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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 04.11.2009
Aktenzeichen: 2 S 1396/09
Rechtsgebiete: KAG, BauGB


Vorschriften:

KAG § 20 Abs. 1 Satz 1
BauGB § 35
Auch Grundstücke im Außenbereich können der Beitragspflicht unterliegen, sofern - und soweit - auf ihnen vorhandene Baulichkeiten an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind und damit die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Der die Beitragserhebung rechtfertigende Vorteil ist in diesen Fällen nicht in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, sondern in der Inanspruchnahme der Leistungen der Einrichtung selbst zu sehen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

2 S 1396/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abwasserbeitrag;

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 4. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. April 2009 - 2 K 1507/07 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 46.805 € festgesetzt.

Gründe:

Der auf die in § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 5 VwGO genannten Zulassungsgründe gestützte Antrag hat keinen Erfolg.

1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

a) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei berechtigt, von der Klägerin einen Abwasserbeitrag zu erheben, da die veranlagten Grundstücksteilflächen an die Abwasserbeseitigungseinrichtung der Beklagten angeschlossen seien. Die Klägerin habe durch den Anschluss des Grundstücks Flst.Nr. xxxx einen beitragsrechtlich relevanten Vorteil erhalten, auch wenn das Grundstück zu diesem Zeitpunkt bereits bebaut gewesen sei. Gegen diese Auffassung wendet sich die Klägerin im Ergebnis ohne Erfolg.

Nach § 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Abwasserbeiträgen vom 17.12.2002 in der Fassung der Änderungssatzung vom 17.2.2004 (Abwasserbeitragssatzung - AbwBS) unterliegen der Beitragspflicht zum einen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, wenn sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können (Satz 1), und zum anderen erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Stadt zur Bebauung anstehen (Satz 2). Des Weiteren sind nach § 2 Abs. 2 AbwBS Grundstücke, die an die öffentlichen Abwasseranlagen tatsächlich angeschlossen werden, auch dann beitragspflichtig, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind. Die Beitragsschuld entsteht in den Fällen des § 2 Abs. 1 AbwBS, sobald das Grundstück an den öffentlichen Kanal angeschlossen werden kann (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 AbwBS) in den Fällen des § 2 Abs. 2 AbwBS entsteht sie mit dem Anschluss, frühestens jedoch mit dessen Genehmigung (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 AbwBS).

An der Beitragspflicht der Klägerin ist danach nicht zu zweifeln. Das der Klägerin gehörende Grundstück Flst.Nr. xxxx ist mit einem aus einem Wohnhaus sowie mehreren landwirtschaftlich genutzten Gebäuden bestehenden "Hofgut" sowie einem weiteren Wohnhaus ("xxxxxxxxxx") bebaut und ist seit geraumer Zeit über eine Stichleitung an den im xxxxxxxxx liegenden öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen. Die Genehmigung des Anschlusses wurde der Klägerin auf deren - im Zusammenhang mit dem seinerzeit geplanten Anbau einer Schwimmhalle auf dem Grundstück Flst.Nr. xxxxxxxx gestellten - Antrag am 13.2.1991 erteilt. Mit der Herstellung dieses Anschlusses sind die veranlagten Teilflächen des Grundstücks gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 AbwBS beitragspflichtig geworden.

Die Klägerin wendet hiergegen zu Unrecht ein, dass ihr durch den tatsächlichen Anschluss des Grundstücks kein Vorteil entstanden sei, der durch die Erhebung eines Beitrags abgeschöpft werden könne, da das Grundstück im Außenbereich liege und die auf dem Grundstück vorhandene Bebauung bereits vor dem Anschluss existiert habe. Das Verwaltungsgericht hat zu diesem Einwand unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt, der die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigende Vorteil bestehe in der Gewährleistung oder Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts eines Grundstücks, der wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit abhänge. Baulich nutzbar sei ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehöre. Für bebaubare sowie für bebaute Grundstücke sei der durch die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung entstehende Vorteil dementsprechend in der Gewährleistung ihrer Baulandqualität zu sehen.

Wie der Klägerin zuzugeben ist, reicht das unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen als Begründung für das Vorliegen eines Vorteils nicht aus. Das Verwaltungsgericht hat zwar die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze korrekt wieder gegeben. Es hat dabei jedoch übersehen, dass diese Grundsätze sich nur auf Grundstücke beziehen, die sich im Bauland befinden und daher grundsätzlich bebaubar sind. Grundstücke im Außenbereich dürfen grundsätzlich nicht bebaut werden und gehören daher - selbst wenn sie bebaut sind - nicht zum Bauland (BVerwG, Urt. v. 14.2.1986 - 8 C 115.84 - NVwZ 1986, 568). Die bloße Möglichkeit des Anschlusses bedeutet deshalb bei diesen Grundstücken keinen die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigenden Vorteil. Das gilt auch für bebaute Grundstücke, da § 35 BauGB keine Gewähr dafür bietet, dass das Grundstück nach einer Beseitigung der vorhandenen Bebauung erneut baulich genutzt werden darf. Auch eine über die vorhandene Bebauung hinausgehende bauliche Nutzung des Grundstücks hat sich an den einengenden Regelungen des § 35 BauGB messen zu lassen.

Mit den vom Verwaltungsgericht aus der Rechtsprechung des Senats zitierten Grundsätzen lässt sich daher das Vorliegen eines Vorteils für das im Außenbereich gelegene Grundstück der Klägerin nicht begründen. Auf das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis ist das jedoch ohne Einfluss, da auch Grundstücke im Außenbereich nach Maßgabe der in der Beitragssatzung getroffenen Regelungen der Beitragspflicht unterliegen können, sofern - und soweit - auf ihnen vorhandene Baulichkeiten an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind und damit die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.4.2005 - 15 A 2667/02 - Juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 2.2.2005 - 8 A 11150/04 - NVwZ 2005, 1448; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 23.7.2003 - 1 M 87/03 - Juris; Klausing, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 8 Rn. 1032 und Rn. 1055). Der die Beitragserhebung rechtfertigende Vorteil ist in diesen Fällen nicht in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, sondern in der Inanspruchnahme der Leistungen der Einrichtung selbst zu sehen. Dem steht nicht entgegen, dass Beiträge im Unterschied zu Gebühren unabhängig von der tatsächlichen Benutzung oder Inanspruchnahme der jeweiligen öffentlichen Einrichtung erhoben werden und § 20 Abs. 1 S. 1 KAG dementsprechend bestimmt, dass Anschlussbeiträge von denjenigen Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihrer Grundstücke an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden. Das Wesen eines Beitrags wird bestimmt durch den Gedanken der Gegenleistung (BVerfG, Beschl. v. 20.5.1959 - 1 BvL 7/58 - BVerfGE 9, 291, 299). Das Gemeinwesen stellt eine öffentlichen Einrichtung zur Verfügung und derjenige, der davon einen tatsächlichen Nutzen hat, soll durch eine einmalige Abgabe zu den Kosten der Einrichtung beitragen (Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 8 Rn. 9). Das Vorliegen eines solchen Nutzens ist offenkundig, sofern die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden. Das wird auch von § 20 Abs. 1 S. 1 KAG nicht in Frage gestellt. Daraus, dass diese Vorschrift eine Beitragserhebung bereits dann gestattet, wenn einem Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit des Anschlusses seines Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden, kann daher nicht gefolgert werden, dass in Fällen, in denen die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden, eine Beitragspflicht nicht besteht. Der in § 20 Abs. 1 S. 1 KAG genannten Möglichkeit des Anschlusses steht vielmehr ein tatsächlicher hergestellter Anschluss gleich.

Die Beitragspflicht der Klägerin ist ferner nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin zur Herstellung des Anschlusses ihres Grundstücks eine nach ihrer Darstellung über 500 m lange Leitung legen lassen musste, deren Kosten mit mehr als 1.000.000 DM angegeben werden.

Nach § 11 AbwS sind die Eigentümer bebauter und unbebauter Grundstücke im öffentlichen Interesse verpflichtet, im Zuge der Erschließung von Grundstücken rechtzeitig einen Grundstücksanschluss auf ihre Kosten herstellen zu lassen. Der Anspruch der Beklagten auf die Entrichtung eines Abwasserbeitrags bleibt von dieser Regelungen unberührt (vgl. den Beschluss des Senats vom 7.9.2009 - 2 S 709/09 - Juris). Die Erhebung eines Abwasserbeitrags dient nach § 1 AbwBS zur teilweisen Deckung des Aufwands der Beklagten für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der öffentlichen Abwasseranlagen, zu denen nach § 2 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (u.a.) die öffentlichen Kanäle, Regenrückhaltebecken, Regenüberlauf- und Regenklärbecken, Abwasserpumpwerke und Klärwerke, nicht aber die Grundstücksanschlüsse gehören. Der Umstand, dass die Klägerin zur Herstellung eines Anschlusses ihres Grundstücks eine private Leitung legen lassen musste, ist dementsprechend ohne Einfluss auf den Beitragsanspruch der Beklagten. Der mit der Herstellung dieses Anschlusses verbundene besondere Kostenaufwand ändert daran nichts.

Entgegen der Ansicht der Klägerin gilt dies auch dann, wenn der ihr entstandene Aufwand die Kosten übersteigen sollte, die einem Eigentümer im Rahmen der Frage, ob er die Möglichkeit hat, sein Grundstück an die öffentlichen Abwasseranlage anzuschließen, noch als zumutbar anzusehen sind. Auf die Frage, ob zwischen den der Klägerin entstandenen Kosten und der Nutzbarkeit ihres Grundstücks ein - wie die Klägerin es nennt - krasses Missverhältnis besteht, kommt es deshalb nicht an. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Grundstück an eine leitungsgebundene Einrichtung angeschlossen werden, wenn es durch eine Ver- oder Entsorgungsleitung erschlossen wird, d.h. nahe genug bei der öffentlichen Einrichtung liegt, um unter gewöhnlichen Umständen an diese angeschlossen werden zu können (Urt. v. 26.3.1998 - 2 S 830/95 - BWGZ 1999, 479). Maßgebend hierfür sind die örtlichen Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, welcher finanzielle Aufwand dem Eigentümer durch den Anschluss seines Grundstücks entsteht und ob dieser sich in einem noch zumutbaren Rahmen bewegt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.7.2006 - 15 A 2089/04 - KStZ 2007, 33; Beschl. v. 1.4.2003 - 15 A 2254/01 - NVwZ-RR 2003, 778; Grünewald, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2009, § 8 Rn. 542). Im Falle eines tatsächlich an die öffentlichen Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücks stellt sich diese Frage nicht oder nicht mehr, da der mit dem Beitrag abzugeltende Vorteil mit den Anschlusskosten in keinem Zusammenhang steht (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.7.2006 - 15 A 2089/04 - KStZ 2007, 33; OVG Niedersachsen, Urt. v. 11.7.1989 - 9 K 1/89 - Juris). Entscheidet sich der Eigentümer, sein Grundstück - mit welchem Kostenaufwand auch immer - an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen und nimmt er so die hiermit verbundenen Leistungen der Gemeinde willentlich in Anspruch, gibt es auch sonst keinen Grund, der es rechtfertigte, ihm die Entrichtung eines zur teilweisen Deckung der Kosten für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der Abwasseranlagen dienenden Abwasserbeitrags zu ersparen (Beschluss des Senats vom 7.9.2009, a.a.O.).

b) Das Verwaltungsgericht hat weiter angenommen, dass auch die Bemessung des von der Klägerin geforderten Beitrags keinen Bedenken begegne. Die Beklagte habe für die Teilfläche, auf der sich das Hofgut xxxxxxxxxx befinde, zu Recht den in § 6 Abs. 1 Nr. 2 AbwBS festgelegten Nutzungsfaktor von 1,25 zugrunde gelegt, obwohl auf diesen Flächen außer dem zweigeschossigen Gutshaus auch bauliche Anlagen mit einer geringeren Anzahl von Geschossen vorhanden seien. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AbwBS, wonach bei bebauten Grundstücken in Außenbereich die Zahl der tatsächlich vorhandenen Geschosse für die Ermittlung des Nutzungsmaßes maßgebend sei, sei dahin auszulegen, dass im Fall des Vorhandenseins von mehreren Bauwerken auf die höchste Zahl der tatsächlich vorhandenen Geschosse abzustellen sei.

Die dagegen gerichteten Einwendungen der Klägerin greifen ebenfalls nicht durch. Die Klägerin ist der Meinung, die Auffassung des Verwaltungsgerichts finde im Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AbwBS keine Stütze, vielmehr müsse nach dieser Vorschrift bei einer nicht einheitlichen Bebauung des Grundstücks ein gesonderter Nutzungsfaktor für die entsprechenden Teilflächen ermittelt werden. Das geht fehl. Nach § 7 Abs. 3 AbwBS ist in Fällen, in denen auf einem Grundstück bauliche Anlagen mit unterschiedlicher Geschosszahl zulässig oder vorhanden sind, die höchste Zahl der Vollgeschosse maßgebend. Diese Vorschrift findet nach ihrem klaren Wortlaut auch auf die in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AbwBS aufgeführten bebauten Grundstücke in Außenbereich Anwendung. Auf die Frage, wie in Fällen zu verfahren ist, wenn auf einem solchen Grundstück bauliche Anlagen mit unterschiedlicher Geschosszahl vorhanden sind, gibt somit § 7 Abs. 3 AbwBS eine eindeutige Antwort. Die vom Verwaltungsgericht für erforderlich gehaltene Auslegung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AbwBS erübrigt sich deshalb. Die an dem Ergebnis dieser Auslegung geübte Kritik der Klägerin geht danach ins Leere.

Die in § 7 Abs. 3 AbwBS getroffene Regelung begegnet nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 27.2.1992 - 2 S 1328/90 - Juris) auch insoweit keinen Bedenken, als sie sich auf bebaute Grundstücke in Außenbereich bezieht. Denn auch im Außenbereich lässt die verwirklichte Geschosszahl einen Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzung eines Grundstücks und damit auf die Höhe des dem Grundstück durch den Anschluss erwachsenen Vorteils zu. Die auf einem Grundstück im Außenbereich vorhandene Bebauung gestattet allerdings nicht die Annahme, dass auf dem Grundstück weitere bauliche Anlagen mit derselben Geschosszahl errichtet werden dürfen. Das ist jedoch keine Besonderheit, sondern gilt entsprechend auch für ein Grundstück im Gebiet eines Bebauungsplans oder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, auf dem Unterschiede hinsichtlich der planungsrechtlich zulässigen Zahl der Vollgeschosse bestehen. Denn auch in einem solchen Fall darf die höchste Zahl der Vollgeschosse nicht auf dem gesamten Grundstück, sondern nur in dem dafür vorgesehenen Teilbereich verwirklicht werden.

c) Gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen auch insoweit keine Bedenken, als das Verwaltungsgericht den auf einen Erlass des Abwasserbeitrags gerichteten Hilfsantrag abgewiesen hat.

Gemäß § 3 Abs. 1 Nrn. 4 c, 5 a KAG in Verbindung mit §§ 163 Abs. 1, 227 AO ist Voraussetzung für den von der Klägerin begehrten Erlass, dass die Einziehung des geschuldeten Abwasserbeitrags unter den gegebenen Umständen unbillig wäre. Eine Unbilligkeit aus persönlichen Gründen wird von der Klägerin nicht geltend gemacht. In Betracht kommt danach nur eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen. Die Einziehung eines Anspruchs aus einem Abgabenschuldverhältnis kann aus sachlichen Gründen unbillig sein, wenn dies den Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen würde (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.2008 - 2 S 428/08 - DÖV 2009, 418; Beschl. v. 7.9.2009, a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Die Ansicht der Klägerin, sie müsse für den Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigung doppelt bezahlen, da sie zum einen für die Herstellung des Anschlusses aufgekommen sei und sie zum anderen zusätzlich mit einem Abwasserbeitrag belastet werde, trifft nicht zu. Von der Klägerin wird auch insoweit übersehen, dass der von ihr geforderte Abwasserbeitrag zur teilweisen Deckung des Aufwands der Beklagten für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der öffentlichen Abwasseranlagen bestimmt ist, zu denen die Grundstücksanschlüsse nicht gehören. Die Herstellung der Grundstückseigentümer ist vielmehr Sache des jeweiligen Grundstückseigentümers. Die Klägerin befindet sich daher jedenfalls im Grundsatz in keiner anderen Situation als jeder anderer Grundstückseigentümer.

2. Die Rechtssache besitzt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Rechtsstreit wirft keine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung nicht geklärte Frage von allgemeiner, d.h. über den Einzelfall hinausgreifender Bedeutung auf, die sich im Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die von der Klägerin als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob ein Missverhältnis zwischen den Aufwendungen für den Grundstücksanschluss an die Kanalisation und der Nutzbarkeit des Grundstücks bzw. des durch den tatsächlichen Anschluss entstehenden Erschließungsvorteils besteht, wenn die tatsächlichen Anschlusskosten den Betrag in Höhe von 25.000 € übersteigen und ob ein Abwasserbeitrag unter dieser Voraussetzung nicht entstehen kann, stellt sich nach den bereits gemachten Ausführungen im vorliegenden Fall nicht. Für die von der Klägerin ferner aufgeworfene Frage, ob ein solches Missverhältnis insbesondere dann zu bejahen ist, wenn das zu einem Beitrag herangezogene Grundstück im Außenbereich liegt und es bereits vor dem Anschluss tatsächlich bebaut war, gilt das Gleiche.

3. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.

Die Klägerin ist der Meinung, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, da es darauf verzichtet habe, die Höhe der Kosten für die Herstellung der privaten Anschlussleitung festzustellen. Der Einwand ist unverständlich. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die der Klägerin für diese Maßnahme entstandenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu der Nutzbarkeit des Grundstücks stünden. Es hat dabei zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass die Kosten - dem Vortrag der Klägerin entsprechend - eine Million DM betragen haben. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht ist danach ohne weiteres zu verneinen, da die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensfehler leidet, vom materiellrechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgericht aus zu beurteilen ist, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 23.1.1996 - 11 B 150.95 - NVwZ-RR 1996, 369).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 3 GKG. Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch ist bei der Festsetzung des Streitwerts nicht gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen, da beide Ansprüche denselben Gegenstand betreffen und somit nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend ist. Die Frage, ob ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen ist, erfordert eine wirtschaftliche Betrachtung. Eine Zusammenrechnung hat grundsätzlich nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Haupt- und Hilfsantrag eine "wirtschaftliche Werthäufung" entsteht (vgl. u. a. BGH, Beschl. v. 6.10.2004 - IV ZR 287/03 - NJW-RR 2005, 506 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, da eine gleichzeitige Zuerkennung des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung des Beitragsbescheids und des mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruchs auf eine erneute Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Erlass des Beitrags nicht in Betracht kommt. Hinter beiden Anträgen steht auch das gleiche wirtschaftliche Interesse, nämlich der Wunsch der Klägerin, den von der Beklagten geforderten Beitrag nicht bezahlen zu müssen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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