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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.10.2004
Aktenzeichen: 2 EO 1377/04
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, GG, PartG, ThürKO


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
VwGO § 123 Abs. 3
ZPO § 920
GG Art. 3
GG Art. 21
PartG § 5 Abs. 1
ThürKO § 14 Abs. 1
ThürKO § 14 Abs. 3
Ein ungefährdeter und durchsetzbarer Rechtsanspruch gegen einen privaten Vermieter eines Veranstaltungsraumes kann einem Rechtsschutzgesuch, das auf die Erzwingung einer weiteren Hallenüberlassung durch einen öffentlichen Träger gerichtet ist, wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses entgegengehalten werden.

Zu den Voraussetzungen für den Anspruch einer Partei aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG i. V. m. Art. 3 und Art. 21 Abs. 1 GG, eine kommunale öffentliche Einrichtung nutzen zu dürfen.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 2. Senat - Beschluss

2 EO 1377/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunalrecht,

hier: Beschwerde nach § 123 VwGO

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Graef, den Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Dr. Fuchs am 26. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 7. Oktober 2004 - 6 E 5936/04.We - wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin die Obereichsfeldhalle in Leinefelde am 30. und 31. Oktober 2004 für deren 30. ordentlichen Bundesparteitag zur Verfügung zu stellen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selber trägt.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr die Obereichsfeldhalle in Leinefelde am 30. und 31. Oktober 2004 für ihren 30. ordentlichen Bundesparteitag zur Verfügung zu stellen.

Die Obereichsfeldhalle ist eine öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin. Auf die vom Bürgermeister und vom Sachgebietsleiter unterzeichnete Ordnung über die Benutzung der Obereichsfeldhalle vom Januar 1997 wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18. August 2004 bat die Antragstellerin die Antragsgegnerin um Mitteilung, ob die Obereichsfeldhalle am 30. und 31. Oktober 2004 noch frei sei. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Bei einer persönlichen Vorsprache wurde dem Generalsekretär der Antragstellerin im Bürgerbüro der Antragsgegnerin am 26. August 2004 gegen 16.30 Uhr erklärt, die für die Vermietung der Halle zuständige Mitarbeiterin, Frau S_____, sei zu dieser Uhrzeit nicht mehr anwesend.

Am 27. August 2004 teilte diese Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin dem Generalsekretär der Antragstellerin telefonisch mit, dass die Obereichsfeldhalle am 30. und 31. Oktober 2004 noch nicht mit anderweitigen Veranstaltungen belegt sei. Sie erläuterte dabei die Mietkonditionen, insbesondere informierte sie ihn über die Miethöhe und einige technische Einzelheiten. Sie empfahl außerdem, wegen der beabsichtigten Hallenreservierung ein Telefax an den für die Vergabe letztlich zuständigen Mitarbeiter der Antragsgegnerin, Herrn S_____, zu richten.

Am gleichen Tage gegen 11.25 Uhr übermittelte die Antragstellerin der Antragsgegnerin ein Telefax, mit dem sie die Obereichsfeldhalle verbindlich für das Wochenende vom 30. und 31. Oktober 2004 zur Durchführung des Bundesparteitages zu reservieren suchte. Man erwarte ca. 400 Teilnehmer. Die Antragstellerin kündigte in diesem Zusammenhang ferner an, zur Unterzeichnung eines Mietvertrages am 31. August 2004 vormittags gegen 11.00 Uhr nach Leinefelde kommen zu wollen. Die außerdem erbetene Terminbestätigung blieb aus.

Am 31. August 2004 erklärte Frau S_____ dem Generalsekretär der Antragsgegnerin, die Obereichsfeldhalle sei jetzt durch eine Sportveranstaltung belegt und könne der Antragsgegnerin nicht zur Verfügung gestellt werden. Der Leiter des Hauptamtes der Antragsgegnerin, Herr B______, an den die Sachbearbeiterin den Generalsekretär verwiesen hatte, erklärte - so die unbestrittene eidesstattliche Versicherung des Generalsekretärs -, er habe am Nachmittag des 27. August 2004 die Halle dem Beigeladenen anlässlich eines Termins in Erfurt zur Durchführung einer Sportveranstaltung am 30. und 31. Oktober 2004 verbindlich zugesagt. Er fühle sich hieran gebunden.

Gegen die Versagung der Halle hat die Antragstellerin am 17. September 2004 Widerspruch erhoben, über den bislang nicht entschieden ist.

Am 20. September 2004 hat die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Weimar um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ihr stehe gegenüber der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Überlassung der Obereichsfeldhalle nach dem Grundgesetz in Verbindung mit dem Parteiengesetz zu. Die Halle werde nach der in das Internet eingestellten Seite von der Antragsgegnerin auch für Kongresse und Großveranstaltungen zur Verfügung gestellt. Die Überlassung der Halle an den Beigeladenen stehe diesem Anspruch nicht entgegen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Antragstellerin ihre schriftliche Reservierung Stunden vor dem Beigeladenen der Antragsgegnerin zugeleitet habe, spreche Einiges dafür, dass die dem Beigeladenen erteilte Zusage nur ein Vorwand sei, die Überlassung der Halle an die Antragstellerin zu verhindern.

Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr die Obereichsfeldhalle in Leinefelde am 30. und 31. Oktober 2004 für ihren 30. ordentlichen Bundesparteitag zur Verfügung zu stellen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung hat sie auf §1 Abs. 2 der Benutzungsordnung der Obereichsfeldhalle hingewiesen, demzufolge neben der bevorzugten Nutzung der Obereichsfeldhalle durch den Schulsport und den Freizeit- und Erholungsport die Halle auch den Vereinen und Verbänden der Stadt zur Verfügung stehe. Eine Nutzung durch politische Veranstaltungen sei in der Benutzungsordnung nicht vorgesehen. Bisher habe es auch noch keine politischen Veranstaltungen in der Halle gegeben. Die Antragstellerin sei weder Einwohnerin der Gemeinde noch juristische Person im Sinne des § 14 Abs. 3 ThürKO. Ihr Mitarbeiter S_____ habe im Übrigen mit dem Beigeladenen bereits Anfang des Jahres 2004 - wie in jedem Jahr üblich - die Termine für Kampfsportveranstaltungen in der Obereichsfeldhalle abgesprochen. Dabei hätten sie als Termin für einen Landeslehrgang für ostasiatische Kampfsportarten das letzte Oktoberwochenende 2004 festgehalten. Die Planung habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass "der Termin zurückgezogen werden" könne, wenn der noch einzuladende chinesische Referent nicht erscheinen könne. Nach Zusage des chinesischen Referenten für diese Veranstaltung habe der Beigeladene Mitte August 2004 die Planungen konkret aufgenommen. Kurz darauf habe ihr zuständiger Mitarbeiter, Herr S_____, dem Beigeladenen zugesagt, die Halle für ihn zu reservieren. Der von der Antragstellerin benannte Herr B_____ sei für Absprachen die Hallennutzung betreffend nicht zuständig gewesen. Die Absprachen zwischen der Stadt und dem Beigeladenen seien langjähriger Übung entsprechend nur mündliche gewesen. Deshalb habe zum Zeitpunkt der telefonischen Kontaktaufnahme der Antragstellerin die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin am 27. August 2004 keine Kenntnis von der bereits dem Beigeladenen gegebenen Zusage haben können.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 6 E 5936/04.We - den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Nutzung der Obereichsfeldhalle am 30. und 31. Oktober 2004. Die Halle sei bereits durch den Hauptamtsleiter der Antragstellerin an den Beigeladenen vergeben gewesen. Dieser habe trotz möglicher Kenntnis des früheren Antrags der Antragstellerin den Beigeladenen bei der Hallenvergabe bevorzugen dürfen. Der Widmungszweck der Obereichsfeldhalle sei nämlich auf die bevorzugte Nutzung durch Schulsport und den Freizeit- und Erholungsport gerichtet. Daneben sehe die Ordnung eine kommerzielle Nutzung durch Dritte nur dann vor, wenn Bürger oder Organisationen der Stadt nicht an einer Hallennutzung interessiert seien. Da der Antragsgegnerin zwei noch nicht verbindlich beschiedene Anmeldungen vorgelegen hätten, habe es der Nutzungsordnung entsprochen, der Anmeldung des Beigeladenen den Vorzug zu geben. Auf die zeitliche Reihenfolge ihres Eingangs komme es daher nicht an.

Gegen den ihr am 8. Oktober 2004 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 12. Oktober 2004 Beschwerde erhoben. Die Antragstellerin vertieft ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Anspruch der Antragstellerin auf Überlassung der Obereichsfeldhalle am 30. und 31. Oktober 2004 verneint. Dieser Anspruch werde durch die Nutzungsordnung der Antragsgegnerin nicht ausgeschlossen. Ein Verbot politischer Veranstaltungen sei der Nutzungsordnung der Obereichsfeldhalle nicht zu entnehmen. Die Halle stehe daher für ihren Bundesparteitag offen. Die Veranstaltung des Beigeladenen sei nur ein Vorwand, um ihren Anspruch zu vereiteln. Die unverbindliche Anmeldung des Beigeladenen ihrer verbindlichen Anmeldung vorzuziehen, sei willkürlich.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 7. Oktober 2004 - 6 E 5936/04.We - abzuändern und nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie gibt ergänzend an, dass in den vergangenen Jahren im Foyer der Halle bereits mehrfach Parteien politische Veranstaltungen mit überörtlichem Charakter durchgeführt hätten.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die eidesstattlichen Versicherungen der Beteiligten, Bezug genommen. Die Verwaltungsakten (ein Hefter Veranstaltungspläne, 4 Kalender der Stadtverwaltung Leinefelde 2000 bis 2004, ein Blatt Kalender Stadtverwaltung 2004, Raumplan der Obereichsfeldhalle, eine Heftung Raumnutzungsverträge) lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

II.

Die Beschwerde ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben (vgl. §§ 146, 147 VwGO).

Die Beschwerde ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin am 30. und 31. Oktober die Obereichsfeldhalle zur Durchführung ihres Bundesparteitages zur Verfügung zu stellen, zu Unrecht abgelehnt.

Der Antrag ist zulässig.

Dem Antrag fehlt insbesondere nicht deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil die Antragstellerin nach Ablehnung ihres erstinstanzlichen Antrags am 10. Oktober 2004 einen Mietvertrag mit dem Pächter des Bürgerhauses "Tannenhof" in S_____ bei Wetzlar abgeschlossen hat.

Das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin an ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann nämlich nur bei Vorliegen besonderer Umstände verneint werden. Solche Umstände lägen nur dann vor, wenn ein Obsiegen im vorliegenden Verfahren der Antragstellerin keinen rechtlichen Vorteil brächte, es einfachere oder effektivere Möglichkeiten des Rechtsschutzes für sie gäbe oder der Antrag sich sonst als rechtsmissbräuchlich darstellte. Dabei ist jedoch kein strenger Maßstab anzulegen und das Rechtsschutzbedürfnis im Zweifel zu bejahen (vgl. hierzu Kopp/Schenke: Kommentar zur VwGO, 13. Aufl., Vorbemerkung zu § 40 Rdnr. 37 ff. m . w . N.).

Solche besonderen Umstände liegen hier nicht vor.

Der Senat verkennt zwar nicht, dass ein ungefährdeter und durchsetzbarer Rechtsanspruch gegen einen privaten Vermieter eines Veranstaltungsraumes einem Rechtsschutzgesuch, das auf die Erzwingung einer Hallenüberlassung durch einen öffentlichen Träger gerichtet ist, unter Umständen entgegengehalten werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juni 1985 - 2 B 36/85 -, NJW 1985, 2347).

Im vorliegenden Fall ist die Durchsetzung des Rechtsanspruches aus dem genannten Mietvertrag jedoch gefährdet. Das angemietete Bürgerhaus "Tannenhof" in S____ bei Wetzlar steht nämlich im Eigentum der Stadt Wetzlar. Sie ist auch die Verpächterin der Halle. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben des Eigenbetriebs "Stadthallen Wetzlar" vom 12. und 15. Oktober 2004 ist die Stadt unter Hinweis auf die Verletzung des Widmungszwecks des Bürgerhauses "Tannenhof" offenkundig gewillt, alle tatsächlichen und rechtlichen Mittel (Bauarbeiten, Ordnungsrecht) auszuschöpfen, um bis zum Wochenende diesen Vertrag zwischen dem Pächter und der Antragstellerin zu Fall zu bringen bzw. die Durchführung des Mietvertrages zu verhindern. Angesichts dieser Umstände kann der Antragstellerin nicht abgesprochen werden, dass das vorliegende Verfahren ihr einen rechtlichen Vorteil bringt. Es bestehen auch Zweifel, ob angesichts der Kürze der verbleibenden Zeit der Antragstellerin noch die Möglichkeit verbliebe, mittels einstweiligen Rechtsschutzes bei den zuständigen Gerichten den vertraglichen Anspruch durchzusetzen. Angesichts dieser Zweifel ist das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.

Der Antrag ist auch begründet.

Er dient dazu, ein Rechtsverhältnis - hier die Benutzung der Halle der Antragsgegnerin - zur Abwendung eines wesentlichen Nachteils einstweilig zu regeln (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Für den Antrag besteht ein Anordnungsgrund (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung). Die Sache ist eilbedürftig. Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag, dass der von ihr geltend gemachte Benutzungsanspruch alsbald durchgesetzt wird; dies ist auch notwendig, da der Parteitag für das kommende Wochenende vorgesehen ist und verhindert werden soll, dass der Anspruch durch Zeitablauf vereitelt wird und der mit der Planung und Vorbereitung des Bundesparteitags verbundene Aufwand nutzlos vertan ist.

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung) glaubhaft gemacht, der es gebietet, die in der Hauptsache angestrebte Entscheidung ausnahmsweise vorwegzunehmen, weil ein wirkungsvoller Rechtsschutz auf andere Weise nicht erreicht werden kann.

Dieser Anspruch ergibt sich zwar nicht aus § 14 Abs. 1 und 3 ThürKO, wonach juristische Personen und Personenvereinigungen im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt sind, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu nutzen.

Nach dem Sinn und Zweck dieser Bestimmungen und dem systematischen Zusammenhang zwischen Absatz 1 und 3 des § 14 ThürKO haben einen solchen Anspruch nur solche juristische Personen und Personenvereinigungen, die ihren Sitz und ihren Tätigkeitsbereich schwerpunktmäßig in der Gemeinde haben (ebenso für das vergleichbare baden-württembergische Landesrecht: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Mai 1988 - 1 S 355/87 -, GewArch 1988, 395). Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin nicht.

Die Antragstellerin hat als politische Partei einen Rechtsanspruch auf Überlassung der Obereichsfeldhalle der Antragsgegnerin zur Durchführung ihres Bundesparteitages am 30. und 31. Oktober 2004 aus § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG i. V. m. Art. 3 und Art. 21 Abs. 1 GG. Danach sollen alle Parteien gleichbehandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung gestellt hat. Dies ist hier der Fall.

In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass auch die Gemeinden als Träger öffentlicher Gewalt grundsätzlich verpflichtet sind, diesen Anspruch auf Gleichbehandlung der Parteien zu beachten (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1969 - VII C 27.69 und 29.69 -, Buchholz 150 § 5 Nr. 2 und 3, Urteil vom 18. Juli 1969 - VII C 4.69 -, Buchholz 150 § 5 Nr. 1, Beschluss vom 27. August 1991 - 7 B 19/91 - zit. nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 18. Februar 1994 - 1 S 436/94 -, NVwZ 1994, 587, und vom 11. Mai 1995 - 1 S 1283/95 -, NVwZ- RR 1996, 681; Bayerischer VGH, Beschluss vom 5. Mai 1982 - 4 CE 82 A.898 -, BayVBl. 1984, 246; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juni 1985, a. a. O.).

Als nicht verbotene Partei steht die Antragstellerin unter dem Schutz des Art. 21 GG und hat damit das Recht, sich dem Bürger so darzustellen, wie es ihrem Selbstverständnis entspricht (vgl. BVerfGE 40, 287, 293). Sie hat außerdem die Pflicht, mindestens alle zwei Jahre einen Parteitag durchzuführen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 PartG). An der Wahrnehmung dieser Rechte und Pflichten darf sie grundsätzlich nicht gehindert werden (vgl. ständige Rechtsprechung: z. B. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989 - 7 B 184/88 -, NJW 1990, 134; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 5. Oktober 1993 - 1 S 2333/93 - und vom 18.02.1994, a. a. O.).

Die Obereichsfeldhalle ist unstreitig eine öffentliche Einrichtung. Die Antragsgegnerin unterhält nach den Feststellungen des Senats die Halle im öffentlichen Interesse und hat sie durch gemeindlichen Widmungsakt der allgemeinen Benutzung nicht nur Gemeindeangehörigen und ortsansässigen Vereinigungen, sondern auch kommerziellen Anbietern und politischen Parteien zugänglich gemacht.

Ob die Nutzungsordnung des Bürgermeisters vom Januar 1997, in deren § 1 die grundsätzlich zulässigen Veranstaltungsarten festgelegt sind, als Widmungsakt einer kommunalrechtlichen Rechtmäßigkeitsprüfung standhält, kann offen bleiben. Darauf kommt es letztlich nicht an. Insoweit wäre zu prüfen, ob wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Angelegenheit ein Beschluss des Stadtrates erforderlich gewesen wäre (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO).

Ein Widmungsakt kann nämlich - wie hier offenkundig geschehen - auch stillschweigend in der tatsächlichen Öffnung der Einrichtung für die Benutzung durch die Allgemeinheit liegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Mai 1995 - 1 S 1283/95 - DVBl. 1995, S. 927; Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. März 1988 - 4 B 86.02336 -, BayVBl. 1989, 148). Der Umfang der Widmung bestimmt sich in diesen Fällen nach der tatsächlich feststellbaren Nutzung in der Vergangenheit.

Im vorliegenden Falle hat die Antragsgegnerin die Halle zum einen für solche Veranstaltungen bereitgehalten und zur Verfügung gestellt, wie sie in § 1 Abs. 2 der Nutzungsordnung beschrieben sind. In den vorgelegten Kalendern finden sich für die Jahre 2000 bis 2004 Tanz- oder Sportveranstaltungen, Konzerte, Modeschauen, Ausstellungen, Messen, bunte Nachmittage, Tagungen, Betriebs- und Vereinsfeiern. Dabei traten sowohl Gemeindeangehörige und ortsansässige Vereinigungen als auch überregional tätige kommerzielle Anbieter auf. Die Antragsgegnerin hat die Halle in der Vergangenheit aber auch - wie sich aus den vorgelegten kalendarischen Belegungsplänen, Veranstaltungslisten und Nutzungsverträgen ergibt - zur Durchführung von örtlichen und überörtlichen Veranstaltungen den Parteien CDU, SPD und PDS sowie der Jungen Union als Parteigliederung der CDU überlassen.

Der Senat konnte schließlich aus dem Umstand, dass die bisherigen politischen Veranstaltungen insgesamt nicht in der von der Antragstellerin begehrten Haupthalle, sondern im Foyer mit jeweils höchstens 50 Teilnehmern stattgefunden haben, keine räumliche oder inhaltliche Widmungsbeschränkung ableiten. Die Vertreter der Antragsgegnerin haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den sich bereits aus den vorgelegten Lageplänen ergebenden Eindruck bestätigt, dass bei einer Veranstaltung im Foyer eine Nutzung der Haupthalle technisch wie ordnungsrechtlich nicht möglich ist. Führt aber die Belegung im Foyer dazu, dass auch die Halle tatsächlich nicht mehr für andere Zwecke nutzbar ist, kann hieraus auch keine Beschränkung des Zulassungsanspruchs für politische Parteien bezogen auf das Foyer oder bezogen auf die an der Teilnehmerzahl zu messenden Größe der Veranstaltung angenommen werden. Eine Partei kann daher nicht auf das Foyer verwiesen werden, sondern es besteht für sie die Möglichkeit, bei einer größeren Teilnehmerzahl - wie bei einer Veranstaltung einer Bundespartei - die Haupthalle zu belegen.

Hat die Antragsgegnerin mithin als Trägerin öffentlicher Gewalt anderen Parteien diese Einrichtungen für überörtliche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt, "soll" sie gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG alle Parteien und damit auch die Antragstellerin gleichbehandeln.

Diesem Anspruch steht auch nicht die Veranstaltung des Beigeladenen entgegen.

Die Sollvorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 PartG räumt der Antragsgegnerin nämlich kein weites, unkontrollierbares Versagungsermessen ein, sondern ermöglicht ihr nur, den Gleichbehandlungsanspruch unter bestimmten, in der Rechtsordnung vorgezeichneten Voraussetzungen zu beschränken und ausnahmsweise mit Rücksicht auf höherrangige Rechtsgüter oder vordringliche Interessen abzulehnen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Juni 1985, a. a. O.).

Ein solches höherrangiges Rechtsgut oder vordringliches Interesse kann der Senat nicht in den Planungen des Beigeladenen, am 30. und 31. Oktober in der Eichsfeldhalle eine Sportveranstaltung durchführen zu wollen, und einer darauf beruhenden Vergabe der Halle erkennen.

Der Senat musste nämlich zu der Feststellung gelangen, dass der Beigeladene die Veranstaltung nicht ernsthaft durchführen wollte bzw. der Antragsgegnerin als Vorwand dafür diente, den Zulassungsanspruch zu vereiteln. Diese Feststellung beruht zum Ersten auf der mangelnden Darlegung einer wirksamen Vergabeentscheidung, zum Zweiten auf den durch das Prozessverhalten der Antragsgegnerin nicht ausräumbaren Widersprüchlichkeiten im Vorbringen zu den Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen sowie zum Dritten auf dem wenig substantiierten Vorbringen des Beigeladenen zur Planung und Vorbereitung der Sportveranstaltung.

Ausgangspunkt der Zweifel des Senats an der Ernsthaftigkeit der Veranstaltung waren folgende Umstände:

Nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin wusste die mit der Verwaltung der Halle befasste Mitarbeiterin am 27. August 2004 von einer Belegung der Halle mit einer Veranstaltung des Beigeladenen am fraglichen Wochenende noch nichts, obwohl nach den Einlassungen der Antragsgegnerin dem Beigeladenen bereits seit dem Frühjahr 2004 eine mündliche Option und Mitte August eine Zusage gegeben worden sein soll. Der Leiter des Hauptamtes der Antragsgegnerin, Herr B______, soll vier Tage später erklärt haben - so die unbestrittene eidesstattliche Versicherung des Generalsekretärs der Antragstellerin -, er habe am Nachmittag des 27. August 2004 die Halle dem Beigeladenen anlässlich eines Termins in Erfurt zur Durchführung einer Sportveranstaltung am 30. und 31. Oktober 2004 verbindlich zugesagt. Im erstinstanzlichen Verfahren erklärte die Antragsgegnerin schließlich, der Hauptamtsleiter sei - und dies hat das Verwaltungsgericht nicht erkannt, obwohl es seine Entscheidung maßgeblich auf dessen Vergabeentscheidung stützt - für die Zusage der Halle nicht zuständig gewesen. Vielmehr habe der Leiter des Amtes für Kultur und Sport, Herr S___, dem Beigeladenen Mitte August eine mündliche Zusage gemacht. Weiterhin konnte die Antragstellerin unwidersprochen vortragen, dass der Beigeladene, der nach Angaben der Antragsgegnerin bereits seit Mitte August eine Zusage für die kostenlose Hallennutzung gehabt haben will, nicht vor Mitte September den Termin auf ihrer Veranstaltungsliste im Internet geführt hatte. Ob die dem Verwaltungsgericht vorgelegte Einladung zu der Sportveranstaltung ihren Adressatenkreis erreicht hat, war offen. Eine Zusage des chinesischen Referenten, die Mitte August vorgelegen haben soll, wurde weder dem Verwaltungsgericht noch dem Senat vorgelegt.

Der Versuch des Senats, diese Zweifel und die erheblichen Unklarheiten bezüglich der Zeitabläufe und der getroffenen Absprachen durch Anhörung der ausdrücklich und namentlich geladenen Mitarbeiter der Antragsgegnerin aufzuklären, ist jedoch daran gescheitert, dass die Antragsgegnerin diese Mitarbeiter auf Veranlassung des Bürgermeisters nicht zum Termin mitgebracht hat. Auch der Bürgermeister blieb ebenfalls unentschuldigt dem Termin fern. Die Antragsgegnerin ist damit ihren prozessualen Mitwirkungs- und Wahrheitspflichten insoweit nicht nachgekommen. Ein derartiges Verhalten, das einer Beweisvereitelung gleich kommt, ist durch nichts zu entschuldigen und die daraus folgenden rechtlichen Schlussfolgerungen gehen allein zu Lasten der Antragsgegnerin. Der Eindruck mangelnder Mitwirkungsbereitschaft wird schließlich noch verstärkt durch den Umstand, dass die Antragsgegnerin ihre Behauptung gegenüber dem Verwaltungsgericht, in der Halle hätten in der Vergangenheit keine Parteiveranstaltungen stattgefunden, im Beschwerdeverfahren hat korrigieren müssen, nachdem der Senat diese Aussage eidesstattlich versichert haben wollte.

Auch die Befragung des stellvertretenden Vorsitzenden des Beigeladenen hat zu keiner weiteren Aufklärung geführt. Dieser hat vielmehr eingeräumt, dass der Beigeladene für die Veranstaltung am kommenden Wochenende keine Einladungen mehr versandt habe und nach Auftreten der Schwierigkeiten mit der Antragstellerin jede weitere Vorbereitung eingestellt habe.

Auf Grund dieser Umstände konnte der Senat nicht von einer wirksamen Vergabeentscheidung ausgehen bzw. sich nicht von der Ernsthaftigkeit des Willens der Beigeladenen überzeugen, diese Veranstaltung durchführen zu wollen. Nachdem das aber nicht feststellbar ist, bedarf es auch keiner Prüfung mehr, ob und wie eine Auswahl zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen vorzunehmen war.

Nachdem auch keine weiteren Gründe vorgetragen oder ersichtlich sind, die dem Gleichbehandlungsanspruch entgegenstehen, war die Antragsgegnerin antragsgemäß zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene, der keinen Antrag gestellt hat, hat seine Kosten selbst zu tragen (vgl. § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO entsprechend).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 i. V. m. §§ 47 und 52 Abs. 2 GKG n. F. Da das Begehr der Antragstellerin letztlich auf eine Vorwegnahme der Sache hinaus läuft, sah das Gericht keine Veranlassung, den Regelstreitwert wegen des Charakters des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu reduzieren.

Hinweis: Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG n. F.).

Ende der Entscheidung

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