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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 31.05.2005
Aktenzeichen: 4 KO 1499/04
Rechtsgebiete: GG, ThürVerf, ThürKO, ThürKAG


Vorschriften:

GG Art. 28 Abs. 2
ThürVerf Art. 91 Abs. 1
ThürVerf Art. 91 Abs. 2
ThürKO § 53
ThürKO § 54 Abs. 2
ThürKO § 120 Abs. 1 S. 2
ThürKAG § 7 Abs. 1 S. 5 i.d.F.v. 19.09.2000

Entscheidung wurde am 08.11.2005 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert, Stichworte, Sachgebiete, Orientierungssatz und Leitsatz wurden hinzugefügt
1. Mit der Sollvorschrift in § 7 Abs. 1 S. 5 ThürKAG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung schränkt der Thüringer Landesgesetzgeber im Straßenausbaubeitragsrecht spezialgesetzlich das Ermessen einer Kommune bei der Entscheidung über die Erhebung von Beiträgen aus § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG und den im Rahmen der allgemeinen Grundsätze kommunaler Haushaltsführung in §§ 53, 54 ThürKO bestehenden Gestaltungsspielraum ein. Die Kommunen sind grundsätzlich zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verpflichtet; ihnen verbleibt nur ein sehr eng begrenzter Ermessensspielraum, der ein Absehen von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nur unter atypischen Umständen und bei Einhaltung der kommunalrechtlichen Haushalts- und Einnahmebeschaffungsgrundsätze und der darin festgelegten Rangfolge kommunaler Einnahmen aus Leistungsentgelten vor Steuern und Krediten erlaubt.

2. Mit der landesgesetzlich festgelegten grundsätzlichen Pflicht zur vorrangigen Erhebung von Entgelten für die von den Kommunen eigenverantwortlich erbrachten Leistungen schränkt der Thüringer Gesetzgeber zwar die Möglichkeiten der Gemeinde ein, auf finanzielle Gegenleistungen für erbrachte Leistungen verzichten zu können, sichert dadurch jedoch zugleich die finanzielle Ausstattung der Kommunen mit eigenen Mitteln für die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft. Der Gesetzgeber greift damit nicht unverhältnismäßig oder gar willkürlich in die Finanzhoheit der Kommunen ein. Die Beitragserhebungspflicht dient auch einer landesweit möglichst gleichartigen Behandlung der Grundstückseigentümer (Erbbauberechtigten oder dinglich Nutzungsberechtigten) in allen Gemeinden und trägt damit in einem übergeordneten öffentlichen Interesse zur Beitragsgerechtigkeit bei.

3. Im übrigen Einzelfall, in dem eine atypische Situation, die eine Ausnahme von der Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen rechtfertigen könnte, weder auf Grund der Haushaltslage der Gemeinde festzustellen war noch wegen der von ihr geäußerten Absicht, statt einmaliger Beiträge wiederkehrende Straßenausbaubeiträge erheben zu wollen.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

4 KO 1499/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausbaubeiträgen, hier: Berufung

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2005 für Recht erkannt :

Tenor:

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine im Landkreis Schmalkalden-Meiningen belegene Gemeinde. Sie wendet sich im Klage- und zugelassenen Berufungsverfahren gegen den aufsichtsbehördlichen Bescheid des Landratsamtes Schmalkalden-Meiningen vom 11.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17.07.2001, mit dem sie unter Androhung der Ersatzvornahme aufgefordert wurde, bis zum 02.02.2001 eine Satzung über die Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge zu erlassen.

Die Klägerin hatte bis zum Erlass des angegriffenen Bescheides keine Satzung über die Erhebung von Ausbaubeiträgen erlassen. Trotz einer offenbar vorliegenden beschlussreifen Fassung hat die Klägerin auch bisher wegen des anhängigen Verfahrens von der Verabschiedung einer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge abgesehen. Eine Erschließungsbeitragssatzung wurde nach Angaben der Klägerin am 19.10.1993 beschlossen und veröffentlicht.

Mit Schreiben vom 15.05.2000 und 21.07.2000 forderte das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen die Klägerin unter Hinweis auf ihre Beitragserhebungspflicht und unter Fristsetzung auf, mitzuteilen, inwieweit in ihrem Gemeindegebiet beitragsfähige Maßnahmen durchgeführt worden seien und ob der Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung beabsichtigt sei.

Unter Bezugnahme auf Presseberichte, aus denen hervorging, dass die Klägerin in den Vorjahren einige beitragsfähige Maßnahmen durchgeführt hatte (wie zum Beispiel den Ausbau der "Sandgasse", der Straße "Am Ziegenplan", der "Bädergasse" und der Straße "Am Mühlbach"), wies das Landratsamt Schmalkalden- Meiningen die Klägerin mit Schreiben vom 21.08.2000 auf ihre Absicht hin, das Fehlen einer Satzung über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu beanstanden und forderte die Klägerin bis zum 06.10.2000 zum Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung auf.

Im Anschluss an einen von der Klägerin beantragten Terminaufschub bis Dezember 2000 wies das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen als Rechtsaufsichtsbehörde im Schreiben vom 15.11.2000 nochmals darauf hin, dass eine Gemeinde auch unter Berücksichtigung des § 54 Abs. 2 ThürKO nur unter besonderen Umständen auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten könne. Derartige Umstände seien im Falle der Klägerin in keiner Weise ersichtlich. Der Klägerin werde daher dringend empfohlen, eine Satzung über die Erhebung eines einmaligen Straßenausbaubeitrags zu beschließen. Erst nach Abrechnung der abgeschlossenen Maßnahmen mittels einer Satzung über die Erhebung eines einmaligen Straßenausbaubeitrages komme eine Umstellung auf wiederkehrende Beiträge mit entsprechender Übergangsregelung in Betracht. Dem war die telefonische Ankündigung des Bürgermeisters der Klägerin vorausgegangen, dass der Gemeinderat der Klägerin die Beschlussfassung über eine Satzung zur Erhebung wiederkehrender Beiträge beabsichtige.

Mit Bescheid vom 11.12.2000 forderte das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen die Klägerin unter Ziffer 1 auf, bis zum 02.02.2001 eine Satzung über die Erhebung eines einmaligen Straßenausbaubeitrages zu erlassen und drohte unter Ziffer 2 des Bescheides den Erlass einer Satzung über die Erhebung eines einmaligen Straßenausbaubeitrages durch das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen im Wege der Ersatzvornahme anstelle und auf Kosten der Klägerin an, falls die Klägerin der Aufforderung aus Ziffer 1 dieses Bescheides nicht fristgerecht nachkomme. Unter Ziffer 3 des Bescheides wurden Ziffer 1 und 2 für sofort vollziehbar erklärt. Zur Begründung verwies das Landratsamt im Wesentlichen auf die Einnahmebeschaffungsgrundsätze in §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 2 ThürKO, aus denen sich eine verbindliche Rangfolge der Einnahmearten ergäbe und die den Vorrang spezieller Entgelte vor Steuern festlegten. Der vorhandene Gestaltungsspielraum werde durch die Sollbestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 3 ThürKAG eingeschränkt. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu verzichten, seien im Falle der Klägerin nicht ersichtlich. Da bei der Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge Investitionskosten aus zurückliegenden Jahren nicht berücksichtigt werden könnten, bedeute dies, dass für die bereits abgeschlossenen Maßnahmen keine wiederkehrenden Beiträge erhoben werden könnten. Bei Erlass einer Satzung über die Erhebung eines wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages sei das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen als Rechtsaufsichtsbehörde daher gehalten, diese zu beanstanden. Erst nach Abrechnung der abgeschlossenen Maßnahmen mittels einer Satzung über die Erhebung eines einmaligen Straßenausbaubeitrages komme eine Umstellung auf wiederkehrende Beiträge mit entsprechender Übergangsregelung in Betracht. Die Androhung der Ersatzvornahme begründete das Landratsamt mit der bisherigen gemeindlichen Verweigerungshaltung.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 02.01.2001 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Nachdem das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen dem Widerspruch der Klägerin nicht abgeholfen hatte, legte es den Vorgang dem Thüringer Landesverwaltungsamt als Widerspruchsbehörde vor, das den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2001 zurückwies und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides ablehnte.

Die Klägerin hat am 15.08.2001 gegen den Bescheid vom 11.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2001 beim Verwaltungsgericht Meiningen Klage erhoben - 1 K 640/01.Me - und zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt - 1 E 639/01.Me -.

Mit Beschluss vom 19.11.2001 - 1 E 639/01.Me - hob das Verwaltungsgericht die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, soweit sie sich auf die rechtsaufsichtsbehördliche Weisung in Ziffer 1 des Bescheides vom 11.12.2000 bezog, und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme an.

Mit Änderungsbescheid vom 22.01.2002 ordnete das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen erneut die sofortige Vollziehung von Ziffer 1 des Bescheides vom 11.02.2000 an und ergänzte Ziffer 2 des Bescheides dahingehend, dass die Kosten für die Ersatzvornahme auf vorläufig 150,-- Euro veranschlagt wurden. Daraufhin leitete das Verwaltungsgericht Meiningen von Amts wegen ein Antragsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ein - 1 E 66/02.Me - und änderte den Beschluss vom 19.11.2001 im Anschluss an einen Erörterungstermin vom 24.01.2002 mit Beschluss vom 30.01.2002 ab. Dabei lehnte es den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 11.12.2000 ab.

Mit Bescheid vom 23.04.2002 erließ das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen im Wege der Ersatzvornahme eine Satzung über die Erhebung eines einmaligen Straßenausbaubeitrages für die Klägerin. Die Satzung wurde im Amtsblatt des Landkreises Schmalkalden-Meiningen vom 10.05.2002 bekannt gemacht. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21.05.2002 Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 20.01.2004 hat das Landratsamt Schmalkalden- Meiningen den Bescheid vom 23.04.2002 im Tenor ergänzt und die Klägerin in Ziffer 1a aufgefordert, die Straßenausbaubeitragssatzung vom 23.04.2002 entsprechend ihrer Hauptsatzung bis zum 17.02.2004 bekannt zu machen und einen Veröffentlichungsnachweis zu erbringen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde die Ersatzvornahme in Ziffer 1b angedroht und in Ziffer 1c die sofortige Vollziehung angeordnet. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2004 wies das Thüringer Landesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Dabei verwies es auf ein Rundschreiben des Thüringer Innenministeriums 01/2004. Über die hiergegen von der Klägerin beim Verwaltungsgericht Meiningen am 28.10.2004 erhobene Klage - 1 K 919/04.Me - ist noch nicht entschieden.

Im erstinstanzlichen Klageverfahren gegen den Bescheid vom 11.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2001 und des Änderungsbescheides vom 22.01.2002 hat die Klägerin zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts geltend gemacht. Zur Klagebegründung und Erwiderung im Einzelnen wird auf das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 28.07.2004 verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes Schmalkalden-Meiningen vom 11.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17.07.2001 und des Änderungsbescheides vom 22.01.2002 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 28.07.2004 hat die Klägerin eine Finanzaufstellung vorlegt, aus der sich ihre finanzielle Situation und Leistungsfähigkeit am 28.07.2004 ergeben soll.

Das Verwaltungsgericht Meiningen hat mit Urteil vom 28.07.2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Einzelnen auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das am 06.08.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.08.2004 die Zulassung der Berufung beantragt - 4 ZKO 1299/04 - und den Antrag am 10.09.2004 begründet.

Mit Beschluss vom 17.11.2004 - 4 ZKO 1299/04 - hat der Senat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

In der am 17.12.2004 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die angegriffenen Bescheide stellten einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde dar, die ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Die finanzielle Situation der Klägerin berechtige zu der Feststellung eines atypischen Falles, der ihr eine Wahl bei der Finanzierung über wiederkehrende oder einmalige Straßenausbaubeiträge belasse. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der soliden Haushaltssituation der Klägerin die Haushaltssatzung in den letzten beiden Jahren nur noch anzeigepflichtig, aber nicht mehr genehmigungspflichtig gewesen sei. Die Aufstellung über Schulden und Rücklagen der Gemeinde zum 28.07.2004 belege, dass sich die Leistungsfähigkeit der Gemeinde weiter konsolidiert habe. Die Klägerin habe es geschafft, bei Aufnahme einer Schuldverpflichtung von 1,1 Mio. DM zum Ende des Jahres 2001 (teilweise Kredit zur Errichtung eines Schwimmbades im Jahre 2000 und zur Tilgung von Schulden der eingemeindeten Gemeinde Ebertshausen) diese Schulden bis zum 28.07.2004 auf 532.000,-- Euro ohne Berücksichtigung der Rücklagen von 566.000,-- Euro zu reduzieren. Die Klägerin sei inzwischen eine der Gemeinden in Thüringen mit dem niedrigsten Schuldenstand pro Kopf der Bevölkerung. Während der Schuldenstand der Klägerin zum 31.12.2003 mit 197,03 Euro/EW saldiere, werde dieser Ende 2004 nur noch 8,50 Euro/EW betragen. Gegenwärtig sei der Schuldenstand der Klägerin auf ca. 41.000,-- € gesunken. Bei dieser Sachlage sei die Klägerin selbst dann nicht auf Hilfe aus dem Landesausgleichsstock angewiesen, wenn sie selbst keine einmaligen Beiträge erhebe. Nach dem Standpunkt des Thüringer Innenministeriums stehe den Gemeinden die Entscheidung über die Art der Erhebung von Beiträgen offen, wenn diese in der Lage seien, auch bei Verzicht auf die Erhebung einmaliger Beiträge ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, ohne Unterstützung durch den Freistaat Thüringen zu benötigen.

Die Aufforderung zum Erlass einer (einmaligen) Ausbaubeitragssatzung widerspreche außerdem den Hinweisen des Thüringer Innenministeriums im Schreiben vom 04.02.2004. Danach verstoße die Kopplung, mit der die zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden den Erlass von Satzungen über wiederkehrende Straßenausbaubeiträge unter dem Hinweis darauf beanstanden, dass zunächst eine Satzung über einmalige Straßenausbaubeiträge zu erlassen sei, gegen die rechtlichen Vorgaben des ThürKAG, wonach die Kommunen ausdrücklich eine Wahlmöglichkeit zwischen der Erhebung einmaliger und wiederkehrender Straßenausbaubeiträge hätten. Wegen dieser der Gemeinde zukommenden Wahlmöglichkeit könne auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts Meiningen nicht akzeptiert werden, wonach die Klägerin die Reihenfolge der Einnahmebeschaffung verletze, dies umso mehr angesichts der unbestrittenen soliden finanziellen Situation der Klägerin.

Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin ergänzende Angaben zu den im Zeitraum 1991 - 2004 durchgeführten Ausbaumaßnahmen, ihrer Kreditaufnahme und der Erhebung kommunaler Steuern (Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer und Hundesteuer) gemacht.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 28.07.2004 - 1 K 640/01.Me - den rechtsaufsichtlichen Bescheid des Beklagten zum Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung (einmalige Beiträge) vom 11.12.2000 - Az.: 210/1523-4394/00-06 - hinsichtlich der Ziffer 1 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17.07.2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Namentlich verkenne die Klägerin neben ihrer grundsätzlichen Einnahmebeschaffungspflicht auch die gesetzlich verbindliche Reihenfolge der Einnahmebeschaffungsarten. Auch wenn die Klägerin 2004 einen Kredit getilgt habe, habe sie im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung Kreditmittel in Anspruch genommen. Die Inanspruchnahme der Kreditmittel sei auch weiterhin notwendig. Zwar sei richtig, dass die Klägerin noch ihre dauernde Leistungsfähigkeit darstellen könne und nicht auf Mittel des Landesausgleichsstocks angewiesen sei. Darauf komme es aber nach der gesetzgeberischen Intention nicht an, da die Klägerin gemäß § 53 Abs. 1 ThürKO ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen habe, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert sei. Bei Kommunen, die auf Mittel des Landesausgleichsstocks angewiesen seien, sei die Erfüllung der Aufgaben regelmäßig gefährdet und gerade nicht mehr gesichert. Trotz der derzeit noch gegebenen dauernden Leistungsfähigkeit stelle die Klägerin keinen atypischen Fall dar, demzufolge sie auf die Refinanzierung durch Einmalbeiträge für abgeschlossene Straßenausbaumaßnahmen ausnahmsweise verzichten könne. Ohne Steuereinnahmen seit 1991 in einer Größenordnung von ca. 3.000.000,-- € sähe die wirtschaftliche Lage der Klägerin schlechter aus.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag. Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände), die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Aktenordner) sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Meiningen 1 E 639/01.Me und 1 E 66/02.Me, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid des Landratsamtes Schmalkalden-Meiningen vom 11.12.2000 hinsichtlich der im Berufungsverfahren angefochtenen Ziffer 1 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 17.07.2001 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Landratsamt Schmalkalden-Meiningen hat als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 118 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung - ThürKO - die Klägerin auf der Grundlage des § 120 Abs. 1 Satz 2 ThürKO zum Erlass einer Satzung über die Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge auffordern können, weil die Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes in der hier noch maßgeblichen Fassung der Neubekanntmachung vom 19.09.2000 (GVBl. S. 301) - ThürKAG a. F. - (nunmehr § 7 Abs. 1 Satz 3 ThürKAG in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung, GVBl. 2004, S. 889 - ThürKAG n. F. -) zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verpflichtet war und dieser Beitragserhebungspflicht nicht nachgekommen ist.

Während die Erhebung von Beiträgen für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen nach § 127 Abs. 1 BauGB als bindende Verpflichtung der Gemeinden ausgestaltet ist, steht die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Investitionsaufwandes für beitragsfähige Maßnahmen an öffentlichen Einrichtungen und kommunalen Straßen nach Maßgabe Thüringer Landesrechts grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Kommune (§ 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG). Für die Erweiterung und Verbesserung von Ortsstraßen bestimmt das ThürKAG seit Inkrafttreten der Ausgangsfassung des ThürKAG vom 07.08.1991 (GVBl. 329) in § 7 Abs. 1 Satz 5 ThürKAG a. F. (vormals § 7 Abs. 1 Satz 3 ThürKAG 1991; nunmehr § 7 Abs. 1 Satz 3 ThürKAG n. F.), dass hierfür Beiträge erhoben werden sollen, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem BauGB zu erheben sind.

Mit dieser Sollvorschrift schränkt der Thüringer Landesgesetzgeber im Straßenausbaubeitragsrecht spezialgesetzlich das Ermessen einer Kommune bei der Entscheidung über die Erhebung von Beiträgen aus § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG und den noch verbleibenden Gestaltungsspielraum aus den allgemeinen Grundsätzen kommunaler Haushaltsführung in §§ 53, 54 ThürKO ein und konzipiert eine grundsätzliche Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (vgl. ähnliche Regelungen in einigen anderen Bundesländern, z. B. Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayKAG; § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG NW; § 8 Abs. 1 Satz 2 BraKAG). Diese Pflicht ergibt sich nicht nur aus dem allgemeinen Verständnis einer Sollvorschrift, wonach "sollen" regelmäßig eine bestehende Verpflichtung umschreibt, von der nur in Ausnahmefällen, also in atypischen Situationen abgesehen werden kann (vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Auflage 2000, Rn. 11 zu § 7; BVerwG, Urteil vom 25.06.1975 - VIII C 77.74 - BVerwGE 49, 16 ff. [23]). Sie folgt für die Auslegung der landesrechtlichen Bestimmung ebenso aus der Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich aus der Gesetzesbegründung der Thüringer Landesregierung zum 1. KAG-ÄndG vom 28.06.1994 (LT-Drucks. 1, 3357) ergibt, mit dem landesrechtlich wiederkehrende Straßenausbaubeiträge eingeführt wurden:

Danach ist die Sollvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 3 ThürKAG (= § 7 Abs. 1 Satz 5 ThürKAG a. F.) unter Hinweis auf das Gebot der Einnahmeerhebung in § 35 Abs. 2 VKO bzw. § 54 Abs. 2 ThürKO grundsätzlich ebenso verbindlich wie eine Mussvorschrift. Der Hinweis auf die kommunalrechtlichen Grundsätze der Einnahmebeschaffung unterstreicht die schon kommunalhaushaltsrechtlich bestehende Verpflichtung einer Kommune, die für ihre Aufgabenerfüllung notwendigen Einnahmen soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für die von ihr gewährten Leistungen zu erwirtschaften (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO) und erst nachrangig aus Steuern (§ 54 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO) oder aus Kreditaufnahme (§ 54 Abs. 3 ThürKO) zu beschaffen. Zu den vorrangigen Entgelten für gewährte Leistungen gehören insbesondere Beiträge für öffentliche Einrichtungen, die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG als Gegenleistung für besondere Vorteile durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen erhoben werden. Während im Bereich leitungsgebundener Einrichtungen eine Entgelterhebung bis zur Änderung des ThürKAG zum 01.01.2005 nach dem pflichtgemäßen Ermessen der kommunalen Einrichtungsträger wahlweise über Beiträge und/oder Gebühren erfolgen konnte, ist eine Entgelterhebung im Bereich des Straßenausbaus nur über eine Beitragserhebung möglich, da Benutzungsgebühren ausscheiden. Aus dem Vorrang der Entgelterhebung vor allgemeinen Deckungsmitteln folgt daher schon kommunalhaushaltsrechtlich eine Beitragserhebungspflicht, von der nur ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn die Beitragserhebung im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO nicht vertretbar oder geboten ist. Hieran anknüpfend belässt auch die Sollvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 5 ThürKAG a. F. folgerichtig den Kommunen nur einen sehr eng begrenzten Ermessensspielraum, der ein Abweichen von der grundsätzlichen Pflicht zu Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nur unter atypischen Umständen und bei Einhaltung der kommunalrechtlichen Haushalts- und Einnahmebeschaffungsgrundsätze erlaubt (ebenso zur entsprechenden Rechtslage in anderen Bundesländern: OVG NW, Urteil vom 23.07.1991 - 15 A 1100/90 - KStZ 1992, 114; BayVGH, Urteil vom 10.03.1999 - 4 B 98.1349 - NVwZ 2000, 219; hierzu im Einzelnen auch Driehaus in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 32. Erg.Lfg., Rn. 14 ff. zu § 8).

Mit der landesgesetzlich normierten Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen korrespondiert, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Pflicht einer Kommune zum Erlass einer Ausbaubeitragssatzung, da Beiträge wie die übrigen Kommunalabgaben gemäß § 2 Abs. 1 ThürKAG nur auf Grund einer Satzung erhoben werden können (vgl. hierzu auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage 2004, Rn. 12 zu § 28 m. w . Nw.).

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin verletzt eine solche landesgesetzliche Beitragserhebungspflicht einschließlich der Pflicht zum Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung die Klägerin nicht in ihren Selbstverwaltungsrechten. Eine landesgesetzlich ausgestaltete, grundsätzlich bestehende Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die bindende Verpflichtung zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach § 127 Abs. 1 BauGB, denn das Recht auf kommunale Selbstverwaltung einschließlich der gewährleisteten finanziellen Eigenverantwortung aus Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 91 Abs. 1 ThürVerf steht unter Gesetzesvorbehalt, d. h. es unterliegt einer weitgehenden Ausformung durch staatliche Gesetze (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.12.1996 - 8 B 205.96 -, zitiert nach Juris). Gesetzliche Vorgaben für die Pflicht der Kommunen zur Erhebung bestimmter Entgelte wie Beiträge zum Ausgleich grundstücksbezogener Vorteile durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen oder Straßen dienen im Interesse der öffentlichen Haushalte und der Beitragsgerechtigkeit dazu, dass die Kommunen zur Finanzierung von kommunalen Leistungen gegenüber einem begünstigten Personenkreis nicht auf vorteilsgerechte Entgelte verzichten und diese über Steuermittel zu Lasten der Allgemeinheit finanzieren (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18.11.1977 - IV C 104.74 - DÖV 1978, 611; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.09.1998 - B 2 S 337/98 - LKV 1999, 233; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., Rn. 3 zu § 10; Rn. 8 zu § 28). Der gesetzlich festgelegte Vorrang spezieller Leistungsentgelte vor der Erhebung gemeindlicher Steuern verpflichtet die Kommunen zur Ausschöpfung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Abgabequellen. Ein Verzicht auf die Erhebung gesetzlich vorgesehener Entgelte ist also grundsätzlich unzulässig. Der Thüringer Gesetzgeber tritt damit vergleichbar der Intention der Gesetzgeber anderer Bundesländer einer Tendenz entgegen, möglichst viele Lasten der Allgemeinheit - d. h. dem Steuerzahler - aufzuerlegen und entspricht so zugleich der das gemeindliche Haushaltsrecht bindenden Forderung der Kommunalabgabengesetze nach der Erhebung kostendeckender Abgaben (vgl. OVG NW, Urteil vom 20.09.1979 - XV A 2589/78 - OVGE MüLü 34, 233). Damit unterstützt er zugleich die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen, die zur Verwirklichung ihres verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsrechts in der Lage sein müssen, den entstehenden Finanzbedarf für die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zunächst aus eigenen Mitteln zu decken. Indem die Bestimmungen des Art. 91 Abs. 1 und 2 ThürVerf den Gemeinden im Freistaat Thüringen in Übereinstimmung mit Art. 28 Abs. 2 GG das Recht der kommunalen Selbstverwaltung garantieren, weisen sie ihnen auch die Befugnis zur eigenverantwortlichen Erledigung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zu. Die Gewährleistung der gemeindlichen Selbstverwaltung um fasst gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung. Damit erwähnt die Verfassung nicht nur die auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gerichtete Finanzautonomie der Gemeinden als Bestandteil und Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, welche zusammen mit den weiteren Gemeindehoheiten die Basis dafür bildet, dass die Gebietskörperschaften überhaupt Angelegenheiten eigenverantwortlich wahrnehmen können und diesen vor allem eine Aufgabenbefugnis gewährt. In Übereinstimmung damit erstreckt sich auch die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht nur auf die Berechtigung zur autonomen Wahrnehmung eigener Sachaufgaben einschließlich ihrer Finanzierung, sondern umfasst auch den dabei entstehenden Finanzbedarf (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 21.06.2005 - 28/03 - m . w . Nw.). Mit der landesgesetzlich festgelegten grundsätzlichen Pflicht zur Erhebung von Entgelten für die von den Kommunen eigenverantwortlich erbrachten Leistungen schränkt der Thüringer Gesetzgeber zwar die Möglichkeiten der Gemeinde ein, auf finanzielle Gegenleistungen für erbrachte Leistungen verzichten zu können, sichert dadurch jedoch zugleich die finanzielle Ausstattung der Kommunen mit eigenen Mitteln für die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft. Der Gesetzgeber greift damit nicht unverhältnismäßig oder gar willkürlich in die Finanzhoheit der Kommunen ein. Überdies gewährleistet die landesgesetzliche Beitragserhebungspflicht eine landesweit möglichst gleichartige Behandlung der Grundstückseigentümer (Erbbauberechtigten oder dinglich Nutzungsberechtigten) in allen Gemeinden und trägt damit in einem übergeordneten öffentlichen Interesse zur Beitragsgerechtigkeit bei (so auch BVerwG zur Beitragserhebungspflicht im Erschließungsbeitragsrecht, Urteil vom 18.03.1988 - 8 C 92.87 - BVerwGE 79, 163).

Hiervon ausgehend sieht die Rechtsprechung und Literatur Ausnahmen von der grundsätzlichen Beitragserhebungspflicht nur in atypischen Situationen als gerechtfertigt an. Denkbar ist dies etwa dann, wenn der Verwaltungsaufwand für die Beitragserhebung die möglichen Beitragseinnahmen so wesentlich übersteigt, dass dadurch die tatsächliche Einsparung von Verwaltungskosten möglich ist (vgl. hierzu Driehaus in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 17 zu § 8), wenn die beitragsfähige Maßnahme einen so begrenzten wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger hat, dass dies eine Beitragserhebung im konkreten Fall als unsinnig erscheinen lässt (im Ergebnis offen gelassen vom OVG NW , Urteil vom 23.07.1991, a. a. O.), wenn der Erlass einer Beitragssatzung nicht geeignet wäre, rechtmäßig Beiträge für bereits durchgeführte Maßnahmen zu erheben (vgl. OVG NW, Urteil vom 23.08.1985 - 15 A 1904/84 - NVwZ 1985, 853) oder wenn die finanzielle Situation der Gemeinde so günstig ist, dass sie ohne Verletzung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze auf eine Beitragserhebung verzichten kann (hierzu etwa BayVGH, Urteil vom 10.03.1999 - 4 B 98.1349 - NVwZ 2000, 219; OVG NW, Urteil vom 20.09.1979 - XV A 2589/78 - OVG MüLü 34, 233).

Der Senat kann jedoch ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht feststellen, dass die Klägerin sich auf eine atypische Situation berufen könnte, die eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen rechtfertigen würde. Eine solche atypische Situation besteht weder auf Grund der Haushaltslage der Klägerin (1) noch wegen der von ihr geäußerten Absicht, statt einmaliger Beiträge wiederkehrende Straßenausbaubeiträge erheben zu wollen (2):

(1) Die Haushaltslage der Klägerin rechtfertigt es nicht, auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die in der Vergangenheit bereits durchgeführten Ausbaumaßnahmen zu verzichten. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die konkrete Höhe der Rücklagen oder die niedrige Verschuldensquote der Klägerin an. Eine atypische Situation, die entgegen der Sollvorschrift in § 7 Abs. 1 Satz 5 ThürKAG eine Ausnahme von der grundsätzlichen Beitragserhebungspflicht aus haushaltsrechtlichen Gründen begründen könnte, erfordert nach Maßgabe Thüringer Landesrechts, dass die betreffende Kommune die Grundsätze über die kommunale Einnahmebeschaffung in § 54 Abs. 2 und 3 ThürKO eingehalten hat und dennoch auf eine Abgabenerhebung verzichten kann, ohne dass Einbußen an ihrer stetigen Aufgabenerfüllung und Leistungsfähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 ThürKO zu befürchten wären (ähnlich auch OVG NW, Urteil vom 20.09.1979 - XV A 2589/78 - OVG MüLü 34, 233; BayVGH, Urteil vom 10.03.1999 - 4 B 98.1349 - NVwZ 2000, 219). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erhebung von Beiträgen generell und ungeachtet möglicher persönlicher oder sachlicher Härten vertretbar und geboten im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO ist, soweit sie spezialgesetzlich im ThürKAG vorgesehen ist. Denn die Erhebung von Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften gehört nach § 54 Abs. 1 ThürKO zu den Grundsätzen der Einnahmebeschaffung. Soweit eine Kommune durch eine Beitragserhebung sachliche oder persönliche Härten befürchtet, ist diesen nicht durch einen generellen Verzicht auf die Beitragserhebung zu begegnen, sondern ihnen ist ggf. durch einen Erlass entsprechend § 227 AO 1977 Rechnung zu tragen.

Von einer atypischen Haushaltssituation, die eine Ausnahme von der Beitragserhebungspflicht rechtfertigen könnte, kann bei der Klägerin weder zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgegangen werden: die Klägerin erzielt ihre Einnahmen seit Jahren zu einem nicht unerheblichen Teil aus der Erhebung kommunaler Steuern, insbesondere Gewerbesteuern. Ohne die Erhebung von Ausbaubeiträgen verlagert sie die Finanzierung der durchgeführten Straßenausbaumaßnahmen von den dadurch Begünstigten entgegen § 54 Abs. 2 Nr. 2 ThürKO auf die Allgemeinheit, insbesondere die Gewerbesteuerpflichtigen. Dieser Umstand und die noch laufenden Kreditverpflichtungen der Klägerin rechtfertigen es nicht, auf Beitragseinnahmen für durchgeführte Straßenausbaumaßnahmen zu verzichten, die nach den eigenen Angaben der Klägerin Einnahmen im Umfang von ca. 250.000,-- € ermöglichen und für die zukünftige Erfüllung freiwilliger und pflichtiger Aufgaben zu Gunsten aller Einwohner zur Verfügung stehen würden.

(2) Die von der Klägerin geäußerte Absicht, zukünftig eine Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge erlassen und Straßenausbaumaßnahmen im Sinne von § 7a ThürKAG über wiederkehrende Beiträge finanzieren zu wollen, steht der ihr von der Rechtsaufsichtbehörde auferlegten Verpflichtung zum Erlass einer einmaligen Straßenausbaubeitragssatzung ebenfalls nicht entgegen.

Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf das ihr landesrechtlich eingeräumte Ermessen beruft, den Ausbau von Ortsstraßen über einmalige Straßenausbaubeiträge gemäß § 7 ThürKAG oder über wiederkehrende Beiträge gemäß § 7a ThürKAG finanzieren zu können, beeinträchtigt die aufsichtsbehördliche Aufforderung zum Erlass einer einmaligen Ausbaubeitragssatzung die Ermessensausübung schon deshalb nicht, da die Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung von diesem Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Sie hat trotz der ihr obliegenden Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen und trotz der von ihr gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde bereits im Jahre 2000 angekündigten Absicht bisher keine Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge erlassen.

Es kommt auch nicht darauf an, ob die Rechtsaufsichtsbehörde im Falle einer von der Klägerin beschlossenen Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge diese Beschlussfassung mit dem Hinweis auf einen zuvor erforderlichen Erlass einer einmaligen Straßenausbaubeitragssatzung hätte beanstanden können oder ob eine solche Koppelung entsprechend den Hinweisen des Thüringer Innenministeriums rechtswidrig gewesen wäre. Denn die Klägerin hat bisher keine Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge beschlossen oder angezeigt, die von der Rechtsaufsichtsbehörde hätte beanstandet werden können.

Die Klägerin ist auch weder durch die aufsichtsbehördliche Aufforderung noch durch die inzwischen bereits im Wege der Ersatzvornahme von der Rechtsaufsichtsbehörde erlassene Straßenausbaubeitragssatzung gehindert, entsprechend dem ihr landesgesetzlich zustehenden Ermessen zukünftig eine Satzung über die Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge zu erlassen. Zur Vermeidung einer eventuellen Doppelbelastung der betroffenen Grundstückseigentümer oder anderer Rechtsinhaber durch eine einmalige und eine anschließende wiederkehrende Beitragserhebung sieht § 7a Abs. 7 ThürKAG satzungsrechtliche Überleitungsregelungen vor, die von der Klägerin zu berücksichtigen wären. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Zudem wäre die Rechtsaufsichtsbehörde selbst dann nicht daran gehindert gewesen, die Klägerin zum Erlass einer Satzung über die Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge aufzufordern, wenn die Klägerin inzwischen eine Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge erlassen hätte. Denn die in der Vergangenheit von der Klägerin bereits durchgeführten Straßenausbaumaßnahmen mit einem Gesamtkostenvolumen von ca. 1.000.000,-- € hätten nicht durch die Erhebung wiederkehrender Beiträge finanziert werden können, worauf bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Dabei kann offen bleiben, ob die Erhebung wiederkehrender Beiträge im Sinne von § 7a ThürKAG überhaupt als rechtmäßige Alternative zur Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge in Betracht kommt. Über die sich im Zusammenhang mit der landesrechtlichen Ausgestaltung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge stellenden verfassungsrechtlichen, einfachrechtlichen und tatsächlichen Problemstellungen (vgl. hierzu etwa Driehaus, ThürVBl. 1995, 7 ff.; Kraft-Zörcher, ThürVBl. 1999, 55 ff.) hat der Senat noch nicht entschieden. Der vorliegende Fall bietet für eine Klärung keine Veranlassung, weil die Klägerin selbst im Falle der Zulässigkeit einer Erhebung wiederkehrender Beiträge die von ihr in der Vergangenheit bereits durchgeführten Ausbaumaßnahmen nur über einmalige Straßenausbaubeiträge finanzieren könnte. Denn gemäß § 7a Abs. 2 Satz 1 ThürKAG sind bei der Ermittlung des Beitragssatzes für die wiederkehrenden Beiträge entweder die jährlichen Investitionsaufwendungen oder die im Durchschnitt der im Zeitraum bis zu 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen zu berücksichtigen. Beide Möglichkeiten können sich nur auf den künftigen, nach dem Inkrafttreten einer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für einen bestimmten Zeitraum zu erwartenden Investitionsaufwand beziehen (so schon VG Gera, Gerichtsbescheid vom 07.03.2000 - 5 K 769/97 GE -; VG Meiningen, Beschlüsse vom 18.01.2001 - 1 E 728/99.Me - ThürVGRspr. 2002, 110 und vom 02.02.2001 - 1 E 187/00.Me; ebenso auch die Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in Rheinland-Pfalz: OVG Rheinl.-Pf., Beschluss vom 23.11.1989 - 6 A 65/89 - KStZ 1990, 93). Dies schließt es aus, den bereits vor dem erstmaligen Inkrafttreten einer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge getätigten Investitionsaufwand für Straßenausbaumaßnahmen zukünftig über wiederkehrende Beiträge finanzieren zu können.

Die Klägerin wird durch die formell und materiell rechtmäßige Aufforderung der Rechtsaufsichtsbehörde zum Erlass einer einmaligen Straßenausbaubeitragssatzung nicht in ihren Rechten verletzt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entsprechend.

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 10.225,84 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 1 GKG (in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718). Die Klägerin hat sich im Rechtsmittelverfahren nur noch gegen die aufsichtsbehördliche Anordnung der Rechtsaufsichtsbehörde gewandt. Den Streitwert für ein kommunalaufsichtliches Hauptsacheverfahren bemisst der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht in Anlehnung an Abschnitt II, Ziff. 19.5 des sog. "Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (DVBl. 1996, S. 605 ff.) regelmäßig mit 20.000,-- DM (= 10.225,84 €). Der Streitwert in der Rechtsmittelinstanz wird nach § 47 Abs. 2 GKG durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszuges begrenzt, so dass der höhere Streitwert von 15.000,-- € entsprechend Abschnitt II, Ziffer 22.5 des aktuellen "Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Fassung 7/2004, NVwZ 2004, 1327 ff.) nicht maßgeblich ist.

Hinweis: Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m . § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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