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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 7 U 970/06
Rechtsgebiete: ThürKAG, AO, ZVG


Vorschriften:

ThürKAG § 7 Abs. 7
ThürKAG § 21a Abs. 4
AO § 122 Abs. 1
ZVG § 10 Abs. 1 Nr. 3
1. Die Regelung des § 21 a Abs. 4 ThürKAG betrifft nur Beiträge, die unter die Privilegierung fallen, mithin solche, die nach der Gesetzesänderung nicht oder nicht mehr zu erheben sind. Für nichtprivilegierte Beiträge bleibt eine bereits eingetretene Fälligkeit bestehen.

2. Die Neubescheidung des nicht privilegierten Teiles des Beitrags ist zu dessen Erhebung nicht erforderlich.

3. Die Bekanntmachung eines Bescheids über Herstellungsbeiträge an den Zwangsverwalter des haftenden Grundstücks löst nicht die Fälligkeit der Beitragsforderung aus.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

7 U 970/06

Verkündet am: 25.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weber Richterin am Oberlandesgericht Kodalle Richterin am Landgericht Jünger

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2007

für Recht erkannt:

Tenor: 1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 06.10.2006, Az.: 6 O 531/06 -g-, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um den Rang ihrer gegen die Insolvenzschuldnerin F Bau GmbH bestehenden Forderungen in dem Verteilungsverfahren des Amtsgerichts Nordhausen ( 7 K 19/01) aus der Zwangsversteigerung der streitgegenständlichen, im Grundbuch von K eingetragenen Grundstücke.

In dem Teilungsplan vom 27.04.2006, ist die Forderung des Beklagten i.H.v. insgesamt 152.806,58 € unter der lfd. Nr. 2 vorrangig vor der Forderung der Klägerin (lfd. Nr. 3 des Teilungsplanes) eingetragen.

Der Beklagte stützt seine Forderung auf zwei von ihm am 05.12.2002 erlassene Bescheide, die die Beiträge der Insolvenzschuldnerin für die Schmutzwasser- und die Niederschlagswasserbeseitigung auf der Grundlage des § 7 ThürKAG a.F. i.V.m. seiner Abwassersatzung zum Gegenstand haben.

Mit der Klage begehrt die Klägerin, ihren Widerspruch gegen den Teilungsplan des Amtsgerichts Nordhausen als begründet auszusprechen und den Teilungsplan dahingehend zu ändern, dass ihre Forderung von 3.579.043,10 € vor derjenigen des Beklagten in Höhe von 152.806,58 € zu befriedigen sei.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.10.2006 stattgegeben.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die von dem Beklagten angemeldeten Beiträge für Schmutzwasserbeseitigung und Niederschlagswasserbeseitigung aus den Jahren 2002 seien nicht fällig. Die Fälligkeit trete nach § 220 AO nicht vor Bekanntgabe der Beitragsfestsetzung ein. Es müsse für den Beitragspflichtigen nachvollziehbar sein, was er aufgrund der vom Gesetzgeber gewollten gesetzlichen Änderung wirklich zahlen müsse. Ein konkreter, nachvollziehbarer Bescheid liege nicht vor, da aus dem ursprünglichen Bescheid der Betrag, der nunmehr - nach der Reform des ThürKAG - zu entrichten sei, nicht ersichtlich sei.

Aus den Bescheiden des Beklagten könne auch keine Teilfälligkeit herleitet werden. Daraus, dass dem Wortlaut des § 21 a Abs. 4 ThürKAG nicht das Wort "insoweit" entnommen werden könne, sei ersichtlich, dass es nach der gesetzlichen Neuregelung nicht gewollt gewesen sei, dass der bisherige Bescheid wirksam bleibe. Gegen eine Teilfälligkeit spreche auch, dass der Gesetzgeber die Festsetzungs- und Zahlungsverjährung in Abs. 6 des § 21 a ThürKAG geregelt habe.

III.

Der Beklagte führt zur Begründung seines Rechtsmittels aus, dass das Landgericht auf Grund einer unzutreffenden Anwendung der Überleitungsvorschrift in § 21 a Abs. 4 ThürKAG zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die vom Beklagten erhobenen Beiträge für leitungsgebundene Einrichtungen gemäß § 10 ZVG nicht bevorrechtigt gegenüber der Forderung der Klägerin seien. Das Landgericht lege sowohl der Vorschrift des § 21 a ThürKAG, als auch der Vorschrift in § 10 1 Nr. 3 ZVG eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Regelungswirkung bei.

Die Neuregelungen des ThürKAG 2005 hätten keinen Einfluss auf die Recht-mäßigkeit und damit die ursprüngliche Fälligkeit eines vor dem 01.01.2005 festgesetzten Abwasserbeitrages. Dies folge daraus, dass § 7 Abs. 7 ThürKAG nicht rückwirkend, sondern zum 01.01.2005 in Kraft getreten sei. Die Privilegierungstatbestände in § 7 Abs. 7 ThürKAG erfassten nur ab 01.01.2005 neu entstehende Beitragspflichten.

Für eine bis zum 31.12.2004 bereits entstandene Beitragspflicht fänden die Privilegierungstatbestände des § 7 Abs. 7 Satz 2-5 ThürKAG nur über die Übergangsbestimmung des § 21 a Abs. 4 ThürKAG Anwendung. Die nunmehr seit 01.01.2005 für den vorliegenden Fall für das 2. Vollgeschoss fehlende Fälligkeit ändere nichts daran, dass der Beitrag einen Monat nach Bekanntgabe der Bescheide fällig gewesen sei.

Mangels Rückwirkungsanordnung o. g. Neuregelungen des ThürKAG fielen die Beiträge unter die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG.

Für die Berücksichtigung der Beitragsschuld der Grundstückseigentümerin und der Zuordnung zur Rangklasse 3 nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG komme es nicht auf die Förmlichkeit einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Bescheides gegenüber der vormaligen Eigentümerin an. Die Beitragsforderung sei durch die Bekanntgabe an den Zwangsverwalter fällig geworden.

IV.

Die Ausführungen des Landgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Zwar hat sich die Beitragshöhe der Insolvenzschuldnerin hinsichtlich der Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung nach der Reform des § 7 Abs. 7 ThürKAG verringert, so dass der in den ursprünglichen Bescheiden vom 05.12.2002 benannte Betrag nicht mehr vollständig zu entrichten ist.

Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Bescheide vom 05.12.2002 ihre Wirksamkeit verlieren und eine Fälligkeit der Forderung - in der nunmehr berechtigten Höhe - nicht auslösen könnten.

Diese Schlussfolgerung lässt sich entgegen der Ansicht des Landgerichts insbesondere nicht aus § 21 a Abs. 4 ThürKAG ziehen.

Nach § 21 a Abs. 4 ThürKAG werden Beiträge für Abwasserentsorgungs-einrichtungen, die bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und des Thüringer Wassergesetzes bereits entstanden sind, in den Fällen des § 7 Abs. 7 erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem nach dieser Bestimmung die Beitragspflicht entstehen würde; bereits gezahlte Beiträge werden auf Antrag unverzinst zurückgezahlt und gestundet.

Gemäß § 7 Abs. 7 ThürKAG entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grund-stück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens mit In-Kraft-Treten der Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen.

Da nach § 6 der Satzung des Beklagten die Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen werden kann, tritt die Fälligkeit der Beitragsschuld nach § 7 Abs. 7 i.V.m. § 21 a Abs. 4 ThürKAG mit wirksamer Zustellung des Verwaltungsaktes ein.

Die Fälligkeit scheitert entgegen der Ansicht des Landgerichts weder daran, dass bislang kein neuer, den nunmehr geschuldeten Betrag benennender Bescheid erlassen wurde, noch ist § 21 a Abs. 4 ThürKAG so auszulegen, dass die Fälligkeit der Beitragsforderung insgesamt aufgeschoben wird.

Die Neuregelungen des ThürKAG haben keinen Einfluss auf die Rechtmäßig-keit eines vor dem 01.01.2005 bereits festgesetzten Abwasserbeitrags, wenn auch ein rechtmäßig festgesetzter und angeforderter Abwasserbeitrag seit dem 01.01.2005 nur noch nach der Maßgabe der Privilegierungstatbestände eingezogen werden kann bzw. auf Antrag zurückzuzahlen und zu stunden ist (Thüringer OVG, Beschluss vom 15.03.2005, 4 EO 398/01).

Der "nicht privilegierte Teil" der Beitragsforderung behält seine Wirksamkeit; lediglich bei dem "privilegierten Teil", d.h. dem Betrag, der nach der Reform des § 7 Abs. 7 ThürKAG nicht mehr (sofort) zu zahlen ist, stellt sich die Frage, ob eine bereits eingetretene Fälligkeit nachträglich wieder ausgesetzt ist oder ob die Beitragsforderung gleichwohl insgesamt fällig bliebt, bis die Satzungsänderung vollzogen ist und genauen Aufschluss gibt ( Thüringer OVG, a.a.O.).

Eine rückwirkende, vollständige Aufhebung der Wirksamkeit des ursprüng-lichen Bescheides entspricht auch nicht dem vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 21 a Abs. 4 ThürKAG Gewollten.

In der Drucksache (4/187, 30.09.2004, S. 22) ist zum Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Änderung des ThürKAG und des ThürWasserG ausge-führt, dass § 21 a Abs. 4 die Fälle regelt, in denen im Bereich der Abwasserentsorgung Beiträge schon vor In-Kraft-Treten des Gesetzes entstanden sind, nunmehr aber unter die Privilegierungsregelung des § 7 Abs. 7 fallen. Die den tatsächlichen Vorteil übersteigenden Beiträge seien danach zwar entstanden, aber noch nicht fällig.

Daraus ist zu entnehmen, dass sich die Regelung in § 21 a Abs. 4 ThürKAG ausschließlich auf die Beiträge beziehen soll, die unter die Privilegierung fallen, die also nach der Gesetzesänderung nicht (sofort) zu erheben sind. Für die Beiträge, die nicht hierunter fallen, bleibt die bereits eingetretene Fälligkeit bestehen.

Da die Fälligkeit des nicht privilegierten Teils - soweit sie eingetreten ist - nicht nachträglich wegfällt, bedarf es keines weiteren Bescheides, aus dem der konkret zu leistende Betrag ersichtlich ist. Das hat das Landgericht verkannt.

IV.

Gleichwohl hat die zulässige Berufung im Ergebnis keinen Erfolg.

Der Teilungsplan, den das Amtsgericht am 27.04.2006 aufgestellt hat, ist hinsichtlich seiner Rangfolge unrichtig. Der Widerspruch der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Aufstellung im Teilungsplan mit Schreiben vom 26.04.2006 Widerspruch i.S.d. § 115 ZVG eingelegt und binnen der Monatsfrist des § 878 ZPO - am 23.05.2006 - rechtzeitig Widerspruchsklage erhoben.

Darüber, ob der zulässige Widerspruch begründet ist, entscheidet dass Prozessgericht (Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 115 Rz. 3).

Der Widerspruch ist begründet, da der Klägerin ein gegenüber dem Beklag-ten vorrangiges Recht zusteht.

Ihr vorrangiges Recht ergibt sich daraus, dass hinsichtlich ihrer Forderung im Grundbuch in Abteilung III erstrangig eine Grundschuld eingetragen ist.

Der Beklagte hat demgegenüber kein vorrangiges Recht, dass er aus § 10 Abs.1 Nr. 3 ZVG herleiten kann.

Danach gehen Ansprüche auf Entrichtung der rückständigen Beiträge wegen der öffentlichen Lasten des Grundstücks aus den letzten vier Jahren den Ansprüchen aus Rechten an dem Grundstück im Range vor.

Zwar handelt es sich bei den von dem Beklagten geltend gemachten Beiträgen um öffentliche Lasten im Sinne dieser Vorschrift.

Öffentliche Abgaben sind dann öffentliche Grundstückslasten i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG, wenn sie in dem für die Abgabe maßgebenden Bundes- oder Landesgesetz als öffentliche Last bezeichnet sind (BGH NJW 1989, 107). Dies ist hier der Fall, da § 7 Abs. 11 ThürKAG bestimmt, dass der Beitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht.

Weitere Voraussetzung des Vorrangs nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG ist jedoch, dass der Betrag "rückständig" ist. Rückständig ist eine Leistung grundsätzlich, wenn der Termin für ihre Fälligkeit vorbei ist, ohne dass der Anspruch getilgt oder sonst erloschen ist (Stöber, a.a.O., § 10 Rz. 6.17).

Aus den letzten vier Jahren rückständige Beträge i.S.d. Vorschrift sind daher die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks, die als einmalige Leistungen in den letzten vier Jahren vor dem Zuschlag fällig geworden sind (Stöber, a.a.O.).

Eine Fälligkeit der Beiträge des Beklagten liegt indes nicht vor.

Diese scheitert daran, dass der Insolvenzschuldnerin die Beitragsbescheide nicht bekannt gemacht wurden.

Nach § 8 der Satzung des Beklagten vom 29.07.2004 wird der Abwasserbeitrag durch Bescheid festgesetzt und einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides fällig.

Eine wirksame Bekanntmachung in diesem Sinne ist nicht erfolgt.

Der Beklagte hatte die am 05.12.2002 erlassenen Bescheide an "Rechtsanwalt Dr. M G als Zwangsverwalter der Firma F Bau GmbH" gerichtet.

Eine Zustellung der Bescheide an die Insolvenzschuldnerin erfolgte nicht.

Für eine wirksame Bekanntmachung bedarf es jedoch der Zustellung an die Insolvenzschuldnerin; die Bekanntmachung dem Zwangsverwalter gegenüber reicht nicht aus.

Der Zwangsverwalter ist nicht gesetzlicher Vertreter des Schuldners. Er ist auch nicht Verwalter des Schuldnervermögens. Es ist grundsätzlich nicht seine Aufgabe, für den Schuldner Bescheide entgegenzunehmen (OLG Zweibrücken KTS 1967, 175 für Steuerbescheide).

Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 b) ThürKAG gelten für die Verwaltungsakte die §§ 118 bis 133 AO entsprechend.

Nach § 122 Abs. 1 S. 2 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist.

Dies ist hier die Insolvenzschuldnerin als die zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide im Grundbuch eingetragene Eigentümerin.

Nach § 5 der Satzung des Beklagten ist Beitragspflichtiger, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist.

Die Bekanntgabe an den Zwangsverwalter hätte nur dann ausgereicht, wenn dieser anstelle der Insolvenzschuldnerin die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen gehabt hätte. In diesem Fall wäre ebenso zu verfahren wie im Insolvenzverfahren, d.h. Bescheide sind dann an den Insolvenzverwalter zu richten, wenn die Forderung zu den Masseverbindlichkeiten gehört (BGH NJW-RR 2006, 1096 für Steuerbescheide).

Die Befugnisse des Zwangsverwalters sind jedoch auf den von der Beschlag-nahme erfassten Teil des schuldnerischen Vermögens beschränkt (BGH, a.a. O.). Die Zwangsverwaltung ist darauf gerichtet, die laufenden, aus der ordnungsgemäßen Nutzung des Grundstücks stammenden Erträge zur Befriedigung des Gläubigers einzusetzen, während dem Schuldner die Substanz des Vermögensgegenstandes ungeschmälert erhalten bleibt. Der Zwangsverwalter hat daher lediglich das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu nutzen (§ 152 Abs. 1 ZVG). Er hat gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 a ThürKAG, § 34 Abs. 3 AO Beitragspflichten zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht und haftet nur für diejenigen Abgaben, die aus der Zwangsverwaltungsmasse zu entrichten sind. Eine weitergehende Verantwortlichkeit für öffentlich-rechtliche Abgaben trifft ihn nicht (BGH, a.a.O.).

Im Gegensatz zur Zwangsversteigerung werden in der Zwangsverwaltung einmalige öffentliche Lasten, z.B. ein während der Zwangsverwaltung fällig gewordener Erschließungskostenbeitrag nicht berücksichtigt (Haar-meyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 155 ZVG, Rz 19). Auf Herstellungsbeiträge erstreckt sich die Verwaltung des Zwangsverwalters nicht (BGH, a.a. O.).

Obliegt die Zahlung des Beitrages nicht dem Zwangsverwalter, ist der darauf gerichtete Bescheid auch nicht diesem, sondern der Beitragsschuldnerin bekannt zu machen (BGH, a.a.O.).

Bei den geltend gemachten Beiträgen handelt es sich nicht um laufende, wiederkehrende Leistungen, hinsichtlich derer nach § 155 Abs. 2 ZVG eine Verteilung durch den Zwangsverwalter zu erfolgen hätte.

Die Bescheide hatten vielmehr Beiträge für die Herstellung bzw. den Anschluss an die Entwässerungseinrichtung der Beklagten gem. § 1 Abs. 1 der Abwasserbeitragssatzung zum Inhalt.

Danach erhebt der Beklagte für die Herstellung bzw. Anschaffung der zentralen öffentlichen Entwässerungseinrichtung Abwasserbeiträge zur Abgeltung der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gebotenen besonderen wirtschaftlichen Vorteile. Der Abwasserbetrag deckt nach § 1 Abs. 2 der Satzung grundsätzlich auch die Kosten für den ersten Grundstücksanschluss (Anschlussleitung vom Hauptsammler einschließlich Hauskontrollschacht).

Damit handelt es sich um klassische Anschlussgebühren, die für das Grundstück in der Regel nur einmal anfallen.

Da die Begleichung dieser Beiträge nicht zu den Aufgaben des Zwangsverwalters zählt, fehlt der Bekanntmachung ihm gegenüber Wirkung, die die Fälligkeit der Forderung auslöst.

Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf stützen, dass im Rahmen der Zwangsverwaltung zwischen Bekanntgabe- und Inhaltsadressat zu unterscheiden sei und in dem Falle, in dem über das Vermögen eines Abgabeschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, der Verwaltungsakt dem Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat und nicht der Insolvenzschuldnerin als Inhaltsadressatin bekannt zu geben sei.

Abgesehen davon, dass die Bekanntgabe der streitgegenständlichen Bescheide nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter, sondern gegenüber dem Zwangsverwalter erfolgte, führt die Unterscheidung zwischen Bekanntgabeadressat und Inhaltadressat hier nicht weiter.

Zwar ist in bestimmten Fällen der Beitragsbescheid nicht demjenigen bekannt zu geben, gegen den er sich inhaltlich richtet (sog. Inhaltsadressat), sondern einem anderen (sog. Bekanntgebeadressat).

Mit dem Bekanntgabeadressat ist jedoch derjenige gemeint, der zwar nicht der Beitragsschuldner ist, der aber aufgrund der ihm obliegenden Pflichten die Beiträge nunmehr auszugleichen hat ( Thüringer OVG NVwZ-RR 2000, 818). Dies ist derjenige, der die steuerlichen bzw. abgabenrechtlichen Pflichten des Gemeinschuldners zu erfüllen hat, soweit seine Verwaltung reicht (Thüringer OVG a.a.O.).

Da nach dem oben Gesagten die Verwaltung des Zwangsverwalters ausschließlich die Geschäfte der laufenden Verwaltung umfasst, zu denen die Zahlung auf die streitgegenständliche Beitragsschuld nicht zählt, ist er nicht als Bekanntgabeadressat im oben genannten Sinne anzusehen.

IV.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 91 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Ausgang des Rechtsstreits ist nur für die Prozessparteien von Bedeutung. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen geben auch keinen Anlass, Leitsätze für Auslegung oder Anwendung von Gesetzesbestimmungen zu entwickeln oder Gesetzeslücken zu schließen. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.



Ende der Entscheidung

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