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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 1 S 716/05
Rechtsgebiete: WaffG


Vorschriften:

WaffG § 14 Abs. 2 (F. 2002)
WaffG § 14 Abs. 4 (F. 2002)
Das sogenannte Erwerbsstreckungsgebot nach § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG (innerhalb von sechs Monaten dürfen in der Regel nicht mehr als zwei Schusswaffen erworben werden) gilt auch für Waffen im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 WaffG.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

1 S 716/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Beschränkung der Waffenbesitzkarte für Sportschützen

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Februar 2005 - 2 K 2105/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die mit der Erteilung seiner gelben Waffenbesitzkarte verbundene Beschränkung, innerhalb von sechs Monaten nicht mehr als zwei Schusswaffen erwerben zu dürfen (sog. Erwerbsstreckungsgebot).

Der Kläger ist Sportschütze in einem anerkannten schießportlichen Dachverband. Er ist Inhaber einer gemäß § 14 Abs. 4 WaffG erteilten gelben Waffenbesitzkarte für Sportschützen (Nr. 11/2004), ausgestellt vom Landratsamt Ortenaukreis am 09.08.2004. Diese Erlaubnis enthält folgende Einschränkung: "Innerhalb von sechs Monaten dürfen nicht mehr als zwei Schusswaffen erworben werden. Eine Ausnahme hiervon bedarf der vorherigen Zustimmung der Erlaubnisbehörde."

Gegen diese zeitliche Erwerbsbeschränkung legte der Kläger am 22.06.2004 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 02.09.2004 zurückgewiesen wurde.

Am 28.09.2004 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Das in § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG enthaltene sog. Erwerbsstreckungsgebot gelte nicht für Waffenbesitzkarten, die auf der Grundlage des § 14 Abs. 4 WaffG ausgestellt worden seien. Aus systematischen, teleologischen und insbesondere historischen Gründen sei eine Ausdehnung des auch sonst im Waffengesetz isoliert stehenden Gebots auf die Fälle des § 14 Abs. 4 WaffG unzulässig.

Mit Urteil vom 23.02.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg - dem Antrag des Beklagten entsprechend - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage als Anfechtungsklage zulässig, aber nicht begründet sei. Das angefochtene Erwerbsstreckungsgebot gelte auch für Waffenbesitzkarten, die auf der Grundlage des § 14 Abs. 4 WaffG erteilt würden. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift. § 14 Abs. 2 WaffG enthalte eine allgemeine, für alle Absätze geltende Regelung. Indem in § 14 Abs. 4 ausdrücklich auf "Sportschützen nach Abs. 2" verwiesen werde, sei der ganze Absatz 2 und damit auch das Erwerbsstreckungsgebot nach Satz 3 in Bezug genommen. Gegen diese Auslegung lasse sich nicht durchgreifend ins Feld führen, dass der ursprünglich in dem Entwurf der Vorgängerregelung des § 14 Abs. 4 WaffG enthaltene ausdrückliche Bezug auf das sog. Erwerbsstreckungsgebot im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden sei. Denn diese Streichung lasse sich auch damit erklären, dass sie als überflüssig angesehen worden sei, weil Abs. 4 ohnehin einen allgemeinen Verweis auf § 14 Abs. 2 WaffG enthalte. Auch der Gesetzesbegründung sei kein eindeutiger Hinweis darauf zu entnehmen, dass diese Streichung mit dem Ziel erfolgt sein könnte, die Geltung des Erwerbsstreckungsgebots für Waffenbesitzkarten auf der Grundlage des § 14 Abs. 4 WaffG auszuschließen.

Hiergegen hat der Kläger die - vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene - Berufung eingelegt. In seinem umfänglichen Vorbringen führt der Kläger im Wesentlichen folgendes aus: Bereits aus systematischen Erwägungen sei das Erwerbsstreckungsgebot nicht auf die gelbe Sportschützen-WBK des § 14 Abs. 4 WaffG anwendbar. Denn diese stelle eine Sonderform der Erwerbserlaubnis dar. Sie sei speziell geregelt und enthalte daher modifizierte Erwerbsvoraussetzungen. Das Erwerbsstreckungsgebot sei keine allgemeine Grundvoraussetzung für die Erteilung einer WBK. Der Gesetzgeber habe die zeitliche Erwerbsbefristung nur für den Erwerb von sog. Kontingentwaffen eingeführt. Das Erwerbsstreckungsgebot solle nach Sinn und Zweck des Gesetzes einem Missbrauch vorbeugen; der Gesetzgeber habe verhindern wollen, dass ein Sportschützenneuling nach nur einjähriger Verbandsmitgliedschaft mehrere Kurzwaffen und Halbautomaten auf einmal erwerben könne. Auch § 14 Abs. 3 WaffG enthalte keine entsprechende Erwerbsbeschränkung. § 14 Abs. 3 WaffG regele den Erwerb weiterer Waffen, die über das Grundkontingent hinausgingen. Hierfür verlange der Gesetzgeber eine sog. qualifizierte Verbandsbescheinigung. Das Erwerbsstreckungsgebot sei weder auf den Erwerb von über das Grundkontingent hinausgehenden Waffen anwendbar noch im Zusammenhang mit der weiteren Sonderregelung in § 14 Abs. 4 WaffG. Darin seien Erwerbserleichterungen für weitere dort im einzelnen benannte und vom Gesetzgeber als weniger deliktsrelevant angesehene Waffenarten vorgesehen. Soweit in der Regelung auf "Sportschützen nach Abs. 2" verwiesen werde, beschränke sich diese Verweisung auf die Definition des Sportschützen. Eine Verweisung auf die weiteren Voraussetzungen, die für Kontingentwaffen vorgesehen seien, könne darin nicht gesehen werden. Diese am Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung werde durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes bestärkt. Nach alter Rechtslage habe auf gelber Sportschützen-WBK zahlenmäßig eine unbeschränkte Zahl von Sportwaffen erworben werden können. Sie sei lediglich ursprünglich auf den Erwerb einer Waffenart beschränkt gewesen. Nach neuer Rechtslage dürfe der Sportschütze jedoch vier Waffenarten erwerben. Wie auch schon nach früherem Recht sei er dabei zahlenmäßig nicht beschränkt. Zwar sei in dem ersten Entwurf zum Waffenrechtsneuregelungsgesetz noch ein Verweis auf das Erwerbsstreckungsverbot vorgesehen gewesen. Dieser Verweis sei im Laufe des Gesetzgebungsverfahren jedoch weggefallen und auch in die Endfassung des Waffengesetzes nicht mehr aufgenommen worden. Die Gesetzgebungsgeschichte und der darin zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers ließen demnach nur den Schluss zu, dass eine zeitlich-mengenmäßige Beschränkung gerade nicht für die gelbe WBK habe gelten sollen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23.02.2005 - 2 K 2105/04 - zu ändern und die in seiner vom Landratsamt Ortenaukreis ausgestellten Waffenbesitzkarte vom 09.06.2004 eingetragene Einschränkung ("Innerhalb von sechs Monaten dürfen nicht mehr als zwei Schusswaffen erworben werden. Eine Ausnahme hiervon bedarf der vorherigen Zustimmung der Erlaubnisbehörde") und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 02.09.2004 aufzuheben sowie die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die dem Senat vorliegenden Behördenakten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Freiburg verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist als Anfechtungsklage zulässig (1.), aber nicht begründet (2.). Das angefochtene Erwerbsstreckungsgebot ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Das Anfechtungsbegehren ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig. Der Kläger kann die in seiner Waffenbesitzkarte vorgenommene zeitliche Erwerbsbeschränkung gesondert anfechten, denn hierbei handelt es sich um eine Nebenbestimmung in der Form einer Auflage nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG. Vom maßgeblichen Empfängerhorizont aus betrachtet handelt es sich um ein an den Adressaten gerichtetes Gebot, innerhalb von sechs Monaten nicht mehr als zwei Schusswaffen zu erwerben. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Inhaber der für einen zeitlich nicht befristeten Waffenerwerb vorgesehenen Waffenbesitzkarte die in § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG als Regel formulierte zeitliche Streckung des Erwerbs einhält und, wenn eine Ausnahmesituation vorliegen sollte, sich an die zuständige Behörde wendet. Diese in der Waffenbesitzkarte vorgenommene Einschränkung ist als Nebenbestimmung grundsätzlich im Wege der Anfechtungsklage anfechtbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, NVwZ 2001, 429). Ob der Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvollerweise bestehen bleiben kann und im Übrigen rechtmäßig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern richtet sich nach dem einschlägigen materiellen Recht.

2. Das Anfechtungsbegehren ist jedoch unbegründet. Die isolierte Aufhebung des angefochtenen Erwerbsstreckungsgebots ist mit dem materiellen Recht nicht vereinbar. Auch der Erwerb der in § 14 Abs. 4 WaffG genannten Waffen, für den organisierten Sportschützen im Sinne von § 14 Abs. 2 WaffG eine unbefristete Erlaubnis erteilt wird, unterliegt dem Erwerbsstreckungsgebot des § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Vorschrift; auch die Gesetzgebungsgeschichte steht dieser Auslegung nicht entgegen.

Nach dem Wortlaut der Regelungen in § 14 WaffG gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die in Abs. 4 WaffG genannten Schusswaffen vom Erwerbsstreckungsgebot ausgenommen sein könnten. § 14 Abs. 2 WaffG regelt für alle Mitglieder eines Schießsportvereins, der einem anerkannten Schießsportverband angehört, das Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition, ohne dass sich irgendwelche Einschränkungen ergeben. Das Bedürfnis nach Abs. 2 hat dabei zum einen eine personelle Komponente (vgl. Apel/Bushart, Waffenrecht, Bd. 2: Waffengesetz, 3. Aufl., § 14 RdNr. 4): Das Mitglied muss seit mindestens zwölf Monaten den Schießsport in einem Verein regelmäßig als Sportschütze betreiben (Sätze 1 und 2 Nr. 1). Zum anderen werden an Art und Zahl der zu erwerbenden Waffen bestimmter Anforderungen gestellt (Satz 2 Nr. 2 und Satz 3). Das hierin eingebundene Erwerbsstreckungsgebot bezieht sich ohne Einschränkung auf sämtliche Arten von Schusswaffen. Zu denen zählen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG i.V.m. § 1 Abs. 4 WaffG und Anlage 1 Abschnitt 1 UA 1 Nr. 1.1 zum Waffengesetz nach der dort enthaltenen Legaldefinition auch die in § 14 Abs. 4 WaffG genannten Waffen. Die Art der Erwerbsberechtigung als Sportschütze (grüne/gelbe WBK) ist nach dem Wortlaut der Regelung unerheblich. Das Gebot in Satz 3 ist als Regel formuliert und kann daher nur in begründeten Ausnahmefällen durchbrochen werden.

Entsprechendes gilt für § 14 Abs. 4 WaffG. Gemäß Satz 1 wird Sportschützen nach Abs. 2 abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 3 für vier im einzelnen bestimmte Waffenarten eine unbefristete Erlaubnis erteilt. Die Regelung enthält nach ihrem Wortlaut lediglich eine Ausnahme von § 10 Abs. 1 Satz 3 WaffG, der die Gültigkeit einer Erlaubnis zum Erwerb auf ein Jahr befristet. Abweichend hiervon wird die Erlaubnis zum Erwerb der in Abs. 4 genannten Waffenarten ohne diese zeitliche Begrenzung erteilt. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen, insbesondere auch keine, die sich auf § 14 Abs. 2 WaffG beziehen. Allein die Erteilung einer unbefristeten Erwerbserlaubnis besagt aber noch nichts darüber, wie viele der in § 14 Abs. 4 WaffG genannten Waffen innerhalb welchen Zeitraums erworben werden dürfen. Mit ihr ist daher auch keine Berechtigung verbunden, die dort genannten Waffen in beliebiger Anzahl und ohne zeitliche und mengenmäßige Beschränkung zu erwerben. Mit der Formulierung "Sportschützen nach Abs. 2" nimmt Abs. 4 umfassend auf § 14 Abs. 2 WaffG Bezug. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Begriff des Sportschützen in Abs. 2 durch eine Legaldefinition festgelegt wäre; dies ist jedoch anders als beim Begriff des Jägers (vgl. § 13 Abs. 1 WaffG) nicht der Fall. Dies bedeutet, dass der gesamte Abs. 2 auch für Abs. 4 Bedeutung erlangt. Hätte der Gesetzgeber, wie der Kläger meint, nur auf den persönlichen Status des Sportschützen hinweisen wollen, so hätte es nahe gelegen, dies durch eine Beschränkung auf Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 1 zum Ausdruck zu bringen.

Auch aus der Systematik des Gesetzes folgt eine Geltung des Erwerbsstreckungsgebots für die in § 14 Abs. 4 WaffG genannten Schusswaffen. Die §§ 13 bis 20 enthalten besondere Erlaubnistatbestände für bestimmte Personengruppen. Innerhalb dieser Bestimmungen stellt § 14 WaffG eine Sondervorschrift für organisierte Sportschützen dar. Abs. 1 enthält eine spezialgesetzliche Regelung über das Alterserfordernis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition zum Zweck des sportlichen Schießens. Diese Regelung ist erst spät nach dem Amoklauf eines bewaffneten Schülers in einer Schule in Erfurt am 26.04.2002 (ein 18jähriger Waffenbesitzer hatte mit einer als Sportschütze legal erworbenen Pistole zwei Schüler, dreizehn Lehrer, eine Sekretärin und einen Polizisten und anschließend sich selbst erschossen) in den Gesetzentwurf übernommen und dem ursprünglich als Abs. 1 konzipierten, jetzigen § 14 Abs. 2 WaffG vorangestellt worden. Dies erklärt, warum erst der Abs. 2 eine allgemeine für alle folgenden Absätze geltende Regelung enthält, in dem der Begriff des Sportschützen als auch das Bedürfnis allgemein, d.h. in grundsätzlicher Weise in diesem Absatz umschrieben und festgelegt werden. Für nichtorganisierte Sportschützen gelten diese Regelungen demgegenüber nicht. Sie können nicht die Erleichterungen und Vorteile in Anspruch nehmen, die organisierten Sportschützen im Sinne von § 14 Abs. 2 WaffG eingeräumt sind. Der allgemeinen Regelung in Abs. 2 schließen sich Sonderregelungen in den Abs. 3 und 4 und an. § 14 Abs. 3 WaffG betrifft Fälle, in denen über das Regelbedürfnis hinaus Waffen erworben und besessen werden sollen. Der Gesetzgeber gesteht dem organisierten Sportschützen bis zu drei halbautomatische Langwaffen und zwei mehrschüssige Kurzwaffen zuzüglich der dazu gehörigen Munition als Grundbedürfnis zu (sog. Sportschützen-Kontingent), das lediglich durch eine Bedürfnisbescheinigung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 WaffG glaubhaft zu machen ist. Eine Überschreitung dieses Kontingents setzt hingegen einen qualifizierten Bedürfnisnachweis nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 voraus. § 14 Abs. 4 enthält für den Bereich des organisierten Sportschützenwesens einen weiteren Sonderfall. In Satz 1 hat der Gesetzgeber für den Erwerb bestimmter Waffen, denen er eine geringere Bedeutung im Zusammenhang mit Straftaten beigemessen hat, eine Erwerbserlaubnis in nicht befristeter Form vorgesehen. Es handelt sich dabei um eine auf den Aspekt der Geltungsdauer der Erlaubnis zum Erwerb begrenzte und nicht etwa eine abschließende Regelung für die dort genannten Waffen. Der allgemeinen Regel in § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG entsprechend ist daher das Erwerbsstreckungsgebot entgegen der Auffassung des Klägers sowohl für Abs. 3 als auch für Abs. 4 anwendbar.

Sinn und Zweck des Erwerbsstreckungsgebots sprechen ebenfalls für die hier vertretene Auslegung. Mit der Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 3 WaffG wird der Zweck verfolgt, durch eine zeitliche Streckung der Erwerbsmöglichkeiten für alle Arten von Schusswaffen das Anlegen von Waffenansammlungen unter dem Deckmantel des Sportschützentums zu verhindern oder zumindest zu erschweren (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 63). Auch weniger deliktsrelevante Waffen wie die in Abs. 4 genannten Waffenarten begründen eine erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit. So können etwa Nachlässigkeiten bei der Aufbewahrung Sicherheitsrisiken nach sich ziehen, weil hierdurch unbefugten Personen der Zugang zu den Waffen ermöglicht wird. Die mit dem Erwerbsstreckungsgebot verfolgte Intention fügt sich ein in das allgemeine Ziel des (novellierten) Waffenrechts, die Verbreitung von Schusswaffen einzudämmen und die Ausnahmen streng zu regulieren. Ein unbeschränkter Erwerb von Schusswaffen in dem vom Kläger dargelegten Sinne würde daher nicht in Einklang mit der Absicht der Novelle des Waffengesetzes und dem noch immer gültigen Grundsatz stehen, "so wenig Waffen wie möglich ins Volk" (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 9.02 -, NVwZ-RR 2003, 432 f.) gelangen zu lassen.

Die Gesetzgebungsgeschichte führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer anderen Einschätzung. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) war in § 14 Abs. 3 Satz 1, der dem jetzigen Abs. 4 Satz 1 entspricht, noch ein ausdrücklicher Bezug auf das damals noch in Abs. 1 enthaltene Erwerbsstreckungsgebot vorgesehen. Im Entwurf hatte die Regelung folgenden Wortlaut: "Sportschützen wird abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 3 eine unbefristete Erlaubnis erteilt, die zum Erwerb von Einzellader-Langwaffen unter Beachtung des Abs. 1 Satz 2 und 3 berechtigt" (BT-Drs. 14/7758, S. 11). In der Begründung zu diesem Entwurf ist ausgeführt, für Sportschützen sei aufgrund des bisherigen § 28 Abs. 2 Satz 1 WaffG davon ausgegangen worden, dass sie unbegrenzt viele Einzellader-Langwaffen erwerben und besitzen dürfen; diese irrige Auffassung, die teilweise auch der Verwaltungspraxis entspreche, stehe nicht in Einklang mit dem bisherigen § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Waffengesetzes. Eine Person, die den Schießsport betreiben möchte, könne daher Schusswaffen auf der Grundlage des Verfahrens nach § 14, der Sportschützen Erleichterungen bei der Erteilung von Erlaubnissen einräume, erwerben und besitzen. Das Verbot des Satzes 3 diene der Verhinderung des Anlegens von Waffensammlungen unter dem Deckmantel des Sportschützentums (BT-Drs. 14/7758, S. 62 f.). In der Folgezeit beschloss der Innenausschuss (4. Ausschuss) indes am 24.04.2002 zahlreiche den Verbänden entgegenkommende Veränderungen, die am 26.04.2002 vom Bundestag in zweiter und dritter Lesung übernommen wurden; die beschlossene Fassung wurde dem Bundesrat mit der Bundesrats-Drucksache 355/02 zugeleitet. Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses (BT-Drs. 14/8886) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 14/7758 - und zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates - Drucksache 14/7763 - sah u.a. eine Streichung des Verweises auf das Erwerbsstreckungsgebot sowie eine Ausweitung der "gelben WBK" auf einläufige Einzellader-Kurzwaffen für Patronenmunition sowie mehrschüssige Kurz- und Langwaffen mit Zündhütchenzündung (Perkussionswaffen) vor; hiermit sollte der geringeren Deliktsrelevanz dieser Waffen und deren Verbreitung im Schießsport - in Ausweitung gegenüber der bestehenden Rechtslage - Rechnung getragen werden. Nach der früheren Rechtslage hatte der Sportschütze auf der gelben Waffenbesitzkarte nur eine Waffenart erwerben können. Die Streichung der Wörter "unter Beachtung des Abs. 1 Satz 2 und 3" sollte die Waffenbehörde beim Vorgang der Eintragung der bereits auf "gelber WBK" erworbenen Waffen der Prüfung der in Abs. 1 Satz 2 und 3 statuierten spezifischen Bedürfnisvoraussetzungen für Schießsportler entheben. Diese Darlegungen in der Begründung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses sprechen dafür, dass in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens daran gedacht war, die zuvor intendierten Restriktionen zu lockern. Hierbei ist das Gesetzgebungsverfahren jedoch nicht stehen geblieben. Die Ereignisse von Erfurt am 26.04.2002 führten vielmehr dazu, dass alle am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe Nachbesserungen für notwendig erachtet haben. Der Bundesrat rief deshalb am 31.05.2002 den Vermittlungsausschuss an und verlangte eine nochmalige Überarbeitung des vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes (vgl. BT-Drs. 14/9341 S. 1 und 2). Das Gesetz sollte u.a. zum Zweck der Anhebung der Altersgrenze für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und zur Beschränkung des erleichterten Erwerbs gefährlicher Gebrauchswaffen durch Sportschützen überarbeitet werden. Außerdem sollte "der nach dem Bundestagsbeschluss (in Ausweitung sowohl der geltenden Rechtslage als auch des ursprünglichen Regierungsentwurfs) im Verfahren erleichterte Erwerb bestimmter Repetier-Langwaffen mittels unbefristeter Erwerbserlaubnis ohne Voreintragung der erwerbbaren Waffe ("gelbe WBK") wieder zurückgenommen" werden. Dem Bundesrat war hier die "Beschränkung des erleichterten Erwerbes gefährlicher Gebrauchswaffen durch Sportschützen" ein ausdrückliches Anliegen. Auch wurde die Heraufsetzung der Altersgrenze für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen durch Sportschützen auf 21 Jahre gefordert. Im Ergebnis wurde nicht nur letzteres in die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses aufgenommen (vgl. BT-Drs. 14/9432, S. 2) mit der Folge, dass dem bisherigen Abs. 1 ein neuer Abs. 1 vorangestellt wurde. Vielmehr wurde auch hinter dem Eingangswort "Sportschützen" der Zusatz "nach Abs. 2" eingefügt. Die am 12.06.2002 beschlossenen Änderungen wurden schließlich am 14.06.2002 vom Bundestag und am 21.06.2002 vom Bundesrat beschlossen. Auch wenn nicht alle Forderungen umgesetzt worden sind, so kann den zuletzt erfolgten Nachbesserungen nur entnommen werden, dass einerseits die Erweiterung auf die vier Waffenarten bestehen bleiben, die in Abs. 4 genannten Schusswaffen aber entsprechend der allgemeinen Regel in Abs. 2 nur zeitlich gestreckt erworben werden sollten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Klärung der für die Beurteilung des Streitfalles maßgeblichen Rechtsfrage über ihre Bedeutung für den zu entscheidenden konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Auslegung und Anwendung des Rechts hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Beschluss vom 16. November 2006

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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