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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: 4 EO 534/06
Rechtsgebiete: ThürKAG, ThürKO, AVBWasserV


Vorschriften:

ThürKAG § 21a Abs. 3
ThürKAG § 21a Abs. 5
ThürKO § 117 Abs. 1
ThürKO § 120 Abs. 1 S. 1
AVBWasserV § 10 Abs. 4
1. Die Rechtsaufsichtsbehörde ist nach der Thüringer Rechtslage nicht gehindert, privatrechtliche Handlungen eines kommunalen Einrichtungsträgers zu überwachen und als rechtswidrig zu beanstanden, wenn dadurch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen unterlaufen werden.

2. Die nachträgliche privatrechtliche Rechnungslegung für einen Grundstücksanschluss, der bereits Gegenstand einer Beitragserhebung nach § 7 ThürKAG war, bedeutet eine Umgehung der öffentlich-rechtlichen Rückzahlungsverpflichtung aus § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 mit privatrechtlichen Mitteln und rechtfertigt im öffentlichen Interesse ein Einschreiten der Rechtsaufsichtsbehörde nach § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 534/06 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunalaufsichtsrechts,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 7. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 04.05.2006 - 5 E 160/06 Ge - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren fristgerecht vorgetragenen Gründe, auf deren Nachprüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, können die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Frage stellen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den aufsichtsbehördlichen Bescheid des Landratsamtes des Saale-Orla-Kreises vom 06.02.2006 als unbegründet abgelehnt, weil dieser rechtmäßig sei. Die in Ziffer 1. enthaltene Aufforderung gegenüber dem Antragsteller, keine privatrechtlichen Forderungen gegenüber Bürgern aufzumachen, welche vor dem 01.01.2002 entstanden sind und die in Ziffer 2. mit einer Fristsetzung verbundene Aufforderung, bereits versandte Rechnungen unverzüglich zurückzunehmen und daraufhin bezahltes Geld zurückzuzahlen, fänden ihre Rechtsgrundlage in § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO. Der Antragsgegner habe die Rechnungslegung des Antragstellers beanstanden und ihn auffordern können, die erstellten Rechnungen gegenüber Rückzahlungsberechtigten zurückzunehmen und gezahlte Wasserbeiträge in voller Höhe zu erstatten, weil die Rechnungslegung und Verrechnung mit zurückzuzahlenden Beiträgen rechtswidrig sei. Der Antragsteller habe gegen die bisherigen Beitragsschuldner keinen Anspruch auf die Zahlung privatrechtlicher Hausanschlusskosten nach § 10 Abs. 4 AVBWasserV vom 20.06.1980 (BGBl. I 1980, 750 ff.). Soweit es um Teile des Hausanschlusses gehe, die sich im öffentlichen Straßengrund befinden und vor der Umstellung der öffentlich-rechtlich geregelten Gebühren- und Beitragserhebung auf eine privatrechtliche Entgelterhebung zum 01.01.2002 errichtet wurden, könnten nicht sozusagen rückwirkend privatrechtliche Hausanschlusskosten erhoben werden. Denn das bis zum 31.12.2001 öffentlich-rechtlich geregelte Rechtsverhältnis könne nicht gleichzeitig auch privatrechtlich geregelt werden. Die Geltendmachung der Hausanschlusskosten im öffentlichen Bereich durch Beiträge hindere die gleichzeitige Entstehung eines Anspruchs nach § 10 Abs. 4 AVBWasserV. Folglich seien die "Rumpfsatzung" des Antragstellers und die Ergänzenden Bestimmungen zur Anwendung der AVBWasserV auch erst zum 01.01.2001 (gemeint: 01.01.2002) in Kraft getreten. Soweit die Ergänzenden Bestimmungen vom 02.07.2002 in Ziffer 18.2 regelten, dass sie unmittelbar auch für Versorgungsverhältnisse gelten sollten, die vor dem 01.01.2002 zustande gekommen seien, seien sie rechtswidrig. Das rückwirkende Inkraftsetzen sei eine unzulässige Rückwirkung. Der Anspruch des Antragstellers könne auch nicht damit begründet werden, dass es privatrechtlich unerheblich sei, ob die Leistung vor Vertragsabschluss erbracht worden sei. Im Übrigen seien solche Ansprüche in der Regel bereits verjährt. Ein Anspruch bestehe auch nicht nach §§ 812 ff. BGB bzw. dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, weil die Hausanschlussnehmer den Anschluss in den Jahren 1994 bis 2001 nicht ohne Rechtsgrund, sondern auf der Grundlage ihres Anschluss- und Benutzungsrechts erhalten hätten. Die sich für den Antragsteller ergebende Finanzierungslücke durch die Verpflichtung zur Rückzahlung der Wasserbeiträge sei durch die Geltendmachung eines entsprechenden Erstattungsanspruchs nach § 21a Abs. 5 ThürKAG 2005 zu decken. Die Anordnungen zu Ziffer 1. und 2. seien auch hinreichend bestimmt.

Soweit der Antragsteller demgegenüber im Beschwerdeverfahren geltend macht, die aufsichtsbehördlichen Aufforderungen in Ziffer 1. und 2. des Bescheides könnten schon deshalb nicht auf § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO gestützt werden, weil diese Vorschrift lediglich auf Beschlüsse und Verwaltungsakte Anwendung fände, aber keine Rechtsgrundlage für die Beanstandung einer privatrechtlichen Rechnungslegung biete, die Aufsichtsbehörde mithin ihre Kontrollbefugnis überschreite (entsprechend Ziffer 1.2 AnwHiThürKAG), verhilft ihm dies nicht zum Erfolg. Denn die Aufforderungen in dem angegriffenen Bescheid richten sich zwar nicht unmittelbar gegen einen Beschluss oder Verwaltungsakt des Antragstellers, sondern gegen die von dem Antragsteller praktizierte privatrechtliche Rechnungslegung für die zwischen 1994 und 2001 errichteten Grundstücksanschlüsse, stehen aber in untrennbarem Zusammenhang mit den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen des Antragstellers aufgrund des öffentlichrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses an einer öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung und der öffentlich-rechtlich geregelten Pflicht zur Rückzahlung erhobener Wasserbeiträge nach § 21a Abs. 3 ThürKAG in der zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Fassung. Die Rechtsaufsichtsbehörde ist nach der Thüringer Rechtslage nicht gehindert, privatrechtliche Handlungen eines kommunalen Einrichtungsträgers zu überwachen und diese ggf. als rechtswidrig zu beanstanden, wenn dadurch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen unterlaufen werden:

Der Antragsteller weist zutreffend darauf hin, dass sich die staatliche Rechtsaufsicht gemäß § 117 Abs. 1 ThürKO in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises, zu denen auch die kommunale Wasserversorgung gehört, darauf beschränkt, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit im staatlichen Interesse zu überwachen. Daher muss sich auch die aufsichtsbehördliche Beanstandung gemäß § 120 Abs. 1 ThürKO unter Beachtung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts auf die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Verpflichtungen bzw. die rechtmäßige Verwaltungstätigkeit kommunaler Aufgabenträger beziehen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass nur rechtswidrige Hoheitsakte der Kommune wie die ausdrücklich genannten Beschlüsse und Verwaltungsakte Gegenstand einer aufsichtsbehördlichen Beanstandung sein können und jegliches sonstige Tun einschließlich des privatrechtlichen Handelns einer Kommune der Rechtsaufsicht entzogen wäre. Anders als in anderen Bundesländern hat der Thüringer Gesetzgeber die aufsichtsbehördliche Überwachung bürgerlich-rechtlicher Verpflichtungen der Kommunen, die im ordentlichen Rechtswege zu verfolgen sind, nicht ausdrücklich von der Rechtsaufsicht ausgenommen (anders etwa § 127 Abs. 2 GemO Rh.Pf.). Wie der Senat bereits entschieden hat, ist § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO nicht auf die Fälle rechtswidriger Beschlüsse und Verwaltungsakte im engen Sinne begrenzt, mit der Folge, dass aufsichtliche Maßnahmen bei allen sonstigen Rechtsverstößen generalklauselartig auf § 120 Abs. 1 Satz 2 ThürKO gestützt werden müssten und Satz 1 der Vorschrift obsolet würde. Vielmehr ist die Vorschrift so zu verstehen, dass § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO zu rechtsaufsichtlichem Einschreiten gegen ein aktives Tun der beaufsichtigten Behörde ermächtigt, während Satz 2 der Aufsichtsbehörde die Befugnis verleiht, Maßnahmen gegen ein rechtswidriges Unterlassen zu ergreifen (vgl. Urteil vom 23.11.2005 - 4 KO 877/01 - ThürVBl. 2006, 131 = KStZ 2006, 134).

Nach der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur unterliegt allerdings die privatrechtliche Tätigkeit der Kommunen grundsätzlich nicht der Rechtsaufsicht und wird mithin auch ohne ausdrückliche landesrechtliche Regelung nicht vom Beanstandungsrecht erfasst. Dies beruht auf der Erwägung, dass sich die staatliche Kommunalaufsicht nicht zugunsten des Interesses einzelner Privater in die Durchsetzung zivilrechtlicher Verpflichtungen der Kommunen einmischen soll, für die der ordentliche Rechtsweg offensteht. So sollen auch divergierende Entscheidungen der Zivil- und Verwaltungsgerichte über privatrechtliche Rechtsverhältnisse vermieden werden (vgl. hierzu OVG NW, Urteil vom 23.01.1963 - DVBl. 1963, 862 mit Anmerkung von Müller-Heidelberg; Waechter, Kommunalrecht, 3. Auflage 1997, Rn. 199; Seewald in Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 6. Auflage 1999, Abschn. I. B., Rn. 360; Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 9. Auflage 1996, Rn. 313; Glaser u. a., Bayerische Gemeindeordnung, Rn. 2 und 4 zu Art. 109 BayGO; Wachsmuth, Thüringer Kommunalrecht, S. 2 zu § 117 ThürKO; Uckel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, Stand: Mai 2006, Rn. 2.4 zu § 117). Damit ist aber nicht jedes Einschreiten der Rechtsaufsichtsbehörden zugunsten von Privaten in das privatrechtliche Handeln der Kommunen ausgeschlossen. Ausnahmen sind vielmehr im öffentlichen Interesse und wegen der Bindung der Kommunen als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 47 Abs. 4 ThürVerf geboten. In diesem Sinne ist auch die in § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO ausdrücklich der Rechtsaufsicht obliegende Überwachung der Gesetzmäßigkeit der kommunalen Verwaltungstätigkeit zu verstehen. Daher wird auch die privatrechtliche Tätigkeit der Kommunen von der rechtsaufsichtlichen Kontrollbefugnis erfasst, wenn sie die Beachtung öffentlich-rechtlicher Vorschriften voraussetzt (vgl. Glaser, a. a. O., Rn. 4 zu Art. 109 BayGO; Lübking/Vogelsang/Ulbrich, Die Kommunalaufsicht, Rn. 125; Uckel/Hauth/Hoffmann, a. a. O., Rn. 2.4 zu § 117; Schmidt-Aßmann/Röhl in Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Auflage 2005, 1. Kap., Rn. 42; VG Weimar, Beschluss vom 08.12.2000 - 2 E 2653/00 - NVwZ-RR 2002, 137). Diese Verknüpfung zwischen privatrechtlichem Handeln und der Beachtung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen besteht insbesondere im Bereich kommunaler öffentlicher Einrichtungen: wird eine öffentliche Aufgabe in privatrechtlicher Rechtsform wahrgenommen, erstreckt sich die Überwachungs- und Kontrollbefugnis der Rechtsaufsichtsbehörden im öffentlichen Interesse auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bei der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe. Denn die Kommune darf sich nicht in privatrechtliches Handeln flüchten, um öffentlich-rechtlichen Vorschriften und Verpflichtungen zu entgehen (ebenso Seewald in Steiner, a. a. O., Rn. 360; Wachsmuth, a. a. O.; Uckel/Hauth/Hoffmann, a. a. O., Rn. 2.4 zu § 117; Knemeyer, a. a. O., Rn. 313).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Senat keine Zweifel daran, dass sich die Rechtsaufsichtsbehörde bei der Beanstandung der privatrechtlichen Forderungen durch den Antragsteller (Ziffer 1. des Bescheides) und bei der Aufforderung zur Rücknahme bereits versandter Rechnungen sowie zur Zurückzahlung bereits gezahlter Geldbeträge (Ziffer 2. des Bescheides) im Rahmen ihrer Überwachungsbefugnis bewegt hat und zur Beanstandung nach § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO ermächtigt war. Das beanstandete aktive Tun des Antragstellers und die daran anknüpfenden aufsichtsbehördlichen Aufforderungen betreffen die privatrechtliche Rechnungslegung für Grundstücksanschlüsse, die im Rahmen eines öffentlich-rechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses vor der Umstellung von einer öffentlich-rechtlichen auf eine privatrechtliche Entgeltfinanzierung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung zum 01.01.2002 errichtet wurden und die hinsichtlich ihres im öffentlichen Straßengrund gelegenen Teils bereits Gegenstand einer Beitragserhebung waren. Die privatrechtliche Rechnungslegung für öffentlichrechtlich erbrachte Leistungen hat unmittelbaren Bezug zu den Verpflichtungen des Antragstellers aus dem öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungs- und Beitragsschuldverhältnis und unterliegt schon deshalb unzweifelhaft der Überwachung durch die Rechtsaufsicht. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die privatrechtliche Rechnungslegung für die unter der Geltung öffentlich-rechtlichen Satzungsrechts erstellten Grundstücksanschlüsse geeignet ist, die öffentlichrechtliche Verpflichtung des Antragstellers zur Rückzahlung der Wasserbeiträge nach § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 zu unterlaufen. Denn wegen der nachträglichen Rechnungslegung im Jahre 2005 für die bereits vor dem 01.01.2002 errichteten Hausanschlüsse im öffentlichen Straßengrund zahlte der Antragsteller die erhaltenen Wasserbeiträge nicht in vollem Umfang zurück. Vielmehr verrechnete er den zuvor selbst festgestellten, zurückzuzahlenden Wasserbeitrag mit der vermeintlichen privatrechtlichen Forderung für denselben Anschluss und zahlte nur den sich ergebenden Differenzbetrag zurück. Die Umsetzung der aus § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 folgenden Rückzahlungsverpflichtung der kommunalen Einrichtungsträger zu überwachen, gehört eindeutig zu den Aufgaben der Rechtsaufsichtsbehörden. Erhält die Rechtsaufsichtsbehörde dabei Kenntnis davon, dass ein kommunaler Aufgabenträger seine Verpflichtungen aus dem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis bzw. der landesrechtlich geregelten Rückzahlungspflicht mit Mitteln des Privatrechts zu umgehen versucht, rechtfertigt dies im öffentlichen Interesse auch ein aufsichtsbehördliches Einschreiten gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO gegen eine privatrechtlich ausgestaltete Rechnungslegung - unabhängig davon, ob es den betroffenen Privaten auch möglich wäre, hiergegen zivilrechtlich vorzugehen.

Aus dem im Beschwerdeverfahren in Bezug genommenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 08.06.2006 - 6 K 393/06.We - ergibt sich nichts anderes. Wie der Beschwerdeführer selbst vorträgt, betrifft diese Entscheidung nicht die aufsichtsbehördliche Beanstandungsbefugnis gegenüber der privatrechtlichen Rechnungslegung, sondern die Frage, auf welchem Rechtsweg sich der betroffene Rückzahlungsberechtigte gegen die Aufrechnung seines Rückzahlungsanspruchs mit einem zivilrechtlichen Baukostenzuschuss wehren kann.

Der Senat hat entgegen den Darlegungen des Beschwerdeführers ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht Zweifel daran, dass die Erhebung von privatrechtlichen Hausanschlusskosten durch den Antragsteller unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 4 AVBWasserV für Grundstücksanschlüsse, die vor der Umstellung auf eine privatrechtliche Entgeltfinanzierung errichtet wurden, i. S. d. §§ 117 Abs. 1, 120 Abs. 1 Satz 1 ThürKO gegen geltendes Recht verstößt.

Insofern kommt es entgegen dem Beschwerdevortrag nicht darauf an, ob nach dem Grundsatz der Privatautonomie ein zivilrechtlicher Anspruch auf die Erstattung von Hausanschlusskosten gemäß § 10 Abs. 4 AVBWasserV auch für Leistungen geltend gemacht werden kann, die vor der Begründung des Versorgungsverhältnisses und vor Vertragsabschluss erbracht wurden. Entscheidend ist vielmehr, dass die nachträgliche Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche für eine Leistung ausscheidet, die nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Regelungen erbracht wurde. In diesem Sinne hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass es kein Nebeneinander von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Vorschriften für dieselbe Leistung geben kann. Die im Grundsatz jederzeit mögliche Umstellung des Finanzierungssystems einer kommunalen öffentlichen Einrichtung von einer öffentlich-rechtlichen Beitrags- und/oder Gebührenfinanzierung auf eine privatrechtliche Entgeltfinanzierung (vgl. hierzu Wiesemann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 34.Erg.Lfg., Rn. 8 zu § 6) hat nur Wirkung für die Zukunft, kann sich aber nicht auf in der Vergangenheit bereits öffentlich-rechtlich begründete Schuldverhältnisse erstrecken. Denn mit der Entscheidung, eine öffentliche Wasserversorgungseinrichtung entweder durch die Erhebung öffentlichrechtlicher Beiträge und/oder Gebühren oder über privatrechtliche Entgelte zu finanzieren, trifft der Einrichtungsträger eine sog. Regimeentscheidung über das für die Leistungserbringung anzuwendende Rechtsregime (vgl. allgemein zur sog. Regimeentscheidung bei der Erschließung durch private Dritte oder in Eigenregie der Gemeinde: Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage 2004, Rn. 9 - 11 zu § 6). Entscheidet er sich für die Erhebung öffentlich-rechtlicher Entgelte, erfolgt die Refinanzierung erbrachter Anschlussleistungen ausschließlich nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Vorschriften für die Beitrags- und/oder Gebührenerhebung. Entscheidet er sich ab einem bestimmten Zeitpunkt für eine privatrechtliche Entgelterhebung, gilt das Privatrechtsregime erst für die ab diesem Zeitpunkt erbrachten privatrechtlichen Leistungen. In diesem Sinne hat der Senat bereits entschieden, dass Leistungen, die auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlich begründeten Versorgungsverhältnisses erbracht wurden, nach Maßgabe öffentlichen Rechts auszugleichen sind, nicht aber zum Gegenstand privatrechtlicher Ansprüche werden (vgl. das Grundurteil vom 25.02.2004 - 4 KO 703/01 - ThürVGRspr. 2004, 129).

Im Falle des Antragstellers bedeutet dies, dass eine privatrechtliche Rechnungslegung nur für Grundstücksanschlüsse in Betracht kommt, die nach der Umstellung auf eine privatrechtliche Entgeltfinanzierung zum 01.01.2002 errichtet wurden, weil auch nur die ab diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen dem Anwendungsbereich der AVBWasserV unterfallen. In Übereinstimmung damit ist auch die sog. "Rumpfsatzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und deren Benutzung" des Antragstellers vom 02.07.2002 (W VS), die erstmals die Anwendbarkeit der AVBWasserV für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung in § 2 Abs. 4 WVS vorsah, nach § 9 WVS rückwirkend zum 01.01.2002 in Kraft getreten. Soweit daher der Antragsteller für die zwischen 1994 bis 2001 unter der Geltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften errichteten Grundstücksanschlüsse privatrechtliche Rechnungen erstellt hat, ist er hierfür nicht ermächtigt und verstößt zugleich gegen die Rückzahlungspflicht aus § 21a Abs. 3 Satz 1 ThürKAG 005. Denn der Anspruch auf Rückzahlung der Wasserbeiträge erstreckt sich auf alle bis zum 31.12.2004 gezahlten und noch nicht aus anderen Gründen zurückgezahlten Wasserbeiträge - ungeachtet ihrer rechtmäßigen Erhebung und ungeachtet einer zwischenzeitlichen Umstellung des Finanzierungssystems auf private Entgelte (vgl. hierzu auch Ziffer 20.4.4 AnwHiThürKAG, ThürStAnz. 2005, 567 ff. [591]). Die nachträgliche privatrechtliche Rechnungslegung für denselben Grundstücksanschluss, der bereits Gegenstand einer Beitragserhebung war, bedeutet mithin eine Umgehung der öffentlichrechtlichen Rückzahlungsverpflichtung aus § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 mit privatrechtlichen Mitteln und war zu beanstanden.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller befürchtet, ihm entstehe durch die Beitragsrückzahlung ohne eine nachträgliche Berechnung von privatrechtlichen Hausanschlusskosten eine Finanzierungslücke, deren Ausgleich nicht durch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Freistaat nach § 21a Abs. 5 ThürKAG 2005 gewährleistet sei. Ob und in welchem Umfang der Antragsteller wegen der vollständigen Rückzahlung der Wasserbeiträge einen Erstattungsanspruch aus § 21a Abs. 5 Satz 1 ThürKAG 2005 hat, ist nicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden. Insofern hat jedoch schon das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es für das Bestehen dieses Anspruchs nicht darauf ankommt, ob im Falle des Antragstellers die Voraussetzungen des § 21a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1a ThürKAG 2005 i. V. m. mit den Bestimmungen der Wasser-Abwasser-Erstattungsrichtlinie (ThürStAnz. 2005, 602) vorliegen. Denn die Aufzählung der Erstattungsfälle in § 21a Abs. 5 Satz 2 ThürKAG 2005 ist durch die Formulierung "insbesondere" nur beispielhaft und nicht abschließend (vgl. hierzu bereits den Senatsbeschluss vom 27.03.2006 - 4 EO 87/06 - ThürVBl. 2006, 180). Sofern ein Einrichtungsträger, der schon vor dem 01.01.2005 die Finanzierung seiner Wasserversorgungseinrichtung auf private Entgelte umgestellt hat, die Finanzierungslücke durch eine Rückzahlung der Beiträge nicht entsprechend § 21a Abs. 5 Satz 2 ThürKAG 2005 erstattet bekommt, hindert dies nicht die Entstehung eines Erstattungsanspruchs nach § 21a Abs. 5 Satz 1 ThürKAG 2005.

Schließlich kann sich der Antragsteller im Beschwerdeverfahren auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Aufforderungen in Ziffer 1. und 2. des angegriffenen Bescheides der Rechtsaufsichtsbehörde zu unbestimmt seien, weil nicht zweifelsfrei bestimmbar sei, welche Rechnungen der Antragsteller oder ein mit dem Vollzug beauftragter Dritter zurücknehmen solle. Bei der Würdigung einer von der Behörde abgegebenen Willenserklärung ist gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Nicht maßgeblich sind daher subjektive Vorstellungen des Erklärenden, die weder in der Erklärung selbst noch in den Begleitumständen zum Ausdruck kamen. Nicht maßgeblich sind aber auch die subjektiven Vorstellungen des Empfängers. Zwar kommt es für die Auslegung darauf an, wie der Betroffene selbst die Erklärung nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. zur Auslegung eines Bescheids den Senatsbeschluss vom 01.09.2000 - 4 ZKO 131/00 -, NVwZ-RR 2001, S. 212 [213] = ThürVBl. 2001, S. 85 [86], m. w. N.). Dabei ist aber auf eine objektivierte Sichtweise des konkreten Adressaten abzustellen und nicht darauf, wie er die Erklärung verstanden haben will (vgl. den Senatsbeschluss vom 28.11.2001 - 4 EO 234/96 -). In diesem Sinne sind die Aufforderungen gegenüber dem Antragsteller in dem aufsichtsbehördlichen Bescheid ersichtlich darauf bezogen, keine privatrechtlichen Forderungen für den öffentlichen Teil der Trinkwasseranschlüsse geltend zu machen, die der Antragsteller vor dem 01.01.2002 errichtet hat (Ziffer 1.), und alle bereits versandten Rechnungen zurückzunehmen sowie bereits auf diese Rechnungen bezahlte Geldbeträge zurückzuzahlen (Ziffer 2.). In welchen und wie vielen Fällen der Antragsteller entsprechende Rechnungen für die betreffenden Hausanschlüsse erstellt und mit Beitragsrückzahlungen verrechnet hat, ist für den Antragsteller nach seinen eigenen Unterlagen hinreichend ermittelbar, auch wenn Dritte mit dem Vollzug beauftragt werden sollten.

Soweit der Antragsteller die Begründung der Beschwerde mit Schreiben vom 15.09.2006 (hier eingegangen am 20.11.2006) dahingehend ergänzt hat, der Antragsteller sei nach den Hinweisen des Verwaltungsgerichts Gera in der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2006 (Klageverfahren 5 K 567/02 GE) erst im Jahre 2001 wirksam als Zweckverband entstanden und habe deshalb mit der Folge keine wirksamen öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisse begründen können, dass die Hausanschlussleistungen nicht "zu Zeiten öffentlichen Rechts" erbracht worden seien, ist dieser neue Vortrag erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erfolgt und kann daher im Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Das Oberverwaltungsgericht prüft gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich nur die in der Beschwerdebegründung fristgerecht dargelegten Gründe (vgl. den Senatsbeschluss vom 17.01.2006 - 4 EO 838/03 -).

Ungeachtet seiner Verspätung ist dieser Vortrag auch nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Zunächst ist die Frage, ob der Antragsteller vor einer Umstellung auf eine privatrechtliche Finanzierung der Wasserversorgungseinrichtung als Zweckverband wirksam entstanden ist, nach den hier vorliegenden Unterlagen im summarischen Beschwerdeverfahren nicht abschließend zu klären. Darüber hinaus kommt es für die im Beschwerdeverfahren allein zu beurteilende Rechtmäßigkeit einer aufsichtsbehördlichen Beanstandung der privatrechtlichen Rechnungslegung durch den Antragsteller für die vor dem 01.01.2002 errichteten Hausanschlüsse nicht darauf an, ob der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt wirksam als Zweckverband entstanden war. Denn selbst wenn es sich bei dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Errichtung der Grundstücksanschlüsse um einen fehlerhaften, weil nicht wirksam entstandenen Zweckverband gehandelt haben sollte, sind nach der Rechtsprechung des Senats die von einem fehlerhaften Zweckverband begründeten Ver- und Entsorgungsverhältnisse öffentlich-rechtlicher und nicht privatrechtlicher Natur. Aus der Nichtigkeit von Gründungssatzung und Benutzungs-, Beitrags- sowie Gebührensatzungen eines Zweckverbandes folgt nicht gewissermaßen als Automatismus, dass dieser als Privatrechtssubjekt und die von ihm eingegangenen Rechtsverhältnisse mangels wirksam begründeter hoheitlicher Befugnisse als Privatrechtsverhältnisse einzuordnen wären (vgl. hierzu eingehend das Grundurteil des Senats vom 25.02.2004 - 4 KO 703/01 - ThürVGRspr. 2004, 129).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG (in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004, BGBl. I 718) i. V. m. § 5 ZPO. Der Antragsteller wendet sich auch im Beschwerdeverfahren gegen die sofortige Vollziehung von zwei unterschiedlichen rechtsaufsichtlichen Verfügungen. Den Wert für eine kommunalaufsichtliche Streitigkeit bemisst der Senat im Hauptsacheverfahren in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Abschnitt II, Ziffer 22.5 des Streitwertkataloges in der Fassung 7/2004: NVwZ 2004, 1327 ff.) mit jeweils 15.000,-- €, hier also betreffend zwei aufsichtsbehördliche Verfügungen mit insgesamt 30.000,-- €. Dieser Wert wird im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Hälfte reduziert (Abschnitt II, Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges in der Fassung 7/2004; vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 27.03.2006 - 4 EO 87/06 -).

Ende der Entscheidung

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