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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 1 ZKO 537/05
Rechtsgebiete: EGV, VO-(EWG), LuftVG, LuftKostV


Vorschriften:

EGV Art. 49
EGV Art. 51
EGV Art. 80
VO-(EWG) Nr. 2408/92
LuftVG § 29c
LuftVG § 32 Abs. 1 Nr. 13
LuftKostV
1. Die Erhebung von Luftsicherheitsgebühren verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

2. Die Bestimmungen der Art. 49 ff. EGV (früher Art. 59 ff. EGV) über die allgemeine Dienstleistungsfreiheit sind gemäß Art. 51 EGV nicht auf den Verkehr anwendbar.

3. Dies gilt auch für den Luftverkehr, obwohl die Bestimmungen des Titel V. EGV über den Verkehr gemäß Art. 80 Abs. 1 EGV nur für den Binnenverkehr gelten.

4. Gemeinschaftsrechtliche Regelungen über den Luftverkehr (und die Seeschifffahrt) sind auf der Ebene des Sekundärrechts gemäß Art. 80 Abs. 2 EGV zu erlassen.

5. Art. 8 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 2408/92 ordnet an, dass Luftfahrtunternehmen sich bei der Ausübung des Verkehrs nationalen Sicherheitsmaßnahmen unterwerfen müssen. Eine solche nationale Sicherheitsmaßnahme ist die Durchsuchung nach § 29c LuftVG a. F.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Beschluss

1 ZKO 537/05 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Luftverkehrsrecht,

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht von Saldern am 14. Februar 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Weimar vom 8. März 2005 - 2 K 1796/02.We - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 224.812,02 € festgesetzt.

I.

Die Klägerin - ein Luftfahrtunternehmen - wendet sich gegen die Erhebung von Luftsicherheitsgebühren. Das Grenzschutzamt Halle zog sie auf der Grundlage der §§ 32 Abs. 1 Nr. 13 LuftVG, 1 und 2 LuftKostV i. V. m. Nr. VII.23 der Anlage (in der jeweils geltenden Fassung) mit insgesamt siebenundfünfzig Kostenbescheiden für die Durchsuchung von Fluggästen und mitgeführten Gegenständen oder deren Überprüfung in sonstiger Weise am Flughafen E zur Zahlung von Luftsicherheitsgebühren heran. Diese Bescheide erfassten jeweils einen Monat als Abrechnungszeitraum und bezogen sich insgesamt auf den Zeitraum Juli 1994 bis Oktober 2000. Die jeweiligen Widersprüche wies das Grenzschutzpräsidium Mitte zurück.

Die hiergegen erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht Weimar zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und durch Gerichtsbescheid vom 8. März 2005 - 2 K 1796/02.W e - abgewiesen. Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Februar 2000 - 20 ZB 99.3675 - im Wesentlichen damit begründet, dass die Bestimmungen der §§ 29c Abs. 2, 32 Abs. 1 Nr. 13 LuftVG i. V. m. der Kostenverordnung der Luftfahrtverwaltung nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstießen. Dagegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung. Sie ist der Auffassung, die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr verstoße gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO liegen nicht vor.

1.) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist nicht ernstlich Zweifelhaft. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nur dann anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl. 2007, S. 624). Diesen Anforderungen werden die Darlegungen der Klägerin nicht gerecht. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Bescheide, mit denen die Klägerin wegen der Durchsuchung von Fluggästen und Gepäck zu Gebühren herangezogen wird, rechtmäßig sind und insbesondere nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen.

Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die Erhebung von Luftsicherheitsgebühren nicht gegen nationales Recht verstößt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1994 - 4 C 1/93 - BVerwGE 95, 188-208 und BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. August 1998 - 2 BvR 1270/94 - DVBl. 1998, 1220-1221). Dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr als europarechtskonform angesehen. Weder liegt eine europarechtswidrige Beschränkung der in Art. 49 bis 55 EGV (Fassung durch Amsterdamer Vertrag vom 16./17. Juni 1997; früher Art. 59 bis 66 EGV) geregelten Dienstleistungsfreiheit vor ( a. ), noch verstößt die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr gegen die VO (EWG) Nr. 2408/92 vom 23. Juli 1992 (ABl. Nr. L 240, S. 8 in der Fassung der Berichtigung vom 23. Januar 1993, S. 33; ( b. )). Auch die übrigen Darlegungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht zu begründen ( c. ). Deshalb besteht aufgrund der Darlegungen der Klägerin keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen gemäß Art. 234 EGV (früher Art. 177 EGV) dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen ( d. ).

( a. ) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt kein Verstoß gegen die in Art. 49 ff. EGV geregelte allgemeine Dienstleistungsfreiheit vor. Dies folgt im Wesentlichen daraus, dass diese Bestimmungen für den Bereich des Luftverkehrsrechts nicht unmittelbar anwendbar sind, weil nach Art. 51 Abs. 1 EGV für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs die Bestimmungen der Art. 70 bis 80 EGV (früher Art. 74 bis 84 EGV) betreffend die gemeinsame Verkehrspolitik gelten. Diese Vorschrift schließt die unmittelbare Anwendung der Dienstleistungsfreiheit für alle Bereiche des Verkehrs aus, ohne nach Eisenbahn-, Straßen-, und Binnenschiffs-, See- und Luftverkehr zu unterscheiden. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Art. 51 Abs. 1 EGV, der nur den alle Verkehrsarten umfassenden Oberbegriff des "Verkehrs" verwendet, und zum anderen aus der Rechtsprechung des EuGH, der trotz der unmittelbaren Geltung des Art. 49 EGV (früher Art. 59 EGV) eine Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit im Verkehrssektor ausdrücklich zurückweist (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1989 - Rs. 49/89 - Corsica Ferries, Slg. 1989, S. 4441, Rz. 10; Urteil vom 22. Mai 1985 - Rs. 13/83 - Parlament/Rat, Slg. 1985, S. 1513, Rz. 62 ff. und auch Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der europäischen Union, Band II, Stand Oktober 2007, Rn. 3 zu Art. 51 EGV sowie Frohnmeyer in: Grabitz/Hilf, Rn. 19 zu Art. 80 EGV). Dem steht nicht entgegen, dass der Titel über die gemeinsame Verkehrspolitik nach Art. 80 Abs. 1 EGV (früher Art. 84 Abs. 1 EGV) nur für Beförderungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr und demzufolge nicht für den hier in Rede stehenden Luftverkehr und die Seeschifffahrt gilt. Art. 80 Abs. 1 EGV enthält keine Rückausnahme zu Art. 51 Abs. 1 EGV, die wieder zu einer Anwendbarkeit der Art. 49 ff. EGV für den Bereich der Luftfahrt und der Seefahrt führt. Art. 80 EGV enthält in Abs. 2 eine Ermächtigung des Rats zum Erlass sekundärrechtlicher Vorschriften für die Luftfahrt und die Seeschifffahrt. Diese systematische Trennung zwischen dem Binnenverkehr, für den Titel V. EGV nach Art. 80 Abs. 1 EGV gilt, und dem Luft- und Seeverkehr beruht auf den Besonderheiten der Luftfahrt und der Seeschifffahrt als Teilen eines weltweiten Verkehrssystems sowie auf der geographischen Ausgangslage der Gründerstaaten der Gemeinschaften (vgl. Frohnmeyer in: Grabitz/Hilf, Rn. 2 zu Art. 80 EGV). So unterliegt der Flugverkehr einer Vielzahl bilateraler Abkommen (vgl. Boeing in: Grabitz/Hilf, Rn. 97 zu Art. 80 EGV) und seit Kriegsende insbesondere den strengen Regeln des "Chicagoer Abkommens" vom 7. Dezember 1944 (BGBl. 1956 II, S. 411), an das alle Mitgliedstaaten gebunden waren und sind. Art. 1 dieses Abkommens legt die nationale Flughoheit jedes Mitgliedstaates fest. Gemeinsame Regeln für den Luftverkehr sollten deshalb in erster Linie auf der Sekundär- und nicht auf der Primärrechtsebene festgelegt werden, um diesen unterschiedlichen internationalen vertraglichen Verpflichtungen im Bereich des Luftverkehrs angemessen Rechnung tragen zu können. Die im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geltenden Grundsätze sind nur inhaltlich zur Auslegung und Konkretisierung dieser sekundärrechtlichen Vorschriften heranzuziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bestimmungen den Art. 49/50 EGV ähneln oder auf sie verweisen (vgl. Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf, Rn. 4 m. w. N.). Zu einer unmittelbaren Anwendung der Bestimmungen über die allgemeine Dienstleistungsfreiheit führt dies jedoch nicht.

Dass die in Art. 49 bis 55 geregelte Dienstleistungsfreiheit nach Art. 51 EGV nicht unmittelbar auf den Luft- und den Seeverkehr anzuwenden ist, wird auch durch den Erlass der "Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern" (ABl. Nr. L 378 S. 1) bestätigt. Diese Verordnung, die die Bestimmungen über die allgemeine Dienstleistungsfreiheit auf den Seeverkehr erstreckt, wäre entbehrlich gewesen, wenn Art. 51 EGV für diesen Bereich nicht gelten und die Anwendung des Titels V. über den Verkehr nicht ausschließen würde.

( b. ) Die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr verstößt auch nicht gegen die Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 vom 23. Juli 1992, die auf der Grundlage des Art. 84 Abs. 2 EGV a. F. (heute Art. 80 Abs. 2 EGV) erlassen wurde. Die VO (EWG) Nr. 2408/92 regelt den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Luftverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 2408/92 unterliegt die Ausübung von Verkehrsrechten den veröffentlichten gemeinschaftlichen, einzelstaatlichen, regionalen oder örtlichen Vorschriften in den Bereichen Sicherheit, Umweltschutz und Zuweisung von Start- und Landezeiten. Das Verkehrsrecht im Sinne dieser Verordnung beinhaltet nach Art. 2 Buchst. f VO Nr. 2408/92 das Recht eines Luftfahrtunternehmens zur Beförderung von Fluggästen, Fracht und/oder Post auf einem Flugdienst zwischen Flughäfen der Gemeinschaft. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass sich die Durchführung der Sicherheitskontrollen auf der Grundlage des § 29c LuftVG nicht als Ausübung von Verkehrsrechten darstellt. Es handelt sich nicht um eine Maßnahme, die die Beförderung von Fluggästen Fracht und/oder Post erst ermöglicht, sondern um eine nationale, auf § 29c LuftVG gestützte Sicherheitsmaßnahme. Dies hat jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Folge, dass die Sicherheitskontrollen von Art. 8 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 2408/92 erfasst werden. Vielmehr sind es Maßnahmen auf der Grundlage nationaler Bestimmungen im Bereich Sicherheit, denen sich die Fluggesellschaften bei Ausübung von Verkehrsrechten nach Art. 8 Abs. 2 VO Nr. 2408/92 unterwerfen müssen. Da die Durchführung von Sicherheitskontrollen nach Art. 8 Abs. 2 VO Nr. 2408/92 auf der Grundlage nationaler Bestimmungen zulässig ist, gilt das Gleiche für das Recht zur Kostenerhebung in diesem Bereich. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Erhebung von Gebühren nicht nur dann zulässig bzw. geboten, wenn dies gemeinschaftsrechtlich vorgesehen ist. Vielmehr ist wegen des Subsidiaritätsprinzips des Art. 5 EGV Raum für eine nationale Gebührenregelung, so lange es keine abschließende gemeinschaftsrechtliche Gebührenregelung gibt (vgl. z. B. für den umgekehrten Fall: BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 2002 - 3 C 17/02 - juris, in dem die Erhebung einer gesonderten nationalen Gebühr neben einer Gemeinschaftsrechtsgebühr für unzulässig erachtet wurde). Dies gilt für die Erhebung von nationalen Gebühren für gemeinschaftsrechtlich angeordnete Maßnahmen (vgl. Darstellung von Wenger in: Bergmann/Kenntner, Deutsches Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, Kap 22 Rn. 38 zur Erhebung nationaler Fleischhygienegebühren für gemeinschaftsrechtlich angeordnete Kontrollen) und erst Recht für auf der Grundlage nationalen Rechts getroffene Maßnahmen, die als solche gemeinschafts-rechtskonform sind.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die VO (EWG) Nr. 2408/92 als gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht, wie bereits ausgeführt, im Lichte des in Art. 49 EGV niedergelegten Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auszulegen ist. Art 49 EGV ordnet sinngemäß an, dass alle Diskriminierungen des Erbringers einer Dienstleistung aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder wegen seines Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat zu beseitigen sind (vgl. auch EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1974 - Rs. 33/74 - Slg. 1974, S. 1299 - van Binsbergen). Für die Erhebung von Luftsicherheitsgebühren bedeutet dies, dass eine unterschiedliche Abgabe für Inlandsflüge und innergemeinschaftliche Flüge gegen die Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 i. V. m. Art. 49 EGV (früher Art. 59 EGV) verstoßen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2001 - Rs. C-70/99 - Slg. 2001, S. 4845). Da die nach nationalem Recht erhobene Luftsicherheitsgebühr für alle Fluggesellschaften und Flüge gleichermaßen erhoben wird und nicht der Höhe nach differenziert, scheidet ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht aus diesem Gesichtspunkt aus.

( c. ) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen Art. 74 EGV berufen. Nach dieser Bestimmung hat jede Maßnahme auf dem Gebiet der Beförderungsentgelte und -bedingungen, die im Rahmen des Vertrages getroffen wird, der wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmer Rechnung zu tragen. Art. 74 EGV enthält nur einen Leitsatz für preispolitische Maßnahmen der Gemeinschaft, der beinhaltet, dass diese nicht nur mit dem Interesse der Gemeinschaft oder Verkehrsnutzer begründet werden dürfen. Diese Bestimmung löst angesichts ihrer unbestimmten Fassung keine individuellen Rechte aus, die von Verkehrsunternehmen gerichtlich geltend gemacht werden könnten. Deshalb scheidet auch eine analoge Anwendung auf Maßnahmen im Bereich der Verkehrsabgaben, die die Kosten der Verkehrsunternehmen und damit eine der Grundlagen der Preisbildung erhöhen, aus (vgl. Boeing in: Grabitz/Hilf Kommentierung zu Art. 74 EGV).

Da die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr aus den o. g. Gründen europarechtskonform ist, kommt es nicht darauf an, mit welcher Begründung der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 3. Februar 2000 - 20 ZB 99.3675 - und das Verwaltungsgericht Ansbach in seinem Urteil vom 12. Oktober 1999 - AN 19 K 98.228 - zu diesem Ergebnis gekommen sind.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr sei unverhältnismäßig und dies ergebe sich nicht allein aus dem engen Sachzusammenhang zu den Kontrollen, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Der Vortrag der Klägerin genügt hier nicht den Anforderungen an die ihr gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO obliegende Darlegungspflicht. Sie bleibt jeglichen Vortrag schuldig, warum die Erhebung der Luftsicherheitsgebühr unverhältnismäßig sein sollte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum es der Klägerin angesichts der untergeordneten Bedeutung der Flugsicherheitsgebühr nicht möglich sein sollte, die von ihr zu begleichenden Luftsicherheitsgebühren in ihre Preiskalkulation einfließen zu lassen (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 11. August 1998 - 1 BvR 1270/94 - DVBl. 1998, 1220-1221).

( d. ) Einer Vorlage gemäß Art. 234 EGV (früher Art. 177 EGV) zum Europäischen Gerichtshof bedarf es bei dieser Rechtslage nicht. Da Art. 234 EGV keinen Rechtsbehelf für die Parteien darstellt, muss der Senat nicht bereits aufgrund des Antrags der Klägerin die von ihr aufgeworfenen Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorlegen. Ob die Voraussetzungen des Art. 234 EGV für eine Vorlage vorliegen, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen. Dabei kann eine Vorlage entfallen, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derartig offenkundig ist, dass keinerlei Zweifel für die Beantwortung der gestellten Frage bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81 - DVBl. 1983, S. 267-269). Hiervon kann ein zur Vorlage verpflichtetes Gericht nur ausgehen, wenn es überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Europäischen Gerichtshof die gleiche Gewissheit besteht. Diese Voraussetzungen liegen vor. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Luftsicherheitsgebühr europarechtskonform ist (so auch BayVGH, Beschluss vom 3. Februar 2000 - 20 ZB 99.3675 -DÖV 2000, S. 387-389; VGH BW, Beschluss vom 21. August 2001 - 8 S 1335/01 -n. v.; HessVGH, Beschluss vom 29. Mai 2001 - 5 UZ 3124/00 - n. v.; OVG MV, Beschluss vom 9. Dezember 2002 - 1 L 179/02 - NordÖR 2003, 505-506; SächsOVG, Beschluss vom 12. September 2006 - 1 B 498/06 - n. v.).

2.) Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Derartige Schwierigkeiten bestehen nur dann, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen die erstinstanzliche Entscheidung Fragen von solcher Schwierigkeit aufwerfen, die nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst im eigentlichen Rechtsmittelverfahren geklärt werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 12.12.1997 - 1 ZEO 1118/97 -). Derartige Fragen wirft die Klägerin nicht auf.

Insbesondere kann daraus, dass die erkennende Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat, nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geschlossen werden. Zum einen handelt es sich bei der Übertragungsmöglichkeit auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO um eine Sollvorschrift; ferner kann das erstinstanzliche Gericht die Frage des Vorliegens besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht mit bindender Wirkung für das Rechtsmittelgericht entscheiden; schließlich ist auch noch der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der besonderen Schwierigkeiten bei der Entscheidung über die Zulassung der Berufung ein anderer als bei der möglichen Entscheidung über die Übertragung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. Juni 2002 - 7 ZB 02.532 - juris; Happ in: Eyermann, VwGO, 12. Auflage, Rn. 31 zu § 124 m. w. N.).

Auch der Umstand, dass es sich hier um ein Verfahren mit europarechtlichem Einschlag handelt, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Sachverhalt ist überschaubar. Die Rechtsfragen sind wie sich aus dem Vorstehenden unter 1.) ergibt, eindeutig zu beurteilen.

3.) Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen der von der Klägerin geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist nur dann gerechtfertigt, wenn zu erwarten ist, dass in der Berufungsentscheidung eine klärungsbedürftige Frage mit Verbindlichkeit über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden kann (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 17.6.1997 - 3 ZKO 217/97 -, NVwZ 1998, 194).

Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Erhebung einer nationalen Sicherheitsgebühr wie die Luftsicherheitsgebühr eine unzulässige Beschränkung der den Luftfahrtunternehmen mit der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 gewährten Dienstleistungsfreiheit darstellt und aus diesem Grunde rechtswidrig ist. Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich, wie sich aus dem Vorstehenden zu 1.) ergibt, auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung des EuGH und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 72 Nr. 1, 63 Abs. 2 und 3, 47 und 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - in der seit dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung. Das für die Bestimmung des Streitwerts nach § 52 Abs. 1 GKG maßgebliche Interesse der Klägerin bemisst der Senat mit 224.812,02 €, dem Gesamtbetrag der mit den angefochtenen Bescheiden erhobenen Luftsicherheitsgebühr.

Der Senat macht von der ihm durch § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG eingeräumten Befugnis Gebrauch, den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat bei Bemessung des Streitwerts versehentlich den mit Bescheid vom 26. August 1994 eingeforderten Betrag in Höhe von 9.626,50 DM, der vor der Verbindung mit den anderen Klageverfahren Gegenstand des Verfahrens 1 K 1796/02.We war, nicht einbezogen.

Ende der Entscheidung

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