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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 14 S 402/01
Rechtsgebiete: IHK-G


Vorschriften:

IHK-G § 3 Abs. 4
1. Die Pflichtmitgliedschaft des Inhabers einer Apotheke sowohl in der Industrie- und Handelskammer (IHK) als auch in der Landesapothekerkammer ist angesichts der Unterschiede in der Aufgabenstellung der beiden Kammern ebenso zulässig wie die daraus folgende doppelte Beitragspflicht.

2. Die in § 3 Abs. 4 Satz 2 IHK-G 1992 für den Fall der mehrfachen Beitragsbelastung vorgesehene pauschalierte Ermäßigung des IHK-Beitrags für Apothekeninhaber - Reduzierung der Bemessungsgrundlage auf ein Viertel des Gewerbeertrags oder Gewinns - liegt im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, die Bemessung des IHK-Beitrags allein am (regelmäßig niedrigeren) Ertrag aus dem Verkauf nicht apothekenpflichtiger Waren zu orientieren.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

14 S 402/01

In der Verwaltungsrechtssache

wegen IHK-Beitrags

hat der 14. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schnebelt, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Brandt und den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Treiber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2000 - 4 K 4756/99 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber einer Apotheke im Zuständigkeitsbereich der Beklagten; er wendet sich gegen einen Beitragsbescheid.

Mit Bescheid der Beklagten vom 6.5.1999 wurde der Kläger für die Jahre 1995 und 1996 zu Beiträgen in Höhe von 413,27 DM (Grundbeitrag: 155,-- DM; Umlagebeitrag: 258,72 DM) bzw. 388,48 DM (Grundbeitrag: 160,-- DM; Umlagebeitrag: 228,48 DM) herangezogen; den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.9.1999, zugestellt am 27.9.1999, zurück.

Am 26.10.1999 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und dabei Einwände gegen die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten und die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Beitragsveranlagung geltend gemacht.

Mit Urteil vom 29.9.2000 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei - als Voraussetzung der Beitragspflicht nach § 3 Abs. 2 IHK-G - gemäß § 2 Abs. 1 IHK-G Pflichtmitglied der Beklagten, denn er betreibe als selbständiger Apotheker ein Handelsgewerbe und sei gewerbesteuerpflichtig; dem stehe nicht entgegen, dass der Apothekerberuf zu den höheren freien Berufen des Gesundheitswesens zähle. Gegen die Pflichtmitgliedschaft bestünden nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte keine verfassungsrechtlichen Bedenken; dies gelte auch unter Berücksichtigung der gleichzeitigen Mitgliedschaft des Klägers in der Landesapothekerkammer. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Vergleich zu anderen Gewerbetreibenden ohne Doppelzugehörigkeit liege hierin nicht, denn beide Kammern erfüllten unterschiedliche Aufgaben; während die Apothekerkammer als öffentliche Berufsvertretung aller bestallten oder approbierten Apotheker lediglich die beruflichen Interessen ihrer Mitglieder vertrete, obliege der Beklagten die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen aller Gewerbetreibenden. Die an die Kammerzugehörigkeit anknüpfende Beitragspflicht setze nicht voraus, dass sich der Nutzen der Tätigkeit der Beklagten beim Kläger in einem unmittelbar wirtschaftlichen Vorteil messbar niederschlage. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber der beitragsmäßigen Mehrbelastung der Apothekeninhaber durch die Doppelzugehörigkeit in zwei Kammern durch die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 2 IHK-G (i.d.F. des Gesetzes vom 23.7.1998, BGBl. I, 1887) Rechnung trage; danach würden Inhaber einer Apotheke lediglich mit einem Viertel ihres Gewerbeertrags/Gewinns zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Es verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHK-G bei anderen einer weiteren berufsständischen Kammer angehörigen Freiberuflern oder Landwirten nur ein Zehntel der in § 3 Abs. 4 Satz 2 IHK-G genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zugrundegelegt werde. Denn dies sei deswegen gerechtfertigt, weil die Apotheker mit dem Verkauf fertiger Produkte einen erheblich höheren Anteil an Einkünften gewerblicher Art hätten als andere Freiberufler; Apotheker seien zwar Angehörige eines freien Gesundheitsberufs, zugleich jedoch auch Kaufleute. Schließlich bestünden auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Höhe der festgesetzten Beiträge; insbesondere trage die Staffelung des Grundbeitrags der unterschiedlichen Leistungskraft der Kammerzugehörigen hinreichend Rechnung.

Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 12.2.2001 - 14 S 2722/00 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten sei verfassungswidrig; sie verstoße gegen die negative Vereinigungsfreiheit. Jedenfalls werde er übermäßig belastet, weil er bereits durch die Apothekerkammer repräsentiert werde; die Aufgaben beider Kammern seien insoweit deckungsgleich, als die Apothekerkammer nicht nur eine Interessenvertretung der Apotheker sei, sondern zugleich das Gesamtinteresse der Volkswirtschaft im Blick habe. Die Beitragserhebung verstoße des weiteren gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da die Apotheker, die ungeachtet der steuerrechtlichen Einordnung Angehörige eines freien Berufes seien, durch § 3 Abs. 4 Satz 3 IHK-G gegenüber anderen Freiberuflern benachteiligt würden. Die in § 3 Abs. 4 Satz 2 IHK-G normierte Beitragsprivilegierung müsse sich am Anteil von Einkünften gewerblicher Art ausrichten; aus den Umsatzzahlen ergebe sich indessen, dass die Apotheker vorrangig Freiberufler seien. Der Umsatz eines Apothekers resultiere zu ca. 92 % aus dem Verkauf und der Herstellung apothekenpflichtiger Arzneimittel, während der Umsatz des apothekenüblichen Ergänzungssortiments bei 3 %, der für Krankenpflegemittel bei 3,5 % und der für frei verkäufliche Arzneimittel bei 1,5 % liege. Der größte Teil des Verkaufs sei demnach geprägt von der Zusatzleistung, nämlich der Beratung und Sachkenntnis des Apothekers über Wirkstoffe und deren Anwendung, die ihn gerade von einem reinen Gewerbetreibenden abgrenzten. Die Beitragsbelastung sei auch unverhältnismäßig, weil ein größerer Vorteil aus der Doppelmitgliedschaft bei den Apothekern nicht festgestellt werden könne. Schließlich sei die Vergünstigung nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHK-G auf solche Kammerzugehörige zu beschränken, die nur zu einem geringen Anteil gewerblich tätig seien; eine entsprechende Regelung fehle in der Beitragsordnung und Haushaltssatzung der Beklagten, was zur Rechtswidrigkeit dieser Vorschriften führe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2000 - 4 K 4756/99 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 6. Mai 1999 und deren Widerspruchsbescheid vom 23. September 1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt insbesondere vor, dass bei der Beitragsprivilegierung der Freiberufler eine Typisierung und Pauschalierung zulässig sei; es sei nicht vom Äquivalenz- und Gleichheitsgrundsatz geboten, dass sie für jede einzelne Apotheke einen individuellen Beitragssatz berechne. Auch wenn gemäß dem Vorbringen des Klägers wie bei anderen Freiberuflern nur ein Umsatzanteil von 10 % bei der Beitragsbemessung zugrundegelegt würde, ergäbe sich nur ein - in absoluten Zahlen - geringfügig niedriger Betrag; eine übermäßige Belastung des Klägers liege demnach nicht vor.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Beitragsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18.12.1956 (BGBl. I, 920), hier anzuwenden i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I, 2133) und von Art. 4 des Gesetzes vom 23.11.1994 (BGBl. I, 3475) - IHK-G 1992 - i.V.m. der nach § 4 IHK-G erlassenen Beitragsordnung der Beklagten vom 14.12.1993 und deren Haushaltssatzung für 1995 vom 13.12.1994 und für 1996 vom 12.12.1995.

Im Beitragsbescheid wird als Rechtsgrundlage zwar neben dem IHK-G "in der jeweiligen Fassung" die Beitragsordnung der Beklagten vom 15.12.1998 benannt, und im Widerspruchsbescheid wird - anders als im Ausgangsbescheid - auf die Haushaltssatzung 1999 Bezug genommen. Dabei handelt es sich jedoch um eine rechtlich unschädliche fehlerhafte Bezeichnung der einschlägigen Rechtsgrundlagen; auch das Verwaltungsgericht und die Beteiligten haben diese allerdings verkannt, indem sie insbesondere auf die Regelungen in § 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 IHK-G i.d.F. des Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 23.7.1998 (BGB. I, 1887) abstellen.

Die Beitragsordnung der Beklagten vom 15.12.1998, die die Änderungen des Beitragsrechts durch die Gesetzesnovelle vom 23.7.1998 umsetzt und wie dieses (vgl. Art. 2 des Gesetzes) am 1.1.1999 in Kraft getreten ist (§ 22 Satz 1 BeitrO), beansprucht für die Festsetzung von - wie hier - Beiträgen aus Haushaltsjahren vor dem 1.1.1999 keine Geltung; vielmehr gilt gemäß § 22 Satz 3 BeitrO insoweit die Beitragsordnung in der vor dem 1.1.1999 geltenden Fassung. Damit zeichnet die Beitragsordnung insoweit lediglich die Rechtslage nach; denn in gleicher Weise wie bei Veranlagungssteuern gilt auch für periodisch jeweils auf bestimmte Zeiträume bezogene Beiträge der Grundsatz, dass für ein Beitragsjahr jeweils die in diesem Jahr gültigen Vorschriften zugrunde zu legen sind (vgl. hierzu Klein/Gast-de Haan, AO, 6. Aufl. 1998 § 370 Anm. 2; Jahn, BB 1999, 7). Abweichendes ergibt sich nicht etwa daraus, dass im Änderungsgesetz vom 23.7.1998 eine dem Änderungsgesetz vom 21.12.1992 in Art. 2 Nr. 6 (§ 13a Abs. 2 IHK-G) beigefügte Übergangsregelung fehlt; denn diese bezieht sich nur auf die sogenannte Vergangenheitsveranlagung und legt hierzu fest, dass bei vom Beitragsjahr abweichenden Bemessungsjahren auch insoweit auf die im Bemessungsjahr geltende Vorschrift abzustellen ist (vgl. hierzu Jahn, GewArch 1993, 129 <134 f.>; Frentzel/Jäkel/Junge, IHK-G, Kommentar, 6. Aufl. 1999, § 13a RdNr. 2).

Nach § 3 Abs. 2 IHK-G werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern unter anderem durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufgebracht. Der Kläger ist nach § 2 Abs. 1 IHK-G kammerzugehörig, denn er wird im Sinne des Gesetzes zur Gewerbesteuer veranlagt; hierzu reicht es aus, dass er der Gewerbesteuerpflicht unterliegt (vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 2 RdNr. 37 ff. m.N.). Dies ist bei einem Inhaber einer Apotheke, der nach gefestigter - und verfassungsrechtlich nicht beanstandeter - steuerrechtlicher Rechtsprechung ein gewerbliches Unternehmen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. §15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG betreibt und keinen freien Beruf im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ausübt, der Fall (vgl. hierzu nur BFH, Beschluss vom 14.1.1998 - IV B 48/97 - BB 1998, 777 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; BVerfG, Kammerbeschluss vom 4.3.1996 - 2 BvR 1486/92 -; vom 5.5.1998 - 1 BvR 450/98 -). Die Berufung auf § 2 Abs. 2 IHK-G, der unter anderem natürliche Personen von der Kammerzugehörigkeit ausnimmt, soweit sie ausschließlich einen freien Beruf ausüben, ist dem Kläger schon wegen der steuerrechtlichen Einstufung versagt (vgl. hierzu Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 2 RdNr. 94 m.N.). Im Übrigen ist er nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten ins Handelsregister eingetragen, so dass auch deswegen eine Abweichung von § 2 Abs. 1 IHK-G nicht in Betracht kommt.

Die Pflichtmitgliedschaft in der IHK und die hieran anknüpfende Beitragspflicht verstößt nicht gegen Verfassungsrecht; dies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 21.7.1998 - 1 C 32.97 -, BVerwGE 107, 169) geklärt und bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Vertiefung.

Auch die Doppelmitgliedschaft des Klägers in der IHK einerseits, der Apothekerkammer andererseits, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (siehe hierzu allgemein Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 2 RdNr. 10 ff.; Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 110 f.). Zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass das als Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit einer Pflichtmitgliedschaft in öffentlich-rechtlichen Körperschaften einschlägige Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG auch davor schützt, von "unnötigen" Körperschaften in Anspruch genommen zu werden; die Pflichtmitgliedschaft muss folglich für die Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben erforderlich sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.7.1998 - 1 C 32.97 -, BVerwGE 107, 169 <173> m.w.N.). Die Erforderlichkeit der Mitgliedschaft in der IHK kann der Kläger - ungeachtet eines etwa aus Art. 31 GG abzuleitenden Vorrangs der bundesrechtlich geregelten Mitgliedschaft in der IHK (siehe hierzu VG Würzburg, Urteil vom 8.3.1995 - W 10 K 94.1068 -, GewArch 1995, 293) - nicht mit dem Argument in Frage stellen, dass der der IHK zugewiesene Aufgabenbereich zugleich von der Apothekerkammer abgedeckt werde. Für die Behauptung des Klägers, die Aufgabenbereiche der Apothekerkammer als berufsständischer Kammer und der IHK als gewerbeübergreifender wirtschaftsständischer Kammer seien insoweit deckungsgleich, gibt es in den entsprechenden Gesetzen keinen Anhaltspunkt. Vielmehr soll nach §§ 1 Nr. 4, 4 Abs. 1 des Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung, die Berufspflichten, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten (Heilberufe-Kammergesetz - HeilBKG -) i.d.F. des Gesetzes vom 16.3.1995 (GBl. S. 314) die Apothekerkammer die Berufs- und Standesinteressen der Apotheker in der dort in Satz 1 umschriebenen, weit gefächerten Art und Weise wahren. Auch soweit die Apotheker als Teilnehmer am Wirtschaftsleben betroffen sind, hat die Kammer jeweils nur deren spezifische Belange im Blick und bildet folglich auch in dieser Hinsicht eine reine Berufsorganisation; nur vor dem Hintergrund dieser Beschränkung des Aufgabenbereichs ist im Übrigen die Kammermitgliedschaft von im öffentlichen Dienst beschäftigten Apothekern gerechtfertigt. Demgegenüber ist den Industrie- und Handelskammern nach § 1 Abs. 1 IHK-G die Aufgabe übertragen, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden wahrzunehmen. Diese unterschiedliche Aufgabenstellung rechtfertigt eine Doppelmitgliedschaft (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17.6.1998 - 14 S 38/98 -, GewArch 1999, 66 <67>; OVG NRW, Urteil vom 24.2.1997 - 25 A 2531.94 -, GewArch 1997, 200 <201>).

Zu Unrecht rügt der Kläger schließlich eine übermäßige und gleichheitswidrige Belastung durch die Höhe der Beitragspflicht; schon das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil im Ergebnis zutreffend dargelegt, dass angesichts der Beitragsentlastung nach § 3 Abs. 4 Satz 2 IHK-G 1992 dieser Einwand nicht verfängt.

Eine übermäßige Belastung des Klägers kann allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits mit Blick auf die geringe absolute Höhe der Beitragsschuld - insbesondere in Relation zum Gewerbeertrag - verneint werden. Denn im Gegensatz zur Überprüfung steuerrechtlicher Regelungen, die ihre verfassungsrechtlichen Grenzen gegebenenfalls erst bei einer erdrosselnden Wirkung der auferlegten Geldleistungspflicht finden (siehe BVerfG, Urteil vom 22.5.1963 - 1 BvR 78/56 -, BVerfGE 16, 147 <161>; Beschluss vom 31.5.1988 - 1 BvL 22/85 -, BVerfGE 78, 232 <242>; Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267 <300>), kann sich das Übermaß einer finanziellen Belastung vor dem Hintergrund des beitragsrechtlichen Äquivalenzprinzips auch aus dem Vergleich mit der Beitragsbelastung anderer Personen ergeben.

Nach dem Äquivalenzprinzip, der beitragsrechtlichen Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, darf die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollen, und einzelne Mitglieder dürfen nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden. Der Beitrag zu der IHK ist eine Gegenleistung für den Vorteil, den das Mitglied aus der Kammertätigkeit zieht; dieser besteht insbesondere darin, dass die Kammer die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben erfüllt. Im Rahmen eines vorteilsbezogenen Maßstabs, der hier nicht einen unmittelbar messbaren wirtschaftlichen Vorteil ausgleicht, ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Bemessung des Beitrags auf die Höhe der beruflichen Einkünfte abgestellt wird; denn bei der zulässigen typisierenden Betrachtung führt dies zu einer ausreichenden Entsprechung zwischen Beitragshöhe und Vorteil. Jedoch trifft dies nur auf solche Einnahmen zu, die in vergleichbarer Weise den Schluss auf einen entsprechenden Nutzen aus der Mitgliedschaft zulassen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26.1.1993 - 1 C 33.89 -, BVerwGE 92, 24 <27>).

Für den Fall der Doppelmitgliedschaft in zwei Kammern folgt hieraus, dass die Auferlegung von Beiträgen für beide Kammern grundsätzlich nur in dem Maße unbedenklich ist, als bei der Beitragsveranlagung jeweils nur der für die betreffende Kammer spezifische Teil der ausgeübten Tätigkeiten berücksichtigt wird (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 17.7.1995 - 14 S 1872/94 -; Senatsurteil vom 16.7.1998 - 14 S 38/98 -, GewArch 1999, 66 <67>; BGH, Beschluss vom 25.1.1999 - AnwZ (B) 48/98 -, NJW 1999, 1402). Gegen diese rechtliche Vorgaben verstößt die Bestimmung des § 3 Abs. 4 Satz 2 IHK-G 1992 nicht. Der Kläger ist der Ansicht, dass nur der von ihm - im Anschluss an die Zahlenangaben bei Zuck/Lenz, Der Apotheker in seiner Apotheke, Zur verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Zulässigkeit des Fremd- und Mehrbesitzverbots bei Apotheken, 1999, S. 59 f. (siehe aber auch die Angaben in BVerfG, Beschluss vom 22.5.1996 - 1 BvR 744/88 - u.a., BVerfGE 94, 372 <374>) - auf 8 % bezifferte Umsatzanteil, der auf nicht apothekenpflichtige Waren (freiverkäufliche Arzneimittel und Waren des sogenannten Randsortiments nach § 25 der Apothekenbetriebsordnung) entfalle, der Beitragsveranlagung bei der Beklagten zugrunde gelegt werden könne, während der verbleibende Umsatz in Höhe von 92 % aus apothekenpflichtigen Arzneimitteln nur beim Beitrag zur Apothekerkammer in Ansatz gebracht werden dürfe; demnach seien die bei Berücksichtigung der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers hinnehmbaren Toleranzen bei weitem überschritten. Mit dieser Argumentation verkennt der Kläger indessen die rechtliche Einordnung der Tätigkeit des Apothekers. Dieser übt zwar in dem durch seine besonderen Qualifikationen geprägten Tätigkeitsfeld einen freien Beruf aus; dies schließt jedoch in seinem Fall die Einstufung als zugleich gewerbliche Tätigkeit nicht aus (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 22.5.1996 - 1 BvR 744/88 - u.a., BVerfGE 94, 372 <375, 391>).

Nach allgemeiner Auffassung nimmt der Gewerbebegriff - in vergleichbarer Weise wie das Handelsrecht (siehe hierzu Henssler, ZHR 161 <1997> 13 <24 ff.>) - den freien Beruf von seiner Geltung aus (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 1.7.1987 - 1 C 25.85 -, BVerwGE 78, 6 <8>); Überschneidungen sind hiervon ausgehend grundsätzlich nicht möglich. Diese strikte Trennung kann aber nur für Berufe gelten, die in eindeutiger Weise die hergebrachten Begriffsmerkmale des freien Berufs erfüllen. Dieser wird zum einen durch die freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeit höherer Art, zum anderen - hier allein einschlägig - durch die persönliche Dienstleistung höherer Art, die eine höhere Bildung erfordert, charakterisiert. Solche persönlichen Dienstleistungen höherer Art, z.B. durch eine intensive Beratung über Wirkungsweise und Anwendung eines Arzneimittels, prägen die Tätigkeit des Apothekers, auch was die Abgabe apothekenpflichtiger, insbesondere verschreibungspflichtiger, Waren angeht, indessen - jedenfalls im weit überwiegenden Teil der Fälle - nicht. Vielmehr steht der Verkauf der zum größten Teil vorgefertigten Arzneimittel im Vordergrund; insoweit unterscheidet sich der Betrieb einer Apotheke nicht grundsätzlich von dem eines sonstigen Einzelhändlers. Auf den so begründeten gewerblichen Charakter des Betriebs einer Apotheke stellt auch das Änderungsgesetz vom 23.7.1998 ab, wenn dort (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT-Drs. 13/9975, S. 9) auf den "Verkauf fertiger Produkte" verwiesen wird. Der besonderen Verantwortung des Apothekers für einen im Interesse der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kundigen und vertrauenswürdigen Umgang mit Arzneimitteln wird indessen durch Vorschriften über Ausbildung, Zulassung und Beachtung der Berufspflichten Rechnung getragen, die für einen freien Beruf typisch sind. Somit verbinden sich im Berufsbild des Apothekers gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit (vgl. Friauf, GewO, § 1 RdNr. 104; Marcks in: Landmann/Rohmer, GewO, § 14 RdNr. 27). Dies hat das Bundesverfassungsgericht schon frühzeitig im Rahmen seiner Rechtsprechung zu der - weit auszulegenden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.2.1996 - 2 BvL 5/73 -, BVerfGE 41, 344 <352>) - Kompetenzbestimmung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG betont und klargestellt, dass sich der freie Beruf und die gewerbliche Tätigkeit nicht immer ausschließen, da es nämlich sowohl gewerbliche wie nicht gewerbliche freie Berufe des Gesundheitswesens gebe, wobei der Apotheker zu den ersteren gehöre; vom Beruf des Arztes unterscheide ihn die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, während der Arzt persönliche Dienstleistungen höherer Art darbiete und deshalb einen nicht gewerblichen freien Beruf ausübe (siehe Urteil vom 30.5.1956 - 1 BvF 3/53 -, BVerfGE 5, 25 <29 f.>; siehe auch Urteil vom 11.6.1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377 <387>; a.A. von Mangoldt/Klein/Pestalozza, Das Bonner Grundgesetz, Band 8, 3. Aufl. 1996, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 RdNrn. 583 ff.; Art. 74 Abs. 1 Nr. 19, RdNr. 1319, der allerdings einen Wandel des Berufsbildes hin zum Heilgewerbe als möglich erachtet; siehe im Übrigen BFH, Beschluss vom 14.1.1998 - IV B 48/97 -, BB 1998, 777 m.w.N.). Die doppelte Pflichtmitgliedschaft des Apothekers in der Apothekerkammer einerseits und in der Industrie- und Handelskammer andererseits beruht demnach gerade in dem Tätigkeitsfeld, in dem er nicht im Wettbewerb zu sonstigen Einzelhändlern steht, auf ein und derselben Tätigkeit (so bereits Senatsbeschluss vom 17.7.1995 - 14 S 1872/94 -); eine an abgegrenzte Tätigkeitsbereiche anknüpfende Aufspaltung des Umsatzes und in dessen Folge des Gewerbeertrags bzw. -gewinns, um diese so in objektivierter Weise zur Grundlage der Beitragsbemessung in der einen oder in der anderen Kammer zu machen, ist demnach nicht möglich. Wenn der Gesetzgeber angesichts dieser Sachlage im Interesse einer Beitragsentlastung den "gewerblichen Anteil" der Bemessungsgrundlage im Wege einer Pauschalierung auf den - zugegebenermaßen "gegrif- fenen" - Wert von einem Viertel ansetzt, ist dagegen von Rechts wegen nichts zu erinnern.

Soweit der Kläger letztlich einen Gleichheitsverstoß durch die Beitragsveranlagung der Mitglieder anderer freier Berufe mit nur einem Zehntel der Bemessungsgrundlage nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHK-G i.d.F. des Gesetzes vom 23.7.1998 rügt, bedarf dies keiner näheren Erörterung; denn diese Vorschrift ist, wie oben dargelegt, im vorliegenden Rechtsstreit nicht einschlägig. Die Beitragsordnung vom 14.12.1993 enthält für diese Fälle der Doppelmitgliedschaft keine ausdrückliche Regelung; ob die Beklagte insofern nach den oben dargestellten, in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vorgegangen ist, kann dahinstehen; denn selbst wenn die Beklagte unter Abweichung von jenen rechtlichen Vorgaben eine Beitragsentlastung nicht gewährt haben sollte, machte dies die Beitragsveranlagung dem Kläger gegenüber nicht rechtswidrig.

Weitere Einwände gegen die Höhe des Beitrags hat der Kläger nicht vorgebracht; solche sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.

Beschluss vom 28. Juni 2001

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 13 Abs. 2, 14, 25 Abs. 2 GKG auf 802,20 DM festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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