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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.10.2007
Aktenzeichen: 7 W 474/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 758
BGB § 2042 Abs. 2
Der nach §§ 2042 Abs. 2, 758 BGB unverjährbare Erbauseinadersetzungsanspruch ist nicht mehr durchsetzbar, wenn ein Miterbe im Besitz der Erbschaft und der Erbschaftsanspruch gegen ihn verjährt ist.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

7 W 474/07

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weber, Richterin am Oberlandesgericht Kodalle und Richter am Landgericht Dr. Schneider

am 01.10.2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22.08.2007 gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 06.08.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A Die am .....1962 geborene Klägerin ist die uneheliche Tochter des am 07.05.1970 in M. verstorbenen Erblassers A.P.W.. Der zunächst am 19.04.1983 ausgestellte Erbschein des Staatlichen Notariats der DDR in M., der die Ehefrau und seine beiden ehelichen Kinder, darunter den Antragsgegner, auswies, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom 17.03.2006 wegen Unrichtigkeit eingezogen. Am 06.07.2006 erteilte das Amtsgericht M. einen neuen gemeinschaftlichen Erbschein, der nunmehr die Ehefrau des Erblassers, seine beiden ehelichen Kinder und die Antragstellerin als Erben ausweist.

Unter dem 28.06.2007 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Sie begehrt im Wege der Stufenklage vom Antragsgegner, der nach dem Erbfall den Nachlass des Erblassers in Besitz und alle zur Verwaltung des Nachlasses erforderlichen Maßnahmen alleine getroffen haben soll, Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib von Erbschaftsgegenständen. Der Antragsgegner soll nach Auskunftserteilung an die Antragstellerin noch zu bezeichnende Gegenstände herausgeben.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 06.08.2007 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragstellerin als Miterbin ein Auskunftsanspruch weder nach §§ 666, 681, 2027, noch nach § 2362 Abs. 2 oder § 242 BGB zustehe. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin vom 22.08.2007 hat das Landgericht mit Beschluss vom 19.09.2007 nicht abgeholfen.

B Die als sofortige Beschwerde i.S.v. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO auszulegende, fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig aber unbegründet. Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

I. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragstellerin erbrechtliche Auskunftsansprüche gegen den Antragsgegner zustehen, denn solche Ansprüche wären jedenfalls verjährt.

1. Der Erblasser ist 1970 im Beitrittsgebiet verstorben. Nach Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt deshalb das Recht der DDR maßgebend. Zum Zeitpunkt des Erbfalls war das Erbrecht in der DDR im Wesentlichen im fortgeltenden BGB geregelt. Dieses kannte zur damaligen Zeit kein Erbrecht des unehelichen Kindes. Vom Erbrecht des BGB machte das 1966 in Kraft getretene Familiengesetzbuch der DDR (FGB) einschließlich seines Einführungsgesetzes (EGFGB) aber erhebliche Ausnahmen (ausführlich hierzu Lingelbach in Eckert/Hattenhauer, Das Zivilgesetzbuch der DDR vom 19. Juni 1975, S. 160 ff). So erbte nach § 9 Abs. 1 EGFGB auch das uneheliche Kind wie ein eheliches, wenn es zum Zeitpunkt des Erbfalls minderjährig i.S.v § 2 BGB in der Fassung der Änderung nach dem Gesetz über die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 17.05.1950 (GBl. 1950, S. 437) war (ausführlich hierzu Autorenkollektiv, Familiengesetzbuch der DDR - Kommentar -, 4. Aufl. 1973, § 9 EGFGB, Ziff. 1ff m.w.N.). Da die 1962 geborene Antragstellerin z.Z. des Erbfalls minderjährig war, erbten sie und die ehelichen Kinder des Erblassers zu je 1/4 neben der überlebenden Ehefrau, die nach § 10 Abs. 1 EGFGB ebenfalls zu 1/4 erbte. Daran änderte auch das nach § 1 EGZGB am 01.01.1976 in Kraft getretene Zivilgesetzbuch der DDR nichts. Hinsichtlich des Erbrechts regelte § 8 EGZGB das Übergangsrecht. Danach bestimmten sich die Regelungen erbrechtlicher Verhältnisse nach dem vor Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches geltenden Rechts, wenn der Erbfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Der Erbschein des Staatlichen Notariats der DDR in M. vom 19.04.1983 war daher falsch und wurde deshalb zu Recht eingezogen.

2. Soweit danach Auskunftsansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner als Miterbe oder als vormaliger Besitzer eines unrichtigen Erbscheins nach §§ 242, 666, 681, 2027, 2362 Abs. 2 BGB überhaupt bestanden, lief bezüglich dieser Ansprüche seit dem Erball 1970 die 30jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. (BGH, NJW 2007, 2174; Sarres, ZEV 1998, 298, 300; ZEV 2002, 96). Das ZGB brachte jedoch Änderungen hinsichtlich des Verjährungsrechts. Die diesbezüglichen Übergangsbestimmungen waren in § 11 EGZGB geregelt. Danach fand das Zivilgesetzbuch auf die Verjährung aller Ansprüche Anwendung, die bei seinem Inkrafttreten noch nicht verjährt waren. Nach § 474 Abs. 1 Nr. 3 ZGB verjährten außervertragliche Ansprüche in 4 Jahren. Ob darunter auch erbrechtliche Auskunftsansprüche fielen, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn die ursprünglich 1970 begonnene 30jährige Verjährungsfrist weiter gelaufen wäre, wäre Verjährung hinsichtlich der Auskunftsansprüche nach § 195 BGB a.F., Art. 231 § 6 EGBGB im Jahr 2000 eingetreten. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Zwar handelt es sich bei der Verjährung um eine Einrede, auf die sich der Antragsgegner berufen müsste. Vorliegend begehrt die Antragstellerin jedoch Prozesskostenhilfe. Im Rahmen der Prüfung der Prozesskostenhilfevoraussetzungen nach § 114 ZPO ist aber auch das mögliche Verteidigungsvorbringen des Antragsgegners zu berücksichtigen, insbesondere auch eine mögliche Verjährungseinrede (MüKo/Wachs, ZPO, 2. Aufl., § 114, Rn. 110; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 114, Rn. 24).

II. Da schon keine Erfolgsaussicht für den Auskunftsanspruch besteht, fehlt es auch an einer Erfolgsaussicht für den Herausgabeanspruch. Unabhängig davon bestehen solche Ansprüche auch nicht. Die Antragstellerin ist Miterbin. Als solche kann sie nicht einzelne Erbschaftsgegenstände heraus, sondern nach § 2042 BGB lediglich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen. Eine auf sie bezogene Teilauseinadersetzung kann sie dabei ebenfalls nicht geltend machen (BGH, NJW 1985, 51). Aber auch ein solcher Auseinandersetzungsanspruch wäre verjährt. Zwar ist der Anspruch auf Auseinandersetzung nach §§ 2042 Abs. 2, 758 BGB unverjährbar. Ist jedoch ein Miterbe im Besitz der Erbschaft, so unterliegt der Erbschaftsanspruch gegen ihn allerdings der 30jährigen Verjährung und entzieht damit dem Auseinandersetzungsanspruch den Boden (Staudinger/Werner, BGB, Neubearb. 2002, § 2042, Rn. 48; Staudinger/Gursky, a.a.O., § 2026, Rn. 1ff, 10; juris-PK/Schütte, BGB, 3. Aufl., § 2042, Rn. 47). Vorliegend trägt die Antragstellerin aber gerade vor, dass der Antragsgegner im Besitz der Erbschaft ist.

C Einer Kostenentscheidung bedarf es wegen § 127 Abs. 4 ZPO und Nr. 1812 GKG-KV (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) nicht.

D Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 574 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts geboten.

Ende der Entscheidung

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