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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 1 KO 304/06
Rechtsgebiete: GG, VwGO, BImSchG, 4. BImSchV, BauGB, ROG, BBergG, ThürBO, ThLPlG, RROP-Ostthüringen


Vorschriften:

GG Art 14 Abs. 1 S. 2
VwGO § 91
BImSchG § 67 Abs. 9
4. BImSchV Anh. Nr. 1.6 i.d.F.v. 03.08.2001
4. BImSchV Anh. Nr. 1.6 i.d.F.v. 01.07.2005
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 2
BauGB § 35 Abs. 3 S. 3
BauGB § 35 Abs. 5 S. 2
ROG § 3 Nr. 2
ROG § 6
ROG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1
ROG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
ROG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 3
ROG § 7 Abs. 4 S. 2
ROG § 22
ROG § 23 Abs. 1
BBergG § 69 Abs. 2
ThürBO § 70 Abs. 1
ThürBO § 73
ThLPlG i.d.F.v. 17.07.1991 § 1 Abs. 1
ThLPlG i.d.F.v. 17.07.1991 § 9 Abs. 1
ThLPlG i.d.F.v. 17.07.1991 § 12 Abs. 1 S. 1
RROP-Ostthüringen (Teil B, 1. Fortschreibung Teil A, Sonderdruck Nr 4/1999 des Thüringer Staatsanzeigers - Beilage zu Nr 40/1999)
1. Eine Konzentrationsplanung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept voraus, das den Anforderungen des Abwägungsgebots genügt und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schafft. Dabei dürfen Vorbehaltsgebiete im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG in der Bilanz von Positiv- und Negativflächen nicht als Positivausweisung gewertet werden (wie BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 -4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn sich in den Vorbehaltsgebieten bereits genehmigte Windenergieanlagen befinden.

2. Geht der Plangeber davon aus, er gebe der Windkraft auch durch die Ausweisung entsprechender Vorbehaltsgebiete substantiell Raum, ist dies abwägungsfehlerhaft.

3. Der Plangeber darf sich bei der Auswahl der Vorranggebiete für Windenergieanlagen im Regionalen Raumordnungsplan nicht allein an den Wünschen der betroffenen Gemeinden orientieren. Insbesondere darf er die Ausweisung entsprechender Vorranggebiete nicht davon abhängig machen, dass die betroffenen Gemeinden hierzu ihr "Einvernehmen" erteilen.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 304/06 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts (hier: Berufung)

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht von Saldern aufgrund der am 19. März 2008 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Vertreters des öffentlichen Interesses gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 18. August 2005 - 4 K 578/04 Ge - wird zurückgewiesen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Vertreter des öffentlichen Interesses darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung zweier Windkraftanlagen.

Die Klägerin beantragte am 05.06.2003 die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung zweier Windenergieanlagen des Typs Enercon E 66/1870 (Nennleistung 1.800 kW, Nabenhöhe 98,79 m, Rotordurchmesser 70 m) auf dem nahe der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt gelegenen Flurstück a__ der Flur 2 der Gemarkung Kraasa in Naundorf. Die Windenergieanlagen sollten nach den Bauvorlagen ca. 350 m voneinander entfernt errichtet werden. Die Anlagenstandorte liegen in einem im Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen ausgewiesenen Vorranggebiet für Kies/Kiessand. Der fragliche Bereich ist nach Beendigung des Kiesabbaus bereits verfüllt und rekultiviert worden; er wird zurzeit landwirtschaftlich genutzt. In der Nähe der Anlagenstandorte befinden sich - jenseits der Landesgrenze - bereits zwei Windkraftanlagen.

Nachdem die Beigeladene zu 1. am 04.08.2003 ihr gemeindliches Einvernehmen versagt hatte, lehnte der Beklagte den beantragten Bauvorbescheid durch Bescheid vom 14.11.2003 ab. Zur Begründung wies der Beklagte u. a. darauf hin, dass dem Vorhaben Belange der Raumordnung und des Naturschutzes entgegenstünden. Der Standort der geplanten Windenergieanlagen sei im Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen nicht als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiet zur Nutzung der Windenergie ausgewiesen. In der Nähe befinde sich ein Vorranggebiet für Natur und Landschaft. Der Umgebungsschutz für die Radaranlage Gleina sei nicht gewährleistet; nach Angaben der Wehrbereichsverwaltung Ost könne eine Beeinträchtigung der Radarsicht nur dann ausgeschlossen werden, wenn die beiden Anlagen mindestens 600 m voneinander entfernt errichtet würden. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Thüringer Landesverwaltungsamt durch Widerspruchsbescheid vom 15.04.2004 unter Hinweis auf das fehlende gemeindliche Einvernehmen zurück. Der Widerspruchsbescheid ist der Klägerin am 19.04.2004 zugestellt worden.

Am 19.05.2004 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Gera Klage erhoben und zur Begründung u. a. geltend gemacht, aufgrund einer Entfernung von 600 m zum Naturschutzgebiet Gerstenbacher Grund sei eine Beeinträchtigung von Naturschutz belangen ausgeschlossen. Des Weiteren sei die Vorbelastung durch das unmittelbar benachbarte S , welches die Umgebung dominiere, zu berücksichtigen. Der Regionale Raumordnungsplan Ostthüringen entfalte für Windenergieanlagen schon deshalb keine Ausschlusswirkung, weil seine Festsetzungen insoweit in sich widersprüchlich und als unzulässige Negativplanung zu bewerten seien. Aufgrund der in unmittelbarer Nähe in Sachsen-Anhalt festgestellten beiden Windkraftanlagen liege zudem eine Ausnahme von den Festsetzungen des Regionalen Raumordnungsplanes nahe.

Im erstinstanzlichen Verfahren haben die Beteiligten darüber Einvernehmen erzielt, dass die Klägerin mit der zuständigen Wehrbereichsverwaltung in Verbindung treten solle, um die von dieser vorgetragenen Bedenken auszuräumen; gegebenenfalls solle dann ein neuer Lageplan eingereicht werden. Am 22.12.2004 hat die Klägerin sodann einen von ihr erstellten Übersichtsplan eingereicht, der die exakten Abstände zwischen den von ihr geplanten und den bereits errichteten Anlagen in Sachsen-Anhalt zeigt und nach ihren Angaben "bereits die leicht verschobenen Standorte wegen der militärischen Radaranlage Gleina" berücksichtigt. In einer nachgereichten Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Ost vom 03.01.2005 heißt es, durch die Optimierung der Standorte sei der Abstand der beiden Windkraftanlagen untereinander auf ca. 650 m erhöht worden, so dass der geforderte Abstand von mehr als 600 m eingehalten werde. Gegen die Errichtung der beiden Windkraftanlagen bestünden seitens der Bundeswehr keine Bedenken mehr.

Die Klägerin hat sodann auf Anregung des Verwaltungsgerichts erklärt, Belange der Luftfahrt im Bauvorbescheidsverfahren ausklammern zu wollen. In der Folgezeit hat sie Lagepläne im Maßstab 1:1.000 bzw. 1:2.000 eingereicht, die die veränderten Anlagenstandorte zeigen; danach soll die als "WEA 1" bezeichnete Anlage auf dem Flurstück b und die als "WEA 2" bezeichnete Anlage auf dem Flurstück a____ errichtet werden. Der Beklagte hat hierzu erklärt, dass diese Pläne den Anforderungen der Bauprüfverordnung entsprächen.

Das Verwaltungsgericht Gera hat den Beklagten durch Urteil vom 18.08.2005 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zur Erteilung des begehrten Bauvorbescheids verpflichtet und zur Begründung u. a. ausgeführt:

Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass die Klägerin ein immissions-schutzrechtliches Verfahren durchlaufen müsse. Die beantragten Windkraftanlagen der Klägerin und die in der Gemarkung Kayna in Sachsen-Anhalt bereits errichteten beiden Windkraftanlagen seien einander nicht so räumlich so zugeordnet, dass von einer Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV in der bis zum 01.07.2005 geltenden Fassung auszugehen sei und die Klägerin deshalb eine im-missionsschutzrechtliche Genehmigung benötige. Eine Windfarm liege nur dann vor, wenn drei oder mehr Windkraftanlagen einander räumlich so zugeordnet seien, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschnitten oder wenigstens berührten. Von einer derart engen räumlichen Zuordnung könne hier wegen der Entfernung zwischen den Anlagen in der Gemarkung Kayna zum Standort der geplanten Anlagen der Klägerin von ca. 2,5 km nicht ausgegangen werden. Insoweit reiche allein der optische Blickkontakt nicht aus.

Der Klage fehle auch nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil nach der seit dem 01.07.2005 geltenden 4. BImSchV Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens bedürften. Die Klägerin könne sich auf die Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG berufen, wonach Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 01.07.2005 rechtshängig geworden seien, nach altem Recht abzuschließen seien. Die Übergangsregelung gelte auch für auf Erteilung von Bauvorbescheiden gerichtete Verfahren.

Die Klage sei auch begründet, da dem Vorhaben der Klägerin keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne der §§ 70 Abs. 1, 73 ThürBO entgegenstünden. Den im Außenbereich geplanten zwei Windenergieanlagen der Klägerin, die raumbedeutsame Vorhaben seien, stünden keine öffentlichen Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Zwar sei für Windkraftanlagen nach den Vorgaben des Regionalen Raumordnungsplans Ostthüringen eine Zuweisung an anderer Stelle erfolgt. Jedoch sei vorliegend eine Ausnahme nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu gewähren. Nach der gesetzgeberischen Konzeption trete die Rechtsfolge nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur in der Regel ein; ein strikter Ausschluss sei damit nicht formuliert. Daher komme in Ausnahmefällen auch eine Zulassung im sonstigen Außenbereich in Betracht. Ein derartiger Ausnahmefall liege hier vor. Eine Atypik könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts z. B. auch dann angenommen werden, wenn in der Nähe des vorgesehenen Standortes bereits eine zulässigerweise errichtete Windenergieanlage vorhanden sei. Ferner könnten auch topographische oder sonstige Besonderheiten dazu führen, dass eine Beeinträchtigung des Landschaftsraumes nicht zu besorgen sei und es daher nicht der Zielrichtung des Regionalen Raumordnungsplanes widerspreche, das Vorhaben zuzulassen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen lägen im vorliegenden Fall zwei Besonderheiten vor. Zum einen befinde sich der Standort der beiden Windenergieanlagen in unmittelbarer Nähe des Kies- und Sandtagebaus S . Insoweit sei zu berücksichtigen, dass dort ausweislich des Rahmenbetriebsplanes bis mindestens 2021 und voraussichtlich noch weit darüber hinaus Kiesgewinnung stattfinde und das Landschaftsbild bereits durch diese Anlagen vorbelastet sei. Zum anderen seien nahe der Landesgrenze auf dem Gebiet der Gemeinde Kayna in Sachsen-Anhalt bereits zwei Windkraftanlagen errichtet worden. Diese ebenfalls raumbedeutsamen Anlagen seien vom Standort der beiden geplanten Windkraftanlagen aus deutlich sichtbar. Einer Berücksichtigung der beiden Windkraftanlagen auf sachsen-anhaltinischer Seite könne nicht deshalb widersprochen werden, weil diese außerhalb der Landesgrenze angesiedelt seien. Bei der Frage, ob eine vom Regionalen Raumordnungsplan abweichende atypische Sonderkonstellation vorliege, komme es allein auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort an. Die Einwirkungsmöglichkeiten durch andere Anlagen seien hier auch weiter zu fassen als bei der Beantwortung der Frage, ob eine Windfarm im Sinne der bis zum 01.07.2005 geltenden Fassung der 4. BImSchV vorgelegen habe.

Auf den Antrag des Vertreters des öffentlichen Interesses hat der Senat mit Beschluss vom 30.03.2006 die Berufung zugelassen. Zur Begründung seiner Berufung führt der Vertreter des öffentlichen Interesses im Wesentlichen aus:

Das Verwaltungsgericht habe den Beklagten zu Unrecht zur Erteilung eines Bauvorbescheides für die beiden Windkraftanlagen verpflichtet. Das Urteil berücksichtige schon nicht, dass der Standort der geplanten Windkraftanlagen wegen der Radaranlage Gleina verschoben werden müsse. Hierzu habe das Verwaltungsgericht die Klägerin im Verhandlungstermin vom 19.04.2005 aufgefordert, einen aktualisierten Lageplan einzureichen; der Beklagte habe dem Verwaltungsgericht später mitgeteilt, dass der daraufhin vorgelegte Lageplan nicht den Anforderungen der BauPrüfVO entspreche. Das Verwaltungsgericht habe die Standortverschiebung der geplanten Windkraftanlagen in seiner Entscheidung weder tatsächlich noch rechtlich gewürdigt. Insbesondere sei nicht ersichtlich, ob es von vollständigen, prüffähigen Antragsunterlagen ausgegangen sei. Eine Standortverschiebung könne aber bei Windkraftanlagen die Prüfung erheblich beeinflussen und die Anhörung der Träger öffentlicher Belange erforderlich machen. Einem nachgereichten Lageplan lasse sich entnehmen, dass der Standort der zweiten Windkraftanlage sogar um 500 m in nördlicher Richtung verschoben worden sei. Zwar könne eine Antragsänderung aus Gründen der Verfahrensökonomie in ein gerichtliches Verfahren einbezogen werden. Dies setze aber voraus, dass der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibe. Hier sei der Verfahrensgegenstand durch die Standortverschiebung wesentlich abgeändert worden.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheides, denn die beiden Windkraftanlagen seien bauplanungsrechtlich unzulässig. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stünden einem raumbedeutsamen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB öffentliche Belange in der Regel dann entgegen, wenn hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt sei. Das sei hier der Fall.

Im Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen seien für die Windenergienutzung Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ausgewiesen worden, durch die eine raumordnerische Konzentration auf bestimmte Standorte in Ostthüringen erreicht werden solle. Deshalb seien Windkraftanlagen an anderen als im Raumordnungsplan vorgesehenen Stellen regelmäßig unzulässig. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen die Voraussetzungen einer Ausnahme von der Regelvermutung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht vor. Eine Ausnahme komme nur dann in Betracht, wenn ein atypischer Fall vorliege. Deshalb lasse sich ein Ausnahmefall hier nicht allein mit dem Hinweis auf den vorhandenen Kies- und Sandsteinabbau S und auf die auf sachsen-anhaltinischer Seite vorhandenen Windkraftanlagen begründen. Anlagen zur Kiesgewinnung und -aufbereitung seien im Altenburger Raum häufig anzutreffen und für ihn typisch. Würde das Vorhandensein von Tagebauen zur Gewinnung von Kies und Standstein im Sinne einer Vorbelastung die Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb der ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete rechtfertigen, könnten Windenergieanlagen in diesem Teil der Planungsregion Ostthüringen flächendeckend errichtet werden.

Das Verwaltungsgericht argumentiere hier auch widersprüchlich. Einerseits verneine es die Frage, ob durch die geplante Errichtung der beiden Windkraftanlagen im Zusammenhang mit den auf sachsen-anhaltinischer Seite bereits vorhandenen Anlagen eine Windfarm entstehe, weil es seiner Auffassung nach aufgrund der Entfernung von 2,5 km nicht von einem engen räumlichen Zusammenhang auszugehen sei. Andererseits nehme es an, dass der maßgebliche Bereich durch die in Sachsen-Anhalt stehenden Windkraftanlagen vorbelastet sei, weil diese vom Standort der geplanten Anlagen aus deutlich wahrnehmbar seien. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte eine fortschreitende Ausweitung der Windkraftanlagenstandorte im Wege einer "Ausnahme" zur Folge; der Regelfall des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB würde damit ins Gegenteil verkehrt.

Der Plangeber habe bei der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten in Ostthüringen erkannt, dass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB keine absolute Ausschlusswirkung entfalte, und in der Begründung zum Regionalen Raumordnungsplan eine Reihe von möglichen Ausnahmen aufgeführt. Zwar könnten die Ausnahmefälle nicht abschließend geregelt werden; der Plangeber habe aber gerade ausschließen wollen, dass Windkraftanlagen regelmäßig auch außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten errichtet werden könnten. Dies wäre jedoch der Fall, wenn allein die Sichtbarkeit weit entfernter Windkraftanlagen ausreiche, um eine Ausnahme nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu begründen. Im Übrigen würde die Planungshoheit des Freistaats Thüringen untergraben, wenn in einem anderen Bundesland - ohne Abstimmung mit dem Freistaat und der betroffenen Gemeinde - errichtete Windkraftanlagen ausreichten, um in Thüringen einen Rechtsanspruch auf Genehmigung einer Windkraftanlage außerhalb eines Vorrang- und Vorbehaltsgebiets zu begründen.

Der dem Vorhaben entgegenstehende Regionale Raumordnungsplan Ostthüringen aus dem Jahre 1999 sei wirksam; er leide insbesondere nicht an Abwägungsmängeln. Zweifel an einer sachgerechten Entwicklung des Planungskonzepts ergäben sich nicht bereits daraus, dass die Trägerin der Regionalplanung lediglich in relativ geringem Umfang Standortbereiche für die Windenergieanlagennutzung in Form von Vorranggebieten ausgewiesen habe. Da es keine Pflicht zur Förderung der Windenergie in einem verallgemeinerungsfähig festlegbaren Umfang gebe, könne die Größe der ausgewiesenen Standortbereiche nicht zur Gesamtfläche des Planungsgebiets, sondern nur zu den in Betracht zu ziehenden Flächen ins Verhältnis gesetzt werden. Eine grundsätzlich restriktive Ausweisung entsprechender Flächen sei nicht zu beanstanden, denn der Planungsträger sei nicht verpflichtet, alle für die Nutzung der Windkraft geeigneten Gebiete als solche festzuschreiben.

Der Beigeladenen zu 2. könne auch nicht entgegengehalten werden, dass sie aus Rücksichtnahme auf die gemeindlichen Planungen der Raumordnung als überörtlicher und überfachlicher Planung nicht genügend Geltung verschafft habe. Soweit Flächen für die Windenergienutzung nach dem Konsensprinzip ausgewiesen worden seien, stelle dies kein von vornherein abwägungsfehlerhaftes Vorgehen dar, solange ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept erkennbar bleibe. Das sei hier der Fall. Die Plangeberin habe sich dabei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wesentlich von den Wünschen der Gemeinden leiten lassen. Zwar könne dieser Eindruck bei einer ersten Lektüre der Abwägungsprotokolle zur Anhörung entstehen, wenn dort etwa darauf abgestellt werde, ob die Gemeinde am jeweiligen Standort die Nutzung der Windenergie wünsche. Die Plangeberin habe hierbei aber nichts anderes praktiziert, als die Planungen der Gemeinde in der Abwägung zu berücksichtigen. Man sei den Vorstellungen der betroffenen Gemeinden auch nur teilweise gefolgt. Den Abwägungsprotokollen sei ferner zu entnehmen, dass bei der Streichung von Vorranggebieten als dem schwereren planerischen Eingriff regelmäßig eine Reihe von Einwänden zum negativen Abwägungsergebnis geführt habe. Teilweise seien ursprünglich als Vorranggebiete vorgesehene Flächen aufgrund vorgetragener Bedenken nur noch als Vorbehaltsgebiete ausgewiesen worden, teilweise habe man die Ausweisung eines konkreten Vorranggebiets mehrfach abgewogen. Dies alles zeige, dass die Plangeberin die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung nach einem intensiven Abwägungsprozess vorgenommen habe.

Darüber hinaus sei im vorliegenden Verfahren zu beachten, dass der Regionalplan Ostthüringen zurzeit fortgeschrieben werde. Gegenüber dem Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen aus dem Jahr 1999 ergäben sich grundsätzliche Änderungen in Bezug auf die Nutzung der Windenergie. Die Ausweisung entsprechender Flächen erfolge nunmehr in Form von Vorranggebieten, die zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG besäßen und damit die Errichtung raumbedeutsamer Windenergieanlagen an anderer Stelle ausschlössen. Infolge neuer Abstandskriterien müssten Windenergieanlagen außerdem etwa von Wohn-und Mischgebieten mindestens 750 m entfernt sein. Die beantragten Anlagen der Klägerin hielten weder den genannten Abstand zur Bebauung der Ortsteile Naundorf und Kraasa ein, noch befänden sich ihre Standorte in einem für die Nutzung von Windenergie vorgesehenen Vorranggebiet. Sie lägen vielmehr nach dem Entwurf des Regionalplans in einem Vorranggebiet für Rohstoffe ("KIS-4 S "). Die angestrebte Windenergienutzung sei mit diesem ausgewiesenen Ziel nicht vereinbar.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 18.08.2005 - 4 K 578/04 Ge - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Die geringfügige Standortverschiebung der Anlagen habe keinen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts gehabt. Andere Stellen seien nicht zu hören gewesen. Der Beklagte habe vor dem Verhandlungstermin auch nicht auf fehlende Pläne oder Ähnliches hingewiesen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Ausnahmesituation im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorliege. Es handele sich hier um einen atypischen Fall. Das Verwaltungsgericht habe die örtliche Situation zutreffend erfasst und gewürdigt. Seine Argumentation hinsichtlich der Windkraftanlagen auf sachsen-anhaltinischer Seite sei auch nicht widersprüchlich. Die Frage, ob ein enger räumlicher Zusammenhang im Sinne des BImSchG bestehe, könne anders beantwortet werden als die Frage, ob die nahe gelegenen Windkraftanlagen den Landschaftsraum prägten. Entgegen der Auffassung des Vertreters des öffentlichen Interesses habe die Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht zur Folge, dass sich der Regelfall des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ins Gegenteil verkehre. Die Windkraftanlagen auf sachsen-anhaltinischer Seite seien durchaus zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung der jeweils für die Ausnahmesituation maßgeblichen Verhältnisse dürfe nicht an der Landesgrenze halt gemacht werden; es komme vielmehr ausschließlich auf das an, was wahrgenommen werden könne.

Der Regionale Raumordnungsplan Ostthüringen stehe ihrem Vorhaben außerdem schon deshalb nicht entgegen, weil er hinsichtlich der Ausweisung von Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungsgebieten zur Windkraftnutzung nicht den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts entspreche. Die Ausweisung von Eignungsgebieten erfordere es, die gesamte Landesfläche daraufhin zu überprüfen, wo Windkraftnutzung möglich sei. Dies sei im Regionalen Raumordnungsplan versäumt worden. Bei der Ausweisung von Eignungsgebieten habe man sich auf Standorte konzentriert, die bereits ohnehin für Windenergie genutzt oder von den jeweiligen Gemeinden bevorzugt worden seien. Auch die im Regionalen Raumordnungsplan enthaltene Ausnahmeregelung sei zu beanstanden. Der Regionale Raumordnungsplan versuche durch die Aufzählung von Ausnahmefällen das zu regeln, was nicht abschließend geregelt werden könne. Dieser unzulässige Regelungsversuch führe zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung.

Bei der Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung sei entgegen der Darstellung der Beigeladenen zu 2. das sog. Gegenstromprinzip gerade nicht angewandt worden. Vielmehr seien ausschließlich Gebiete vorgeschlagen und ausgewiesen worden, die von den betroffenen Gemeinden befürwortet worden seien. Darüber hinaus zeige der Umstand, dass nunmehr an etwa dem streitgegenständlichen Standort eine Vorrangfläche für die Nutzung von Windenergie ausgewiesen werden solle, dass die vorherige Abwägung nicht fehlerfrei gewesen sei.

Ihrem Vorhaben könnten auch nicht die Ziele des in Aufstellung befindlichen Regionalplans Ostthüringen entgegengehalten werden. Zum einen hätten diese Ziele noch nicht das dafür erforderliche Maß an Verbindlichkeit erreicht, zum anderen sei hinreichend wahrscheinlich, dass die in Aufstellung befindlichen Ziele nie Verbindlichkeit erlangen würden. Zwar sei man bei der Aufstellung des Regionalplans Ostthüringen bei der Flächenauswahl wohl von den richtigen und von der Rechtsprechung vorgegebenen Kriterien ausgegangen. In der Folge sei dann aber ein entscheidender Verfahrensfehler begangen worden. Nachdem zunächst nach den zugrunde gelegten Kriterien viele Flächen für die Nutzung von Windenergie geeignet gewesen seien, sei die Zahl der Flächen bereits vor der ersten Auslegung der entsprechenden Planung drastisch reduziert worden. Die Reduzierung sei allein aufgrund einer Äußerung der betroffenen Gemeinden erfolgt, die entweder für oder gegen Windkraft eingestellt gewesen seien. Wenn eine Gemeinde die Nutzung der Windkraft abgelehnt habe, sei die entsprechende Fläche aus dem Entwurf herausgenommen worden.

Am konkreten Standort sei nach dem Entwurf des neuen Regionalplans Ostthüringen ein Eignungsgebiet Windenergie vorgesehen, das allerdings ca. 300 m von dem für ihr Vorhaben vorgesehenen Standort entfernt liege. Der Standort ihres Vorhabens erfülle dieselben Kriterien wie das geplante Eignungsgebiet. Ein Unterschied bestehe nur insoweit, als das geplante Eignungsgebiet innerhalb eines noch auszukiesenden Bereichs der S Werke liege, während der streitgegenständliche Standort sich auf einem bereits ausgekiesten Bereich befinde. Die S Werke bevorzugten deshalb den streitgegenständlichen Standort und hätten dies gegenüber der Regionalplanung auch deutlich gemacht. Wenn die Planungsbehörde jetzt an einer 300 m von ihrem Vorhaben entfernt liegenden Stelle ein Vorranggebiet ausweise, obgleich dieses nach den eigens vorgegeben Kriterien weniger geeignet sei als der Standort der geplanten Anlagen, widerspreche sich der Plan selbst.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben sich im Berufungsverfahren nicht schriftsätzlich geäußert.

Die Beigeladene zu 2. äußert sich - ohne einen Antrag zu stellen - zum Verfahrensablauf bei der Aufstellung des Regionalen Raumordnungsplans Ostthüringen, zur Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten und speziell zu den für den Landkreis Altenburger Land sowie den Bereich Naundorf angestellten Überlegungen. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die kommunalen Interessen nach dem "Gegenstromprinzip" bereits frühzeitig in der Aufstellungsphase des Plans gehört worden seien. Der alternativen Energiegewinnung habe sie durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zur Nutzung der Windenergie substantiell Raum geben wollen. Im Rahmen der geplanten Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsplans Ostthüringen habe sie neben dem Vorranggebiet Rohstoffsicherung und -gewinnung "KIS-4 S " das Vorranggebiet Windenergie "W-2 S " in den Entwurf aufgenommen. Die während der öffentlichen Auslegung eingegangenen Stellungnahmen forderten demgegenüber die vollständige Ausweisung des bisherigen Vorranggebiets "KIS 7". Daraus sei bereits jetzt ein erheblicher Abwägungsbedarf für die weitere Bearbeitung des neuen Planentwurfs erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschriften über die Verhandlungstermine vom 10.10.2007 und vom 19.03.2008 sowie die darin aufgeführten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene und fristgerecht begründete Berufung des Vertreters des öffentlichen Interesses hat in der Sache keinen Erfolg und ist daher kostenpflichtig zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben, denn sie ist zulässig und begründet.

I.

Die Verpflichtungsklage der Klägerin ist zulässig.

1. Bedenken gegen ihre Zulässigkeit bestehen zunächst nicht deshalb, weil die Klägerin im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Standorte der geplanten Windenergieanlagen verändert hat, ohne hierfür ein neues Verwaltungsverfahren durchzuführen.

Allerdings stellt die "Verschiebung" der Anlagenstandorte entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs nur eine im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens bzw. (hier) des gerichtlichen Verfahrens zulässige "Konkretisierung" des Vorhabens dar. Auch im Vorbescheidsverfahren, durch das die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens geklärt werden soll, muss das jeweilige Vorhaben hinreichend konkret bezeichnet werden. Dazu gehört die genaue Angabe seines vorgesehenen Standorts, ohne den sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nicht hinreichend bestimmt klären lässt. Will der jeweilige Antragsteller (alternativ) mehrere Anlagenstandorte prüfen lassen, muss er auch mehrere Vorbescheidsverfahren durchführen lassen. Wird der geplante Standort einer Anlage - wie hier - nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens geändert, muss dafür - wie der Beklagte zunächst zu Recht geltend gemacht hatte - grundsätzlich ein neues Verwaltungsverfahren durchgeführt werden.

Der Beklagte hat sich jedoch im erstinstanzlichen Verfahren im Verhandlungstermin vom 19.04.2005 darauf eingelassen, nunmehr die geänderten Bauvorlagen zu prüfen. Damit hat er konkludent der entsprechenden Klageänderung zugestimmt; auch die übrigen Verfahrensbeteiligten haben ihr nicht widersprochen, so dass sie zulässig ist (vgl. § 91 Abs. 1 und 2 VwGO). Zwar ersetzt die Zustimmung zur Klageänderung nicht die notwendige Durchführung des Verwaltungsverfahrens bei der zuständigen Behörde (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.11.1996 - 7 A 4820/95 -juris). Der Beklagte hat die von der Klägerin nachgereichten Bauvorlagen (Lagepläne) aber auch zur Überprüfung entgegengenommen und entgegen der Darstellung des Vertreters des öffentlichen Interesses schließlich für ausreichend gehalten. Wenn der Beklagte in dieser Situation an seinem Klageabweisungsantrag festgehalten hat, hat er damit ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass er auch das geänderte Vorhaben nicht für genehmigungsfähig hält. Deshalb kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, sie müsse für das geänderte Vorhaben noch ein Vorbescheidsverfahren durchführen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus erklärt hat, dass Belange der Luftfahrt im Verfahren nicht geprüft werden sollten, stellt dies eine ohne weiteres zulässige Beschränkung des Verpflichtungsbegehrens dar.

2. Der Klägerin fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihre auf Erteilung eines Bauvorbescheides gerichtete Klage. Sie benötigte nach dem bis zum 30.06.2005 geltenden Recht keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für ihr Vorhaben. Die beantragten Windenergieanlagen sind den jenseits der Landesgrenze bereits vorhandenen Windenergieanlagen nicht so zugeordnet, dass von einer Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV in der bis einschließlich 30.06.2005 geltenden Fassung auszugehen wäre. Insoweit sieht der Senat gem. § 130b Satz 2 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 5). Entgegen der Auffassung des Vertreters des öffentlichen Interesses argumentiert das Verwaltungsgericht nicht widersprüchlich, wenn es einerseits die Frage verneint, ob die geplanten mit den jenseits der Landesgrenze in Sachsen-Anhalt bereits vorhandenen Windkraftanlagen eine Windfarm bilden, während es andererseits von einer Vorbelastung der Landschaft durch die Anlagen in Sachsen-Anhalt ausgeht. Auch vorhandene Anlagen, deren Einwirkungsbereiche sich mit den Einwirkungsbereichen der zur Genehmigung gestellten Anlagen nicht überschneiden und die mit diesen deshalb keine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV in der bis zum 30.06.2005 geltenden Fassung bilden, können bei der Frage, ob das Landschaftsbild bereits vorbelastet ist, zu berücksichtigen sein.

Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für ihr Verpflichtungsbegehren ist auch nicht durch die seit dem 1.7.2005 geltenden Neuregelungen im Immissionsschutzrecht entfallen. Nach der seit dem 1.7.2005 geltenden Neuregelung der Nummer 1.6 des Anhangs der 4. BImSchV (durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.6.2005 - BGBl. I S. 1687) bedürfen alle Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Die Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides ist für diese Anlagen damit nach heutigem Recht grundsätzlich nicht mehr möglich. Das Verwaltungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen, dass zugunsten der Klägerin die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG anzuwenden ist.

Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 14.05.2007 in der Sache 1 KO 1054/03 (ThürVBl. 2008, 18 = juris Rdn. 37 ff.) ausgeführt:

"Der Kläger kann sich demgegenüber nicht unmittelbar auf die zum 1.7.2005 in Kraft getretene Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 9 BImSchG berufen. Nach § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG werden nur Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 1.7.2005 rechtshängig geworden sind, nach den bis zum 30.6.2005 geltenden Vorschriften abgeschlossen. Für die in diesen "Übergangsfälle n" erteilten Baugenehmigungen ordnet § 67 Abs. 9 Satz 3, 2. HS BImSchG ausdrücklich die entsprechende Anwendung des Satzes 1 der Bestimmung an, nach der die vor dem 1.7.2005 erteilten Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von über 50 m a ls Genehmigungen nach dem BImSchG weitergelten. Dadurch wird klargestellt, dass in diesen Fällen "an sich" immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Windkraftanlagen nach wie vor auf der Grundlage einer Baugenehmigung errichtet und betrieben werden dürfen. Diese Überlegungen lassen sich auf Verfahren, die nur die Erteilung eines Bauvorbescheides zum Ziel haben, nicht ohne weiteres übertragen, denn dieser berechtigt noch nicht zum Bau und Betrieb der jeweiligen Windkraftanlage. Der Entstehungsgeschichte der Übergangsregelung ist auch nicht unmittelbar zu entnehmen, dass der Gesetzgeber als "Baugenehmigung" im Sinne des § 67 Abs. 9 BImSchG auch den Bauvorbescheid angesehen hat. (...)

Man wird auch kaum annehmen können, dem Bundesgesetzgeber sei die in den Landesbauordnungen übliche Unterscheidung zwischen einer Baugenehmigung und einem Vorbescheid nicht hinlänglich bekannt gewesen.

Die Übergangsregelung ist auf Bauvorbescheide aber entsprechend anzuwenden. Die mit ihr verfolgte Absicht, Rechtsunsicherheiten in laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beseitigen, würde nur unvollkommen erreicht, wenn sie auf Verpflichtungsklagen, deren Ziel jeweils die Erteilung eines Bauvorbescheides ist, nicht anzuwenden wäre. Der Kläger weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass gerade bei Windkraftanlagen die Verfahren vielfach auf Erteilung (nur) eines Vorbescheides gerichtet sind. In diesen Verfahren würde sich - wenn die Übergangsregelung nicht anwendbar wäre - dann jeweils die Frage stellen, ob der Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides nach § 9 BImSchG umgestellt werden könnte. Da der Bauvorbescheid nach der ThürBO (wie auch nach anderen Landesbauordnungen) einen vorweggenommenen Teil der Baugenehmigung darstellt (vgl. dazu § 73 ThürBO), steht einer entsprechenden Anwendung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG nichts entgegen (für eine Anwendbarkeit der Übergangsregelung etwa auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.01.2006 - 8 A 11271/05 -, NVwZ 2006, 844; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2006 - 3 S 914/05 -, DÖV 2006, 788 = BauR 2006, 2024)."

Daran ist festzuhalten.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Vorbescheids für die beiden Windkraftanlagen. Ihrem Vorhaben stehen keine in diesem Vorbescheidsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen, denn sie sind (bei Ausklammerung der Belange der Luftfahrt) bauplanungsrechtlich zulässig (vgl. §§ 73, 70 Abs. 1 ThürBO).

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens, die sich die Klägerin durch den begehrten Vorbescheid bescheinigen lassen will, beurteilt sich nach den Vorschriften des BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 21.12.2006 - BGBl. I S. 3316). Bei den geplanten Windkraftanlagen handelt es sich um nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (= § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB a. F.) privilegiert im Außenbereich zulässige Vorhaben, denen aber nach § 35 Abs. 1 BauGB keine öffentlichen Belange entgegenstehen dürfen. Dies ist hier nicht der Fall. Zunächst führen die beiden Windkraftanlagen zu keiner Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes oder einer Verunstaltung des Landschaftsbildes sowie einer Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Ihnen stehen ferner keine sonstigen der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausdrücklich benannten Belange entgegen (dazu unter 1.). Die Windkraftanlagen widersprechen als raumbedeutsame Vorhaben auch nicht den Zielen der Raumordnung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB (2.). Ihnen stehen auch nicht nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB deshalb öffentliche Belange entgegen, weil hierfür als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (3.). Schließlich können dem Vorhaben der Klägerin auch nicht schon die Ziele des in Aufstellung befindlichen Regionalplans Ostthüringen entgegengehalten werden (4.).

1. Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB liegt nur dann vor, wenn das jeweilige Vorhaben dem Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 - 4 B 7.03 - juris Rdn. 5; Senatsurteil vom 14.05.2007 - 1 KO 1054/03 -, ThürVBl. 2008, 18 = juris Rdn. 45 m. w. N.). Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber im Außenbereich privilegiert zulässigen Vorhaben, also etwa Windkraftanlagen. Im Hinblick auf das stärkere Durchsetzungsvermögen privilegierter Vorhaben gegenüber den von ihnen berührten öffentlichen Belangen ist eine Verunstaltung des Landschaftsbildes durch ein privilegiertes Vorhaben allerdings nur ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt. Dies lässt sich hier nicht feststellen, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur "Vorbelastung" des Landschaftsbildes durch die auf dem Gebiet der Gemeinde Kayna in Sachsen-Anhalt errichteten Windkraftanlagen zu folgen ist. Für eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder ihres Erholungswerts ist ebenfalls nichts ersichtlich. Sie ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass die Beigeladene zu 1. die Fläche, auf der die Anlagen errichtet werden sollen, nach Beendigung des Kiesabbaus als Erholungsgebiet nachnutzen möchte.

Auch für eine Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes liegen keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Zwar heißt es im Ausgangsbescheid vom 14.11.2003, eine Beeinträchtigung des ca. 600 m von den Anlagen entfernten sog. Eremit-Lebensraums Gerstenbachgrund durch ungünstige Einwirkungen der Windkraftanlage sei nicht auszuschließen. Diese Aussage ist aber zu wenig konkret, um daraus etwas herleiten zu können. Das Verwaltungsgericht hat hierzu in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass eine Beeinträchtigung dieses Bachlaufs wegen der großen Entfernung nicht zu besorgen ist; der Vertreter des öffentlichen Interesses ist dem im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten.

Mit der Frage, ob die beiden Windkraftanlagen die Funktionsfähigkeit der ca. 10,5 km nordwestlich des Standorts gelegenen Radaranlage stören und ihnen deshalb öffentliche Belange entgegenstehen, hat sich das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht auseinandergesetzt. Die Frage ist trotz der Ausklammerung der Belange der Luftfahrt aus dem Verfahren noch zu prüfen, denn die Funktionsfähigkeit von Radaranlagen darf auch dann nicht gestört werden, wenn und soweit diese nicht der Luftsicherheit dienen (vgl. die ausdrückliche Nennung dieses Belangs in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB). Sie ist nach der im Klageverfahren vorgenommenen Änderung des Vorhabens zu verneinen. Wie sich aus der Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Ost vom 03.01.2005 ergibt, ist wegen der Vergrößerung des Abstands zwischen den beiden Windkraftanlagen auf ca. 650 m keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage Gleina mehr zu befürchten.

Dafür, dass den Windenergieanlagen sonstige in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausdrücklich aufgeführte Belange entgegenstehen, ist nichts ersichtlich. Insbesondere liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen. Die nordöstlich von Naundorf bzw. nordwestlich von Kraasa geplanten Anlagen befinden sich jeweils so weit von der Ortslage entfernt, dass weder mit unzumutbaren Lärmimmissionen noch mit sonstigen nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen zu rechnen ist (vgl. dazu auch den von der Klägerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 17.12.2004 zur Akte gereichten Übersichtsplan).

2. Die geplanten Anlagen sind darüber hinaus gem. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB auch an den Zielen der Raumordnung zu messen, da sie als raumbedeutsames Vorhaben anzusehen sind (a). Sie widersprechen diesen Zielen nicht (b).

a) "Raumbedeutsam" sind Planungen und Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebiets beeinflusst wird (vgl. § 3 Nr. 6 ROG). Um als raumbedeutsam angesehen zu werden, muss eine bauliche Anlage jedenfalls eine über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehende Wirkung haben. Ob bereits eine oder zwei Windenergieanlagen in diesem Sinne raumbedeutsam sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Raumbedeutsamkeit einer Einzelanlage kann sich insbesondere aus ihren Dimensionen (Höhe, Rotordurchmesser), aus ihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf bestimmte Ziele der Raumordnung (etwa Schutz von Natur und Landschaft) ergeben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 = BRS 66 Nr. 10 = NVwZ 2003, 738 = juris Rdn. 13). Nach diesen Maßstäben sind die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als raumbedeutsam anzusehen. Es handelt sich bei ihnen mit einer Nabenhöhe von jeweils gut 98 m und einem Rotorradius von 35 m um relativ große Anlagen, die die umliegende Landschaft erheblich beeinflussen würden, da sie weithin sichtbar wären. Dies hat sich bei dem an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlungstermin des Senats am 10.10.2007 bestätigt.

b) Das Vorhaben der Klägerin widerspricht nicht deshalb den Zielen der Raumordnung, weil die Anlagenstandorte sich in einem im Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen ausgewiesenen Vorranggebiet "Rohstoffsicherung und -gewinnung" Kies/Kiessand (KIS 7 Kayna-S ) befinden (vgl. Ziff. 8.2.1 des Regionalen Raumordnungsplans mit Karte "Raumnutzung/Landschaftsrahmenplan"). In den entsprechenden Vorranggebieten sollen nach Ziff. 8.2. des Regionalen Raumordnungsplans die Belange der Rohstoffsicherung und -gewinnung Vorrang vor anderen raumbedeutsamen Nutzungen haben. Es sind nur solche Nutzungen möglich, die der Sicherung und der Gewinnung der Rohstoffe nicht entgegenstehen oder diese nicht wesentlich beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung der Rohstoffsicherung und -gewinnung ist hier aber bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Anlagenstandorte sich auf ausgekiestem Gelände befinden, das auch bereits aufgefüllt und rekultiviert worden ist. Hierauf wird im Übrigen schon in der Begründung zu Ziff. 8.2. des Regionalen Raumordnungsplans Ostthüringen hingewiesen.

Allerdings unterliegt die Fläche nach wie vor der Bergaufsicht, die gem. § 69 Abs. 2 BBergG erst nach der Durchführung des Abschlussbetriebsplans oder entsprechender Anordnungen der Behörde endet, wenn die in der Bestimmung genannten weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Das zuständige Landesbergamt hat in seiner Stellungnahme vom 20.08.2003 erklärt, Voraussetzung für die Errichtung der geplanten Anlagen sei neben der Zustimmung des Inhabers der Bewilligung die Konkretisierung der im Rahmenbetriebsplan vorgesehenen Nachnutzung für diese Fläche. Die noch ausstehende Konkretisierung der Nachnutzung rechtfertigt aber nicht die Feststellung, die Windkraftanlagen beeinträchtigten die Sicherung und Gewinnung von Rohstoffen. Sie stehen allenfalls in Konflikt mit einer möglicherweise in Aussicht genommenen Erholungsnutzung des fraglichen Geländes. Diese mögliche "Nachnutzung" ist aber (noch) nicht als Ziel der Raumordnung festgeschrieben worden.

Dass der Regionale Raumordnungsplan Vorranggebiete an anderer Stelle für Windenergie ausweist und außerhalb dieser Gebiete Windkraftanlagen ausgeschlossen sein sollen, begründet für Windkraftanlagen außerhalb entsprechender Vorranggebiete keinen Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB, sondern vermag nur den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu eröffnen (vgl. hierzu auch die Begründung zu Ziff. 10.2.4.6 bis 10.2.4.8 des Regionalen Raumordnungsplans, die sprachlich an § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. [= Satz 3 BauGB i. d. F. vom 23.09.2004] anzuknüpfen scheint).

3. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen einem (raumbedeutsamen) Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 2 bis 6 in der Regel auch dann öffentliche Belange entgegen, soweit als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Auch diese Bestimmung hat hier jedoch nicht die Unzulässigkeit des Vorhabens der Klägerin zur Folge. Zwar kann dem Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen noch mit hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, dass der Plangeber Windenergieanlagen im Planungsraum in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten konzentrieren und damit an anderer Stelle grundsätzlich ausschließen wollte (a). Der Plangeber konnte dieses Ziel nach dem für die Erstellung des Plans maßgeblichen Recht auch mit der Ausweisung von Vorranggebieten erreichen (b). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann der Klägerin auch keine Ausnahme nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gewährt werden (c). Die planerische Ausweisung von Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie steht der Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb solcher Gebiete aber deshalb nicht entgegen, weil sie unwirksam ist (d).

a) Bei der Frage, ob die windenergiebezogenen Ausweisungen des Regionalen Raumordnungsplans als Ziele der Raumordnung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu qualifizieren sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 = BRS 66 Nr. 10 = NVwZ 2003, 738 = juris Rdn. 14), der der Senat folgt, von folgenden Grundsätzen auszugehen: § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt die Errichtung von (u. a.) Windkraftanlagen unter einen Planungsvorbehalt, der sich auch an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere der Regionalplanung, richtet. Der Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss von Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bauantragsteller mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der Regel unzulässig sind.

Der vorliegende Regionale Raumordnungsplan weist in Ziff. 10.2.4.7 für die Planungsregion Ostthüringen eine Reihe von Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie aus, in denen die Belange der Windenergienutzung Vorrang vor anderen raumbedeutsamen Nutzungen haben sollen (vgl. heute auch die Legaldefinition in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG). Daneben enthält er in Ziff. 10.2.4.8 Vorbehaltsgebiete, in denen den Belangen der Windenergiegewinnung bei der Abwägung mit anderen Nutzungsansprüchen ein besonderes Gewicht beigemessen werden soll (vgl. heute die Legaldefinition in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG). Die umschriebene "gebietsinterne" Wirkung der Ausweisung entsprechender Flächen im Plangebiet hat für sich betrachtet noch nicht den geforderten Ausschluss derartiger Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet zur Folge. Dieser ergibt sich aus der in Ziff. 10.2.4.6 des Regionalen Raumordnungsplans getroffenen Regelung, wonach die Errichtung von Anlagen zur Windenergienutzung in den ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten erfolgen soll. Durch diese Formulierung wollte der Plangeber deutlich machen, dass er (raumbedeutsame) Windenergieanlagen in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten konzentrieren möchte, sie also außerhalb dieser Gebiete in der Regel unzulässig sein sollen. Er ist bei diesen Gebietsumschreibungen begrifflich und inhaltlich den Vorgaben in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 ROG gefolgt und hat der Sache nach zugleich von der dort in Satz 2 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen wollen, Vorranggebiete mit einer gebietsexternen Ausschlusswirkung zu verbinden, von der nur die Vorbehaltsgebiete ausgenommen werden.

Bestätigt wird ein entsprechender Regelungswille des Plangebers durch die Begründung zu Ziff. 10.2.4.6 bis 10.2.4.8 des Regionalen Raumordnungsplans. Danach soll durch die Ausweisung von Vorranggebieten eine "raumordnerisch angestrebte Konzentration" erreicht und mit der Ausweisung von Vorbehaltsgebieten langfristig ein ausreichendes Flächenpotential für die Windenergiegewinnung gesichert werden. In den übrigen Gebieten der Region Ostthüringen sollen raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung nach dem Willen des Plangebers "in der Regel ausgeschlossen bzw. Restriktionen unterworfen" sein. Sodann werden noch einmal ausdrücklich einzelne "regionalplanerische Ausschlussbereiche für Windkraftanlagen" und entsprechende "Restriktionsbereiche" aufgeführt, bei denen eine bestimmte "Pufferzone" eingehalten werden oder eine "Abstimmung" erforderlich sein soll. Soweit die erwähnten Formulierungen Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Plangeber (raumbedeutsame) Windenergieanlagen außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten in der Regel ausschließen und nicht nur "Restriktionen" unterwerfen wollte, werden sie durch die weitere Begründung ausgeräumt. Dort heißt es, als begründete Ausnahmefälle zur Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten seien ausschließlich zulässig die Ergänzung eines bereits vorhandenen Standortes, der standortgebundene und objektgebundene Eigenbedarf sowie Anlagen, die der Wissenschaft und Forschung dienten. Unabhängig davon, ob die abschließende Regelung der möglichen Ausnahmefälle zulässig ist, lässt sie jedenfalls erkennen, dass der Plangeber raumbedeutsame Windenergieanlagen in dafür eigens vorgesehenen Gebieten konzentrieren und an anderer Stelle grundsätzlich ausschließen wollte.

b) Der Plangeber konnte sein Ziel, Windenergieanlagen an bestimmten Standorten zu konzentrieren und im übrigen Planungsraum grundsätzlich auszuschließen, nach damaligem Recht auch mit der schlichten Ausweisung von Vorranggebieten erreichen.

Allerdings unterscheidet die erwähnte rahmenrechtliche Regelung des § 7 Abs. 4 ROG zwischen Vorranggebieten und sog. Eignungsgebieten, denen (anders als Vorranggebieten) eine entsprechende Ausschlusswirkung zukommen soll (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG kann vorgesehen werden, dass Vorranggebiete für raumbedeutsame Nutzungen zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten für raumbedeutsame Maßnahmen haben können. Die genannte Regelung wurde aber erst durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 geschaffen und war auf den vorliegenden Plan nach der Überleitungsvorschrift des § 23 Abs. 1 ROG noch nicht anzuwenden. Die rahmenrechtlichen Vorgaben des § 7 Abs. 4 ROG bedürfen, wie § 6 ROG verdeutlicht, zudem einer Umsetzung durch landesrechtliche Regelungen (vgl. dazu etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.2.2003 - 1 A 11406/01 -, NVwZ-RR 2003, 619 = NuR 2003, 558; die Notwendigkeit einer landesrechtlichen Umsetzung voraussetzend auch BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 -, a. a. O., juris Rdn. 18). Eine Umsetzung der rahmenrechtlichen Vorgaben in das Landesrecht, für die den Landesgesetzgebern durch § 22 ROG eine Frist von 4 Jahren eingeräumt wurde, war hier zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Regionalen Raumordnungsplan am 06.11.1998 noch nicht erfolgt; zudem hat der Planungsgeber zwar an der Regelung des § 7 Abs. 4 ROG orientiert, die darin neu geschaffene Gebietskategorie des Eignungsgebiets aber noch nicht in den Plan aufgenommen.

Dennoch war der Plangeber hier befugt, im Regionalen Raumordnungsplan bei der Festlegung von Vorranggebieten für Windenergie zugleich zu bestimmen, dass diesen grundsätzlich die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gemeinte Konzentrationswirkung zukommen soll. Ermächtigungsgrundlage des Plans ist das Thüringer Landesplanungsgesetz (ThLPlG) vom 17.07.1991 (GVBl. S. 210), das keine dem § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG vergleichbare Regelung enthält. Eine spezielle landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage ist aber nicht erforderlich, wenn sich aus dem übrigen Landesplanungsrecht hinreichend bestimmt ableiten lässt, dass der Landesgesetzgeber auch Konzentrationsentscheidungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hat zulassen wollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 -a. a. O.). So liegt der Fall hier.

Aufgabe des regionalen Raumordnungsplanes ist es nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ThLPlG, für die Planungsregion und ihre Strukturräume die anzustrebende räumliche Ordnung und Entwicklung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung festzulegen; § 9 Abs. 1 ThLPlG enthält die ausdrückliche Ermächtigung des Trägers der Regionalplanung, Ziele der Raumordnung und Landesplanung darzustellen. Mit diesen Zielen darf nach § 1 Abs. 1 ThLPlG zulässigerweise der Zweck verfolgt werden, erwünschte Entwicklungen im Planungsraum zu ermöglichen und unerwünschte zu verhindern. Aus diesen Vorschriften lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ableiten, dass der Landesgesetzgeber Konzentrationsentscheidungen auch im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hat zulassen wollen. Derartige Entscheidungen entsprechen dem Zweck des § 1 Abs. 1 ThLPlG, denn sie bringen den Willen des Planungsträgers zum Ausdruck, dass eine Verbreitung raumbedeutsamer Vorhaben im gesamten Planungsraum unerwünscht ist. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. Diese Bedeutung mag sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm auswirken, hat aber mit der Frage der hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage nichts zu tun (vgl. zum Vorstehenden bereits Senatsurteil vom 28.06.2006 - 1 KO 564/01 -, BRS 70 Nr. 34 = ThürVBl. 2007, 19 = ThürVGRspr. 2007, 178 = juris Rdn. 41).

c) Die Klägerin kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch keine Ausnahme von der nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB regelmäßig eintretenden Ausschlusswirkung beanspruchen.

Allerdings steht der Erteilung einer Ausnahme nicht entgegen, dass nach dem Willen des Plangebers, wie er in der Begründung zum Regionalen Raumordnungsplan zum Ausdruck kommt, raumbedeutsame Windkraftanlagen außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten nur dann als begründete Ausnahmen zulässig sein sollen, wenn es um die Ergänzung eines bereits vorhandenen Standortes, um standortgebundenen und objektgebundenen Eigenbedarf oder um der Wissenschaft und Forschung dienende Anlagen geht (vgl. Begründung zu Ziff. 10.2.4.6 bis 10.2.4.8 des Regionalen Raumordnungsplans Ostthüringen). Eine derartige Beschränkung der Ausnahmefälle ist - wie die Klägerin zu Recht einwendet - nicht möglich. Die Auffassung des Plangebers ist zudem schon deshalb nicht bindend, weil die Begründung nicht Gegenstand der Verbindlicherklärung des Regionalen Raumordnungsplans nach § 13 Abs. 6 ThLPlG ist.

Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme ist das private Interesse an der Errichtung einer Windkraftanlage den öffentlichen Belangen an der Nutzungskonzentration unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten im Wege einer nachvollziehenden Abwägung gegenüber zu stellen. Der zur Genehmigung gestellte Standort darf das gesamträumliche Planungskonzept des jeweiligen Planungsträgers (hier der Planungsgemeinschaft Ostthüringen) nicht in Frage stellen; es muss sich um eine vom Plangeber so nicht vorgesehene (atypische) Fallkonstellation handeln (so etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = BRS 65 Nr. 95 = NVwZ 2003, 733 = juris Rdn. 48; Urteil vom 26.04.2007 - 4 CN 3.06 -, NVwZ 2007, 1081 = BauR 2007, 1536 = juris Rdn. 17).

Das Verwaltungsgericht hat (unter Bezugnahme auf das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2002) einen atypischen Fall hier darin gesehen, dass sich der Standort der beiden Windenergieanlagen in unmittelbarer Nähe des Kies- und Sandtagebaus S befindet und außerdem auf dem Gebiet der nahegelegenen Gemeinde Kayna (Sachsen-Anhalt) bereits zwei Windkraftanlagen errichtet worden sind. Dem folgt der Senat nicht.

Die Beigeladene zu 2. hat durch die Ausweisung von Vorranggebieten im Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen ausweislich der Begründung zu Ziff. 10.2.4.6 bis 10.2.4.8 eine raumordnerisch angestrebte Konzentration erreichen wollen, um den Naturhaushalt und das Landschaftsbild nicht unnötig zu beeinträchtigen. Darüber hinaus hat sie sich bei der Auswahl der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergie von der Vorstellung leiten lassen, dass Windkraftanlagen in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Rohstoffsicherung/Rohstoffgewinnung grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen. Ausweislich der Begründung zu Ziff. 8.2 des Plans sind alle mit Bergrecht belegten Flächen bewusst als Vorranggebiete Rohstoffsicherung und -gewinnung ausgewiesen worden. Dies gilt auch für das Vorranggebiete KIS 7, dessen südlicher Teil, in dem sich die Anlagenstandorte befinden, ausweislich der Planbegründung bereits damals ausgekiest und wieder nutzbar gemacht worden war. Die Beigeladene zu 2. hat somit bewusst davon abgesehen, in den nicht mehr für die Rohstoffgewinnung benötigten Teilen der Vorranggebiete für Rohstoffsicherung/Rohstoffgewinnung Windkraftanlagen zuzulassen, obwohl sie typischerweise durch den in der Nähe betriebenen Bergbau "vorbelastet" sind. Diese planerische Konzeption würde in Frage gestellt, wollte man in diesen Fällen im Hinblick auf die Vorbelastung des Landschaftsbildes Windkraftanlagen im Ausnahmewege zulassen.

Der Umstand, dass in der Nähe der Anlagenstandorte bereits zwei Windkraftanlagen vorhanden sind, rechtfertigt ebenfalls nicht die Erteilung einer Ausnahme. Bei der Frage, ob eine atypische Fallkonstellation vorliegt, kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht allein auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort abgestellt werden. Das gesamträumliche Planungskonzept der Beigeladenen zu 2. würde auch dann in Frage gestellt, wenn die in einer benachbarten Planungsregion errichteten Windenergieanlagen dazu führen würden, dass in seiner eigenen Planungsregion Windkraftanlagen außerhalb von Vorrang- oder Vorbehaltsgebieten zu genehmigen wären.

Das vom Verwaltungsgericht für seine Auffassung angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2002 (4 C 15.01, a. a. O.) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in der zitierten Entscheidung betont, dass es sich bei der Interessenbewertung zugunsten des Antragstellers (im Vorbescheidsverfahren) auswirken könne, wenn in der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine zulässigerweise errichtete Windenergieanlage vorhanden oder aufgrund topographischer oder sonstiger Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraumes nicht zu besorgen sei (Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, in juris Rdn. 49). Die Ausführungen in der zitierten Entscheidung bezogen sich aber auf einen gemeindlichen Flächennutzungsplan, in dem die Gemeinde bei der Darstellung von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen u. a. den Bereich des vom dortigen Kläger gewünschten Anlagenstandortes wegen seiner Lage in einem Landschaftsschutzgebiet nicht berücksichtigt hatte. Hat der jeweilige Planungsträger bestimmte Landschaftsteile (nur) wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit bei der Ausweisung von Konzentrationszonen unberücksichtigt gelassen, kann eine Abweichung gerechtfertigt sein, wenn im Einzelfall eine Beeinträchtigung der als schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraumes nicht zu befürchten ist. So liegt der Fall hier aber aus den dargelegten Gründen nicht.

d) Die planerische Ausweisung von Vorranggebieten zur Nutzung der Windenergie steht dem Vorhaben der Klägerin aber deshalb nicht entgegen, weil sie unwirksam ist. Das von der Beigeladenen zu 2. verfolgte Planungskonzept genügt nicht den rechtlichen Anforderungen an eine Konzentrationsplanung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windkraftanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet festgeschrieben wird. Die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedingen einander. Der Ausschluss von Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots genügt. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken (vgl. schon Senatsurteil vom 28.06.2006 - 1 KO 654/01 -, BRS 70 Nr. 34 = ThürVBl. 2007, 19 = ThürVGRspr. 2007, 178 = juris Rdn. 44; grundlegend - für den Flächennutzungsplan - BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = BRS 65 Nr. 95 = NVwZ 2003, 733; vgl. auch - für die Regionalplanung - BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 = BRS 66 Nr. 10 = NVwZ 2003, 738 = juris Rdn. 14 ff.). Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderpflicht bestmöglich Rechnung zu tragen habe, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) Verhinderungsplanung ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 3.02 -, BRS 66 Nr. 11 = NVwZ 2003, 1261 = juris Rdn. 20).

Für die Abwägung gelten ähnliche Maßstäbe wie für die Abwägung in der Bauleitplanung oder Fachplanung, d. h. es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten sowie gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob der Plansatz strikte Bindungswirkung hat oder ob er eine rahmenrechtliche Bindung entfaltet mit der Folge, dass bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind; eine strikte Bindung besteht insbesondere hinsichtlich der Negativwirkung von Raumordnungszielen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Bei einer abschließend konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung nähern sich die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst den Anforderungen an die Abwägung bei der Fachplanung an (vgl. schon Senatsurteil vom 28.06.2006 - 1 KO 564/01 -, juris Rdn. 48 m. w. N.). Die Abwägung muss sich auch auf die mit der positiven Standortfestlegung verbundene Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen beziehen; hierbei sind die Belange der von der Ausschlusswirkung Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.02.2003 -1 A 11406/01 -, NVwZ-RR 2003, 619 - insb. Leitsatz 3). Nach diesen Maßstäben leidet die Festsetzung der Vorranggebiete an einem offensichtlichen Fehler im Abwägungsvorgang, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist; sie ist daher unwirksam (vgl. dazu heute die ausdrückliche Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 ThürLPlG vom 15.05.2007 - GVBl. S. 45).

Allerdings hat die Beigeladene zu 2. die geforderte Abwägung vorgenommen und sich hierbei grundsätzlich auch an nachvollziehbaren und sachgerechten Kriterien orientiert. Sie hat sich dabei aber offensichtlich von der unzutreffenden Vorstellung leiten lassen, der Windenergie (auch) bereits durch die Ausweisung von Vorbehaltsgebieten in substantieller Weise Raum zu schaffen. Darüber hinaus hat sie sich teilweise zu Unrecht allein nach den Wünschen der betroffenen Gemeinden gerichtet und diesen entgegenstehende Belange unbeachtet gelassen. Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes:

Grundlage der planerischen Überlegungen der Beigeladenen zu 2. war - wie in den anderen drei Planungsregionen des Freistaats Thüringen - ein Gutachten des Planungsbüros D . Dessen "Standortgutachten für Windenergieparks in Ostthüringen" vom Januar 1996 hatte bei der Ermittlung geeigneter Windenergieanlagenstandorte zwischen sog. Taburäumen, Restriktionsräumen und Gunsträumen unterschieden. Als "Gunsträume" wurden dabei die Flächen bezeichnet, die abzüglich der Tabu- und Restriktionsräume und der damals noch nicht bekannt gewesenen raumordnerischen Belange "aus landschaftsökologischer und raumordnerischer Sicht als Zielgebiet mit geringem Konfliktpotential für die Anlage von Windenergieparks eine hohe Eignung aufweisen" (Gutachten, S. 62). Diese nicht aus anderen Gründen für eine Windenergienutzung ausscheidenden sog. Gunsträume mit einer Leistungsdichte des Windes von mindestens 100 Watt/m² in 30 m über Grund machten nach den zusammenfassenden Feststellungen des Gutachtens ca. 4 % der Gesamtfläche des Planungsgebiets aus (vgl. Gutachten, S. 85); ausweislich der Tabelle 7 des Gutachtens (Gutachten, S. 53) beträgt der genaue Flächenanteil der Gunsträume 3,73 % der Gesamtfläche und der Flächenanteil der sog. Präferenzräume (d. h. der Gunsträume mit einer Leistungsdichte des Windes von mindestens 180 Watt/m²) 0,03 % der Gesamtfläche. Die Beigeladene zu 2. hat daraus in einem ersten Schritt die für eine Windenergienutzung besonders geeigneten Gebiete ausgewählt, die mindestens eine Leistungsdichte des Windes von 150 Watt/m² in 30 m über Grund aufweisen (vgl. Begründung zu Ziff. 10.2.4.5 bis 10.2.4.6 des Anhörungsentwurfs des Regionalen Raumordnungsplans, Normentstehungsvorgang S. 691). Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn der Plangeber ist nicht verpflichtet, alle für eine Windenergieanlagennutzung - noch - geeigneten Flächen näher zu betrachten, sondern kann sich von vornherein auf die Flächen beschränken, die dafür besonders geeignet erscheinen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bereits hierdurch die für die Windenergienutzung in Betracht zu ziehenden Flächen unverhältnismäßig verkleinert worden wären. Der ursprüngliche Anhörungsentwurf sah noch 16 Vorranggebiete für fünf und mehr Windkraftanlagen und daneben 13 Vorranggebiete für die Errichtung kleinerer Anlagengruppen bis max. 4 Anlagen vor.

Der von der Planungsversammlung am 28.05.1998 nach Abwägung der Anregungen, Bedenken und Hinweise aus der Anhörung beschlossene Offenlegungsentwurf enthielt demgegenüber nur noch 5 größere Vorranggebiete (für fünf und mehr Anlagen) und 4 kleinere Vorranggebiete (für bis zu vier Anlagen). Daneben waren jetzt noch 5 größere Vorbehaltsgebiete (für fünf und mehr Anlagen) und 8 kleinere Vorbehaltsgebiete (für bis zu 4 Anlagen) vorgesehen, bei denen es sich zum Teil um ursprünglich als Vorranggebiete vorgesehene Flächen handelte (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 3656 f.). Nach dem in der Planungsversammlung vom 06.11.1998 beschlossenen Regionalen Raumordnungsplan gibt es jetzt in der Planungsregion Ostthüringen 5 größere und 4 kleinere Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie (vgl. Ziff. 10.2.4.7 des Regionalen Raumordnungsplans). Nach der durch den Vertreter des öffentlichen Interesses im Verfahren 1 KO 1054/03 zur Akte gereichten und auch zur Akte des vorliegenden Verfahrens genommenen Übersicht sind dies insgesamt 0,1 % der Fläche der Planungsregion. Zwar sieht der Regionale Raumordnungsplan daneben noch 2 größere und 8 kleinere Vorbehaltsgebiete zur Nutzung der Windenergie vor (vgl. Ziff. 10.2.4.8 des Plans); diese haben jedoch bei der angesprochenen Bilanz zwischen Positiv- und Negativflächen außer Betracht zu bleiben. Sie können nicht als Positivausweisung gewertet werden, da § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB insoweit Erfordernisse der Raumordnung voraussetzt, die Zielcharakter besitzen. Nur so ist sichergestellt, dass sich die privilegierte Nutzung an dem ihr zugewiesenen Standort gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt. Vorbehaltsgebiete im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG, um die es sich bei den im vorliegenden Plan ohne ausdrückliche Bezugnahme auf diese Bestimmung ausgewiesenen Vorbehaltsgebieten zur Nutzung der Windenergie der Sache nach handelt (vgl. dazu schon oben unter a), bieten diese Gewähr nicht. Sie wirken nur als Gewichtungsvorgaben auf nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen ein und dürfen durch öffentliche oder private Belange von höherem Gewicht überwunden werden (vgl. zum Vorstehenden näher BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 = BRS 66 Nr. 10 = NVwZ 2003, 738 = juris Rdn. 43).

Entgegen der im Verhandlungstermin vom 19.03.2008 geäußerten Auffassung der Beigeladenen zu 2. ist hier nicht deshalb eine andere Beurteilung gerechtfertigt, weil sich in den Vorbehaltsgebieten vielfach bereits genehmigte Windenergieanlagen befinden. Für die Flächenbilanz kommt es nicht darauf an, welche Flächen im Einzelnen durch Windenergieanlagen genutzt werden, sondern ausschließlich darauf, inwieweit der Plangeber der Windenergie durch die Ausweisung von Vorranggebieten planerisch substantiell Raum gibt. Nur dadurch wird sichergestellt, dass sich die Windenergie an den betreffenden Standorten gegenüber konkurrierenden Nutzungen langfristig durchsetzen kann (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13.03.2003, a. a. O.), etwa wenn es um die Ersetzung vorhandener Altanlagen durch leistungsfähigere neuere Anlagen ("Repowering") geht.

Ob mit der Ausweisung von nur 0,1 % der Fläche des Planungsraums und damit auch nur eines kleinen Bruchteils der nach dem erwähnten Standortgutachten grundsätzlich als geeignet anzusehenden Flächen bereits die Grenze zur unzulässigen Verhinderungsplanung überschritten worden ist, kann dahinstehen (zu den Maßstäben vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = BRS 65 Nr. 95 = NVwZ 2003, 733 = juris Rdn. 29). Die Entscheidung der Beigeladenen zu 2., nur in sehr geringem Umfang Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie auszuweisen, ist jedenfalls deshalb zu beanstanden, weil sie Ergebnis einer teilweise fehlerhaften Abwägung ist.

Die vorgenommene Abwägung ist bereits deshalb fehlerhaft, weil sich die Beigeladene zu 2. dabei offensichtlich von der unzutreffenden Vorstellung hat leiten lassen, sie gebe der Windkraft auch durch die Ausweisung entsprechender Vorbehaltsgebiete substantiell Raum. So heißt es in der Begründung zu Ziff. 10.2.4.6 bis 10.2.4.8 des Regionalen Raumordnungsplans, mit den Zielen der Raumordnung 10.2.4.6 bis 10.2.4.8 werde dem Beschluss des Thüringer Landtags zur "Verstärkten Nutzung der Windenergie" vom 10.10.1996 entsprochen. Durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zur Nutzung der Windenergie werde ebenso dem raumordnerischen Grundsatz einer umweltverträglichen Energieversorgung, der Luftreinhaltung sowie des Klimaschutzes in der Region Ostthüringen Rechnung getragen. Als Grundlagen für die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten werden "die Ergebnisse des Standortgutachtens zur Windenergie für die Region", "die landespolitischen Orientierungen", ein Fachgutachten und "die Wirtschaftlichkeit der Standorte" genannt, ohne insoweit zwischen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zu differenzieren. Auch bei der Aussage, in den übrigen Gebieten der Planungsregion Ostthüringen seien raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung "in der Regel ausgeschlossen bzw. Restriktionen unterworfen", unterscheidet die Begründung nicht zwischen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten. Bestätigt wird die Annahme, dass die Beigeladene zu 2. bei der vorgenommenen Abwägung nicht hinreichend zwischen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten differenziert hat, durch ihr Vorbringen im Berufungsverfahren. In ihrer Stellungnahme vom 20.11.2007 heißt es, durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zur Nutzung der Windenergie habe der alternativen Energiegewinnung durch die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten ausreichend und substantiell Raum gegeben werden sollen. Dieser fehlerhafte Ansatz hatte zur Folge, dass im Ergebnis lediglich 8 Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie (mit insgesamt 544 ha), aber 10 Vorbehaltsgebiete mit fast der gleichen Gesamtfläche (503 ha) ausgewiesen worden sind (vgl. hierzu die erwähnte Übersicht aus dem Verfahren 1 KO 1054/03).

Unabhängig davon ist die Auswahl der entsprechenden Gebiete auch deshalb zu beanstanden, weil die Beigeladene zu 2. sich dabei teilweise zu Unrecht allein an den Wünschen der betroffenen Gemeinden orientiert hat. So ist die im Wesentlichen bereits aufgrund der Anhörung der betroffenen Gemeinden erfolgte Reduzierung der Zahl der Vorranggebiete und bzw. ihre "Herabstufung" zu Vorbehaltsgebieten offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Planungsversammlung nur solche Gebiete als Vorranggebiete ausweisen bzw. beibehalten wollte, bei denen die betroffene Gemeinde damit jedenfalls grundsätzlich einverstanden war. So werden in der Begründung des von der Planungsversammlung am 28.05.1998 gebilligten Abwägungsvorschlags die verbliebenen Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie aufgeführt. Sodann heißt es (Normentstehungsvorgang, S. 5203):

"Im Ergebnis der Anhörung können die o. g. Räume als Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie aus dem Anhörungsentwurf des Regionalen Raumordnungsplans bestätigt werden. Für diese Räume kann vom gemeindlichen Einvernehmen ausgegangen werden."

Soweit Gemeinden sich in der Anhörung gegen die Ausweisung einzelner Vorranggebiete gewandt hatten, hatte dies entweder die Streichung der betreffenden Gebiete oder die Ausweisung (nur noch) als Vorbehaltsgebiet zur Folge. Dies gilt etwa für die ursprünglich vorgesehenen Vorranggebiete Gefell, Stelzen und Eliasbrunn (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 5210, 5211). Lediglich bei dem ursprünglich vorgesehenen Vorranggebiet um Lehesten/Altengönna, das sich zum Teil im Gebiet der Stadt Jena befindet, hatte die Ablehnung durch die (auch) betroffene Gemeinde Lehesten nur eine Standort- und Namenskorrektur des jetzt als Vorranggebiet "Vierzehnheiligen/Krippendorf" bezeichneten Gebiets zur Folge. In der Begründung der Abwägungsentscheidung vom 28.05.1998 heißt es hierzu:

"Die Darstellung entspricht dem FNP der Stadt Jena. Die Nutzung der Windenergie an diesem Standort wird von der Stadt Jena ausdrücklich angestrebt."

Somit ist auch für die Ausweisung bzw. Beibehaltung dieses Vorranggebiets letztlich ausschlaggebend gewesen, dass sie jedenfalls von einer der betroffenen Gemeinden ausdrücklich gewünscht war.

Umgekehrt sind von Dritten als Vorranggebiete vorgeschlagene Standorte jedenfalls teilweise mit der Begründung abgelehnt worden, dass "keine Anträge der betroffenen Gemeinden" vorlägen. Dies gilt etwa für die vom B - L e. V. - vorgeschlagene Ergänzung der Vorranggebiete um von ihm als "traditionelle Standorte" bezeichnete Flächen in Hohenleuben, Niederböhmersdorf und Langenwolschendorf (vgl. zum Vorschlag Normentstehungsvorgang, S. 3212, zur Ablehnung Normentstehungsvorgang, S. 5214). Zwar wird die Ablehnung auch damit begründet, dass konkrete Angaben zu den Flächen fehlten. Die Beigeladene zu 2. hat hier aber schon deshalb, weil die betroffenen Gemeinden die Ausweisung entsprechender Vorranggebiete nicht anstrebten, davon abgesehen, den B - L e. V. - um eine Konkretisierung seiner Angaben zu bitten. Auch ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich hierbei um Flächen handelte, die die Beigeladene zu 2. auf der Grundlage des erwähnten Standortgutachtens des Planungsbüros D zu Recht von vornherein nicht in ihre Überlegungen einbezogen hatte.

Auch bei der abschließenden Abwägung in der Planungsversammlung vom 06.11.1998 hat die Beigeladene zu 2. sich maßgeblich an den Vorstellungen der betroffenen Gemeinden orientiert und gegenläufige Belange etwa von potentiellen Windenergiebetreibern unberücksichtigt gelassen.

Dies gilt etwa für das im Offenlegungsentwurf vorgesehene Vorbehaltsgebiet W 34 Eisenberg/Thiemendorf, gegen das sich die Stadt Eisenberg unter dem 23.07.1998 im Wesentlichen mit der Begründung gewandt hatte, es gebe dafür wegen der Beeinträchtigung der Silhouette der Stadt keine Akzeptanz, so dass sie das Gebiet in ihren Flächennutzungsplan nicht übernehmen werde. Diese Fläche ist dann im Plan nicht als Vorrang- oder Vorbehaltsgebiet dargestellt worden, ohne dass dies nachvollziehbar begründet worden wäre. Zwar finden sich in den Abwägungsunterlagen Hinweise darauf, dass die Planungsversammlung diese sowie weitere Einwände gegen dieses Vorbehaltsgebiet zur Kenntnis genommen hat; die Begründung für die Herausnahme der Flächen lässt aber keine sachgerechte Abwägung der raumordnerischen Belange erkennen. Dort heißt es nur, die Einwände würden "entsprechend kommunaler Bedürfnisse und Befindlichkeiten" anerkannt (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 5577). Damit ist die Planungsversammlung schlicht den gemeindlichen Einwänden gefolgt, ohne sich mit der im Abwägungsvorschlag erwähnten positiven Bewertung des Standorts durch die M GbR inhaltlich auseinanderzusetzen.

Die M GbR hatte in ihrer Stellungnahme vom Juli 1998 auf die von ihr dort geplante Errichtung mehrerer Windenergieanlagen hingewiesen, sich näher zu den aus ihrer Sicht günstigen Standortvoraussetzungen geäußert und die Ausweisung des Standorts als Vorranggebiet für Windenergie beantragt (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 4447 ff.).

Entsprechendes gilt etwa auch für die Streichung des im Offenlegungsentwurf noch vorgesehenen Vorbehaltsgebiets W 35 Gefell, OT Haidefeld. Während die Stadt Gefell sich noch unter dem 23.07.1998 ebenso wie die O ____ mbH für die Ausweisung eines Vorranggebiets in diesem Bereich ausgesprochen hatte (vgl. zu beiden Vorschlägen Normentstehungsvorgang, S. 4238 ff. und S. 4763 ff.), überreichte sie mit Kurzmitteilung vom 29.09.1998 einen Auszug aus der Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 24.09.1998, in der ihr Stadtrat beschlossen hatte, die bisher vorgesehenen Standorte für Windkraftanlagen aus dem Entwurf des Flächennutzungsplans herauszunehmen und keine Gebiete für die Windkraftnutzung auszuweisen (vgl. dazu die separate "Handakte Gefell"). In dem entsprechenden Abwägungsvorschlag, der der Entscheidung der Planungsversammlung vom 06.11.1998 zugrunde lag, wird zwar empfohlen, den Vorschlag nicht zu berücksichtigen. Damit ist aber offensichtlich nur der auf die Ausweisung eines Vorranggebiets zielende Vorschlag der O mbH gemeint, nicht der auf eine Streichung zielende Einwand der Stadt Gefell, dem gerade entsprochen worden ist. Zur Begründung heißt es in dem von der Planungsversammlung am 06.11.1998 gebilligten Entscheidungsvorschlag (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 5577):

"Die Gemeinde hat mehrmals ihre Position zur Nutzung der Windenergie verändert. Ausgehend vom Gemeindebeschluss zum FNP erfolgt die Streichung des Gebietes aus dem RROP."

Die Planungsversammlung hat hier somit schlicht den kurzfristigen Sinneswandel der Stadt Gefell nachvollzogen, ohne sich mit den gegenläufigen Interessen der O GmbH und den von ihr vorgetragenen Argumenten (insbesondere dem Hinweis auf die Eignung der Fläche, auf der bereits eine Anlage vorhanden sei) auch nur ansatzweise auseinander zu setzen.

Auch weitere Stellungnahmen potentieller Windenergieanlagenbetreiber sind in der Abwägung nicht oder nur unzureichend behandelt worden. Dies gilt etwa für die Bitte der M GbR vom Juli 1998, eine von ihr als Standort für Windkraftanlagen in Betracht gezogene Fläche nördlich von Rauschwitz im Regionalen Raumordnungsplan zu berücksichtigen (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 4453 ff.). Den vorliegenden Unterlagen ist nicht zu entnehmen, dass sich die Beigeladene zu 2. mit diesem Vorschlag in der Abwägung auseinandergesetzt hätte oder dass dieser Standort wegen fehlender Eignung zu Recht von vornherein nicht in Betracht gezogen worden wäre. Entsprechendes gilt auch für die von der M GbR eingereichte Stellungnahme der Fa. B vom Juli 1998, in der die Ausweisung eines Standortes für Windenergieanlagen südlich der Gemeinde Ponitz vorgeschlagen worden war (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 4459 ff.). Der betreffende Standort ist zwar im Regionalen Raumordnungsplan Ostthüringen (offenbar anstelle des im Offenlegungsentwurfs vorgesehenen Vorbehaltsgebiets W 42 im nahegelegenen Nitzschka) als Vorbehaltsgebiet W 42 in den Regionalen Raumordnungsplan aufgenommen worden. Den Abwägungsunterlagen lässt sich aber nicht entnehmen, aus welchen Gründen sich die Beigeladene zu 2. zur Ausweisung dieses Vorbehaltsgebiets entschlossen und davon abgesehen hat, die Fläche als Vorranggebiet auszuweisen.

Zwar hat sich die Beigeladene zu 2. insoweit nicht nach den gemeindlichen Wünschen gerichtet, als sie Vorschlägen einzelner Gemeinden zur Ausweisung von Vorrang- oder Vorbehaltsgebieten nicht gefolgt ist, wenn dem nach ihrer Auffassung überwiegende öffentliche Belange entgegenstanden; dies gilt etwa für das von der Gemeinde Unterwellenborn vorgeschlagene Vorbehaltsgebiet (vgl. Normentstehungsvorgang, S. 5507). Auch beruht die von Gemeinden gewünschte und von der Beigeladenen zu 2. vorgenommene Streichung ursprünglich vorgesehener Gebiete in einer Reihe von Fällen auf nachvollziehbaren Erwägungen; dies mag etwa für das bereits erwähnte Gebiet um Stelzen gelten, gegen das die Stadt Tanna eingewandt hatte, die Windenergienutzung stehe im Widerspruch zu einer vorgesehenen Nutzung als Kulturzentrum (vgl. zum Einwand Normentstehungsvorgang, S. 2435; zur Berücksichtigung in der Planungsversammlung vom 28.05.1998 Normentstehungsvorgang, S. 5210). Insgesamt ist die Abwägung zur Ausweisung der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergie aber auch dadurch gekennzeichnet, dass die Beigeladene zu 2. sich teilweise allein an den Wünschen der betroffenen Gemeinden orientiert und entgegenstehende Belange übergangen hat, ohne dass dafür nachvollziehbare sachliche Gründe erkennbar wären.

Dies ist abwägungsfehlerhaft. Zwar sind die gemeindlichen Belange bei der Aufstellung der Raumordnungspläne in der Abwägung zu berücksichtigen; das gilt insbesondere für die von der jeweiligen Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Planungen (vgl. dazu heute die ausdrückliche Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 ThürLPlG vom 15.05.2007). Dies darf aber nicht dazu führen, dass nach dem vom Vertreter des öffentlichen Interesses so genannten "Konsensprinzip" von vornherein im Wesentlichen nur solche Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergie ausgewiesen oder beibehalten werden, zu denen die betroffene Gemeinde ihr "Einvernehmen" erklärt hat. Die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Windenergie ist aus der übergeordneten Sicht der planenden Region vorzunehmen und darf sich nicht ausschlaggebend nach den Partikularinteressen der einzelnen Gemeinden richten, denn hierdurch würde das Rangverhältnis zwischen Regionalplanung und gemeindlicher Planung (vgl. dazu §§ 4 Abs. 1 ROG, 1 Abs. 4 BauGB) sozusagen "umgekehrt" (vgl. dazu etwa OVG Nds., Beschluss vom 20.12.2001 - 1 MA 3579/01 -, BRS 64 Nr. 102 = NVwZ-RR 2002, 332 = DVBl. 2002, 717 = juris Rdn. 5; vgl. ferner OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.02.2003 - 1 A 11406/01 -, NVwZ-RR 2003, 619 = juris Rdn. 105 ff.). Allein die fehlende gemeindliche Zustimmung oder ein fehlender "Antrag" der Standortgemeinde rechtfertigen es nicht, für die Windenergienutzung geeignete Standorte unberücksichtigt zu lassen oder Standortvorschläge Dritter ohne nähere Prüfung abzulehnen bzw. zu übergehen.

Dieser offensichtliche Fehler im Abwägungsvorgang ist ebenso wie die unzutreffende Gleichsetzung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Von einer Auswirkung auf das Abwägungsergebnis ist dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit eines Einflusses besteht, was etwa der Fall sein kann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonstiger erkennbarer oder nahe liegender Umstände ergibt, dass sich ohne den Fehler im Abwägungsvorgang ein anderes Ergebnis abgezeichnet hätte (BVerwG, Beschluss vom 29.1.1992 - 4 NB 22.90 -, BRS 54 Nr. 15 = NVwZ 1992, 662; vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 22 = BRS 38 Nr. 37 = NJW 1982, 591). Solche Umstände liegen hier vor. Hätte die Beigeladene zu 2. sich bei der Ausweisung der Vorranggebiete nicht ganz wesentlich an den Wünschen der jeweiligen Standortgemeinde orientiert, hätte sich zumindest hinsichtlich einzelner Gebiete ein anderes Ergebnis abgezeichnet. Dies gilt etwa für das Vorbehaltsgebiet W 35 Gefell (OT Haidfeld), bei dem die Ausweisung eines Vorranggebiets für Windenergie in Betracht gekommen wäre.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die damalige Entscheidung der Beigeladenen zu 2., im Raum Naundorf kein Vorranggebiet für Windenergie auszuweisen, möglicherweise für sich betrachtet nicht zu beanstanden ist. Die mit der Ausweisung von Vorranggebieten zur Nutzung von Windenergie verbundene Ausschlusswirkung kann von vornherein nur dann greifen, wenn ein wirksames gesamträumliches Planungskonzept vorliegt. Daran fehlt es hier.

4. Dem Vorhaben der Klägerin steht auch kein künftiges Planungsziel des in Aufstellung befindlichen neuen Regionalplans als unbenannter öffentlicher Belang entgegen (vgl. zu letzterem BVerwG, Urteil vom 27.01.2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364 = BRS 69 Nr. 107 = NVwZ 2005, 578). Ein in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung hat dann die Qualität eines öffentlichen Belangs, wenn es hinreichend konkretisiert und wenn zu erwarten ist, dass es sich zu einer verbindlichen, den Wirksamkeitsanforderungen genügenden Zielfestlegung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG verfestigt (vgl. Leitsatz 2 der zitierten Entscheidung). Davon kann hinsichtlich der im Entwurf des künftigen Regionalplans Ostthüringen vorgesehenen Ziele noch keine Rede sein. Die Planunterlagen zum Entwurf des Regionalplans Ostthüringen sind vom 27.08.2007 bis einschließlich 30.10.2007 öffentlich ausgelegt worden (vgl. die im Staatsanzeiger Nr. 33/2007 vom 13.08.2007, S. 1623 veröffentlichte Bekanntmachung). Erst auf der Grundlage der eingegangenen Stellungnahmen kann verbindlich entschieden werden, welche Ziele der Raumordnung in den Regionalplan aufgenommen werden sollen. Bezogen auf das im Entwurf vorgesehene Vorranggebiet "W-2 S " verweist die Beigeladene zu 2. selbst darauf, dass bereits jetzt ein "eminenter Abwägungsbedarf" für die weitere Bearbeitung des neuen Planentwurfs erkennbar sei. Dies besagt aber gerade, dass zurzeit noch keine Aussage dazu möglich ist, welche verbindlichen Zielfestlegungen der künftige Regionalplan enthalten wird.

5. Schließlich hat die Klägerin im Verhandlungstermin vom 19.03.2008 auch die von § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung geforderte Verpflichtungserklärung abgegeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Vertreter des öffentlichen Interesses nach § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 270.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 i. V. m. den §§ 47 und 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das danach für die Streitwertfestsetzung maßgebliche wirtschaftliche Interesse eines Klägers an der Erteilung einer Baugenehmigung für eine Windkraftanlage bemisst der Senat - anders in Ziff. 9.1.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgeschlagen - nicht mit 10 % der Herstellungskosten der Anlage, sondern in Anlehnung an die Rechtsprechung des OVG Lüneburg mit einem Betrag von 100 Euro je kW Nennleistung. Dieser auf den Nutzwert der Anlage für den Betroffenen abstellende Ansatz erfasst das wirtschaftliche Interesse an der Errichtung einer Windkraftanlage nach Auffassung des Senats besser als die Zugrundelegung eines Bruchteils der Baukosten und erübrigt zudem eine Ermittlung der konkreten Herstellungskosten in jedem Einzelfall (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.04.2001 - 1 LB 3571/01 -, BauR 2003, 1546). Von dem sich danach ergebenden Ausgangsbetrag von 180.000 Euro je Windkraftanlage mit einer Nennleistung von 1.800 kW sind für das vorliegende Verfahren, in dem über die Erteilung eines Vorbescheides für zwei Anlagen gestritten worden ist, 75 % anzusetzen. Der von der Klägerin begehrte Vorbescheid hätte zwar noch nicht die Errichtung der Windkraftanlagen erlaubt, aber die ganz wesentliche Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit (unter Ausklammerung der Belange der Luftfahrt) geklärt.

Die Befugnis zur Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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