Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 13 S 2355/07
Rechtsgebiete: RVG, VwGO, GVG


Vorschriften:

RVG § 11
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO § 168 Abs. 1 Nr. 4
VwGO § 167 Abs. 1 Satz 2
GVG § 17a Abs. 5
1. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO (Rügepflicht im Beschwerdeverfahren) gilt auch für die Rüge, der Verwaltungsrechtsweg sei nicht gegeben.

2. § 17 a Abs. 5 GVG ist auch in gerichtlichen Eilverfahren anwendbar.

3. Zum Rechtsweg bei Einwendungen gegen die Vollstreckung gerichtlicher Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse nach § 11 RVG (hier: Verwaltungsrechtsweg).


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

13 S 2355/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung

hier: Antrag nach § 123 VwGO

hat der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 19. November 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. August 2007 - 16 K 4359/07 - abgeändert; der Antrag der Antragstellerin auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert für das erstinstanzliche und für das zweitinstanzliche Verfahren wird auf je 300,-- EUR festgesetzt; insofern wird der erstinstanzliche Beschluss von Amts wegen abgeändert.

Gründe:

Die rechtzeitig erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde ist zulässig; da sie einen verwaltungsgerichtlichen Beschluss angreift, ist der Verwaltungsrechtsweg jedenfalls für das Beschwerdeverfahren gegeben und der Senat nach § 146 Abs. 1 VwGO zur Beschwerdeentscheidung berufen, unabhängig davon, ob für das Verfahren in erster Instanz der Verwaltungsrechtsweg oder aber der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben war (im Einzelnen siehe dazu unten).

Die Beschwerde hat auch sachlich Erfolg; die Einstellung der Zwangsvollstreckung, die das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Verfahren ausgesprochen hat, erweist sich unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, die der Senat allein zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), als rechtsfehlerhaft, so dass der Vollstreckungsschutzantrag der Antragstellerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen war.

Die Antragsgegnerin ist die frühere Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin; sie war für diese vor dem Veraltungsgericht und im Berufungszulassungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof tätig geworden. Für ihre anwaltliche Tätigkeit setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nach Anhörung der Antragstellerin in zwei Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen nach § 11 RVG (Beschluss vom 6.7.2006 betreffend die erste Instanz; Beschluss vom 4.9.2006 betreffend die zweite Instanz) jeweils die Anwaltsvergütung der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin fest (673,66 EUR, bzw. 513,47 EUR). Gegen den Beschluss vom 6.7.2006 erhob die Antragstellerin Beschwerde, die jedoch nicht begründet und über die auch nicht entschieden wurde.

Zunächst zahlte die Antragstellerin aufgrund entsprechender Vereinbarung mit der Antragsgegnerin an diese Monatsraten in Höhe von 30 EUR; die Zahlungen wurden jedoch im Mai 2007 eingestellt. Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt erließ daraufhin auf Antrag der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 21.6.2007 wegen der noch offenen Vergütungs-Restforderung in Höhe von 1.155,14 EUR einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreffend ein von der Antragstellerin angegebenes Konto bei der Deutschen Bank AG.

Gegen die Vollstreckung hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Vollstreckungsgegenklage erhoben und beantragt, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Dem Eilantrag hat das Verwaltungsgericht als Antrag nach § 123 VwGO in dem hier angefochtenen Beschluss (gegen Sicherheitsleistung) stattgegeben. Die positive Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auf dem Vortrag der Antragstellerin, sie habe mit der Antragsgegnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen und diese Vereinbarung auch eingehalten, so dass die Zwangsvollstreckung in die Restsumme unzulässig sei. Aus Zeitgründen hat das Verwaltungsgericht die Stellungnahme der Antragsgegnerin nicht abgewartet und zur Sache entschieden. Im Hauptsacheverfahren ist die Klage der Antragstellerin, die offenbar inzwischen die Bundesrepublik verlassen hat, noch anhängig.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den die Vollstreckung einstweilen einstellenden Beschluss des Verwaltungsgerichts wird damit begründet, die Antragstellerin habe die ursprünglich vereinbarte Ratenzahlung nicht eingehalten und sei bereits von Anfang an (Schreiben vom 10.10.2006) informiert gewesen, dass bei Rückstand der Ratenzahlung die gesamte Restforderung sofort fällig werde. Die Antragstellerin habe zwar zunächst die verlangte Bankbestätigung über die Errichtung eines Dauerauftrags vorgelegt; ab Anfang Juni 2007 seien aber keine Raten mehr eingegangen. Insgesamt seien lediglich 210,-- EUR auf den ursprünglichen Betrag von 1.365,14 EUR inkl. Kosten früherer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bezahlt worden, so dass die Zwangsvollstreckung durch entsprechenden Pfändungsantrag an das Amtsgericht angezeigt gewesen sei.

Dieser Vortrag der Antragsgegnerin, zu dem die Antragstellerin sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses und zur Ablehnung des von der Antragstellerin gestellten Antrags.

Die Zwangsvollstreckung aus den Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen ist vom Verwaltungsgericht zu Unrecht eingestellt worden; es hätte den Vollstreckungsschutzantrag ablehnen müssen. Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Fehlen des Verwaltungsrechtswegs (1), sondern aus vollstreckungsrechtlichen Erwägungen (2).

1. Was den Rechtsweg bei Einwendungen gegen die Vollstreckung von Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen nach § 11 RVG angeht, hat die Antragsgegnerin diese Frage in der Beschwerdebegründung nicht angesprochen; sie hat insbesondere nicht geltend gemacht, der Beschluss des Verwaltungsgerichts sei bereits deswegen fehlerhaft, weil das Begehren der Antragstellerin im ordentlichen Rechtsweg hätte verfolgt werden müssen. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren hat der Senat wegen seiner insofern nur eingeschränkten Prüfungsbefugnis (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Zulässigkeit des (für das erstinstanzliche Verfahren einschlägigen) Rechtswegs daher nicht mehr zu prüfen. Zwar ist die Frage der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 VwGO und damit der Begründung eines verwaltungsgerichtlichen Prozessrechtsverhältnisses auch ohne das Erfordernis einer entsprechenden Rüge grundsätzlich vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu überprüfen (siehe dazu Kissel/Mayer, GVG, 2005, Rn 16 zu § 17 m.w.N.) und kann von den Prozessbeteiligten nicht "abbedungen" werden (siehe etwa Sodan/Ziekow, VwGO, 2006, Rn 45 und 49 zu § 40; Kopp/Schenke, VwGO, 2005, RN 2 zu § 40 m.w.N.); § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO unterscheidet aber für das Prüfprogramm des Beschwerdegerichts ("dargelegte Gründe") nicht nach prozessualen oder materiellen Fragestellungen. Es ist vielmehr Sache des Beschwerdeführers, alle diejenigen Gründe darzutun, die gegen die erstinstanzliche Entscheidung sprechen (vgl. dazu § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und Sodan/Ziekow, a.a.O. Rn 64 zu § 146 sowie Kopp/Schenke a.a.O. Rn 41 zu § 146, je m.w.N.). Ob die Gründe, aus denen der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss fehlerhaft und daher abzuändern ist, dem Verfahrensrecht oder aber dem materiellen Recht zuzuordnen sind, ist dabei ohne rechtliche Bedeutung. Fehlender Verwaltungsrechtsweg stellt einen Verfahrensverstoß (Verstoß gegen den gesetzlichen Richter, siehe BVerwG, Beschluss vom 5.2.2001 - 6 B 8.01 -, DVBl 2001, 918) dar, der wie andere Verfahrensverstöße beim Vorliegen bestimmter zusätzlicher Voraussetzungen (siehe dazu unten zu § 17 a Abs. 5 GVG) im Beschwerdeverfahren gerügt werden kann und dementsprechend auch gerügt werden muss. Eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses - z.B. im Sinn einer Verweisung an das zuständige Gericht - würde bei fehlender Verfahrensrüge gegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO verstoßen und kommt daher hier bereits aus beschwerderechtlichen Gründen nicht in Betracht.

Zum gleichen Ergebnis führt im vorliegenden Fall die Anwendung des § 17a Abs. 5 GVG. Danach prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, "ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist". Es ist in der Rechtsprechung (kritisch allerdings Sennekamp NVwZ 1997, S. 642 f.) inzwischen anerkannt, dass § 17 a GVG nicht nur in Klageverfahren, sondern auch in verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren gilt (siehe OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.7.2006 - 7 OB 105/06 -, NVwZ-RR 2006, 843 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; OVG Berlin, Beschluss vom 23.1.1997 - 2 S 2.97 -, NVwZ-RR 1998, 464; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8.4.2002 - 5 S 378/02 -, VBlBW 2002, 345; BVerwG, Beschluss vom 15.11.2000 - 3 B 10.00 -, Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 286; Sodan/Ziekow, a.a.O., Rn 42 zu § 17 a GVG - nach § 40 VwGO), und ebenso ist anerkannt, dass auch die "Prüfungssperre" des § 17 a GVG Abs. 5 GVG im Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden ist (Sodan/Ziekow, a.a.O, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.1.2007 - 6 S 1591/06 -). Dabei kommt es nicht darauf an, ob das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder inzident bejaht hat; wenn es zur Sache entschieden hat, hat die zweite Instanz die Rechtswegfrage nicht mehr zu prüfen. Das gilt jedenfalls dann, wenn es - wie hier - bereits in der ersten Instanz an einer entsprechenden Rüge (fehlender Verwaltungsrechtsweg) fehlt (Sodan/Ziekow, a.a.O., Rn 44 und 45; BVerwG, Beschluss vom 28.1.1994 - 7 B 198.93 -, DVBl 1994, 762).

Im Hinblick auf das noch anhängige Hauptsacheverfahren hält der Senat allerdings zur Vermeidung weiteren Rechtsstreits einen inhaltlichen Hinweis auf die Rechtswegproblematik für angezeigt. Das Verwaltungsgericht wird im Klageverfahren zu entscheiden haben, ob für das Begehren der Antragstellerin auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus den nach § 11 RVG ergangenen Vergütungsbeschlüssen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO gegeben ist oder ob dieses Begehren als zivilrechtliches Verfahren im Rechtsweg vor dem ordentlichen Gericht verfolgt werden muss. Die Frage ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Während die Literatur zu § 11 RVG (bzw. zur Vorgängervorschrift des § 19 BRAGO) nahezu einhellig auf dem Standpunkt steht, für Vollstreckungsschutzbegehren wie die hier vor dem Verwaltungsgericht noch anhängige Vollstreckungsabwehrklage sei nicht das Gericht zuständig, in dessen Verfahren der zu vollstreckende Titel (Vergütungsbeschluss) erlassen wurde, sondern das für das materielle Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant zuständige Zivilgericht (siehe dazu Riedel/Süßbauer, RVG, 2005, Rn 52 zu § 11; Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 2006, Rn 355 zu § 11; Mayer/Kroiß, RVG, 2006, Rn 101 zu § 11 m.w.N. bei Rn 92 Fn. 175 und OVG Lüneburg, NJW 1984, S. 2485 sowie LG Heilbronn, Beschluss vom 17.12.1992 - 1 BT 358/92 -, NJW-RR 1993, 575), steht eine Mindermeinung auf dem Standpunkt, es komme auf die Herkunft des zu vollstreckenden Titels an (siehe dazu Beutling, Anwaltsvergütung in Verwaltungssachen, 2004, Rn 82; OVG Münster, Beschluss vom 16.10.1985 - 19 B 1946/85 -, NVwZ 1986, 393 und NVwZ-RR 2004, 311; Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, Rn 25 und 862 zu § 40 und Bader in: Bader u.a., VwGO, 2005, Rn 8 zu § 168). Der Senat neigt in dieser Frage der zuletzt genannten Auffassung zu; von ihr geht im übrigen - wenn auch ohne ausdrückliche Problematisierung - auch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 19 BRAGO aus (siehe etwa Beschluss vom 22.1.2003 - 12 S 2675/02 -, VBlBW 2003, 241, und Beschluss vom 29.4.1997 - 9 S 1013/07 - NVwZ-RR 1998, 462).

Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse nach § 11 RVG wie die hier zu vollstreckenden sind nach § 168 Abs. 1 Nr. 4 VwGO unabhängig davon, dass dort von "Kosten" und nicht von "Vergütung" die Rede ist, Vollstreckungstitel (siehe dazu etwa OVG Münster, NVwZ-RR, a.a.O.). Allerdings ist die in ihnen titulierte Kostenforderung nicht Prüfungsergebnis des vorangegangenen gerichtlichen Verfahrens, sondern nur das kostenrechtliche "Resultat" (siehe Sodan/ Ziekow, a.a.O., Rn 47 zu § 168). Die beiden Vollstreckungstitel sind der Systematik der Kostenvorschriften entsprechend hier vom VG als dem im Erkenntnisverfahren tätig gewordenen Gericht erteilt worden; daran ändert die privatrechtliche Natur des in ihnen festgesetzten Anspruchs (vgl. dazu OVG Münster NVwZ-RR 2004, und Bader, jeweils a.a.O.) nichts. Damit erfolgt auch die Vollstreckung solcher Titel nach den Vorschriften der VwGO. Da nach § 167 Abs. 1 Satz 2 VwGO Vollstreckungsgericht jeweils das Gericht des ersten Rechtszugs - hier also das Verwaltungsgericht als das mit dem Ausweisungsverfahren und mit seiner kostenrechtlichen Abwicklung befasste Gericht - ist, obliegt diesem Gericht auch die Vollstreckung des nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens erlassenen Vergütungsfestsetzungsbeschlusses. Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Festsetzung ist nämlich der zwar im Privatrechtsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant wurzelnde, aber durch die Gebührenvorschriften öffentlichrechtlich überformte Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts. Die Regelung des § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG - die Vergütungsfestsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben - stellt sicher, dass das Vergütungsfestsetzungsverfahren und dementsprechend auch seine Vollstreckung von privatrechtlichen Einwendungen weitgehend freigehalten wird; dies rechtfertigt andererseits die Kompetenz des Gerichts des ersten Rechtszugs (hier: des Verwaltungsgerichts), über die Vollstreckung eines im Kern privatrechtlichen Anspruchs zu entscheiden (siehe dazu Riedel/Süßbauer, a.a.O., Rn 52 zu § 11). Hiervon abgesehen erklärt § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG für das Vergütungsverfahren die jeweilige Verfahrensordnung des Erkenntnisgerichts für maßgebend (siehe dazu auch OVG Münster NVwZ-RR 2004, a.a.O.). Da auch § 767 Abs. 1 ZPO (entsprechend anwendbar nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO) für Abwehrklagen gegen die Vollstreckung das Gericht des ersten Rechtszugs als zuständiges Vollstreckungsgericht bestimmt, geht der Gesetzgeber allgemein von einer Befugnis dieses Gerichts zur Entscheidung über Vollstreckungsabwehrklagen aus. Insofern ist § 167 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 168 VwGO gegenüber § 40 VwGO die speziellere Vorschrift (siehe dazu Ehlers a.a.O. Rn 25 zu § 40 und Sodan/Ziekow, a.a.O., Rn 79 und 80). Es ist auch sonst nicht ungewöhnlich, dass es im Vollstreckungsverfahren nicht wie im Erkenntnisverfahren auf die wahre Rechtsnatur des Anspruchs, sondern auf die Herkunft des Vollstreckungstitels ankommt (siehe Ehlers a.a.O. Rn 25 zu § 40 und Sodan/Ziekow, a.a.O., Fn 72 zu § 40 VwGO m.w.N. und Beispielen). Im Interesse der Rechtsklarheit werden die mit dieser am ehesten dem Gesetzeswortlaut entsprechenden Auffassung verbundene Nachteile - etwa die Prüfungspflicht privatrechtlicher Vorfragen bei nachträglichen Einwendungen gegen Gebührenansprüche - hinzunehmen sein. Auch sonst mutet (und traut) das Prozessrecht bei Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen dem Verwaltungsgericht die Prüfung privatrechtlicher Fragen - etwa der Fälligkeit von Vergütungsansprüchen, siehe § 11 Abs. 2 Satz 1 RVG - zu.

2. Unabhängig von dieser sich im Hauptsacheverfahren stellenden Problematik hat die Beschwerde der Antragsgegnerin Erfolg, weil die vom Verwaltungsgericht als begründet angesehenen Einwendungen der Antragstellerin der Vollstreckung durch die Antragsgegnerin in der Sache nicht entgegenstehen. Die Antragsgegnerin bestreitet zwar nicht, dass zwischen ihr und der Antragstellerin telefonisch eine Stundungsvereinbarung geschlossen worden ist; sie hat dem Senat ergänzend aber dazu belegt, dass die Antragstellerin im schriftlichen Bestätigungsschreiben darauf hingewiesen wurde, bei nicht rechtzeitiger Zahlung der Raten werde die streitige Summe als ganze sofort fällig (Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 10.10.2006). Da nach dem Juni 2007 keine Raten mehr bei der Antragsgegnerin eingingen, kann der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben die bestehende Ratenzahlungsvereinbarung nicht entgegengehalten werden (zur Einordnung einer Ratenzahlungsvereinbarung nach § 767 Abs. 2 ZPO siehe OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.1999 - 4 K 2/99 -, OLGR-Düsseldorf 2000, 392 und juris). Der Vortrag der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren zur Einstellung der Ratenzahlung ist im übrigen von der Antragstellerin nicht bestritten worden; sie hat sich zur Beschwerde nicht geäußert, und zwischenzeitlich hat sich sogar herausgestellt, dass das von ihr angegebene und im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts erfasste Konto bei der Deutschen Bank nicht (mehr) besteht. Von daher bestand kein Anlass, die Vollstreckung aus dem (anders als der das erstinstanzliche Verfahren betreffende zuvor ergangene Vergütungsbeschluss) rechtskräftig gewordenen Vergütungsbeschluss des Kostenbeamten vom 4.9.2006 zugunsten der Antragstellerin einstweilen einzustellen. Es kommt hinzu, dass die Stundungsvereinbarung zwischen Antragstellerin und Antragsgegnerin bereits im Juni 2006 und damit noch vor Erlass beider Vollstreckungstitel) getroffen wurde. Es wäre damit Sache der Antragstellerin gewesen, bereits im Rahmen der Anhörung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 RVG oder im Erinnerungsverfahren (Antrag auf gerichtliche Entscheidung, siehe §§ 165, 151 VwGO) geltend zu machen, die festgesetzte Vergütung sei noch nicht im Sinn des § 11 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 8 RVG fällig (zum Vorrang von Fälligkeitsvereinbarungen siehe Gerold/Schmidt/von Eicken, a.a.O., Rn 39 zu § 8). Da sie sich nicht geäußert und den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 4.9.2006 unangefochten gelassen hat, handelt es sich bei der Stundungseinwendung auch nicht um einen im Sinn des § 767 Abs. 2 ZPO (i.V. mit § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nachträglichen Umstand, der im Weg der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden könnte.

Soweit es um die Vollstreckung aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 6.7.2006 geht, ist dieser zwar nicht rechtskräftig geworden, da die Antragstellerin gegen ihn fristgerecht einen Rechtsbehelf ("Beschwerde") eingelegt hat (Schreiben der Antragstellerin vom 21.7.2006, eingegangen am 24.7.2006). In diesem Schreiben hat die Antragstellerin behauptet, nicht zur Zahlung der festgesetzten Vergütung verpflichtet zu sein; er war damit als Erinnerung im Sinn von §§ 165, 151 VwGO auszulegen. Diese hat zwar den Eintritt der Rechtskraft gehemmt (vgl. dazu Gerold/Schmidt/von Eiken a.a.O. Rn 335 zu § 11), hat aber die Vollstreckung nicht gehindert, da der Erinnerung keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 151 Satz 3 in Verbindung mit § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da Gegenstand der Erinnerung kein Ordnungs- oder Zwangsmittel im Sinn von § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO war und die Vollziehung auch nicht nach § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO einstweilen ausgesetzt war, konnte auch der am 6.7.2006 erlassene Vergütungsfestsetzungsbeschluss vollstreckt werden (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, a.a.O., Rn 347).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Antragstellerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und Ziff. 1.6.1 des Streitwertkatalogs (siehe NVwZ 2004, 1327), da der Streitwert im Vollstreckungsverfahren nicht dem Streitwert der Höhe der Gesamtforderung entspricht. Dementsprechend war auch der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen abzuändern.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

Zurück