Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 31.03.2003
Aktenzeichen: 2 KO 497/02
Rechtsgebiete: GG, ThürVerf, ThürKWG, ThürKO, ThürNGG, ThürKWBG, ThürBG


Vorschriften:

GG Art. 137 Abs. 1
ThürVerf Art. 2
ThürVerf Art. 95
ThürKWG § 30 Abs. 6
ThürKO § 23 Abs. 4 S 1 Nr. 1
ThürKO § 28 Abs. 3
ThürKO § 28 Abs. 4
ThürKO § 29
ThürKO § 38
ThürKO § 47
ThürKO § 48 Abs. 1
ThürKO § 48 Abs. 3
ThürNGG § 16
ThürKWBG § 1 Abs. 2 Nr. 4
ThürKWBG § 7 Abs. 3 S. 1
ThürBG § 5 Abs. 2
1. Ein ehrenamtlicher Bürgermeister einer Gemeinde verliert von Gesetzes wegen sein Ehrenamt, wenn er zugleich (hauptamtlicher) Gemeinschaftsvorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft ist, der die Gemeinde angehört.

2. Art. 137 Abs. 1 GG ermächtigt den Landesgesetzgeber unmittelbar zum Erlass wahlrechtsbeschränkender Bestimmungen. Einer vorherigen Umsetzung durch den Landesverfassungsgesetzgeber bedarf es nicht (im Anschluss an die st. Rspr., vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1964 - 2 BVR 319/61 - BVerfGE 18, 172 ff.).

3. Der in § 24 Abs. 4 Satz 1 ThürKO geregelte Ausschluss der gleichzeitigen Wahrnehmung von Amt und Mandat - Inkompatibilitätsregelung - ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Dies gilt auch, soweit die Regelung einen "faktischen" Ausschluss von der Wählbarkeit - Ineligibilitätsregelung - darstellt. Sie ist von der Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG gedeckt, und darüber hinaus sachlich gerechtfertigt, da ansonsten dem gesetzgeberischen Ziel der Ermächtigung, Interessenskonflikte zu vermeiden, anders wirksam nicht begegnet werden kann.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

- 2. Senat - 2 KO 497/02

Verkündet am 15.04.2003

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen

Kommunalwahlrecht,

hier: Berufung

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Graef, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Gith aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das auf Grund mündlicher Verhandlung vom 24. Oktober 2001 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gera - 2 K 1744/99 GE - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Wahl des Klägers zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde E_____ ein Amtsantrittshindernis entgegensteht.

Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1996 hauptamtlicher Gemeinschaftsvorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft "R_____". Am 13. Juni 1999 wurde er zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde E_____, die Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft "R_____" ist, gewählt.

Mit Bescheid vom 1. Juli 1999, zugestellt am 6. Juli 1999, stellte das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises sofort vollziehbar fest, der Kläger könne das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde E_____ vom gleichen Tage an nicht antreten. Zur Begründung führte es aus, es bestehe ein Amtsantrittshindernis kraft Gesetzes, weil der Kläger als Gemeinschaftsvorsitzender hauptamtlich in der Verwaltungsgemeinschaft R_____ tätig sei.

Am 29. Juli 1999 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheides. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die einschlägige Regelung in der Thüringer Kommunalordnung beschränke unzulässigerweise sein passives Wahlrecht als ehrenamtlicher Bürgermeister. Eine Ermächtigungsgrundlage für eine Einschränkung der Wählbarkeit, die weder aus Art. 95 Verfassung des Freistaates Thüringen (ThürVerf) noch aus Art. 9 ThürVerf ableitbar sei, sei von verfassungs wegen nicht vorhanden. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 2 Abs. 1 ThürVerf, weil der Kommunalgesetzgeber eine systemwidrige und willkürliche Differenzierung zwischen hauptamtlichen Beamten und hauptberuflichen Angestellten einerseits sowie entsprechenden Teilzeitkräften andererseits vorsehe. Ebenso verstoße die Gleichstellung von kommunalen Wahlbeamten und hauptamtlichen Laufbahnbeamten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3. August 1999 ab, weil die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig sei. Die daraufhin vom Kläger vom 6. August 1999 beim Verwaltungsgericht Gera beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen den Bescheid vom 1. Juli 1999 hat das Gericht mit Beschluss vom 6. September 1999 - 2 E 987/99 GE - abgelehnt, da der Widerspruch des Klägers nach einer zu treffenden Prognoseentscheidung offensichtlich erfolglos sein werde.

Mit Bescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 25. Oktober 1999 wurde der Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Entscheidung der Gesetzeslage entspreche. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit der Inkompatibilitätsregelung sei für ihre Entscheidung ohne Belang, da sie nicht zur Prüfung der Verfassungsgemäßheit berufen sei.

Gegen den am 2. November 1999 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 29. November 1999 Klage erhoben. Ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen hat er darauf hingewiesen, es fehle in Thüringen an einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung zur Einführung von Wählbarkeitsbeschränkungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes, wie dies teilweise in Verfassungen anderer Bundesländer vorgesehen sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes des Saale-Orla-Kreises vom 1. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 25. Oktober 1999 aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass der im Hauptantrag genannte Bescheid rechtswidrig war.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

Bereits am 12. September 1999 hatte auf Anordnung des Beklagten eine Neuwahl zum Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters der Gemeinde E_____ stattgefunden. Der Kläger wurde erneut gewählt. Er lehnte die Wahl nicht ausdrücklich ab, so dass die Wahl als angenommen galt. Daraufhin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28. September 1999 wiederum fest, dass im Falle des Klägers ein Amtsantrittshindernis besteht. Gegen den am 30. September 1999 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 7. Oktober 1999 Widerspruch ein, über den bisher nicht entschieden wurde.

Am 16. Januar 2000 wurde der Kläger auch bei einer weiteren Neuwahl gewählt. Er lehnte auch diese Wahl nicht ausdrücklich ab, so dass sie als angenommen galt. Mit Bescheid vom 3. Februar 2000 stellte der Beklagte erneut fest, dass hinsichtlich des Klägers ein Amtsantrittshindernis besteht. Am 6. März 2000 hat der Kläger ebenso gegen den am 7. Februar 2000 zugestellten Bescheid Widerspruch eingelegt. Auch hierüber wurde bisher nicht entschieden.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Verwaltungsgericht Gera die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das erstinstanzliche Gericht im Wesentlichen ausgeführt:

Der Hauptantrag sei unzulässig, da sich der angefochtene Verwaltungsakt durch die erneute Wahl des Klägers zum ehrenamtlichen Bürgermeister am 12. September 1999 bzw. am 16. Januar 2000 erledigt habe.

Der Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 11. Juli 1999 sei zulässig. Der Kläger habe wegen der noch anstehenden Widerspruchsentscheidungen über die Feststellung eines Amtsantrittshindernisses für die Nachwahlen vom 12. September 1999 und 16. Januar 2000 unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein besonderes Feststellungsinteresse.

Die Klage sei jedoch unbegründet. Der Feststellungsbescheid vom 1. Juli 1999 sei in formeller Hinsicht rechtmäßig. Die Zuständigkeit der Kommunalaufsicht beruhe auf § 30 Abs. 6 Thüringer Kommunalwahlgesetz (ThürKWG). Der Verwaltungsakt sei auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für die Feststellung eines Amtsantrittshindernisses sei § 28 Abs. 4 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO. Danach könne eine zum Bürgermeister gewählte Person ihr Amt nicht antreten oder verliere ihr Amt, wenn sie gleichzeitig als hauptamtlicher Beamter oder hauptberuflicher Angestellter der Gemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft, der die Gemeinde angehöre, tätig sei. Diese Voraussetzungen lägen im Falle des Klägers vor. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit der einschlägigen Bestimmung bestünden nicht. Sie verstieße nicht gegen Art. 95 ThürVerf. Dementsprechend werde nur verlangt, dass in Übereinstimmung mit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG das Volk in den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine Vertretung habe, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen sei. Beide Regelungen bezögen sich nach ihrem Wortlaut nur auf die Vertretung in den Gemeinden, also auf die Wahl zum Gemeinderat bzw. Stadtrat. Für die Wahlen zum Amt des Bürgermeisters enthielten sie keine Vorgaben. Von daher bestünden bereits Zweifel daran, ob die Inkompatibilitätsregelung am Maßstab des Art. 95 ThürVerf zu messen sei. Dies bedürfe jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die Inkompatibilitätsregelung sei durch Art. 137 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Danach könne die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden gesetzlich beschränkt werden. Nach der in Rechtsprechung und Literatur nahezu einhellig vertretenen Rechtsansicht ermächtige Art. 137 Abs. 1 GG den Landesgesetzgeber unmittelbar zum Erlass wahlrechtsbeschränkender Bestimmungen. Gegen die vereinzelt vertretene Gegenansicht spreche schon der Wortlaut des Art. 137 Abs. 1 GG. Die Inkompatibilitätsregelung sei auch sachlich gerechtfertigt. Bei gleichzeitiger Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister einer Gemeinde und als Gemeinschaftsvorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft, welcher die Gemeinde angehöre, bestehe die Möglichkeit von Interessenskollisionen bei dem zweifach gewählten Gemeindevertreter, wie dies in der Person des Klägers der Fall sei. Nach § 48 Abs. 3 ThürKO würden die Mitglieder der Gemeinschaftsversammlung, die Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden, den Gemeinschaftsvorsitzenden wählen. Als Mitglied der Gemeinschaftsversammlung würde der Kläger sich demzufolge selbst wählen und kontrollieren. Interessenskonflikte könne es auch insoweit geben, als kommunalpolitische Vorstellungen und Interessen einzelner Mitgliedsgemeinden, insbesondere der Herkunftsgemeinde des Klägers, nicht mit der in der Gemeinschaftsversammlung in ihrer Mehrheit vertretenen Position übereinstimmen. Die Inkompatibilitätsregelung sei auch mit Blick auf den Gleichheitssatz des Art. 2 ThürVerf nicht zu beanstanden. Art. 137 Abs. 1 GG ermächtige den Landesgesetzgeber, entsprechende Regelungen einzuführen, verpflichte ihn aber nicht dazu. Es stehe damit im Ermessen des Gesetzgebers, ob und in welchem Umfang er von der Ermächtigung Gebrauch mache. Die Unterscheidung zwischen hauptberuflichen Angestellten und hauptamtlichen Beamten sowie entsprechenden Teilzeitkräften sei nicht willkürlich.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 11. Dezember 2001 zugestellte Urteil hat er am 11. Januar 2002 beim Verwaltungsgericht Gera beantragt, die Berufung zuzulassen. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 2. August 2002 - 2 ZKO 92/02 - entsprochen.

Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 24. Oktober 2001 - 2 K 1744/99 GE - abzuändern und festzustellen, dass der Bescheid des Landratsamtes des Saale-Orla-Kreises vom 1. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 25. Oktober 1999 rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag. In der Sache führt er aus, die Inkompatibilitätsregelung sei mit der Verfassung des Freistaates Thüringen vereinbar. Adressat von Art. 137 Abs. 1 GG, welcher Beschränkungen der Wählbarkeit zu Landtagen und Gemeindevertretungen erlaube, sei der Landesgesetzgeber.

Das Amt des Bürgermeisters in der Gemeinde E_____ wird derzeit durch einen von der Kommunalaufsicht bestellten Beauftragten wahrgenommen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Dem Gericht liegen 4 Hefter Behördenakten und 1 Gerichtsakte (Az.: 2 E 987/99 GE) vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Landratsamtes Saale-Orla-Kreis vom 1. Juli 1999 gerichtete Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft. Hat sich ein Verwaltungsakt anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Der streitgegenständliche Verwaltungsakt, der die Wahl des Klägers zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde E_____ betrifft, hat sich am 12. September 1999 durch seine erneute Wahl zum Bürgermeister dieser Gemeinde erledigt. Denn aus der ursprünglichen Wahl kann er weder Rechte für seine Wahl als ehrenamtlicher Bürgermeister ableiten, noch kann ihn die Feststellung eines Amtsantrittshindernisses beschweren. Dabei ist es unschädlich, dass das erledigende Ereignis vor dem Erlass des Widerspruchsbescheides und vor Klageerhebung eingetreten ist (vgl. BVerwG, U. v. 17. Oktober 1990 - 1 C 12/88 -, BVerwGE 87, 23 ff. [25] m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 113 RdNr. 99 m. w. N.).

Der Kläger besitzt auch ein besonderes Feststellungsinteresse für diese Klage. Ein solches Interesse liegt stets vor, wenn die Gefahr besteht, dass sich das Ereignis wiederholt, das Gegenstand des erledigenden Verwaltungsaktes ist (vgl. ausführlich: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand: Januar 2002, Bd. II, § 113 RdNr. 90). Das ist der Fall. Der Kläger beabsichtigt - wie zwischenzeitlich bereits zweimal geschehen - sich erneut zur Wahl als ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde E_____ aufstellen zu lassen.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Landratsamtes Saale-Orla-Kreis vom 1. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 25. April 1999 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die von dem Beklagten getroffene Feststellung, dass der Wahl des Klägers zum ehrenamtlichen Bürgermeister von Amts wegen ein Hindernis entgegensteht, ist nicht zu beanstanden.

Der angefochtene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig. Die Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamtes Saale-Orla-Kreis, zu der die Verwaltungsgemeinschaft R___________ seit der Neugliederung gehört (§ 16 Gesetz zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen vom 16. August 1993 [Thüringer Neugliederungsgesetz - ThürNGG -]; GVBl. S. 545) ist zur Entscheidung befugt (§ 30 Abs. 6 Thüringer Gesetz über die Wahlen in den Landkreisen und Gemeinden vom 16. August 1999 [Thüringer Kommunalwahlgesetz - ThürKWG -]; GVBl. S. 530 in der Fassung des ÄnderungG vom 25. März 1994, GVBl. S. 358). Dies gilt auch für den Fall der Feststellung eines Amtsantrittshindernisses von Amts wegen.

Der Verwaltungsakt war auch materiell rechtmäßig. Eine zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählte Person kann ihr Amt nicht antreten, wenn sie gleichzeitig als hauptamtlicher Beamter der Verwaltungsgemeinschaft, der die Gemeinde angehört, tätig ist (§ 28 Abs. 4 in Verbindung mit § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO - letztere Bestimmung in entsprechender Anwendung -). Das ist bei dem Kläger der Fall. Er ist zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde E_____ gewählt worden und zugleich hauptamtlicher (kommunaler Wahl-) Beamter der Verwaltungsgemeinschaft R_____ (vgl. § 48 Abs. 3 ThürKO, § 1 Abs. 2 Nr. 4 ThürKWBG).

Diese Unvereinbarkeitsregelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

Der Kläger kann sich allerdings nicht auf einen Verstoß gegen die in der Verfassung des Freistaates Thüringen gewährleisteten Wahlrechtsgrundsätze für kommunale Vertretungen in Art. 95 Satz 1 ThürVerf berufen. Die dort geregelten besonderen Wahlrechtsgrundsätze gelten nicht für die Wahl zum Bürgermeister. Diese Regelung garantiert dem Volk lediglich in den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine Vertretung, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Verfassungsrechtlich geschützt sind dabei die kommunalen Gebietskörperschaften wie Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. Art. 95 ThürVerf). Die Regelungen dienen der Sicherung einer unabhängigen und vom Volk legitimierten Legislative auf kommunaler Ebene vor allem in Form von Gemeinderäten. Die "Institution" des Bürgermeisters, der in Thüringen wie in vielen anderen Bundesländern (inzwischen) unmittelbar vom Volk gewählt wird (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 1 ThürKO), zählt nicht zu diesen Vertretungen. Er leitet die Gemeindeverwaltung (vgl. § 29 Abs. 1 ThürKO) und ist in dieser Funktion für die Durchsetzung und Ausführung der Beschlüsse des Gemeinderates zuständig (vgl. § 29 Abs. 1, 2 ThürKO). Er ist oberste Dienstbehörde der Beamten der Gemeinde sowie Vorgesetzter und Dienstvorgesetzter der Gemeindebediensteten (vgl. § 29 Abs. 3 ThürKO). Insoweit ist er kein durch den Volkswillen legitimiertes Legislativorgan und auch keine Vertretung im Sinne von Art. 95 ThürVerf. Er ist vielmehr der vollziehenden Gewalt (Exekutive) zuzuordnen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Bürgermeister inzwischen unmittelbar vom Volk gewählt wird und damit auch eine vom "Volkswillen" getragene Legitimierung erfährt, die seine Stellung innerhalb der Gemeinde hervor hebt. Es fehlt ihm jedoch in bestimmter Weise die mit der Funktion eines Gemeinderatsmitgliedes einhergehende "Ungebundenheit" und "Weisungsfreiheit". Er hat vielmehr die Beschlüsse des Gemeinderates zu vollziehen. Daran ändert sich auch deshalb nichts, weil der Bürgermeister als Mitglied des Gemeinderates an der "Gesetzgebung" beteiligt ist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 ThürKO). Ihm wächst dieses "Beteiligungsrecht" kraft seines Amtes durch Gesetz und nicht auf Grund seiner Wahl zu.

Die Unvereinbarkeitsregelung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Verfassungsgrundsatz der Gleichheit und Freiheit der Wahl in Art. 2 Abs. 1 ThürVerf.

Die von dem Kläger angegriffene Regelung in der Thüringer Kommunalordnung greift zwar in das allgemeine Wahlrecht ein (vgl. Art. 2 Abs. 1 ThürVerf). Dieser Eingriff ist jedoch verfassungskonform. Die Wählbarkeit von Beamten, dazu gehören Bürgermeister als Ehrenbeamte, kann in den Gemeinden beschränkt werden (Art. 137 Abs. 1 GG). Von dieser Möglichkeit hat der Thüringer Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht (vgl. § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO).

§ 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO weicht zwar von dem Grundsatz einer Gleichbehandlung aller Staatsbürger bei der Ausübung des Wahlrechtes ab, weil er die Wählbarkeit von Beamten oder Angestellten einer Verwaltungsgemeinschaft beschränkt. Dieser Beschränkung steht jedoch der Grundsatz der Gleichheit der Wahl nicht entgegen. Er verbürgt jedermann nur das Recht, sein aktives und passives Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben zu können (BVerfG, B. v. 17. Januar 1961 - 2 BvR 547/60 -, BVerfGE 12, 73 ff. [77]; B. v. 11. Oktober 1972 - 2 BvR 912/71 -, BVerfGE 34, 81 ff. [98]; B. v. 4. April 1978 - 2 BvR 1108/77 -, BVerfGE 48, 64 ff. [81]). Differenzierungen und Einschränkungen sind dann statthaft, wenn die Landesverfassung im Einklang mit dem Grundgesetz oder das Grundgesetz selbst ausdrücklich dazu ermächtigen oder der Verfassungsordnung sonst eine ausreichende Ermächtigung entnommen werden kann (vgl. grundlegend: BVerfG, B. v. 6. Oktober 1981 - 2 BvR 384/81 -, BVerfGE 58, 177 ff. [191]; BVerwG, U. v. 29. Juli 2002 - 8 C 22/01 - DVBl. 2003, 273 ff. = NVwZ 2003, 90 ff., m. w. N.). Das ist hier der Fall.

Der Landesgesetzgeber wird durch Art. 137 Abs. 1 GG unmittelbar zum Erlass solcher wahlrechtsbeschränkender Bestimmungen ermächtigt. Nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung und Literatur - der sich der Senat anschließt - bedarf es einer darüberhinausgehenden ausdrücklichen Umsetzung durch den Landesverfassungsgesetzgeber nicht (st. Rspr. und h. M.; vgl. BVerfG, B. v. 27. Oktober 1964, - 2 BvR 319/61 -, BVerfGE 18, 172 ff. [183]; B. v. 6. Oktober 1981 a. a. O., 177 ff.; B. v. 4. April 1978 a. a. O., 64 ff.; vgl. auch BVerwG, U. v. 29. Juli 2002 - 8 C 22/02 -, NVwZ 2003, 90 ff.; VerfGH Rheinland-Pfalz, U. v. 30. März 1982 - VGH 1/82 bis 4/82 - NVwZ 1983, 614 ff.; VerfGH des Landes Sachsen-Anhalt, U. v. 7. Juli 1998 - LVG 17/97 - NVwZ-RR 1999, 462 ff.; U. v. 27. Oktober 1994 - LVG 18/94 - NVwZ-RR 1995, 464 ff.; VerfGH des Landes Brandenburg, U. v. 17. September 1998 - 30/98 - DÖV 1998, 1055 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 18.06.2002 - 15 A 83/02 -, DÖV 2003, 43 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 17. Februar 1981 - 7 A 85/80 -, DÖV 1982, 417; so auch Mangold/Klein/v. Kamphausen, Das Bonner Grundgesetz, 3. Aufl., Bd. 14, Art. 137, RdNr. 13 ff. [14]; Magiera in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 2002, Art. 137, RdNr. 19 ff.; Mauntz in: Mauntz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand: Oktober 2002, Art. 137, RdNr. 9, 17; zur Verfassungsgemäßheit kommunalrechtlicher Inkompatibilitätsregelungen im Einzelnen: Wachsmuth/Oehler, Thüringer Kommunalrecht, Stand: November 2001, Erläuterung Nr. 6 zu § 23 ThürKO; Uckel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, Stand: Oktober 2002, Nr. 6.1 zu § 23 ThürKO; Rücker/Dieler/Schmidt, Gemeinde- und Landkreisordnung [Thüringer Kommunalordnung - ThürKO -], Kommentar, Stand: April 2002, Nr. 13 zu § 23; Widtmann/Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, Stand: Januar 2002, Art. 31 RdNr. 12; Hölz/Hien, Gemeindeordnung mit Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Kommentar, Stand: Juni 2000, Art. 31 Nr. 8).

Der insoweit im Wesentlichen von Stober vertretenen gegenteiligen Auffassung (vgl. Stober in: Bonner Kommentar, Art. 137, RdNr. 175 ff.), auf welche sich der Kläger beruft, ist nicht zu folgen. Denn die Regelungen auf dem Gebiet des Kommunalwahlrechtes fallen nach der Kompetenzverteilung im Grundgesetz ausschließlich in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers. Die Formulierung in Art. 137 Abs. 1 GG "in den Gemeinden" kann daher nur als eine Ermächtigung an diesen gemeint sein.

Die auf der Grundlage von Art. 137 Abs. 1 GG vom Thüringer Landesgesetzgeber in § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO getroffene Regelung hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Sie erweist sich insbesondere nicht deshalb als fehlerhaft, weil sie zu einem faktischen und damit verfassungsrechtlich bedenklichen Ausschluss der betroffenen Personengruppe von der Wahrnehmung des kommunalen Mandats führt (sogen. Ineligibilitätsregelung). Sie beruht insoweit auf einem sachlichen, über die Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG hinausgehenden Grund und ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, B. v. 9. März 1976 - 2 BvR 89/74 -, BVerfGE 41, 399 ff. [413]).

Die streitige Vorschrift in der Thüringer Kommunalordnung überschreitet zwar bei rein formal-rechtlicher Betrachtung den von Art. 137 Abs. 1 GG grundsätzlich vorgegebenen Rahmen nicht, weil sie - abstrakt gesehen - dem Betroffenen die Wahl zwischen Amt und Mandat belässt. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in seiner Entscheidung vom 4. April 1978 (BVerfG, B. v. 4. April 1978 - 2 BvR 1108/77 a. a. O., 88) ausgeführt:

"Eine "Ineligibilität" liegt aber nicht nur dann vor, wenn ein Bewerber rechtlich von der Bewerbung für das Mandat, von dessen Annahme oder von seiner Ausübung ausgeschlossen wird; sie ist vielmehr auch dann gegeben, wenn der Betroffene sich wegen der Folgen der gesetzlichen Regelung außerstande sieht, sich für das Mandat zu entscheiden (vgl. BVerfGE 38, 326 [338.]). Eine Unvereinbarkeitsregelung kann in ihrer Ausgestaltung und tatsächlichen Auswirkung der Ineligibilität, die den Betroffenen von vornherein rechtlich die Möglichkeit nimmt, gewählt zu werden, nahe kommen und faktisch den Verlust des passiven Wahlrechts bewirken."

(zum faktischen Ausschluss vgl. auch BVerfG, B. v. 27. Oktober 1964 - 2 BvR 319/61 -, a. a. O., 182; B. v. 5. Juni 1998 - 2 BvL 2/97 -, BVerfGE 98, 145 ff. [156]).

Diese Situation liegt auch hier vor. Entscheidet sich der Betroffene für die Annahme des Ehrenamtes als Ortsbürgermeister (§ 28 Abs. 2 ThürKO; § 5 Abs. 2 Thüringer Beamtengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. September 1999 [GVBl. S. 525] - ThürBG -) ist er gleichzeitig gezwungen, sich für den Zeitraum der Wahrnehmung dieses Amtes von seiner hauptamtlichen Tätigkeit unentgeltlich beurlauben zu lassen. Er erhält dann nur noch eine geringfügige Aufwandsentschädigung (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Thüringer Gesetz über kommunale Wahlbeamte vom 16. August 1993 [GVBl. S. 540] - ThürKWBG -). Ein ehrenamtlicher Bürgermeister wird sich daher - regelmäßig - gegen das Wahlamt entscheiden, um seine Lebensgrundlage durch seine hauptamtliche Beamtentätigkeit als Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft zu gewährleisten.

Art. 137 Abs. 1 GG gestattet eine solche, an seine "Ermächtigungsgrenzen" (so BVerfG, U. v. 5. November 1975 - 2 BvR 193/74 -, BVerfGE 40, 296 ff. [320 f.]: dem Gesetzgeber bleibe es überlassen, "bis an die äußerste Grenze der Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG zu gehen") heranreichende Anwendung nur dann, wenn über die bloße Ermächtigung hinaus, ein - besonderer - sachlicher Grund vorliegt, der dem Sinn der verfassungsrechtlichen Ermächtigung gerecht wird (BVerfG, B. v. 6. Oktober 1981 - 2 BvR 384/81 -, a. a. O., 193; B. v. 4. April 1978 - 2 BvR 1108/77 -, a. a. O., 89 f.; zum Meinungsstreit über die dogmatische Einordnung vgl. Übersicht bei Lübbe-Wolff in: Dreier, Grundgesetz, Kommentar, Bd. III, Art. 137 RdNr. 7 und RdNr. 17, Fußnote 70 m. w. N.). Ein sachlicher Grund für einen "faktischen" Ausschluss von der Wahrnehmung kommunaler Mandate liegt immer dann vor, wenn vor dem Hintergrund der Grundrechtsnorm Konflikte zu vermeiden, ansonsten der Gefahr von Interessenkollisionen anders nicht wirksam begegnet werden kann (vgl. BVerfG, B. v. 4. April 1978 - 2 BvR 1108/77 -, a. a. O., 89 m. w. N.; Lübbe-Wolff, a. a. O., RdNr. 15; BVerwG, U. v. 29. Juli 2002 - 8 C 22/02 - a. a. O).

Die Gesetzesbestimmung des § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO erweist sich danach als sachgerecht. Mit der Wahrnehmung der Tätigkeit als Beamter der Verwaltungsgemeinschaft führt die gleichzeitige Ausübung des Amtes eines ehrenamtlichen Bürgermeisters einer der Verwaltungsgemeinschaft angehörenden Gemeinde in vielen Fällen zu Interessenskonflikten.

Die gleichzeitige Wahrnehmung beider Ämter eröffnet wechselseitige Einflussnahmen (vgl. hierzu BVerfG, B. v. 6. Oktober 1981 - 2 BvR 384/81 -, a. a. O., 195 f.). Dies führt zu unlösbaren Interessensgegensätzen, wenn die Rechte der Verwaltungsgemeinschaft und der Gemeinde, in der der Kläger ehrenamtlicher Bürgermeister ist, nicht effektiv gewahrt werden können. Diese Gefahr etwaiger Interessenskonfliktsituationen ist auch nicht bloß rein theoretischer Natur (vgl. BVerwG, U. v. 29. Juli 2002 - 8 C 22/01 -, a. a. O., S. 91, mit Ausführungen zu "bloß" rein abstrakt theoretischen Konfliktbereichen).

Dies gilt zum einen im Bereich der Wahrnehmung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises. Die Verwaltungsgemeinschaft wird hier als Behörde der Mitgliedsgemeinde tätig. Sie hat die Entscheidungen der Mitgliedsgemeinde vorzubereiten und zu vollziehen (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 5 ThürKO). Konflikte zwischen dem Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde und dem Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft (als dessen behördliches Vollzugsorgan) entstehen immer dann, wenn Entscheidungs- und Vollzugsebene zusammenfallen. Wie bei der Gemeinde, die keiner Verwaltungsgemeinschaft angehört, der Bürgermeister diese Angelegenheiten in eigener Zuständigkeit erledigt (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO), obliegt deren Wahrnehmung bei einer einer Verwaltungsgemeinschaft angehörenden Gemeinde allein dem Gemeinschaftsvorsitzenden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 47 Abs. 2 und 3 ThürKO). Bereits bei der Frage, was zu den "laufende Verwaltungsangelegenheiten" gehört, kann es zu differierenden Auffassungen zwischen der durch den Bürgermeister vertretenen Gemeinde und dem für die Verwaltungsgemeinschaft handelnden Vorsitzenden kommen. Darüber hinaus beschränken die gesetzlichen Regelungen die Besorgung der laufenden Verwaltungsangelegenheiten auf solche Tätigkeiten, die für die Mitgliedsgemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 5 ThürKO). Ein erhebliches Konfliktpotential birgt bereits die Auslegung dieser Begriffe. Diese Interessenskollisionen sind auch gerade in diesem Bereich von großer Tragweite. Denn die Entscheidungen der Verwaltungsgemeinschaft bzw. von dessen Vorsitzenden als Vollzugsorgan der Behörde werden den Mitgliedsgemeinden unmittelbar zugerechnet. Im Falle rechtlicher Streitigkeiten sind sie und nicht die Verwaltungsgemeinschaft Beklagte oder Kläger, wenn es darum geht, Rechte etwa aus Vollzugsakten geltend zu machen.

Interessenwiderstreite sind auch denkbar, wenn die Gemeinde bei dem Vollzug oder der Durchsetzung von Maßnahmen im eigenen Wirkungskreis über die Art und Weise der Umsetzung anderer Auffassung als die Verwaltungsgemeinschaft sein sollte. In Personalunion zugleich als Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft würde der Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde in Wahrnehmung unterschiedlicher Interessen für beide Kontrahenten auftreten.

Gleiches gilt im Zusammenhang mit der Informationspflicht durch den Gemeinschaftsvorsitzenden (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 ThürKO). Die Vorstellung über die Art und Weise der Weitergabe sowie den Inhalt und Umfang von Informationen können auf Grund unterschiedlicher Interessenslagen zwischen der Gemeinde und der Verwaltungsgemeinschaft erheblich differieren.

Konflikte ergeben sich daneben aus der Verpflichtung der Mitgliedsgemeinden, die Verwaltungsgemeinschaft bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu unterstützen (vgl. § 47 Abs. 4 ThürKO). Sollte der Bürgermeister aufgrund einer Weigerungshaltung des Gemeinderates geforderte Maßnahmen ablehnen, müsste er diese als Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft gewissermaßen gegenüber "sich selbst" durchsetzen.

Bei der danach gegebenen regelungsbedürftigen Sachlage besteht auch keine Möglichkeit, den zu erwartenden Unvereinbarkeiten anders, als mit der vom Landesgesetzgeber getroffenen generalisierenden Unvereinbarkeitsregelung zu begegnen. Insbesondere kommt ein im Einzelfall eingreifendes Mitwirkungsverbot nach Art des § 38 ThürKO (Persönliche Beteiligung) nicht in Betracht. Solche Beteiligungsausschlüsse haben nur das Ziel, Konfliktsituationen auszuräumen, die sich im Einzelfall zwischen den persönlichen Interessen des Betroffenen und dem "Gemeinwohl" ergeben, welches er auf Grund seines öffentlichen Amtes zu wahren hat. Mitwirkungsverbote sind regelmäßig nicht geeignet, Interessenswiderstreite generell zu verhindern, die in der Tätigkeit als Beamter oder Angestellter fortwährend und nicht nur vereinzelt ihre Ursache haben und die geeignet sind, nicht nur die Ausübung des Ehrenamtes sondern auch diese beamtenrechtliche Betätigung in einer nicht näher bestimmbaren Vielzahl von Fällen nachteilig zu beeinflussen. Aus der bereits im Einzelnen beispielhaft aufgezeigten Fülle von wechselseitigen Einfluss- und Beeinflussungsmöglichkeiten sowohl im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Amtes eines ehrenamtlichen Bürgermeisters als auch der Funktion des Vorsitzenden einer Verwaltungsgemeinschaft resultiert ein so hohes Konfliktpotential, dass der Gesetzgeber dem nur mit einer generalisierenden Unvereinbarkeitsregelung wirksam gegensteuern kann (vgl. BVerfG, B. v. 6. Oktober 1981 - 2 BvR 384/81 -, a. a. O., 177 ff. zur generalisierenden Regelung bei Unvereinbarkeiten zwischen Gemeinderatsmandat und einem Dienstverhältnis zum Landkreis, dem die Gemeinde angehört).

Die getroffene Regelung ist auch im Übrigen verfassungsrechtlich unbedenklich. Nachdem die angegriffene Unvereinbarkeitsregelung des § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ThürKO in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2003 (GVBl. S. 41) zwischenzeitlich auf hauptamtliche Beamte und hauptberufliche Angestellte sowie entsprechende Teilzeitkräfte gleichermaßen Anwendung findet, bestehen auch insoweit keine rechtlichen Bedenken mehr. Der Gesetzgeber hat nunmehr den ihm eingeräumten Ermächtigungsspielraum des Art. 137 Abs. 1 GG voll ausgeschöpft (vgl. hierzu auch BVerfG, B. v. 5. Juni 1998 - 2 BvL 2/97 -, a. a. O., 161).

Ist die streitige Unvereinbarkeitsreglung damit insgesamt nicht zu beanstanden, so verkennt der Senat nicht, dass es bei Konstellationen wie im vorliegenden Fall dem Betroffenen langfristig unmöglich sein wird, seine, durch eine Mehrheitswahl legitimierten, politischen Zielsetzungen zu verwirklichen oder auch nur seinen politischen Status quo zu erhalten. Ob dies gewollt ist oder nicht und ob diese Konsequenzen wünschenswert sind oder nicht, unterliegt letztlich nicht der gerichtlichen Kontrolle.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).



Ende der Entscheidung

Zurück