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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.03.2001
Aktenzeichen: 6 W 684/00
Rechtsgebiete: LwAnpG, AktG, FGG


Vorschriften:

LwAnpG § 69 Abs. 3
AktG § 273 Abs. 4
FGG § 12
Rechtliche Grundlage: LwAnpG § 69 Abs. 3; AktG § 273 Abs. 4; FGG § 12

1. Wird eine LPG im Zuge einer fehlgeschlagenen Umwandlung im LPG-Register gelöscht, ändert das nichts daran, dass sie sich - unerkannt - von Gesetzes wegen in Liquidation befindet, § 69 Abs. 3 LwAnpG (vgl. BGH AgrarR 1998, 56 ff.). In einem solchen Fall entsteht nachträglich Liquidationsbedarf, weil in Folge der fehlgeschlagenen Umwandlung das Vermögen der LPG nicht auf den vermeintlichen Rechtsnachfolger übergegangen ist; bei Letzterem handelt es sich vielmehr um eine steckengebliebene Sachgründung, ausgestattet mit fremden Kapital (vgl. BGH , a.a.O.).

2. Nach einhelliger Auffassung sind für eine solche im Register bereits gelöschte LPG i.L. in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG Nachtragsliquidatoren zu bestellen (vgl. OLG Rostock AgrarR 1996, 201, 202; Senat, OLG-NL 1998, 207, 208 ff.; Senat RdL 2001, 36 f.; Wenzel, AgrarR 1998, 139, 143; derselbe, AgrarR 2000, 349, 352). Danach kommt es, für die Notwendigkeit der Bestellung von Nachtragsliquidatoren nicht auf den formellen Löschungsakt, sondern ausschließlich darauf an, ob nachträglich noch Liquidationsbedarf besteht.

3. Die Vorfrage eines solchen Liquidationsbedarfs, der Fehlschlag der LPG-Umwandlung, müssen die im Registerverfahren zuständigen Gerichte nur dann nicht selbständig beantworten, wenn zwischen den Beteiligten ein das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bindendes Urteil eines Zivilgerichts (hier des Landwirtschaftsgerichts) vorliegt.

4. Die Mitglieder einer nur scheinbar wirksam umgewandelten LPG sind antragsberechtigt betreffend die Ernennung von Nachtragsliquidatoren. Soweit sie mit der Rechtsnachfolgerin Abfindungsvereinbarungen geschlossen haben, ist deren Bestand abhängig der Wirksamkeit der Umwandlung (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2000, WLw 1518/99, Umdruck S. 12, 16). Unabhängig von einer fortbestehenden Mitgliedschaft in der Liquidations-LPG sind frühere LPG-Mitglieder als Gläubiger von Abfindungsansprüchen nach dem LwAnpG berechtigt, die Bestellung eines Liquidators zu beantragen.

Thüringer Oberlandesgericht, 6. Zivilsenat, Beschluss vom 19.03.2001 - 6 W 684/00 -


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 W 684/00 2 HK (T) 2/00 (Landgericht Mühlhausen)

In dem Verfahren

betreffend die Bestellung von Nachtragsliquidatoren für die LPG "Unstruttal" Gräfentonna, vormals eingetragen im LPG-Register des Rates des Kreises Bad Langensalza, Blatt 117,

an dem beteiligt sind:

1. ........................

2. ........................

3. ........................

4. .........................

5. ........................

6. .........................

7. ......................... 8. ........................ 9. ...................... 10. ..........................

- Antragsteller und Beschwerdeführer, auch im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde -

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Lohlein & Kollegen, Hevellerstraße 8, 14776 Brandenburg 11.......................

- Antragsteller -

12. ...........Verwaltungs GmbH & Co. KG, gesetzlich vertreten durch die .......Verwaltungs GmbH, diese gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer ........

- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin, auch im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde -

Verfahrensbevollmächtigter im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde: Rechtsanwalt Mang, Pfaffenberg 1, 99994 Marolterode

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer sowie die Richter am Oberlandesgericht Kramer und Bettin auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 10 vom 24.10.2000 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mühlhausen vom 10.10.2000

am 19.03.2001

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mühlhausen vom 10.10.2000 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde, an das Landgericht Mühlhausen zurückverwiesen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstands für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt. Gründe: I. Die Beteiligte zu 12 nimmt für sich in Anspruch, Rechtsnachfolgerin der LPG "U" G. zu sein. Diese LPG entstand durch einen am 18.06.1991 auf einer gemeinsamen Vollversammlung beschlossenen Zusammenschluss der LPG (P) G. und der LPG (T) N.. Der Zusammenschluss wurde am 12.08.1991 im LPG-Register des Rates des Kreises Bad Langensalza eingetragen. Auf der selben Vollversammlung beschlossen die Mitglieder der zusammengeschlossenen LPG die Umstrukturierung der LPG entsprechend einem Teilungsplan, einem Treuhandvertrag, einem Gesellschaftsvertrag für einen GmbH und einen GmbH & Co. KG. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts. Die Agrargesellschaft mbH & Co. KG G., bei der es sich um die in der Folgezeit mehrfach umbenannte Beteiligte zu 12 handelt, wurde am 09.12.1992 unter Benennung von 365 Kommanditisten in das Handelsregister mit dem Vermerk: "Die Gesellschaft hat am 09.12.1992 begonnen. Die Gesellschaft ist entstanden durch Umwandlung der LPG (P) G. und der LPG (T) N. gemäß LAG vom 03.07.1991." eingetragen. Am 30.03.2000 wurde die LPG "Ul" G. im LPG-Register gelöscht. Die Beteiligten zu 1 bis 11 waren am 01.07.1990 Mitglieder der LPG (P) G. bzw. der LPG (T) N., wobei die Beteiligten zu 2 bis 10 im Zuge der Umstrukturierung Kommanditanteile bei der Beteiligten zu 12 zeichneten. Am 19.01.1993 schlossen die Beteiligten zu 1 bis 3, 6 sowie 8 - 11 mit der Beteiligten zu 12 jeweils eine Abfindungsvereinbarung, auf deren Inhalt der Senat Bezug nimmt. Die Beteiligten zu 1 bis 11 haben am 28.01.2000 beim Amtsgericht beantragt, den Vorstand der LPG "U" G. abzuberufen und für die LPG einen oder mehrere Liquidatoren zu bestellen. Sie vertreten die Ansicht, die LPG "U" Gräfentonna bestehe unerkannt in Liquidation fort. Die Beteiligte zu 12 sei weder durch eine identitätswahrende Umwandlung nach den §§ 23 ff. LwAnpG noch durch eine Teilung nach den §§ 4 ff. LwAnpG aus der LPG "U" G. hervorgegangen. Mithin habe ein Vermögensübergang auf die Beteiligte zu 12 nicht stattgefunden; die LPG "Ul" G. sei nach wie vor Eigentümer des ursprünglichen Vermögens, so dass es erforderlich sei, zu ihrer ordnungsgemäßen Liquidation geeignete Liquidatoren zu bestellen. Die Beteiligte zu 12 hält die Umwandlung bzw. Teilung für wirksam und meint im Übrigen, die Umwandlungswirkungen seien jedenfalls durch die Eintragung des Umwandlungsvermerks in das Register eingetreten. Aufgrund der Abfindungsvereinbarungen stünden den Beteiligten zu 1 bis 3, 6 sowie 8 bis 11 Antragsrechte nicht mehr zu; alle Beteiligten hätten durch Zeitablauf eventuelle Antragsrechte verwirkt. Das Amtsgericht hat die Anträge der Beteiligten zu 1 bis 11 mit Beschluss vom 30.03.2000 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die Umwandlungswirkungen seien mit Eintragung der Beteiligten zu 12 in das Handelsregister eingetreten; etwaige Mängel der Umwandlung seien geheilt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde, mit der die Beteiligten zu 1 bis 10 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Löschung der LPG "U" G. im LPG-Register nur noch ihren Antrag auf Bestellung von Liquidatoren weiter verfolgt haben, hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Das Landgericht hat die Antragsbefugnis der Beteiligten zu 1 bis 10 bejaht. Es hat Zweifel daran geäußert, ob die Beteiligte zu 12 im Wege der identitätswahrenden Umwandlung bzw. Teilung aus der LPG "Ul" G. hervorgegangen ist, hat diese Frage letztlich jedoch ebenso offen gelassen wie diejenige, ob die Beteiligten zu 1 bis 10 etwaige Antragsrechte aufgrund des Zeitablaufs verwirkt hätten. Die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde hat das Landgericht vielmehr darauf gestützt, dass die LPG "U" G. aufgrund der am 20.03.2000 erfolgten Löschung im LPG-Register formell nicht mehr existiere und deshalb ein Liquidationsbedarf nicht bestehe. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, die Frage, ob die Umwandlung der LPG "U" G. in die Beteiligte zu 12 materiell-rechtlich wirksam erfolgt sei, sei in einem gesonderten, in die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts fallenden Rechtsstreit zu klären. Sollte die Unwirksamkeit der Umwandlung festgestellt werden, sei die Löschung der LPG "U" G. im Register zu beseitigen und sodann die Bestellung von Liquidatoren gemäß § 83 Abs. 3 GenG vorzunehmen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 10. Die Beteiligte zu 12 verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten nimmt der Senat Bezug auf die beiderseitigen Schriftsätze. II. Die nach den §§ 145 Abs. 1, 146 Abs. 2 S. 1, 27, 29 Abs. 1 und 2 FGG an sich statthafte und auch sonst zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 10 hat vorläufigen Erfolg. Sie führt, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Gesetzesverletzung beruht (§§ 27 FGG, 550 ZPO), zu deren Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. 1. Die Begründung des Landgerichts, die Löschung der LPG "U" G. im Register am 20.03.2000, gegen die kein Widerspruch gemäß § 141 FGG erhoben worden sei, führe dazu, dass die LPG formell nicht mehr existent sei und es bereits deshalb keiner Liquidation bedürfe, trägt seine Entscheidung nicht. Das Landgericht hat die von der Rechtsprechung für die Bestellung von Liquidatoren für landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die im Zusammenhang mit fehlgeschlagenen Umwandlungen im Register gelöscht wurden, entwickelten Grundsätze nicht beachtet. Wird eine LPG im Zuge einer fehlgeschlagenen Umwandlung im LPG-Register gelöscht, ändert das nichts daran, dass sie sich - unerkannt - von Gesetzes wegen in Liquidation befinden, § 69 Abs. 3 LwAnpG (vgl. BGH AgrarR 1998, 56 ff). In einem solchen Fall entsteht nachträglich Liquidationsbedarf, weil in Folge der fehlgeschlagenen Umwandlung das Vermögen der LPG nicht auf den vermeintlichen Rechtsnachfolger übergegangen ist; bei Letzterem handelt es sich vielmehr um eine steckengebliebene Sachgründung, ausgestattet mit fremden Kapital (vgl. BGH , a.a.O.). Nach soweit ersichtlich einhelliger Auffassung sind für eine solche im Register bereits gelöschte LPG i.L. in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 4 AktG Nachtragsliquidatoren zu bestellen (vgl. OLG Rostock AgrarR 1996, 201, 202; Senat, OLG-NL 1998, 207, 208 ff; Senat RdL 2001, 36 f; Wenzel, AgrarR 1998, 139, 143; derselbe, AgrarR 2000, 349, 352). Danach kommt es, wie sich bereits aus der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 273 Abs. 4 AktG, deren Anwendung gerade die Löschung der Gesellschaft im Register voraussetzt, für die Notwendigkeit der Bestellung von Nachtragsliquidatoren nicht auf den formellen Löschungsakt, sondern ausschließlich darauf an, ob nachträglich noch Liquidationsbedarf besteht. 2. Derartiger Liquidationsbedarf kann im vorliegenden Fall, wovon auch das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgeht, nur dann bestehen, wenn die Umwandlung der LPG "U" G. in die Beteiligte zu 12 fehlgeschlagen ist, weil andernfalls nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG die LPG in der in dem Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiter bestehen würde und mithin ein Liquidationsfall nicht vorläge. Ob die LPG "U" G. sich wirksam in die Beteiligte zu 12 umgewandelt hat, stellt damit auch nach Auffassung des Landergichts eine Vorfrage für die Beurteilung dar, ob die Bestellung von Nachtragsliquidatoren notwendig ist, deren Beantwortung sich das Landgericht nicht hätte entziehen dürfen. Hängt eine Entscheidung wie hier von der Beurteilung streitiger Rechtsverhältnisse ab, hat das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit die nötigen Ermittlungen selbst anzustellen und eine eigene Entscheidung hierüber zu treffen. Das gilt grundsätzlich für sämtliche Vorfragen, unabhängig davon, ob sie öffentliches Recht oder wie hier Privatrecht betreffen (allgemeine Auffassung, vgl. z.B. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 12 Rn. 49 bis 63 m.w.N.). Hiergegen hat das Landgericht verstoßen, indem es die Frage wirksamen Umwandlung der LPG "U" G. in die Beteiligte zu 12 offen gelassen und die Beteiligten auf eine Klage bzw. einen Antrag an das Landwirtschaftsgericht verwiesen hat. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit Vorfragen selbst zu klären und rechtlich zu beurteilen hat, bestünde nur dann, wenn zwischen den Beteiligten ein das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit bindendes Urteil eines Zivilgerichts (hier des Landwirtschaftsgerichts) vorläge. Das ist indessen ersichtlich nicht der Fall. 3. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Insbesondere fehlt es den Beteiligten zu 1 bis 10, wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, nicht bereits an der Antragsberechtigung betreffend die Ernennung von Nachtragsliquidatoren. Soweit sie mit der Beteiligten zu 12 Abfindungsvereinbarungen geschlossen haben, ist deren Bestand davon abhängig, ob sich die LPG "U" G. wirksam in die Beteiligte zu 12 umgewandelt hat (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2000, WLw 1518/99, Umdruck S. 12, 16). Unabhängig davon, ob die Beteiligten zu 1 bis 10 noch Mitglieder der LPG i.L. sind, kommen sie jedenfalls als ihre Gläubiger betreffend Abfindungsansprüche nach dem LwAnpG in Betracht. Das begründet ihre Antragsbefugnis. Der Sachverhalt ist insoweit nicht mit dem vom Senat durch Beschluss vom 30.11.2000 (RdL 2001, a.a.O.) entschiedenen Fall vergleichbar, weil dort die Antragsteller nicht aus einem umgewandelten Unternehmen, sondern vielmehr aus der LPG i.L. selbst ausgeschieden sind und auch mit dieser LPG i.L. Abfindungsvereinbarungen geschlossen hatten, an denen sie ausdrücklich festhalten wollten. Soweit die Beteiligte zu 12 geltend macht, den Beteiligten zu 1 bis 10 sei es unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Umwandlung zu berufen (vgl. BGH ZIP 1999, 1126, 1127), fehlt es an entsprechenden Feststellungen des Landgerichts, die der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren auch nicht selbst treffen kann. III. Den Wert des Beschwerdegegenstands hat der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht nach den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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