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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.08.2002
Aktenzeichen: 11 S 659/02
Rechtsgebiete: AuslG, LVwVfG, GG


Vorschriften:

AuslG § 25 Abs. 3 Satz 1
AuslG § 67 Abs. 1
AuslG § 70 Abs. 1 Satz 1
LVwVfG § 3 Abs. 3
LVwVfG § 48 Abs. 1 Satz 1
LVwVfG § 48 Abs. 1 Satz 2
LVwVfG § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2
LVwVfG § 48 Abs. 5
GG Art. 6 Abs. 1
1. Zur Frage der Rechtsfolgen des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit und der Verbandskompetenz der Ausländerbehörde während des Widerspruchsverfahrens.

2. Zur Abgrenzung zwischen Regel- und Ausnahmefall in § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG bei dem Merkmal einer fortbestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft (Fortführung des Urteils des Senats vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01 -)


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

11 S 659/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis und Abschiebungsandrohung

hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Jakober sowie die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Paehlke-Gärtner auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. April 2001 - 6 K 1213/00 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die Versagung seines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet und die Androhung seiner Abschiebung.

Der Kläger, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste im November 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und betrieb erfolglos ein Asylverfahren. Sein erster Asylantrag wurde durch Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 13.5.1993 abgelehnt, der seit dem 2.6.1993 bestandskräftig ist. Am 14.9.1993 stellte er einen Folgeantrag, der mit Bescheid vom 15.2.1995 abgelehnt wurde. Den Folgeantrag nahm er am 13.10.1995 rückwirkend zurück.

Am 29.9.1995 heiratete der Kläger vor dem Standesamt L. eine deutsche Staatsangehörige. Auf seinen Antrag vom 4.10.1995 wurde ihm daraufhin vom Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis unter dem 10.11.1995 eine bis zum 28.09.1998 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Mitte 1996 zogen die Eheleute mit den Kindern der Ehefrau nach M. in die L.straße 226. Ab dem 6.10.1997 mietete die Ehefrau des Klägers eine 3-Zimmer-Wohnung (50 qm) in Mannheim, T. H. 3. Am 6.11.1997 kündigte der Kläger die Wohnung in der L.straße 226. Diese Kündigung nahm er mit Schreiben vom 9.12.1997 zurück.

Am 22.1.1998 stellte die Ehefrau des Klägers einen Scheidungsantrag.

Wegen einer beabsichtigten Reise beantragte der Kläger schon am 25.3.1998 bei der Beklagten die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Im Antrag gab er als Wohnadresse seiner Ehefrau und deren drei Kinder die Adresse T.H. 3 in M. an. Die seine eigene Wohnanschrift betreffende Spalte des Antragsformulars ließ er unausgefüllt, ebenso die Spalte "Zweck des weiteren Aufenthalts".

Mit Schreiben vom 7.5.1998 widerrief der Kläger erneut eine Kündigung der Wohnung L.straße 226.

Am 13.5.1998 nahm die Ehefrau des Klägers den Scheidungsantrag zurück.

Mit Bescheid vom 10.7.1998 wurde auf den Antrag des Klägers vom 25.3.1998 die Aufenthaltserlaubnis bis zum 9.7.1999 durch die Beklagte verlängert.

Vom 9.8.1998 bis 4.9.1998 unternahmen der Kläger und seine Ehefrau gemeinsam eine Reise nach Nigeria, um die beiden Kinder des Klägers nach Deutschland zu holen. Diese reisten sodann mit einem Besuchsvisum in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Am 14.9.1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. In diesem Antrag gab er sowohl als Wohnanschrift seiner Ehefrau als auch hinsichtlich seiner eigenen Person und der drei Kinder seiner Ehefrau die Adresse T. H. 3 in M. an. Die nach dem Zweck des weiteren Aufenthalts fragende Spalte blieb erneut unausgefüllt. Mit Verfügung vom 30.9.1998 wurde ihm daraufhin eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Am 23.11.1998 wurden für die Kinder des Klägers Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gestellt.

Im Dezember 1998 wurde die Ausländerbehörde telefonisch darauf hingewiesen, dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers mit der deutschen Staatsangehörigen schon längere Zeit nicht mehr bestehe. Bei einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 22.1.1999 gab die Ehefrau an, dass sie seit Oktober 1997 von ihrem Mann getrennt lebe. Sie bewohne seit Oktober 1997 die Wohnung in T. H. 3 und ihr Ehemann die Wohnung in L.straße 226 in M.. Hierüber gab sie auch eine schriftliche Erklärung bei der Ausländerbehörde ab. Mit Schreiben vom 28.1.1999 wurde der Kläger von der Ausländerbehörde dazu angehört, dass beabsichtigt sei, die ihm erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis wegen der erfolgten Trennung von seiner deutschen Ehefrau im Oktober 1997 zurückzunehmen. Der Kläger ließ daraufhin durch seinen Bevollmächtigten erklären, dass sich die Ehefrau erst am 4.1.1999 durch Auszug aus der gemeinsamen Wohnung von ihm getrennt habe. Ein von ihr im Januar 1998 eingereichter Scheidungsantrag sei im Mai 1998 wieder zurückgenommen worden.

Im Februar 1999 beantragte die Ehefrau erneut die Scheidung. Die Ehe wurde mit Urteil vom 11.5.2001 geschieden.

Mit Verfügung vom 19.5.1999 nahm die Beklagte die unbefristete Aufenthaltserlaubnis vom 30.9.1998 zurück, versagte dem Kläger den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet, forderte ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung zu verlassen und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Nigeria an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die eheliche Lebensgemeinschaft habe bereits seit Oktober 1997 nicht mehr bestanden. Aufgrund der Angabe der Wohnung T. H. 3 als gemeinsamer Wohnsitz habe der Kläger aber den Eindruck erweckt, er lebe mit seiner Ehefrau in ehelicher Lebensgemeinschaft. Da die übrigen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt erschienen seien, sei dem Kläger von der Beklagten am 30.9.1998 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden. Diese sei damit vom Kläger durch unrichtige Angaben gem. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG erwirkt worden und zurückzunehmen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 19 AuslG. Die Erteilung einer solchen komme auch im Ermessenswege nicht in Betracht.

Mit gleicher Verfügung wurde der für die Kinder des Klägers gestellte Antrag auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen vom 23.11.1998 abgelehnt und auch diesen der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet versagt.

Am 18.6.1999 legte der Kläger gegen die Verfügung vom 19.5.1999 Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass eine Trennung der Ehegatten erst im Januar 1999 erfolgt sei.

Am 13.10.1999 zog der Kläger nach D. um. Die Beklagte teilte dies der Widerspruchsbehörde mit Schreiben vom 22.11.1999 mit, nachdem die Stadt D. am 27.10.1999 die Akten des Klägers angefordert hatte.

Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.3.2000 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sei aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen. Nach den Angaben der Ehefrau des Klägers in drei verschiedenen Erklärungen (schriftliche Erklärung vom 22.1.1999 gegenüber der Beklagten' Beschuldigtenvernehmung vor der Kriminalpolizei M. am 17.3.1999 und Erklärung im Rahmen des Scheidungsverfahrens vor dem Familiengericht M. am 13.7.1999) habe die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen ihr und dem Kläger nach der Heirat im September 1995 nur wenige Monate bestanden und sei spätestens mit dem Einzug in die nur von ihr angemietete Wohnung im T. H. 3, M. im Oktober 1997 endgültig beendet worden. Der einzige erkennbare Grund für das Vorhandensein von zwei getrennten Wohnungen in derselben Stadt sei, dass die Ehefrau des Klägers die eheliche Lebensgemeinschaft mit diesem nicht mehr habe fortsetzen wollen, da sie von diesem mehrmals geschlagen und bedroht worden sei. Auch der Kläger habe in seiner Aussage vor dem Familiengericht M. am 13.7.1999 eingeräumt, dass er und seine Ehefrau seit Mai 1998 in zwei verschiedenen Wohnungen, die Frau im T. H. und er in der L.straße, gelebt hätten, sie hätten aber trotzdem zusammengelebt. Die von ihm hierfür angegebene Begründung, dass sie manchmal in der Wohnung der Ehefrau, manchmal in seiner Wohnung geschlafen hätten, sei durch die mehrfachen Zeugenaussagen widerlegt und allein schon deshalb nicht glaubhaft, da er ebenfalls zugebe, dass er und seine Ehefrau von Anfang an immer getrennte Schlafzimmer gehabt hätten. Auch die gemeinsame Reise nach Nigeria im August/September 1998 sei seitens seiner Ehefrau offensichtlich nach Drohungen nur mitgemacht worden, um ein weiteres Scheidungsverfahren in Ruhe durchzuführen. Auch der zunächst freundliche Kontakt der Kinder des Klägers zu den Kindern der Ehefrau und deren gelegentliches Übernachten in der jeweils anderen Wohnung seien keine Nachweise dafür, dass zwischen den beiden Eheleuten die familiäre Lebensgemeinschaft wieder aufgenommen worden sei. Auch nach anderen Vorschriften hätte dem Kläger keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden können. Die Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis liege damit im Ermessen der Ausländerbehörde. Bei der Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand seiner Aufenthaltserlaubnis berufen könne. Denn er habe zumindest durch schlüssiges Verhalten gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt M. nach der im Oktober 1997 erfolgten räumlichen Trennung von seiner deutschen Ehefrau bewusst bei der Behörde durch falsche Angaben in seinem Antrag vom 14.9.1998 den Eindruck erweckt, er lebe noch immer in familiärer Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Frau im T. H. 3, um auf diese Weise in den Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis zu kommen. Diese Angaben seien durch die mehrfachen Aussagen seiner Ehefrau im Rahmen des Strafverfahrens sowie des Scheidungsverfahren sowie anderer Zeugen eindeutig widerlegt. Der Kläger habe durch sein Verhalten die Ausländerbehörde dazu veranlassen wollen, ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Er habe somit durch unrichtige Angaben die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung erwirkt und sich somit wohl auch nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG strafbar gemacht. Ihm sei durchaus bekannt gewesen, dass die Ausländerbehörde - hätte sie von der räumlichen Trennung von der deutschen Ehefrau gewusst - ihm keine unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausstellen würde. Sonstige private Belange des Klägers, die für eine Aufrechterhaltung der Aufenthaltserlaubnis sprechen könnten, lägen nicht vor. Seine mit einem Besuchsvisum im September 1998 in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten minderjährigen Kinder verfügten nach der Entscheidung der Ausländerbehörde gleichfalls über keine wirksame Aufenthaltsgenehmigung und müssten Deutschland ebenfalls verlassen. Über schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche oder sonstige Bindungen im Bundesgebiet verfüge der Kläger nicht. Auch aus einem anderen Rechtsgrund könne dem Kläger gegenwärtig keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG und die weitere Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis scheide aus, da die eheliche Lebensgemeinschaft nicht seit mindestens 4 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe. Auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Satz 2 AuslG lägen nicht vor. Der Kläger habe im Verlauf seines bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet im Rahmen seines rechtskräftig abgelehnten Asylverfahrens und seines rechtmäßigen Aufenthaltes keine Bindungen aufgebaut, die schutzwürdig wären. Seine Ehefrau lebe seit Oktober 1997 von ihm getrennt, gemeinsame Kinder gebe es nicht. Er habe bis zu seiner Einreise ins Bundesgebiet 32 Lebensjahre in seinem Heimatland Nigeria verbracht, so dass auch nach mehr als 7-jähriger Abwesenheit keine Gründe erkennbar seien, weshalb er sich nicht wieder in die dortigen Lebensverhältnisse hineinfinden sollte. Auch der eventuelle Schulbesuch seiner beiden minderjährigen Kinder führe zu keiner anderen Bewertung. Die 15- bzw. 17-jährigen Kinder befänden sich in einem Alter, in dem davon auszugehen sei, dass sie sich bei einer Rückkehr nach Nigeria problemlos wieder in das dortige Bildungssystem einfügen könnten, zumal sie sich ohnehin erst seit September 1998 in Deutschland aufhielten und zuvor in ihrem Heimatland gelebt hätten und auch die dortige Sprache sprechen dürften. Das öffentliche Interesse, wonach nur derjenige eine Aufenthaltserlaubnis besitzen sollte, der die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Erhalt erfülle, überwiege daher deutlich das Interesse des Klägers an einer Fortsetzung seines durch unlauteres Verhalten im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erwirkten Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet. Eine Gewichtung der genannten Umstände ergebe somit, dass die wohl durch eine Straftat nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erlangte unbefristete Aufenthaltserlaubnis zum 30.9.1998 auch mit Wirkung für die Vergangenheit habe zurecht zurückgenommen werden können. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 31.3.2000 zugestellt.

Am 20.4.2000 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage und trug zur Begründung im Wesentlichen vor: Die Trennung von seiner deutschen Ehefrau habe erst im Januar 1999 stattgefunden. Es sei noch nachvollziehbar, dass er versucht haben solle, die Ehefrau durch Drohungen dazu zu bewegen, mit ihm nach Nigeria zu fliegen, um seine Kinder nach Deutschland zu holen; es sei jedoch nicht mehr nachvollziehbar, warum er sie durch Drohungen dazu habe bewegen sollen, mit ihm zu einem Kurzurlaub nach Holland aufzubrechen. Es sei aber auch nicht glaubhaft, dass seine Ehefrau, welche ja bei früheren Gelegenheiten schon zur Polizei gegangen sei, aufgrund von Drohungen mit ihm nach Nigeria reise und dort gegenüber der Deutschen Botschaft vollkommen falsche Angaben mache, um so die Einreise seiner Kinder in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Bemerkenswert sei schließlich, dass die Ehefrau für ihre Stiefsöhne noch am 23.11.1998 bei der Ausländerbehörde Mannheim eine Aufenthaltserlaubnis beantragt habe. Nach alledem ergäben sich bereits aus der Auswertung der vorliegenden Akten erhebliche Bedenken hinsichtlich der Angaben seiner Ehefrau. Er sei mit seiner Ehefrau im Oktober 1997 in die Wohnung T. H. 3 in M. gezogen. Dort sei er auch gemeldet gewesen. In die Wohnung L.straße 226 seien sein Cousin xxxxxxxx xxxxx und seine Ehefrau gezogen. Er habe mit seiner Ehefrau bis Dezember 1998 in der Wohnung T. H. 3 zusammengelebt. Da aber die Wohnung im T. H. 3 zu klein gewesen sei, hätten der Sohn der Ehefrau und sein Sohn in der Wohnung L.straße 226 übernachtet. Im November und Dezember 1998 sei die Arbeitslosenhilfe seiner Frau vom Arbeitsamt auf sein Konto überwiesen worden wie auch das Kindergeld für die Kinder der Ehefrau. Weiterhin seien auch noch bis November und Dezember 1998 Strom und Miete für die Wohnung T. H. 3 von seinem Konto abgebucht worden. Auch der Arbeitslohn des Sohnes Benjamin der Ehefrau, der für eine Aushilfstätigkeit im Herbst 1998 entrichtet worden sei, sei noch im Dezember 1998 auf sein Konto überwiesen worden.

Die Beklagte nahm Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und fügte ergänzend hinzu: Auch wenn einige Angaben der Ehefrau des Klägers in manchen Punkten möglicherweise überzogen seien, so sei ihr Vortrag bezüglich des Nichtbestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft aufgrund ihres alleinigen Einzugs in die Wohnung T. H. 3 im Oktober 1997, der durch mehrere Zeugen bestätigt sei, durchaus in diesem entscheidenden Punkt glaubhaft. Tatsache sei, dass die Polizei mehrfach gerufen worden und zur Wohnung gefahren sei. Aus dem zeitweiligen kurzfristigen Aufenthalt der Kinder des Klägers in der Wohnung der Stiefmutter, der guten Freundschaft zwischen den Söhnen der Eheleute oder Einladungen der Stiefkinder zum Essen könne das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft zwischen den Eheleuten nicht geschlossen werden. Auch der Kläger spreche im Schreiben vom 27.7.2000 lediglich von einer "familiären Lebensgemeinschaft".

Am 29.12.2000 beantragte der Kläger bei der Stadt D. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden.

Nach einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers und der Zeugin xxxxxx xxxxx über die Frage des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft im September 1998 hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5.4.2001 - 6 K 1213/00 - die angegriffene Verfügung und den Widerspruchsbescheid hinsichtlich der gegenüber dem Kläger getroffenen Regelungen aufgehoben. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Beklagte habe zu Unrecht die unbefristete Aufenthaltserlaubnis des Klägers mit Verfügung vom 19.5.1999 zurückgenommen. Die Beklagte sowie die Widerspruchsbehörde hätten zu Unrecht angenommen, der Kläger habe kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, weil er diese bewusst bei der Behörde durch falsche Angaben erwirkt und sich auch nach § 92 Abs.2 Nr. 2 AuslG strafbar gemacht habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne dem Kläger nicht nachgewiesen werden, dass er bei der Beantragung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im September 1998 die Ausländerbehörde über das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau bewusst getäuscht habe, also nicht im guten Glauben gewesen sei, eine Aufenthaltserlaubnis stehe ihm wegen Fortbestehens der Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen zu.

Gegen das am 7.5.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5.6.2001 die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 6.3.2002 - 11 S 1244/01 -, zugestellt am 21.3.2002, nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. Am 15.4.2002 hat die Beklagte die Berufung begründet. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren und macht geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stehe fest, dass der Kläger die Ausländerbehörde über das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau bewusst getäuscht habe. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zur Frage des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft sei in mehrfacher Hinsicht unzutreffend.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.4.2001 - 6 K 1213/00 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er tritt der Berufung entgegen und wiederholt zur Begründung ebenfalls im wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, das durch die Beweisaufnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestätigt werde.

Mit Telefax vom 27.8.2002 hat die Beklagte die Kopie eines Aktenvermerks vom 22.8.2002 über ein Telefongespräch eines Mitarbeiters der Beklagten mit der Ausländerbehörde der Stadt D. vorgelegt, in dem es u.a. heißt: "Es wurde der Sachverhalt kurz geschildert und angefragt, ob nach Verwaltungsverfahrensgesetz die Zustimmung (nachträglich) erteilt wird, dass das Verfahren hier beendet wird. Von dort wurden keinerlei Bedenken geltend gemacht und die Zustimmung erteilt, dass das Verfahren hier beendet werden kann."

Dem Senat liegen die den Kläger und seine beiden Kinder betreffenden Ausländerakten der Beklagten (4 Bände), die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band) sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (6 K 1213/00) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Frist des § 124 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden. Auch entspricht die Begründung inhaltlich den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und die angegriffenen Entscheidungen aufgehoben.

Mit seiner Anfechtungsklage begehrt der Kläger die Aufhebung der angegriffenen Bescheide, soweit darin ihn betreffende belastende Regelungen getroffen wurden. Geregelt in den Bescheiden wird zum einen die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (Abs. 1). Die Beklagte hat die unbefristete Aufenthaltserlaubnis des Klägers ersichtlich mit Wirkung ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung am 30. September 1998 zurückgenommen. Der Zusatz in Abs. 1 Satz 3 ("Ihnen ... wird der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet versagt") enthält ebenfalls eine eigenständige Regelung. Er lässt im Zusammenhang mit der Begründung der Entscheidung erkennen, dass die Beklagte auch das im - wieder auflebenden - Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis enthaltene Begehren auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis verbindlich ablehnen will. Schließlich wird der Kläger in dem Bescheid aufgefordert, innerhalb von 3 Monaten nach Bestandskraft der Verfügung auszureisen und ihm wird für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Nigeria angedroht (Abs. 2 und 3).

A. Die gegen die Bescheide mit diesem Inhalt gerichtete Klage ist zulässig. Die Klage ist fristgerecht und nach Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens erhoben worden. Die Anfechtungsklage ist hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis, hinsichtlich der Versagung eines weiteren befristeten Aufenthaltsrechts und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung auch die richtige Klageart. Gegen ihre Zulässigkeit als isolierte Anfechtungsklage gegen die Versagung der Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Der Kläger konnte gegen die Versagung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis trotz seines weitergehenden, auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Anliegens deswegen (isolierte) Anfechtungsklage erheben, weil die Beklagte nach dem Umzug des Klägers nach D. für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr örtlich zuständig war (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 Verordnung des Landes Baden-Württemberg über die Zuständigkeiten nach dem Ausländergesetz und dem Asylverfahrensgesetz [AAZuVO] in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. März 1998 [GBl. S. 187]) und den Anspruch auf Erteilung der befristeten Aufenthaltserlaubnis nicht mehr erfüllen konnte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.4.1968 - 1 C 23.67 -, Buchholz 402.24 § 20 AuslG Nr. 1; Urteil vom 31.3.1987 - 1 C 32.84 - Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 6; Beschluss vom 21.6.1993 - 1 C 16.93, InfAuslR 1993, 322; Beschluss vom 29.3.1996 - 1 C 28.94 - Buchholz 402.240 § 20 AuslG 1990 Nr. 2; Urteil vom 10.12.1996, - 1 C 19/94 -, InfAuslR 1997, 239). § 4 Abs. 2 Satz 3 AAZuVO greift hier nicht ein, da der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers bekannt war. Die Beklagte hat damit - zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung (31.3.2000) - als örtlich unzuständige Behörde (vgl. dazu unten) die Befugnis für sich in Anspruch genommen, in der Sache und damit über die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Wege einer - auf den damaligen Zeitpunkt bezogenen - negativen Feststellung zu entscheiden. Der Kläger hat auch im Hinblick auf das bereits anhängige Verwaltungsverfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei der nunmehr zuständigen Stadt D. - unabhängig von der Wirkung der von dieser mündlich erklärten Zustimmung zur Fortführung des Verfahrens durch die Beklagte - ein rechtlich schützenswertes Interesse daran, dass diese negative Feststellung aufgehoben wird.

B. Die Klage ist auch begründet. Die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis des Klägers, die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung und die ihm gegenüber erlassene Abschiebungsandrohung in der Verfügung der Beklagten vom 19.5.1999 in der maßgeblichen Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums K. vom 29.3.2000 sind wegen der - möglicherweise allerdings geheilten - örtlichen Unzuständigkeit der Beklagten (dazu I.), jedenfalls aber in der Sache (dazu II.) rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Entscheidungen ergab sich - jedenfalls vor Erteilung der Zustimmung der Stadt D. während des vorliegenden Berufungsverfahrens - bereits aus der örtlichen Unzuständigkeit der Beklagten nach dem Umzug des Klägers nach D. am 13.10.1999. Zu dem bei (isolierten) Anfechtungsklagen im Grundsatz für die gerichtliche Überprüfung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (hier: 31.3.2000) besaß die Beklagte bereits keine örtliche Zuständigkeit und damit zugleich auch keine Verbandskompetenz mehr für die getroffenen Entscheidungen (Versagung des weiteren Aufenthalts, Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Abschiebungsandrohung).

1. a) Bezüglich der Versagung des weiteren Aufenthalts (Ablehnung der Erteilung oder Verlängerung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis) ist § 3 Abs. 3 LVwVfG maßgeblich. Gegen die Anwendung des § 3 Abs. 3 LVwVfG spricht jedenfalls bei dem hier zu beurteilenden Vollzug von Bundesrecht durch die Länder (als eigene Angelegenheit) nicht, dass die zuständig gewordene Behörde (Stadt D.) einem anderen Bundesland angehört als die Beklagte (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1996 a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 16.2.1999 - BF VI 2/97 -, NVwZ-RR 1999, 633 m.w.N.; vgl. auch unten), zumal auch das Land Hessen eine identische Regelung hat (vgl. § 3 Abs. 3 hess.VwVfG sowie § 1a Abs. 2 der hessischen Verordnung über die Zuständigkeit der Ausländerbehörden vom 21.6.1993 [GVBl. S. 260]). Die baden-württembergische Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Ausländergesetz und dem Asylverfahrensgesetz - AAZuVO - enthält keine gegenüber § 3 Abs. 3 LVwVfG spezielle Regelung, aus der sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten nach dem Umzug des Klägers ergibt. Aus § 63 Abs. 2 Nr. 2 AuslG i.V.m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz vom 28.6.2000 (GMBl. vom 6.10.2000, S. 616) kann sich hier schon deswegen keine die Anwendung des Landesverwaltungsverfahrensrechts verdrängende Regelung ergeben, weil die Verwaltungsvorschrift erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist.

Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 LVwVfG lagen insoweit vor, als sich im Verlauf des Verwaltungsverfahrens die örtliche Zuständigkeit und die Verbandskompetenz geändert hat. Die zunächst durch § 4 Abs. 2 Satz 1 AAZuVO bei Erlass des Ausgangsbescheids gegebene örtliche Zuständigkeit der Beklagten dauerte nicht unabhängig von den zuständigkeitsbegründenden Verhältnissen fort. Ein allgemeiner Grundsatz dahin, dass in Anlehnung an gerichtsverfahrensrechtliche Vorschriften über den Gerichtsstand (§ 83 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 GVG - sog. perpetuatio fori -) und aus Gründen des staatlichen Organisationsrechts mit dem Erlass eines belastenden Verwaltungsakts die bis zu diesem Zeitpunkt gegebene örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde im Vorverfahren erhalten bleibt (perpetuatio magistratus), besteht nicht (so zutreffend OVG Hamburg, Urteil vom 16.2.1999 a.a.O. m.w.N.). Der Begriff des Verwaltungsverfahrens umfasst jedenfalls im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 LVwVfG vielmehr auch das Widerspruchsverfahren; das Ausgangsverfahren bildet mit dem Widerspruchsverfahren eine Einheit und wird - frühestens - mit Erlass des Widerspruchsbescheids abgeschlossen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.9.1989 - 8 C 88.88 -, BVerwGE 82, 336 [338]; Urteil vom 18.4.1986 - 8 C 81.83 -, Buchholz 316 § 3 VwVfG Nr. 2 = NVwZ 1987, 224 f.; Urteil vom 24.5.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313 [ 315 f.] sowie Urteil vom 10.12.1996 a.a.O; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 3 Rdnr. 35; Knack, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 3 Rdnr. 39f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 3 Rdnr. 49; a.A. Obermayer, VwVfG, 3. Aufl. 1999, § 3 Rdnr. 70). Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über das Vorverfahren schließen die Anwendung von § 3 Abs. 3 LVwVfG in Fällen des Verlustes der örtlichen Zuständigkeit im Widerspruchsverfahren nicht aus. Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit sind § 73 Abs. 1 VwGO zu entnehmen (vgl. hierzu OVG Hamburg, Urteil vom 16.2.1999 a.a.O., m.w.N.). In dieser Auslegung eröffnet § 3 Abs. 3 LVwVfG die sachgerechte Verfahrensweise, das Widerspruchsverfahren mit Zustimmung der zuständig gewordenen Verwaltungsbehörde fortführen zu können. Wird diese Zustimmung nicht erteilt, hat die bisher zuständige Ausgangsbehörde oder die Widerspruchsbehörde den erlassenen Verwaltungsakt aufzuheben und auf diese Weise der nunmehr zuständigen Behörde die Durchführung des Verwaltungsverfahrens zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1996, Buchholz 402.240 § 5 AuslG 1990 Nr. 1 S. 1, 3).

b) Eine Zustimmung nach § 3 Abs. 3 LVwVfG lag im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht vor. Dabei kann hier offen bleiben, ob die Zustimmung in konkludenter Form wirksam erteilt werden kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.10.1988 - 9 C 2.88 -; vom 22.2.1985 - 8 C 25.84 -, BVerwGE 71, 63). Denn auch eine konkludente Zustimmung vor Erlass der Widerspruchsentscheidung war hier nicht gegeben. Vielmehr hatte die Stadt D. vor Erlass des Widerspruchsbescheids am 19.10.1999 die Akten angefordert und mit Schreiben vom 23.6.2000 an die Beklagte festgestellt, dass die Akten noch nicht übersandt wurden. Es wurde daher um Sachstandsmitteilung gebeten und angefragt, ob die Verfügungen vom 19.5.1999, von denen die Stadt D. aus dem Ausländerzentralregister Kenntnis hatte, noch nicht vollziehbar seien. Dies lässt erkennen, dass die Stadt D. über den weiteren Verfahrensgang nicht informiert war und der Fortführung des Verfahrens dementsprechend auch nicht konkludent zugestimmt haben konnte. Eine Information erfolgte erst mit Schreiben der Beklagten vom 4.7.2000, auf das die Stadt D. mit Schreiben vom 24.8.2000 darauf aufmerksam machte, dass der Kläger nach wie vor in D. gemeldet sei.

Damit konnte aber die Beklagte - und dementsprechend auch die Widerspruchsbehörde - keine das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung treffen, sondern hatte dafür Sorge zu tragen, dass diese Entscheidung der nunmehr zuständigen Behörde offen stand (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.1996 a.a.O.).

2. Bezüglich der Rücknahmeentscheidung (Rücknahme der von der Beklagten erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis) gilt nichts anderes. Auch insofern war die Beklagte nicht (mehr) zuständig. Denn § 48 Abs. 5 LVwVfG bestimmt, dass nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 LVwVfG zuständige Behörde auch dann entscheidet, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Beim Rücknahmeverfahren handelt es sich um ein selbständiges Verfahren, für das die Zuständigkeit der Behörde, die den zurückzunehmenden Bescheid erlassen hat, nicht prolongiert wird. Danach ist grundsätzlich für die Korrektur unanfechtbar gewordener Verwaltungsakte zugunsten oder zu Lasten des Betroffenen diejenige Behörde zuständig, die nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung über die Korrektur des Verwaltungsaktes maßgeblichen Recht örtlich zuständig ist. Die Bestimmung des § 48 Abs. 5 LVwVfG hat auch für den Zuständigkeitswechsel durch Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in ein anderes Bundesland Geltung. Insoweit enthalten die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder mit § 48 Abs. 5 VwVfG inhaltlich übereinstimmende Vorschriften. Jedenfalls wenn es sich, wie hier, um den Vollzug von Bundesrecht durch die Länder handelt, ist die Behörde des anderen Bundeslandes dementsprechend nicht aus Gründen der Zuständigkeit als Körperschaft (Verbandskompetenz) gehindert, den in Vollzug von Bundesrecht erlassenen Verwaltungsakt der Behörde eines anderen Landes zurückzunehmen.

Für die Entscheidung über aufenthaltsrechtliche Maßnahmen war im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung über die Rücknahme, wie dargelegt, keine Zuständigkeit der Beklagten mehr gegeben. Vielmehr war zuvor - noch während des laufenden Verwaltungsverfahrens - die Stadt D. zuständig geworden. Gleiches gilt für den Erlass der Abschiebungsandrohung, für die, nachdem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. genommen hatte, sich für die Beklagte auch aus § 4 Abs. 1 AAZuVO keine örtliche Zuständigkeit mehr ergab.

3. a) Der gegebene Zuständigkeitsmangel war auch nicht nach § 46 LVwVfG unbeachtlich. Ob die Unbeachtlichkeit des Verfahrensmangels hier bereits deswegen ausscheidet, weil der Beklagten über die örtliche Zuständigkeit hinaus die Verbandskompetenz fehlte (so BVerwG, Urteil v. 10.12.1996 a.a.O.; a.A. HambOVG, Urteil vom 16.2.1999 a.a.O. für die Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder als eigene Angelegenheiten, worum es sich auch hier handelt), kann hier offen bleiben. Denn nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts nur dann nicht wegen einer Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit verlangt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Wird eine Aufenthaltsgenehmigung durch eine Behörde versagt, deren Träger den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht erfüllen kann, leidet der Bescheid nicht nur an einem Zuständigkeitsmangel, sondern verstößt auch gegen materielles Recht, das bei einem Anspruch den richtigen Anspruchsgegner einbezieht (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20.2.1992 - 5 C 66.68 -, BVerwGE 90, 25 [32]). Auch bei der isolierten Anfechtungsklage gegen die Ablehnung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis und bei der Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis als actus contrarius der Erteilung, mit der das Verwaltungsverfahren insoweit für den Kläger negativ abgeschlossen wird, geht es um die - im Falle der isolierten Anfechtungsklage im Rechtsschutzziel beschränkte - Durchsetzung von Ansprüchen. Zudem stand die Rücknahme im Ermessen der Behörde, das hier nicht "auf Null" reduziert war. Auch bei der Abschiebungsandrohung handelte es sich aber nicht um eine Entscheidung, die aufgrund der geltenden Rechtslage ergehen musste. Vielmehr setzte deren Erlass die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus.

b) Allerdings ist der Umstand zu würdigen, dass die Stadt D. (Ausländerbehörde) am 22.8.2002 nach telefonischer Schilderung des Sachverhalts "keinerlei Bedenken geltend gemacht" und die Zustimmung erteilt hat, "dass das Verfahren hier beendet werden kann". Es spricht einiges dafür, dass insofern eine nachträgliche Zustimmung nach § 3 Abs. 3 LVwVfG erteilt werden sollte, dass diese Erklärung wirksam war und dass damit der Mangel der örtlichen Zuständigkeit nach § 45 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 LVwVfG nachträglich rückwirkend geheilt worden ist (so Obermayer, a.a.O., § 3 Rdnr. 77, der eine analoge Anwendbarkeit des § 45 Abs. 2 VwVfG für die Zustimmung nach § 3 Abs. 3 VwVfG annimmt; vgl. auch Kopp/Ramsauer a.a.O., § 45 Rdnr. 31). Eine abschließende Beurteilung und Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht, da die angegriffenen Entscheidungen jedenfalls in der Sache rechtswidrig sind (dazu nachfolgend).

II. Das Verwaltungsgericht hat die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Rechtsgrundlage für die Rücknahme ist - davon ist die Beklagte zutreffend ausgegangen - § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 LVwVfG (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3.94 -, BVerwGE 98, 298 = InfAuslR 1995, 349). Nach dieser Vorschrift kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden.

§ 48 LVwVfG ist als Rücknahmeregelung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes neben der Möglichkeit der nachträglichen zeitlichen Beschränkung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis (§ 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG) anwendbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 23.5.1995 (- 1 C 3.94 -, BVerwGE 98, 298) ausgeführt, dass § 48 LVwVfG, der die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte regelt, neben der Regelung des Ausländergesetzes über die Befristung einer Aufenthaltserlaubnis anwendbar sei. Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften der Länder seien anwendbar, soweit das vorrangige Bundesrecht keine abweichenden oder entgegenstehenden Vorschriften enthalte (vgl. Art. 31 GG; § 1 Abs. 1 LVwVfG). Das Ausländergesetz regle die Rücknahme von Aufenthaltsgenehmigungen nicht. Auch enthielten die Vorschriften über die Befristung (§ 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG), den Widerruf (§ 43 AuslG), die Ausweisung (§§ 45 ff. AuslG) und über sonstige Erlöschensgründe (vgl. § 44 AuslG) keine abschließende Regelung mit der Folge, dass eine Rücknahme rechtswidriger Aufenthaltsgenehmigungen ausscheide (vgl. auch Beschluss des Senats vom 16.1.1997, - 11 S 3170/96 -, InfAuslR 1997, 200; Urteil des Senats vom 21.11.2001 a.a.O.). Diese Erlöschenstatbestände würden dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung rechtswidriger Aufenthaltsgenehmigungen, gleich ob mit Wirkung für die Vergangenheit oder für die Zukunft, allein nicht gerecht. Das gelte namentlich für die Befristung, die nur auf nachträglich eingetretene Umstände gestützt werden könne, also nicht auf die Rechtswidrigkeit der Aufenthaltsgenehmigung von Anfang an, und die zudem nicht rückwirkend verfügt werden dürfe. Es bestehe aber durchaus ein Bedürfnis, rechtswidrig erteilte Genehmigungen zurücknehmen zu können, wie etwa in Fällen, in denen das Gesetz für Genehmigungsansprüche darauf abstelle, ob der Ausländer seit einer bestimmten Zeit eine Aufenthaltsgenehmigung besitze (vgl. z.B. § 24 Abs. 1, § 27 Abs. 2 AuslG).

Diese Überlegungen sind allgemeiner systematischer Natur und lassen sich daher ohne weiteres auf die Rücknahme einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis übertragen (vgl. Urteil des Senats vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01 -, InfAuslR 2002, 234), zumal diese nur unter engen Voraussetzungen (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 AuslG) nachträglich zeitlich beschränkt werden kann und damit einer Rücknahmemöglichkeit noch größere praktische Bedeutung zukommt.

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Rücknahmeverfügung ist die Sach- und Rechtslage am 31.3.2000. Denn an diesem Tag wurde der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums K. vom 29.3.2000 zugestellt und damit erlassen. Zu diesem Zeitpunkt lagen zwar die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen vor, denn entgegen der Auffassung des Klägers war die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis an ihn rechtswidrig im Sinn von § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (dazu 1.) und durfte nach § 48 LVwVfG grundsätzlich zurückgenommen werden (dazu 2.). Entgegen der Annahme der Beklagten konnte sich der Kläger jedoch auf Vertrauensschutz berufen, so dass die Ermessenserwägungen der Beklagten insofern auf falschen Voraussetzungen beruhen (dazu 3.).

1. Dem Kläger stand ein Anspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis im Zeitpunkt der Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis am 30.9.1998 nicht zu.

Der Kläger hatte zunächst keinen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 24 AuslG. Denn er besaß noch nicht seit fünf Jahren eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG). Als Rechtsgrundlage der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis schied auch § 25 Abs. 2 i.V.m. § 24 Abs. 1 AuslG aus, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft regelt. Denn insoweit fehlte es an dem Vorliegen der Voraussetzung des § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis noch nicht seit fünf Jahren in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war. Dies ist aber auch im Falle des § 25 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 AuslG für die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis an den Ehegatten eines Deutschen nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erforderlich, weil § 25 Abs. 2 AuslG lediglich eine Abweichung von den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 sowie Abs. 2 Satz 1 AuslG zulässt. § 25 Abs. 2 AuslG trifft damit nur Erleichterungen im Hinblick auf § 24 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 2 Satz 1 AuslG, belässt es jedoch beim zeitlichen Erfordernis von fünf Jahren nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.5.1995 a.a.O.; Urteil vom 27.1.1998 - 1 C 28.96 -, Buchholz 402.240 § 19 AuslG 1990 Nr. 4 = InfAuslR 1998, 279; Urteil des Senats vom 21.11.2001 a.a.O.), welches der Kläger im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der zurückgenommenen Aufenthaltserlaubnis nicht erfüllt hatte.

Schließlich durfte dem Kläger auch keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG erteilt werden. Nach dieser Vorschrift ist die dem Ehegatten eines Deutschen erteilte Aufenthaltserlaubnis in der Regel nach drei Jahren unbefristet zu verlängern, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen fortbesteht und die in § 24 Abs. 1 Nr. 4 und 6 AuslG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Dies wäre im Zeitpunkt der Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis einmal dann nicht der Fall gewesen, wenn, wovon die Beklagte ausgeht, die eheliche Lebensgemeinschaft bereits nicht mehr bestanden hatte. Dies erscheint allerdings im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht fraglich, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung. Offen bleiben kann auch, ob das Erfordernis des Ablaufs von drei Jahren hier erfüllt war. Die zurückgenommene unbefristete Aufenthaltserlaubnis wurde am 31.9.1998 erteilt. Die Ehe war am 29.9.1995 geschlossen und dem Kläger daraufhin eine Aufenthaltserlaubnis am 10.11.1995 aufgrund seines Antrags vom 4.10.1995 erteilt worden. Der Zeitraum von drei Jahren wäre daher nur erreicht worden, wenn man davon ausginge, dass der Tag der Eheschließung und der Aufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft und nicht der spätere Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis maßgeblich wäre (zum Meinungsstand vgl. Hailbronner, AuslR, § 25 Rdnr. 19). Offen bleiben kann schließlich auch, ob die Zeit zwischen einer als endgültig vorgenommenen Trennung und einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft bei der Berechnung des Drei-Jahres-Zeitraums entweder mitzuzählen ist oder als Unterbrechung außer Betracht bleibt oder aber sogar dazu führt, dass der Drei-Jahres-Zeitraum ab der Wiederaufnahme neu erfüllt werden muss. Denn jedenfalls lägen die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG beim Kläger nicht vor.

a) § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG gewährt einen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nur im Regelfall und nur dann, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nach drei Jahren fortbesteht. Dies setzt zum einen voraus, dass beide Ehegatten im maßgeblichen Zeitpunkt die Fortführung der ehelichen Gemeinschaft ernsthaft beabsichtigen. Zum anderen darf kein Ausnahmefall gegeben sein (Urteil des Senats vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01).

Maßgebend für das Verständnis des Begriffs der ehelichen Gemeinschaft ist die Institution von Ehe und Familie, wie sie sich im abendländischen Rechts- und Kulturkreis herausgebildet hat (vgl. BT-Drucks. 11/6321, S. 60). Unter der Lebensgemeinschaft der Ehegatten ist das Ganze des ehelichen Verhältnisses, insbesondere die wechselseitige innere Bindung der Ehegatten zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 25.1.1989 - IVb ZR 34/88 -, FamRZ 1989, 479 [481]). Die häusliche Gemeinschaft umschreibt die äußere Realisierung dieser Lebensgemeinschaft in einer beiden Ehegatten gemeinsamen Wohnstätte. Im Verhältnis zueinander ist die Lebensgemeinschaft der Ehegatten der umfassendere Begriff (BGH, Urteil vom 14.6.1978 - IV ZR 164/77 -, FamRZ 1978, 671). Die häusliche Gemeinschaft bezeichnet dagegen einen äußeren, freilich nicht notwendigen Teilaspekt dieser Gemeinschaft. Die Gemeinschaft der Ehegatten ist damit zwar vorrangig durch die wechselseitige eheliche Gesinnung geprägt. Sie hat aber auch einen objektiven Pflichtencharakter, der sie als rechtlich verfasste Gemeinschaft auszeichnet und von anderen Formen des Zusammenlebens unterscheidet (BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 -, BGHZ 149, 140 = NJW 2002, 671f.). Nach diesem objektiven Pflichtencharakter lässt sich die eheliche Gemeinschaft als eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft umschreiben, die grundsätzlich als Verantwortungs-, Beistands-, Haushalts-, Wirtschafts- und Unterhaltsgemeinschaft (vgl. §§ 1353 Abs. 1, 1356 f., 1360 ff. BGB) geführt wird. Eine eheliche und familiäre Lebensgemeinschaft nach §§ 25, 17 AuslG, Art. 6 Abs. 1 GG setzt damit, wenn auch nicht notwendig, so doch im Regefall u.a. auch eine gemeinsame Wohnung voraus, die den gemeinsamen Lebensmittelpunkt bildet (zur familiären Lebensgemeinschaft vgl. BVerwG, Urteil vom 27.1.1998 a.a.O.). Dem steht nicht entgegen, dass in besonderen Fällen eine eheliche Lebensgemeinschaft auch dann vorliegen kann, wenn die Ehegatten in getrennten Wohnungen leben. Dies gilt in erster Linie in den Fällen, in denen berufliche oder sonstige gewichtige Gründe, die nicht die ehelichen Bindungen als solche berühren, dies plausibel erscheinen lassen (s. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.3.1998 - 13 S 2792/96 -, EZAR 023 Nr. 11).

b) An eine im dargelegten Sinne "typische" eheliche Gemeinschaft knüpft der Gesetzgeber die Annahme, dass die Integration des Ausländers nach drei Jahren ehelicher Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Partner in einer Weise fortgeschritten ist, die die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis rechtfertigt. Hinsichtlich dieser Erwartung ist die häusliche Gemeinschaft mit dem deutschen Staatsangehörigen in ihrer integrationsfördernden Wirkung von besonderer Bedeutung. Sie erleichtert durch den täglichen Umgang mit diesem das Erlernen der deutschen Sprache und vermittelt Vertrautheit mit der hiesigen Lebensweise, den in dieser Gesellschaft geltenden Wertvorstellungen, den Sitten und Gebräuchen.

c) Der Ausschluss eines ausländischen Ehegatten mit einer "atypischen" ehelichen Lebensgemeinschaft ungewisser Fortdauer von der aufenthaltsrechtlichen Privilegierung des § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Regelung ist mit dem Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar. Dieses gilt für "die Ehe" und "die Familie" des Art. 6 GG, ungeachtet der näheren Ausgestaltung dieser Lebensgemeinschaften, im Verhältnis zu anderen Lebensgemeinschaften und Alleinlebenden und wird insofern hier wohl schon im Schutzbereich nicht berührt. Insofern ist bei differenzierenden Regelungen zwischen der "typischen" und "atypischen" Lebensgemeinschaft als verfassungsrechtlicher Maßstab in erster Linie Art. 3 Abs. 1 GG maßgeblich, wenngleich der Gesetzgeber auch im Hinblick auf Art. 6 GG die eheliche Lebensgemeinschaft zum Anknüpfungspunkt spezieller Rechtsfolgen machen kann, sofern das der Eigenart des geregelten Lebensgebiets entspricht und die Ehe dadurch nicht diskriminiert wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 16.6.1987 - 1 BvL 4/84 - u.a., BVerfGE 75, 382 [393]). Eine Diskriminierung ist dabei dann nicht gegeben, wenn einleuchtende Sachgründe erkennen lassen, dass eine für Ehegatten verhältnismäßig ungünstigere Regelung ihren Grund in der durch die eheliche Lebensgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten hat und dass deren Berücksichtigung gerade bei dieser konkreten Maßnahme den Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft nicht widerstreitet (BVerfG, Urteil vom 12.2.1964 - 1 BvL 12/62 -, BVerfGE 17, 210 [217]). Nach diesem Maßstab liegt hier keine ungerechtfertigte Benachteiligung der "atypischen" Ehe (ohne häusliche Gemeinschaft) gegenüber der "typischen" Ehe (mit häuslicher Gemeinschaft) vor. Das ergibt sich aus dem oben Dargelegten. Es ist sachlich gerechtfertigt, die erforderliche Wartezeit bis zur dauerhaften Aufenthaltsverfestigung des ausländischen Ehegatten auch vom erreichten Grad seiner Integration abhängig zu machen. Die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bereits nach drei Jahren privilegiert nicht eine bestimmte Art der gemeinsamen Lebensgestaltung der Eheleute, sondern wird durch die bessere Integrationsmöglichkeit von Ausländern gerechtfertigt, die mit Deutschen in einer im wesentlichen der Ausgestaltung der Ehe in der deutschen Rechtsordnung entsprechenden ehelichen Gemeinschaft leben. Dass ausländische Ehepartner, die nicht oder nicht in einer in diesem Sinne typischen ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen leben, eine längere erlaubte Aufenthaltsdauer (fünf Jahre, vgl. §§ 24 Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 AuslG) benötigen, stellt eine sachgerechte Differenzierung dar, die, wie dargelegt, an die unterschiedliche Integrationstiefe des ausländischen Ehepartners anknüpft.

d) Von einen Ausnahmefall hinsichtlich des Fortbestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft ist dementsprechend auszugehen, wenn sich der Sachverhalt wesentlich von dem Regelfall einer seit drei Jahren bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft im obigen Sinne mit einem(r) deutschen Staatsangehörigen im Bundesgebiet, die fortgesetzt werden soll, unterscheidet. Dies ist insbesondere der Fall, wenn im Zeitpunkt der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis keine hinreichend sichere Prognose für den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft abgegeben werden kann, weil Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass diese Lebensgemeinschaft in absehbarer Zukunft aufgehoben wird. So verhält es sich etwa, wenn ein Ehegatte im Zeitpunkt der Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis innerlich unwiderruflich entschlossen ist, die eheliche Lebensgemeinschaft zu beenden. Ausgehend davon hat der Senat einen Ausnahmefall vom Regel-Anspruchstatbestand des § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG dann angenommen, wenn die Ehegatten zwar noch in häuslicher Gemeinschaft leben, jedoch ein (ruhendes) Scheidungsverfahren anhängig ist, da in einem solchen Fall in hohem Maße ungewiss ist, ob eine Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft ernsthaft beabsichtigt ist (Urteil des Senats vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01 -).

e) Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt auch hier vor. Der Kläger und seine Ehefrau lebten und wirtschafteten im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt zwar in gewissem Umfang noch zusammen. Sie hatten sich jedoch in der Vergangenheit bereits mehrmals getrennt. Die Absicht der Ehefrau, sich endgültig vom Kläger zu trennen, hatte bereits in einem - später zurückgenommenen Scheidungsantrag - Ausdruck gefunden, und die Ehefrau war wegen der während des Zusammenlebens aufgetretenen Probleme auch nach Rücknahme des Scheidungsantrags nicht bereit, die häusliche Gemeinschaft mit dem Kläger wieder aufzunehmen. Der Kläger hat bei seiner Anhörung im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens (Amtsgericht M. - Familiengericht - Az.: 8 AF 16/99) am 13.7.1999 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht insoweit selbst angegeben, dass es bereits im Januar 1998 zu einer Trennung gekommen sei. Es kommt hier nicht darauf an, ob die Ehefrau des Klägers schon im Oktober 1997, wie sie als Zeugin ausgesagt hat, die Wohnung T. H. in der Absicht, sich auf Dauer vom Kläger zu trennen, allein mit ihren drei Kindern bewohnt hat oder ob sie den Kläger erst im Januar 1998 aus dieser Wohnung, in die er nach seinen Angaben ebenfalls im Oktober 1997 eingezogen war, "hinausgeworfen hat". Denn sie hat jedenfalls im Januar 1998 einen Scheidungsantrag gestellt, an dem sie bis Mitte Mai 1998 festgehalten hat. Am 1.4.1998 hatte sie noch eine Erklärung abgegeben, dass sie seit dem 1.4.1997 getrennt lebe. Dies entsprach dem im Scheidungsantrag vom 22.1.1998 angegebenen Trennungszeitpunkt. Diese Erklärung nahm sie im August 1998 rückwirkend zum 1.5.1998 zurück. Hierzu hat der Kläger im späteren Scheidungsverfahren angegeben, dass nach der Trennung im Januar 1998 nach einem Monat "wieder alles gut gewesen" sei. Er habe dann aber bereits im März 1998 erneut die Wohnung verlassen. Nach etwa einer Woche hätten sie sich wieder vertragen und es "sei alles wieder in Ordnung gewesen" bis Mai 1998. Im Mai 1998 habe seine Ehefrau zu ihm gesagt, dass es aufgrund der Probleme, die sie hätten, besser sei, zwei Wohnungen zu behalten. Deshalb sei auch die Kündigung der Wohnung in der L.lstraße widerrufen worden. Am 20.5.1998 meldete sich der Kläger daraufhin unter Beibehaltung seiner Wohnung in der L.straße als Nebenwohnsitz unter der Adresse T. H. 3 als Hauptwohnsitz an, die er auch gegenüber der Ausländerbehörde im Antrag vom 14.9.1998 auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis als Wohnanschrift angab. Es ergibt sich weiterhin aus den Angaben des Klägers, dass die Eheleute auch nach der Rücknahme des Scheidungsantrags in dieser Wohnung die häusliche Gemeinschaft nicht wieder aufnahmen. Denn nach dem Vorbringen des Klägers im Scheidungsverfahren und in der Erwiderung auf die Berufungsbegründung hatte seine Ehefrau ihm keine Verfügungsbefugnis über die von ihr im T. H. 3 angemietete Wohnung eingeräumt. In der Erwiderung auf die Berufungsbegründung mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14.5.2002 hat der Kläger hierzu vortragen lassen, seine Ehefrau habe zwar nicht gewollt, dass er einen Schlüssel zur Wohnung in T. H. 3 besitze, er sei jedoch offensichtlich in der Wohnung ein- und ausgegangen. Seine Ehefrau habe weiterhin für ihn die Wäsche gewaschen und er habe dort auch gegessen, so dass diese Wohnung für ihn nach wie vor der Lebensmittelpunkt gewesen sei. Hieraus folgt, dass ihm die Wohnung T. H. 3 anders als die Wohnung in der L.straße 226 jedenfalls nicht zur freien Verfügung stand. Hinzu kommt, dass er eine zunächst ausgesprochene Kündigung des Mietvertrags für die Wohnung in der L.straße am 9.12.1997 zurückgenommen und seine Ehefrau im Januar 1998 den ersten Scheidungsantrag gestellt hat.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ehefrau des Klägers in der Zeit von Januar 1998 bis März 1998 zweimal auf einer Trennung beanstanden hatte, wobei der im Januar gestellte und erst im Mai zurückgenommene Scheidungsantrag belegt, dass sie zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr an der Ehe festhalten wollte. Auch zum Zeitpunkt der Rücknahme des Scheidungsantrags war sie nach den eigenen Angaben des Klägers im Scheidungsverfahren, die insoweit mit den Angaben seiner Ehefrau im verwaltungsgerichtlichen Verfahren übereinstimmen, jedenfalls nicht bereit, eine Hausgemeinschaft mit ihm wieder aufzunehmen und fortzusetzen. Ob der danach zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau gepflegte Umgang bis zur endgültigen Trennung der Eheleute im Januar 1999 noch eine eheliche Lebensgemeinschaft darstellte oder ob sie bereits getrennt lebten, wie die Ehefrau des Klägers im verwaltungsgerichtlichen und im Scheidungsverfahren angab, kann hier offen bleiben. Denn es steht fest, dass die Ehefrau zunächst mit der räumlichen auch eine endgültige Trennung und damit die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft beabsichtigt hatte, und im Anschluss daran jeder Ehegatte eine eigene Wohnung innehatte, ohne dass dies auf begründeten äußeren Ursachen beruhte. Die Ursachen hierfür lagen vielmehr überwiegend in den auch vom Kläger eingeräumten besonderen Problemen, mit denen ihre Ehe behaftet gewesen war, die sich auf den Bestand der ehelichen Gemeinschaft in Form von - zumindest zeitweiligen - Trennungen und einem Scheidungsantrag ausgewirkt hatten.

Die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers und seiner Ehefrau entsprach nach alledem nicht den dargelegten Erwartungen an eine dauerhafte, stabile und auch in Zukunft hinreichend gesicherte Beziehung. Das wird letztlich auch durch die Angaben des Klägers in der Erwiderung auf den Zulassungsantrag bestätigt. Dort macht er geltend, es dürfe nicht der Maßstab einer "durchschnittlichen" ehelichen Lebensgemeinschaft angelegt werden. Es habe sich vorliegend um die Ehe zwischen zwei sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten aus zwei vollkommen unterschiedlichen Kulturkreisen gehandelt, welche dementsprechend mit besonderen Problemen behaftet gewesen sei. Es habe sich auch aus der Sicht des Klägers nicht um die ideale Ehe gehandelt, aber er habe dies ohne weiteres auf die finanziellen Probleme, die räumliche Enge und die offen zutage getretenen Kulturunterschiede zurückführen können.

Die Ehe des Klägers war damit durch Besonderheiten gekennzeichnet, die von einer gefestigten ehelichen Gemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen im Bundesgebiet, an die die gesetzgeberische Erwartung einer beschleunigten Integration anknüpft, in wesentlicher Beziehung abweichen. Damit stellte sich aber der Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft, selbst wenn sie im Januar 1998 noch nicht endgültig beendet gewesen sein sollte, ab diesem Zeitpunkt jedenfalls als atypisch dar, so dass die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis am 30.9.1998 rechtswidrig war, da auch § 25 Abs. 3 Satz 1 AuslG keine Rechtsgrundlage dafür bot.

2. Die zeitlichen Grenzen der Rücknahme nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG sind eingehalten. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG wird in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Rücknahme muss außer in dem Fall des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1 innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Behörde von den Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme des rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen (§ 48 Abs. 4 LVwVfG). Diese Jahresfrist beginnt erst, wenn die Behörde den Rücknahmegrund erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen bekannt sind. Erforderlich ist, dass diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind (stRspr des BVerwG; BVerwG, Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1984 - Gr.Sen. 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356; Urteil vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 - BVerwGE 100, 199 [201 f.]; Urteil vom 24.1.2001 - 8 C 8.00 -). Die Behörde hat hier die maßgeblichen Rücknahmegründe darin gesehen, dass es an den Voraussetzungen einer familiären und häuslichen Fürsorge- und Beistandsgemeinschaft im vorliegenden Fall spätestens seit Bezug einer eigenen Wohnung durch die Ehefrau des Klägers mit ihren Kindern im Oktober 1997 eindeutig gefehlt habe. Ein entsprechender Verdacht hatte sich erstmals aufgrund eines Anrufs im Dezember 1998 ergeben. Vollständige Kenntnis von dem für die Rücknahme maßgeblichen Sachverhalt hatte die Behörde sodann erst nach Befragung der Ehefrau des Klägers, die ausweislich der Akten am 22.1.1999 persönlich vorsprach, nach Beiziehung der Scheidungsakten des aktuellen Scheidungsverfahrens im Widerspruchsverfahren und nach Auswertung der in diesem Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 13.7.1999 vom Kläger, seiner Ehefrau und den vernommenen Zeugen gemachten Angaben.

3. Der Kläger konnte sich allerdings, entgegen der Annahme der Beklagten, auf Vertrauensschutz berufen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung (Nr. 1) oder durch Angaben, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2), erwirkt hat, oder soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).

a) Die Beklagte ist hier vom Wegfall des Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG ausgegangen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, wenn der Begünstigte in wesentlicher Beziehung objektiv unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht hat, die den zurückgenommenen Verwaltungsakt "erwirkt" haben, d.h. für seinen Erlass ursächlich waren (BVerwG, Urteil vom 14.8.1986 - 3 C 9.85 -, BVerwGE 74, 357; Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 139, 142; Beschluss vom 16.2.1990 - 9 B 325.89 - Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 13; Beschluss vom 12.5.1998 - 9 B 1134/97 -). Ob für den Erlass der zurückgenommenen Entscheidung eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit ursächlich gewesen ist, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch vom Verhalten der Behörde ab. Auch auf deren Kausalitätsbeitrag kommt es an. Dies bedeutet zwar nicht, dass ein Antragsteller immer nur das offenbaren muss, was ihn die Behörde ausdrücklich fragt. Auch kann er sich nicht allein deswegen schon auf Vertrauensschutz berufen, weil die Behörde auf die Angaben nicht angewiesen war oder von Amts wegen hätte ermitteln müssen (BVerwG, Urteil vom 14.8.1986 - 3 C 9.85 - Buchholz 451.90 Nr. 66). Wenn die Behörde aber erkennbar auf bestimmte Informationen keinen Wert legt oder diese außer Acht lässt - indem sie aus vorgetragenen Tatsachen, aus fehlendem Vortrag oder aus den aus den Akten ersichtlichen Erkenntnissen keine Schlüsse zieht - und die Erteilung des begünstigenden Verwaltungsakts maßgeblich auf diesem behördlichen Verhalten beruht, so erfüllt ein Antragsteller die Tatbestandsmerkmale des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht. Die Behörde ist es, die nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz die Verfahrensherrschaft hat. Sie ermittelt nach § 24 LVwVfG den für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erheblichen Sachverhalt (§ 67 Abs. 1 Satz 1 AuslG) und sie soll nach § 25 LVwVfG die Abgabe von Erklärungen anregen, wenn sie offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben worden sind (BVerwG, Urteil vom 6.6.1991 - 3 C 46.86 -, BVerwGE 88, 278).

b) Nach diesem Maßstab hat der Kläger die Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nicht durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG "erwirkt". Im Widerspruchsbescheid wurde insoweit ausgeführt, dass der Kläger zumindest durch schlüssiges Verhalten gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt M. nach der im Oktober 1997 erfolgten räumlichen Trennung von seiner deutschen Ehefrau bewusst bei der Behörde durch falsche Angaben in seinem Antrag vom 14.9.1998 den Eindruck erweckt habe, er lebe noch immer in familiärer Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Frau im T. H. 3, um auf diese Weise in den Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis zu kommen. Insofern fällt zwar auf, dass der Kläger weder in seinem Antrag vom 25.3.1998 noch in seinem Antrag vom 14.9.1998 Angaben zum Zweck des weiteren Aufenthalts gemacht hat. Im Antrag vom 25.3.1998 hatte er zudem die Rubrik "Derzeitiger Wohnort" unausgefüllt gelassen. Dem Sachbearbeiter der Beklagten war jedoch, wie sich aus den Behördenakten ergibt, bekannt, dass sich der Kläger am 20.5.1998 in der L.straße 226 angemeldet hatte. Auf der Mitteilung über die Änderung des Wohnungsstatus vom 7.8.1998 wurde vermerkt, dass er nun unter der Anschrift T. H. 3 mit Hauptwohnsitz und unter der Anschrift L.straße 226 weiterhin mit einem Nebenwohnsitz gemeldet war. Aus der Tatsache, dass der Kläger zwei Wohnsitze hatte, hat die Beklagte keine Schlüsse gezogen. Sie hat diesen Umstand auch nicht zum Anlass einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts genommen, sondern dem Kläger gleichwohl - auch trotz seiner lückenhaften Angaben zum Aufenthaltszweck - die unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Weder aus dem Antragsformular noch sonst aus den Akten der Beklagten lässt sich entnehmen, dass der Kläger vor Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis über den Aufenthaltszweck und/oder über - nach Aktenlage erforderliche - Einzelheiten für die Beurteilung einer fortbestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft (etwa: Vorliegen einer häuslichen Gemeinschaft, weitere Wohnsitze auch seiner Ehefrau, Trennungszeiten, anhängige oder anhängig gewesene Scheidungsverfahren) befragt worden ist. Insoweit hätte die Behörde - wie in der Praxis häufig - den Kläger und seine Ehefrau einbestellen oder die Antragsformulare um entsprechende Fragen anreichern können. Sie kann nicht stattdessen den Kläger nachträglich auf seine fehlenden Angaben verweisen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25.10.1978 - 8 C 55.75 -, BVerwGE 56, 354). Es musste sich dem Kläger hier auch nicht aufdrängen, dass es - über die im Antragsformular geforderten Erklärungen hinaus und ohne sonstige Fragestellungen - auf weitere Angaben zum Verlauf der ehelichen Gemeinschaft rechtserheblich ankam. Es bestand für ihn auch keine Rechtspflicht, entsprechende Angaben von sich aus zu machen. Aus § 70 Abs. 1 AuslG ergibt sich nichts Gegenteiliges. Von den Möglichkeiten der Regelungen des § 70 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 AuslG hatte die Ausländerbehörde keinen Gebrauch gemacht, sondern dem Kläger die beantragte unbefristete Aufenthaltserlaubnis ohne weiteres erteilt, obwohl sie besondere wegen des besonders gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung ungerechtfertigter Aufenthaltstitel im Zusammenhang mit "Scheinehen" zu besonderer Sorgfalt bei der Überprüfung der Antragsunterlagen und erforderlichenfalls zu eingehenden Ermittlungen verpflichtet war (so zu Recht Hess. VGH, Urteil vom 14.6.1996 - 12 TG 1590/96 - und Urteil vom 27.8.1996 - 12 TG 3190/96 -, EZAR 035 Nr. 15). Dabei durfte sie unter anderem Belege über die polizeiliche Anmeldung und Dokumente zum Nachweis der Wohnverhältnisse (Mietvertrag, Mietzinszahlung) verlangen und überprüfen. Auch im Hinblick auf die gegen Eingriffe staatlicher Stellen geschützte Privatsphäre der Eheleute begegnet es keinen Bedenken, als Grundlage für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung neben der Frage nach dem Fortbestand der ehelichen und häuslichen Lebensgemeinschaft auch Fragen nach Scheidungsverfahren und Trennungszeiten in die Antragsformulare für unbefristete Aufenthaltserlaubnisse auf der Grundlage des § 25 Abs. 2 und 3 AuslG aufzunehmen. Es lag damit in der Sphäre der Behörde, den Kläger zur Klärung dieser Fragen zu veranlassen. Dass die unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu Unrecht erteilt worden ist, beruht maßgeblich auf Defiziten der Sachverhaltsermittlung, was zu Lasten der Behörde geht.

c) Nach alledem ist der Kläger nicht nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG von der Berufung auf Vertrauensschutz ausgeschlossen. Vielmehr musste die Beklagte bei der Ausübung des Rücknahmeermessens alle für und gegen die Maßnahme sprechenden Gesichtspunkte in den Blick nehmen und gegeneinander abwägen. Sie hatte dabei auch die in § 45 Abs. 2 AuslG aufgeführten Gesichtspunkte, die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 21.11.2001 a.a.O.). Dem werden die angefochtenen Bescheide nicht gerecht.

Zwar hatte der Kläger - was im Rahmen der Ermessensausübung für ihn spräche (vgl. Senatsurteil vom 21.11.2001 a.a.O.) - weder im Zeitpunkt der Ausgangsverfügung noch bei Erlass des Widerspruchsbescheids am 31.3.2000 einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder unbefristeten Aufenthaltserlaubnis erworben. Im letztgenannten Zeitpunkt besaß er nicht seit fünf Jahren (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG) eine Aufenthaltserlaubnis. Er erhielt die erste Aufenthaltserlaubnis am 10.11.1995, und der Widerspruch gegen die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde am 31.3.2000 zurückgewiesen, so dass unabhängig davon, dass hier insoweit der Besitz der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis seit dem 30.9.1998 außer Betracht bleibt (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG), der Zeitraum von fünf Jahren nicht erreicht wurde. Damit könnte der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids einen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aber auch dann nicht erworben haben, wenn ihm auf seinen Antrag vom 14.9.1998 auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis hin rückwirkend eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen gewesen wäre. Es kann daher offen bleiben, ob dem Kläger, der noch bis 9.7.1999 im Besitz der befristeten Aufenthaltserlaubnis vom 10.7.1998 war, danach bis zum 31.3.2000 ein Anspruch auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung zustand.

Die Beklagte hatte gleichwohl die Interessen des Klägers am Fortbestand der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis umfassend und auch ansonsten fehlerfrei zu berücksichtigen und mit dem öffentlichen Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände abzuwägen. Dies ist in den angefochtenen Bescheiden aber nicht hinreichend geschehen.

Ausschlaggebend dafür, dass die Beklagte dem öffentlichen Interesse den Vorrang gegenüber den privaten, keine Besonderheiten aufweisenden Belangen des Klägers eingeräumt hat, war, dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil er die Erteilung wohl unter Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zumindest aber durch unrichtige Angaben erwirkt habe. Diese für die Ermessensausübung maßgebliche Annahme war jedoch, wie dargelegt, nicht zutreffend. Hierin liegt ein Ermessensfehler, der auch zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führt, weil er ursächlich für das Ergebnis sein konnte. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den öffentlichen Belangen an der Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis gegenüber den Interessen des Klägers - insbesondere im Hinblick auf die Dauer des bisherigen Aufenthalts und ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis - bei bestehendem Vertrauensschutz Vorrang eingeräumt hätte oder hätte einräumen müssen. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung "auf Null" sind von der Beklagten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

4. Hinsichtlich einer möglichen neuen Rücknahmeentscheidung der Stadt D. weist der Senat zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Jahresfrist auf die Kenntnis der zuständigen Behörde ankommt. Danach soll die Vorschrift des § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG im Interesse der Rechtssicherheit gewährleisten, dass die zuständige Behörde die durch die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eingetretene Ungewissheit binnen Jahresfrist beendet, indem sie den Verwaltungsakt entweder zurücknimmt oder durch Nichtrücknahme endgültig aufrechterhält (BVerwG, Beschluss vom 19.12.1984 a.a.O. S. 358, 362). Würde die Jahresfrist dadurch verkürzt oder gar gänzlich beseitigt, dass der Rücknahmebehörde die Kenntnisse anderer Behörden zugerechnet werden, würde das mit § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verfolgte Ziel, der zuständigen Behörde eine hinreichend lange Zeit für eine Prüfung und Entscheidung zu gewähren, verfehlt (BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 - 7 C 42/98 -, BVerwGE 110, 226).

III. Die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ist damit ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Insofern fehlt es nach Aufhebung der Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis bereits an einem zu bescheidenden - wieder aufgelebten - Antrag des Klägers.

IV. Auch die Abschiebungsandrohung ist aufzuheben; denn mit der Aufhebung der Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis entfällt zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids die durch jene Verfügung begründete Ausreisepflicht des Klägers (vgl. § 49 Abs. 1 AuslG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.

Beschluss

vom 28. August 2002

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§§ 25 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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