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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: 7 U 137/07
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 354a S. 1
1. Liegen die Voraussetzungen nach § 354a S. 1 HGB vor, dann kann der Schuldner mit dem bisherigen Gläubiger abweichend von § 407 Abs. 1 BGB auch bei Kenntnis der Abtretung einen Vergleich schließen.

2. Eine Vereinbarung zwischen Schuldner und neuem Gläubiger mit dem Inhalt, nur noch an den neuen Gläubiger zu zahlen, ist nach § 354a S. 3 HGB unwirksam.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 137/07

Verkündet am: 10.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weber Richterin am Oberlandesgericht Kodalle und Richter am Landgericht Dr. Schneider

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 29.01.2007, Az. 3 O 1420/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder ihre Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend. Am 25.06.2004 schlossen die Beklagte und die H.. R. GmbH einen Vertrag über den Abriss von Gebäuden. In § 11 dieses Vertrages heißt es:

"Eine Abtretung der dem AN aus diesem Auftrag gegenüber den AG gewachsenen Forderung an Dritte ist ohne Zustimmung des AG ausgeschlossen."

Gleichwohl trat die H.. R. GmbH ihre Forderungen gegen die Beklagte aus dem Vertrag i.H.v. 30.000,00 € am 13.09.2004 an die Klägerin ab, die der H.. R.GmbH Baumaschinen zur Durchführung ihrer Arbeiten vermietet hat. Diese Forderungsabtretung teilte die H.. R.GmbH der Beklagten am 15.09.2004 mit. Mit Telefax vom 09.11.2004 wandte sich die Beklagte an die H.. R. GmbH und teilte dieser Folgendes mit:

"Zunächst haben wir Ihre Forderungsabtretung an die Firma E.. vom 13.09.2004 zur Kenntnis genommen. Soweit geprüfte Rechnungsbeträge an Sie auszuzahlen sind, so werden wir unter Berücksichtigung der zuvor genannten Forderungsabtretung fällige und von Ihnen bestätigte Rechnungen der Firma E.. direkt an diese zum Ausgleich bringen. Diese Erklärung erfolgt aber ungeachtet vorrangiger Rechte Dritter."

Mit Schriftsatz vom 18.11.2004 teilte die H.. R. GmbH der Beklagten mit, dass sie 4 Rechnungen der Klägerin in einer Gesamthöhe von 13.304,00 € freigegeben habe und diese zu bezahlen seien. Mit Schreiben vom 22.12.2004 mahnte die Klägerin die Zahlung der 13.304,00 € an. Hierauf antwortete die Beklagte am 29.12.2004 mit dem Hinweis, dass Zahlungen an die H.. R. GmbH derzeit nicht fällig seien. Mit Schriftsatz vom 17.01.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ausweislich einer beiliegenden Forderungsaufstellung die H.. zwischenzeitlich 21.764,26 € schulde.

Am 12.01.2005 kündigte die Beklagte den Werkvertrag mit der H.. R. GmbH. In der Folge entstand zwischen der Beklagten und der H.. R. GmbH Streit über die nach Kündigung noch an die H.. R. GmbH zu zahlende Restwerklohnvergütung. Über diese einigten sich die Parteien mit Vergleich vom 18.01.2005/20.01.2005. Danach sollten an die Klägerin die von der H.. R. GmbH bestätigten Rechnungen der Klägerin i.H.v. insgesamt 13.304,00 € gezahlt werden und an die H.. R. GmbH selbst 30.995,84 € sowie weitere 400,00 €. Diese Zahlungen leistete die Beklagte auch. Kurze Zeit später wurde durch das Amtsgericht Rostock die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der H.. R. GmbH angeordnet. Mit Schreiben vom 24.02.2005 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten nunmehr einen Forderungsbetrag i.H.v. insgesamt 23.992,00 € geltend. Mit Schreiben vom 04.03.2005 lehnte die Beklagte weitere über 13.304,00 € hinausgehende Zahlungen an die Klägerin ab.

Am 30.08.2005 wurde über das Vermögen der H.. R. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Unter dem 18.05.2006 gab der Insolvenzverwalter der Klägerin die Forderung zum eigenen Einzug frei. Die Klägerin klagt ihre über 13.304,00 € hinausgehende Forderung gegen die H.. R. GmbH auf Grund deren Forderungsabtretung bei der Beklagten ein. Hinsichtlich des streitigen Vortrags der Parteien und deren Rechtsansichten wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2006 keinen Antrag gestellt hat, hat das Landgericht ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil erlassen, gegen welches die Klägerin Einspruch eingelegt hat. Mit Endurteil vom 29.01.2007 hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 21.11.2006 aufrecht erhalten. Zur Begründung führt es aus, es könne dahinstehen, ob die Forderungsabtretung wegen der offensichtlichen Insolvenzanfechtungssituation Wirksamkeit entfalten könne, eine abgetretene Forderung in der geltend gemachten Höhe überhaupt fällig sei und ob die Klägerin in dieser Höhe noch zu sichernde Erfüllungsansprüche aus dem Mietvertrag über einen Kettenbagger haben könne. Ob das Abtretungsverbot des § 11 des Bauvertrages zwischen der H.. R. GmbH und der Beklagten Rechtswirksamkeit entfalte oder nicht, bedürfe ebenfalls keiner Entscheidung. Entweder das Abtretungsverbot sei rechtswirksam, dann wäre die Abtretungsvereinbarung vom 13.09.2004 rechtsunwirksam gewesen, sodass in diesem Falle ein Anspruchsrecht nicht übergehen konnte. Sei das Abtretungsverbot unwirksam, dann könne diese Unwirksamkeit nur aus der Vorschrift des § 354a HGB resultieren. Dann aber seien die von der Beklagten an die H.. R. GmbH direkt geleisteten Vergleichszahlungen nach § 354a S. 2 HGB mit schulbefreiender Wirkung gezahlt worden. Soweit die Klägerin eine Zustimmung zur Abtretung der Forderung erteilt habe, sei dies wegen § 354a S. 3 HGB nicht weiter aufzuklären gewesen. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen würde, hätte die Klage schon deshalb keinen Erfolg, weil selbst wenn von einer Zustimmung der Klägerin auszugehen wäre, eine solche nur hinsichtlich gläubigergeprüfter Drittrechnungen gegeben worden sei. Die gläubigergeprüften Drittrechnungen seien jedoch ausgeglichen worden.

Gegen dieses ihr am 08.02.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.02.2007 form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Die Klägerin begründet diese damit, dass der Geschäftsführer der Klägerin für die Ansprüche der Klägerin gegen die H.. R. GmbH einerseits Sicherheit haben wollte, andererseits aber auch geahnt habe, dass in dem Vertrag zwischen der H.. R. GmbH und der Beklagten ein Abtretungsverbot vereinbart worden sein könnte. Deshalb habe er es für erforderlich gehalten, dass die Beklagte ausdrücklich ihre Zustimmung zur Abtretung erteilt. Aus diesem Grunde habe es ein bis zwei Arbeitstage vor Abschluss der Forderungsabtretungsvereinbarung vom 13.09.2004 einen Gesprächstermin in den Geschäftsräumen der Beklagten gegeben, an dem der Geschäftsführer der Klägerin, der Geschäftsführer der H.. R. GmbH sowie seitens der Beklagten deren Vertreterin Frau R., die Bereichs- oder Abteilungsleiterin Bau Frau Re. und der Prokurist der Beklagten Sch. teilgenommen hätten. Die Vertreter der Beklagten hätten in diesem Termin die Zustimmung zur Forderungsabtretung erteilt. Es seien seitens der Beklagten die entsprechenden Formulare übergeben worden und man habe sich darauf geeinigt, dass die erteilte Zustimmung der Beklagten noch schriftlich bestätigt werde. Auf Mahnung sei dies auch mit Bestätigung vom 09.11.2004 erfolgt. Damit sei eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Parteien und der H.. R. GmbH zustande gekommen, auf die § 354a HGB nicht anzuwenden sei. Die trotz des Abtretungsverbots vorgenommene Forderungsabtretung sei jedenfalls auf Grund der Zustimmung der Beklagten wirksam. Damit sei das Wahlrecht nach § 354a S. 2 HGB erloschen. Jedenfalls habe die Beklagte durch ihr Bestätigungsschreiben vom 09.11.2004 einen Vertrauenstatbestand gesetzt, so dass auch eine Haftung nach §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 311 Abs. 2 und Abs. 3 BGB auf den Nettobetrag der noch streitigen Forderung in Betracht käme. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten der Beklagten auch weitere vom Bauleiter der Fa. H.. R. GmbH mit Prüf- und Bestätigungsvermerk versehene Ausgangsrechnungen der Klägerin vorgelegen.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird unter Abänderung des am 29.01.2007 verkündeten Endurteils des LG Erfurts, Az.: 3 O 1420/06, und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.11.2006 verurteilt, an die Klägerin 8.519,41 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 25.02.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Klägerin übersehe, dass die Forderungsabtretung vom 13.09.2004 unstreitig ohne Zustimmung der Beklagten geschlossen worden sei. Auch habe es den schon von der Klägerin behaupteten Gesprächstermin zwei Tage vor dieser Forderungsabtretung nicht gegeben. Eine solche Vorgehensweise sei auch lebensfremd. Die von der Klägerin zitierten Rechnungen seien auch unter Zugrundelegung der Forderungsabtretungsbestätigung keine Rechnungsbestätigungen und Zahlungsanweisungen der H.. R. GmbH gegenüber der Beklagten. Im Übrigen übersehe die Klägerin, dass § 354a S. 3 HGB nicht abdingbar sei.

Der Streithelfer zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls und hat in der Berufungsinstanz dem Streithelfer zu 2) den Streit verkündet. Dieser ist mit Schriftsatz vom 15.06.2007 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

B Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Der von der Streithelferin zu 1) vertretenen Auffassung, die Berufung sei bereits deshalb unzulässig, weil die Klägerin eine Alternativbegründung des Landgerichts nicht angreife, folgt der Senat nicht. Im Falle einer, wie vorliegend, uneingeschränkten Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen. Dem wird die Berufungsbegründung gerecht.

C Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die rechtliche Bewertung des Landgerichts ist auch in Ansehung der Berufungsbegründung der Klägerin im Ergebnis nicht zu beanstanden.

I. Bei dem zwischen der Beklagten und der H.. R. GmbH am 25.06.2004 geschlossenen Vertrag für den Abbruch von Wohngebäuden handelt es sich nach §§ 1, 6, 343 HGB, 13 Abs. 3 GmbHG um ein Handelsgeschäft. Das in § 11 dieses Vertrages enthaltene Abtretungsverbot für Forderungen der H.. R. GmbH gegen die Beklagte ist ein Abtretungsausschluss i.S.v. § 399, 2. Alt. BGB. Eine solche Abrede über den Ausschluss der Abtretbarkeit lässt die Forderung von vornherein als ein unveräußerliches Recht entstehen. Dies hat zur Folge, dass eine dem Vereinbarungsverbot zuwiderlaufende Abtretungsvereinbarung schlechthin gegenüber jedem Dritten unwirksam ist und nicht zu einer Übertragung von Gläubigerrechten führt (BGHZ 40, 156, 159; Thür.OLG, OLGR 2003, 346, 347 m.w.N.). Hiervon mach § 354a S. 1 HGB u.a. für Handelsgeschäfte eine Ausnahme dahingehend, dass trotz des Abtretungsausschlusses eine gleichwohl erfolgte Forderungsabtretung wirksam ist.

II. Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts führt § 354a S. 1 HGB aber nicht dazu, dass das Abtretungsverbot rechtsunwirksam wird, sondern die Abtretung wird trotz wirksamen Abtretungsverbots ebenfalls wirksam (Schmidt in Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum HGB, 7. Aufl., § 354 a, Rn. 9; Staudinger/Busche, BGB, Neubearb. 2005, § 399, Rn. 70). Die Wirkungen eines vereinbarten Abtretungsverbots zugunsten des Schuldners bleiben bestehen (Wagner in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Bd. 2, § 354a, Rn. 3). Diese Wirkungen des vertraglichen Abtretungsausschlusses bestehen aber nur noch darin, dass der Schuldner nach § 354a S. 2 HGB berechtigt ist, an den bisherigen Gläubiger zu zahlen. Daraus folgt, dass sowohl das vereinbarte Abtretungsverbot als auch die trotz dieses Verbots am 13.09.2004 zwischen der H.. R. GmbH und der Klägerin vorgenommene Forderungsabtretung wirksam sind.

III. Die Beklagte konnte trotz wirksamer Forderungsabtretung nach Kündigung des Bauvertrages zwischen der Beklagten und der H.. R. GmbH durch die Beklagte am 12.01.2005 wirksam einen Vergleich über die Restwerklohnforderung schließen.

1. Grundsätzlich endet nach § 407 Abs. 1 BGB bei Kenntnis von der Abtretung die Möglichkeit des Schuldners, mit dem bisherigen Gläubiger wirksam Rechtsgeschäfte in Ansehung der Forderung vorzunehmen. Dazu gehört auch der Abschluss eines Vergleichs (MüKo/Roth, BGB, 5. Aufl., § 407, Rn. 7). Ob § 354a S. 2 HGB dem Schuldner die Möglichkeit einräumt, mit dem bisherigen Gläubiger solche Rechtsgeschäfte vorzunehmen, ist in der Literatur umstritten.

a) So wird einerseits die Auffassung vertreten, § 354a S. 2 HGB gewähre dem alten Gläubiger nur eine Empfangszuständigkeit, wie auch ein Vergleich zu der Formulierung des § 407 BGB zeige. Deshalb könne der Schuldner, der die Abtretung kennt, einen Vergleich wirksam nur noch mit dem neuen Gläubiger vereinbaren (Schmidt in Ensthaler, a.a.O., Rn. 3; Koller/Roth/Morck, HGB, 6. Aufl., § 354 a, Rn. 3; Staudinger/Busche, a.a.O., Rn. 71; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 399, Rn. 9; Bruns, WM 2000, 505, 509; Derleder, BB 1999, 1561, 1562; Jauernig/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 407, Rn. 2).

b) Nach anderer Ansicht gewährt § 354a S. 2 HGB dem Abtretungsverbotsverwender einen über § 407 Abs. 1 BGB hinausgehenden Schutz, so dass der Schuldner mit dem alten Gläubiger insbesondere auch einen Vergleich schließen kann (Canaris, Handelsrecht, 23. Aufl., § 28, Rn. 15; Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., Rn. 18; Hopt/Merkt, HGB, 32. Aufl., § 354 a, Rn. 2; MüKo/Roth, a.a.O., Rn. 42; Saar, ZIP 1999, 988, 992; Wagner, WM 1994, 2093, 2098).

c) Letzterer Auffassung ist zu folgen. Nach der Teleologie von § 354a S. 2 HGB sollte § 354a S. 2 HGB dem Schuldner die Rechtsposition erhalten, die er dem Zedenten gegenüber inne hatte (BGH, WM 2003, 2338, 2340; WM 2005, 429, 431). In der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestages zu dieser Vorschrift wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie das Interesse des Forderungsschuldners wahren soll, auch "Verrechnungen und Zahlungsvereinbarungen mit dem alten Gläubiger vornehmen zu können" (Begründung zu § 354 a HGB Nr. 5, zu b), abgedruckt in ZIP 1994, 1650, 1651). Auch ein Vergleich ist eine Zahlungsvereinbarung im weiteren Sinne, so dass daraus geschlussfolgert werden kann, dass in Abweichung von § 407 Abs. 1 BGB dieser mit dem alten Gläubiger auch in Kenntnis der Abtretung zulässig sein soll (so wohl auch OLG München, IBR 2006, 82).

2. Damit kommt es aber auch nicht mehr darauf an, ob die H.. R. GmbH über die Vergleichsbeträge hinaus gegenüber der Beklagten berechtigte Forderungen geltend machen könnte. Streitentscheidend ist damit nur noch, ob die Beklagte die Vergleichsbeträge i.H.v. 30.995,84 € und 400,00 € mit Wirkung für und gegen die Klägerin schuldbefreiend an die H.. R. GmbH zahlen konnte, da der Vergleich dazu führte, dass die Gesamtforderung, an der die Klägerin mit einem Teilbetrag partizipiert, durch den Vergleich auf die Vergleichssumme reduziert wurde (OLG München, a.a.O.).

IV. Auf die von der Klägerin behaupteten Absprachen mit der Beklagten, nur noch an die Klägerin zu zahlen, kommt es ebenfalls nicht an.

1. Es ist schon fraglich, ob sich aus dem strittigen Schreiben vom 09.11.2004 überhaupt eine solche Absprache zwischen den Parteien ergibt. Es handelt sich hier um ein Schreiben der Beklagten, welches nicht an die Klägerin, sondern an die H.. R. GmbH gerichtet ist. Soweit die Klägerin daneben noch weitere mündliche Absprachen behauptet und rügt, dass das Landgericht hierüber nicht Beweis erhoben habe, hängt der Erfolg dieser Rüge auch hier davon ab, ob aus dem vorgenannten Schreiben der Beklagten eine Absprache zwischen den Parteien folgt. Denn nach dem eigenen Vortrag der Klägerin soll sich aus dem vorgenannten Schreiben nur das ergeben, was auch mündlich vereinbart worden sei. Selbst wenn man eine Vereinbarung annehmen würde, käme es immer noch auf den Inhalt des Schreibens vom 09.11.2004 an. Danach hätte die Beklagte an die Klägerin nur solche Beträge zu leisten, die die H.. R. GmbH gegenüber der Beklagten bestätigt hat. Eine solche Bestätigung der H.. R. GmbH gegenüber der Beklagten enthält jedoch offensichtlich nur das Schreiben der H.. R. GmbH vom 18.11.2004 über 13.304,00 €, die unstreitig bezahlt wurden.

2. Letztlich bedarf dies jedoch vorliegend keiner Entscheidung. Nach § 354a S. 2 HGB kann der Schuldner grundsätzlich mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten. Nach § 354a S. 3 HGB sind abweichende Vereinbarungen unwirksam. Ob dies auch für eine Vereinbarung zwischen Schuldner und neuem Gläubiger mit dem Inhalt gilt, nur noch an den neuen Gläubiger zu zahlen, ist umstritten.

a) Nach einer Auffassung bezieht sich § 354a S. 3 HGB sowohl auf § 354a S. 1 HGB als auch auf die Empfangszuständigkeit des Zedenten nach § 354a S. 2 HGB. Das hindere auch Abreden zwischen dem neuen Gläubiger und dem Schuldner (Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., Rn. 4; Ruß in Heidelberger Kommentar zum HGB, 7. Aufl., § 354 a, Rn. 5; Koller/Roth/Morck, a.a.O., Rn. 4, Hopt/Merkt, a.a.O., Rn. 3).

b) Nach anderer Auffassung ist die gesamte Regelung des § 354a HGB nach Satz 3 zwar zwingendes Recht. Die Vorschrift hindere jedoch nicht Absprachen zwischen dem Schuldner und neuem Gläubiger dahin, dass der Schuldner nur noch an den neuen Gläubiger leisten dürfe (Schmidt in Ensthaler, a.a.O., Rn. 15; Saar, a.a.O., 993; Henseler, BB 1995, 5 , 9; Lange in Pfeiffer, Handbuch der Handelsgeschäfte, § 6, Rn. 102). Zur Begründung dieser Auffassung wird ausgeführt, dass sich aus dem Wahlrecht des § 354a S. 2 HGB ergäbe, dass sich der Schuldner willentlich des ihm durch die Regelung der rechtsgeschäftlichen Abtretungsverbote eingeräumten Schutzes begeben könne. Daher sei es auch möglich, dass der Schuldner mit dem neuen Gläubiger eine Vereinbarung dahingehend treffe, dass er in Zukunft nur noch an diesen zahlen werde (Lange in Pfeiffer, a.a.O.).

c) Letztere Auffassung ist abzulehnen. Die Regelung des § 354 a S. 3 HGB bezieht sich nach ihrem Wortlaut und nach ihrer Stellung innerhalb der Norm auf die ganze Regelung des § 354a HGB. Damit aber sind eventuelle Zahlungsvereinbarungen zwischen den Parteien schon nach § 354a S. 3 HGB unwirksam.

V. Die Tilgungswirkung der Zahlung der Beklagten an die H.. R. GmbH nach § 354a S. 2 HGB wäre damit nur dann nicht eingetreten, wenn sich diese Zahlung als unzulässige Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB darstellen würde. Grundsätzlich steht das Wahlrecht des Schuldners wie jedes andere Recht auch unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Ein Verstoß hiergegen ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Schuldner in Kenntnis der Abtretung und ohne ein eigenes berechtigtes Interesse an den bisherigen Gläubiger zahlt, obwohl ihn konkrete Umstände bekannt sind wonach eine Weiterleitung des gezahlten Betrages erheblich gefährdet ist (OLG München, a.a.O.; Schmidt in Ensthaler, a.a.O., Rn. 10). Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt hierfür eine Insolvenz oder drohende Insolvenz des Zedenten ebenso wenig, wie die Kenntnis des Schuldners von der Abtretung, deren Vorhandensein die Befugnis aus § 354a S. 2 überhaupt erst als Wahlrecht erscheinen lässt (Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., Rn. 15). Im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zedenten stehen nämlich dem Zessionar am gezahlten Betrag ein Aussonderungs- bzw. Absonderungsrecht zu, gleich ob vor der Eröffnung des Verfahrens an den Zedenten oder danach an den Insolvenzverwalter geleistet worden ist (Schmidt in Ensthaler, a.a.O., Rn. 13; Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., Rn. 25; Hopt/Merkt, a.a.O., Rn. 1; Wagner in Röhricht/Graf von Westfalen, HGB, 2. Aufl., § 354 a, Rn. 11). Deshalb muss für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs hinzu kommen, dass der Schuldner kein berechtigtes Interesse mehr hat, nur an den Zedenten zu leisten (OLG München, a.a.O.; Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O.). Ein solches Eigeninteresse der Beklagten war jedoch schon deshalb gegeben, weil die H.. R. GmbH gegenüber der Beklagten eine über den Betrag von 13.304,00 € hinausgehende Forderung der Klägerin nicht bestätigt hat und damit ein berechtigtes Interesse der Beklagten bestand, sich durch Zahlung des restlichen Vergleichsbetrages von ihren Verbindlichkeiten zu befreien (so auch OLG München, a.a.O.).

D Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

E Die Revision ist zuzulassen. Es liegen die Revisionsgründe des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Eine solche ist dann gegeben, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGH, NJW 2002, 2957, NJW 2004, 2222, 2223). Klärungsbedürftig sind die Rechtsfragen, ob § 354a S. 2 HGB dem Schuldner in Abweichung zu § 407 Abs. 1 BGB die Möglichkeit einräumt, mit dem bisherigen Gläubiger Rechtsgeschäfte vorzunehmen, insbesondere einen Vergleich abzuschließen und ob trotz § 354a S. 3 HGB der Schuldner mit dem neuen Gläubiger eine Vereinbarung mit dem Inhalt schließen kann, nur noch an den neuen Gläubiger zu zahlen. Hierzu werden wie unter den Gliederungspunkten C III. 1. a) und b) sowie C IV. 2. a) und b) dargelegt, in der Literatur konträre Rechtsauffassungen vertreten. Die Rechtsfragen sind auch entscheidungserheblich und einschlägige höchstrichterliche Entscheidungen in diesen Rechtsfragen sind nicht ersichtlich (BGH, NJW 2002, 2957). Den vorgenannten Rechtsproblemen liegen auch im Handelsrecht typische verallgemeinerungsfähige Lebenssachverhalte zugrunde, die das Bedürfnis für eine Leitentscheidung indizieren. Damit ist auch der Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gegeben (BGH, NJW 2002, 3029).

Ende der Entscheidung

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