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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.11.2005
Aktenzeichen: 12 S 1696/05
Rechtsgebiete: StAG


Vorschriften:

StAG § 11 Satz 1 Nr. 2
1.) Die Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung ("Auch ich bin ein PKK'ler") ist eine Unterstützungshandlung i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG.

2.) Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Abwendung von einer solchen Unterstützung (hier: verneint)


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

12 S 1696/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Einbürgerung

hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Jacob, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Utz und den Richter am Verwaltungsgericht Döll aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 - 2 K 2364/04 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 18.03.1974 in Pertek/Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit. 1994 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein. Aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.07.1996 - A 3 K 12928/94 - wurde er als Asylberechtigter anerkannt. Im Urteil wurde u.a. ausgeführt, es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger anlässlich des Begräbnisses von 12 mutmaßlichen Mitgliedern der linksextremistischen Untergrundorganisation DEV-Sol sowie zwei weitere Male von Soldaten festgenommen worden sei. Bei seiner Ausreise sei er aufgrund des Verdachts der PKK-Unterstützung jedenfalls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von unmittelbarer politischer Verfolgung bedroht gewesen. Ausweislich des Urteils hatte der Kläger in der Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unter anderem angegeben, er sei wie viele andere Leute in seinem Dorf nicht Mitglied der PKK gewesen. Sie seien aber kurdische Patrioten und wenn die PKK-Leute Unterstützung bräuchten, erhielten sie sie meistens auch. Am 05.11.1996 wurde dem Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Er ist im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention.

Unter dem 17.07.2001 unterzeichnete der Kläger die vorformulierte Erklärung "Auch ich bin ein PKK'ler". Der letzte Absatz der Erklärung lautet:

"Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK, auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt."

Bei seiner Anhörung durch die Polizeidirektion Offenburg gab der Kläger mit schriftlicher Erklärung vom 17.09.2001 an, er habe mit seiner Unterschrift auf dem Formular bekannt geben wollen, dass er Kurde sei. Er habe die zwei Jahre dauernden Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Er habe unterschrieben, weil er der Meinung gewesen sei, dass in Deutschland die Meinungsfreiheit zu den Menschenrechten zähle. Er könne sich nicht vorstellen, dass dies eine Straftat sei. Mit Zustimmung der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe stellte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe (57 Js 7787/02) am 19.03.2002 das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 b Abs. 1 StPO ein, da sein Beitrag zur Unterstützung der PKK/ERNK von geringem Gewicht sei und sein Verschulden insgesamt gering erscheine.

Unter dem 17.09.2002 stellte der Kläger einen Einbürgerungsantrag und unterzeichnete eine Loyalitätserklärung, in der er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekannte und erklärte, dass er keine gegen diese Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, gegen die Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder gerichtete Bestrebungen oder solche Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, verfolge oder unterstütze oder verfolgt oder unterstützt habe.

Wegen der im Rahmen der Identitätskampagne der PKK vom Kläger abgegebenen "Selbsterklärung" verweigerte das Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 30.10.2003 die Zustimmung zur Einbürgerung.

Auf die Bitte um Stellungnahme zur "Selbsterklärung" und der von ihm abgegebenen Loyalitätserklärung gab der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2003 an, er habe den Inhalt der Kampagne im Jahr 2001 wegen seiner geringen Deutschkenntnisse nicht verstanden. Dass er ein Verbrechen begangen habe, habe er nicht gewusst. Er bitte dies zu verzeihen. Die Organisation sei ihm unbekannt. Er habe mit ihr nichts zu tun. Er entschuldige sich für sein Missverständnis.

In einer Stellungnahme vom 17.06.2004 lehnte das Innenministerium Baden-Württemberg erneut die Zustimmung zur Einbürgerung ab.

Mit Schriftsatz vom 15.07.2004 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dieser habe sich zu keinem Zeitpunkt für die PKK als aktives Mitglied oder Sympathisant betätigt. Er fühle sich dieser politischen Gruppe nicht zugehörig. Die Unterschrift sei im Jahr 2001 abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe, die von der PKK als "Lockvogel" benutzt worden seien, um Unterschriften zu erschleichen. Der Vorfall vom 17.07.2001 liege bereits mehr als drei Jahre zurück. Der Kläger habe zwischenzeitlich dargestellt, dass er sich von seiner damaligen Unterschrift, sofern ihm ihr gesamter Inhalt zugerechnet werde, distanziere.

Mit Bescheid vom 03.08.2004 lehnte das Landratsamt Ortenaukreis die Einbürgerung im Hinblick auf die vom Kläger abgegebene "Selbsterklärung" mit der Begründung ab, der Kläger versuche die Abgabe der Erklärung zu verharmlosen. Soweit er angegeben habe, dass er den Inhalt der Erklärung und der Kampagne nicht verstanden habe und dass ihm die Ziele und Aktivitäten der PKK nicht bekannt seien, stünden seine Angaben in krassem Widerspruch zu seinen Einlassungen im Asylanerkennungs- sowie im späteren Strafverfahren. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er sich glaubhaft von seiner damaligen Unterschrift und dem Inhalt der Selbsterklärung distanziert habe. Die von ihm abgegebene Loyalitätserklärung entspreche nicht der Wahrheit. Es fehle somit an der Einbürgerungsvoraussetzung des § 85 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, wonach ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und die Erklärung erforderlich sei, dass keine gegen diese gerichteten oder sonst für eine Einbürgerung schädlichen Bestrebungen verfolgt oder unterstützt würden oder worden seien. Außerdem lägen die Ausschlussgründe des § 86 Nr. 2 und 3 AuslG vor.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2004 zurück.

Der Kläger erhob am 03.11.2004 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage und trug zur Begründung u.a. vor, zum Zeitpunkt der Unterschriftsleistung habe er sich an seiner Arbeitsstelle im Betrieb seines Bruders aufgehalten. Es sei eine ihm nicht bekannte Person gekommen und habe sich den Anwesenden als Kurde vorgestellt. Sie habe angegeben, Unterschriften für den Friedens- bzw. den Waffenstillstand zwischen Kurden und Türken in der Türkei zu sammeln. Von der PKK habe der Kurde kein Wort gesagt. Die Erklärung selbst sei in deutscher Sprache gewesen. Der Kurde habe weder auf den Text hingewiesen noch ihm Gelegenheit zum Studium der Erklärung gegeben. Weil er dafür sei, dass in der Türkei zwischen Türken und Kurden Frieden herrsche, habe er aufgrund der mündlichen Angaben des Kurden spontan seine Unterschrift gegeben, ohne sich mit dem Inhalt der Erklärung zu beschäftigen bzw. diese zu lesen. Er habe auch nicht gelesen, dass für die Erklärung die PKK verantwortlich gewesen sei, weil eine entsprechende optische Hervorhebung auf der Erklärung nicht vorhanden gewesen sei. Er sei ahnungslos und gutgläubig gewesenund damit das Opfer einer geschickten Werbeaktion der PKK geworden. Er habe nicht das Bewusstsein gehabt, eine Unterstützungserklärung für die PKK abzugeben.

Mit Urteil vom 16.03.2005 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Einbürgerung des Klägers. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, zwar gefährde die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisation KADEK die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Auch sei in der Unterzeichnung der "Selbsterklärung" der PKK eine Unterstützung dieser verbotenen Organisation zu sehen. Indes führe nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung zu der Anwendung eines Ausschlussgrundes i.S.v. § 11 Nr. 2 StAG. Bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad aufweise als andere gewaltbereite Gruppen, sei eine Differenzierung erforderlich, um bloße - unpolitische - Mitläufer nicht zu erfassen. Der Ausschlussgrund sei deshalb erst dann erfüllt, wenn Tatsachen vorlägen, die auf eine nachhaltige Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen ließen. Solche Tatsachen lägen im Fall des Klägers jedoch nicht vor. Es sei nicht dargetan, dass er die PKK nachhaltig unterstützt habe. Er sei in über zehn Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet nur ein einziges Mal anlässlich eines "Massendelikts" durch Abgabe der "Selbsterklärung" aufgefallen. Dies deute darauf hin, dass es sich bei ihm nicht um einen Unterstützer der PKK im eigentlichen Sinne, sondern höchstens um einen im Grunde genommen unpolitischen Mitläufer handle, der möglicherweise lediglich - wie er vortrage - Opfer einer geschickten Werbekampagne der PKK geworden sei.

Mit Beschluss vom 16.08.2005 - 12 S 945/05 - hat der Senat auf Antrag des Beklagten die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. - Der Beschluss wurde dem Beklagten am 05.09.2005 zugestellt.

Mit der am 05.10.2005 eingegangenen Berufungsbegründung führt der Beklagte ergänzend aus: Bei der Frage, ob durch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung ein Ausschlussgrund nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG gegeben sei, sei von entscheidender Bedeutung, ob beim Begriff des "Unterstützens" i.S.d. Vorschrift auf eine gewisse Nachhaltigkeit abzustellen sei. Eine derartige Differenzierung verbiete sich aber schon nach dem Gesetzeswortlaut. Auch aus der gesetzlichen Begründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine solche Gewichtung gerade nicht habe vornehmen wollen. Auch Handlungen und Tatbestände, die strafrechtlich noch nicht relevant seien und keine fassbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich brächten, seien von der Vorschrift umfasst. Jede öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG u.a. durch Wort, Schrift und Bild reiche aus. Bei der Abgabe der PKK-Selbsterklärung handle es sich aber sogar um eine erhebliche, strafrechtlich sanktionierte Unterstützung, wie der Bundesgerichtshof festgestellt habe. Auch das Bundesverwaltungsgericht gehe beim identischen Begriff der Unterstützung in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG (jetzt § 54 Nr. 5 AufenthG) davon aus, dass ausnahmslos jede unterstützende Tätigkeit tatbestandsmäßig sei. Eine Relevanz der Unterstützung sei für den Betroffenen nur dann nicht gegeben, wenn die Zielrichtung des Handelns für ihn nicht erkennbar und deshalb nicht zurechenbar gewesen sei. Eine solche fehlende Zurechenbarkeit und Erkennbarkeit könne jedoch bei der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung - von völlig atypischen Fällen abgesehen - nicht angenommen werden. Anders als bei der Teilnahme an manchen Veranstaltungen von inkriminierten Organisationen trete die unterstützende Zielrichtung der PKK-Selbsterklärung offen zutage, wie aus dem letzten Absatz der Erklärung deutlich werde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 - 2 K 2364/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend führt er aus, er sei ausschließlich durch die Angaben des Werbers zur Unterschrift veranlasst worden. Dieser habe sich sinngemäß mit den Worten am Arbeitsplatz des Klägers vorgestellt: "Wir sind Kurden, es sterben jeden Tag Kurden wegen Krieg, wir sind für türkisch-kurdischen Frieden!" und "Für Frieden, Freiheit, Demokratie in der ganzen Türkei!" Von der PKK habe er kein einziges Wort gesagt. Aufgrund dieser Angaben habe der Kläger seine Unterschrift gegeben, ohne die Erklärung oder auch nur Teile davon zu lesen. Hätte er die Erklärung gelesen, hätte er sie nicht unterschrieben, weil er die gewaltbereite Durchsetzung politischer Ziele durch die PKK nicht billige. Der Werber habe seine Unterschrift - wie auch die anderer potenzieller Unterschriftsleistender - nach Art eines Gebrauchtwagenhändlers mit beschönigenden Angaben unter völliger Ausklammerung der verantwortlichen PKK in der Absicht, so viele Unterschriften wie möglich zu sammeln, erschlichen. Ihm könne allenfalls der Vorwurf gemacht werden, er habe fahrlässig vor Unterzeichnung die Erklärung nicht durchgelesen. Während seines gesamten bisherigen Aufenthaltes in Deutschland habe er an keiner einzigen Demonstration, Veranstaltung oder sonstigen Aktivität für die PKK teilgenommen, weil er deren Bestrebungen aufgrund der Durchsetzung der politischen Ziele mit gewaltsamen Mitteln nicht billige. Er bilde sich seine politische Meinung, indem er regelmäßig Zeitungen wie die Acherner Renchtalzeitung, die Bild-Zeitung und die türkische Zeitung Hürriyet lese. Er stehe in jeder Beziehung auf der Grundlage des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Ortenaukreis, die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg, die Akte der Staatsanwaltschaft Karlsruhe (57 Js 7787/02), die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart betreffend das Asylverfahren des Klägers (A 3 K 12928/94) und die Akte des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie die in die mündliche Verhandlung vor dem Senat eingeführten Unterlagen vor.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung unter anderem zu den Umständen der Unterzeichnung der Erklärung vom 17.07.2001 angehört. Zum Ergebnis der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 03.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 18.10.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einbürgerung noch kommt eine Ermessenseinbürgerung in Betracht. Das mit der Berufung angegriffene Urteil war dementsprechend abzuändern.

Maßgeblich für die Frage, ob der Kläger einzubürgern ist, ist die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgebliche Sach- und Rechtslage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1996 - 1 B 82.95 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris). Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Einbürgerungsanspruch ist daher § 10 StAG i.d.F. des am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Allein umstritten ist, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG vorliegen bzw. ob ein Ausschlussgrund i.S.v. § 11 StAG gegeben ist. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG, wonach der Einbürgerungsbewerber seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben oder verloren haben muss, ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StAG abzusehen, da der Kläger im Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Auch hat er seit mehr als acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Am 05.11.1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Für den Einbürgerungsanspruch eines Ausländers nach § 10 StAG ist Voraussetzung, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder dass er glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StAG). Im Zusammenhang damit regelt § 11 S. 1 Nr. 2 StAG, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG nicht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer die in §§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

Als tatbestandsmäßiges Unterstützen i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG ist jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft ist; dazu zählen etwa die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von den in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in § 11 S. 1 Nr. 2 StAG genannten Ziele (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - juris; Berlit in GK-StAR IV - 2 § 11 RdNrn. 96 ff., Stand Oktober 2005). Entsprechend legt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, DVBl. 2005, 1203) den Begriff des Unterstützens terroristischer Vereinigungen in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG aus. Danach ist als tatbestandserhebliches Unterstützen - in Anlehnung an die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum strafrechtlichen Unterstützungsbegriff nach §§ 129, 129 a StGB entwickelten Kriterien - jede Tätigkeit anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dies umfasst jedes Tätigwerden eines Nichtmitgliedes, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer (auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten) Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie - unter Berücksichtigung des präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG bzw. § 54 Nr. 5 AufenthG - auf eine subjektive Vorwerfbarkeit.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist in der vom Kläger vorgenommenen Unterzeichnung der sog. PKK-Selbsterklärung eine i.S.v. § 11 S. 1 Nr. 2 StAG maßgebliche Unterstützungshandlung zu sehen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2004 - 2 K 913/04 - Vensa; VG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2004 - 8 K 9265/03 -; VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 - 12 K 80/04 - juris; ebenso wohl OVG Hamburg, Beschluss vom 08.09.2005 - 3 BF 172/04 -; a.A. Berlit aaO RdNr. 121, wonach der Ausschlussgrund nur gegeben ist, soweit die Erklärung eine nachhaltige Identifizierung mit der PKK indiziert). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27.03.2003 - 3 StR 377/02 -, NJW 2003, 2621) liegt in der Unterzeichnung der Bekenntniserklärung "Auch ich bin ein PKK'ler" eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot, sich für die PKK zu betätigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG). Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, einem Vereinsverbot handele auch ein nicht mitgliedschaftlich und sonst nicht organisatorisch eingebundener Dritter zuwider, wenn sein Verhalten auf die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und dieser förderlich sei. Auf die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen messbaren Nutzens komme es nicht an; es genüge, dass das Täterhandeln konkret geeignet sei, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen. Die PKK-Selbsterklärung sei auf die verbotene Tätigkeit der PKK bezogen und - jedenfalls unter Berücksichtigung der Kampagne, in deren Rahmen sie abgegeben worden sei - konkret geeignet, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung zu entfalten. Eine solche Eignung komme der Erklärung aufgrund der in ihr erklärten Absicht, das Verbot nicht anzuerkennen und sämtliche Verantwortung zu übernehmen, die sich daraus ergebe, in zweifacher Weise zu. Vorteilhafte Wirkungen könnten sich zum einen unmittelbar aus der persönlichen Festlegung jedes Unterzeichners darauf ergeben, das Verbot auch künftig nicht zu beachten und sich von Zuwiderhandlungen selbst durch die Androhung strafrechtlicher Sanktionen nicht abhalten zu lassen. Solche Selbstfestlegungen verschafften den Verantwortlichen der PKK für künftige Aktionen Planungsgrundlagen und erleichterten ihnen so die Fortsetzung der verbotenen Aktivitäten. Zum anderen liege es auf der Hand, dass derartige Bekenntnisse der Tätigkeit der PKK auch über eine durch sie vermittelte Stärkung der Solidarität mit anderen potenziellen Sympathisanten im Hinblick auf künftige verbotene Vereinsaktivitäten förderlich sei. Durch die Beteiligung an der groß angelegten Selbstbekenntnisaktion gebe der Unterzeichner auch anderen kurdischen Landsleuten, die der Sache der PKK nahe stünden, einen Anstoß, sich ihrerseits anzuschließen und auch selbst Bekenntnisse zu unterzeichnen. Hinzu komme, dass den einzelnen Mitgliedern und Sympathsanten bei künftigen verbotenen Aktivitäten die Überschreitung der Schwelle zur Strafbarkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG in der Gewissheit, nicht allein zu stehen, wesentlich erleichtert werde. Unter diesem Aspekt wirke sich die Unterzeichnung von Selbstbekenntnissen im Rahmen einer groß angelegten Aktion auch schon aktuell vorteilhaft auf die Tätigkeit der PKK aus. Bei einer unmittelbaren Förderung der verbotenen Vereinstätigkeit durch Beteiligung an einer von der Führungsebene der PKK initiierten groß angelegten Kampagne, die auf die Stärkung der Bereitschaft von Sympathisanten zu verbotenen Aktivitäten abziele und eine Verfahrensflut - mit der Folge der Lahmlegung der Strafjustiz - auslösen solle, komme es auf eine Außenwirkung von vorneherein nicht an. Die Erklärungen könnten nicht dahin verstanden werden, dass die Unterzeichner - was durchaus ihr eigentliches und vorrangiges Anliegen sein möge - lediglich Freiheit und Selbstbestimmung für das kurdische Volk forderten und die Überprüfung des Verbots der Betätigung für die PKK sowie dessen Aufhebung verlangten. Vielmehr gehe es den Erklärenden darum, unter allen Umständen, also gerade auch für den von ihnen erwarteten Fall, dass es bei dem Verbot bleibe, durch Selbstfestlegung und Stärkung der Solidarität mit der PKK einen Beitrag zur Fortführung ihrer Tätigkeit zu leisten. Schon durch die das Bekenntnis abschließende Erklärung, dass der Unterzeichner "sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus (also aus der Nichtanerkennung des Verbots) ergebe", bringe der Unterzeichner unmissverständlich zum Ausdruck, dass er bereit sei, das Verbot, unabhängig von dessen geforderter Aufhebung, zu missachten und die der Zuwiderhandlung nachfolgende strafrechtliche Verfolgung in Kauf zu nehmen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, hat der Kläger mit der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung die Bestrebungen der PKK unterstützt, weil sie für diese objektiv vorteilhaft gewesen sind. Dass der Kläger nur einer von mehreren zehntausend Unterzeichnern gewesen ist, steht dieser Annahme nicht entgegen, da ein objektiv messbarer Nutzen nicht feststellbar sein muss. Unerheblich ist auch, ob er sich - wie er inzwischen behauptet - der Bedeutung der Erklärung nicht bewusst und Opfer einer "Werbeaktion" gewesen ist. Nach § 11 S. 1 Nr. 2 StAG muss ein durch tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Verdacht vorliegen, d.h. allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch bezeichenbare, konkrete Tatsachen gestützt sind, genügen nicht. Die Einbürgerungsbehörde ist für die somit erforderlichen Anknüpfungstatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Diese Anknüpfungstatsachen müssen die Annahme sicherheitsrelevanter Aktivitäten rechtfertigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verkappt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht nachgewiesen werden können (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - unter Hinweis auf BT-Drcks. 14/533, S. 18). Feststellungen über die tatsächliche innere Einstellung des Einbürgerungsbewerbers sind in der Regel nicht erforderlich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 99). Ein tatsachengestützter Verdacht auf Unterstützung sicherheitsgefährdender Bestrebungen ist daher auch dann gerechtfertigt, wenn der Ausländer behauptet, er sei sich der vorteilhaften Wirkung für die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen nicht bewusst gewesen oder er habe sie nicht bezwecken wollen.

Der Senat folgt nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, soweit dieses ausgeführt hat, nicht ausnahmslos jede Unterstützungshandlung führe zum Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs und bei einer Organisation wie der PKK, die einen erheblich höheren Mobilisierungsgrad habe, erscheine eine Differenzierung erforderlich, um bloße - im Grunde eher unpolitische - Mitläufer nicht mehr zu erfassen. Nach dem Urteil des 13. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 11.07.2002 (aaO) fallen auch Betätigungen unterhalb der Tätigkeit als Funktionär jedenfalls dann unter § 86 Nr. 2 AuslG (entspricht § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG), wenn sie auf eine "nachhaltige" Unterstützung auch nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK schließen lassen. Berlit (aaO RdNr. 98) vertritt dementsprechend die Auffassung, einzelne Unterstützungshandlungen rechtfertigten als tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme einer Verfolgung oder Unterstützung von Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nur (und erst) dann, wenn sie nach Art und Gewicht geeignet seien, eine dauernde Identifikation des Ausländers mit den Bestrebungen zu indizieren.

Dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG lassen sich jedoch keine Hinweise für eine derart einschränkende Auslegung des Unterstützungsbegriffs bzw. für eine Einschränkung des weit gezogenen Kreises der einbürgerungsschäd-lichen Handlungen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 94; BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 aaO) entnehmen. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagert den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich sind und - für sich betrachtet - noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen (vgl. Berlit aaO, RdNr. 65 und 89; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - und Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Einbürgerungsschädlich sind damit jedenfalls solche Unterstützungshandlungen, die (objektiv) strafbar sind.

Auch den Motiven des Gesetzgebers, der mit der Einfügung des § 86 Nr. 2 AuslG a.F. durch Gesetz vom 15.07.1999 (BGBl. I, S. 1618) insbesondere die Einbürgerung von PKK-Aktivisten oder radikalen Islamisten auch dann verhindern wollte, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können (vgl. BT-Drcks. 14/533, S. 18 f.), lassen sich keine Hinweise auf eine Einschränkung des bewusst weiten Tatbestandes des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entnehmen. Soweit Berlit (aaO RdNr. 98) das Vorliegen von Tatsachen als erforderlich ansieht, die eine dauernde Identifikation mit den sicherheitsgefährdenden Bestrebungen indizieren, werden (indirekt) subjektive Elemente ins Spiel gebracht, obwohl Feststellungen zur inneren Einstellung des Einbürgerungsbewerbers gerade nicht getroffen werden müssen, weil ein tatsachengeschützter Verdacht für Unterstützungshandlungen genügt. Dem Umstand, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine dauernde Identifikation mit sicherheitsgefährdenden Bestrebungen vorliegen oder nur eine (strafbare) Unterstützungshandlung von geringem Gewicht vorliegt, kann bei der Prüfung der Frage Rechnung getragen werden, ob sich der Einbürgerungsbewerber glaubhaft von den Bestrebungen abgewandt hat. Gleiches gilt, wenn - wie hier - ein Ermittlungsverfahren nach § 153 b Abs. 1 StPO i.V.m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG eingestellt wird.

Die von der PKK zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung des Klägers verfolgten Bestrebungen waren gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet. Eine entsprechende Feststellung hat der erkennende Gerichtshof (vgl. Urteil vom 11.07.2002 aaO) hinsichtlich eines Zeitraums bis Mitte 1999 aufgrund der von der PKK (auch) in Deutschland verübten Gewalttätigkeiten getroffen; die PKK/ERNK ging danach im Bundesgebiet gewalttätig gegen "Verräter" in den eigenen Reihen und Angehörige konkurrierender kurdischer Organisationen vor und hat sich damit eine eigene Strafgewalt in Deutschland angemaßt. Es ist auch davon auszugehen, dass die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung, also im Jahr 2001, aber auch noch heute, Bestrebungen verfolgen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Zwar verkündete die PKK auf dem 7. Parteikongress im Januar 2000, sie strebe die Anerkennung der kurdischen Identität und kulturellen Autonomie auf politischem Wege und ohne Gewalt an, und es sind auch seitdem - soweit ersichtlich - keine Anschläge auf türkische oder deutsche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland seitens der PKK mehr verübt worden. An der strikt hierarchischen und autoritären Struktur der Organisation hat sich aber auch nach der Umbenennung der PKK in KADEK im April 2002 bzw. in KONGRA GEL im November 2003 nichts wesentliches geändert (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundesministeriums des Innern, S. 232). Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (vgl. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2004, S. 96) geht davon aus, innerhalb der Organisation herrsche statt freier Meinungsbildung immer noch das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Gewalt sei weiterhin ein Mittel zur Durchsetzung der Ziele. Eine Mobilisierung der Mitglieder und Anhänger für gewalttätige Aktionen sei auch in Baden-Württemberg nach wie vor möglich.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Guerillaverbände der PKK zum 01. Juni 2004 den aus ihrer Sicht "einseitigen Waffenstillstand" für beendet erklärt haben. In der zweiten Jahreshälfte 2004 kam es darauf hin zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen türkischer Armee und den Guerillaverbänden (vgl. Verfassungsschutzbericht 2004 des Bundes, S. 231). Das Auswärtige Amt berichtet im Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 03.05.2005, seit der Beendigung des "Waffenstillstandes" sei es im Südosten nach offiziellen Angaben zu über 100 gewaltsamen Zusammenstößen zwischen türkischem Militär und PKK-Terroristen gekommen, bei denen nach einer internen türkischen Statistik zwischen Juni und Oktober 2004 13 Sicherheitskräfte und 57 PKK-Terroristen ums Leben gekommen seien. Eine dauerhafte Abkehr von gewalttätigen Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland ist unter diesen Umständen nicht feststellbar. Zudem wird weiterhin von "Bestrafungsaktionen" im Rahmen der von der KONGRA GEL alljährlich in Deutschland durchgeführten Spendenkampagne, die auch der Versorgung der Guerillakämpfer in der Türkei und deren Ausstattung mit Waffen und Munition dient, berichtet (vgl. Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg 2004, S. 100). Allein dies stellt eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1994 - 1 VR 10.93 -, NVwZ 1995, 587; VGH Baden-Württem-berg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -).

Darüber hinaus gefährdet die PKK/KONGRA GEL auch durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Unter diese Alternative des § 11 S. 1 Nr. 2 StAG fallen Bestrebungen bzw. Organisationen, die im Bundesgebiet selbst keine Gewalt (mehr) anwenden oder vorbereiten, wohl aber im Herkunftsstaat gewalttätig agieren oder - als politische Exilorganisation - dortige Bestrebungen durch Wort ("Propaganda") oder Tat (etwa durch die Überweisung von Spenden; organisatorische bzw. logistische Unterstützung; Anwerbung von "Kämpfern") unterstützen (vgl. Berlit aaO RdNr. 131). Das Sammeln von Spenden in der Bundesrepublik Deutschland für die Guerillakämpfer in der Türkei stellt sich als Vorbereitungshandlung für die Anwendung von Gewalt in der Türkei dar und gefährdet auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 -; VG Gießen, Urteil vom 03.05.2004 - 10 E 2961/03 - juris; Berlit aaO RdNr. 131, der auf die Hervorhebung der PKK im Gesetzgebungsverfahren hinweist).

Der Kläger hat schließlich nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StAG glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung der durch diese Vorschrift inkriminierten Bestrebungen "abgewandt" zu haben. Hierfür genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist. Bei veränderten Rahmenbedingungen kann eine Abwendung auch dann vorliegen, wenn für eine in der Vergangenheit liegende historisch-politische Situation die Entscheidung für die Verfolgung oder Unterstützung der inkriminierten Bestrebungen weiterhin als richtig behauptet, aber hinreichend deutlich erkennbar wird, dass und aus welchen Gründen sich die Rahmenbedingungen nachhaltig geändert haben und aus diesem Grunde eine von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG angesprochene Tätigkeit nicht mehr angenommen werden kann. Die Abwendung setzt grundsätzlich individuelle Lernprozesse voraus; dazu können aber auch von innerer Akzeptanz getragene kollektive Lernprozesse gehören. Die Glaubhaftmachung der Abwendung erfordert die Vermittlung einer entsprechenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO). Die Dauer der verstrichenen Zeit zwischen der letzten Unterstützungshandlung und der Beurteilung des Einbürgerungsbewerbers kann auf der Ebene der Glaubhaftmachung der Abwendung von früheren Unterstützungshandlungen zu berücksichtigen sein (vgl. Berlit aaO, RdNr. 156 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2004 - 13 S 1276/04 -, InfAuslR 2005, 64; BayVGH, Beschluss vom 13.07.2005 - 5 ZB 05.901 - juris). Auch Art, Gewicht und Häufigkeit der Handlungen sind für die an die Glaubhaftmachung zu stellenden Anforderungen maßgeblich (vgl. Berlit aaO, RdNr. 158; BayVGH, Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 00.1819 -). Je geringer das Gewicht der Unterstützungshandlungen ist und je länger sie zurückliegen, desto eher wird es dem Einbürgerungsbewerber gelingen, glaubhaft zu machen, dass er sich von den in § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG inkriminierten Bestrebungen dauerhaft abgewandt hat (vgl. VG Saarland, Urteil vom 12.04.2005 aaO).

Gemessen daran hat der Kläger eine Abwendung bzw. Distanzierung von der durch Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung begangenen Unterstützungshandlung nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vorbringen des Klägers nimmt der Senat ihm nicht ab, dass er vom Inhalt der sog. PKK-Selbsterklärung und dem Zusammenhang mit der Identitätskampagne der PKK nichts gewusst hat. Seine erstmals mit der Klagebegründung erhobene Behauptung, "der Kurde" - im Gegensatz dazu war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von zwei Personen die Rede - habe von der PKK kein Wort gesagt und er sei sich nicht bewusst gewesen, eine Erklärung zugunsten der PKK abgegeben zu haben, weil er diese nicht gelesen habe, widerspricht seinen bisherigen Angaben. In der von ihm im Ermittlungsverfahren selbst geschriebenen Stellungnahme vom 17.09.2001 hatte er angegeben, er habe die Friedens-/Versöhnungsbestrebungen der PKK unterstützen wollen. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2004 heißt es, die Unterschrift sei von ihm abgegeben worden, weil sich die Kampagne maßgeblich auf angebliche Friedensaktivitäten der PKK bezogen habe. Wenn der Kläger aber die Friedens- bzw. Versöhnungsbestrebungen der PKK durch die Unterschrift unterstützen wollte, muss er sich zumindest der Herkunft der von ihm unterzeichneten Erklärung bewusst gewesen sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Vorhalt ausgeführt, die Stellungnahme vom 17.09.2001 sei zwischen den Verwandten, die am selben Tage wie er selbst die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hätten, abgestimmt worden. Dies löst jedoch den Widerspruch nicht auf. Zum einen ist damit nicht ausgedrückt, dass der Inhalt der Stellungnahme vom 17.09.2001 unzutreffend ist. Zum anderen hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 15.07.2004 die Angabe des Klägers, er habe die Friedensaktivitäten der PKK unterstützen wollen, noch einmal wiederholt. Auch dies spricht dafür, dass die Stellungnahme vom 17.09.2001 jedenfalls insoweit zutreffend war, als sich daraus die Kenntnis des Klägers von der Herkunft der Erklärung ergibt. Dass er dies nunmehr bestreitet, beruht nach Einschätzung des Senats eher auf prozesstaktischen Erwägungen. Zweifel an der behaupteten Abwendung bestehen damit nach wie vor.

Es erscheint auch lebensfremd, dass keine der neun Personen, die bei der Unterschriftenaktion an der Arbeitsstelle des Klägers die PKK-Erklärungen unterzeichnet haben sollen, zumindest die Vermutung geäußert haben soll, die Erklärung stamme von der PKK bzw. die beiden Unterschriftensammler stünden der PKK nahe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gab der Kläger an, die beiden Kurden, die die Unterschriften gesammelt hätten, seien ca. eine halbe Stunde lang an seiner Arbeitsstelle gewesen. Es sei Kaffee getrunken worden. Am Ende der Unterredung hätten alle neun Personen ihre Unterschrift geleistet. Von einer Überrumpelung des Klägers - wie dies in der Klagebegründung suggeriert wird, indem vorgetragen wurde, ihm sei keine Gelegenheit zum Studium des Textes der Erklärung gegeben worden und er habe spontan unterschrieben - kann deshalb auch aus seiner Sicht keine Rede sein. Auch jetzt fühlt sich der Kläger von den die Unterschrift verlangenden Personen in keiner Weise getäuscht. Angesichts seiner begrenzten Kenntnisse der deutschen Sprache mag es nachvollziehbar sein, dass er die Erklärung nicht im einzelnen gelesen und verstanden hat. Nicht glaubhaft ist aber, dass Inhalt und Herkunft der Erklärung, die in der Überschrift und im letzten, dem Feld für die Daten und die Unterschrift des Unterzeichners unmittelbar vorangestellten Absatz, aber auch im gesamten Text vielfach die PKK erwähnt, nicht angesprochen worden sein sollen. Es kommt hinzu, dass zur damaligen Zeit von der PKK massenhaft Unterschriften gesammelt worden sind - im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.03.2003 (aaO) ist von ca. 100.000 an die Behörden der Bundesrepublik Deutschland gelangten Erklärungen die Rede -; die Identitätskampagne der PKK dürfte deshalb bei den kurdischen Volkszugehörigen, etwa an der Arbeitsstelle des Klägers Gesprächsthema gewesen sein.

Auffällig ist auch, dass der Kläger sich, wenn ihm der Inhalt von ihm unterzeichneter Erklärungen vorgehalten wurde, mehrfach darauf berufen hat, er kenne den Inhalt nicht bzw. die Erklärung sei nicht von ihm selbst formuliert worden. Sowohl hinsichtlich der hier streitigen PKK-Erklärung als auch hinsichtlich der von ihm gefertigten Stellungnahme vom 17.09.2001 sowie im Zusammenhang mit dem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 23.11.2003 ist dieses Aussageverhalten festzustellen. Auch dies deutet darauf hin, dass er sich der eigentlichen Problematik einer Unterstützung der PKK zu entziehen versucht. Da der Senat aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag und in seinem Verhalten nicht davon überzeugt ist, dass er von der Herkunft der PKK-Erklärung nichts gewusst hat, ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er nicht erneut die PKK unterstützen wird. Seine Äußerung, die deutschen Gesetze (= das Verbot der PKK) gälten auch für ihn, genügt hierfür nicht.

Wegen des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Einbürgerung nach § 8 StAG . In einer solchen Fallgestaltung ist das Ermessen in der Weise reduziert, dass lediglich die Versagung der Einbürgerung ermessensfehlerfrei möglich wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2002 aaO; Nr. 8.1.2.5 StAR-VwV). Offen bleiben kann, ob Ausschlussgründe nach § 11 Satz 1 StAG - wofür der Wortlaut spricht - nur den Rechtsanspruch, nicht aber eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 10 StAG ausschließen (so Berlit aaO, Rdnr.4 ff.). Denn im Regelfall ist eine Versagung der Ermessenseinbürgerung jedenfalls im Falle des Vorliegens eines Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StAG als gesetzlich gewollt anzusehen, so dass nur ausnahmsweise davon abgesehen werden kann (vgl. Berlit aaO, Rdnr. 202 f.). Eine atypische Situation, die eine solche Annahme nahe legen könnte, ist hier nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 42.1) auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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