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Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 3 KO 237/05
Rechtsgebiete: GG, ThürVerf, SGB VIII, ThürKJHAG, ThürKitaG, ThürKO, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 28 Abs. 2 S. 1
GG Art. 72 Abs. 1
GG Art. 74 Nr. 7
ThürVerf Art. 91
SGB VIII § 2 Abs. 2 Nr. 3
SGB VIII § 3
SGB VIII § 26 S. 1
SGB VIII § 69
SGB VIII § 74
SGB VIII § 74a
SGB VIII § 75 Abs. 1
SGB VIII § 78a
SGB VIII § 90
ThürKJHAG § 6 Abs. 1
ThürKJHAG § 11 Abs. 1
ThürKitaG § 1 Abs. 5 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 4 Abs. 1 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 4 Abs. 2 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 14 Abs. 4 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 21 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 22 Abs. 2 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 25 Abs. 2 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 25 Abs. 4 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKitaG § 29 Abs. 3 i.d.F.v. 25.07.1991
ThürKO § 1 Abs. 2
ThürKO § 71 Abs. 1 Nr. 1
ThürKO § 73 Abs. 1 Nr. 3
ThürKO § 86
ThürKO § 87 Abs. 3
ThürKO § 114
VwGO § 113 Abs. 5
VwGO § 124 Abs. 1
VwGO § 124a Abs. 2 S. 1
1. Als Gebietskörperschaft, der Aufgaben der Jugendhilfe als örtlicher Träger übertragen sind, kann der Landkreis nicht zugleich freier gemeinnütziger Träger sein; dies gilt unabhängig von der privatrechtlichen Handlungsform, in der er sich betätigt (hier gGmbH).

2. Die Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII entfaltet eine Bindung in der Form der Tatbestandswirkung nur für den Bereich des SGB VIII.

3. Die bundesrechtlichen Regelungen in §§ 69 ff. SGB VIII zur Trägerstruktur der Jugendhilfe und zur Behördenorganisation bilden einen abschließenden Gestaltungsrahmen, sofern der Landesgesetzgeber auf eine Übertragung von Aufgaben i. S. d. § 69 Abs. 2 SGB VIII verzichtet hat.

Durch § 22 Abs. 2 ThürKitaG wird den Gemeinden nur die Wahrnehmung, Kindergartenplätze in der erforderlichen Anzahl bereitzustellen, auferlegt; eine über eine solche Wahrnehmungs-Zuständigkeit hinausgehende Aufgabenverlagerung liegt darin nicht.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 3. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

3 KO 237/05 Verkündet am 06.04.2006

In dem Verwaltungsstreitverfahren

hat der 3. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Best und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Hanz auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar - 8 K 1906/02.We - abgeändert; die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von pauschalierten Sachkostenzuschüssen für die von ihr betriebenen Kindergärten in L , A und S für das Jahr 2002.

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Alleiniger Gesellschafter ist der Landkreis Gotha. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb von Einrichtungen der Jugendhilfe, Eingliederungshilfe und Pflege. Nach der Präambel des Gesellschaftsvertrages vom 30. Januar 1997 sollte für Heime des Landkreises eine den Regelungen der Pflegeversicherung entsprechende selbstständige wirtschaftliche Einheit geschaffen werden. Der Landkreis hat unterdessen mit Vertrag vom 4. November 2005 die Geschäftsanteile und Grundstücke an den A e. V., Sitz E , mit wirtschaftlichem Übergang zum 1. Januar 2006 veräußert.

Die Klägerin wurde vom Landratsamt Gotha mit Bescheid vom 18. November 1998 als Träger der Freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII anerkannt. Unter dem 15. Oktober 2001 schlossen die Klägerin und die Gemeinde Leinatal eine Vereinbarung über die Übernahme des Betriebs und der Trägerschaft für die Kindergärten in L (Kindergarten "Z "), in A (Kindergarten "P ") und in S (Kindergarten "V ") mit Wirkung zum 01. Januar 2002. Aufgrund dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Gemeinde Leinatal unter anderem, der Klägerin unentgeltlich die in ihrem Eigentum befindlichen Gebäude mit allen Anlagen nebst Inventar für den Betrieb der Kindergärten zur Verfügung zu stellen. Die Gemeinde hat nach § 3 des Vertrages, den nicht gedeckten Teil des Betriebsaufwandes durch einen Zuschuss zu übernehmen. Auf Antrag der Klägerin vom 15. November 2001 erteilte das Thüringer Landesamt für Soziales und Familie jeweils mit Bescheiden vom 24. Januar 2002 für die streitgegenständlichen Kindertagesstätten die erforderlichen Betriebserlaubnisse gemäß § 45 SGB VIII.

Unter dem 28. November 2001 beantragte die Klägerin für die Kindertagesstätten Sachkostenzuschüsse gemäß § 6 Thüringer Kindertageseinrichtungs-Finan-zierungsverordnung - ThürKitaFVO - und § 25 Abs. 4 des Thüringer Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder als Landesausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (Kindertageseinrichtungsgesetz - im Folgenden: KitaG) für das Jahr 2002.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2002 lehnte das Thüringer Landesamt für Soziales und Familie nach Anhörung den Antrag ab und begründete dies damit, dass die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 KitaG nicht gegeben seien. Die Klägerin sei kein "freier gemeinnütziger Träger" nach dieser Vorschrift. Die Klägerin sei nur formal eine "juristische Person privaten Rechts" im Sinne von § 4 Abs. 2 KitaG. Nach dem Sinnzusammenhang zwischen § 4 Abs. 2 und Abs. 1 KitaG genüge allein die private Rechtsform nicht. Negatives Tatbestandsmerkmal sei, dass die private Gesellschaft nicht von einer Kommune entscheidend abhängig sei. Nach § 4 Abs. 1 KitaG könnten Tageseinrichtungen für Kinder von freien gemeinnützigen oder kommunalen Trägern errichtet und betrieben werden, nicht jedoch ausschließlich von Wohnsitzgemeinden. Diese seien gemäß § 22 Abs. 2 KitaG lediglich verpflichtet, die erforderlichen Plätze bereitzuhalten. Zu den "kommunalen Trägern" zählten Gemeinden, Landkreise sowie auch Kommunen, die sich für den Betrieb der Kindertageseinrichtungen der Rechtsformen des Privatrechts bedienten, sofern die wesentlichen Entscheidungen für die Errichtung und Einrichtung bei der Kommune verblieben. Die Klägerin handele lediglich als kommunale Gesellschaft für vormals in unmittelbarer Trägerschaft des Landkreises Gotha stehende Einrichtungen und für solche Einrichtungen, die wie die in Rede stehenden Kindertageseinrichtungen erst nach Gründung der Klägerin in deren Trägerschaft übernommen worden seien. Nach dem Gesellschaftsvertrag würden die wesentlichen Entscheidungen über den Geschäftsbetrieb der Klägerin durch den Aufsichtsrat getroffen. § 25 Abs. 4 KitaG wolle nach der amtlichen Begründung zum 1. Änderungsgesetz von 1993 nur außerhalb des kommunalen Bereichs angesiedelte, freie gemeinnützige Träger fördern und diesen einen finanziellen Anreiz bieten. So trage die restlichen Kosten für das Fachpersonal die zuständige Gemeinde auch im Falle eines Kindergartens in freier gemeinnütziger Trägerschaft nach § 25 Abs. 2 Satz 4 KitaG. Vor allem den Sachaufwand müsse jeder Träger selbst bestreiten mit Ausnahme des hier in Streit stehenden Sachkostenzuschusses für freie gemeinnützige Träger. Nach der Gesetzesbegründung ziele § 25 Abs. 4 KitaG nicht darauf ab, kommunale Haushalte vom Sachaufwand zu entlasten. Die Klägerin sei auch nicht aufgrund Verwaltungsaktes als freier gemeinnütziger Träger im Sinne von § 25 Abs. 4 KitaG verbindlich festgestellt. Dies ergebe sich insbesondere weder aus der Betriebserlaubnis noch aus der Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe. Im Übrigen sei die vorliegend erkennbare Aufgabenverschiebung mit derjenigen vergleichbar, bei welcher der örtliche Träger der Jugendhilfe seine zuvor wahrgenommene Aufgabe einer Kommune übertrage, die nicht örtlicher Träger der Jugendhilfe sei, wie dies auch § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII verdeutliche. Sowohl bei Kindergärten als auch bei Aufgaben als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe verbleibe die Aufgabe jeweils im öffentlichen Bereich.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 1. August 2002 Widerspruch ein und machte im Wesentlichen geltend, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch seien gegeben. Es gehöre nicht zu den Aufgaben eines Landkreises, Kindergartenplätze vorzuhalten. Insoweit seien keine öffentlichen Aufgaben verlagert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2002 wies das Thüringer Landesamt für Soziales und Familie den Widerspruch aus den im Bescheid genannten Gründen zurück. Die Gesellschaft des Landkreises sei ein kommunaler Träger und habe deshalb keinen Anspruch auf den Sachkostenzuschuss.

Am 19. Dezember 2002 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben und ausgeführt, sie habe Anspruch auf Sachkostenzuschüsse. Die Bereitstellungspflicht nach § 22 Abs. 2 KitaG gelte lediglich für Wohnsitzgemeinden und nicht für Landkreise. Insoweit habe sie die Kindertageseinrichtungsstätten originär von der Gemeinde Leinatal übernommen. Es gehöre nicht zu den Aufgaben des Landkreises, Kindergartenplätze vorzuhalten; er habe auch zu keiner Zeit Kindergärten betrieben.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Thüringer Landesamtes für Soziales und Familie vom 2. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 desselben Amtes zu verpflichten, ihr die beantragten Sachkosten gemäß § 25 Abs. 4 Thüringer Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder i. V. m. § 6 Thüringer Kindertageseinrichtungs-Finanzierungsverordnung in Höhe von 16 891,70 € zuzüglich 8 v. H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich im Wesentlichen auf die angegriffenen Bescheide bezogen und ergänzend zur Bedarfsplanung und zu Differenzen hinsichtlich der tatsächlich beantragten bzw. vorgehaltenen Plätze sowie zu den maßgeblichen Zeiträumen und zur konkreten Höhe etwaiger Ansprüche vorgetragen.

Mit auf mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 14. Dezember 2004 hat das Verwaltungsgericht Weimar den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Thüringer Landesamtes für Soziales und Familie vom 2. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes für Soziales und Familie vom 27. November 2002 verpflichtet, der Klägerin die beantragten Sachkosten gemäß § 25 Abs. 4 KitaG in Höhe von 16 891,70 € für das Jahr 2002 zuzüglich 8 v. H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren. Gleichzeitig hat es die Berufung zugelassen.

Der Entscheidung liegen folgende Erwägungen zugrunde: Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 KitaG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 und 3, 4 Abs. 1 Satz 1 KitaG und habe deshalb Anspruch auf die begehrten pauschalierten Betriebskostenzuschüsse. Die Kindertagesstätten seien ordnungsgemäß im Bedarfsplan des Landkreises ausgewiesen. Die Klägerin sei ein "freier gemeinnütziger Träger" i. S. d. § 25 Abs. 4 KitaG i. V. m. § 4 Abs. 2 KitaG. Zwar sei sie eine im weiteren Sinn kommunale Eigengesellschaft; angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 4 Abs. 2 KitaG müsse ein negativer Ausnahmetatbestand grundsätzlich eng verstanden werden. Aus der Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der maßgebenden Fassung von § 25 Abs. 4 KitaG ließen sich keine ausreichend deutlichen Erkenntnisse zu den Begriffen "kommunaler Träger" und "freier gemeinnütziger Träger" entnehmen. Eine gesetzgeberische Intention, Gemeinden von Ansprüchen nach § 25 Abs. 4 KitaG auszunehmen, sei nicht feststellbar. Auch aus den bundesrechtlichen Vorschriften des SGB VIII folge nichts hinsichtlich der Begriffe; sie ließen vielmehr ein sehr offenes Verständnis erkennen, wer freier Träger sei. Es gebe deshalb keinen Grund, die Begriffsinhalte in § 25 Abs. 4 KitaG bzw. § 4 KitaG bundesrechtskonform anzupassen. Der Bundesgesetzgeber habe das Land auch nicht hindern wollen, Kommunen oder kommunale Eigengesellschaften im Bereich der Jugendhilfe zu fördern. Der Vorbehalt zu Gunsten des Landesrechts in § 26 SGB VIII werde nicht überschritten. Davon ausgehend dürfe nicht jede kommunale private Eigengesellschaft als "kommunaler Träger" im Sinne des § 4 Abs. 1 KitaG angesehen werden. Der vom Oberverwaltungsgericht im Urteil vom 19. Oktober 2004 - 2 KO 385/03 -(veröffentlicht in FEVS 56, 469 = LKV 2005, 508 = ThürVBl. 2005, 68) festgelegte Maßstab der vollständigen Beherrschung einer privaten Gesellschaft durch eine Gemeinde sei eng zu verstehen und auf offensichtliche Missbrauchsfälle zu beschränken. Hier scheide im Verhältnis zur Gemeinde Leinatal eine nach diesen Grundsätzen vollständige Beherrschung der Klägerin aus, weil die Gemeinde nicht selbst als Gesellschafterin an der Klägerin beteiligt sei. Ohne Rücksicht darauf ergebe sich dies auch nicht aus der Vereinbarung vom 15. Oktober 2001 (wird ausgeführt).

Im Verhältnis zum Landkreis Gotha sei die Klägerin ebenso nicht als kommunaler Träger anzusehen. Der Landkreis Gotha betreibe die drei Kindergärten freiwillig. Zwar nähmen die Landkreise die Aufgaben der Jugendhilfe grundsätzlich zwingend auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen, also unfreiwillig, wahr. Bei den hier in Rede stehenden Kindergärten sei jedoch zunächst die Wohnsitzgemeinde - und nicht der Landkreis - verpflichtet, die erforderlichen Kindergartenplätze zur Verfügung zu stellen. Betreibe der Landkreis Kindergärten - eine von ihm beherrschte Eigengesellschaft unterstellt - sei dies ungeachtet der Gesamtverantwortung als örtlichen Träger der Jugendhilfe nicht der Erfüllung gesetzlicher Pflichten geschuldet.

Ob im Übrigen die vollständige Beherrschung durch den Landkreis fehle, könne dahinstehen. Ebenso könne offen bleiben, ob dem Landkreis bezüglich der pädagogischen Ausrichtung eine inhaltliche Einflussnahme möglich sei oder ob die im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen lediglich einen ordnungsgemäßen Betrieb gewährleisten sollten (wird jeweils ausgeführt). Auf eine etwaige präjudizielle Wirkung für den Anspruch auf Förderung aus der bestandskräftigen Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe komme es ebenso nicht mehr an. Es dürfe auch dahinstehen, ob die entsprechende Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII erforderlich sei; darüber verfüge die Klägerin. Dem Grunde nach bestehe deshalb, weil die Klägerin ein "freier gemeinnütziger Träger" sei, der Anspruch auf Gewährung des Sachkostenzuschusses für den beantragten Zeitraum.

Bezüglich der Höhe der Kosten könne die in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten vorgelegte Kostenaufstellung zugrunde gelegt werden, die auch die Klägerin anerkannt habe. Die Nebenforderung (Zinsen seit Rechtshängigkeit) folge aus der Fälligkeit der Hauptforderung im Zeitpunkt der Klageerhebung.

Die Zulassung der Berufung rechtfertige die bislang nicht höchstrichterlich geklärte Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen kommunale Eigengesellschaften privaten Rechts, die nicht vollständig von einer Kommune beherrscht werden, als freie gemeinnützige Träger nach § 4 Abs. 2 KitaG anzusehen sind und ob dies mit den bundesrechtlichen Vorschriften des SGB VIII vereinbar ist.

Das Urteil wurde dem Beklagten am 18. Januar 2005 zugestellt. Die Rechtsmittelbelehrung lautet dahingehend, dass gegen das Urteil die Zulassung der Berufung beantragt werden könne. Das Verwaltungsgericht Weimar hat durch Beschluss vom 6. April 2005 das Urteil insoweit gemäß § 118 Abs. 1 VwGO berichtigt, die Rechtsmittelbelehrung ersetzt und erneut das Urteil zugestellt.

Bereits am 20. Januar 2005 ist vom Beklagten Berufung eingelegt worden, die er mit Schriftsatz vom 28. Februar 2005, eingegangen am gleichen Tage, begründet hat. Er macht im Wesentlichen geltend: In dem gesetzlichen Vorrang der Förderung freier gemeinnütziger Träger vor kommunalen Trägern liege ein Verbot des Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, das den kommunalen Trägern untersage, durch formale Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 KitaG als freier gemeinnütziger Träger aufzutreten. Für die Auslegung des Begriffs sei bei Kapitalgesellschaften die Frage, wer die wesentlichen Entscheidungen treffe neben der kommunalen Zugehörigkeit des alleinigen Anteilseigners - des Landkreises Gotha - von eigenständiger Bedeutung. Die Klägerin gehe nicht unbeeinflusst von der Gemeinde Leinatal ihrer Tätigkeit nach; sie werde kommunal getragen und beherrscht. Nach den vom ThürOVG im Urteil vom 19. Oktober 2004 - 2 KO 385/03 - entwickelten Maßstäben sei die Klägerin nicht als freier gemeinnütziger Träger anzusehen, weil danach nur als freier Träger in Betracht komme, wer von der jeweiligen Kommune tatsächlich und rechtlich unabhängig sei. Der Beklagte vertieft seinen Standpunkt, dass allein die private Rechtsform nicht ausreichend sei, vielmehr als negatives Tatbestandsmerkmal hinzukommen müsse, dass die juristische Person nicht in Abhängigkeit zu einer letztverantwortlichen Kommune stehe. Kommunaler Träger i. S. d. § 4 Abs. 1 KitaG seien nicht nur Kommunen nach der Thüringer Kommunalordnung - ThürKO -. Es mache keinen Unterschied, ob die Kommune als Träger der Einrichtung unmittelbar oder als Alleingesellschafterin einer Betreibergesellschaft mittelbar für die Tageseinrichtung verantwortlich sei. Zwar sei es richtig, dass nach § 22 Abs. 2 S. 1 KitaG die Wohnsitzgemeinde verpflichtet sei, Kindergartenplätze bereit zu stellen. Auch der Landkreis könne nach § 87 Abs. 3 ThürKO Aufgaben des eigenen Wirkungskreises kreisangehöriger Gemeinden auf deren Antrag übernehmen.

Der vom Verwaltungsgericht aufgenommene Maßstab der vollständigen Beherrschung entspreche nicht der Entscheidung des ThürOVG. Gerade aus der Begründung zum Gesetzesentwurf des Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes über Tageseinrichtungen als Landesausführungsgesetz (LT-Drs. 1/2115) und aus dem systematischen Zusammenhang ergebe sich, dass die Entwicklung einer pluralen Trägerstruktur auch mit Bezug auf Kindertageseinrichtungen Ziel des Gesetzes sei. Die kommunalen Haushalte sollten gerade nicht von dem mit Kindertageseinrichtungen verbundenen Sachaufwand entlastet werden, sondern Kindergärten sollten aus der kommunalen Obhut entlassen und die Pluralität freier Träger gefördert werden.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

das auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar - 8 K 1906/02.We -abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Revision wegen grundsätzlicher Fragen, die sich aus der Anerkennung der Klägerin als Träger der freien Jugendhilfe im Sinne des SGB VIII stellen, zuzulassen.

Sie sei nicht vollständig vom Landkreis als kommunaler Gebietskörperschaft abhängig. Das zeigten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und die Stellung und die Handlungsbefugnisse des Geschäftsführers. Die Klägerin werde wenn, dann vom Landkreis als Gebietskörperschaft beherrscht. Der Landkreis habe keine gesetzlichen Aufgaben im Bereich der Kindertagesstätten zu erfüllen. Insoweit könne er sich wie ein ziviler Träger frei entfalten und sei vor allem in der Entscheidung, überhaupt in diesem Bereich tätig zu werden, frei. Das Gesetz stelle auf juristische Personen des öffentlichen Rechts ab und begünstige diese nur, wenn ihre Tätigkeit frei von Gewinnerzielung sei. Dies treffe auch bei der Klägerin zu, wie das Verwaltungsgericht feststelle. Die Trägerstruktur sei nicht darauf ausgerichtet, Sachkostenzuschüsse "abzufangen", auf die die dahinter stehende Kommune keinen Anspruch habe. Die Vorinstanz habe zu Recht die gesellschaftsrechtliche Beherrschung in Anlehnung an die Rechtsprechung des ThürOVG verneint. Die Gemeinde Leinatal bestimme nicht vollständig über das Handeln der Klägerin im Rahmen des Vertrages über den Betrieb der Kindertagesstätten. Der Landkreis sei freiwilliger Träger, so dass Einschränkungen unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs nicht griffen und keine Veranlassung bestehe, § 4 Abs. 2 KitaG einschränkend auszulegen.

Die Voraussetzungen für eine Übernahme durch den Landkreis lägen nicht vor, weil nicht die Trägergemeinde der Kindertagesstätte an den Landkreis herangetreten sei, sondern der Geschäftsführer der Klägerin an den Bürgermeister der Gemeinde Leinatal, weil die Gesellschaft selbst eine Geschäftsfelderweiterung gesucht habe. Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber den Begriff der "Pluralität" lediglich am Rechtscharakter des Trägers habe festmachen wollen. Pluralität könne nicht an der rechtlichen Qualität der Träger festgemacht werden, sondern allein daran gemessen werden, wie Erziehungs- und Ausbildungskonzepte gestaltet würden. Die Klägerin unterhalte den Erziehungsbetrieb aus selbst erwirtschafteten Mitteln. Der Kreis gebe keine zusätzlichen Mittel, so dass unter diesem Gesichtspunkt Unabhängigkeit erreicht sei.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt. Er hat sich im Wesentlichen den Ausführungen des Beklagten angeschlossen und die Rechtsauffassung des ThürOVG im Urteil vom 19. Oktober 2004 - 2 KO 385/03 - verteidigt. Die Wahl einer privaten Rechtsform allein sei nicht ausreichend, um von einer juristischen Person des Privatrechts zu sprechen. Die Klägerin werde kommunal getragen und beherrscht und sei deshalb kommunaler Träger i. S. v. § 4 Abs. 1 S. 1 KitaG.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung hat die Klägerin mit Schriftsatznachlass noch ausgeführt: Die aus § 69 SGB VIII zu entnehmende Trägerschaft bedeute nur eine "Aufgabenträgerschaft" und nicht zwingend auch eine Sachträgerschaft als Einrichtungsträger. Das Thüringer KitaG sei das speziellere Gesetz, das dem SGB VIII wegen des Landesrechtsvorbehalts in § 26 SGB VIII vorgehe. Das Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz befasse sich nur mit der Jugendhilfe. Das KitaG gehe hingegen von einem anderen Trägerbegriff als das SGB VIII aus. Es verschaffe dem örtlichen Träger der Jugendhilfe nur eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten. Die Tatsache, dass das KitaG ein Ausführungsgesetz sei, stehe dem nicht entgegen; denn auf Grund des Landesrechtsvorbehalts habe der Landesgesetzgeber einen weiten Spielraum, von dem er intensiv Gebrauch gemacht habe. In § 21 KitaG werde den Kindertagesstätten ein selbstständiger Erziehungs- und Bildungsauftrag erteilt. Kinderbetreuungseinrichtungen seien durch § 2 Abs. 2 ThürKO dem eigenen Wirkungskreis der Gemeinde zugeordnet. Damit habe der Kreis Gotha seine Funktion im Sinne des § 69 SGB VIII verloren. Auch nach den Maßgaben des SGB VIII habe die Klägerin Anspruch auf den Sachkostenzuschuss. Das ergebe sich aus den Funktionen des Jugendamtes als Träger der Jugendhilfe einerseits und dem Werdegang des klägerischen Engagements andererseits. Zu letzterem wiederholt die Klägerin unter Antritt von Zeugenbeweis und mit Urkunden im Wesentlichen ihren Vortrag zu ihrer Gründung, den Aufgaben und der Geschäftsfelderweiterung hinsichtlich der Übernahme der streitgegenständlichen Kindertagesstätten. Die grundsätzliche Bedeutung der Sache folge nunmehr aus der Frage, wie weit der Landesrechtsvorbehalt des § 26 SGB VIII reiche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten (2 Heftungen zum Verfahren 3 KO 125/05 und ein Ordner Verwaltungsvorgänge) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung; auf ihren Inhalt wird ebenfalls Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Berufungskläger wendet sich gegen die ihm unter gleichzeitiger Aufhebung des Bescheides vom 2. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 auferlegte Verpflichtung, 16 891,70 € zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Sachkostenzuschuss für das Jahr 2002 an die Klägerin zu zahlen.

Die Berufung ist zulässig.

Das Rechtsmittel ist nach § 124 Abs. 1 VwGO statthaft. Sowohl dem Tenor als auch den Entscheidungsgründen des Urteils konnte der Berufungsführer entnehmen, dass die Berufung von der Vorinstanz nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen worden ist.

Die Berufung wurde auch fristgerecht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO). Die Zustellung des Urteils ist am 18. Januar 2005 erfolgt. Der Berufungskläger hat am 20. Januar 2005 per Fax beim Verwaltungsgericht Weimar innerhalb der offenen Frist das Rechtsmittel eingelegt. Die Berichtigung des angefochtenen Urteils durch Beschluss der Vorinstanz vom 6. April 2005 zur zunächst falschen Rechtsmittelbelehrung (über die Zulassung) bleibt ohne Belang. Die rechtzeitige Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 28. Februar 2005 genügt den formellen Anforderungen des § 124 Abs. 3 S. 4 VwGO.

Die Berufung ist begründet.

Die zulässige Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg und ist deshalb abzuweisen. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 25 Abs. 4 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder als Landesausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (Kindertageseinrichtungsgesetz - KitaG) vom 25. Juli 1991 (GVBl. S. 113), zuletzt geändert durch Art. 33 ThürEurUmstG vom 24. Oktober 2001 (GVBl. S. 265), auf einen Zuschuss zu den Sachkosten für die von ihr betriebenen Kindergärten.

Das Land gewährt gemäß § 25 Abs. 4 KitaG freien gemeinnützigen Trägern Zuschüsse zu den Sachkosten in Höhe von 20,45 € monatlich für jeden im Bedarfsplan ausgewiesenen Platz im Kindergarten oder einer gemeinschaftlich geführten Einrichtung mit altersgemischten Gruppen im Sinne von § 1 Abs. 5 KitaG. Die Klägerin ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht zu dem von § 25 Abs. 4 KitaG begünstigten Kreis der freien gemeinnützigen Träger zu zählen.

Ein solcher Träger ist die Klägerin nicht aufgrund der Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe im Sinne des SGB VIII (1.). Auch nach den Vorschriften des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes fehlt ihr die erforderliche Trägereigenschaft, wie sie dieses Gesetz voraussetzt (2.).

1. Dem Bescheid des Landkreises Gotha vom 18. November 1998 gemäß § 75 Abs. 1 SGB VIII i. V. m. § 11 Abs. 1 Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz - (i. f. ThürKJHAG [i. d. F. d. Bekanntmachung vom 7. September 1998 - GVBl. S. 269] -, zuletzt geändert durch Art. 15 ThürHhG 2006/2007 vom 23. Dezember 2005 - GVBl. S. 429, 473 -) kommt als Verwaltungsakt für diese Trägereigenschaft nur eine Tatbestandswirkung im Sinne des SGB VIII zu; eine umfassende Feststellungswirkung scheidet aus.

Voraussetzungen und Umfang der Feststellungswirkung, die auch der eigentlichen Entscheidung voraus liegende Elemente wie z. B. tatsächliche Feststellungen mit in die Bindungswirkung einbezieht, ergeben sich ausschließlich durch besondere gesetzliche Anordnung (vgl. BVerwG; Beschluss vom 9. März 2005 - 8 B 103/04 -juris und Urteil vom 24. Februar 2005 - 5 C 10/04 - BVerwGE 123, 101 = NVwZ-RR 2005, 576 m. w. N. sowie Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., München 2003, § 43 Rdnr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. München 2003, § 121, Rdnr. 6). Es fehlt indessen eine gesetzliche Vorschrift, nach der die Anerkennung als freier Träger der Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII auch für Entscheidungen nach dem KitaG bindend hinsichtlich der Eigenschaft "freier gemeinnütziger Träger" i. S. d. § 25 Abs. 4 KitaG feststellend zugleich für die finanzielle Förderung vorgegeben wird.

Es bleibt bei der Bindung in der Form der Tatbestandswirkung nur für den Bereich des SGB VIII; § 11 Abs. 1 ThürKJHAG, der das Anerkennungsverfahren regelt, nimmt ausdrücklich für die Anerkennung auf § 75 SGB VIII Bezug; das Gesetz selbst enthält keine Vorschriften zu einer weitergehenden Bindung. Neben der Klägerin als der Adressatin des Verwaltungsaktes und der erlassenden Behörde haben deshalb alle anderen Behörden, Gerichte (etc.) allein die Tatsache zu beachten, dass der entsprechende Verwaltungsakt erlassen wurde, d. h. mit anderen Worten, die für diesen bestimmten Rechtsbereich getroffene Regelung ist hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1986 - 8 C 122.84 bis 125.84 - Buchholz 454.4 § 83 2. WoBauG Nr. 21, Kopp/Ramsauer, VwVfG, a. a. O., § 43 Rdnr. 18). Der öffentliche Träger wird durch die Anerkennungsentscheidung nach § 75 SGB VIII dazu verpflichtet, die Tätigkeit der Klägerin als freier Träger auf dem Gebiet der Jugendhilfe nach Maßgabe des § 74 SGB VIII anzuregen und zu fördern. Der freie Träger kann eine Förderungsfinanzierung durch den öffentlichen Träger beanspruchen, wenn Haushaltsmittel verfügbar sind und im Einzelfall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 74 SGB VIII erfüllt sind (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. September 1992 - 24 B 1859/92 -FEVS 43, 164 zu § 74 KJHG; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 12. Januar 1999 - 4 M 1528/98 - Juris; und Wiesner, SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar, 2. Auflage, München 2000, § 74 Rdnr. 37 ff.) Zusätzlich vermittelt die Anerkennung neben der Entgeltfinanzierung nach §§ 78a ff. SGB VIII Vorschlags- und Beteiligungsrechte sowie Rechte auf Zusammenarbeit (vgl. ebenso näher: Wiesner, SGB VIII, Anhang zu § 75 "Grundsätze für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugendbehörde vom 14.4.1994").

Die Finanzierung der Tagesbetreuung von Kindern indessen ist landesrechtlichen Regelungen vorbehalten, soweit sie nicht gemäß § 90 SGB VIII (Erhebung von Teilnahmebeiträgen) i. V. m. landesrechtlichen Vorschriften und kommunalen Satzungen den Eltern obliegt (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 5 B 24/04 - FEVS 56, 297 m. w. N.). Der Bund hat im Rahmen seiner Zuständigkeit zur konkurrierenden Gesetzgebung für die öffentliche Fürsorge (Art. 74 Nr. 7 GG) keine Vorgaben gemacht, sondern gemäß § 26 S. 1 SGB VIII das Nähere über Inhalt und Umfang der Aufgaben und Leistungen dem Landesrecht vorbehalten. § 74a SGB VIII, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch Art. 1 Nr. 5 des Tagesbetreuungsausbaugesetzes - TAG - vom 27. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3852) stellt diese Finanzierungsverantwortung nach Maßgabe des Landesrechts nunmehr ausdrücklich fest. Satz 1 bestimmt, dass die Finanzierung von Tageseinrichtungen das Landesrecht regelt. Die Vorschrift stellt klar, dass die bundesrechtlichen Regelungen insoweit nicht zur Anwendung kommen. Damit soll den in den Ländern geschaffenen unterschiedlichen Finanzierungsformen Rechnung getragen werden und darüber hinaus ermöglicht werden, den Bau und den Betrieb von Tageseinrichtungen in Betrieben aus öffentlichen Mitteln zu unterstützen (vgl. die Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf - zu § 74 a [Nr. 32], BT-Drs. 15/3676, S. 39). Die bundesrechtlichen Regelungen stehen deshalb unabhängig von den Finanzierungsformen der Länder. Welchen Trägern, in welcher Form und in welchem Umfang der Landesgesetzgeber Zuschüsse für die Tageseinrichtungen gewähren will, war und ist dem Freistaat überlassen. Er kann sich für die anteilige Finanzierung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs entscheiden (vgl. § 30 KitaG), unmittelbar Betriebskosten (aus dem Personal- und Sachaufwand) übernehmen (§ 25 KitaG) oder die Förderung allein den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zuordnen (§ 74 Abs. 3 SGB VIII).

2. Der Anspruch auf unmittelbare Förderung der Klägerin durch das Land gemäß § 25 Abs. 4 KitaG kann deshalb nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes gerechtfertigt sein. Strittig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Klägerin als "freier gemeinnütziger Träger" im Sinne des Gesetzes einzuordnen ist; die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen werden ersichtlich erfüllt. Insoweit kann der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen. Die Trägereigenschaft indessen ist im Ergebnis zu verneinen.

Dazu ist im Einzelnen auszuführen:

Das Kindertageseinrichtungsgesetz selbst legt fest, wer Träger von Tageseinrichtungen sein kann. Diese Einrichtungen können nach § 4 Abs. 1 KitaG sowohl von freien gemeinnützigen als auch den kommunalen Trägern errichtet und betrieben werden. Wer freier gemeinnütziger Träger ist, wird in Abs. 2 der Vorschrift durch eine Legaldefinition umschrieben. Darunter werden juristische Personen des öffentlichen Rechts und juristische Personen des privaten Rechts, deren Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist, verstanden. Der Wortlaut dieser Definition zeigt, dass die begriffliche Abgrenzung dem Gesetzgeber nicht gelungen ist. Zwischen juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts und deren Einordnung als kommunaler Träger oder freier gemeinnütziger Träger i. S. d. § 4 Abs. 1 KitaG wird nicht trennscharf unterschieden. Auch Gebietskörperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts könnten als juristische Personen des öffentlichen Rechts wegen der fehlenden Absicht der Gewinnerzielung zu den freien Trägern zuzurechnen sein, wenn sie nicht zugleich kommunaler Träger i. S. d. Gesetzes sind.

Auf eine Legaldefinition des kommunalen Trägers hat der Gesetzgeber verzichtet. Immerhin erschließt sich aus den weiteren Bestimmungen des KitaG, dass das Gesetz darunter jedenfalls die Gemeinden (vgl. § 1 Abs. 2 ThürKO) als Träger verstanden wissen will. Gemäß § 22 Abs. 2 KitaG wird die Wohnsitzgemeinde verpflichtet, Kindergartenplätze bereitzustellen. Die monatlichen Zuschüsse für das pädagogische Fachpersonal gemäß § 25 Abs. 2 KitaG erhält die jeweilige Gemeinde, der zugleich die Pflicht auferlegt wird, die restlichen Kosten für das Fachpersonal unabhängig davon zu tragen, wer Träger ist. Die Gemeinden gewähren den Trägern einen Zuschuss zu den Investitionskosten für eine im Bedarfsplan aufgeführte Tageseinrichtung (§ 14 Abs. 4 KitaG). Die restlichen Betriebskosten für die außerschulische Betreuung in Kindergärten trägt hingegen gemäß § 29 Abs. 3 S. 1 KitaG der örtliche Träger der Jugendhilfe; Freien gemeinnützigen Trägern gewährt das Land außerdem einen Zuschuss in gleicher Höhe für jeden im Bedarfsplan ausgewiesenen Platz im Kinderhort in Höhe von 20,45 EUR (§ 29 Abs. 3 S. 2 KitaG). Eine für die Abgrenzung der unterschiedlichen Typen von Trägern brauchbaren Hinweis ergeben diese Vorschriften insoweit, dass jedenfalls die Gemeinde selbst als Träger im Sinne des Gesetzes in Betracht kommt.

In systematischer Betrachtung der Finanzierungssysteme ergibt sich weiter: Während die freien gemeinnützigen Träger Sachkostenzuschüsse erhalten, sind die Gemeinden grundsätzlich auf die anteilige Finanzierung der Betriebskosten (Personalkosten) durch das Land verwiesen (vgl. §§ 25 Abs. 2, 30 KitaG und §§ 1 ff. ThürKitaFVO).

Im Gesetzgebungsverfahren zum Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder als Landesausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz von 1993 ist zudem deutlich geworden, dass es dem Land darauf ankam, eine plurale Trägerstruktur zu entwickeln. Es kam dem Land gerade darauf an, den freien Trägern der Jugendhilfe die notwendige Finanzkraft zu vermitteln, die diesen Trägern fehle (vgl. Thüringer Landtag, 1. Wahlperiode, LT-Drs. 1/2115 - zum Regelungsbedürfnis). Durch dieses Änderungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz vom 12. Januar 1993 (GVBl. S. 45) wurde deshalb u. a. § 25 Abs. 4 KitaG eingefügt, der den Sachkostenzuschuss für die freien gemeinnützigen Träger erstmals regelt. Nach der gesetzgeberischen Zielsetzung, wie sie im Gesetzgebungsverfahren verlautbart wurde, waren damit nur solche Träger angesprochen, die nicht in öffentlicher Finanzverantwortung getragen werden.

Hingegen führt das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zu einem Thüringer Familienfördergesetz (LT-Drs. 4/1200) in der Auslegungsfrage nicht erheblich weiter. Nach der als Artikelgesetz im Gesetzentwurf der Landesregierung geplanten Neufassung eines Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes - ThürKitaG - soll die bisherige Festlegung auf zwei Arten von Trägern nicht mehr maßgebend sein, sondern § 5 des Entwurfs nennt neben anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe (1.), kommunalen Trägern (2.), sonstige juristische Personen, deren Zweck das Betreiben einer Tageseinrichtung ist und deren Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist (3.) sowie zusätzlich sonstige Träger, insbesondere Elterninitiativen und Betriebe (4.), (LT-Drs. 4/1200, S. 22) und meint damit nach der Begründung, die möglichen Träger von Tageseinrichtungen seien erfasst. Zur Umschreibung der Trägertypen trägt der Entwurf nur insofern bei, als die Begründung darauf Bezug nimmt, dass die kommunalen Träger und die freien Träger dem Grundmodell von öffentlicher und freier Jugendhilfe entsprächen und deshalb den Hauptteil der Träger darstellten, während die anderen Träger die Minderheit bildeten und nunmehr auch Betriebskindergärten ermöglicht würden (vgl. Begründung zu § 5 des Entwurfs, LT-Drs. 4/1200, S. 60). Eine begriffliche Festlegung durch Legaldefinitionen, wer zu diesen jeweiligen Trägern zu rechnen sei, soll offenbar künftig vermieden werden. Gesetzgeberische Klarstellungen, die für die Auslegung fruchtbar sein könnten, wie die Trägerformen nach geltendem Recht wechselseitig abgegrenzt sein sollen, sind damit nicht verbindbar.

Für die Auslegung der Trägerbegriffe im Kindertageseinrichtungsgesetz bleibt festzuhalten, dass aus der Normgeschichte (Anlass und Gründe für die 1. Novelle) und dem System der Regelungen bereits beachtliche Gründe dagegen sprechen, die Klägerin als juristische Person des privaten Rechts den freien gemeinnützigen Trägern nach § 4 Abs. 2 KitaG zuzuordnen. Alleiniger Gesellschafter der GmbH war im fraglichen Bewilligungszeitraum der Landkreis Gotha, mithin eine kommunale Gebietskörperschaft, die durch die Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft in Privatrechtsform wirtschaftlich tätig geworden ist.

Der früher zuständige 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts hat im Urteil vom 19. Oktober 2004 - 2 KO 385/03 - (a. a. O.) hat dazu bereits die Auffassung vertreten:

"Eigengesellschaften deren sich Kommunen für den Betrieb ihrer Tageseinrichtungen für Kinder in der Rechtsform des Privatrechts bedienen, sind keine "freien Träger", sondern "kommunale Träger" im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 KitaG, sofern die wesentlichen Entscheidungen für die Einrichtung bei der Gemeinde verbleiben und sie diese über ihre Stellung als maßgebliche Gesellschafterin herbeiführen kann." (Leitsatz)

Fraglich war in jenem Fall, ob eine kommunale Eigengesellschaft einer kreisfreien Stadt zugleich freier Träger i. S. d. KitaG sein kann. In jener Sache hatte das Gericht zu entscheiden, ob eine kreisfreie Stadt (§ 6 ThürKO) in einer Eigengesellschaft Kindergärten als "freier Träger" i. S. d. § 4 Abs. 2 KitaG betreiben kann. Zu ihren gemeindlichen Aufgaben im eigenen Wirkungskreis gehört gemäß § 2 Abs. 2 ThürKO die Sicherung und Förderung eines bedarfsgerechten öffentlichen Angebots an Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen. In der vorliegenden Sache wäre demgegenüber nach den Maßgaben dieser Rechtsprechung zu beurteilen, ob der Landkreis als Gebietskörperschaft, der die überörtlichen Angelegenheiten sowohl im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis wahrnimmt (vgl. §§ 86 ff. ThürKO), gleichermaßen bei wirtschaftlicher Beherrschung der Gesellschaft nicht zu den "freien Trägern" gerechnet werden kann. Ob die in dieser Spruchpraxis entwickelten Maßgaben auch auf solche Gebietskörperschaften zu übertragen sind, kann der Senat offen lassen.

Als Gebietskörperschaft, der Aufgaben der Jugendhilfe als örtlicher Träger übertragen sind, kann der Landkreis nicht zugleich freier gemeinnütziger Träger sein; dies gilt unabhängig von der privatrechtlichen Handlungsform, in der er sich betätigt.

Schon in historischer und systematischer Betrachtung des Fürsorgewesens war Jugendhilfe oder Jugendfürsorge früher fast ausschließlich Aufgabe nicht staatlicher Organisationen und Verbände, insbesondere der Kirchen und der ihr nahe stehenden caritativen Einrichtungen (Wiesner, SGB VIII, a. a. O., § 3 Rdnr. 3). Die nichtstaatlichen Verbände bzw. Gruppen gründeten ihre freiwillige Tätigkeit gerade nicht auf staatliches Recht, sondern auf religiöse oder humanitäre Grundideen und Überzeugungen. Damit waren sie in der Wahl des Betätigungsfeldes völlig frei.

Der Gegenpol zum freien Träger der Jugendhilfe ist die öffentliche Jugendhilfe. Nicht nur in der unterschiedlich strukturierten Trägerschaft, sondern in dem unterschiedlichen Rechtsgrund für die Aufgabenwahrnehmung unterscheiden sie sich. Während die öffentliche Jugendhilfe insoweit an die Vorschriften des SGB VIII und die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen gebunden ist, setzt die freie Jugendhilfe Inhalte und Ziele selbst. Öffentliche und freie Jugendhilfe sind daher Wesens verschieden (Wiesner, a. a. O., § 3 Rdnr. 7; Bernzen, Christian, Die rechtliche Stellung der freien Jugendhilfe, Köln 1993, S. 11). Das entscheidende Kriterium ist demnach das Motiv des Tätigwerdens. Als öffentlicher Träger wird danach derjenige angesehen, dessen Verpflichtung sich unmittelbar aus dem Kinder- und Jugendhilferecht ergibt (Bernzen, a. a. O., S. 12, Flierl, Hans, freie und öffentliche Wohlfahrtspflege, 2. A., München 1992, S. 20; Roider, Gisela, Die rechtlichen Beziehungen zwischen freier und öffentlicher Wohlfahrtspflege, Diss., München 1989, S. 19 bis 32).

Diese Trennung in Träger der freien Hilfe und solche der öffentlichen Hilfe, ist auch für das geltende SGB VIII prägend, das an die Stelle des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) getreten ist, welches seinerseits auf dem Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) aufbaute.

Das SGB VIII differenziert zwischen dem freien und dem öffentlichen Jugendhilfeträger (§ 3 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) und nimmt damit auf, dass Jugendhilfe - früher Fürsorge - traditionell sowohl von staatlichen wie nichtstaatlichen Organisationen wahrgenommen werden kann. § 3 Abs. 1 SGB VIII spricht von "einer Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und von der Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen". Von dieser grundsätzlichen Trennung ausgehend, erschließt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII, dass die durch das SGB VIII begründeten Leistungsverpflichtungen sich allein an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe richten (OVG Bremen, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 2 B 308/02 - zitiert nach Juris). § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII stellt insoweit klar, dass die Träger der freien Jugendhilfe auch öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder mit ihrer Ausführung betraut werden können, soweit dies ausdrücklich bestimmt ist.

Eine der Aufgaben der Jugendhilfe sind Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, §§ 22 ff. SGB VIII), die als Leistung sowohl von Trägern der freien Jugendhilfe und von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe erbracht werden (§ 3 Abs. 2 S. 1 SGB VIII); die Verpflichtung richtet sich deshalb gleichermaßen an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, folgt aus § 69 Abs. 1 SGB VIII. Örtliche Träger sind nach S. 2 der Vorschrift die Kreise und die kreisfreien Städte, während Landesrecht nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII zu regeln hat, wer überörtlicher Träger ist; gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 ThürKJHAG ist dies in Thüringen das Land, wie angemerkt sei. Der Landkreis Gotha (Alleingesellschafter der Klägerin) gehört deshalb zu den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Ihm sind die Aufgaben nach § 2 SGB VIII übertragen, wie es § 14 Abs. 2 S. 1 ThürKJHAG deklaratorisch wiederholt.

Diese Stellung verliert der Landkreis nicht dadurch, dass nach § 22 Abs. 2 Satz 1 KitaG die Wohnsitzgemeinden die erforderlichen Kindertagesstättenplätze bereitzuhalten haben. Diese Gemeinden werden dadurch nicht zum örtlichen Träger der Jugendhilfe. Das ThürKJHAG enthält keine entsprechenden Normen, die die in § 69 Abs. 2 S. 1 SGB VIII gegebene Ermächtigung für das Landesrecht ausfüllen, auch kreisangehörige Gemeinden - je nach Leistungsfähigkeit - zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmen zu können. Nur dann, wenn davon Gebrauch gemacht worden ist, kann der örtliche Träger der Jugendhilfe seinen Status verlieren, die kreisangehörige Gemeinde an dessen Stelle treten und durch diesen Übergang die Aufgabenzuständigkeit des Kreises erlöschen (vgl. Schellhorn, Sozialgesetzbuch, Achtes Buch, Kinder- und Jugendhilfe, 2. A., Neuwied 2000, § 69, Rn. 10). Die mit § 22 Abs. 2 Satz 1 KitaG auferlegte Verpflichtung der jeweiligen kreisangehörigen Gemeinde, die erforderlichen Kindergartenplätze bereitzustellen, erfasst § 69 Abs. 2 SGB VIII gerade nicht; den Gemeinden wird nicht die örtliche Trägerschaft aufgebürdet (vgl. zur anderweitigen Rechtslage in Brandenburg: VerfGH des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. März 1993 - 54/01 - DVBl. 2003, 938 = LKV 2003, 372). Eine Übertragung der Aufgabe i. S. einer allein den Gemeinden obliegenden Verpflichtung, den Anspruch auf einen Kindergartenplatz gemäß § 24 SGB VIII erfüllen zu müssen, den § 22 Abs. 1 KitaG erweitert, kann darin nicht erblickt werden. Die Ansprüche auf institutionelle Förderung gemäß § 74 SGB VIII gegenüber dem Träger der Jugendhilfe bleiben ohnehin unberührt (vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 25. April 2002 - 5 C 18/01 - BVerwGE 116, 226 = NVwZ 2002, 1382 = FEVS 54, 49). Das Gesetz selbst geht von einer Mehrzahl von Trägern aus (§ 4), lässt in § 22 Abs. 2 S. 2 KitaG zu, dass mehrere Gemeinden gemeinsam einen Kindergarten unterhalten und verweist in S. 3 auf den Vorrang der freien gemeinnützigen Träger, wenn sie in der Lage sind, bedarfsgerechte Kindergärten zu schaffen und zu betreiben (vgl. zu diesem allgemeinen Grundsatz auch § 4 Abs. 2 SGB VIII).

Ebenso wenig lässt sich aus dem Landesrecht wegen des Landesrechtsvorbehalts in § 26 S. 1 SGB VIII selbständig herleiten, dass der Landkreis wegen der Übertragung einer Aufgabe i. S. d. § 22 Abs. 2 KitaG als dem spezielleren Recht nicht mehr Kraft Bundesrechts als öffentlicher Träger tätig werde - mithin freiwillig Aufgaben erfülle -, wie die Vorinstanz meint. Der Landesrechtsvorbehalt hat ohnehin nur deklaratorische Bedeutung, wie oben bereits ausgeführt worden ist. Soweit vom Bundesgesetzgeber im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG noch nicht tätig geworden ist, bleiben landesgesetzliche Regelungen unbenommen. Hinsichtlich der Frage, wer Träger öffentlicher Jugendhilfe im Sinne des Kinder- und Jugendhilferechts sein soll, bilden indessen die bundesrechtlichen Regelungen in §§ 69 ff. SGB VIII zur Trägerstruktur und zur Behördenorganisation einen abschließenden Gestaltungsrahmen, wenn der Landesgesetzgeber auf eine Regelung i. S. des § 69 Abs. 2 SGB VIII verzichtet hat.

Auch nach § 69 Abs. 5 SGB VIII scheidet ein Übergang der Trägerschaft aus. Nach S. 1 der Vorschrift können kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände für den örtlichen Bereich Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen. § 69 Abs. 5 SGB VIII stellt klar, dass es den genannten kommunalen Gebietskörperschaften unbenommen bleibt, aus ihrem Handlungsrecht zur kommunalen Daseinsvorsorge heraus, ein bedarfsgerechtes Angebot eigenverantwortlich in Abstimmung mit dem Träger der Jugendhilfe bereitzustellen; denn nach S. 2 bleibt es dabei, dass die Planung und Durchführung dieser Aufgaben in den wesentlichen Punkten mit dem öffentlichen Träger abzustimmen ist und dessen Gesamtverantwortung unberührt bleibt (vgl. OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 30. Dezember 1996 - 4 B 175/96 -NVwZ-RR 1997, 555 und Bayerischer VGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - 12 B 03.657 - BayVBl. 2004, 305).

Die Gemeinden werden deshalb durch § 22 Abs. 2 S. 1 KitaG nur an Aufgaben zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise und nicht gegen das Selbstverwaltungsrecht verstoßender Weise (vgl. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 91 ThürVerf) beteiligt; ihnen wird die Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe der Jugendhilfe auferlegt, was gerade § 69 Abs. 5 SGB VIII ermöglichen will (vgl. BVerfG, Kammer-Beschluss vom 15. November 1993 - 2 BvR 1199/91 - zu § 22 Abs. 2 Thüringer Landes-Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz vom 25. Juni 1991 - GVBl. S. 113). Eine über eine solche Wahrnehmungs-Zuständigkeit hinausgehende Aufgabenverlagerung liegt darin nicht (vgl. zum Übergang von Einzelaufgaben im Bereich der Sozialhilfe gemäß § 96 Abs. 1 BSHG a. F. Senatsbeschluss vom 11. März 2004 - 3 ZKO 733/03 - FEVS 56, 35 = DÖV 2004, 803 L).

Die Klägerin gibt demgegenüber zu bedenken, der Landkreis Gotha habe seinen aus § 2 i. V. m. § 21 KitaG resultierenden - eigenständigen - Bildungs- und Betreuungsauftrag deswegen verloren, weil das KitaG, abweichend von § 69 SGB VIII, die Refinanzierung nicht an den Aufgabenträger, sondern an den Einrichtungsträger geknüpft habe. Sie übersieht - wie die Vorinstanz -, dass die Voraussetzungen, unter denen die örtliche Trägerschaft nur wechseln kann, bundesrechtlich durch § 69 Abs. 2 SGB VIII vorgegeben sind und den Landesgesetzgeber nur in diesem Rahmen zu - in Thüringen fehlenden -Regelungen ermächtigen. Allein zutreffend daran ist, dass der Landesgesetzgeber nicht gehindert war, den Kreis der Einrichtungen, die er fördern will, selbst zu regeln, soweit nicht ohnehin Ansprüche auf Förderung unmittelbar auf § 74 SGB VIII gestützt werden können (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. April 2002 - 5 C 18/01 - a. a. O. und vom 25. November 2004 - 5 C 66/03 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. September 1992 - 24 B 1859/92 - FEVS 43, 164, Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 12. Januar 1999 - 4 M 1528/98 - juris). Leistungsverpflichtungen in letzterem Sinne richten sich ohnehin ausschließlich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 11. Dezember 2002 - 2 B 308/02 -NVwZ-RR 2003, 362 = FEVS 54, 323 = NordÖR 2003, 82).

Der Hinweis der Klägerin auf die nach § 87 Abs. 3 ThürKO statthafte Übertragung von Aufgaben stellt die hier vertretene Auffassung nicht in Frage. Nach der Regelung können die Landkreise auf Antrag der kreisangehörigen Gemeinde deren Aufgaben des eigenen Wirkungskreises übernehmen, wenn es deren Leistungsvermögen übersteigt. Sie sagt nichts darüber aus, in welcher Funktion der Landkreis bereits Aufgabenträger von Gesetzes wegen ist. Deshalb sind auch alle weitergehenden Ausführungen dazu, in welcher Weise die Übernahme der Verantwortung für den Betrieb der Kindertagesstätten zustande gekommen ist (Geschäftsfeld-Erweiterung, fehlender Antrag der Gemeinde Leinatal), ohne Belang.

Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten: Der Landkreis Gotha ist örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Mit dem Betrieb der Kindertagesstätten erfüllt er die aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII i. V. m. §§ 22 ff. SGB VIII folgenden öffentlichen Aufgaben; er kann damit schon begrifflich nicht zugleich freier gemeinnütziger Träger i. S. v. § 4 Abs. 2 KitaG sein.

Der Umstand, dass die Aufgaben in privatrechtlicher Form - hier durch die Klägerin -erfüllt werden, nimmt diese Betätigung nicht von der Geltung des öffentlichen Rechts aus (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 6. März 1990 - 7 B 120/89 - JZ 1990, 446 = NVwZ 1990, 754 m. w. N.). Grundsätzlich darf die öffentliche Hand zwar frei entscheiden, ob sie sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Form des öffentlichen oder des privaten Rechts bedient. Sie darf die Erfüllung eines rechtmäßigen öffentlichen Interesses auch mit Mitteln des Privatrechts bewerkstelligen, soweit keine öffentlich-rechtlichen Rechtsnormen oder Rechtsgrundsätze dem entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 - 4 C 18/91 - BVerwGE 92, 56 = NJW 1993, 2695 = DVBl. 1993, 654 und eingehend: Ehlers, Dirk, Die Entscheidung der Kommunen für eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisation ihrer Einrichtungen und Unternehmen, DÖV 1986, 897 sowie Wurzel/Schraml/Becker, Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Handbuch, München 2005, S. 11 ff. [Ehlers, ...verfassungsrechtliche Vorgaben], S. 33 ff. [Neutz, kommunalrechtliche Rahmenbedingungen] und S. 87 ff. [Schneider, Regie- und Eigenbetrieb]). In Thüringen unterliegt ein Landkreis aber von vornherein bei einer wirtschaftlichen Betätigung den normativen Bindungen nach § 114 ThürKO i. V. m. §§ 71 ff. ThürKO. Dazu gehört, dass der öffentliche Zweck das Unternehmen erfordert (§ 71 Abs. 1 Nr. 1) und die Gebietskörperschaft einen angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder in einem entsprechendem Gremium erhält (§ 73 Abs. 1 Nr. 3). Auch dann, wenn die Gebietskörperschaft in der Form eines privatrechtlich verfassten Rechtssubjekts dem Bürger gegenüber tritt, bleibt es Verwaltung im funktionalen Sinne, die nur in einer besonderen Erscheinungsform ausgeübt wird, wenn ein Träger der öffentlichen Verwaltung eine ihm durch öffentlich-rechtliche Aufgabenbestimmung zugewiesene Verwaltungsaufgabe in privatrechtlichen Formen wahrnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2003 - XI ZR 195/02 - BGHZ 155, 166 = NJW 2003, 2451 m. w. N. und BFH, Beschluss vom 27. April 2005 - I R 90/04 - BFHE 209, 489 = BB 2005, 1888 = DB 2005, 2221).

Die Gebietskörperschaft - hier der Landkreis - wird daher nicht dadurch, dass sie sich für den Betrieb von Tageseinrichtungen für Kinder der Rechtsform des Privatrechts bedient, zu einem "freien Träger", der tatsächlich und rechtlich unabhängig ist (vgl. dazu eingehend Urteil des ThürOVG vom 19. Oktober 2004 - 2 KO 385/03 - a. a. O. unter Bezugnahme auf VG Gera, Urteil vom 27. März 2001 - 6 K 218/97 GE -ThürVBl. 2001, 283 = ThürVGRspr 2002, 194). Im Übrigen kann auch nach der Ausgestaltung des Vertrages vom 30. Januar 1997 eine solche "Unabhängigkeit" der Klägerin ausgeschlossen werden. Das zeigen die Regelungen des vorliegenden Gesellschaftsvertrages zur Errichtung der Klägerin: § 7, Weisungsgebundenheit der Gesellschafterversammlung an den Kreistag; § 9, Zusammensetzung des Aufsichtsrates; § 11, Zuständigkeit des Aufsichtsrates mit Überwachung des Geschäftsführers und § 12, Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung für bestimmte Rechtsgeschäfte. Dies wird - nicht zuletzt - durch die nunmehr erfolgte Veräußerung der Klägerin durch den Landkreis mit Kaufvertrag (hinsichtlich der Sachanlagen) - und Abtretungsvertrag über die GmbH-Geschäftsanteile vom 4. November 2005 bestätigt. Auf die tatsächliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen der Klägerin und ihrem alleinigen Gesellschafter sowie der Gemeinde Leinatal in den laufenden Geschäften, worauf die Klägerin abhebt, kommt es nicht an.

Die Klägerin ist nach alledem mithin Eigengesellschaft des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe. Nach den für den Bezugszeitraum maßgebenden Verhältnissen (vgl. § 6 ThürKitaFVO) gehört sie nicht zu den gemäß § 25 Abs. 4 KitaG anspruchsberechtigten freien gemeinnützigen Trägern, denen das Land einen Zuschuss zu den Sachkosten gewährt. Die Klage war daher auf die Berufung des Beklagten hin abzuweisen.

Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte die Kosten beider Rechtszüge zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Zu den Kosten gehören nicht die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses, weil die Voraussetzungen des § 162 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt sind. Der Beteiligte hat selbst keinen Sachantrag gestellt und ist somit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); danach entspräche es nicht der Billigkeit, ihm Kostenerstattung zu gewähren. Das Verfahren ist nicht gemäß § 188 GKG gerichtskostenfrei, denn es wird nicht um die Hilfe für Kinder selbst gestritten (vgl. ThürOVG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - 2 KO 385/03 - a. a. O.).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO). Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Reichweite des Landesrechtsvorbehalts in § 26 SGB VIII stellt sich nicht. Bundesrechtlich werden keine grundsätzlichen Fragen aufgeworfen; landesrechtlich geht es im vorliegenden Fall die Entscheidung tragend um Auslegungsfragen zu § 25 Abs. 4 KitaG und § 4 Abs. 2 KitaG.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 16 891,70 EUR festgesetzt (§§ 72 Nr. 1, 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 GKG).

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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