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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.02.2007
Aktenzeichen: 3 ZO 1183/06
Rechtsgebiete: ThürHortkBVO


Vorschriften:

ThürHortkBVO § 1
ThürHortkBVO § 3
ThürHortkBVO § 7
1. Es bestehen erhebliche Bedenken, ob die Bestimmungen über den Einkommensbegriff in der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung - ThürHortkBVO - rechtmäßig sind, soweit darin an den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff angeknüpft wird (im Anschluss an das Senatsurteil vom 1. Juni 2006 - 3 N 582/02 -, ThürVBl 2006, 276-283). Überdies dürften diese Bestimmungen den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Rechtsnorm nicht genügen, weil nicht hinlänglich festgelegt ist, welches auf welchen Zeitraum bezogene Einkommen für die Gebührenerhebung maßgeblich sein soll.

2. Zu weiteren rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Erhebung von Hortkostengebühren nach der ThürHortkBVO, die im Prozesskostenhilfeverfahren ebenfalls nicht abschließend zu klären waren.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 3. Senat - Beschluss

3 ZO 1183/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kindergarten- und Heimrechts, hier: Beschwerde (PKH) nach Klage

hat der 3. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schwachheim und den Richter am Oberverwaltungsgericht Best am 9. Februar 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 4. Dezember 2006 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Diana Brauner, Suhl, mit der Maßgabe beigeordnet, dass Kosten, die bei der Beiordnung eines am Sitz des Thüringer Oberverwaltungsgerichts oder am Wohnort der Klägerin ansässigen Rechtsanwalts nicht entstanden wären, nicht erstattungsfähig sind.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Hortkostenbeteiligung, die vom Beklagten in Anknüpfung an den Besuch des Schulhorts durch den Sohn der Klägerin erhoben wird.

Der Sohn der Klägerin besucht den Schulhort seit der zweiten Augusthälfte 2004. Hinsichtlich ihres für die Bemessung der Hortkosten maßgeblichen Einkommens fügte die Klägerin dem "Antrag zur Aufnahme in den Hort ..." einen Bescheid des Arbeitsamts vom Januar 2004 bei, ausweislich dessen sie einen Betrag von 147,21 Euro wöchentlich an Unterhaltsgeld erhielt (dies entspricht nach Berechnung des Beklagten einem Betrag von 637,91 Euro monatlich). Mit Schreiben vom 12. September 2004 erklärte die Klägerin, für ihr Kind keinen Unterhalt zu bekommen; sie habe aber Unterhaltsvorschuss beantragt.

Mit Bescheiden vom 14. Oktober 2004 wurde die Klägerin daraufhin von der Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme des Hortplatzes durch ihren Sohn und der Beteiligung an den Personalkosten befreit, weil ihr Einkommen den Betrag von 920 Euro unterschreite.

Unter dem 2. März 2005 bat der Beklagte die Klägerin darum, ihm mitzuteilen, ob sie unterdessen Unterhaltsvorschuss erhalte. Daraufhin übersandte die Klägerin dem Beklagten die Kopie des einschlägigen Bewilligungsbescheids vom 21. September 2004, wonach ihr rückwirkend zum 1. August 2004 ein Unterhaltsvorschuss in Höhe von 145 Euro bewilligt worden war.

In der Folge zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheiden vom 15. März 2005 zu einer Personalkostenbeteiligung von 9 Euro für August 2004 (hälftiger Betrag gemäß § 3 Abs. 3a der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung - ThürHortkBVO -) und 18 Euro für die Folgemonate sowie hinsichtlich der sonstigen Betriebskosten zu einer Benutzungsgebühr von 6,50 Euro für August 2004 und 13 Euro für die Folgemonate heran und hob zugleich die Befreiungsbescheide vom 14. Oktober 2004 auf.

Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 19. März 2005 Widerspruch und wies darauf hin, dass sich die ihr gewährte Arbeitslosenhilfe seit 1. September 2004 auf nur noch 554,59 Euro belaufe.

Mit Bescheiden vom 26. Mai 2005 wurde die Klägerin - unter gleichzeitiger Änderung der Bescheide vom 15. März 2005 für die Zeit ab 1. April 2005 - für die Monate April bis Juli 2005 von der Hortkostenbeteiligung befreit.

Gegenstand dieses Rechtsstreits ist daher allein die Frage, ob die Klägerin für die Zeit von August 2004 bis einschließlich März 2005 zu Recht zur Beteiligung an den Hortkosten (Personalkosten und sonstige Betriebskosten) herangezogen worden ist.

Im Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamts betr. die Betriebskosten (über den Widerspruch betr. die Personalkosten hat der Beklagte noch nicht entschieden) vom 14. Oktober 2005 ist hierzu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Klägerin habe unter Verstoß gegen § 7 Abs. 3 der Hortgebührensatzung des Beklagten ("Gebührensatzung über die Benutzung der Horte an Grundschulen in Trägerschaft des Landkreises Schmalkalden-Meiningen" vom Mai 2001, veröffentlicht im Amtsblatt des Beklagten vom 13. Juli 2001, S. 3) den Erhalt des Unterhaltsvorschusses erst verspätet angezeigt; diese Erhöhung ihres Einkommens aber sei gemäß § 7 Abs. 3 Sätze 3 und 4 der Hortgebührensatzung rückwirkend zu ihren Lasten zu berücksichtigen. Die Verringerung der Leistungen der Arbeitslosenhilfe hingegen, die sie erst im März 2005 mitgeteilt habe, könne gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 der Hortgebührensatzung erst ab dem Folgemonat, also ab April 2005, berücksichtigt werden.

Nach Erlass des Widerspruchsbescheids am 17. Oktober 2005 hat die Klägerin am 16. November 2005 Klage erhoben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren beantragt. Das Verwaltungsgericht ist der Argumentation des Beklagten im Wesentlichen gefolgt und hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gegen die Bescheide vom 15. März 2005 (und den Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2005) gerichtete Klageverfahren abgelehnt.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet. Ihr ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die Prozessbevollmächtigte mit der aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkung beizuordnen (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff., 121 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Klägerin ist bedürftig im Sinne der §§ 114 f. ZPO, und die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung hat hinreichende Erfolgaussichten i. S. d. § 114 ZPO. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist daher entsprechend zu ändern.

Die Klage der Klägerin hat gleich aus mehreren Gründen hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des Prozesskostenhilferechts:

So könnte sie bereits deswegen Erfolg haben, weil die Bestimmungen der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung (vom 12. Februar 2001, GVBl. S. 16, in der Fassung vom 11. Juni 2004) und der Hortgebührensatzung des Beklagten zum Einkommensbegriff möglicherweise nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 3 ThürHortkBVO, auf den die Hortgebührensatzung durch die Generalverweisung ihres § 6 Abs. 1 Satz 2 Bezug nimmt, gelten für die Berechnung des Einkommens "die Bestimmungen des § 76 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 BSHG". Der Senat hat in seinem Urteil vom 19. Juli 2006 - 3 N 582/02 - (ThürVBl. 2006, 276; Juris) dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Anknüpfung an diesen sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist (a. a. O., Juris, Rdn. 81 ff.). Jene Entscheidung bezieht sich zwar auf die Erhebung von Gebühren für die Benutzung von Kindertagesstätten nach Maßgabe des Thüringer Kindertagesstättengesetzes (i. V. m. dem SGB VIII). Hier wie dort geht es indessen um eine pauschalierte Gebührenerhebung im Rahmen einer sozialen Staffelung, für die u. a. die Einkommenshöhe maßgeblich ist. Die aufgezeigten rechtlichen Fragen stellen sich daher auch hier. Da sich die zur Prüfung gestellten Satzungsbestimmungen bereits aus anderen Gründen als rechtswidrig erwiesen hatten, brauchte der Senat diese Fragen seinerzeit nicht abschließend zu beantworten. Dies muss er auch hier, da es um eine lediglich überschlägige Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens geht, nicht tun. Es genügt, dass angesichts der Ausführungen in jenem Urteil jedenfalls von hinreichenden Erfolgsaussichten i. S. d. § 114 ZPO auszugehen ist.

Der Einkommensbegriff der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung (und damit auch derjenige der Hortgebührensatzung des Beklagten) ist allerdings noch in anderer Hinsicht bedenklich. Eine Prüfung im Klageverfahren könnte ergeben, dass er die Anforderungen an die gebotene Bestimmtheit einer Rechtsnorm nicht erfüllt. Der Verordnung dürfte nämlich nur schwerlich zu entnehmen sein, welches auf welchen Zeitraum bezogene Einkommen für die Gebührenerhebung maßgeblich sein soll. Eine konkrete Festlegung fehlt; in der Verordnung ist nicht geregelt, dass etwa das in dem jeweiligen Monat, für den die Hortkostenbeteiligung zu zahlen ist, erzielte Einkommen maßgeblich sein soll (was indes ohnehin auf Praktikabilitätsprobleme stoßen dürfte, weil die Beteiligung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürHortkBVO im Voraus zu entrichten ist; regelmäßig könnten daher, wenn das aktuelle Einkommen maßgeblich sein sollte, die von den Eltern zu leistenden Zahlungen nur vorläufig festgesetzt werden und müssten dann retrospektiv überprüft werden). Es ist auch nicht etwa festgelegt, dass das Einkommen des Vormonats oder das durchschnittliche im Vorjahr erzielte Einkommen o. ä. zu Grunde zu legen sei. Ein Anhaltspunkt für den maßgeblichen Zeitraum findet sich indes in § 3 Abs. 1 Satz 2 ThürHortkBVO (bzw. der inhaltsgleichen Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Hortgebührensatzung). § 3 Abs. 1 Satz 2 ThürHortkBVO lautet:

"Die durchschnittliche monatliche Höhe der zu berücksichtigenden Einkommen ist in der Regel durch Vorlage von Gehalts-, Lohn- oder Bezügebescheinigungen oder Bescheinigungen über öffentliche Sozialleistungen oder anderen als Einkommensnachweis geeigneten Unterlagen mindestens für die der Hortanmeldung des Kindes vorangegangenen drei Monate gegenüber dem zuständigen Schulträger nachzuweisen."

Diese Regelung schreibt zwar unmittelbar nur vor, welche Unterlagen zum Nachweis des Einkommens (mindestens) vorzulegen sind; ihr lässt sich indes - zumal vor dem Hintergrund, dass anderweitige Festlegungen nicht getroffen sind - zweierlei in Bezug auf die zeitliche Komponente des Einkommensbegriffs entnehmen: Zum einen soll offenbar an einen rückwärtigen Zeitraum angeknüpft werden, zum anderen soll ein durchschnittlicher Betrag des monatlichen Einkommens maßgeblich sein. Insoweit bleibt indes offen, über welchen längeren als drei Monate dauernden konkreten Zeitraum hinweg diese Durchschnittsbildung erfolgen soll.

Diese Unbestimmtheit der zeitlichen Komponente dürfte sich auch nicht dadurch gleichsam heilen lassen, dass man von einem (z. B. auf Grund eines Redaktionsversehens) unvollständigen Gesetzestext und letztlich davon ausgeht, die Normgeber hätten, wie dies in vergleichbaren Regelungen häufig geschieht, ein auf ein Jahr bezogenes Durchschnittseinkommen zu Grunde legen wollen, dessen Höhe eben durch die Vorlage von Nachweisen für mindestens die letzten drei Monate glaubhaft zu machen sei. Der so ergänzte Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 ThürHortkBVO könnte dann z. B. lauten:

"Die durchschnittliche monatliche Höhe der zu berücksichtigenden Jahreseinkommen ist in der Regel durch Vorlage von Gehalts-, Lohn- oder Bezügebescheinigungen oder Bescheinigungen über öffentliche Sozialleistungen oder anderen als Einkommensnachweis geeigneten Unterlagen mindestens für die der Hortanmeldung des Kindes vorangegangenen drei Monate gegenüber dem zuständigen Schulträger nachzuweisen."

Auch in diesem Falle nämlich blieben Unklarheiten. Es stünde dann nicht fest, ob das so ermittelte Einkommen zu Beginn der Hortbetreuung z. B. für das gesamte erste Jahr maßgeblich sein (und für das zweite in entsprechender Weise neu ermittelt werden) soll oder ob, wofür die in § 3 Abs. 1 Satz 4 ThürHortkBVO und § 7 Abs. 3 Satz 1 Hortgebührensatzung geregelte Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung von Einkommensänderungen spricht, für jeden weiteren Monat stets aufs neue das durchschnittliche Einkommen der zurückliegenden 12 Monate ermittelt werden soll. Für letzteres spräche insbesondere auch § 7 Abs. 3 Satz 2 Hortgebührensatzung, wonach mitgeteilte Änderungen mit Wirkung für den Folgemonat zu berücksichtigen sind. Diese eindeutige Regelung wiederum steht der vorstehend alternativ erwogenen Annahme, der zu Beginn der Hortbetreuung ermittelte Wert des durchschnittlichen Einkommens während der letzten 12 Monate solle für das gesamte erste Jahr der Hortbetreuung maßgeblich sein, entgegen. Denn wenn dies so wäre, dann käme eine Neuberechnung schon für den nächsten Monat regelmäßig nicht in Betracht.

Eine lückenfüllende Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 2 ThürHortkBVO (bzw. des § 7 Abs. 2 Satz 1 Hortgebührensatzung) im Sinne einer auf ein Jahr bezogenen Durchschnittsbildung könnte daher nur so verstanden werden, dass Monat für Monat ein neuer Durchschnittswert aus den Einkommen der jeweiligen 12 Vormate zu bilden wäre. Eine Auslegung der Bestimmung in diesem Sinne wird jedoch sogleich wieder zu verwerfen sein. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Normgeber eine solche, höchst aufwändige und daher unpraktikable Einkommensermittlung (ggf. allmonatlich neu durchzuführende Durchschnittsbildung) hätten regeln wollen, wenn sie sich des Regelungsbedarfs bewusst gewesen wären.

Angesichts dessen könnte sich bei einer Prüfung im Klageverfahren erweisen, dass der Einkommensbegriff der Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung und der Hortgebührensatzung des Beklagten nicht hinreichend bestimmt ist und die einschlägigen Rechtsnormen daher unwirksam sind.

Weiterhin bestehen in Bezug auf die bereits angesprochene, in § 3 Abs. 1 Satz 4 ThürHortkBVO und § 7 Abs. 3 Satz 1 Hortgebührensatzung normierte Pflicht zur (unverzüglichen) Mitteilung jedweder Änderung beim Einkommen rechtliche Bedenken, namentlich vor dem Hintergrund des gewählten sozialhilferechtlichen Einkommensbegriffs. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19. Juli 2006 (a.a. O., Juris, Rdn. 84) auf die Besonderheiten dieses Einkommensbegriffs hingewiesen, die sowohl unter Praktikabilitätsgesichtspunkten als auch in (datenschutz-)rechtlicher Hinsicht problematisch sind, und insoweit ausgeführt:

"§ 76 Abs. 1 BSHG a. F. bezieht daher (ebenso wie die nunmehr geltende Bestimmung des § 82 Abs. 1 SGB XII) grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ein (also u. a. auch Schenkungen, Trinkgelder, Lotteriegewinne, Einkünfte aus unsittlicher oder verbotener Tätigkeit sowie - als Sachbezüge - auch unentgeltliche Wohnungsnutzung oder Kost und Logis; vgl. dazu und zu weiteren Beispielen nur Lücking, in: Hauck/Nofz, Sozialgesetzbuch, Gesamtkommentar, SGB XII, Stand 12/2004, § 82 Rdn. 10 f.). Vor diesem Hintergrund ist bereits mit der Ermittlung des jeweiligen individuellen Einkommens, mit der Erhebung der relevanten Daten und deren Überprüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit, ein erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden. Schon dieser Umstand erhellt, dass sich der Einkommensbegriff des § 76 Abs. 1 BSHG a. F. als Grundlage einer Staffelung von Elternbeiträgen nach Maßgabe des § 90 Abs. 1 SGB VIII, die gerade auf Vereinfachung durch Pauschalierung und Typisierung angelegt ist (vgl. dazu ebenfalls OVG Bremen, Urteil vom 6. Juni 1997, a.a. O., Rdn. 47 ff., m.w.N.), kaum eignet. Hinzu kommen Bedenken, die sich unter dem Aspekt des Datenschutzes und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ergeben (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 6. Juni 1997, a.a. O., Rdn. 52, 73, m.w. N.)."

Hieran ist festzuhalten und ergänzend darauf hinzuweisen, dass die uneingeschränkte Pflicht zur Mitteilung jeglicher Veränderung der Einkommensverhältnisse vor dem Hintergrund dieses geradezu allumfassenden Einkommensbegriffs auch deswegen rechtswidrig sein könnte, weil deren Erfüllung für die Schuldner der Hortkostenbeteiligung - namentlich diejenigen, bei denen die Höhe der Einkünfte häufig oder gar regelmäßig wechselt (z. B. bei Schichtarbeitern oder unregelmäßig stundenweise Beschäftigten) - mit solch hohem und dauerhaften Aufwand verbunden ist, dass dieser nicht mehr zumutbar erscheint (so müsste ein Schuldner, will er sich rechtstreu verhalten, z. B. auch jeden noch so geringen Lottogewinn bei dem Beklagten anzeigen). Diesem Einwand dürfte auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden können, jedermann sei es freigestellt, sich den Nachweispflichten zu entziehen, indem er einfach den jeweiligen Höchstbetrag zahle (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 ThürHortkBVO, § 7 Abs. 2 Satz 4 Hortgebührensatzung). Denn eine derartige Argumentation geriete wohl in Konflikt zu Sinn und Zweck, der hinter der gesetzlichen Vorgabe einer sozialen Staffelung (vgl. § 16 Satz 3 ThürSchulG) nach Einkommen und Kinderzahl steht.

Des Weiteren könnte die Klage auch unter folgendem Aspekt erfolgreich sein:

Selbst wenn man die Sperrwirkung des § 7 Abs. 3 Satz 2 Hortgebührensatzung, wonach für den Betroffenen günstige Einkommensänderungen nicht rückwirkend, sondern erst ab dem der Mitteilung nachfolgenden Monat in die Berechnung einfließen (während Änderungen, "die zu einer Gebührenerhöhung führen", gemäß § 7 Abs. 3 Sätze 3 und 4 "auch mit Wirkung für die Vergangenheit" berücksichtigt werden), grundsätzlich für rechtmäßig erachtete, so dürfte sie sich im Falle der Klägerin nicht dergestalt zu deren Nachteil auswirken, dass sie für die Zeit bis einschließlich März 2005 zur Zahlung der vom Beklagten geforderten Beträge verpflichtet wäre. Die inmitten stehenden, bei der Klägerin im 2. Halbjahr 2004 eingetretenen Änderungen in ihren Einkommensverhältnissen haben nämlich per saldo allenfalls im Monat August 2004 dazu geführt, dass ihr Gesamteinkommen oberhalb der Einkommensgrenze von 920 Euro lag. Nur für diesen Monat trifft die Berechnung im Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2005 (s. dort, S. 5) zu, wonach die Einkünfte sich auf insgesamt 936,91 Euro beliefen. In der Folgezeit aber hätten diese Änderungen (nunmehriger Erhalt von Unterhaltsvorschuss bei gleichzeitiger Verringerung der Leistungen der Arbeitsverwaltung) von vornherein nicht, wie § 7 Abs. 3 Satz 3 Hortgebührensatzung es fordert, "zu einer Gebührenerhöhung führen" können.

Die isolierte Betrachtung der beiden Tatbestände, die zu der Einkommensveränderung geführt haben, wie sie vom Beklagten und vom Verwaltungsgericht vorgenommen worden sind, nämlich die Aufspaltung in eine Erhöhung durch Zahlung des Unterhaltsvorschusses einerseits und eine Minderung durch die Verringerung der Leistungen nach dem SGB III andererseits, dürfte nicht zulässig sein. Die rückwirkende Berücksichtigung lediglich einer Erhöhung des Einkommens nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 Hortgebührensatzung ist dadurch gerechtfertigt, dass der Gebührenschuldner nicht durch eine verspätete Mitteilung der Verbesserung seiner Einkommensverhältnisse den Vorteil erlangen soll, über einen längeren Zeitraum zu Unrecht in einer günstigeren Einkommensgruppe eingestuft zu bleiben, während er im Übrigen den etwaigen Nachteil, dass Einkommensminderungen gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 Hortgebührensatzung erst mit Wirkung für die Zukunft berücksichtigt werden, wegen der verspäteten Mitteilung selbst tragen soll. Einen Vorteil kann der Hortgebührenschuldner aber nur erlangen, soweit sich das für die Hortkostenbeteiligung maßgebliche Einkommen insgesamt erhöht hat. Stehen daher der Erhöhung eines bestimmten Teils der Gesamteinkünfte Verringerungen anderer Einkommensbestandteile gegenüber, so beschränkt sich der potentielle Vorteil auf dasjenige, was per saldo als Steigerung des Gesamteinkommens verbleibt.

Im Falle der Klägerin kommt hinzu, dass die gebotene Per-Saldo-Betrachtung voraussichtlich ergeben wird, dass das für die Hortkostenbeteiligung maßgebliche Einkommen, in dessen Berechnung auch die - für sich besehen über der Einkommensgrenze von 920 Euro liegenden - Einkünfte im Monat August 2004 einzubeziehen wären, nicht einmal über jener Einkommensgrenze lag: Anknüpfend an die obigen Ausführungen zur zeitlichen Komponente des maßgeblichen Einkommens ist - ungeachtet der Bedenken, die im Übrigen bezüglich der erforderlichen Bestimmtheit bestehen (s. o.) - das Durchschnittseinkommen über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten anzusetzen. Selbst wenn man also davon ausgeht, dass die Klägerin im August 2004 über ein Einkommen von 936,91 Euro verfügte, so ergäbe sich bei keiner auf drei Monate bezogenen Durchschnittsbetrachtung, in die das August-Einkommen einzubeziehen ist, ein über dem Wert von 920 Euro liegendes Einkommen. Nach Aktenlage verfügte die Klägerin in den Monaten Juni und Juli 2004 über ein monatliches Gesamteinkommen von 791,91 Euro (637,91 Euro Unterhaltsgeld zzgl. 154 Euro Kindergeld); in den Monaten September und Oktober 2004 betrug es 853,59 Euro (554,59 Euro Arbeitslosenhilfe zzgl. 154 Euro Kindergeld und 145 Euro Unterhaltsvorschuss). Das über einen Zeitraum von (mindestens) drei Monaten zu ermittelnde Durchschnittseinkommen lag demnach zwischen 840,24 Euro (Juni bis August 2004) und 881,36 Euro (August bis Oktober 2004) und folglich zu keiner Zeit über 920 Euro.

Abschließend sei bemerkt, dass die vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss geäußerten Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage, soweit sie sich auch gegen die Heranziehung zur Personalkostenbeteiligung richtet, nicht durchgreifen dürften. Der Beklagte hat entgegen seiner Ankündigung im Schreiben an die Klägerin vom 24. Juni 2005 (vgl. Bl. 36 der Behördenakte) über diesen Widerspruch noch immer nicht entschieden. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwGO bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung Mitte November 2005 erfüllt waren (oder ob zu jener Zeit noch ein zureichender Grund dafür vorlag, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden worden war), wird dahinstehen können; denn jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt dürfte ein solcher Grund nicht mehr gegeben sein.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben; dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 4 ZPO in entsprechender Anwendung). Eines gerichtlichen Kostenausspruchs und einer Streitwertfestsetzung bedarf es daher nicht.

Ende der Entscheidung

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