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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 3 EO 542/02
Rechtsgebiete: VwGO, GG, ThürVwVfG, AuslG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 88
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
GG Art. 6 Abs. 1
ThürVwVfG § 24
AuslG § 8 Abs. 2
AuslG § 17 Abs. 1
AuslG § 23 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 42
AuslG § 45 Abs. 1
AuslG § 46 Nr. 2
AuslG § 48 Abs. 1 Nr. 4
AuslG § 69 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
AuslG § 72 Abs. 1
AuslG § 92 Abs. 2 Nr. 2
1. Im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist bei einer sofort vollziehbaren Ausweisung wegen der dem Betroffenen auferlegten Belastung und der häufigen Unabänderlichkeit auf Grund der drohenden Durchsetzung der Ausreise in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eine intensivere Prüfung geboten.

2. Die Ausländerbehörden sind bei bestehendem Verdacht einer Scheinehe wegen des gewichtigen Interesses an deren Verhinderung zu Ermittlungen mit besonderer Sorgfalt verpflichtet. Die zu beachtende Intimsphäre der Ehepartner erfordert, zunächst weniger belastende und geeigenete Mittel der Sachaufklärung einzusetzen, bevor Dritte in die Ermittlungen einbezogen werden oder eine Besichtigung der Wohnung erwogen wird (i. A. Hessischer VGH, Beschluss vom 27. August 1996 -12 TG 3190/96 -, FamRZ 1997, 749).

3. Zur gerichtlichen Interessenabwägung bei Ermittlungsdefiziten der Ausländerbehörde.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 3. Senat - Beschluss

3 EO 542/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 3. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schwachheim und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Alexander

am 17. April 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 22. Juli 2002 - 5 E 476/02.Me - wird abgeändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 8. Juli 2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2002 wird bis zur Entscheidung über den Widerspruch wiederhergestellt, soweit er sich gegen die Ausweisung richtet, und angeordnet, soweit der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt und die Abschiebung im genannten Bescheid angedroht worden ist. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Rechtszüge auf 4.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die am _____ 1969 geborene Antragstellerin ist vietnamesische Staatsangehörige und nach vietnamesischem Recht seit dem 26. März 2001 mit dem am 22. Juli 1949 geborenen deutschen Staatsangehörigen ____ K___ verheiratet. Bei einer Anhörung durch die Deutsche Botschaft in Hanoi vom 12. Juni 2001 gab sie an, ihre in Chemnitz lebende Schwester habe per Foto den Kontakt zu ihrem Ehemann vermittelt, der zur Vermählung nach Vietnam gereist sei. Mit einem nach Zustimmung des seinerzeit zuständigen Landratsamtes des Ilm-Kreises erteilten und bis 14. November 2001 gültigen Visum reiste die Antragstellerin im August 2001 in das Bundesgebiet ein. Zunächst meldete sie sich unter der Adresse der Wohnung ihres Ehemannes in Arnstadt polizeilich an.

Am 30. August 2001 beantragte die Antragstellerin beim Landratsamt des Ilm-Kreises die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung. Im Rahmen der Anhörung vom Oktober 2001 erklärte sie, sie spreche nicht deutsch. Sie halte sich oft bei ihrer Schwester in Chemnitz auf. Dort beabsichtige sie, die deutsche Sprache zu erlernen. Ihr Ehemann erklärte, er habe von der Schwester seiner Ehefrau die Zahlung von 8.000 DM in Aussicht gestellt bekommen, sobald sie eine Aufenthaltserlaubnis erhalten habe, dieses Geld könne seine Ehefrau behalten. Am 13. November 2001 erklärte er, er beabsichtige mit seiner Ehefrau nach Chemnitz zu ziehen. In der gemeinsamen Wohnung in Arnstadt verfüge seine Ehefrau nicht über ein Bett, in Chemnitz besitze sie eine eigene Wohnung.

Am 22. November 2001 meldete sich der Ehemann der Antragstellerin polizeilich in Erfurt an. Die Anmeldung der Antragstellerin am Folgetag wurde zunächst von der Antragsgegnerin wegen der Angaben im Einreisevisum zur zuständigen Ausländerbehörde "Landratsamt Ilmenau" und später wegen des fehlenden Datums der Eheschließung verweigert, sodann aber am 11. Februar 2002 registriert. Die Ausländerbehörde ermittelte wegen des Verdachts einer Scheinehe. In dem Aktenvermerk der Sachbearbeiterin vom 4. April 2002 heißt es, eine örtliche Ermittlung vom 3. April 2002 habe ergeben, die Antragstellerin werde unregelmäßig in dem Wohnhaus K___ gesehen. Ihr Ehemann sei nur ein Mal gesehen worden.

Nach schriftlicher Anhörung wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Bescheid vom 6. Juni 2002 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Bundesgebiet aus, lehnte die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung ab und drohte unter Fristsetzung von einem Monat nach Erhalt des Bescheides die Abschiebung nach Vietnam oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, an. Die Ausweisung wurde auf § 45 Abs. 1 AuslG i. V. m. § 46 Nr. 2 AuslG gestützt. Die Verletzung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften stelle grundsätzlich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar; sie liege darin, dass der Zweck der Heirat einzig auf das Erlangen einer Aufenthaltsgenehmigung gerichtet gewesen sei. Eine häusliche Gemeinschaft werde nach Lage der Dinge nicht aufgenommen. Nach der Lebenserfahrung könne davon ausgegangen werden, dass die konsequente Ausweisung und Abschiebung von ausländischen Staatsangehörigen, die sich entgegen dem geltenden Recht im Bundesgebiet aufhalten, einen Abschreckungseffekt habe. Neben diesen generalpräventiven Gründen rechtfertigten auch spezialpräventive Gründe die Ausweisung. Die Antragstellerin sei bereit, wegen ihrer privaten Interessen die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften zu missachten. Eine solche Einstellung stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar und lasse den Schluss zu, dass die Gefahr nicht allein durch die sofortige Ausreise beseitigt werden könne; vielmehr müsse die Antragstellerin daran gehindert werden, erneut in die Bundesrepublik einzureisen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung wurde gesondert begründet. Die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung komme nicht in Betracht. Sinngemäß sind im Bescheid dafür die Gründe für die Ausweisung angeführt worden. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise werde die Antragstellerin abgeschoben. Die Ausreisepflicht sei vollziehbar. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG oder Duldungsgründe gemäß § 55 AuslG fehlten.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 8. Juni 2002 zugestellten Bescheid legte die Antragstellerin am 8. Juli 2002 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Der Ehemann wandte sich darüber hinaus mit einer "Petition" vom 10. Juni 2002 an den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin.

Beim Verwaltungsgericht Meiningen hat die Antragstellerin am 8. Juni 2002 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und im Wesentlichen geltend gemacht:

Die Ausweisung sei offensichtlich ermessensfehlerhaft. Dem Ehemann sei von Dritten als "Lohn" für die Heirat weder Geld angeboten worden, noch habe er Geld erhalten. Er sei vielmehr auch von hier zu Lande üblichen Geld-Geschenken ausgegangen. Den Betrag von 8.000 DM könne nur die Ausländerbehörde des Ilm-Kreises bei der Befragung der Eheleute selbst ins Spiel gebracht haben. Der Ehemann leide an einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses, er vergesse deshalb Fragen innerhalb kürzester Zeit. Er gebe zur Überspielung des Defektes beliebig Antworten mit "ja", ohne den Zusammenhang erkennen zu können. Dies müsse zusätzlich berücksichtigt werden.

Richtig sei, dass die Antragstellerin nach ihrer Einreise bis Ende Oktober 2001 sich öfter bei ihrer Schwester in Chemnitz aufgehalten habe, um die Deutschkenntnisse zu verbessern. Bereits im Visaverfahren sei der Verdacht der Scheinehe nicht erhärtet worden. Die Behauptung, die Eheleute seien im Hause K______ ____ nicht bekannt, könne nicht nachvollzogen werden. Anonyme Mitteilungen müssten für die Entscheidung unbeachtlich bleiben. Die Antragsgegnerin vermute nur, die Eheleute nutzten die Wohnung nicht. Es werde nicht berücksichtigt, dass die Eheleute die Wohnung gemeinsam angemietet hätten und auch bewohnten. Die Lebensgemeinschaft werde in der gemeinsamen Wohnung vollzogen.

Die Antragstellerin hat - wörtlich - beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.06.2002, mit dem der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt und ihr zugleich die Abschiebung angedroht worden ist, anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat im Wesentlichen angeführt: Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sei zu Recht abgelehnt worden. Nach der wörtlichen Erklärung des Ehemanns vor der Ausländerbehörde des Ilm-Kreises stehe für die Antragsgegnerin fest, dass die Ehe lediglich zu dem Zweck eingegangen worden sei, der Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Dem Vortrag, es handele sich um eine Geldzuwendung anlässlich der Hochzeit an die Eheleute, könne nicht gefolgt werden.

Mit Beschluss vom 22. Juli 2002 hat das Verwaltungsgericht Meiningen den Antrag abgelehnt und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Richtiger Rechtsbehelf gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Verfügungen sei das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Nach summarischer Prüfung spreche mehr dafür als dagegen, dass sowohl die Ausweisung, die Ablehnung der Aufenthaltsgenehmigung als auch die Abschiebungsandrohung rechtmäßig seien. Die Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung sei ausreichend erfolgt. Durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestünden nicht. Die Antragstellerin habe den Straftatbestand des § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erfüllt, indem sie bereits im Heimatland im Antrag vom 30. August 2001 unzutreffend angegeben habe, sie wolle in Deutschland die familiäre Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann herstellen. Es spreche auch viel dafür, dass eine gemeinsame Wohnung nicht bestehe. Die näher beschriebenen Umstände zeigten, dass lediglich eine Scheinehe geführt werde. Dem Ehemann sei für die Eheschließung eine Zahlung in Aussicht gestellt worden. Tatsächlich lebe die Antragstellerin nicht mit ihrem Ehemann zusammen. Anzeichen für die Störung des Kurzzeitgedächtnisses fehlten in dessen Erklärungen. Der besondere Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 AuslG greife nicht. Die Ausweisung sei nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Die Antragstellerin habe ebenso keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, weil ein Ausweisungsgrund vorliege. Anhaltspunkte für ein zu Gunsten der Antragstellerin auszuübendes Ermessen fehlten. Die Abschiebungsandrohung sei nicht zu beanstanden.

Gegen den am 30. Juli 2002 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 13. August 2002 Beschwerde eingelegt, sich mit einer "Petition" vom 20. August 2002 an den Senat gewandt und die Beschwerde am 30. August 2002 begründet. Sie wendet sich gegen die tatsächliche Würdigung im Bescheid der Antragsgegnerin und im Beschluss der Vorinstanz. Sowohl die Antragsgegnerin als auch das Verwaltungsgericht bewegten sich im Bereich des Spekulativen. Die Antragstellerin lebe mit ihrem Ehemann zusammen. Tatsächlich habe er keine Belohnung für die Eingehung der Ehe in Aussicht gestellt bekommen. Vielmehr sei ihm ein Hochzeitsgeschenk versprochen worden. Es könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass sie ihre Schwester des Öfteren besuche. Mit Schriftsatz vom 20. November 2002 wird ergänzend vorgetragen, dass die Antragstellerin seit Juni 2002 von ihrem Ehemann schwanger sei. Voraussichtlicher Entbindungstermin sei der 13. April 2003. Schon wegen des Kindes sei ihr eine Ausreise nach Vietnam nicht zumutbar.

Die Antragstellerin beantragt wörtlich:

1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 22.07.2002, zugestellt am 30.07.2002, wird aufgehoben.

2. Der Beschwerdeführerin wird unter Maßgabe der Anträge aus dem Schriftsatz vom 08.07.2002 vorläufiger Rechtsschutz gewährt und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 08.07.2002 angeordnet.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts. Grundlage der Ausweisung sei der Verstoß der Antragstellerin gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Besonderen Ausweisungsschutz genieße die Antragstellerin nicht. Die Schwangerschaft der Antragstellerin spiele keine rechtserhebliche Rolle.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Antrag im Beschwerdeverfahren die beim Verwaltungsgericht gestellten Anträge auf Eilrechtsschutz weiter. Dieses Begehren auf "Anordnung der aufschiebenden Wirkung" legt der Senat nach § 88 VwGO als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2002 - mit Sofortvollzug - verfügte Ausweisung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 VwGO sowie einen zusätzlichen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die im genannten Bescheid enthaltene Nichtverlängerung der Aufenthaltsgenehmigung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 VwGO und als weiteren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die im Bescheid erlassene Abschiebungsandrohung aus.

Diese Auslegung entspricht dem erkennbaren Willen der Antragstellerin, vorläufig bis zur bestandskräftigen Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland bleiben zu dürfen. Soweit die Ausweisung betroffen ist, kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht in Betracht, weil ohne die Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom 6. Juni 2002 bereits der Widerspruch nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfaltet. Hinsichtlich der Nichtverlängerung der Aufenthaltsgenehmigung ist Eilrechtsschutz vorliegend zutreffend, ohne Rücksicht auf die insoweit ebenso gegebene innere Wirksamkeit der Behördenentscheidung gemäß § 72 Abs. 2 AuslG, als Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt worden. Zwar liegt in der Hauptsache ein Verpflichtungsbegehren vor; die Antragstellerin ist aber im Besitz eines mit Zustimmung der damals zuständigen Ausländerbehörde erteilten Visums erlaubt eingereist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 AuslG i. V. m. § 11 DVAuslG). Damit löste der rechtzeitige Verlängerungsantrag die Fiktionswirkung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AuslG bis zur Entscheidung der Behörde aus. Diese Wirkung lebt nicht wieder auf, deshalb kann Eilrechtsschutz sich nach Wegfall der aufschiebenden Wirkung gemäß § 72 Abs. 1 AuslG auf Grund der Sondervorschrift des Absatzes 2 nur auf die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht beziehen. An der Zuordnung zum Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ändert dies nichts (vgl. nur GK-AuslR, § 69 Rn. 52 m. w. N.).

Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung war ebenfalls der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs geeignet, das Rechtsschutzziel zu erreichen; für diese Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 8 Satz 1 ThürAGVwGO für den Rechtsbehelf der Suspensiveffekt (vgl. auch § 30 ThürVwZVG).

Die Beschwerde ist zulässig. Die fristgerecht eingereichte Beschwerdebegründung genügt dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. dazu näher Senatsbeschluss vom 14. Juni 2002 - 3 EO 372/02 - n. v.; m. w. N.). Den tragenden Ausführungen der Vorinstanz, bei summarischer Prüfung spreche weit mehr dafür als dagegen, dass das Rechtsmittel in der Hauptsache keinen Erfolg haben werde, ist die Antragstellerin mit der Einzelerörterung von gegenläufigen Tatsachen entgegengetreten und hat ausgeführt, der Verdacht der Scheinehe sei nicht erhärtet worden. Damit wendet sie sich gegen die Entscheidungen zur Ausweisung und Nichterteilung der Aufenthaltsgenehmigung und in der Folge weitergehend gegen die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Annahmen, die sich gleichermaßen auf beide selbständigen Regelungen beziehen.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge zu Unrecht abgelehnt. Die Antragstellerin hat Anspruch darauf, einstweilen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben. Die Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO fällt zu ihren Gunsten aus.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ausweisung.

Der Eilantrag selbst, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2002 nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen, ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Antragstellerin hat das erforderliche Rechtsschutzinteresse für diesen Eilantrag, obwohl im genannten Bescheid zugleich die Erteilung der beantragten Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt worden ist. Zwar beschränkt sich die Rechtswirkung des Sofortvollzugs auf die Durchsetzbarkeit der Ausreisepflicht gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG, denn § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG lässt auch bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die innere Wirksamkeit der Ausweisung unberührt (vgl. zuletzt: Senatsbeschluss vom 11. Februar 2003 - 3 EO 14/03 - n. v., m. w. N.), und die kraft Gesetzes nach § 72 Abs. 1 AuslG sofort vollziehbare Ablehnung der beantragten Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung bewirkt ohnehin, dass die Antragstellerin gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. AuslG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet ist. Die Antragstellerin erlangt aber jedenfalls einen rechtlichen Vorteil, weil die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht vorläufig suspendiert wird, wenn -wie hier- ihr einstweiliger Rechtsschutzantrag auch hinsichtlich der Versagung der beantragten Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung Erfolg hat, mithin die Durchsetzbarkeit der Ausreisepflicht auf Grund dieser Entscheidung ebenso entfällt.

Für die Abwägung ist von folgenden Maßgaben auszugehen:

Widerspruch und Klage haben gemäß § 80 Abs. 1 VwGO regelmäßig aufschiebende Wirkung. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass im Regelfall der Betroffene vor der Unanfechtbarkeit einer in seine Rechte eingreifenden öffentlichrechtlichen Regelung nicht bereits deren Vollzug ausgesetzt werden darf. Der Suspensiveffekt ist ein fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses und eine adäquate Umsetzung der Rechtsschutzgarantie des Artikel 19 Abs. 4 GG. § 80 Abs. 1 VwGO und § 80 Abs. 2 VwGO stehen deshalb in einem Regel-Ausnahmeverhältnis. Liegt nicht ein Fall des § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO vor, ist die Behörde nur ausnahmsweise befugt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage dadurch zu beseitigen, dass sie nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Verfügung anordnet. Sie ist dazu nur berechtigt, wenn die Vollzugsanordnung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten geboten erscheint und zugleich eilbedürftig ist.

Ob dem Eilantrag stattzugeben ist, ist anhand einer Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen zu entscheiden. Im Rahmen dieser Abwägung wird regelmäßig dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine indizielle Bedeutung zukommen. Denn das Gewicht der privaten Interessen eines Antragstellers wird grundsätzlich umso höher zu bewerten sein, je größer die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren sind; umgekehrt werden die öffentlichen Interessen regelmäßig umso bedeutsamer sein, je geringer die Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren ist. Nach Sinn und Zweck eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist es allerdings grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, stets eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache vorzunehmen und zur Grundlage der Interessenabwägung zu machen. Denn damit würde die Effektivität dieses Verfahrens und damit des gerichtlichen Rechtsschutzes insgesamt geschwächt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 1998 - 2 BvR 378/98 -, NVwZ-RR 1999, 217 [218], Finke-Kaiser in Bader, VwGO, 2. Aufl., §80 Rn. 83 ff. und den Beschluss des Senats vom 15. November 2002 - 3 EO 438/02 -, EzAR 043 Nr. 58 = AuAS 2003, 88-90 = InfAuslR 2003, 144 -146, zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO).

Allerdings kann es unter Umständen geboten sein, auch im Eilverfahren eine intensivere (Rechts-)Prüfung als das bloß summarische Verfahren der Folgenabwägung - ggf. unter Einbeziehung der überschlägig ermittelten Erfolgsaussichten in der Hauptsache - durchzuführen. Die Anforderungen an die Prüfungsdichte sind umso höher, je schwerer wiegend die dem Bürger auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Diese aus der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Vorgabe gebietet daher gerade im Falle vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Ausweisung eine höhere Prüfungsintensität (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23/73, 1 BvR 155/73 -, BVerfGE 35, 382). Gleiches gilt im Hinblick auf den Sofortvollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen, etwa nach Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet; die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes setzt in solchen Fällen voraus, dass das Gericht die maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen "erschöpfend, wenngleich mit Verbindlichkeit allein für das Eilverfahren, klärt und insoweit über eine lediglich summarische Prüfung hinausgeht" (BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1984 - 2 BvR 1413/83 -, BVerfGE 67, 43). Geboten sein kann eine intensivere verwaltungsgerichtliche Kontrolle schließlich auch in den Fällen, in denen das Eilverfahren praktisch die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Verwirklichung eines bedeutenden Grundrechts droht (wie z. B. der Versammlungsfreiheit; vgl. dazu den sog. Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 und 341/81 -, BVerfGE 69, 315 [363f.]; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 1998, a.a.O.: "umfassendere rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs als Bestandteil der Abwägung bereits im Eilverfahren").

Zu beachten ist schließlich, dass angesichts des oben beschriebenen, sich aus der Systematik des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO ergebenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses ein zusätzliches öffentliches Interesse an einem sofortigen Vollzug erforderlich ist, das über das Interesse daran, die jeweilige Maßnahme überhaupt - also in der Regel nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens - zu vollziehen, hinausgeht (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9. November 1998 - 11 S 2498/98 -, zitiert nach juris, und vom 11. Januar 1999 -11 S 46/99-, InfAuslR 1999, 127 sowie OVG Hamburg, Beschluss vom 4. Januar 2000 - 3 Bs 218/99 -, zitiert nach juris; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. November 1993 -1 B 113/92-, ThürVBl. 1994, 111, m. w. N.; GK zum AuslR, Rn. 774 ff. zu § 45 AuslG und Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, Rn. 1065 und 1066).

Die erforderliche umfassendere, über eine bloß summarische Betrachtung hinausgehende Prüfung, die zu erfolgen hat, ehe vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Ausweisung versagt wird, schließt mithin zugleich ein, dass auch die Umstände im Einzelnen sowie das behördliche Verhalten genau in den Blick genommen werden, soweit sich daraus für oder gegen das im öffentlichen Interesse erforderliche Eilbedürfnis etwas herleiten lässt (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 12. September 1995 -2 BvR 1179/95-, NVwZ 1996, 58: Zögerliche Behandlung des Verfahrens durch die Behörde als gegen die Eilbedürftigkeit sprechendes Indiz).

Die Anwendung dieser Prüfungsmaßstäbe führt hier zu einer der Antragstellerin günstigen Entscheidung:

Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand lässt sich nicht feststellen, dass die angefochtene Ausweisung den Angriffen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren wird standhalten können; vielmehr erscheint der Ausgang dieses Verfahrens als offen.

Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen der § 45 Abs. 1 AuslG, § 46 Nr. 2 AuslG, auf die die Antragsgegnerin die Ausweisung gestützt hat, vorliegen. Nach der ersten Bestimmung kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Diese Voraussetzungen der zur Ausweisung auf Grund einer Ermessensentscheidung ermächtigenden Grundnorm liegen regelmäßig vor, wenn ein in § 46 AuslG normierter Ausweisungsgrund als Regelbeispiel erfüllt ist. Gemäß § 46 Nr. 2 AuslG kann daher nach § 45 Abs. 1 AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Grundsätzlich ist eine vorsätzlich begangene Straftat kein geringfügiger Rechtsverstoß im Sinne dieser Bestimmung. Der Rechtsverstoß muss allerdings zweifellos feststehen, so dass ein bloßer Tatverdacht für die Annahme eines Rechtsverstoßes nicht ausreicht (vgl. nur Senatsbeschluss vom 24. Juni 1998 - 3 EO 610/95 - n. v.).

Nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin ist bisher nicht zureichend zu folgern, dass die Antragstellerin den behaupteten Rechtsverstoß begangen hat. Die Antragstellerin soll nach Auffassung der Behörde und der Beurteilung der Vorinstanz Straftaten i. S. d. § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG begangen haben, indem sie zur Visumserlangung und im Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung unrichtige Angaben gemacht hat, weil nur eine Scheinehe vorliege. Die bisherigen Erkenntnisse, die von der Beschwerde substantiiert in Frage gestellt werden, mögen zwar Hinweise auf einen solchen Sachverhalt geben, eindeutig tragfähig sind sie indessen nicht. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin mit ihrem Ehemann zusammenlebt, was sie auch als Ziel ihres Aufenthaltes angegeben hat.

Nach den Erklärungen der Antragstellerin bei der Deutschen Botschaft in Hanoi und ihres Ehemannes bei der früher zuständigen Ausländerbehörde des Ilm-Kreises zu den Umständen des Kennenlernens der Eheleute und der Eheschließung und zum Zusammenleben durfte die Behörde Zweifel daran haben, dass tatsächlich eine Ehe gelebt werden soll. Die Zweifel waren dadurch begründet, dass der Ehemann der Antragstellerin angegeben hat, Geld zu erhalten, sobald seiner Ehefrau eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werde. Damit hat er die Zuwendung mit dem Aufenthaltstitel in Verbindung gebracht und nicht etwa sozialadäquate wirtschaftliche Erwägungen zur Eingehung der Ehe geschildert, wenngleich der Ehemann auch erklärt hat, der Geldbetrag solle letztlich der Antragstellerin zukommen. Zudem hat er angeben, seine Ehefrau besitze eine eigene Wohnung in Chemnitz. Insbesondere die letzte Angabe war geeignet, den Verdacht einer Scheinehe zu wecken, weil beide Eheleute zu diesem Zeitpunkt in Arnstadt polizeilich gemeldet waren.

Diese Angaben allein genügen aber nicht zur Feststellung, dass die Ehepartner keine Ehe leben und dies auch nicht beabsichtigt haben. Vielmehr war es an der Antragsgegnerin, die geweckten Zweifel, insbesondere nachdem die Ehepartner nach eigenen Angaben eine neue Wohnung in Erfurt bezogen hatten, durch geeignete Ermittlungen zu erhärten. Dabei ist im Hinblick auf den Ausweisungsschutz für Ausländer mit deutschem Ehepartner (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 4 AuslG) ebenso wie bei Feststellung einer familiären Lebensgemeinschaft im Sinne des § 17 Abs. 1 AuslG darauf Rücksicht zu nehmen, dass das Gesetz eine familiäre Lebensgemeinschaft erfordert und diese nicht unbedingt mit einer häuslichen Gemeinschaft verbunden sein muss (vgl. dazu nur Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: 8/2002, Rn. 23 zu § 17 AuslG). Art und Weise des Zusammenlebens bestimmen die Eheleute eigenverantwortlich. Die nähere Ausgestaltung der ehelichen Gemeinschaft gehört zu ihrer geschützten Privatsphäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1982 - 1 C 20.81 -, BVerwGE 65, 174; 181; BVerwG, Beschluss 18. Januar 1989 - 1 B 5/8 9-, zitiert nach juris). Andererseits darf es sich nicht nur um eine reine Begegnungsgemeinschaft handeln, sondern es muss ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt bestehen, der ein eheliches Zusammenleben ermöglicht. Kurzfristige Trennungszeiten können vernachlässigt werden, wenn sie nur als vorübergehend angesehen werden und die Eheleute gleichwohl eine Aufrechterhaltung der Ehe beabsichtigen und verwirklichen. Insoweit kommt es nicht auf zivil rechtliche Trennungsfristen an (vgl. Senatsbeschluss vom 5. März 2003 - 3 EO 606/02 - n. v.; BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 1992 -1 B 48.92-, InfAuslR 1992, 305;), sondern auf Grund und Art des getrennten Wohnens.

Für die Antragstellerin und ihren deutschen Ehemann sind in der Vergangenheit zwar Trennungszeiten festzustellen, die der Ehemann der Antragstellerin im Schreiben vom 20. August 2002 auch eingeräumt hat. Er hat aber Wert darauf gelegt, dass die Partner seit Dezember in Erfurt zusammen leben und auch weiter zusammen leben wollen. Gesicherte Erkenntnisse dafür, dass diese Angaben nicht der Wahrheit entsprechen und die Eheleute den Willen haben, auf Dauer voneinander getrennt zu leben, fehlen bisher. Vor allem kann durch die Ermittlungen der Antragsgegnerin nicht belegt werden, dass die Antragstellerin seit dem Umzug nach Erfurt nicht mit ihrem Ehemann zusammenlebt. Die Glaubhaftigkeit der Angaben der Auskunftspersonen, die dem Aktenvermerk vom 4. April 2003 zu Grunde liegen, ist nicht überprüfter. Weder ihre Zahl noch ihre Namen noch Hilfstatsachen, dass es sich um Wissen und nicht nur Spekulationen handelt, sind festgestellt. Zu den Umständen der Ermittlung enthält der Vermerk vielmehr keine Angaben. Nach Aktenlage sind auch keine anderweitigen Feststellungen getroffen worden.

Im Widerspruchsverfahren mag ggf. nach dem Untersuchungsgrundsatz gemäß § 24 ThürVwVfG eine eingehende sachliche Prüfung stattfinden, die die Widerspruchsbehörde auch der Erstbehörde übertragen kann. Dabei wird zu beachten sein, dass amtliche Ermittlungen über das eheliche Zusammenleben der Ehepartner deren Intimsphäre betreffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1982 - 1 C 20.81 -, a. a. O.). Die daraus folgenden Beschränkungen für Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen bestehen unabhängig davon, ob es Anhaltspunkte für ein Erschleichen des Aufenthaltsrechts unter Berufung auf eine in Wirklichkeit nicht gelebte Ehe gibt. Die Ausländerbehörde ist gerade wegen des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Scheinehen" zu besonderer Sorgfalt bei der Überprüfung der Angaben der Ehepartner und erforderlichenfalls zu eingehenden Ermittlungen verpflichtet. So drängen sich zunächst weniger belastende und geeignete Mittel der Glaubhaftmachung als Befragungen Dritter auf. Die Behörde darf bei ihren Ermittlungen neben der Heiratsurkunde Belege über die polizeiliche Anmeldung und die gemeinsame Wohnung oder getrennte Wohnungen (Mietvertrag, Mietzinszahlung) verlangen und überprüfen. Sie kann auch eidesstattliche Versicherungen der Ehepartner erbitten. Bei dann noch bestehenden Zweifeln kann es auch zulässig sein, Vermieter und Nachbarn auf die Richtigkeit dieser Angaben hin zu befragen oder mit Einverständnis der Eheleute die Wohnung zu besichtigen. Es versteht sich von selbst, dass bei derartigen Ermittlungen und deren Auswertung streng auf die gegen Eingriffe staatlicher Stellen geschützte Privatsphäre der Eheleute Bedacht zu nehmen ist und Art und Ausmaß der Aufklärung unter anderem von der Dauer der bereits praktizierten und durch eine Aufenthaltsgenehmigung genehmigten ehelichen Lebensgemeinschaft abhängen (vgl. nur Hessischer VGH, Beschluss vom 27. August 1996 - 12 TG 3190/96 -, FamRZ 1997, 749). Dabei wird die Widerspruchsbehörde auch als Veränderung des Sachverhalts zu berücksichtigen haben, dass die Antragstellerin schwanger ist bzw. bereits entbunden wurde und ihr Ehemann nach Art. 21 EGBGB, § 1592 Nr. 1 BGB als Vater des Kindes gilt, sofern nicht § 1592 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB eingreifen.

Kann nach dem bisherigen Sach- und Streitstand weder sicher auf eine Scheinehe noch darauf geschlossen werden, dass eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und ihrem Ehemann nicht besteht, so fällt die Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen zu Gunsten der Antragstellerin aus. Sie wäre - falls sich später herausstellt, dass die angefochtene Ausweisung rechtswidrig ist - nicht nur in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt, müsste eine Trennung von ihrem Ehemann und die Unterbrechung ihrer begonnenen Integrationsbemühungen sowie überdies eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung ihrer prozessualen Möglichkeiten im Hauptsacheverfahren hinnehmen; denn es liegt - gerade im Hinblick auf die hier zu klärenden Tatsachenfragen - auf der Hand, dass die Antragstellerin zur Aufklärung dieser teilweise ihren höchstpersönlichen Bereich betreffenden Umstände vom außereuropäischen Ausland aus wesentlich weniger beitragen kann als in Deutschland jederzeit erreichbare Verfahrensbeteiligte. Demgegenüber fällt der Nachteil, der sich für das öffentliche Interesse ergibt, wenn die Antragstellerin einstweilen in Deutschland verbleibt, sich später aber herausstellt, dass die Ausweisung rechtmäßig ist, weniger ins Gewicht; die Herstellung des rechtmäßigen Zustands - sei es durch freiwillige Ausreise oder durch Abschiebung des Antragstellerin - würde dadurch lediglich verzögert.

Um diesen möglichen Nachteil für das öffentliche Interesse gering zu halten und eine rasche Klärung der offenen Fragen herbeizuführen, ist eine zeitliche Begrenzung der aufschiebenden Wirkung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids angezeigt. Bis dahin sollte eine Klärung der tatsächlichen Umstände, die die Behörde vom Amts wegen durchzuführen hat und die die Antragstellerin und ggf. ihr Ehemann durch entsprechende Beiträge fördern können und im eigenen Interesse auch zügig fördern sollten, möglich sein.

Hinsichtlich der Versagung der Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung hat der Antrag ebenfalls Erfolg.

Die Ausweisung durch die Antragsgegnerin bildet zwar derzeit ein rechtliches Hindernis für die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung. Die innere Wirksamkeit dieses Verwaltungsakts - schon vor der Unanfechtbarkeit - gemäß § 72 Abs. 2 AuslG schließt es nach § 8 Abs. 2 AuslG aus, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine Aufenthaltsgenehmigung diese zu erteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Februar 2003 - 3 EO 14/03 - n. v., Hessischer VGH, Beschluss vom 17. August 1995 -13 TH 3304/94-, NVwZ-RR1996, 112, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2001 -11 S 700/01-, InfAuslR 2001, 332 = AuAS 2001, 196; a. A. Sächsisches OVG, Beschluss vom 2. Juni 1995 - 3 S 390/94 -, NVwZ-RR 1996, 174 = InfAuslR 1997, 69).

Im Eilverfahren gegen die versagte Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung bleibt deshalb jeweils zu prüfen, ob Rechtmäßigkeitsbedenken gegen die Ausweisung bestehen (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 1997 - 11 S 3271/96 -, zitiert nach juris, Hessischer VGH, Beschluss vom 17. August 1995 - 13 TH 3304/94 -, a. a. O.). Davon ist hier auszugehen.

Der Anspruch der Antragstellerin auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung richtet sich nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG i. V. m. § 17 Abs. 1 AuslG. Danach ist der Aufenthaltstitel zu verlängern, solange die familiäre Lebensgemeinschaft des ausländischen Ehegatten mit dem deutschen Partner andauert. Da, wie dargelegt, ausreichende Feststellungen zur ehelichen Lebensgemeinschaft der Antragstellerin fehlen, so dass die Rechtslage auch insoweit offen ist, war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wegen schutzwürdiger Belange nach Art. 6 GG anzuordnen.

Die Durchsetzung ihres etwaigen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, der einfachrechtlich für den Fall der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen durch § 23 AuslG gewährleistet wird, würde durch eine Ausreise wesentlich erschwert. Darüber hinaus dürfen die Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG nicht außer Acht bleiben.

Außer einem klassischen Abwehrrecht enthält das Grundrecht eine Institutsgarantie und eine wertentscheidende Grundsatznorm (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1957 - 1 BvL 4/54 -, BVerfGE 6, 55). Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst das Recht auf eheliches familiäres Zusammenleben, ohne dass es auf den Ort der Eheschließung und das für die Ehe maßgebliche Recht ankommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84, 2 BvR 1226/83, 101, 313/84 -, BVerfGE 76, 1). Art. 6 GG eröffnet zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Zugang und auf Aufenthalt, auch wenn andere Familienmitglieder bereits in Deutschland leben; als wertentscheidende Grundsatznorm verpflichtet diese Vorschrift jedoch Behörden und Gerichte zu einer angemessenen Berücksichtigung der Bindungen an im Inland lebende Personen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. April 1989 - 2 BvR 1168/84 -, BVerfGE 80, 81). Für den mit einem Deutschen verheirateten Ausländer erwächst daraus in aller Regel ein Aufenthaltsrecht, weil eine Verweigerung des Zusammenlebens im Bundesgebiet außer Art. 6 Abs. 1 GG auch das absolute Recht des Deutschen auf Einreise und Verbleib im Land seiner Staatsangehörigkeit beeinträchtigen würde (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 2000 - 3 ZEO 748/00 - n. v.).

Familiäre Bindungen haben die Ausländerbehörden deshalb bei der Anwendung offener Tatbestände und bei der Ermessensausübung entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen jeweils zur Geltung zu bringen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13, 17). Davon haben sich auch die Gerichte bei ihrer Interessenabwägung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO leiten zu lassen. Kann deshalb in tatsächlicher Hinsicht nicht überblickt werden, ob sich nach weiterer Sachaufklärung die fortbestehende eheliche Lebensgemeinschaft der Antragstellerin bestätigt, fordert das Gewicht des Schutzanspruchs aus Art. 6 Abs. 1 GG eine Abwägung dahin gehend, dass der Ausländer vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont wird (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 2000 - 3 ZEO 748/00 - n. v.).

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach §§ 49, 50 AuslG ist ebenso geboten, weil die Antragstellerin derzeit nicht der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nach § 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG unterliegt, mithin kein Bedürfnis besteht, die Vollziehbarkeit der Abschiebung durch unmittelbaren Zwang aufrecht zu erhalten.

Da die Antragstellerin die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung uneingeschränkt - also letztlich bis zur Unanfechtbarkeit des angegriffenen Bescheids (vgl. § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO) - beantragt hat, der Senat aber die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes aus o. g. Gründen nur bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids für veranlasst sieht, war der insoweit weiter gehende Antrag abzulehnen.

Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall im Wesentlichen obsiegt. Die angeordnete zeitliche Beschränkung der aufschiebenden Wirkung erfordert keine Beteiligung an der Kostenlast. Es spricht wenig dafür, dass sich noch ein Hauptsacheverfahren anschließen und das Bedürfnis für einen weiteren Eilantrag gegeben sein wird. Zudem war einzustellen, dass das Verfahren vor allem wegen der mangelhaften Ermittlungen der Ausländerbehörde erforderlich geworden ist. Dies hat der Senat ebenso bei der Kostenentscheidung berücksichtigt (arg. § 155 Abs. 4 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG, § 20 Abs. 3 GKG, § 13 Abs. 1 GKG,. Dabei bewertet der Senat im Eilverfahren die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung und die Ausweisung in seiner Spruchpraxis jeweils mit dem halben Auffangstreitwert. Der Abschiebungsandrohung kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Diese Werte waren in entsprechender Anwendung des § 5 ZPO zu addieren, so dass sich der Gesamtstreitwert von 4.000,-EUR ergibt. Die Befugnis zur Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung ergibt sich aus § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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