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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 09.07.2002
Aktenzeichen: 11 S 2240/01
Rechtsgebiete: AuslG, GG, AAZuVO


Vorschriften:

AuslG § 30 Abs. 4
AuslG § 55 Abs. 2
AuslG § 8 Abs. 2 Satz 3
AuslG § 8 Abs. 2 Satz 4 AuslG
GG Art. 6 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 2
AAZuVO § 1 Abs. 1
AAZuVO § 5 Abs. 3
AAZuVO § 6 Abs. 1
1. Der Status als "abgelehnter Asylbewerber" und damit die Zuständigkeit der Regierungspräsidien nach §§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 1 AAZuVO enden mit der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung.

2. Einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung hat ein ausgewiesener Ausländer auf der Grundlage von § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 GG nur, wenn von vornherein eine auch nur kurzzeitige Trennung von seinen Familienangehörigen unzumutbar und eine Abschiebung aus diesem Grund rechtlich unmöglich ist. Diese Anforderungen müssen auch erfüllt sein, wenn er durch die Duldung den Zeitraum bis zur Erfüllung der Voraussetzungen nach § 30 Abs. 4 AuslG überbrücken will. Allein diese Überbrückungsabsicht begründet keine Unzumutbarkeit.


11 S 2240/01

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Duldung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Jakober und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Paehlke-Gärtner

am 9. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 29. August 2001 - 11 K 1460/01 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag, die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zuzulassen, hat keinen Erfolg. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung sind nicht erfüllt.

1. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). § 124 a Abs. 1 Satz 4 a.F. VwGO, der gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in der ab dem 1.1.2002 geltenden Fassung vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3987, 3990) hier noch Anwendung findet, gebietet die Darlegung dieses Zulassungsgrundes. Hierzu ist erforderlich, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine dafür erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392 = NVwZ 2000, 1163). Begründet ist der Antrag, wenn eine Überprüfung des dargelegten Vorbringens aufgrund der Akten ergibt, dass derartige beachtliche Zweifel tatsächlich vorliegen. Jedenfalls letzteres ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten werde.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.2.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 7.5.2001 abgewiesen, mit dem der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis, hilfsweise einer Duldung ab Haftende abgelehnt worden war. Das Gericht hat ausgeführt, dass der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, der mit der seit dem 7.10.2000 bestandskräftigen Verfügung vom 26.4.2000 ausgewiesen worden war, keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis habe, da der zwingende Versagungsgrund des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG eingreife. Eine Duldung könne für den vom ihm angestrebten Daueraufenthalt bei seiner deutschen Ehefrau und seiner Tochter nicht erteilt werden. Die Verlängerung seiner Duldung nach Haftende stehe zudem im Ermessen der Behörde, die ihrer Entscheidung die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt zugrundelegen müsse.

Der Kläger greift die Abweisung der Klage bezüglich der Aufenthaltsbefugnis nicht an. Er macht jedoch geltend, dass er Anspruch auf eine Duldung habe, bis die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis (§ 30 Abs. 4 AuslG) zu seinen Gunsten vorlägen. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass er diese Duldung nicht für eine bestimmte Zeit, sondern nur als Überbrückung bis zum Ablauf des Zwei-Jahres-Zeitraums nach § 30 Abs. 4 Satz 1 AuslG begehre. In der Sache könne er den Duldungsanspruch schon jetzt aus Art. 6 GG herleiten.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergeben sich aus diesem Vortrag nicht.

Die Klage ist allerdings zutreffend gegen den Rechtsträger der unteren Ausländerbehörde als richtigen Klagegegner gerichtet, obwohl der Kläger ursprünglich als Asylbewerber eingereist ist und erfolglos ein Asylverfahren durchgeführt hat. Die nach § 63 Abs. 1 Satz 2 AuslG den Regierungspräsidien durch die Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Ausländergesetz und dem Asylverfahrensgesetz (AAZuVO) i. d. F.v. 23.3.1998 (GBl. S. 187) für die Duldung und die Aufenthaltsbeendigung "abgelehnter Asylbewerber" übertragene Zuständigkeit (§§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 1 AAZuVO) steht dem nicht entgegen. § 5 Abs. 3 AAZuVO umfasst die Entscheidung über die Duldung abgelehnter Asylbewerber zwar auch dann, wenn diese aus anderen Gründen ein Bleiberecht erstreben und eine dafür erforderliche Aufenthaltsgenehmigung bei der unteren Ausländerbehörde erst beantragt haben. Durch die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung zum Familiennachzug am 29.10.1999 hat sich beim Kläger aber dieser Rechtszustand geändert. Die asylverfahrensrechtliche Ausreisepflicht war damit entfallen und die asvlverfahrensrechtliche Abschiebungsandrohung hatte sich erledigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12/99 -, BVerwGE 109, 305 [313f.]). Der Kläger ist seither kein "abgelehnter Asylbewerber" mehr, sondern unterfällt den Regeln des allgemeinen Ausländerrechts. Damit war auch die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe nach der Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Ausländergesetz und dem Asylverfahrensgesetz beendet (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 1 AAZuVO). Seither ist die Beklagte für die Erteilung der begehrten Duldungen sachlich zuständig (§ 3 Abs. 1 AAZuVO); die Ausweisung und das hierauf beruhende Erfordernis einer - internen - Zustimmung des Regierungspräsidiums (§ 7 Abs. 3 AAZuVO) ändern daran nichts.

Die Begründung des Zulassungsantrags legt in dessen keine Gründe dar, die zu ernstlichen Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Entscheidung führen, dass die beklagte Stadt in der Sache nicht zur Erteilung der vom Kläger begehrten Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 GG verpflichtet ist; solche Zweifel drängen sich auch sonst nicht auf.

Das Ausländergesetz erfüllt das verfassungsrechtliche Schutzgebot für Ehe und Familie grundsätzlich dadurch, dass es in allen auf die Familie bezogenen aufenthaltsrechtlichen Regelungen auf die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 AuslG verweist, wonach die Aufenthaltsgenehmigung "zum Zwecke des nach Artikel 6 des Grundgesetzes gebotenen Schutzes von Ehe und Familie ... für die Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft ... im Bundesgebiet erteilt und verlängert werden kann". Damit stellt das Ausländergesetz eine Reihe abgestufter Regelungen zur Verfügung, in denen dem verfassungsrechtlichen Gewicht von Ehe und Familie nach Maßgabe der nach Fallgruppen gewichteten besonderen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen Rechnung getragen wird (BVerwG, Urteil vom 9.12.1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13 [17f.]).

Art. 6 GG gewährt unmittelbar keinen Anspruch auf Aufenthalt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.7.1979 - 1 BvR 650/77 -, BVerfGE 51, 386 [396 f.] und vom 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81 [93]; BVerwG, Urteil vom 22.9.1995 - 1 C 11.94 -, BVerwGE 98, 31 [46]; Urteil vom 27.8.1996 - 1 C 8.94 -, BVerwGE 102, 12 [19]; Urteil vom 9.12.1997, a.a.O.). Die entscheidende Behörde hat aber die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, bei der Anwendung offener Tatbestände und bei der Ermessensausübung pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über den Aufenthalt seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.4.1989 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 4.6.1997 - 1 C 9.95 -, BVerwGE 105, 35 [39f.]; Urteil vom 9.12.1997, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im Hinblick auf die am 15.5.1991 geschlossene Ehe am 29.10.1991 eine zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis und am 15.1.1996 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Dieser erlaubte Aufenthalt wurde aufgrund der von ihm im Bundesgebiet begangenen Straftaten auch unter Berücksichtigung seiner familiären Lebensgemeinschaft mit der deutschen Ehefrau und dem deutschen Kind durch Ausweisung beendet (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG). Das Verwaltungsgericht hat in dem die Klage gegen die Ausweisung abweisenden Urteil ausgeführt, die mit der Trennung von seiner Ehefrau und seiner am 18.6.1992 geborenen Tochter verbundenen Folgen seien nicht derart gewichtig, dass eine Ausweisung als unverhältnismäßig erscheine. Es hat damit die Ausweisung sowie die hiermit verbundenen gesetzlichen Folgen (Erlöschen des Aufenthaltsrechts, Pflicht zur Ausreise, vgl. §§ 44 Abs. 1 Nr. 1, 42 Abs. 1 AuslG) und Wirkungen (regelmäßig befristbares Verbot der Wiedereinreise und der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 AuslG) im maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisung (26.4.2000) als gerechtfertigt und zumutbar angesehen.

Die tatsächlichen Nachteile (Ausreise und Wiedereinreise erst nach einer aufgrund eines Befristungsantrags bestimmten Dauer) dieser gesetzlichen Folgen und Wirkungen der Ausweisung möchte der Kläger im vorliegenden Fall durch die begehrte Duldung vermeiden, weil er eine Trennung von seiner Ehefrau und seiner Tochter, die ihn wohl in die Türkei nicht begleiten würden, für unzumutbar hält. Die Duldung ist jedoch grundsätzlich nicht das rechtlich zulässige Instrument, um die vom Gesetzgeber vorgesehenen Auswirkungen einer unanfechtbaren Ausweisung auf den Ausgewiesenen zu beseitigen oder zu begrenzen. Dies hat vielmehr bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen durch Rücknahme oder Widerruf der Ausweisungsverfügung bzw. durch die (hinsichtlich des Ausweisungszwecks gegenüber dem Widerruf speziellere Maßnahme der) Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu geschehen (vgl. zur Abgrenzung dieser Maßnahmen vgl. BVerwG, Urteil vom 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, BVerwGE 110, 140 [143, 147f.]; zur Durchbrechung dieser Folgen und Wirkungen durch § 30 Abs. 4 AuslG vgl. unten).

Auch ausgewiesene Ausländer mit familiären Bindungen zu Personen, die sich erlaubt im Bundesgebiet aufhalten, sind grundsätzlich ausreisepflichtig und darauf zu verweisen, dass über die angemessene Dauer der Wirkungen der Ausweisung im Wege der Befristung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG entschieden wird. Denn weder Art. 8 EMRK noch Art. 6 GG begründen einen Anspruch darauf, dass die Sperrwirkungen des § 8 Abs. 2 AuslG außer Betracht bleiben (vgl. zu den Sperrwirkungen des § 8 Abs. 1 AuslG und des § 28 Abs. 3 Satz 2 AuslG BVerwG, Urteil vom 18.6.1996 - 1 C 17.95 -, BVerwGE 101, 265 [272] und Urteil vom 4.6.1997 a.a.O., S. 42f.). Eine Durchbrechung des dargestellten Rechtsfolgensystems sieht der Gesetzgeber in solchen Fällen nur vor, wenn der Ehe- und Familienschutz im Einzelfall derart gewichtig ist, dass auch jede zeitlich begrenzte Trennung unzumutbar erscheint. In diesem Fall kann eine Duldung wegen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses nach § 55 Abs. 2 AuslG in Betracht kommen, die auch bei Fortwirken der Ausweisung langfristig in eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG münden kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.5.2000 - 13 S 2456/99 -, InfAuslR 2000, 395). Dabei setzt die Aufenthaltsbefugnis das Vorliegen der Duldungsvoraussetzungen voraus, überlässt es aber nicht dem Ausländer zwischen Aufenthaltsbefugnis und Duldung zu wählen. Ist ein Daueraufenthalt - wie hier - zur Fortführung einer familiären Lebensgemeinschaft beabsichtigt, ist vorrangig die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ins Auge zu fassen und scheidet eine Duldung wegen ihres nur vorläufigen Charakters typischerweise aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1997, a.a.O., S. 43). Eine Duldung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn eine Aufenthaltsbefugnis - welcher Art auch immer - aus Rechtsgründen gänzlich ausscheidet, oder aber wenn es an einem zeitlichen Erfordernis der Aufenthaltsbefugnis fehlt; im letzteren Fall kann die Duldung eine faktische Überbrückungswirkung haben.

Gemessen hieran ist die Ablehnung des vom Kläger geltend gemachten Duldungsanspruchs durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis nicht ernstlich zweifelhaft.

Das Ausländergesetz sieht für den vom Kläger beabsichtigten Daueraufenthalt bei seiner Familie im Bundesgebiet die Aufenthaltserlaubnis vor, der jedoch die Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG entgegensteht. Der Kläger muss diese Wirkung im hierfür vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahren beseitigen, indem er eine Befristungsentscheidung beantragt, die er ggf. gerichtlich überprüfen lassen kann. Da die Frist nach der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 4 AuslG erst mit der Ausreise beginnt und diese damit voraussetzt, ist für eine Duldung auf der Grundlage von § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG nur dann Raum, wenn dem ausgewiesenen Ausländer von vornherein eine auch nur kurzzeitige Trennung von Familienangehörigen unzumutbar (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.4.2001 - 13 S 555/01 -, InfAuslR 2001, 381f.) und eine Abschiebung aus diesem Grund rechtlich unmöglich ist (z.B. besondere Angewiesenheit eines Familienmitglieds auf Hilfe und Pflege durch den zu duldenden Ausländer). Dafür, dass sich die Situation des Klägers, seiner Ehefrau und seiner zehn Jahre alten Tochter in einer Weise zugespitzt hat, dass nach Haftende eine auch nur vorübergehende Trennung unzumutbar wäre, enthält die Begründung des Zulassungsantrags keine Anhaltspunkte. Das Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung einer Duldung ist damit nicht dargetan.

Eine Duldung kann der Kläger damit auch nicht aufgrund seines Vorbringens beanspruchen, dass er diese nicht auf Dauer, sondern nur solange benötige, bis ihm eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG zusteht. Auch § 30 Abs. 4 AuslG dient nicht der Vermeidung der Auswirkungen der Ausweisung, sondern ermöglicht einem ausgewiesenen Ausländer nur dann, wenn auf längere Sicht weder seine Ausreise noch seine Abschiebung möglich ist und damit auch eine Befristung der Ausweisungswirkungen ausscheidet, die eine vorherige Ausreise voraussetzt (§ 8 Abs. 2 Satz 4 AuslG), einen legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Nur in einem solchen Fall haben die genannten Rechtsfolgen zurückzustehen und kann ausnahmsweise auf die Ausreise des Ausländers nach dieser Vorschrift verzichtet werden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.9.2001 - 10 S 1230/01 -, EZAR 039 Nr. 8; Beschluss vom 2.5.2000, a.a.O.; Urteil vom 5.7.2000 - 13 S 1726/99 -, InfAuslR 2000, 491; Urteil vom 13.6.2000 - 13 S 1378/98 -, VBlBW 2001, 23; BVerwG, Urteil vom 4.6.1997, a.a.O.). Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG setzt daher seinerseits aktuelle Duldungsgründe (hier: aufgrund eines rechtlichen Abschiebungshindernisses aus Art. 6 GG) voraus. Einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung auf der Grundlage von § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 GG hat der Kläger, wie dargelegt, aber nicht dargetan, so dass bereits insoweit ein aktueller Anspruch nach § 30 Abs. 4 AuslG ausscheidet.

Klarstellend weist der Senat noch darauf hin, dass es hier damit nicht darum geht, durch die Duldung (insbesondere im Wege der einstweiligen Anordnung) einen schon jetzt bestehenden Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zu sichern, den der Kläger, wie dargelegt, für den von ihm erstrebten Daueraufenthalt vorrangig verfolgen müsste. Stattdessen will der Kläger durch den Verbleib im Bundesgebiet im Wege der Duldung erst die Möglichkeit erhalten, die Voraussetzungen für eine im Ermessen der Behörde stehende Aufenthaltsbefugnis in einem noch zukünftigen Zeitpunkt zu erfüllen. Diese Chance eines zukünftigen Anspruchs stellt jedoch für sich weder ein rechtliches noch ein tatsächliches Abschiebungshindernis dar. Denn der Duldung kommt nicht die rechtliche Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthaltsrechts zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1997 a.a.O., S. 43).

2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat auch keinen Erfolg, soweit sich der Kläger auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) beruft. Eine Rechtssache hat in rechtlicher Hinsicht grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn sie auf eine für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche Rechtsfrage prinzipieller Tragweite führt, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung oder einer Fortentwicklung des Rechts einer Klärung in dem angestrebten Berufungsverfahren bedarf. Gemäß dem Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 1 Satz 4 a.F. VwGO muss der Zulassungsantragsteller die Elemente der Rechtsgrundsätzlichkeit in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil im einzelnen aufzeigen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn der Kläger hat sich darauf beschränkt vorzutragen, die Frage, ob und in welchem Umfang aus Art. 6 GG ein Duldungsanspruch hergeleitet werden könne, habe grundsätzliche Bedeutung. Mit diesem Vorbringen konnte der Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 25 Abs. 2, § 14 Abs. 3 und 1 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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