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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: 1 KO 389/02
Rechtsgebiete: BNatSchG, VorlThürNatG, ThürStrG, ThürVO, VwGO


Vorschriften:

BNatSchG § 13 Abs 1 idFv 12.03.1987
BNatSchG § 29 Abs. 1 S 1 Nr. 3 idFv 12.03.1987
BNatSchG § 31 Abs. 1 idFv 12.03.1987
BNatSchG § 38 Abs. 1 Nr. 3 idFv 12.03.1987
BNatSchG § 23 Abs. 2 idFv 25.03.2002
BNatSchG § 60 Abs. 2 S 1 Nr. 5 idFv 25.03.2002
VorlThürNatG § 12 Abs. 2
VorlThürNatG § 45 Abs. 1 Nr. 6
VorlThürNatG § 46
ThürStrG § 38 Abs. 1
ThürVO-über-das-Naturschutzgebiet-"Röthengrund" § 2 Abs. 2 idFv 12.11.1996
ThürVO-über-das-Naturschutzgebiet-"Röthengrund" § 3 Abs. 1 idFv 12.11.1996
ThürVO-über-das-Naturschutzgebiet-"Röthengrund" § 4 Nr. 8 idFv 12.11.1996
ThürVG-über-das-Naturschutzgebiet-"Röthengrund" § 5 idFv 12.11.1996
VwGO § 42 Abs. 2
1. Ein anerkannter Naturschutzverband kann im Wege der allgemeinen Leistungsklage die Unterlassung von Straßenbaumaßnahmen verlangen, die unter Umgehung des dafür erforderlichen naturschutzrechtlichen Befreiungsverfahrens, an dem der Verband zu beteiligen wäre, durchgeführt werden sollen.

2. Ob eine Straßenbaumaßnahme zu einer im Naturschutzgebiet grundsätzlich unzulässigen "Veränderung" einer Straße im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Röthengrund" (und vergleichbarer naturschutzrechtlicher Verordnungen) führt, bestimmt sich danach, ob die mit ihr verbundene Änderung des physischen oder ästhetischen Erscheinungsbildes des Naturschutzgebietes das Ziel der Schutzgebietsausweisung gefährdet. Ob sie nach den einschlägigen straßenrechtlichen Vorschriften als planfeststellungspflichtige "Änderung" einer Straße oder als "Unterhaltungsmaßnahme" (im weiteren Sinne) einzustufen ist, ist unerheblich.

3. Die Versiegelung einer im Naturschutzgebiet gelegenen und zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung unversiegelten Straße stellt keine nach § 4 Nr. 8 der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Röthengrund" im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde zulässige Unterhaltungsmaßnahme, sondern eine grundsätzlich unzulässige Veränderung der Straße im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung dar.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 389/02

Verkündet am 30.07.2003

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Naturschutzrechts (hier: Berufung)

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Strauch, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Preetz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom

2. Juli 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 29. Januar 2001 - 5 K 869/97.Me - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen Baumaßnahmen an einer Straße im Bereich eines Naturschutzgebietes.

Die heutige Landesstraße Nr. 2657 (frühere Bezeichnung: LIIO 57) war im Bereich zwischen Mengersgereuth-Hämmern und Steinach zur Zeit der DDR längere Zeit für den Verkehr gesperrt und stellte sich hier Anfang der 90er Jahre ihrem äußeren Zustand nach als im Wesentlichen unbefestigter Feld- bzw. Waldweg dar. Nachdem im Bereich der Gemarkung Steinach bereits Bauarbeiten an dieser Straße durchgeführt worden waren, leitete das Thüringer Ministerium für Wirtschaft und Infrastruktur am 17.6.1994 auf Antrag des Straßenbauamtes Suhl ein Planfeststellungsverfahren betreffend den Ausbau der (damaligen) LIIO 57 zwischen Mengersgereuth-Hämmern und Steinach im Bereich der Gemarkung Mengersgereuth-Hämmern ein. Dabei war beabsichtigt, die Straße durchgehend auf 5,50 m zu verbreitern, den bisher bestehenden Trassenverlauf teilweise zu ändern sowie die Straße grundhaft auszubessern. Der Kläger wurde an dem Planfeststellungsverfahren beteiligt und teilte dem Thüringer Landesverwaltungsamt als Anhörungsbehörde mit Schreiben vom 19.9.1994 mit, dass der Ausbau seiner Ansicht nach nicht planfeststellungsfähig sei. Das Thüringer Landesverwaltungsamt nahm gegenüber dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft und Infrastruktur mit Schreiben vom 13.6.1995 zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens dahingehend Stellung, dass eine Feststellung des Plans nicht empfohlen werde. Daraufhin stellte das genannte Ministerium das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau der Straße LIIO57 mit Beschluss vom 27.2.1997 ein und verwies zur Begründung auf erhebliche Bedenken der Naturschutzbehörden und der oberen Landesplanungsbehörde und die daraufhin abgegebene Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes. Intensive Abstimmungsgespräche aller beteiligten Behörden - zuletzt anlässlich eines Ortstermins am 26.11.1996 - hätten ergeben, dass ein Kompromiss habe gefunden werden können, indem die Straße nicht ausgebaut, wohl aber grundinstandgesetzt werde.

Dieser Beschluss wurde dem Kläger nicht bekannt gegeben.

Am 2.6.1997 stellte der Kläger wegen begonnener Bauarbeiten beim Verwaltungsgericht Meiningen einen Eilantrag. Daraufhin erließ das Verwaltungsgericht am 4.6.1997 eine einstweilige Anordnung, durch die der Beklagte verpflichtet wurde, die Baumaßnahme an der LIIO 57 in der Gemarkung Mengersgereuth-Hämmern einzustellen. Mit Schreiben vom 9.6.1997 beantragte der Beklagte, den Beschluss vom 4.6.1997 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO analog abzuändern, hilfsweise dem Kläger aufzugeben, binnen einer vom Gericht festzusetzenden Frist Hauptsacheklage zu erheben. In der mündlichen Verhandlung vom 16.6.1997 stellte der Beklagte den Antrag auf Abänderung des Beschlusses nicht mehr. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 16.6.1997 wurde der Beschluss vom 4.6.1997 von Amts wegen aufgehoben. Der Beklagte wurde durch einstweilige Anordnung verpflichtet, die Baumaßnahmen an der LIIO 57 im Bereich des Naturschutzgebietes "Röthengrund" einzustellen. Dem Kläger wurde aufgegeben, bis zum 31.7.1997 Hauptsacheklage zu erheben. Der vom Beklagten gestellte Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16.6.1997 blieb erfolglos (vgl. Senatsbeschluss vom 3.3.1998 -1 ZEO919/97-). Die im Wesentlichen fertig gestellte Straße weist im Bereich des Naturschutzgebiets eine (inzwischen wieder schadhaft gewordene) bituminöse Tragschicht, nicht aber die ursprünglich vorgesehene Deckschicht auf.

Aufgrund eines mündlichen Antrags des Straßenbauamts Suhl vom 7.7.1997 hat das Thüringer Landesverwaltungsamt am 17.7.1997 sein Einvernehmen zu der "Grundinstandsetzung" der LIIO 57 im Bereich des Naturschutzgebiets "Röthengrund" u. a. mit der Auflage erteilt, dass auf die bituminöse Tragschicht ein Granitkleinpflaster aufgebracht wird.

Am 29.7.1997 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Meiningen Klage erhoben und beantragt,

1.das beklagte Land zu verpflichten, die Fortsetzung des Ausbaus der Landesstraße Nr. 2657 (ehemals: LIIO 57) in der Gemarkung Mengersgereuth-Hämmern im Bereich des Naturschutzgebietes "Röthengrund" zu unterlassen;

2. festzustellen, dass die vom beklagten Land in den Jahren 1997 bis 2001 bereits an der vorbezeichneten Landesstraße Nr. 2657 (ehemals: LIIO 57) im Bereich des Naturschutzgebietes "Röthengrund" vorgenommenen Straßenbaumaßnahmen, insbesondere das Aufbringen einer Bitumendecke, rechtswidrig sind;

3. das beklagte Land zu verpflichten, die am 9.8.1997 aufgebrachte Bitumendecke der LIIO 57 in der Gemarkung Mengersgereuth-Hämmern im Bereich des Naturschutzgebietes "Röthengrund" zu beseitigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Beschluss vom 29.1.2001 ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Ziff. 3 des Klageantrages abgetrennt und gesondert unter dem Aktenzeichen 5 K 136/01.Me fortgesetzt worden. Gleichzeitig ist dieses Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Verfahren ausgesetzt worden.

Das Verwaltungsgericht Meiningen hat den Beklagten durch Urteil vom 29.1.2001 "verpflichtet, die Fortsetzung des Ausbaus der Landesstraße Nr. 2657 in der Gemarkung Mengersgereuth-Hämmern im Bereich des Naturschutzgebietes 'Röthengrund' zu unterlassen"; zugleich hat es festgestellt, dass die vom Beklagten seit 1997 an der Landesstraße Nr. 2657 im genannten Bereich vorgenommenen Straßenbauarbeiten rechtswidrig sind. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei zulässig und begründet. Der Kläger sei hinsichtlich des unter Ziffer 1 gestellten Antrags klagebefugt. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich die Klagebefugnis bereits daraus ergebe, dass der Kläger durch die Vorgehensweise des Beklagten in seinem subjektiv eigenen Recht auf Beteiligung gemäß §45 ThürNatG verletzt sei, oder ob sie aus der Regelung über die Verbandsklage aus §46 ThürNatG herzuleiten sei. Nach § 46 Abs. 1 ThürNatG könne ein nach § 29 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz anerkannter Naturschutzverband Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erheben sowie einstweiligen Rechtsschutz beantragen, ohne die Verletzung eigener Rechte geltend zu machen. Diese Verbandsklage sei trotz des engen Wortlautes der Vorschrift nicht auf Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen beschränkt. Wenn das Gesetz den Naturschutzverbänden ein eigenes Recht auf Verfahrensbeteiligung einräume, könne eine Umgehung dieses Rechts nicht sanktionslos bleiben. Dies zeige auch der vorliegende Fall deutlich. Ein Vorgehen im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Einstellung des Planfeststellungsbeschlusses sei dem Kläger nicht möglich, da er durch den Einstellungsbeschluss mangels Beschwer nicht in seinen Rechten verletzt werde. Andererseits könne der Kläger auch nicht mittels einer Verpflichtungsklage bei Gericht beantragen, ein Planfeststellungsverfahren bzw. ein Befreiungsverfahren einzuleiten, denn diese Verfahren könnten nicht ohne Antrag des Aufgabenträgers von der Behörde selbst eingeleitet werden. Auch die Regelung des § 46 ThürNatG selbst spreche für diese Auslegung. Absatz 3 sehe vor, dass das Klage- und Antragsrecht nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass anstelle der in Abs. 1 und 2 genannten Verwaltungsakte zu Unrecht andere Verwaltungsakte erlassen worden seien, für die das Gesetz keine Mitwirkung der anerkannten Naturschutzverbände vorsehe. Auch hieraus ergebe sich, dass dies erst recht gelten müsse, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Vorhabenträger ein Verfahren wähle, bei dem er überhaupt keinen Verwaltungsakt erlasse, sondern ohne diesen und damit unter Umgehung des Beteiligungsrechtes des Klägers baue. Wie der Beklagte selbst einräume, sei die Baumaßnahme noch nicht abgeschlossen, so dass auch keine vollständige Erledigung der Hauptsache eingetreten sei.

Der Antrag in Ziffer 1 sei auch begründet. Es brauche nicht verbindlich entschieden zu werden, ob für die durchgeführte bzw. noch durchzuführende Baumaßnahme ein Planfeststellungsverfahren erforderlich sei, weil es sich dabei um die Änderung einer Landesstraße im Sinne des § 38 Abs. 1 Thüringer Straßengesetz handele, oder ob bei der Maßnahme "nur" eine Veränderung einer bestehenden Straße im Sinne des § 3 Abs. 1 Ziff. 3 der Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Röthengrund" vorliege, die im Naturschutzgebiet verboten sei, für die jedoch nach § 5 der Verordnung eine Befreiung erteilt werden könne, da in beiden Fällen eine vorherige Beteiligung des Klägers vorgesehen sei, die bisher unterblieben sei. Durch die Baumaßnahme werde eine bestehende Straße im Sinne des § 3 Abs. 1 Ziff. 3 der genannten Verordnung verändert bzw. sei bereits verändert worden. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich dabei keineswegs um eine bloße Unterhaltungsmaßnahme an einer bestehenden Straße im Sinne des § 4 Ziff. 8 der Verordnung, die von den Verboten des § 3 ausgenommen sei, wenn sie im Einvernehmen mit oder mit Zustimmung der oberen Naturschutzbehörde erfolge. Dabei sei insbesondere zu beachten, dass es sich bei den genannten Regelungen um Vorschriften handele, die zum Schutze eines Naturschutzgebietes erlassen worden seien, somit für ein Gebiet, für das der Verordnungsgeber aufgrund seiner Schutzwürdigkeit und seiner Schutzbedürftigkeit den höchstmöglichen Schutzstatus gewählt habe. Naturschutzgebiete unterlägen nach § 13 Abs. 2 BNatSchG sowie § 12 Abs. 2, 3 ThürNatG einem sog. absoluten Veränderungsverbot und böten daher den intensivsten Flächenschutz. Aus § 2 der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Röthengrund" ergebe sich, dass der Zweck dieses Naturschutzgebietes insbesondere darin liege, den Talraum als Lebensraum, Brut- und Nahrungsgebiet für vom Aussterben bedrohte, gefährdete und seltene Tierarten zu sichern bzw. diese Tiere vor unnötigen Störungen zu bewahren und dieses Gebiet als Standort zahlreicher gefährdeter und bedrohter Pflanzenarten zu sichern und sie vor nachhaltigen Veränderungen zu schützen. Vor diesem Hintergrund sei offensichtlich, dass der Verordnungsgeber bei der Einführung des Begriffs der reinen "Unterhaltungsmaßnahmen" nur kleinere Ausbesserungs- und Reparaturarbeiten an tatsächlich bestehenden Straßen, keinesfalls jedoch die Aufbringung einer wasserundurchlässigen Straßendecke auf einer allenfalls als geschotterter Waldweg oder unbefestigter Weg bzw. Feldweg anzusehenden "Straße" im Auge gehabt habe. Daraus ergebe sich auch, dass der Begriff der "Veränderung einer Straße" in einem Naturschutzgebiet anders auszulegen sei als der Begriff der "Änderung einer Straße" im Sinne des Straßengesetzes, der rein vor dem Hintergrund der Belange der Straßenbautechnik und der Verkehrserschließung zu sehen sei.

Der Antrag in Ziffer 2 sei als Feststellungsantrag zulässig. Bei der Frage, ob die vom Beklagten seit 1997 an der Landesstraße Nr. 2657 im Bereich des Naturschutzgebietes "Röthengrund" vorgenommenen Straßenbaumaßnahmen rechtswidrig seien, handele es sich um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung. Ein solches, nach vernünftigen Erwägungen anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sei bereits deshalb gegeben, weil eine konkrete Gefahr bestehe, dass sich ein solches Vorgehen des Beklagten wiederhole. Anhaltspunkte dafür bestünden bereits deshalb, weil der Beklagte, wie er selbst vortrage, auch nach dem Beschluss des Gerichts vom 16.6.1997 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren trotz des gerichtlichen Verbots weitergebaut habe. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergebe, sei der Antrag auch begründet. Da vorliegend eine bestehende Straße im Naturschutzgebiet Röthengrund verändert worden sei bzw. werde, diese Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Ziffer 3 der VO verboten sei und auch keine Befreiung von diesem Verbot gemäß § 5 der VO i. V. m. § 31 BNatSchG vorliege, vor der dem Kläger gemäß § 45 ThürNatG Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben sei, seien weitere Baumaßnahmen bzw. seien die bereits durchgeführten Baumaßnahmen an der streitgegenständlichen Landesstraße rechtswidrig. Ab dem Beschluss vom 16.6.1997 im Verfahren 5 E 585/97.Me ergebe sich das zusätzlich aus dem Verstoß gegen die einstweilige Anordnung.

Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 19.6.2002 die Berufung zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Beklagte im Wesentlichen aus:

Das verwaltungsgerichtliche Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft, weil die Klage als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen. Das Verwaltungsgericht habe eine Verbandsklage als zulässig angesehen, obwohl das Verbandsklagerecht nach dem eindeutigen Wortlaut des §46 Abs. 1 Nr. 1 ThürNatG auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen beschränkt sei. Für eine Erweiterung des Verbandsklagerechts über die in § 46 Abs. 1 Nr. 1 ThürNatG geregelten Fälle hinaus sei kein Raum; auch die Regelung des § 46 Abs. 3 ThürNatG setze das Vorliegen eines Verwaltungsaktes voraus. Die vom Verwaltungsgericht offen gelassene Frage der Klagebefugnis wegen einer Verletzung etwaiger Beteiligungsrechte nach § 45 Abs. 1 ThürNatG sei ebenfalls zu verneinen, da keiner der in dieser Bestimmung abschließend aufgeführten Tatbestände erfüllt sei. Insbesondere liege kein Fall des §45 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 6 ThürNatG vor.

Die Klage sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch unbegründet. Die streitgegenständliche Baumaßnahme sei als Unterhaltungsmaßnahme im Sinne des § 4 Nr. 8 der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Röthengrund" vom 12.11.1996 zu qualifizieren, die aufgrund des von der oberen Naturschutzbehörde erteilten Einvernehmens vom Verbot des §3 der Verordnung ausgenommen und damit rechtmäßig sei. Bei der Landesstraße Nr. 2657 handele es sich um eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße, die bereits lange vor dem Zweiten Weltkrieg existiert habe. Aufgrund ihrer Lage im Sperrgebiet der ehemaligen DDR sei die Straße 20 Jahre lang für den öffentlichen Verkehr gesperrt gewesen. Abnutzungserscheinungen, Witterungs- und Natureinflüsse hätten dazu geführt, dass die ursprünglich vorhandene Bitumenschicht sich teilweise aufgelöst habe. Dies habe die Freilegung der darunter liegenden Schotterschicht und das teilweise Wegbrechen der Fahrbahnränder zur Folge gehabt, so dass von der ursprünglich vorhandenen vollständig versiegelnden Straßenbefestigung in Form einer Teer-Splitt-Decke nur noch eine teilweise Versiegelung übrig geblieben sei. Mithin könne keinesfalls davon gesprochen werden, dass es sich hier um eine "unversiegelte Piste" handele, die im Jahre 1997 erstmals durch Aufbringen einer Bitumendecke versiegelt worden sei. Insbesondere hätten auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Luftbildaufnahmen nicht den Beweis erbringen können, dass die Straße nur geschottert gewesen sei. Das Verwaltungsgericht sei demgegenüber von einer erstmaligen Versiegelung der Landesstraße Nr. 2657 im Bereich des Naturschutzgebiets ausgegangen, ohne die zur Klärung dieser entscheidungserheblichen Frage erforderliche Beweisaufnahme durchzuführen.

Die streitgegenständliche Baumaßnahme sei notwendig, um die Funktionsfähigkeit der Landesstraße Nr. 2657 zu erhalten; insbesondere habe der alte abgenutzte Straßenbelag durch einen neuen ersetzt werden müssen. Hierzu sei er - der Beklagte - im Rahmen der bestehenden Verkehrssicherungspflicht und aufgrund seiner Aufgaben als Straßenbaulastträger verpflichtet.

Auch wenn der Zustand der Straße sich seit ihrem Bau verschlechtert habe, könne nicht von einer faktischen Entwidmung durch Renaturierung ausgegangen werden. Bei einer bestehenden und nach wie vor gewidmeten Straße entfalte die frühere Widmung aber Bestandsschutz auch für die Zukunft. Dem trage auch die Regelung des § 38 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG Rechnung. Eine förmliche Einziehung der Straße sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Eine Beteiligung des Klägers vor der Durchführung der Baumaßnahme sei nicht notwendig gewesen, da weder ein Planfeststellungsverfahren noch ein Befreiungsverfahren habe durchgeführt werden müssen. Von der ursprünglich geplanten Änderung der Straße in Form der Änderung der Linienführung habe der Vorhabenträger aufgrund der naturschutzfachlichen Bedenken abgesehen. Die Landesstraße Nr. 2657 solle nunmehr lediglich bestandsorientiert wiederhergestellt werden, indem ein abgenutzter Straßenbelag durch einen neuen, dem derzeitigen Stand der Technik entsprechenden Belag ersetzt werde. Diese Maßnahme bedürfe als Unterhaltungsmaßnahme nicht der Planfeststellung nach § 38 ThürStrG. Auch eine Befreiung nach § 5 der Verordnung sei nicht erforderlich, da es sich bei der Straßenbaumaßnahme nicht um eine Veränderung einer bestehenden Straße im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung, sondern um eine bloße Unterhaltungsmaßnahme im Sinne des § 4 Nr. 8 der Verordnung handele.

Auch sei der Begriff der Veränderung einer Straße im Sinne der Verordnung nicht anders auszulegen als der Begriff der Änderung einer Straße im Sinne des Thüringer Straßengesetzes; entsprechendes gelte für den Begriff der Unterhaltung. Selbst wenn man aber mit dem Verwaltungsgericht den Begriff der Veränderung einer Straße im Sinne der Verordnung anders auslege als den Begriff der Änderung einer Straße im Sinne des Thüringer Straßengesetzes, führe dies nicht dazu, dass hier nicht mehr von einer Unterhaltungsmaßnahme ausgegangen werden könne. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass der Rahmen für die in einem Naturschutzgebiet geltenden Verbote durch § 12 Abs. 2 ThürNatG vorgegeben werde. Das Verbot des § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung werde durch die Ausnahme des § 4 Nr. 8 der Verordnung beschränkt. Das Verbot erfasse zwar sämtliche Veränderungen von Straßen, greife jedoch nicht in jedem Fall ein, da dies von der Ermächtigungsgrundlage des § 12 Abs. 2 ThürNatG nicht gedeckt wäre. Die Ausnahme des § 4 Nr. 8 nehme daher bestimmte Handlungen, die durchaus auch Veränderungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung darstellten könnten, aus dem Anwendungsbereich des § 3 der Verordnung heraus. Daher komme es hier nicht auf die Auslegung der Begriffe "Änderung" bzw. "Veränderung" einer Straße an, sondern allein darauf, ob es sich bei der streitgegenständlichen Maßnahme um eine Unterhaltungsmaßnahme im Sinne des § 4 Nr. 8 der Verordnung handele. Für die Auslegung des im Naturschutzrecht nicht bekannten Begriffs der "Unterhaltung von Straßen" müssten andere Rechtsgebiete herangezogen werden. Im Sinne des Straßenrechts umfasse die Unterhaltung alle Tätigkeiten, die der Beseitigung der gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Abnutzung der Straße dienten. Die Landesstraße Nr. 2657 solle bestandsorientiert wiederhergestellt werden, so dass es sich hier um eine bloße Unterhaltungsmaßnahme handele. Der Verordnungsgeber habe mit dem Begriff "Unterhaltungsmaßnahme an bestehenden Straßen" keinesfalls nur kleinere Ausbesserungs- und Reparaturarbeiten gemeint. Auch das Thüringer Landesverwaltungsamt habe die Baumaßnahme in seinem Bescheid vom 17.7.1997 als Unterhaltungsmaßnahme eingestuft und den naturschutzrechtlichen Belangen durch Auflagen Rechnung getragen. Im Übrigen sei er - der Beklagte - nach § 10 Abs. 2 ThürStrG dazu verpflichtet, die hier streitgegenständliche Landesstraße so zu unterhalten, dass sie den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genüge; daneben sei er auch verkehrsicherungspflichtig. Durch die Verurteilung zum Unterlassen weiterer Baumaßnahmen an der streitgegenständlichen Straße sei er in einer Weise verpflichtet worden, die einen Verstoß gegen seine Verpflichtung aus §10 Abs. 2 ThürStrG und die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht zur Folge habe. Im Ergebnis führe das Urteil des Verwaltungsgerichts dazu, dass eine öffentliche Straße, für die ein Verkehrsbedürfnis bestehe, gesperrt werden müsse. Der Verordnungsgeber habe der oberen Naturschutzbehörde durch die Regelung des § 4 Nr. 8 lediglich die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen der anerkannten Regeln der Baukunst über die Art und Weise der Ausführung der Unterhaltungsmaßnahmen mit zu entscheiden. In § 4 Nr. 8 der Verordnung werde demnach nicht - wie bei der Befreiung von einem Verbot nach § 5 der Verordnung - über das "Ob", sondern nur über das "Wie" der Unterhaltungsmaßnahme entschieden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 29. Januar 2001 - 5 K 869/97.Me - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:

Das Verwaltungsgericht habe der Klage zu Recht stattgegeben. Seine -des Klägers - Klagebefugnis ergebe sich bereits aus einer Verletzung eigener Rechte. Der Beklagte habe § 45 Abs. 1 Nr. 6 ThürNatG verletzt, indem die gebotene Mitwirkung des Naturschutzverbandes durch die rechtswidrig unterbliebene Befreiung umgangen worden sei. Daneben stehe ihm - dem Kläger- unabhängig von der Verletzung eigener Rechte auch die Verbandsklagemöglichkeit offen. Zwar nenne § 46 ThürNatG nur die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, doch könne der Bestimmung des §46 Abs. 3 ThürNatG entnommen werden, dass eine Klagemöglichkeit auch dann bestehe, wenn zu Unrecht ein Verfahren gewählt werde, das überhaupt keinen Verwaltungsakt voraussetze.

Die Klage sei auch begründet. Die streitigen Baumaßnahmen bedürften entweder eines Planfeststellungsbeschlusses nach dem Fachplanungsrecht oder zumindest einer naturschutzrechtlichen Befreiung. Durch die Nichtdurchführung des auf Erlass dieser Genehmigungen gerichteten Verfahrens sei er in rechtswidriger Weise um sein Recht auf förmliche Beteiligung gebracht worden.

Das erstinstanzliche Verfahren habe zweifelsfrei ergeben, dass es sich bei der Straße im Bereich des Naturschutzgebietes vor Durchführung der Straßenbaumaßnahmen um eine unversiegelte Piste gehandelt habe. Der Beklagte habe seine gegenteilige Behauptung, dass sich die ursprünglich vorhandene Bitumenschicht teilweise aufgelöst habe, weder substantiieren noch belegen können. Die von ihm lediglich angeführte Widmung für den öffentlichen Verkehr sage nichts über den tatsächlichen Zustand der Straße aus. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht nicht in eine Beweisaufnahme eingetreten, sondern insoweit von einem unstreitigen Sachverhalt ausgegangen. Aus weiteren jetzt zur Akte gereichten Fotografien lasse sich ebenfalls entnehmen, dass vor Beginn der Baumaßnahmen keinerlei Asphaltierung der Straße zu erkennen gewesen sei.

Die Baumaßnahmen stellten auch einen Verstoß gegen ein Verbot der Schutzgebietsverordnung dar. Die Begriffe der Veränderung und der Unterhaltungsmaßnahme im Sinne der Verordnung seien anhand der Ermächtigungsgrundlage des § 12 Abs. 2 ThürNatG und der Vorschrift des § 23 BNatSchG, die den Rahmen für in einem Naturschutzgebiet geltende Verbote vorgebe, auszulegen. Danach liege dann eine Veränderung einer Straße vor, wenn die jeweilige Maßnahme unmittelbar oder mittelbar mit Handlungen verbunden sei, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des NSG oder seiner Bestandteile oder zu einer erheblichen oder nachhaltigen Störung führen könnten. Der Beklagte gehe hier bei der Einordnung der Baumaßnahmen als Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 4 Nr. 8 der Verordnung von der unzutreffenden Annahme aus, dass die Straße ursprünglich einen bituminösen Straßenbelag gehabt habe, der durch Zeitablauf spurlos verschwunden sei, obwohl die Straße in den letzten 40 Jahren praktisch keiner Abnutzung durch Straßenverkehr unterlegen habe. Gegen die Einordnung der Baumaßnahme als Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahme spreche auch, dass von der Versiegelung einer unversiegelten Fläche in nicht unerheblichem Umfang bereits die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung bzw. Störung des Schutzgebiets ausgehe. Im Hinblick darauf liege hier eine Erweiterung oder Ergänzung der bisherigen Straße vor, die einer zusätzlichen Zulassung bedürfe. Der Beklagte gehe bei seinen Ausführungen offenbar -zu Unrecht- davon aus, dass Naturschutzgebiete ohne Beeinträchtigung des Schutzzwecks vom öffentlichen Verkehr in Anspruch genommen werden dürften. Mit der weiten, an das Straßenrecht angelehnten Auslegung des Begriffs der Unterhaltungsmaßnahme gehe der Beklagte nicht nur über den Wortlaut der Verordnung und den Willen des Verordnungsgebers hinaus, sondern überschreite auch den zulässigen Rahmen des § 12 ThürNatG sowie des § 13 BNatSchG (a. F.).

Der Senat hat das umstrittene Straßenstück in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2003 in Augenschein genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2003 sowie auf die darin aufgeführten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist mit beiden Anträgen zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

1. Das auf "Verpflichtung" des Beklagten, weitere (Aus-)Baumaßnahmen an der Landesstraße Nr. 2657 im Bereich des Naturschutzgebiets "Röthengrund" zu unterlassen, gerichtete Begehren des Klägers ist entgegen der missverständlichen - und vom Verwaltungsgericht in den Entscheidungsausspruch übernommenen - Antragsformulierung nicht gegen ein künftiges Verwaltungshandeln in Form eines Verwaltungsakts, sondern auf das Unterlassen eines tatsächlichen Verwaltungshandelns gerichtet. Dieses Begehren kann der Kläger im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgen.

Die in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO auch für allgemeine Leistungsklagen erforderliche Klagebefugnis ergibt sich für den Kläger daraus, dass er geltend machen kann, durch die Straßenbaumaßnahmen im Naturschutzgebiet "Röthengrund" in seinem sich aus Bestimmungen des Naturschutzrechts ergebenden Mitwirkungsrecht verletzt zu werden.

Nach der gemäß § 4 Satz 3 Bundesnaturschutzgesetz (in der zur Zeit der geplanten Durchführung der Baumaßnahmen geltenden Fassung vom 12.3.1987 - BGBl. I S. 889 mit späteren Änderungen; im Folgenden: BNatSchG a. F.) unmittelbar geltenden Bestimmung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG a. F. und der inhaltsgleichen Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 6 Vorläufiges Thüringer Naturschutzgesetz (VorlThürNatG) vom 28.1.1993 (GVBl. S. 57) ist einem anerkannten Naturschutzverband (Verein) Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben vor Befreiungen von Verboten und Geboten, die zum Schutz von Naturschutzgebieten und Nationalparken erlassen worden sind, soweit er durch das Vorhaben in seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich berührt wird. Entsprechende Regelungen enthalten auch das heute geltende Bundesnaturschutzgesetz vom 25.3.2002 - BGBl. I S. 1193- (vgl. §60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) und das Thüringer Naturschutzgesetz in der Fassung vom 19.4.1999 -GVBl. S. 298 - (vgl. die insoweit unverändert gebliebene Bestimmung des §45 Abs. 1 Nr. 6 ThürNatG). Deshalb kann dahinstehen, ob die Geltendmachung der Verletzung eines Beteiligungsrechts im Rahmen der vorliegenden Unterlassungsklage voraussetzen würde, dass dem Kläger auch heute noch ein derartiges Beteiligungsrecht zusteht.

Die Bestimmungen des §29 Abs. 1 BNatSchG a. F. und des §45 (Vorl)ThürNatG vermitteln dem anerkannten Verein (Verband) jeweils ein selbständig durchsetzbares, subjektiv-öffentliches Recht auf Beteiligung am durchzuführenden Verfahren (so für das Planfeststellungsverfahren das Grundsatzurteil des BVerwG vom 31.10.1990 -4C 7.88-, BVerwGE 87, 62, 69 = NVwZ 1991, 162; 164 dem folgend etwa Hess. VGH, Urteil vom 1.9.1998 -7 UE 2170/95-, NVwZ-RR 1999, 304 f. m. w. N.). Der Kläger ist ein anerkannter Naturschutzverband (vgl. die Anerkennung vom 6.2.1991 durch das damalige Thüringer Umweltministerium, die sich in Kopie in der Akte des Eilverfahrens befindet), der durch die Baumaßnahmen an der Straße -jedenfalls soweit sie sich auf das Naturschutzgebiet "Röthengrund" erstrecken - in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt ist. Zweck des Vereins ist nach § 2 seiner Satzung der wirkungsvolle Schutz des Lebens und der natürlichen Umwelt. Nach § 2a Abs. 1 seiner Satzung fördert der Verein ideell, dauerhaft und vorwiegend die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des BNatSchG in Thüringen und in den angrenzenden Naturräumen. Dieser satzungsmäßige Aufgabenbereich wird zweifellos berührt, wenn in einem Naturschutzgebiet Maßnahmen durchgeführt werden, die im Hinblick auf die mit ihnen für das jeweilige Gebiet verbundenen Beeinträchtigungen ohne vorherige Durchführung eines naturschutzrechtlichen Befreiungsverfahrens unter Beteiligung des Klägers nicht zulässig sind.

Der möglichen Verletzung des Klägers in seinem Beteiligungsrecht lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass ein Mitwirkungsrecht nach §29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG a. F. bzw. § 45 Abs. 1 Nr. 6 (Vorl)ThürNatG nur dann entstehe und verletzt werden könne, wenn tatsächlich ein Befreiungsverfahren durchgeführt werde, woran es hier fehle. Eine derartige Sichtweise würde dem Zweck der Vorschrift, eine möglichst effektive Berücksichtigung der Belange von Natur und Umwelt bei umweltrelevanten Vorhaben sicherzustellen, nicht gerecht. Das Mitwirkungsrecht kann nicht nur durch die unzureichende oder gänzlich unterlassene Beteiligung des Naturschutzverbandes an einem durchgeführten Befreiungsverfahren, sondern auch durch ein rechtswidriges Ausweichen in ein nicht beteiligungspflichtiges Verfahren oder durch tatsächliches Handeln ohne Durchführung des gebotenen Verfahrens verletzt sein. Wenn das Gesetz den Naturschutzverbänden ein Recht auf Verfahrensbeteiligung einräumt, kann die Umgehung dieses Rechts nicht sanktionslos bleiben, vielmehr muss insoweit durch Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes zur Effektivität des Verfahrensrechts beigetragen werden (so - für den Fall der Umgehung eines an sich gebotenen Planfeststellungsverfahrens-: BVerwG, Urteil vom 14.5.1997 -11 A 43.96-, BVerwGE 104, 367, 372 f. = NVwZ 1998, 279, 280 f.; ebenso etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.11.1992 - 10 S 2234/92-, NVwZ-RR 1993, 179 f.; Hess. VGH, Urteil vom 1.9.1998-7 UE 2170/95-, NVwZ-RR 1999,304,305; OVG Brandenburg, Urteil vom 28.6.2001 -4 A 115/99- m.w. N. -zitiert nach juris; vgl. auch Diefenbach, NuR 1997, 573, 576). Deshalb kann sich das Beteiligungsrecht eines anerkannten Naturschutzverbandes dann, wenn die zuständige Behörde sich rechtswidrig dafür entschieden hat, von der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens abzusehen und das jeweilige Vorhaben in einem nicht vom Mitwirkungsrecht erfassten Verfahren zuzulassen (etwa durch eine Plangenehmigung) mit der Folge durchsetzen, dass der als Ergebnis des Verfahrens erlassene Verwaltungsakt der Anfechtung durch den Naturschutzverband unterliegt (vgl. nur VGH Bad.-Württ., a. a. O. sowie OVG Brandenburg, a. a. O., m. w. N.; in diese Richtung auch bereits BVerwG, Urteil vom 14.5.1997, a. a. O.). Entsprechendes muss gelten, wenn die Behörde ein erforderliches naturschutzrechtliches Befreiungsverfahren nicht durchführt und durch tatsächliches Handeln - wie hier die streitigen Bauarbeiten an der Landesstraße Nr. 2657 - vollendete Tatsachen zu schaffen und damit das im Befreiungsverfahren bestehende Mitwirkungsrecht des Verbandes zu vereiteln droht. In diesem Fall kann der jeweilige Naturschutzverband beanspruchen, dass die zuständige Behörde alle Maßnahmen unterlässt, die ohne das an sich notwendige - und mit seinem Beteiligungsrecht verbundene - Befreiungsverfahren durchgeführt werden (vgl. in diesem Sinne für die Antragsbefugnis in einem Verfahren nach § 123 VwGO schon OVG Berlin, Beschluss vom 1.4.1998 - 2 SN 10.98 -, NVwZ 1998, 1093, 1094).

Dahinstehen mag, ob der Kläger sich zu seinen Gunsten auch auf die Verbandsklagebefugnis aus § 46 ThürNatG stützen könnte, die keine Verletzung eigener Rechte voraussetzt. Auf diese zwischen den Beteiligten umstrittene und vom Verwaltungsgericht in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gerückte Frage kommt es hier nicht mehr an.

2. Das auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits durchgeführten Straßenbaumaßnahmen gerichtete Begehren ist als Feststellungsklage im Sinne des §43 Abs. 1 VwGO zulässig. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (unter Ziff. 1.2., S. 10 der Urteilsausfertigung) verwiesen werden.

II.

Die auf Unterlassung weiterer Straßenbauarbeiten im Bereich des Naturschutzgebiets "Röthengrund" und Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits durchgeführten Maßnahmen gerichtete Klage ist auch begründet. Die vom Beklagten an der Landesstraße Nr. 2657 im Bereich des Naturschutzgebiets "Röthengrund" noch geplanten bzw. schon durchgeführten Straßenbaumaßnahmen sind rechtswidrig. Die Durchführung der streitigen Straßenbauarbeiten im Naturschutzgebiet erfolgt ohne das hierfür erforderliche naturschutzrechtliche Befreiungsverfahren, an dem der Kläger zu beteiligen ist. Zum Unterlassungsanspruch des Klägers sei klarstellend angemerkt, dass die vom Verwaltungsgericht antragsgemäß ausgesprochene Verurteilung des Beklagten, die Fortsetzung des "Ausbaus" der Landesstraße zu unterlassen, nicht dahin zu verstehen ist, dass nur diejenigen Baumaßnahmen erfasst werden sollen, die rechtlich als "Ausbau" der Straße zu qualifizieren sind. Der Beklagte ist vielmehr gehalten, die noch ausstehenden Bauarbeiten mit dem Ziel der Aufbringung einer Deckschicht bzw. des von der oberen Naturschutzbehörde geforderten Granitkleinpflasters zu unterlassen. Nicht erfasst von dem Unterlassungsausspruch sind lediglich - bis zu einer Entscheidung über den auf Beseitigung der Bitumendecke gerichteten und vom Verwaltungsgericht abgetrennten ursprünglichen Antrag unter Ziff. 3 -Reparaturmaßnahmen an der Straße im Bereich des Naturschutzgebiets, soweit sie nicht mit der (erneuten) Aufbringung einer bituminösen oder sonstigen Versiegelung verbunden sind.

1. Für die rechtliche Einordnung der streitgegenständlichen Straßenbauarbeiten kann zunächst zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass es sich bei der heutigen Landesstraße Nr. 2657 auch im Abschnitt zwischen Mengersgereuth-Hämmern und Steinach trotz der jahrzehntelangen Sperrung zur Zeit der DDR nach wie vor um eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße handelt und die durchgeführte bzw. zu einem kleinen Teil noch ausstehende "Grundinstandsetzung" dieses Teilstücks der Straße sich dementsprechend nicht als nach § 38 Thüringer Straßengesetz (StrG) planfeststellungsbedürftiger Neubau einer Straße darstellt.

Offen bleiben kann weiter, ob die geplante und in wesentlichen Teilen bereits durchgeführte "Grundinstandsetzung" als Änderung einer Landesstraße im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 StrG anzusehen ist und es aus diesem Grund der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens bedurft hätte, in dessen Rahmen auch über die Voraussetzungen einer naturschutzrechtlichen Befreiung mit zu entscheiden gewesen wäre (vgl. § 74 ThürVwVfG).

2. Die streitigen Baumaßnahmen sind jedenfalls deswegen rechtswidrig, weil sie im Naturschutzgebiet "Röthengrund" grundsätzlich unzulässig sind und das erforderliche Befreiungsverfahren nicht durchgeführt worden ist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Thüringer Verordnung über das Naturschutzgebiet "Röthengrund" vom 12.11.1996 (Staatsanzeiger S. 2115) ist es im Naturschutzgebiet insbesondere verboten, bestehende Straßen zu verändern. Von den Verboten des § 3 kann nach § 5 der genannten Verordnung unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG (a. F.) Befreiung erteilt werden. Ausgenommen von den Verboten des § 3 der Verordnung sind nach § 4 Nr. 8 demgegenüber Unterhaltungsmaßnahmen an bestehenden Straßen; diese bedürfen lediglich des - hier nachträglich erteilten - Einvernehmens der oberen Naturschutzbehörde. Die geplanten bzw. im Wesentlichen bereits durchgeführten Baumaßnahmen an der Landesstraße Nr. 2657 im Bereich des Naturschutzgebiets "Röthengrund" führen indes zu einer nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung grundsätzlich verbotenen Veränderung und stellen nicht etwa (zugleich) Unterhaltungsmaßnahmen an einer bestehenden Straße im Sinne des § 4 Nr. 8 der Verordnung dar.

Bei der Auslegung des in der genannten Bestimmung verwendeten Begriffs der "Veränderung" einer bestehenden Straße und der Abgrenzung zu nach § 4 Nr. 8 der Verordnung zulässigen Unterhaltungsmaßnahmen ist zu berücksichtigen, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung beispielhaft ("insbesondere") aufgeführten Verbote den in Satz 1 wiedergegebenen allgemeinen Verbotstatbestand des §12 Abs. 2 VorlThürNatG (heute ThürNatG) konkretisieren. Danach sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer erheblichen oder nachhaltigen Störung führen können. Dieses umfassende Verbot trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Naturschutzgebieten um Gebiete handelt, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist (vgl. § 13 Abs. 1 BNatSchG a. F. bzw. heute § 23 Abs. 1 BNatSchG); sie stellen - wie bereits die Vorinstanz zutreffend hervorgehoben hat - die Gebiete mit dem höchsten Schutzstatus dar und unterliegen - anders als Landschaftsschutzgebiete - einem absoluten Veränderungsverbot (vgl. dazu etwa Louis, Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar der §§ 1 bis 19 f., 2. Aufl. 2000, § 13 Rdn. 1). Durch das grundsätzliche Veränderungsverbot soll verhindert werden, dass das Naturschutzgebiet seinen Charakter oder die Elemente verliert, die Grund für seine Ausweisung waren (vgl. zu der mit § 12 Abs. 2 [Vorl]ThürNatG im Wesentlichen übereinstimmenden Regelung des § 23 Abs. 2 BNatSchG: J. Schmidt-Räntsch in Gassner u. a., Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2003, § 23 Rdn. 25). Dementsprechend erfasst der in den genannten Bestimmungen verwendete Begriff der Veränderung (nur) die Abweichungen von dem physischen und ästhetischen Erscheinungsbild des Naturschutzgebietes im Zeitpunkt seiner Unterschutzstellung, die das Ziel der Schutzgebietsausweisung - den Erhalt des Gebietes in seiner besonderen Eigenart - gefährden (vgl. zu dieser - einschränkenden - Auslegung des Begriffs der Veränderung etwa J. Schmidt-Räntsch, a. a. O.).

Konkreter Schutzzweck des Naturschutzgebiets "Röthengrund" ist u. a., den gesamten Talraum der oberen Röthen als Lebensraum, Brut- und Nahrungsgebiet für gefährdete und seltene Tierarten zu sichern und zu entwickeln, die Funktionsfähigkeit des Gebirgsbachökosystems der oberen Röthen zu erhalten und zu entwickeln sowie u. a. den Röthengrund als Standort zahlreicher gefährdeter und bedrohter Pflanzenarten und Pflanzengesellschaften zu sichern und sie vor nachteiligen Veränderungen zu bewahren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 der Verordnung). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks und der besonderen Schutzbedürftigkeit des Naturschutzgebiets enthält § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung einen umfangreichen Verbotskatalog, durch den insbesondere die Einhaltung des absoluten Veränderungsverbots sichergestellt werden soll. So verbietet die im vorliegenden Fall einschlägige Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung nicht nur das Anlegen neuer und die Veränderung bestehender Straßen, sondern auch die Neuanlage und Veränderung von Wegen, Pfaden, Steigen und Plätze sowie Skiabfahrten, Skiwanderwege und Loipen. Ausgenommen von den Verboten nach §3 sind in §4 der Verordnung lediglich Handlungen, die nach Auffassung des Verordnungsgebers nicht im Widerspruch zum Veränderungsverbot stehen und damit auch nicht mit einer Beeinträchtigung des mit der Ausweisung als Naturschutzgebiets verfolgten Schutzzwecks verbunden sind; dazu gehören etwa "die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang" (Nr. 1), "die ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung im bisherigen flächenmäßigen Umfang" (Nr. 2) - jeweils mit den dort im Einzelnen aufgeführten Einschränkungen - oder die in Nr. 8 aufgeführten Unterhaltungsmaßnahmen u. a. an bestehenden Straßen und Wegen.

Der von der Verordnung verwendete Begriff der Veränderung einer Straße kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mit dem der Änderung einer Straße im Sinne des § 38 Abs. 1 StrG gleichgesetzt werden. Dagegen spricht zunächst bereits, die Verordnung sich - wie erwähnt - nicht nur mit der Veränderung öffentlicher Straßen, sondern auch sonstiger Anlagen (Pfade, Skiwanderwege, Loipen etc.) befasst, für die ein Rückgriff auf die Terminologie des Straßenrechts von vornherein ausscheidet. Vor allem aber lässt die vom Beklagten befürwortete Gleichsetzung beider Begriffe den unterschiedlichen Regelungszusammenhang, in dem beide Begriffe verwendet werden, außer Acht. Während Veränderungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung im Hinblick auf die mit ihnen verbundene Beeinträchtigung des Naturschutzgebietes grundsätzlich untersagt sind und nur ausnahmsweise - nämlich im Wege der Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung - zugelassen werden können, setzen Änderungen im Sinne des § 38 Abs. 1 StrG (wie etwa die im vorliegenden Fall zunächst erwogene Verbreiterung und teilweise Änderung der Trasse der Straße) grundsätzlich die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens voraus. Derartige Änderungen werden zwar regelmäßig zugleich Veränderungen im Sinne der genannten Verordnung (und vergleichbarer Naturschutzverordnungen) darstellen; dies lässt aber im Hinblick auf den weiter gehenden Schutz der Naturschutzgebiete durch ein absolutes Veränderungsverbot nicht den Umkehrschluss zu, dass nur planfeststellungsbedürftige Änderungen an Straßen als im Naturschutzgebiet grundsätzlich unzulässige Veränderungen zu qualifizieren sind. Vielmehr können auch solche Baumaßnahmen an Straßen Veränderungen im Sinne der genannten Verordnung darstellen, die aus der Sicht des Straßenrechts noch als Unterhaltungsmaßnahmen an einer bestehenden Straße im weiteren Sinne einzuordnen sind (zur Begriffsbestimmung vgl. etwa Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, Kapitel 11 Rdn. 12.3 [S. 303]) und deshalb keiner Planfeststellung bedürfen. Dementsprechend ist auch dem Begriff der Unterhaltung einer Straße je nach dem Zusammenhang, in dem er verwendet wird, ein unterschiedlicher Gehalt zuzuerkennen (vgl. - zur unterschiedlichen Auslegung sogar innerhalb des Straßenrechts - VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.1.1996 - 3 S 769/95 -, BRS 58 Nr. 98 = NVwZ-RR 1996, 553, 555; zur Abgrenzung der beitragsfähigen Verbesserung einer Straße von der bloßen Unterhaltung vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.3.2000 - A 2 S 478/98 -, VwRR MO 2000, 364 - Leitsätze auch in juris). Ob Baumaßnahmen zu einer im Naturschutzgebiet grundsätzlich unzulässigen Veränderung einer Straße führen, ist demnach unabhängig von der im Straßenrecht gebräuchlichen Abgrenzung zwischen planfeststellungsbedürftigen Änderungen und Unterhaltungsmaßnahmen allein nach Maßgabe der genannten naturschutzrechtlichen Bestimmungen und mit Blick auf das Ziel der jeweiligen Schutzgebietsausweisung zu beurteilen.

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe führen die geplanten und im Wesentlichen durchgeführten Bauarbeiten hier zu einer nach der Verordnung grundsätzlich verbotenen Veränderung der Landesstraße Nr. 2657 im Bereich des Naturschutzgebietes. Diese Straße stellte sich zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung des Gebiets durch die Verordnung vom 12.11.1996 ihrem tatsächlichen Zustand nach als im Wesentlichen unbefestigter Weg dar, der nicht mit einer Teer- bzw. Bitumendecke versiegelt war. Dies ergibt sich nicht nur aus den das Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau der Straße betreffenden Unterlagen (vgl. insb. den Erläuterungsbericht sowie den Landschaftspflegerischen Begleitplan), sondern hat sich auch durch die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommene Videoaufnahme einer Befahrung des fraglichen Straßenstücks kurz vor Beginn der streitigen Bauarbeiten bestätigt. Zwischen den Beteiligten umstritten ist lediglich, ob die Straße zu irgendeinem früheren Zeitpunkt bereits einmal mit einer Bitumen- bzw. Teerdecke versehen war. Dem muss jedoch nicht nachgegangen werden, da es für die Beurteilung, ob die Baumaßnahmen mit dem grundsätzlichen Veränderungsverbot nicht in Einklang stehen oder sich als zulässige Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 4 Nr. 8 der Verordnung darstellen, nur auf den Zeitpunkt der Unterschutzstellung ankommen kann, ab dem das Veränderungsverbot gegolten hat (auf diesen Zeitpunkt abstellend auch J. Schmidt-Räntsch in Gassner u. a., Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2003, § 23 Rdn. 25).

Die geplanten bzw. schon durchgeführten Baumaßnahmen gehen über eine Unterhaltungsmaßnahme an einer bestehenden Straße schon deshalb erheblich hinaus, weil die zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung nicht versiegelte Straße mit einer bituminösen Tragschicht versehen worden ist und auf diese noch eine bituminöse Deckschicht bzw. das von der oberen Naturschutzbehörde geforderte Granitkleinpflaster aufgebracht werden soll. Bereits die mit der Versiegelung der durch das Naturschutzgebiet führenden Straße verbundene "Zerschneidungswirkung" führt zu einer unzulässigen Änderung der Beschaffenheit des Naturschutzgebietes, die das Ziel der Schutzgebietsausweisung gefährdet. Verstärkt wird diese Beeinträchtigung des Zwecks der Naturschutzgebietsfestsetzung, den Talraum der oberen Röthen u. a. als Lebensraum für gefährdete und seltene Tierarten zu sichern und zu entwickeln, noch dadurch, dass die Herstellung einer asphaltierten Straße erfahrungsgemäß auch dann mit einer Zunahme des Verkehrs und den damit einhergehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Abgase etc. verbunden ist, wenn die Asphaltierung nicht mit einer Verbreiterung der Trasse verbunden ist. Der örtliche Vertreter des Klägers hat in diesem Zusammenhang in der an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung konkret auf die Gefahren hingewiesen, die Abrieb und Salze, die mit dem Regen in das in einer Senke befindliche Hochmoor gespült werden, für die Pflanzen des Hochmoores bedeuten.

Auf die mit einer Versiegelung der Straße für das Naturschutzgebiet verbundenen Beeinträchtigungen haben auch verschiedene Behörden des Beklagten bereits in der Vergangenheit hingewiesen. So heißt es in einer im Rahmen des zunächst durchgeführten Planfeststellungsverfahrens eingeholten Stellungnahme des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 20.4.1995:

"Der bislang verkehrsfreie Waldbereich zwischen Steinheid, Steinach, Mengersgereuth-Hämmern und Rauenstein würde durch einen Ausbau der Straße, die seit vielen Jahren als Feldweg unbefahren war, zerschnitten und durch den Fahrzeugverkehr verlärmt werden. Es käme zu erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigung und teilweise Zerstörung der Lebensräume von Pflanzen und Tieren der Roten Liste Arten und zu einer gravierenden Unterbrechung der Wanderbeziehungen der Waldtiere. Die Abgas- und Lärmimmissionen sowie der Eintrag von Abtausalzen in den Boden (und damit in das Wasser) würde zu massiven Vergrämungseffekten bei Tieren und zur Gefährdung der Vegetation führen...."

In der dem Schreiben als Anlage beigefügten Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes als obere Naturschutzbehörde vom 23.2.1995 werden u. a. eine Reihe besonders gefährdeter und sehr störempfindlicher Tierarten aufgeführt und im Hinblick auf die Zerschneidung und Störung von seinerzeit noch ungestörten Bereichen prinzipielle Bedenken gegen das damalige Vorhaben geäußert.

Das Landesverwaltungsamt hat sich ferner als für den Erlass der Schutzgebietsverordnung zuständige Stelle mit den seitens des Straßenbauamts Suhl gegen die Einbeziehung des von der Landesstraße durchschnittenen Bereichs in das Naturschutzgebiet vorgebrachten Einwendungen auseinander gesetzt und betont, dass der fragliche Bereich im Naturschutzgebiet verbleiben müsse. In diesem Zusammenhang hat das Landesverwaltungsamt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der (seinerzeit) geplante Ausbau der Straße nach den für Landesstraßen gültigen Normen nicht mit dem Schutzzweck des Gebiets vereinbar sei, da er zu einem Anstieg der Verkehrsdichte im Gebiet und zu einer unnötigen und nachhaltigen Beunruhigung führen würde. Das geplante Aufbringen einer Teerdecke bringe eine nachhaltige Veränderung des Mikroklimas im straßennahen Bereich mit sich und habe eine "Fallenwirkung" für thermophile Tierarten, in dem für diese das Risiko des Überfahrenwerdens steige. Darüber hinaus spiele auch der Zerschneidungseffekt der Straße eine Rolle. Weiter heißt es in dem einem Informationsschreiben des Landesverwaltungsamtes an das Straßenbauamt Suhl vom 29.11.1996 beigefügten Abwägungsprotokoll:

"Aus naturschutzfachlicher Sicht ist lediglich die Unterhaltung und Instandsetzung der Straße mit wassergebundener Schotterdecke und die gleichzeitige Begrenzung auf den Anwohnerverkehr ohne Schwerlasttransporte tolerierbar und mit dem Schutzziel vereinbar. In diesem Sinne ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Schutzgebietsverordnung das Befahren der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen erlaubt, wozu die als Landesstraße zweiter Ordnung gewidmete Straße gehört. Auch Unterhaltungsmaßnahmen an dieser Straße sind gemäß § 4 Nr. 8 der Schutzgebietsverordnung ... erlaubt. ... Bei der Durchführung der Unterhaltungsmaßnahmen muss ... unter anderem darauf geachtet werden, dass autochtones Schottermaterial verwendet wird...

Der Erhalt, die Instandhaltung, die Unterhaltung und die weitere Nutzung der Straße widerspricht somit nicht der Ausweisung des Naturschutzgebietes "Röthengrund". Allerdings gelten alle Maßnahmen, die über Unterhaltungsmaßnahmen hinausgehen (Erweiterungen oder Umgestaltungen wie z. B. das Teeren) als Eingriffe gemäß § 6 des Vorläufigen Thüringer Naturschutzgesetzes und bedürfen einer Genehmigung...."

Diese - unmittelbar nur auf den seinerzeit angestrebten Ausbau der Straße bezogenen - Einwendungen stellen der Sache nach aus naturschutzfachlicher Sicht jede Versiegelung der Landesstraße im Bereich des Naturschutzgebiets in Frage. Zwar hat die obere Naturschutzbehörde (unter Bezugnahme auf die im Beschluss des Wirtschaftsministeriums über die Einstellung des Planfeststellungsverfahrens vom 26.2.1997 vorgenommene Einordnung des Vorhabens als "Grundinstandsetzung") inzwischen ihr Einvernehmen zu den streitigen Baumaßnahmen erklärt. Dies rechtfertigt jedoch keine Zweifel daran, dass die gegen die Versiegelung der Straße und die damit einhergehenden negativen Begleiterscheinungen (insb. Zerschneidungseffekt, Zunahme des Verkehrs) seinerzeit vorgebrachten Bedenken nach wie vor zutreffen und diese sich als grundsätzlich verbotene Veränderung der Straße im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung darstellt.

Hiergegen kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg einwenden, das Verbot des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung werde durch die Bestimmung des § 4 Nr. 8 der Verordnung beschränkt, die bestimmte durchaus als Veränderungen einzustufende Handlungen aus dem Anwendungsbereich des § 3 der Verordnung wieder herausnehme. Da § 4 der Verordnung nur Handlungen erlaubt, die nach Auffassung des Verordnungsgebers nicht mit einer Gefährdung des Ziels der Schutzgebietsausweisung verbunden sind, wäre für ein derartiges Verständnis des Verhältnisses der Verbotstatbestände des § 3 zu den in § 4 der Verordnung enthaltenen Ausnahmen nur dann Raum, wenn und soweit man auch solche Baumaßnahmen an Straßen als Veränderungen im Sinne des §3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung qualifizieren würde, die von vornherein nicht mit einer Gefährdung des Ziels der Schutzgebietsausweisung verbunden sein können. Dies trifft für die hier streitigen Baumaßnahmen nicht zu; sie lassen sich demnach nicht (zugleich) als zulässige Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 4 Nr. 8 qualifizieren, für die es lediglich des Einvernehmens der oberen Naturschutzbehörde bedarf.

Der Beklagte kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass er aufgrund seiner straßenrechtlichen Unterhaltungspflicht gehalten sei, die fragliche Straße in einem ihrem Status als Landesstraße2. Ordnung entsprechenden Standard -d.h. insbesondere als asphaltierte Straße - zu unterhalten. Die straßenrechtliche Unterhaltungspflicht entbindet nicht von der Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften, die hier Straßenbaumaßnahmen, soweit sie bereits zu einer Veränderung der jeweiligen Straße im Sinne des Naturschutzrechts führen, nur nach Durchführung eines vorgängigen naturschutzrechtlichen Befreiungsverfahrens zulassen. Eine für den Beklagten günstigere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus §38 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a. F. (vgl. jetzt § 63 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG), wonach Flächen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes ausschließlich oder überwiegend Zwecken des öffentlichen Verkehres als wichtige öffentliche Verkehrswege dienen, durch Naturschutz und Landschaftspflege nicht in ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung beeinträchtigt werden dürfen. Der in dieser Bestimmung enthaltenen Privilegierung sog. Altnutzungen lässt sich keine Aussage des Inhalts entnehmen, dass bestimmte naturschutzrechtliche Verfahrensvorschriften nicht gelten bzw. nicht eingehalten werden müssen (vgl. nur Gassner in ders. u. a., Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar, 1. Aufl. 1996, § 38 BNatSchG Rdn. 9; ebenso zur Neuregelung ders. in der 2. Auflage des Kommentars, § 63 Rdn. 9). Abgesehen davon handelt es sich bei der Landesstraße Nr. 2657 nicht um einen wichtigen öffentlichen Verkehrsweg im Sinne dieser Bestimmung.

3. Durch die mithin rechtswidrig unterlassene Durchführung eines Befreiungsverfahrens wird der Kläger aus den dargelegten Gründen in seinem Beteiligungsrecht verletzt. Er kann daher die Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits durchgeführten sowie die Unterlassung der noch geplanten weiteren Baumaßnahmen an der Landesstraße Nr. 2657 beanspruchen. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob und ggf. mit welchen Einschränkungen die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung überhaupt in Betracht kommt. Diese Frage ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. den §§ 14, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in der bis zum 31.12.2001 geltenden und hier gem. §73 Abs. 1 GKG noch anwendbaren Fassung auf 8.000,00 DM (umgerechnet 4.090,335 Euro) festgesetzt.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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