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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.11.2008
Aktenzeichen: 4 EO 129/06
Rechtsgebiete: ThürStrG, ThürKAG, ThürVwVfG


Vorschriften:

ThürStrG § 23 Abs. 5 S. 1
ThürStrG § 23 Abs. 5 S. 3
ThürKAG § 12 Abs. 1 S. 4
ThürVwVfG § 55
1. Normzweck des § 23 Abs. 5 ThürStrG ist es, dem Träger der Straßenbaulast einen vereinfachten und pauschalierenden finanziellen Ausgleich für die Mitbenutzung der Anlage eines kommunalen Einrichtungsträgers zur Straßenentwässerung zur Verfügung zu stellen, der alle Kosten der Mitbenutzung einschließlich der laufenden Unterhaltungskosten während der Nutzungsdauer der Anlage im Voraus abdeckt. § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG schließt daher im Fall einer Kostenbeteiligung im Sinne des Satzes 1 auch jede spätere Gebührenerhebung für die Mitbenutzung der betreffenden Anlage auf die Dauer ihrer Nutzungszeit aus.

2. Für die Höhe der Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers kommt es ausschließlich auf die - fiktiven - Kosten an, die der Bau einer straßeneigenen Entwässerung erfordern würde. Weder die konkreten Kosten der Herstellung oder Erneuerung der kommunalen Entwässerungsanlage noch die konkreten Kosten ihrer laufenden Unterhaltung sind maßgeblich.

3. Zu Voraussetzungen und Grenzen von Verträgen über die Höhe der Kostenbeteiligung im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 ThürStrG.

4. Der Ausschluss der Gebührenerhebung nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG wirkt auch zulasten eines kommunalen Einrichtungsträgers, der die zur Straßenentwässerung mitbenutzte Anlage später übernommen und zum Bestandteil einer neuen Einrichtung gemacht hat.

5. Die Erhebung von Straßenentwässerungsgebühren ist auch dann gemäß § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG ausgeschlossen, wenn die Kostenbeteiligung in ihrer Höhe nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG entspricht. Der Träger der kommunalen Einrichtung ist in einem solchen Fall auf die Möglichkeiten einer Nachforderung beschränkt.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 129/06 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Benutzungsgebührenrecht,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 18. November 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 17. Januar 2006 - 4 E 6375/04 We - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.451,23 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats spricht im Ergebnis der summarischen Prüfung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 24. März 2004 - Belegnummer VR 40587 - Erfolg haben wird.

I.

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners für die Straßenentwässerung von Landesstraßen in den Gemeinden Bischofferode (Bahnhofstraße, Holunger Straße, Weißenborner Straße, Hauptstraße) und Niederorschel (Hauptstraße/Bahnhofstraße, Klosterstraße/Aue) in Höhe von 17.804,91 € angeordnet und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtswidrigkeit der Gebühren für die Entwässerung der durch die Gemeinde Bischofferode führenden Straßen ergebe sich aller Voraussicht nach bereits aus der entgegenstehenden Vereinbarung vom 30.04.1998/19.05.1998 zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Obere Bode". Dabei begegne es nach summarischer Prüfung keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner die damals mit dem zuständigen Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung getroffene Vereinbarung entgegenhalten lassen müsse. In dem Vertrag seien die Parteien darin übereingekommen, dass der Straßenbaulastträger für die Herstellung der Mischwasserkanalisation eine der Ortsdurchfahrtenrichtlinie entsprechende Kostenpauschale zahlt, im Gegenzug von allen weiteren Forderungen freigestellt wird und der für die Abwasserentsorgung zuständige Träger Oberflächenwasser künftig unentgeltlich aufnimmt und schadlos ableitet. Gegen die Zulässigkeit dieses öffentlich-rechtlichen Vertrages bestünden keine Bedenken. Auch die Erhebung von Gebühren für die Einleitung von Oberflächenwasser von den durch Niederorschel führenden Straßen begegne erheblichen rechtlichen Bedenken. Zwar sei in der Vereinbarung für die Ortsdurchfahrt durch die Gemeinde Niederorschel vom 12.06.1995/30.06.1995 keine entsprechende Befreiung des Straßenbaulastträgers von Benutzungsgebühren und weiteren Forderungen geregelt worden. Durch die vorliegenden Auszahlungsanordnungen und den vom Antragsteller vorgelegten Auszug aus der Haushaltsliste sei aber hinreichend glaubhaft gemacht, dass sich der Antragsteller als Straßenbaulastträger - entsprechend der getroffenen Vereinbarung -tatsächlich an den Kosten der Straßenentwässerung für die durch Niederorschel führende Landesstraße beteiligt hat. Dass diese Zahlungen nicht ausreichend i. S. d. § 23 ThürStrG gewesen wären, habe der Antragsgegner nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere sei das im Verfahren 4 E 6455/04.We vorgelegte Gutachten des Dipl.-Ing. K____ dazu nicht geeignet. Auch der sonstige Vortrag des Antragsgegners sei nicht geeignet, um auf höhere notwendige Kosten für die Herstellung einer eigenen Straßenentwässerungsanlage zu schließen. Die Kosten für die laufende Unterhaltung seien nicht erheblich für die nach § 23 Abs. 5 ThürStrG vorgesehene Kostenbeteiligung. Nach der Systematik des über § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG herangezogenen § 23 Abs. 5 ThürStrG beteilige sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung und der Erneuerung der vom jeweiligen Aufgabenträger der öffentlichen Abwasserbeseitigung eingerichteten Abwasseranlage, indem er die Kosten übernimmt, die den Kosten einer selbständigen Anlage für die Straßenentwässerung entsprechen. Damit werde zum einen die Gemeinschaftsanlage mitfinanziert. Der Unterschiedsbetrag zwischen den anteiligen tatsächlichen Kosten und den fiktiven Kosten für eine eigene Straßenentwässerungsanlage diene darüber hinaus der Abgeltung des Anteils des Straßenbaulastträgers an den laufenden Kosten für die Verwaltung, die Unterhaltung und den Betrieb der Entwässerungsanlage. Dem werde auf der anderen Seite dadurch Rechnung getragen, dass der Straßenbaulastträger für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage kein Entgelt mehr zu entrichten habe. Ob die Beteiligung der Straßenbaulastträger der Höhe nach den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG entspreche, sei im Eilverfahren nicht aufzuklären. Diese Unaufklärbarkeit gehe zu Lasten des Antragsgegners, da es sich um eine den Gebührenanspruch begründende negative Tatbestandsvoraussetzung handele.

Dagegen wendet der Antragsgegner ein, er sei nicht an die Verträge des Antragsgegners mit der Gemeinde Niederorschel und mit dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" gebunden. Das ergebe sich beim Vertrag mit der Gemeinde Niederorschel schon daraus, dass die Gemeinde die Aufgabe der Abwasserbeseitigung ab dem Jahr 1990 auf den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" übertragen habe und deshalb bei Vertragsschluss am 12. Juni 1995 nicht für die Abwasserbeseitigung zuständig gewesen sei. Der ohne Verwaltungszuständigkeit abgeschlossene Vertrag binde den zuständigen Aufgabenträger nicht. Das gelte auch, wenn die handelnde Gemeinde ein Verbandsmitglied des damals zuständig gewesenen Abwasserzweckverbands war und später Verbandsmitglied des jetzigen Antragsgegners geworden ist. Der Vertrag mit dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" sei für den Antragsgegner nicht bindend, weil er nicht dessen Rechtsnachfolger geworden sei. Der Abwasserzweckverband "Obere Bode" habe sich mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 aufgelöst. Die Gemeinde Bischofferode habe die Abwasserbeseitigungsaufgabe mit Wirkung zum 1. Januar 2003 auf den Antragsgegner übertragen. Der Antragsgegner habe dabei zwar die Kanäle in der Landesstraße in Bischofferode übernommen und zum Bestandteil seiner eigenen öffentlichen Einrichtung gewidmet. Die öffentliche Einrichtung des Antragsgegners sei aber eine andere Einrichtung als diejenige des aufgelösten Abwasserzweckverbands "Obere Bode". Für sie treffe die mit dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" geschlossene Vereinbarung keine Regelung. Zudem sei der damalige Vertrag mit dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" über eine Kostenbeteiligung in Höhe der Meterpauschalen nach der Ortsdurchfahrtenrichtlinie ausdrücklich nur als vorläufige Regelung der Kostenbeteiligung unter dem Vorbehalt einer ausstehenden einfacheren gesetzlichen Regelung, nach der die entstehenden Vorteile präziser bemessen werden können, verstanden worden. Weiter wendet der Antragsgegner unter näherer Darlegung ein, die Straßenflächen bzw. Längen der Landesstraßen, für die der angefochtene Bescheid Gebühren erhebe, seien in beiden Verträgen unzureichend berücksichtigt worden. Schließlich wendet der Antragsgegner ein, die vereinbarten Kostenpauschalen nach der Ortsdurchfahrtenrichtlinie seien nicht auskömmlich, um die Kosten einer straßeneigenen Entwässerung zu decken. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass dem Antragsgegner die Darlegungs- und Beweislast für die ausreichende Höhe der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 ThürStrG obliege. Rechtssystematisch sei das Fehlen einer ausreichenden Kostenbeteiligung nicht eine "negative Anspruchsvoraussetzung" nach § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG. Vielmehr regele § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG, dass der Träger der Straßenbaulast sich nur dann auf eine Gebührenfreiheit berufen kann, wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG vorliegen. Demzufolge müsse der Straßenbaulastträger darlegen und beweisen, dass er ein für diese Rechtsfolge ausreichendes Entgelt entrichtet habe.

II.

Mit diesen Einwänden hat die Beschwerde im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners wirkt der Ausschluss der Gebührenerhebung nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG nicht nur zulasten des Einrichtungsträgers, der mit dem Träger der Straßenbaulast eine Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG für die Herstellung und Erneuerung einer zur Straßenentwässerung dienenden Anlage vereinbart hat und an den die Kostenbeteiligung geflossen ist, sondern auch zulasten jedes späteren Einrichtungsträgers, der eine solche Anlage übernimmt. Das ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

a) § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG sieht für den Fall, dass der Träger der Straßenbaulast das Straßenoberflächenwasser nicht über eine straßeneigene Entwässerungsanlage beseitigt, sondern über eine von der Gemeinde oder dem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage, eine Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung dieser Anlage in dem Umfang vor, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde. Darüber hinaus ist nach Satz 3 kein Entgelt für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage zu erheben.

Die einmalige Beteiligung nach Maßgabe des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG tritt damit an die Stelle der Entgelte, die der Träger der Straßenbaulast dem Träger der kommunalen Einrichtung sonst als Ausgleich für den Vorteil der Mitbenutzung zahlen müsste. Ohne die gesetzliche Regelung über die Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 ThürStrG könnte der kommunale Einrichtungsträger den Träger der Straßenbaulast wegen der Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtung grundsätzlich auf zwei Wegen an der Finanzierung seiner Anlage beteiligen: Erstens könnte die Gemeinde bzw. der Abwasserverband den Abschluss einer Vereinbarung über die Mitbenutzung seiner Anlage zur Straßenentwässerung von einer einmaligen Beteiligung an den investiven Kosten der Herstellung oder Erneuerung abhängig machen. Eine solche Beteiligung des Trägers der Straßenbaulast an den Investitionskosten der Gemeinde oder des Abwasserzweckverbands wäre grundsätzlich eine angemessene Gegenleistung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG für die Möglichkeit der Mitbenutzung der Anlage, wenn sie dem Verhältnis entspricht, in dem die Anlage der Straßenentwässerung einerseits und der Grundstücksentwässerung andererseits dient. Zweitens könnte der kommunale Träger der Entwässerungseinrichtung als Ausgleich für die tatsächliche Mitbenutzung seiner Anlage zur Straßenentwässerung Gebühren zur Deckung seiner laufenden Kosten erheben. Das stellt § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG klar. Danach sind Benutzungsgebühren auch von den Trägern der Straßenbaulast für Einleitungen von Straßenoberflächenwasser zu erheben, insofern durch die Träger der Straßenbaulast keine den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG entsprechende Kostenbeteiligung erfolgt. Diese Vorschrift ist zwar erst mit Änderungsgesetz vom 18. Juli 2000 (GVBl. S. 178) eingeführt worden. Ihr kommt aber lediglich klarstellende Bedeutung zu. Schon nach den allgemeinen abgabenrechtlichen Bestimmungen konnten auch für die Einleitung von Straßenoberflächenwasser Gebühren von den Trägern der Straßenbaulast erhoben werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 07.10.1996 - 9 A 4145/94 -, ZKF 1997, 110; die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschl. v. 06.03.1997 - 8 B 246/96 -, ZKF 1998, 160 zurückgewiesen; Schulte-Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn 352d; a. A. OVG SH, Beschl. vom 25.04.2003 - 2 MB 33/03 -, NordÖR 2004, 173 f.; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn 146a m. w. N.; Lohmann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn 668b und 658a m. w. N.). Die Erhebung von Entwässerungsgebühren bestünde neben einer vertraglich vereinbarten einmaligen Beteiligung an den investiven Kosten, mit der Maßgabe, dass bei der Kalkulation der Gebühr Doppelbelastungen z. B. durch Abschreibungen von Investitionen, die schon durch Zahlung eines einmaligen Betrages abgegolten sind, vermieden werden müssen.

b) § 23 Abs. 5 ThürStrG ermöglicht damit einen vereinfachten einmaligen Ausgleich für alle Kosten der Mitbenutzung der kommunalen Entwässerungsanlage für die Straßenentwässerung einschließlich der Kosten der laufenden Unterhaltung nach einem pauschalierenden Ersatzmaßstab (vgl. dazu auch VG Weimar, Beschl. v. 06.05.2008 - 3 E 802/07 We -; Schulte-Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn 352d, charakterisiert die Leistung als "Gebührenvorauszahlung"). Das wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zu § 23 Abs. 5 ThürStrG (LT-Drucks. 1/1739) ergibt sich, dass die Kostenbeteiligung der Straßenbauverwaltung bei Mitbenutzung nicht straßeneigener Abwasseranlagen "entsprechend der bisherigen Praxis in den alten Bundesländern" geregelt werden sollte. Diese Praxis in den alten Bundesländern war allerdings nicht gesetzlich geregelt, sondern beruhte auf verwaltungsinternen Richtlinien und Erlassen, insbesondere auf Nr. 14 Abs. 2 der Ortsdurchfahrtenrichtlinie (ODR) des Bundes (VkBl 1976, S. 220), auf die regelmäßig auch die einschlägigen Erlasse und Rundschreiben in den Ländern Bezug nehmen (für Thüringen vgl. das Rundschreiben des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 16.09.1996, ThürStAnz 1996, 1873). Sie bedurfte daher in jedem Einzelfall zu ihrer rechtlichen Wirksamkeit im Außenrechtsverhältnis einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Träger der Straßenbaulast und der Gemeinde bzw. dem Abwasserzweckverband. Die darauf beruhende Praxis wird wie folgt beschrieben: Der Straßenbaulastträger leistet als Entgelt für die Mitbenutzung und die schadlose Abführung des Straßenabwassers einen einmaligen pauschalierten Kostenbeitrag. Der Kostenbeitrag bemisst sich nach den Kosten, die für den Bau einer eigenen Straßenentwässerungsanlage aufgewendet werden müssten, und ist deshalb höher als die wegen der Aufnahme des Straßenabwassers verursachten Mehrkosten. Das ist der Grund, warum in diesen Fällen ein gesonderter pauschalierter Unterhaltungsbeitrag nicht geleistet wird (Wiget, in: Zeitler, Kommentar zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetz, Art. 42 Rn 50).

c) Schließlich spricht auch die Systematik des § 23 Abs. 5 Satz 1 und 3 ThürStrG dafür, dass der Gesetzgeber eine über die anteiligen investiven Kosten hinausgehende Beteiligung in Höhe der vollen Kosten einer straßeneigenen Entwässerungsanlage als angemessenen Ausgleich für die gesamten Kosten angesehen hat, die dem kommunalen Träger durch die Mitbenutzung seiner Anlage zur Straßenoberflächenentwässerung entstehen. Das Gesetz geht erkennbar von der Annahme aus, dass der Kostenbetrag, der für den Bau einer straßeneigenen Entwässerung erforderlich wäre, nicht nur eine angemessene Beteiligung des Trägers der Straßenbaulast an den investiven Kosten der Herstellung oder Erneuerung der kommunalen Anlage gewährleistet, sondern zusätzlich einen angemessenen Ausgleich für die Kosten der laufenden Unterhaltung bewirkt. An die so verstandene straßenrechtliche Regelung des § 23 Abs. 5 ThürStrG schließt § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG nahtlos an, indem die Vorschrift den Ausschlusstatbestand des § 23 Abs. 5 Satz 1 und 3 ThürStrG als negatives Tatbestandsmerkmal aufnimmt und damit zugleich bestätigt, dass die einmalige Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG auch an die Stelle der Erhebung von Gebühren für die laufenden Kosten der Unterhaltung tritt.

d) Aus diesem Verständnis der Vorschriften folgt, dass weder die konkreten Kosten der Herstellung oder Erneuerung der kommunalen Entwässerungsanlage noch die konkreten Kosten ihrer laufenden Unterhaltung für die Berechnung der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG maßgeblich sind (vgl. auch VG Weimar, Beschl. v. 15.10.2008 - 3 E 689/08 We -). Denn als Berechnungsmaßstab für die Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers werden sie gerade durch den Berechnungsmaßstab der hypothetischen Kosten ersetzt, die für den Bau einer straßeneigenen Entwässerungsanlage erforderlich wären. Diese Kosten stellen also den Ersatzmaßstab dar, der an die Stelle der anderenfalls konkret zu ermittelnden und zu bewertenden Anteile der Straßenentwässerung an den investiven und laufenden Kosten des kommunalen Trägers tritt. Der Ersatzmaßstab des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG dient dem Ziel, den finanziellen Ausgleich für die Mitbenutzung einer kommunalen Anlage zwischen dem Träger der Straßenbaulast und der Gemeinde oder dem Abwasserverband zu pauschalieren und dadurch zu vereinfachen und zu beschleunigen und ein höheres Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten.

e) Wenn es demnach der Normzweck des § 23 Abs. 5 ThürStrG ist, dem Träger der Straßenbaulast einen vereinfachten und pauschalierenden finanziellen Ausgleich für die Mitbenutzung der Anlage eines kommunalen Einrichtungsträgers zur Straßenentwässerung zur Verfügung zu stellen, der alle Kosten der Mitbenutzung einschließlich der laufenden Unterhaltungskosten während der Nutzungsdauer der Anlage im Voraus abdeckt, kann § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG nur dahin gehend verstanden werden, dass im Fall einer Kostenbeteiligung im Sinne des Satzes 1 auch jede spätere Gebührenerhebung für die Mitbenutzung der betreffenden Anlage auf die Dauer ihrer Nutzungszeit ausgeschlossen ist. § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG steht im Zusammenhang mit dem 2. Abschnitt des Thüringer Straßengesetzes, der Vorschriften über Gemeingebrauch und Sondernutzungen an Straßen enthält. Auch § 23 Abs. 5 ThürStrG knüpft an die Entwässerungsaufgabe für die jeweilige Straße an. Daraus folgt, dass der Ausschluss der Gebührenerhebung für die betreffende Straße unmittelbar kraft Gesetzes gilt. Die Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 ThürStrG unterscheidet sich insofern grundsätzlich von den Beiträgen, die auf satzungsrechtlicher Grundlage von den Grundstückseigentümern erhoben werden. Beiträge, die an einen früheren Einrichtungsträger geleistet wurden, stehen der Erhebung von Beiträgen durch einen neuen Einrichtungsträger auch im Fall der Übernahme von Anlagen des alten Einrichtungsträgers grundsätzlich nicht entgegen, weil es sich um eine neue Einrichtung handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 03.05.2007 - 4 EO 101/07 - ThürVGRspr. 2008, 136 m. w. N.). Zwar bedarf es in einem solchen Fall letztlich auch bei einem Trägerwechsel einer Regelung, die im Ergebnis sicherstellt, dass eine Doppelbelastung der Beitragszahler vermieden wird (Senatsbeschluss vom 03.05.2007, a. a. O.). Aber dies kann auf verschiedene Weise geregelt werden, so dass die Erhebung eines Beitrages durch den neuen Einrichtungsträger ohne Anrechnung eines an den alten Einrichtungsträger geleisteten Beitrags nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Die Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers und ihre Rechtsfolgen gelten dagegen von vornherein nicht auf satzungsrechtlicher, sondern auf gesetzlicher Grundlage. Und sie knüpfen nicht an die Einrichtung, sondern an die Straße an. Deshalb gilt der Ausschluss der Gebührenerhebung kraft Gesetzes unmittelbar auch für jeden späteren Träger der Abwasserbeseitigung, der die Anlage übernommen hat, durch die diese Straße entwässert wird (ebenso VG Weimar, Beschl. v. 15.10.2008 - 3 E 689/08 We -). Auf eine Rechtsnachfolge kommt es dabei ebenso wenig an wie auf die Frage, ob es sich um eine neue Einrichtung handelt.

f) An dieser Rechtslage geht auch der Einwand des Antragsgegners vorbei, der Vertrag zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" sei für ihn nicht verbindlich und könne für ihn als Dritten keine Verpflichtungen begründen. Die Ausschlusswirkung des § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG ist eine gesetzliche und keine vertraglich begründete Rechtsfolge.

Das schließt allerdings die Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, der über die Mitbenutzung als solche hinaus auch die Höhe der vom Träger der Straßenbaulast zu zahlenden Kostenbeteiligung regelt, nicht aus. Der Zulässigkeit einer solchen vertraglichen Regelung dürfte die abgabenrechtliche Bestimmung des § 2 Abs. 6 ThürKAG nicht entgegenstehen, weil es sich nicht um einen Vertrag über Abgaben handelt, sondern um einen Vertrag über eine Rechtsfolge des Straßenrechts. § 23 Abs. 5 ThürStrG stellt die Höhe der Kostenbeteiligung allerdings nicht zur freien Disposition der Beteiligten, sondern enthält in Satz 1 einen gesetzlichen Maßstab für die Ermittlung der Höhe der Kostenbeteiligung.

Ein Vertrag über die Höhe der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG kann deshalb nur unter den einschränkenden Voraussetzungen eines Vergleichsvertrags (§ 55 ThürVwVfG) zulässig sein. Ein solcher Vergleichsvertrag setzt u. a. voraus, dass die Behörde ihrer nach § 24 ThürVwVfG bestehenden Pflicht zur Amtsermittlung genügt hat und gegebenenfalls auch die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts herangezogen hat. Die Möglichkeit, bei Ungewissheit eines Sachverhalts einen Vergleichsvertrag abzuschließen, dient der Verfahrensökonomie. Das Gesetz gestattet es, die unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu bestimmende Grenze der Ermittlungspflicht konsensual außer Streit zu stellen (Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2007, § 55 Rn 7). Dabei kommt es auf eine verständige Würdigung der Sach- und Rechtslage an. Neben den erforderlichen beiderseitigen Zweifeln der Vertragsparteien ist deshalb erforderlich, dass für einen objektiven Betrachter die Annahme der Ungewissheit nachvollziehbar ist (Ziekow, a. a. O., Rn 11).

Diese Voraussetzungen können bei vertraglichen Vereinbarungen über die Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG vorliegen. Die Ermittlung der Höhe der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG erfordert eine Prognose der Kosten, die für den Bau einer straßeneigenen Entwässerung anstelle der realisierten Mitbenutzung der kommunalen Anlage wahrscheinlich entstanden wären. Solche Prognoseentscheidungen der Verwaltung sind grundsätzlich von den Verwaltungsgerichten in vollem Umfang nachzuprüfen (Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rn 18). Dennoch liegt es in der Natur von Prognosen, dass sie auf der Basis von Ungewissheit ergehen und mit Hypothesen arbeiten müssen, hier z. B. hinsichtlich der Menge und des Verschmutzungsgrades des anfallenden und zu beseitigenden Straßenoberflächenwassers und der daraus resultierenden technischen Erfordernisse. Zwar können die Verwaltungsgerichte der mit jeder Prognoseentscheidung verbundenen Ungewissheit Rechnung tragen und auch dort, wo der Behörde kein eigenständiger Prognosespielraum zugestanden wird (dazu Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rn 53), zurückhaltende Prüfungsmaßstäbe anlegen. Dennoch bleibt jede Prognoseentscheidung in besonderem Maße mit Unsicherheiten behaftet.

Die grundsätzliche Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, in dem sich der Träger der Straßenbaulast und die Gemeinde bzw. der Abwasserverband nicht nur über die Mitbenutzung als solche, sondern im Sinne eines Vergleichsvertrages auch über die Höhe der vom Straßenbaulastträger zu zahlenden Kostenbeteiligung einigen, ändert aber nichts daran, dass die Rechtsfolge des Ausschlusses einer Gebührenerhebung nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG eine gesetzliche Rechtsfolge ist, die sich auf die jeweilige Straße bzw. die ihrer Entwässerung dienende Anlage bezieht und infolgedessen nicht nur für die Vertragspartner, sondern auch für jeden anderen Einrichtungsträger gilt, der die Anlage zu einem späteren Zeitpunkt übernimmt und zum Bestandteil seiner Entwässerungseinrichtung macht.

g) Ob das in ähnlicher Weise auch für die Rechtslage in den alten Bundesländern gilt, in denen wie z. B. in Bayern die Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers nur verwaltungsintern geregelt ist, so dass die entsprechenden Regelungen im Außenrechtsverhältnis zwischen dem Träger der Straßenbaulast und dem Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung nur dadurch Rechtsverbindlichkeit erlangen, dass sie zum Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gemacht werden ("Vereinbarungsprinzip", vgl. dazu Wiget in: Zeitler, Kommentar zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetz, Art. 42 Rn 50), bedarf hier keiner Entscheidung.

Gegenstand der angefochtenen Gebührenerhebung sind ausschließlich Landesstraßen, für die § 23 Abs. 5 ThürStrG gilt. Es bedarf daher im vorliegenden Fall auch keiner Entscheidung der Frage, was im Fall von Bundesfernstraßen gilt, auf die § 23 Abs. 5 ThürStrG mangels ausdrücklicher Regelung keine Anwendung findet (§ 1 Satz 2 ThürStrG).

Schließlich bedarf es hier auch keiner Entscheidung der Frage, ob § 23 Abs. 5 ThürStrG auch auf Anlagen anzuwenden ist, die vor dem Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes am 14. Mai 1993 hergestellt oder erneuert worden sind (so VG Gera, Urt. v. 01.09.2004 - 2 K 1925/98.Ge -, ThürVBl 2005, 282; offen gelassen im Beschluss des VG Weimar vom 06.08.2008 - 3 E 802/07 We -). Die Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" über die Herstellung der Kanalisation im Zuge der Landesstraße L 1011 in der Ortsdurchfahrt Bischofferode datiert aus dem Jahr 1998, die Vereinbarung zwischen dem Straßenbauamt Leinefelde und der Gemeinde Niederorschel über die beabsichtigte gemeinsame Maßnahme des Ausbaus der Landesstraße L 1015 in der Ortsdurchfahrt Niederorschel datiert aus dem Jahr 1995. Der Senat weist aber bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob § 23 Abs. 5 ThürStrG, wie das Verwaltungsgericht Gera annimmt (a. a. O.), auch auf Straßen anzuwenden ist, bei denen die Abwasseranlage vor dem Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes hergestellt oder erneuert worden ist. Zunächst gibt es keine allgemeine Regel des Übergangsrechts, nach der bei Fehlen einer ausdrücklichen Überleitungsvorschrift im Zweifel von einer unbegrenzten Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs des Gesetzes auszugehen wäre. Vielmehr muss zunächst durch Auslegung ermittelt werden, welchen zeitlichen Anwendungsbereich das Gesetz im Auge hat. Nach Auffassung des Senats spricht der oben dargelegte Normzweck des § 23 Abs. 5 ThürStrG dafür, dass die Rechtsfolgen der Kostenbeteiligung nach Satz 1 und des Ausschlusses darüber hinausgehender Entgelte nach Satz 3 nur für zukünftige Fälle gelten sollen, weil nur in diesen Fällen der Träger der Straßenbaulast und der Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung in der Lage sind, bei der einvernehmlichen Entscheidung über Mitbenutzung und Kostenbeteiligung die gesetzliche Regelung zu berücksichtigen. Jedenfalls würde eine unbegrenzte Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs dazu führen, dass die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 5 ThürStrG an Sachverhalte anknüpfen, die sich in wesentlicher Hinsicht von den nach Inkrafttreten des Gesetzes verwirklichten Sachverhalten unterscheiden. Das beginnt damit, dass die Entscheidungen über Mitbenutzung und über Herstellung oder Erneuerung vor Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes regelmäßig nicht von den Verwaltungsträgern getroffen worden sind, für die die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 5 ThürStrG dann gelten würden. Das Thüringer Straßengesetz hat die Rechtsverhältnisse an den öffentlichen Straßen erstmals landesrechtlich geregelt und dabei auch die Straßenbaulast für Gemeinde-, Kreis- und Landesstraßen neu begründet (zur Straßengesetzgebung der neuen Länder und zum Straßenrecht auf dem Gebiet der ehemaligen DDR Sauthoff, NVwZ 1994, 864). Die Aufgabe der Abwasserbeseitigung wurde in der DDR durch die volkseigenen Betriebe Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (VEB WAB) wahrgenommen. Mit Inkrafttreten der Kommunalverfassung der DDR vom 17.05.1990 ist diese Aufgabe zwar als Selbstverwaltungsaufgabe auf die Gemeinden übergegangen. Aber die Gemeinden und die neu gegründeten Zweckverbände verfügten erst mit der Übertragung des Vermögens der ehemaligen VEB WAB auf vertraglicher Grundlage mit Wirkung zum 1. Januar 1993 über eigene öffentliche Entwässerungseinrichtungen (vgl. dazu im Einzelnen Blomenkamp, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn 1415). Weiterhin zeigt das Gedankenspiel einer Erstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 23 Abs. 5 ThürStrG auf Fälle, in denen die zur Straßenentwässerung mitbenutzte Entwässerungsanlage zu DDR-Zeiten hergestellt oder erneuert worden ist, dass eine nachträgliche einmalige Kostenbeteiligung nach dem Maßstab der hypothetischen Kosten einer eigenen Straßenentwässerung wohl kaum ausreichen würde, um auch nur einen minimalen Beitrag zu den heutigen Kosten der laufenden Unterhaltung zu leisten. Eine Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 23 Abs. 5 ThürStrG auf Fälle der Herstellung oder Erneuerung vor Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes hätte somit zwingend eine differenzierte Übergangsregelung erforderlich gemacht. Aus dem Fehlen einer Übergangsregelung wird man deshalb eher schließen müssen, dass der zeitliche Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 ThürStrG und der zeitliche Geltungsbereich des Thüringer Straßengesetzes übereinstimmen, der zeitliche Anwendungsbereich also mit dem Inkrafttreten des Gesetzes beginnt. Das würde bedeuten, dass weder die im Regelfall geltende Pflicht des Trägers der Straßenbaulast zur Kostenbeteiligung nach Maßgabe des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG noch der Ausschluss der Gebührenerhebung nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG eingreifen, wenn es sich um alte Kanäle handelt, die vor Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes hergestellt oder erneuert worden sind. Für die Mitbenutzung solcher alten Kanäle zur Straßenentwässerung könnten damit Entwässerungsgebühren erhoben werden (§ 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG).

2. Auch die Einwände des Antragsgegners, die an die Abwasserzweckverbände "Obere Bode" und "W ipper-Ohne" gezahlten Kostenbeteiligungen seien nicht auskömmlich und entsprächen in der Höhe nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG, verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Die Erhebung von Entwässerungsgebühren für die Ortsdurchfahrten der Landesstraßen in Bischofferode und Niederorschel ist auch dann gemäß § 23 Abs. 5 ThürStrG ausgeschlossen, wenn die Kostenbeteiligungen, die der Antragsteller an die Abwasserzweckverbände "Obere Bode" und "Wipper-Ohne" für die Mitbenutzung zur Straßenentwässerung dieser Ortsdurchfahrten gezahlt hat, in der Höhe nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG entsprechen sollten. Der Antragsgegner wäre in diesem Fall gemäß § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG darauf beschränkt, den ihm nach der Übernahme der Anlagen grundsätzlich zustehenden Anspruch auf Kostenbeteiligung nach Maßgabe des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG geltend zu machen, soweit dieser Anspruch noch nicht erfüllt ist und soweit einer Nachforderung weder ein wirksamer Vergleichsvertrag über die Höhe der Kostenbeteiligung noch andere Einwendungen oder Einreden des Antragstellers entgegenstehen. Ihm stünde in diesem Fall auch kein Wahlrecht zu, das es ihm erlauben würde, anstelle einer auf § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG gestützten Erhöhung der Kostenbeteiligung Entwässerungsgebühren zu erheben.

a) Nach Wortlaut, Systematik und Normzweck des § 23 Abs. 5 ThürStrG stellt die einmalige Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers in Höhe der Kosten einer eigenen Straßenentwässerung, mit der auch die Kosten der laufenden Unterhaltung der kommunalen Entwässerungsanlage im Voraus ausgeglichen werden, den Regelfall des finanziellen Ausgleichs der Mitbenutzung dar. Wenn die Gemeinde oder der Abwasserverband sich mit dem Träger der Straßenbaulast verbindlich auf eine Mitbenutzungslösung geeinigt hat - und nur unter dieser Voraussetzung -, sieht § 23 Abs. 5 ThürStrG den finanziellen Ausgleich durch einmalige Kostenbeteiligung vor. Allerdings ist § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG nach dem Normzweck der Regelung als Sollvorschrift und nicht als zwingende Vorschrift auszulegen. Der Kostenregelung des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG liegt zwar die Annahme zugrunde, dass die Kostenbeteiligung nach dem pauschalierenden Maßstab der Kosten einer eigenen Straßenentwässerung zu einem angemessenen finanziellen Ausgleich für die Mitbenutzung führt. Dabei handelt es sich aber um eine typisierende Annahme, die den Regelfall im Auge hat. Während die mit jeder Pauschalierung verbundenen Über- und Unterdeckungen sich im Regelfall in zumutbaren Grenzen halten, kann die Pauschalierung in atypischen Fällen zu Ergebnissen führen, die für den Träger der Straßenbaulast oder für den Träger der kommunalen Einrichtung unzumutbar sind und sich im letzteren Fall auch als ein unzumutbarer Eingriff in die kommunale Finanzhoheit darstellen könnten. Solche atypischen Fallkonstellationen können sich z. B. aus außergewöhnlichen topologischen, geologischen oder verkehrstechnischen Umständen ergeben. In solchen atypischen Fällen muss dem Träger der Straßenbaulast ein Ermessensspielraum zugestanden werden. Er kann - und muss gegebenenfalls - im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung seines Ermessens von einer Beteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG absehen, mit der Folge, dass die Ausschlusswirkung des § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG entfällt.

b) Der Verpflichtung des Trägers der Straßenbaulast aus § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG entspricht ein Anspruch der Gemeinde bzw. des Abwasserverbandes (so bereits VG Gera, Urt. v. 01.09.2004 - 2 K 1925/98.Ge -, ThürVBl 2005, 282). Im Fall der Übernahme der Anlage durch einen neuen Einrichtungsträger geht nicht nur die Ausschlusswirkung des § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG, sondern auch der Anspruch auf Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG auf den neuen Einrichtungsträger über. Entsprechend der hier vertretenen Auslegung der Vorschrift als Sollvorschrift bedeutet das: Sofern ein atypischer Fall nicht vorliegt - was von den Gerichten in vollem Umfang zu prüfen ist - steht der Gemeinde bzw. dem Abwasserverband ein zwingender Anspruch auf Kostenbeteiligung nach Maßgabe des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG zu. In atypischen Fällen hat der Träger der kommunalen Einrichtung einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung durch den Träger der Straßenbaulast.

c) Bei diesem Anspruch als Rechtsfolge der Entscheidung für die Mitbenutzung der kommunalen Entwässerungseinrichtung bleibt es auch, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die geleistete Kostenbeteiligung zu niedrig war. Der gesetzliche Anspruch auf Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG wäre dann zum Teil noch nicht erfüllt; die Gemeinde oder der Abwasserverband könnte dann aufgrund dieses Anspruchs grundsätzlich vom Träger der Straßenbaulast die Nachentrichtung des Differenzbetrages zwischen der gezahlten Kostenbeteiligung und der vollen gesetzlichen Höhe der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG fordern.

Schon nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 5 ThürStrG ist die Ausschlusswirkung des Satzes 3 nicht auf den Fall begrenzt, dass die Pflicht des Trägers der Straßenbaulast zur Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG vollständig erfüllt ist. Anknüpfungstatbestand sowohl für die Pflicht zur Kostenbeteiligung nach Maßgabe des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG als auch für den Ausschluss darüber hinausgehender Entgelte nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG ist vielmehr der erste Halbsatz des Satzes 1 ("Erfolgt eine Straßenentwässerung über eine nicht straßeneigene, von der Gemeinde oder dem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage, ..."). Als weitere tatbestandliche Bedingung lässt sich dem zweiten Halbsatz des Satzes 1 entnehmen, dass eine Herstellung oder Erneuerung der kommunalen Abwasseranlage im Bereich der entwässerten Straße erfolgt sein muss. Weitere Voraussetzungen enthält der Tatbestand, an den das Gesetz den Ausschluss der Gebührenerhebung knüpft, nicht vor.

Wenn Herstellung oder Erneuerung der Anlage nach Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes erfolgt sind, treten die aufeinander abgestimmten Rechtsfolgen nach § 23 Abs. 5 Satz 1 und 3 ThürStrG ein: Der Träger der Straßenbaulast ist - im Regelfall - zur Kostenbeteiligung nach dem pauschalierenden Ersatzmaßstab des Satzes 1 verpflichtet; im Umfang dieser Verpflichtung haben Gemeinde oder Abwasserverband einen Anspruch auf die Kostenbeteiligung. Gleichzeitig sind Ansprüche der Gemeinde oder des Abwasserverbandes auf darüber hinausgehende Entgelte ausgeschlossen. Diese Abstimmung und Ergänzung zwischen Kostenbeteiligung nach Satz 1 und Ausschluss darüber hinausgehender Entgelte nach Satz 3 würde unterlaufen, wenn Satz 3 so verstanden würde, dass auch bei einer in der Höhe nicht ausreichenden Kostenbeteiligung Gebühren erhoben werden können. Weder mit dem Normzweck noch mit der Systematik des § 23 Abs. 5 ThürStrG wäre es vereinbar, wenn der Träger der Entwässerungseinrichtung sowohl die als Kostenbeteiligung gemäß § 23 Abs. 5 ThürStrG geleisteten, nicht ganz unerheblichen Beträge (hier 663.000,- DM für die Ortsdurchfahrt Bischofferode und 289.480,- DM für die Ortsdurchfahrt Niederorschel) vereinnahmt und behält, als auch daneben Entwässerungsgebühren mit der Begründung erhebt, die Kostenbeteiligung genüge nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG. Ein Nebeneinander von einmaliger Kostenbeteiligung und Entwässerungsgebühr sieht § 23 Abs. 5 ThürStrG nicht vor. Auch für die Annahme, der Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung könne frei wählen, ob er den Anspruch auf Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 bis zur Erreichung der vollen gesetzlichen Höhe geltend machen will, oder ob er Gebühren erheben will, geben weder der Wortlaut noch Systematik und Normzweck der Vorschrift etwas her.

d) Allerdings muss bei der Auslegung des § 23 Abs. 5 ThürStrG berücksichtigt werden, dass die Vorschrift einen Eingriff in die Finanzhoheit des Trägers der kommunalen Einrichtung darstellt, die als Bestandteil des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 91 Abs. 1 ThürVerf). Zwar tangiert die Vorschrift nicht den absolut geschützten und jedem gesetzlichen Eingriff entzogenen Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts. Aber sie kann für die jeweils betroffenen kommunalen Einrichtungsträger durch die Vorgabe des pauschalierenden Maßstabs für den finanziellen Ausgleich der Mitbenutzung und durch den damit einhergehenden Ausschluss darüber hinausgehender Entgelte eine Verkürzung der Finanzierungsmöglichkeiten zur Folge haben, die nach den allgemeinen kommunalabgabenrechtlichen Vorschriften zur Verfügung stehen würden. Da das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden "im Rahmen der Gesetze" garantiert ist, ist auch die Regelung des finanziellen Ausgleichs für die Mitbenutzung durch § 23 Abs. 5 ThürStrG grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig, wenn für sie überörtliche Gründe des Gemeinwohls sprechen und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Willkürverbot gewahrt sind. Die Finanzierungsregelung des § 23 Abs. 5 ThürStrG dient dem Interesse an einer praktikablen und möglichst rechtssicheren Handhabung des finanziellen Ausgleichs der Mitbenutzung kommunaler Anlagen zur Straßenentwässerung. Sie muss zu diesem Zweck geeignet und erforderlich sein, darf also insbesondere die Finanzhoheit des kommunalen Einrichtungsträgers nicht stärker einschränken, als dies zur Erreichung der Ziele geboten ist.

Das ist bei verfassungskonformer Auslegung des § 23 Abs. 5 ThürStrG gewährleistet:

Die Auslegung der Vorschrift als Soll-Vorschrift stellt sicher, dass das Interesse der Gemeinde oder des Abwasserverbands an einer ausreichenden Finanzierung der Abwassereinrichtung auch dann gewahrt wird, wenn in atypischen Fällen die Grenzen einer zulässigen Pauschalierung überschritten sind und gravierende Unterdeckungen entstehen, die außer Verhältnis zu den mit der gesetzlichen Pauschalierung verfolgten Zwecken der Verwaltungspraktikabilität stehen und für die Gemeinde oder den Zweckverband unzumutbar wären. In solchen atypischen Fällen kann und muss der Träger der Straßenbaulast bei pflichtgemäßer Ermessensausübung gegebenenfalls auch zu Gunsten der Gemeinde bzw. des Zweckverbands von der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG absehen, mit der Folge, dass die Ausschlusswirkung des § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG entfällt und der Weg für die Erhebung von Entwässerungsgebühren eröffnet ist.

Dass der Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung dagegen im Regelfall auf die Geltendmachung des Anspruchs auf Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG beschränkt ist und kraft der Ausschlusswirkung des § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG keine Entwässerungsgebühren erheben kann, stellt sich nach Auffassung des Senats nicht als ein unzumutbarer Eingriff dar. Mit der Kostenbeteiligung in Höhe der vollen hypothetischen Kosten einer eigenen Straßenentwässerung erhält der kommunale Träger einen einmaligen Betrag, der im Regelfall den Anteil der Straßenentwässerung an den investiven Kosten der kommunalen Entwässerungsanlage deutlich übersteigt und, einschließlich einer angemessenen Verzinsung, auch einen nennenswerten Beitrag zur nachhaltigen Deckung der Kosten der laufenden Unterhaltung leistet. Zu berücksichtigen ist auch, dass es dem Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung freisteht, ob er eine Mitbenutzung seiner Anlagen zur Straßenentwässerung überhaupt zulassen will. Aus § 23 Abs. 5 ThürStrG folgt jedenfalls keine Verpflichtung zur Mitbenutzung. Im Rahmen der Entscheidung über die Mitbenutzung als solche kann der Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung aber auch die wirtschaftlichen Folgen berücksichtigen, die sich aus der in § 23 Abs. 5 ThürStrG getroffenen Regelung für ihn ergeben oder ergeben könnten. Wenn er Bedenken hat, ob die gesetzlich vorgesehene Kostenbeteiligung ausreicht, um einen nachhaltigen Beitrag auch zur Deckung der durch die Straßenentwässerung ausgelösten zusätzlichen Kosten der laufenden Unterhaltung der Anlagen zu leisten, kann und muss er gegebenenfalls eine Mitbenutzung zur Straßenentwässerung ablehnen. Ein kommunaler Träger, der wie der Antragsgegner eine zur Straßenentwässerung mitbenutzte Anlage übernimmt, kann und muss die wirtschaftlichen Aspekte, die sich aus der Mitbenutzung der übernommenen Anlage zur Straßenentwässerung und aus einer erfolgten Kostenbeteiligung des Trägers der Straßenbaulast ergeben, bereits im Rahmen der Verhandlungen über die Übernahme von Anlagen berücksichtigen.

Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass § 23 Abs. 5 ThürStrG insofern einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung bedarf, als die Vorschrift nach ihrem Wortlaut auch dann zu einem Ausschluss der Gebührenerhebung führen würde, wenn zwar eine Mitbenutzungslösung vereinbart und praktisch umgesetzt worden ist, eine Vereinbarung über die Kostenbeteiligung aber nicht zustande gekommen ist und der Träger der Straßenbaulast auch nicht zu erkennen gegeben hat, ob er eine Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG leisten oder davon absehen will. Wenn der Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung in einer solchen Situation darauf beschränkt wäre, seinen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung gegen den Träger der Straßenbaulast geltend zu machen und notfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen, hätte dies zur Folge, dass er auch dann, wenn im Ergebnis eine Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG nicht erfolgt, erst mit erheblicher, unter Umständen jahrelanger Verzögerung die satzungsrechtlichen Grundlagen für eine Gebührenerhebung schaffen könnte. Das würde sich aber im Ergebnis als ein unzumutbarer Eingriff in die kommunale Finanzhoheit darstellen. Der Senat legt daher § 23 Abs. 5 ThürStrG verfassungskonform dahin gehend aus, dass der Träger der kommunalen Entwässerungseinrichtung ein Wahlrecht zwischen der Geltendmachung seines Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensentscheidung durch den Träger der Straßenbaulast nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG und der Erhebung von Entwässerungsgebühren hat, wenn der Träger der Straßenbaulast die erforderliche Entscheidung über eine Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG nicht spätestens bis zum Zeitpunkt der betriebsfertigen Herstellung oder Erneuerung der zur Straßenentwässerung mitbenutzten kommunalen Entwässerungsanlage getroffen hat.

e) In den hier vorliegenden Fällen hat der Antragsteller vorgetragen und belegt, dass er als Kostenbeteiligung im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG Beträge in Höhe von insgesamt 663.000,00 DM für die Ortsdurchfahrt der Landesstraße L 1011 in Bischofferode und in Höhe von insgesamt 289.480,00 DM für die Ortsdurchfahrt der Landesstraße L 1015 in Niederorschel an die damals zuständigen Abwasserzweckverbände "Obere Bode" und "Wipper-Ohne" gezahlt hat. Der Antragsgegner hat dies nicht substantiiert bestritten. Damit ist eine Gebührenerhebung nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG auch dann ausgeschlossen, wenn die gezahlten Kostenbeteiligungen unter den nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG maßgeblichen hypothetischen Kosten liegen, die der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde. Ob und in welcher Höhe in diesem Fall ein Anspruch auf Nachentrichtung der Differenz zwischen gezahlter und gesetzlich geforderter Höhe der Kostenbeteiligung besteht, ob er dem Antragsgegner zusteht, zu dessen Entwässerungseinrichtung die entsprechenden Anlagen jetzt gehören, und ob einem solchen Anspruch wirksame vertragliche Vereinbarungen über die Höhe der Kostenbeteiligung zwischen dem Antragsteller und den Abwasserzweckverbänden "Obere Bode" und "Wipper-Ohne" oder andere Einwendungen oder Einreden entgegenstehen, ist hier nicht zu prüfen.

3. Da die Einwände des Antragsgegners hinsichtlich der Höhe der gezahlten Kostenbeteiligung für die hier streitgegenständliche Erhebung von Entwässerungsgebühren schon aus rechtlichen Gründen nicht erheblich sind, ist auf sie nicht im Einzelnen einzugehen. Der Senat weist jedoch im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten noch zu klärenden Fragen auf Folgendes hin:

a) Soweit in der vom Antragsgegner benutzten Formulierung, die gezahlten Kostenbeteiligungen seien "nicht auskömmlich", die Vorstellung mitschwingen sollte, dass eine Gebührenerhebung ungeachtet einer erfolgten Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG zulässig sei, sofern die Kostenbeteiligung nicht ausreiche, um über die anteiligen Investitionskosten hinaus auch die anteiligen Kosten des laufenden Unterhalts der Anlagen vollständig zu decken, ginge eine solche Vorstellung an der Regelung des § 23 Abs. 5 ThürStrG vorbei. Zwar liegt dieser Regelung, wie oben dargestellt, die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass die Kostenbeteiligung nach Satz 1 auch die anteiligen Kosten der laufenden Unterhaltung der Anlage angemessen abdecken könne und solle. Aber die Höhe der Kostenbeteiligung richtet sich gerade nicht nach den konkreten Kosten des kommunalen Einrichtungsträgers, sondern nach dem pauschalierenden Ersatzmaßstab der hypothetischen Kosten einer straßeneigenen Entwässerung. Der gesetzliche Zweck einer solchen einmaligen Kostenbeteiligung, mit der auch die Kosten des laufenden Unterhalts im Voraus abgegolten werden, würde verfehlt, wenn der Träger der kommunalen Einrichtung im Nachhinein geltend machen könnte, die gezahlte Kostenbeteiligung reiche nicht aus, um die Kosten des laufenden Unterhalts zu decken. Zwar heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zu § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG (LT-Drucks. 3/727, S. 16): "Die Praxis hat gezeigt, dass sich in Einzelfällen Straßenbaulastträger nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG entsprechend beteiligen. Da die auf der Grundlage dieser Regelung gezahlten Beträge jedoch neben den investiven Kosten auch die laufenden Kosten decken sollen, treten insbesondere bei den laufenden Kosten Unterdeckungen auf. Um Unterdeckungen künftig auszuschließen, sollen in diesen Fällen per Bescheid Gebühren erhoben werden. Die Verpflichtung nach § 23 Abs. 5 ThürStrG bleibt von der Neuregelung unberührt." Wenn man dieser Formulierung entnehmen wollte, dass der Gesetzgeber des § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG von der Vorstellung ausgegangen sei, eine Gebührenerhebung sei neben einer gezahlten Kostenbeteiligung immer dann zulässig, wenn Unterdeckungen bei den laufenden Kosten auftreten (vgl. auch die Anwendungshinweise des Thüringer Innenministeriums, ThürStAnz 2006, 584 unter "Straßenoberflächenentwässerung"), vermag dies an der dargelegten Auslegung des § 23 Abs. 5 ThürStrG, der ausdrücklich von der Neuregelung des § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG unberührt bleibt, nichts zu ändern. Der knappe Text der Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG ist bereits nicht eindeutig. Für eine Systematik des Verhältnisses zwischen der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 ThürStrG und der Entwässerungsgebührenpflicht nach § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG gibt der Text zu wenig her. Jedenfalls kann die Auslegung der beiden Vorschriften und ihres Verhältnisses sich nicht allein auf gesetzgeberische Motive zu § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG beschränken, sondern muss Wortlaut, Systematik und Normzweck beider Vorschriften gleichermaßen berücksichtigen. Danach kommt es weder für die Berechnung der Höhe der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG noch für den Ausschluss der Gebührenerhebung nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG darauf an, ob die Kostenbeteiligung die realen Kosten der laufenden Unterhaltung der mitbenutzten Anlage tatsächlich auf Dauer deckt. Ausschlaggebend für die Höhe der Kostenbeteiligung sind nach dem Ersatzmaßstab des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG allein die hypothetischen Kosten einer eigenen Straßenentwässerung. Daran hat § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG nichts geändert.

b) Soweit der Antragsgegner eine offensichtliche Unzulänglichkeit der Pauschalen damit begründen will, dass das Straßenoberflächenwasser bei größerem Verkehrsaufkommen so stark verschmutzt sei, dass es einer Kläranlage zugeführt und dort behandelt werden müsse, ist zu beachten, dass für die Höhe der Kostenbeteiligung allein maßgeblich ist, welche Kosten eine eigene Straßenentwässerung verursachen würde. Dagegen kommt es nicht darauf an, wie der Träger der Entwässerungseinrichtung die Beseitigung und Behandlung des Straßenoberflächenwassers im konkreten Fall ausgestaltet hat. Ob der Antragsgegner, wie hier, das abgeleitete Straßenoberflächenwasser über einen Mischkanal einer Kläranlage zuleitet und dort behandelt, ist für die Höhe der Kostenbeteiligung unbeachtlich. Kosten der Herstellung oder Erneuerung der Kläranlage und der Verbindungssammler zur Kläranlage wären bei der Ermittlung der Kosten einer straßeneigenen Entwässerungsanlage nur dann zu berücksichtigen, wenn das Straßenoberflächenwasser so stark verschmutzt wäre, dass es zwingend einer Behandlung in einer zentralen Kläranlage bedürfte. Das ist, soweit die eigene Sachkunde des Senats reicht, im Rahmen der summarischen Prüfung aber wenig wahrscheinlich. In der Regel werden dezentrale Maßnahmen wie Gewässerregelung, Rückhaltung, Absetzanlagen und Abscheider ausreichen.

4. Soweit der Antragsgegner schließlich einwendet, die vereinbarten Kostenbeteiligungen bezögen sich auf deutlich geringere Straßenlängen als der angefochtene Bescheid, könnte dies zwar grundsätzlich für die Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren erheblich sein, wenn daraus zu folgern wäre, dass für einen Teil der Straßenflächen, für deren Entwässerung mit den streitgegenständlichen Bescheiden Entwässerungsgebühren erhoben worden sind, eine Kostenbeteiligung im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG nicht stattgefunden hat. Bei der im vorliegenden Verfahren nur angezeigten summarischen Prüfung vermag der Senat jedoch keine hinreichende Klarheit zu erlangen, ob und wenn ja für welche Teilstrecken dies der Fall ist. Im Einzelnen ist zu unterscheiden:

a) In Bezug auf die Ortsdurchfahrt Niederorschel trägt der Antragsgegner vor, der Vertrag zwischen der Gemeinde Niederorschel und dem Antragsteller vom 12.06./30.06.1995 betreffe lediglich einen 652 m langen Abschnitt der Bahnhofstraße, während der angefochtene Gebührenbescheid die Hauptstraße auf einer Länge von 1.190,50 m und zusätzlich die Klosterstraße mit weiteren 263 m betreffe. Dazu ist zunächst festzustellen, dass es sich bei diesem Vertrag offenkundig nicht um einen Vertrag zwischen Straßenbaulastträger und Träger der Entwässerungseinrichtung handelt, sondern um einen Vertrag zwischen dem Träger der Straßenbaulast für die Landesstraße und der Gemeinde als Träger der Straßenbaulast für kommunale Teileinrichtungen, die im Zuge der gemeinsamen Maßnahme des grundhaften Ausbaus der Landesstraße L 1015 in der Ortsdurchfahrt Niederorschel hergestellt werden. Die in diesem Vertrag genannte Straßenlänge von 652 m betrifft den Straßenbereich, in dem der grundhafte Ausbau der Straße erfolgen soll. Dieser Straßenbereich ist aber nicht identisch mit der Länge der Straße, die durch die erneuerte Entwässerungsanlage entwässert wird. Der Antragsteller hat zwar keine Vereinbarung über die Höhe seiner Beteiligung an den Kosten der Erneuerung der Entwässerungsanlage des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" in der Ortsdurchfahrt Niederorschel vorlegen können. Er hat aber die Kopie einer Rechnung des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" Nr. A 42/95 vom 29.12.1995 vorgelegt, mit der dem Antragsteller als Baukostenzuschuss zum Kanalbau in der Bahnhofstraße, I. und IV. Bauabschnitt, Niederorschel ein Betrag von 190.480,00 DM in Rechnung gestellt wird, der sich aus einer Straßenlänge von 1.190,50 m x 160,00 DM/m ergibt. Die Straßenlänge von 1.190,50 m entspricht exakt der im angefochtenen Bescheid abgerechneten Straßenlänge der Hauptstraße/Bahnhofstraße in Niederorschel. Ferner hat der Antragsteller einen Auszug aus der Haushaltsliste vorgelegt, dem zufolge der Antragsteller an den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" am 09.12.1994 einen Betrag von 99.000,00 DM für "OD Niederorschel_StrEntwässerung" überwiesen hat. Dazu trägt der Antragsteller vor, dass diese Kostenbeteiligung sich auf die Kanalbaumaßnahme Klosterstraße/Kirchstraße in Niederorschel beziehe. Im angefochtenen Bescheid wird die Klosterstraße mit einer Länge von 263 m berücksichtigt. Damit spricht viel dafür, dass im Fall der Ortsdurchfahrt Niederorschel die Straßenlängen, für die eine Kostenbeteiligung erfolgt ist, genau den im angefochtenen Gebührenbescheid veranlagten Straßenlängen entsprechen.

b) Für die Ortsdurchfahrt Bischofferode wird in der vorgelegten Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Obere Bode" in § 3 für eine zu entwässernde Straßenstrecke von 2.210 m bei einer Grundpauschale von 250,00 DM/m und einer Zusatzpauschale von 50,00 DM/m ein Kostenbeitrag von 663.000,00 DM berechnet. Dieser Betrag ist nach den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen in zwei Raten in Höhe von 530.400,00 DM und 132.600,00 DM gezahlt worden. Im angefochtenen Bescheid werden indes für die Ortsdurchfahrt Bischofferode neben der Holunger Straße mit 2.110 m noch die Bahnhofstraße mit 300 m, die Weißenborner Straße mit 54 m und die Hauptstraße mit 630 m abgerechnet. Das wären insgesamt 3.094 m. Allerdings hat der Antragsteller vorgetragen, in Verbindung mit der gemeinsamen Erstellung der Aufmaße für die Straßenflächen, in deren Bereich keine Erneuerung der Abwasserkanäle erfolgte, sei zwischen namentlich benannten Mitarbeitern des Antragsgegners und einem namentlich benannten eigenen Mitarbeiter abgesprochen worden, dass für diese Straßenteile ein Gebührenbescheid erstellt werden könne. Für die Straßenteile, in deren Bereich er sich an den Kosten der Kanalerneuerung beteiligt habe, sei dagegen ein Aufmaß nicht angefertigt worden. Der Antragsgegner habe dementsprechend getrennte Bescheide erstellt. Der hier angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 24.03.2004 enthalte den Straßenbereich, in dem er sich als Straßenbaulastträger an den Kanalerneuerungskosten beteiligt habe. Wie die im November 2004 angefertigten Aufmaße belegen würden, seien allerdings die im Bescheid aufgenommenen Straßenlängen nicht richtig. Die vom Antragsteller als richtig angesehenen Straßenlängen differieren gegenüber den im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Straßenlängen zum Teil erheblich. So nennt der Antragsteller für die Holunger Straße eine Länge von 1503 m, während der Gebührenbescheid die Holunger Straße mit einer Länge 2.110 m heranzieht. Allerdings ergibt sich auch aus den Angaben des Antragstellers eine Gesamtlänge vom 2.575 m. Das ist deutlich mehr als die in der Vereinbarung über die Kostenbeteiligung zugrunde gelegte Straßenlänge von 2.210 m.

Diese Unstimmigkeiten lassen sich aber nur im Hauptsacheverfahren abschließend klären. Der Senat vermag ohne nähere Ermittlungen und eine gegebenenfalls erforderliche Beweisaufnahme nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass für einen bestimmten Teil der im angefochtenen Bescheid zu Entwässerungsgebühren veranlagten Ortsdurchfahrt Bischofferode eine Kostenbeteiligung im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG nicht erfolgt ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004, BGBl I, 718). Dabei legt der Senat in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Fassung 7/2004: NVwZ 2004, 1327 ff.) im Abgabenrecht den Wert der im Rechtsmittelverfahren noch streitigen Abgabe (17.804,91 €) zu Grunde und ermäßigt diesen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf ein Viertel.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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