstreitig) nicht ausgelegen hätten. Ausgelegen habe ausschließlich der Bericht des Aufsichtsrats, der u.a. auf einem Abhängigkeitsbericht basiere, der nach Auffassung des Klägers unvollständig gewesen sei. Der Kläger hat beantragt, den Beschluss - Top 2 (Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2002) der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. 11. 2004 für nichtig zu erklären und den Beschluss - Top 3 (Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2002) der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. 11. 2004 für nichtig zu erklären. Die Nebenintervenienten des erstinstanzlichen Verfahrens haben keinen Antrag gestellt. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte argumentiert, gegenüber dem Kläger seien die in der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 gefassten Entlastungsbeschlüsse wirksam. Das Anerkenntnis, welches die Beklagte im Rahmen des Vergleichs in dem Verfahren HKO 6/04 erklärt habe, wirke allein gegenüber dem Kläger des Vorprozesses in dem Verfahren HKO 6/04. Im Übrigen habe der Kläger bereits vor der Fassung der streitgegenständlichen Beschlüsse widersprochen, obwohl § 245 Nr. 1 AktG nach Auffassung der Beklagten voraussetzt, dass der Beschluss bereits gefasst sein müsse, bevor Widerspruch erhoben werden könne. Die Beklagte macht außerdem geltend, dass der Geschäftsbericht der Beklagten für das Geschäftsjahr 2002, bestehend aus festgestelltem Jahresabschluss, Lagebericht, Abhängigkeitsbericht und Bericht des Aufsichtsrats, seit Einberufung zu der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 vorgelegen und auch in den Geschäftsräumen ausgelegen hätte und im Übrigen auch bei der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 erhältlich gewesen sei. Außerdem sei der Kläger zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beschlussfassung unstreitig im Besitz des Geschäftsberichts für das Jahr 2002 gewesen. Deshalb sei es dem Kläger verwehrt, sich darauf zu berufen, dass die Unterlagen bei der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 unstreitig nicht ausgelegen hätten. Das Landgericht Mühlhausen hat die Klage mit Urteil vom 22. 8. 2005 abgewiesen. Begründet wurde die Klagabweisung damit, dass dem Kläger in Bezug auf die begehrte Nichterklärung der angefochtenen Entlastungsbeschlüsse das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da der vor dem LG Mühlhausen (HKO 6/04) geschlossene Vergleich über die Nichtigkeit der auf der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 gefassten Beschlüsse nur gegenüber den damaligen Prozessparteien wirke. Da der Kläger am Vergleichsschluss nicht beteiligt gewesen sei, seien die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 somit gegenüber dem Kläger wirksam. Er habe daher kein rechtliches Interesse daran, die streitgegenständlichen Beschlüsse anzufechten. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, weil der Kläger entgegen § 245 Nr. 1 AktG nicht wirksam widersprochen habe. Ein pauschal erklärter Widerspruch "zu allen Beschlüssen der Tagesordnung" reiche nicht aus. Außerdem sei dem Informationsinteresse des Klägers dadurch genüge getan, dass er im Vorfeld und auf der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 auf den Jahresabschluss und den Lagebericht für das Geschäftsjahr 2002 zugreifen konnte. Dass diese Unterlagen bei der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 nicht zur Verfügung standen, sei daher unschädlich. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung und rügt im Einzelnen, dass die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen nur einheitlich für und gegen alle Aktionäre wirken könne. Angefochtene Beschlüssen könnten im Vergleichswege nicht aufgehoben oder für nichtig erklärt werden. Dazu bedürfe es eines Urteils des angerufenen Prozessgerichts. Der damalige Vergleich beinhalte ein Klageanerkenntnis auf Seiten der Beklagten verbunden mit dem Antrag des damaligen Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ergebe sich jedenfalls daraus, dass der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 nach Maßgabe des Vergleichs ein überarbeiteter Bericht des Aufsichtsrats vorgelegt werden sollte. Widerspruch zu Protokoll könne in der Hauptversammlung zu jedem Zeitpunkt erklärt werden. Auch generelle Widersprüche gegen alle Hauptversammlungsbeschlüsse seien zulässig. Das erstinstanzliche Urteil verkenne darüber hinaus den materiellen Gehalt des § 120 Abs. 3 Satz 2 AktG. Die Verpflichtung zur Vorlage der genannten Unterlagen sei auch bei einem späteren Entlastungsbeschluss nicht disponibel. Ob die Aktionäre anderweitige Informationsquellen nutzbar machen können, spiele keine Rolle. Das gelte umso mehr, wenn Unterlagen - wie es hier der Fall gewesen sei - verändert worden seien. Es bedeute ferner einen im Rahmen des § 120 AktG relevanten Informationspflichtverstoß, dass der Abschlussprüfer über die Kapitalerhöhung bei der Thermoplast Schwarzhausen, "einem über die Beklagte verbundenen Unternehmen deren Mehrheitsaktionärs Bercasus AG", nicht unterrichtet worden sei. Hieraus folge vermittelt über den Abhängigkeitsbericht eine Informationspflichtverletzung im Sinne des § 120 Abs. 3 AktG. Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 22. 8. 2005 - Az. HKO 141/04 - aufzuheben, den Beschluss - Top 2 (Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2002) der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. 11. 2004 für nichtig zu erklären, den Beschluss - Top 3 (Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2002) der Hauptversammlung der Beklagten vom 25. 11. 2004 für nichtig zu erklären und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, die Kosten der Berufung dem Kläger aufzuerlegen, der Beklagten zu gestatten, die zur Betreibung oder Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit durch die selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft zu leisten, die von einer bundesdeutschen Bank oder Sparkasse gestellt wird, hilfsweise bei Nichtvorliegen der revisionsfähigen Beschwer die Revision zuzulassen. Die Beklagte macht geltend, dass im Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 über die Anfechtungsklage eines anderen Aktionärs gegen die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 noch nicht entschieden gewesen sei. Die Beschlüsse seien deshalb für alle Aktionäre nach wie vor verbindlich. Schon deshalb fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis für den gegenständlichen Rechtsstreit. Der später geschlossene Vergleich wirke nur zwischen den vergleichschließenden Parteien des Vorprozesses, nicht aber gegenüber dem Kläger. § 278 Abs. 6 ZPO als normative Grundlage des Vergleichs entfalte nicht die Rechtswirkungen des § 248 Abs. 1 AktG. Außerdem könnten Aktionäre, die an der Beschlussfassung der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 beteiligt waren, nach Erlass des aufgrund der vergleichsweisen Verfahrensbeendigung erlassenen Beschlusses vom 27. 12. 2004 die von der Hauptversammlung am 25. 11. 2004 gefassten Entlastungsbeschlüsse ("Bestätigungsbeschlüsse") nicht anfechten, da bereits die gleichlautenden Beschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 für sie wirksam seien. Das sei auch im Hinblick auf den Kläger der Fall. Widersprüche, die vor dem Eintritt in die Abstimmung erhoben wurden, seien ferner unwirksam. Es gebe keinen "Vorrats-Widerspruch" gegen alle Beschlüsse. Bei den streitgegenständlichen Beschlüssen handele es sich um "Bestätigungsbeschlüsse", welche die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 wiederholten. Auch eine vom Kläger behauptete Änderung der Unterlagen für das Geschäftsjahr 2002 sei nicht erfolgt. Die Kapitalerhöhung in Sachen Thermoplast Schwarzhausen habe nicht in den Abhängigkeitsbericht aufgenommen werden müssen, da das Kapital nicht von der Mehrheitsaktionärin, sondern von der Beklagten stamme. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung ist in der Sache erfolgreich. I. Der Kläger hat entgegen der Rechtsauffassung des LG Mühlhausen ein Rechtsschutzinteresse an der Erhebung der Anfechtungsklage. Dabei kommt es auf die Wirksamkeit der Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 nicht an. 1. Das LG Mühlhausen ist der Auffassung der Beklagten gefolgt, dass dem Kläger in Bezug auf die begehrte Nichterklärung der angefochtenen Entlastungsbeschlüsse das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da der vor dem LG Mühlhausen (HKO 6/04) geschlossene Vergleich über die Nichtigkeit der auf der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 gefassten Beschlüsse nur gegenüber den damaligen Prozessparteien wirke. Da der Kläger am Vergleichsschluss nicht beteiligt gewesen sei, seien die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 gegenüber dem Kläger wirksam. Er habe daher kein rechtliches Interesse daran, die streitgegenständlichen Beschlüsse anzufechten. 2. Diese Ausführungen halten einer Überprüfung durch den Senat nicht stand. a) An das Rechtsschutzbedürfnis der aktienrechtlichen Anfechtungsklage sind keine besonderen Anforderungen zu stellen. Die gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelklagen sind als Instrumente zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Organhandelns einer Kapitalgesellschaft ausgestaltet. Es genügt daher, dass der Anfechtungskläger die Beseitigung eines gesetz- oder satzungswidrigen Beschluss erstrebt, die Klage damit auf die Herbeiführung eines rechtmäßigen Zustandes gerichtet ist. Jeder Aktionär hat das Recht zu wissen, dass die Hauptversammlung nur rechtmäßige Beschlüsse fasst. Gegen Gesetz und Satzung verstoßende Beschlüsse muss der Aktionär nicht hinnehmen, auch wenn ihm die Beseitigung des Beschlusses im übrigen keinen Nutzen bringt. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich schon aus seiner Rechtsstellung als Aktionär, dem das Aktiengesetz die Aufgabe zuerkannt hat, die Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse zu wahren (RGZ 145, 336, 338; 146, 385, 395; BGHZ 43, 261, 265 f.; 107, 296, 308; OLG München, ZIP 1993, 676, 678; OLG Düsseldorf, AG 2000, 365, 366; OLG Stuttgart, ZIP 2004, 1145, 1146 f.; vgl. weiter Hüffer in MünchKommAktG, 2. Aufl., 2001, § 246 Rn. 16; K. Schmidt in GroßkommAktG, 4. Aufl., 1996, § 246 Rn. 60; Zöllner in KK, AktG, 1985, § 246 Rn. 26). Anderes soll nach Auffassung einzelner Autoren (nur) gelten, wenn die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses keine Auswirkungen auf die Sach- oder Rechtslage hat (so K. Schmidt in GroßkommAktG, aaO., § 246 Rn. 60), mit anderen Worten, wenn sich aus der Nichterklärung für die Gesellschaft oder den Anfechtungskläger nicht irgendwelche greifbaren Folgen ergeben können (so Zöllner in KK, aaO., § 246 Rn. 27 a.E). Im vorliegenden Fall ist keine der in diesem Zusammenhang höchstrichterlich anerkannten bzw. im Schrifttum diskutierten Ausnahmen gegeben, bei welchen das Rechtsschutzinteresse fehlt. Weder sind die streitgegenständlichen Beschlüsse zwischenzeitlich rechtswirksam aufgehoben worden (dazu Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 246 Rn. 16; K. Schmidt in GroßkommAktG, aaO., § 246 Rn. 60), noch steht fest, dass die Beschlüsse wegen Rücknahme der Anmeldung nicht wirksam werden können (dazu LG Hamburg, WM 1994, 1165, 1166 f.; Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 246 Rn. 16). Schließlich handelt es sich bei den (positiven) Entlastungsbeschlüssen für den Vorstand und den Aufsichtsrat auch nicht um ablehnende Beschlüsse, deren Anfechtung im Einzelfall mangels Rechtsschutzbedürfnis ausscheiden kann (zu Einzelheiten vgl. BGH, WM 1964, 1188, 1191; Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 246 Rn. 16; K. Schmidt in GroßkommAktG, aaO., § 246 Rn. 60; Zöllner in KK, aaO., § 246 Rn. 27 ff.). Im Übrigen ist im Hinblick auf den Vorprozess und die näheren Umstände seiner Beendigung, insbesondere unter Berücksichtigung der hieraus resultierenden Unsicherheiten für alle Beteiligten nicht auszuschließen (vgl. LG Hamburg, WM 1994, 1165, 1166 f.), dass den streitgegenständlichen Entlastungsbeschlüssen irgendwelche rechtlichen bzw. faktischen Wirkungen zukommen können. Die Rechtsverfolgung durch den Anfechtungskläger stellt sich hier keineswegs als unnütz oder gar unlauter dar (vgl. RGZ 155, 72, 75; BGHZ 54, 181, 184; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Auflage, 2005, Grundz § 253 Rn. 33; Lüke in MünchKommZPO, 2. Aufl, 2000, Vor § 253 Rn. 10). Das gilt umso mehr, als es nicht Aufgabe des die streitgegenständliche Anfechtungsklage gegen die Entlastungsbeschlüsse aus 2004 beurteilenden Gerichts ist, umfassend die Bestandskraft der Beschlüsse aus 2003 zu prüfen, auch wenn sämtliche Beschlüsse die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2002 zum Gegenstand haben. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass von den Entlastungsbeschlüssen, die die Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 gefaßt hat, ohne deren Vernichtung jedenfalls der Anschein ausginge, als seien die Aktionäre sowie Vorstand und Aufsichtsrat an diese - rechtswidrigen (dazu sogleich) - Beschlüsse gebunden. Dies wäre mit der Rechtsstellung der Aktionäre als Wahrer der Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse unvereinbar, so dass dem Anfechtungskläger ein rechtliches Interesse an einer gerichtlichen Inanspruchnahme zur Beseitigung der Entlastungsbeschlüsse nicht abgesprochen werden kann. Aus diesen Gründen kommt es auch nicht darauf an, ob es sich vorliegend um einen wiederholenden Beschluss oder um einen Bestätigungsbeschluss handelt. Denn die dargelegten Anscheinswirkungen gehen von den am 25. 11. 2004 gefassten Beschlüssen aus, einerlei, ob man die damalige Beschlussfassung als Bestätigung der Beschlüsse vom 18. 12. 2003 oder als Ersetzung derselben Beschlüsse ansieht. c) Die Wirkungen des Vergleichs im Vorprozess (LG Mühlhausen, HKO 6/04) sind demnach ohne Belang für das gegenständliche Verfahren. Zudem sind die Ausführungen des LG Mühlhausen hierzu rechtfehlerhaft. aa) Der zwischen den Parteien des Vorprozesses geschlossene Vergleich vom 27. 12. 2004 führte nicht dazu, dass die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003, deren Gesetzes- oder Satzungswidrigkeit mit der Anfechtungsklage im damaligen Rechtsstreit geltend gemacht wurde, aufgehoben wurden oder als aufgehoben gelten. Denn ein Vergleich dieses Inhalts kommt sachlich der Aufhebung der Hauptversammlungsbeschlüsse gleich. Die Fassung von Aufhebungsbeschlüssen liegt indes ausschließlich im Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung. Vorstand und (oder) Aufsichtsrat, die in Vertretung der Aktiengesellschaft am Abschluss des Vergleichs beteiligt waren, fehlte es dafür an der materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis. (allg. Meinung: Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 246 Rn. 27, § 248 Rn. 38; K. Schmidt in GroßkommAktG, aaO., § 246 Rn. 74; Brändel in FS Vieregge, 1995, S. 69, 70 f.). bb) Streitig ist, ob die beklagte Aktiengesellschaft das Klagebegehren mit der Folge anerkennen (§ 307 ZPO) kann, dass der Beschluss für nichtig erklärt wird (zum Streitstand: Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 246 Rn. 26; K. Schmidt in GroßkommAktG, aaO., § 246 Rn. 75 ff.). Diese Streitfrage ist vorliegend aber ohne Belang, da es zum Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht gekommen ist. Der Vergleich kann entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht dahin ausgelegt werden, dass er ein Klageanerkenntnis auf Seiten der Beklagten verbunden mit dem Antrag des damaligen Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils beinhaltete. Den vergleichschließenden Parteien ging es nämlich darum, die rechtliche Wirksamkeit der Entlastungsbeschlüsse ohne Rücksicht auf deren Gesetz- oder Satzungsmäßigkeit zu beseitigen (vgl. Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 246 Rn. 27). Diese Interessenlage unterscheidet sich von einer Anerkennung der Normwidrigkeit der Beschlüsse, welche es zur Annahme eines Klageanerkenntnisses auf Seiten der Beklagten bedürfte. II. Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. 1. Zunächst ist der Vorinstanz zu widersprechen, dass ein vor Beschlussfassung "zu allen Beschlüssen der Tagesordnung" erklärter Widerspruch für eine spätere Anfechtungsklage nicht ausreichend sei. Es entspricht vielmehr einhelliger Auffassung, dass der Widerspruch während der gesamten Dauer der Hauptversammlung und auch generell für alle anstehenden oder erfolgten Beschlussfassungen erklärt werden kann (unstr.: Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 245 Rn. 36; K. Schmidt in GroßkommAktG, aaO., § 245 Rn. 22). Der Kläger hat hier ausweislich des Protokolls über die Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 "zu allen Beschlüssen der Tagesordnung unter Verweis auf § 120 Aktiengesetz" Widerspruch zu Protokoll erklärt. Hiermit kam deutlich zum Ausdruck, dass er die Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht als gültig anerkennen wollte (zur Zulässigkeit von Generalwidersprüchen: RGZ 30, 50, 52; 36, 24, 26; Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 245 Rn. 34; K. Schmidt in GroßkommAktG, § 245 Rn. 20). Abzulehnen ist die neuerdings vereinzelt vertretene Gegenauffassung, wonach ein wirksamer Widerspruch gegen einen Hauptversammlungsbeschluss erst nach Verkündigung des Beschlussergebnisses erklärt werden könne. Die Gegenauffassung argumentiert, dass ein Widerspruch vor Beschlussfassung nicht wirksam eingelegt werden könne, weil das Beschlussergebnis noch nicht feststehe und der Widerspruch daher ins Leere gehe. Auch im gerichtlichen Verfahren könnten Rechtsmittel erst wirksam eingelegt werden, wenn überhaupt eine anfechtbare Entscheidung vorliege. Für die Widerspruchseinlegung könne nichts anderes gelten als für die Einlegung von Rechtsmitteln; denn der Aktionär sei im Hinblick auf die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens verpflichtet, in der Hauptversammlung durch Erhebung eines Widerspruchs zu einem bestimmten Beschluss deutlich zu machen, dass er sich gegen die Wirksamkeit des konkreten Hauptversammlungsbeschlusses wendet. Dies sei nur möglich, wenn zu dem Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung der Beschluss bereits gefasst wurde (so LG Frankfurt/M., ZIP 2005, 991, 992 und ZIP 2006, 335, 339; jeweils unter Hinweis auf Kubis in MünchKommAktG, 2. Aufl., 2004, § 130 Rn. 7). Diese Auffassung überzeugt indes nicht. Richtig ist, dass der Widersprechende deutlich machen muss, gegen welchen Beschluss bzw. welche Beschlüsse er sich wendet (ebenso Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 245 Rn. 36). Dies ist aber nicht erst dann möglich, wenn ein Beschluss bereits gefasst wurde. Denn der Aktionär kann schon im Vorfeld deutlich genug zum Ausdruck bringen, welche Hauptversammlungsbeschlüsse er nicht gegen sich gelten lassen will. Das gilt umso mehr, als nach heute einhelliger Auffassung auch Generalwidersprüche zulässig sind, die sich gegen sämtliche Beschlussfassungen einer bestimmten Hauptversammlung richten (unstr.: RGZ 30, 50, 52; 36, 24, 26; Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 245 Rn. 34; K. Schmidt in GroßkommAktG, § 245 Rn. 20; Zöllner in KK, aaO., § 245 Rn. 36; Noack, AG 1989, 78, 81). Im vorliegenden Sachverhalt hat der Kläger ausweislich des Protokolls über die Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 "zu allen Beschlüssen der Tagesordnung unter Verweis auf § 120 Aktiengesetz" Widerspruch zu Protokoll erklärt. Hiermit kam unzweifelhaft zum Ausdruck, dass er die Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat nicht gegen sich gelten lassen wollte. Der Aktionär hat demnach deutlich genug zum Ausdruck gebracht, gegen die Rechtmäßigkeit welcher Beschlüsse er sich vorliegend verwahrte. Soweit die Gegenauffassung darüber hinaus verlangt, dass der Widerspruch erst nach der Beschlussfassung erklärt werden müsse, liest sie ein Tatbestandsmerkmal in die Vorschrift des § 245 Nr. 1 AktG hinein, das dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen ist und auch dem Regelungszweck der Bestimmung zuwiderläuft. Nach moderner Rechtsdogmatik beruht das Widerspruchserfordernis auf dem Verbot des venire contra factum proprium (Hüffer in MünchKommAktG, aaO., § 245 Rn. 32; K. Schmidt in GroßkommAktG, § 245 Rn. 19; teilweise abw. Noack, AG 1989, 78, 79 f.: Verwirkung). Von widersprüchlichem Verhalten des Aktionärs kann aber schwerlich die Rede sein, soweit der Aktionär mit hinreichender Deutlichkeit die Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses anzweifelt und sich durch die Widerspruchseinlegung (vor der Beschlussfassung) - vorsorglich - gegen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses verwahrt. Nur wenn der Aktionär überhaupt nicht geltend macht, dass er Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Beschlusses mit Gesetz und Satzung hat, soll die Geschäftstätigkeit der Aktiengesellschaft nicht mit der fortdauernden Ungewissheit belastet werden, dass der Aktionär zu irgend einem späteren Zeitpunkt die Gültigkeit des gefassten Hauptversammlungsbeschlusses in Zweifel ziehen könnte (vgl. Allgemeine Begründung zur 2. Aktienrechtsnovelle von 1884, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, 1985, S. 387, 467). Diese Ungewissheit wird durch die Einlegung eines Widerspruchs in jedem Fall beseitigt, einerlei, ob die Erklärung vor oder nach der Beschlussfassung abgegeben wird. In Bezug auf den Regelungszweck des Widerspruchserfordernisses, das verhindern soll, dass sich der Aktionär zu seinem früheren - passiven - Verhalten in der Hauptversammlung durch spätere Beschlussanfechtung in Widerspruch setzt, kommt dem Zeitpunkt der Widerspruchserklärung demnach keine eigenständige Bedeutung zu. Daran scheitert letztlich auch der missglückte Vergleich, den die Gegenauffassung zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung zu ziehen versucht. Während sich der Aktionär mit Hilfe der Einlegung eines Widerspruchs allein gegen die Rechtmäßigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses verwahrt, bedeutet die Einlegung eines Rechtsmittel die Verwirklichung eines Rechts und hemmt den Eintritt der Rechtskraft (Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO., Grundz § 511 Rn. 1, 2). Daher macht es Sinn, dass Rechtsmittel erst nach Erlass der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden können. Diese Sach- und Interessenlage ist mit der Einlegung eines Widerspruchs nicht vergleichbar. Die Widerspruchserklärung wirkt lediglich rechtswahrend. Erst durch Einreichung der Anfechtungsklage wird die Beschlussfassung angegriffen. Die Einlegung eines Widerspruches mündet dagegen nicht automatisch in eine Anfechtungsklage (vgl. auch Priester, EWiR 2005, 329, 330). Unberücksichtigt lässt die Gegenauffassung außerdem, dass das Widerspruchserfordernis das Anfechtungsrecht des Aktionärs signifikant einschränkt und daher rechtspolitisch nicht völlig unbedenklich ist (vgl. Zöllner in KK, aaO., § 245 Rn. 43). Zusätzliche, im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehene Anforderungen an die Widerspruchseinlegung sind daher abzulehnen. Sie wären auch mit der Rechts- und Aufgabenstellung des Aktionärs als Wahrer der Gesetz- und Satzungsmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen nicht in Einklang zu bringen. Andernfalls wäre der Aktionär nämlich regelmäßig gezwungen, bis zum Ende der Hauptversammlung anwesend zu sein (Priester, EWiR 2005, 329 f.). Zirkelschlüssig ist schließlich der Begründungsversuch der Gegenauffassung, dass der Widerspruch vor Beschlussfassung unwirksam sei, weil das Beschlussergebnis noch nicht feststehe und der Widerspruch deshalb ins Leere gehe. Diese Argumentationslinie setzt voraus, dass ein vor Beschlussfassung erklärter Widerspruch tatsächlich ohne rechtliche Wirkung bleibt. Diese Prämisse jedoch unzutreffend. Richtig ist vielmehr, dass der Widerspruch nur dann ins Leere geht, wenn ein bestimmter Beschluss, dem vor Beschlussfassung widersprochen wurde, später - aus welchen Gründen auch immer - nicht zustande kommt. Dies ist jedoch unschädlich. 2. Die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 sind wegen Verstoßes gegen § 120 Abs. 3 Satz 2 AktG anfechtbar. Danach sind der Hauptversammlung, die über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat entscheidet, der Jahresabschluss, der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats sowie die Abhängigkeitserklärungen von Vorstand und Aufsichtsrat gemäß §§ 312 Abs. 3, 314 Abs. 2 AktG vorzulegen (Kubis in MünchKommAktG, 2. Aufl. 2004, § 120 Rn. 43; Mülbert in GroßkommAktG, 4. Aufl. 1999, § 120 Rn. 62). Diese Dokumente lagen der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 unstreitig nicht vor. Insofern ist auch ohne Belang, ob die Unterlagen zwischenzeitlich geändert wurden und ob sie inhaltlich fehlerhaft waren. 3. Die Beurteilung der Frage, ob unrichtige, unvollständige oder - wie im vorliegenden Fall - zum Teil völlig fehlende Rechnungslegungsdokumente einen anfechtungsbegründenden relevanten Kausalzusammenhang zwischen Verfahrensfehler und Beschlussergebnis herzustellen vermögen, ist umstritten. Während einerseits die Auffassung vertreten wird, dass Verstöße gegen § 120 Abs. 3 Satz 2 stets den bezeichneten Zusammenhang begründen (so Mülbert in GroßkommAktG, aaO., § 120 Rn. 119 m.w.N.), wird andererseits darauf abgestellt, ob ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär die vorgelegten Rechnungslegungsunterlagen als für die Beurteilung der Entlastungsentscheidung ausreichend ansehen würde (so Kubis in MünchKommAktG, aaO., § 120 Rn. 48 m.w.N.). Diese Streitfrage kann hier unentschieden bleiben. Selbst wenn man mit der letztgenannten Auffassung das im Rahmen des § 243 Abs. 4 AktG geltende Relevanzerfordernis, welches durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22.09.2005, BGBl. I S 2802 (UMAG) nunmehr positivrechtlich verankert wurde, zur Anwendung brächte, würde ein verständiger Durchschnittsaktionär sich nicht in der Lage gesehen haben, in Abwesenheit des Jahresabschlusses und des Lageberichts für das Geschäftsjahr 2002 an der Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrats für das gleiche Geschäftsjahr teilzunehmen, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Aktionärskreis zwischenzeitlich verändert hat oder an der Hauptversammlung vom 25. 11. 2004 Aktionäre teilnahmen, die bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung vom 18. 12. 2003 nicht anwesend oder nicht ordnungsgemäß vertreten waren. Aber auch die Aktionäre, die bereits an der Abstimmung über die Entlastung am 18. 12. 2003 teilgenommen haben, haben nach wie vor ein berechtigtes Informationsinteresse an den Rechnungslegungsdokumenten für das Geschäftsjahr 2002, für das Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung erteilt werden sollte. Ob und in welcher Form dem Kläger persönlich diese fehlenden Unterlagen zur Verfügung standen, ist insofern irrelevant. Ohne Belang ist außerdem, in welcher Form die Dokumente zu einem früheren Zeitpunkt verfügbar waren oder auch im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beschlussfassung elektronisch abgerufen werden konnten. III. Die Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragenž hierzu zählen die Kosten der gem. §§ 248 AktG, 69 ZPO streitgenössischen Nebenintervention (§ 100 ZPO).. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat, soweit es die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses des Anfechtungsklägers betrifft.

Ende der Entscheidung

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