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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 2 S 1425/08
Rechtsgebiete: VwGO, LKrO, LGebG, AO, HeimG


Vorschriften:

VwGO § 78 Abs. 1
LKrO § 1 Abs. 3 S. 2
LGebG § 10 Abs. 5 Satz 2
AO § 14
AO § 155 Abs. 1 Satz 3
HeimG § 15
1. In der Erhebung einer Gebühr für öffentliche Leistungen auf Gebieten, auf denen das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde tätig wird, ist keine Angelegenheit des Landkreises, sondern eine staatliche Angelegenheit zu sehen. Die Klage ist daher in diesen Fällen nicht gegen den Landkreis, sondern gegen das Land Baden-Württemberg zu richten.

2. Die Regelung in § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG verfolgt aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit das Prinzip, dass die in den Absätzen 3 und 4 genannten Stellen nur insoweit gebührenbefreit sein sollen, als sie nicht der Körperschaftssteuerpflicht unterliegen.

3. Ein das Fehlen der Körperschaftssteuerpflicht feststellender Bescheid des zuständigen Finanzamts ist für die gebührenerhebende Stelle im Rahmen des § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG grundsätzlich bindend.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

2 S 1425/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Verwaltungsgebühr

hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2008

am 11. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18.4.2007 - 4 K 268/06 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Gebühr für die Überprüfung des von ihm betriebenen Alten- und Pflegeheims befreit ist.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein und Mitglied des Diakonischen Werkes der evangelischen Landeskirche in Baden e.V. Er betätigt sich vor allem auf dem Gebiet der Altenhilfe und unterhält zu diesem Zweck ein Alten- und Pflegeheim ("xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxx xxxxxxxx"). Gemäß § 4 Abs. 2 seiner Satzung verfolgt der Verein "ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke im Sinne der §§ 51-68 ff Abgabenordnung".

Das Finanzamt xxxxxxxx stellte mit "Freistellungsbescheiden" vom 27.10.2003 und 5.10.2006 fest, dass die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AO dienende Körperschaft "Ev. Altenzentrum xxxxxxxx Diakonieverein xxxxxxxx e.V." für die Jahre 2000 bis 2005 nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftssteuer und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist.

In seiner Eigenschaft als untere Heimaufsichtsbehörde führte das Landratsamt Karlsruhe im September 2005 eine Überprüfung des Alten- und Pflegeheims des Klägers gemäß § 15 HeimG durch. Mit Bescheid vom 29.9.2005 setzte es hierfür gegenüber dem "Altenzentrum xxxxxxxx" eine Gebühr in Höhe von 693 € gemäß § 1 der Gebührenverordnung des Landratsamts vom 10.5.2005 in Verbindung mit "Ziff. 1 und/oder Ziff. 32.1.1.01 des Gebührenverzeichnisses" vom 10.5.2005 fest. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2005 zurück.

Der Kläger hat am 15.11.2005 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit dem Antrag, den Gebührenbescheid vom 29.9.2005 sowie den Widerspruchsbescheid aufzuheben, und zur Begründung geltend gemacht, er sei ein anerkannter gemeinnütziger Verein, der ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO verfolge, und sei als solcher nach § 10 Abs. 4 LGebG von der Gebührenpflicht befreit. Das von ihm betriebene Altenzentrum sei als Zweckbetrieb im Sinne von § 66 AO kein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinn von § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG. Der Freistellungsbescheid des Finanzamts Bruchsal vom 27.10.2003 bestätige dies. Davon abgesehen bestehe keine Möglichkeit, die von ihm verlangte Gebühr auf Dritte umzulegen.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Der Kläger habe nicht überzeugend vorgetragen, dass eine Überwälzung der Gebühren auf Dritte nicht möglich sei. Der Freistellungsbescheid beziehe sich nicht auf das Altenzentrum. Das Altenzentrum sei ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Altenheime seien nur dann Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, wenn mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen mildtätiger Art - d.h. ohne Berücksichtigung von Wohnraumüberlassung und Verpflegung - pflege- und hilfsbedürftigen Personen im Sinn des § 53 Nr. 1 AO zu Gute kämen. Daran fehle es im vorliegenden Fall.

Mit Urteil vom 18.4.2007 hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei der eigentliche Adressat des Gebührenbescheids und als solcher klagebefugt. Der Bescheid sei rechtswidrig, da der Kläger für die vom Landratsamt erbrachten öffentlichen Leistungen sowohl nach § 10 Abs. 3 als auch nach § 10 Abs. 4 LGebG gebührenbefreit sei. § 10 Abs. 5 LGebG stehe dem nicht entgegen. Offenbleiben könne dabei, ob der Kläger nach § 10 Abs. 5 S. 1 LGebG berechtigt wäre, die Gebühren auf Dritte (Heimbewohner oder Pflegekassen) umzulegen. Das Altenzentrum stelle nämlich weder einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb noch einen Betrieb gewerblicher Art dar, so dass es gemäß § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG bei der sich aus § 10 Abs. 3 und Abs. 4 LGebG ergebenden Gebührenfreiheit des Klägers bleibe. Mangels Gewinnerzielungsabsicht handele es sich bei dem Altenzentrum nicht um einen Betrieb gewerblicher Art. Es sei allerdings von einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne von § 14 AO auszugehen. Dieser sei jedoch nicht steuerpflichtig. Zur Klärung der Frage, ob ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder ein Zweckbetrieb vorliege, seien grundsätzlich die Feststellungen der zuständigen Finanzbehörde zugrunde zu legen. Der Kläger habe die Bescheinigung des Finanzamtes xxxxxxxx vom 5.10.2006 vorgelegt, wonach er als gemeinnützige Körperschaft von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit sei. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der finanzbehördlichen Einschätzung seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Zur Begründung der mit Beschluss des Senats vom 29.5.2008 zugelassenen Berufung macht das beklagte Land geltend, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der Gebührenbefreiung des Klägers ausgegangen. Das Altenzentrum des Klägers sei ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Dem Freistellungsbescheid komme keine dem entgegenstehende Tatbestandswirkung zu. Dem Bescheid lasse sich zudem nicht entnehmen, dass er sich auf das vom Kläger betriebene Altenzentrum beziehe. Da der Kläger trotz der Aufforderung durch das Verwaltungsgericht nicht offen gelegt habe, welche Angaben er im Rahmen der Steuererklärung bezüglich des Altenzentrum gemacht habe, bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Bescheids. Das Altenzentrum habe nicht in besonderem Maß den in § 53 AO genannten Personen gedient, da die Zeiten, die gemäß § 15 SGB XI auf die notwendigen Pflegeleistungen entfielen, nur etwa 13,5 % der gesamten Anwesenheitszeit der Heimbewohner ausgemacht hätten. Es handele sich daher nicht um einen Zweckbetrieb. Das Verwaltungsgericht habe auch das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art zu Unrecht verneint. Der Landesgesetzgeber habe sich mit diesem Begriff an den steuerrechtlichen Begriff in § 4 KStG angelehnt. Es genüge daher, wenn ein Betrieb das äußere Bild eines Gewerbebetriebs biete. Das sei hier der Fall. Wie die vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung mit einer Dimension von rd. 7,5 Mio. € belege, hebe sich das vom Kläger betriebene Altenzentrum auch wirtschaftlich aus der Gesamtbetätigung des Klägers heraus. Eine Gewinnerzielungsabsicht sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht erforderlich. § 4 Abs. 1 S. 2 KStG stelle dies ausdrücklich klar. Unschädlich sei ferner, dass es sich bei dem Altenheim nicht um den Betrieb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handele, da die Definition eines Betriebs gewerblicher Art in § 4 KStG nicht davon abhängig sei, ob sich der Betrieb in öffentlicher oder privater Trägerschaft befinde. Die Regelungen in § 10 Abs. 1 und 2 LGebG, wonach das Land Baden-Württemberg, die Gemeinden und Landkreise gebührenbefreit seien, ergäben anderenfalls keinen Sinn. Die streitgegenständliche Gebühr könne als betriebliche Ausgabe bei der Pflegevergütung ebenso wie bei der Festsetzung des Entgelts für die Heimunterbringung - ggf. nachträglich - berücksichtigt werden. Auch die Kirchen- und Wohlfahrtsverbände selbst seien im Gesetzgebungsverfahren von einer Umlagemöglichkeit ausgegangen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18.4.2007 - 4 K 268/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert: Er habe durch die Vorlage des Freistellungsbescheids des Finanzamts Bruchsal nachgewiesen, dass es sich bei dem von ihm betriebenen Altenzentrum nicht um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 10 Abs. 5 S. 2 1. Alt. LGebG handele. Die Allgemeinen Hinweise des Finanzministeriums zum Landesgebührengesetz bestätigten dies. Eine darüber hinausgehende Nachweispflicht oder gar eine eigenständige Überprüfung durch die Gebührenbehörde sei nicht vorgesehen. Das Altenzentrum sei ein Zweckbetrieb im Sinne von § 66 in Verbindung mit § 53 AO. Die Rechenbeispiele des Beklagten lägen neben der Sache, da Leistungen im Sinne von § 66 Abs. 3 AO nicht mit Pflegestunden nach § 15 Abs. 2 SGB XI gleich zu setzen seien. Da mehr als zwei Drittel der betreuten Personen der Pflegestufe 1 oder einer höheren Pflegestufe zugeordnet seien, sei offensichtlich, dass mehr als zwei Drittel der erbrachten Leistungen besonders pflegebedürftigen Personen im Sinne von § 53 AO zugute kämen. "Betriebe gewerblicher Art" seien keine "Gewerbebetriebe", sondern Spezialformen "wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe", die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben würden. Der Begriff sei daher auf wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von juristischen Personen des Privatrechts nicht anwendbar. Nach den Hinweisen des Finanzministeriums zum Landesgebührengesetz seien keineswegs sämtliche juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach § 10 Abs. 1 und 2 LGebG automatisch gebührenbefreit. Die Verwendung des Begriffs "Betrieb gewerblicher Art" in § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG ergebe danach durchaus einen Sinn. Die geforderte Gebühr gehöre nicht zu den in § 82 Abs. 1 SGB XI abschließend aufgeführten umlagefähigen Kosten. Verwaltungsgebühren seien auch keine Aufwendungen. Pflegesatzvereinbarungen seien darüber hinaus gemäß § 85 Abs. 3 SGB XI stets im Voraus zu treffen. Eine Nachverhandlungsmöglichkeit nach § 85 Abs. 7 SGB XI bestehe nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakten sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des beklagten Landes bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Gebührenbescheid zu Recht mit der Begründung aufgehoben, dass der Kläger zu den gemäß § 10 Abs. 3 und 4 LGebG gebührenbefreiten Stellen gehört. Der Regelung in § 10 Abs. 5 LGebG lässt sich im vorliegenden Fall nichts anderes entnehmen.

I. Der Kläger hat seine Klage richtigerweise gegen das Land Baden-Württemberg und nicht gegen den Landkreis Karlsruhe gerichtet, da das Landratsamt beim Erlass des angefochtenen Gebührenbescheids nicht als Behörde des Landkreises, sondern als untere Verwaltungsbehörde und damit als Staatsbehörde tätig geworden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 2 LKrO). In der Erhebung einer Gebühr für öffentliche Leistungen auf Gebieten, auf denen das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde und damit Staatsbehörde (§ 1 Abs. 3 S. 2 LKrO) tätig wird, ist keine Angelegenheit des Landkreises zu sehen, da zwischen der Erfüllung der Aufgabe einerseits und der Erhebung einer Gebühr für diese Tätigkeit andererseits insoweit nicht getrennt werden kann. Der in § 11 Abs. 3 Satz 1 FAG getroffenen Regelung, wonach die von den Landratsämtern als untere Verwaltungsbehörden festgesetzten Gebühren, soweit sie nicht durch Gesetz oder Vertrag zweckgebunden sind, den Landkreisen als eigene Einnahmen überlassen und von ihnen eingezogen werden, lässt sich nichts anderes entnehmen (im Ergebnis ebenso für die Heranziehung des Störers zum Ersatz der Kosten der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme nach § 8 PolG: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.1985 - 1 S 1959/84 - VBlBW 1986, 22; anders VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.3.2005 - 5 S 2421/03 - VBlBW 2005, 391 für die Erhebung einer Gebühr für die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr).

Die dem Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Gebührenrechts beigefügte Begründung bestätigt dies. Im Gesetzgebungsverfahren hatte der Landkreistag vorgeschlagen, die Rechtsgrundlagen für die Erhebung von Gebühren durch die Landratsämter im kommunalen und staatlichen Bereich durch die generelle Anwendung des Kommunalabgabengesetzes zu vereinheitlichen. Der Vorschlag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die bisher bestehende rechtliche und organisatorische Einheit von Erfüllung einer staatlichen Aufgabe und Erhebung einer Gebühr für diese Tätigkeit aufgegeben werde. Nach dem Vorschlag des Landkreistags würde der Landkreis als kommunale Selbstverwaltungskörperschaft kommunale Gebühren auf Grund kommunaler Satzung für die staatliche Tätigkeit des Landratsamts erheben. Diese Vermischung staatlichen und kommunalen Handelns diene nicht der Transparenz und verwische zudem die jeweiligen Verantwortlichkeiten zwischen der unteren Verwaltungsbehörde, vertreten durch den Landrat, und dem Landkreis mit seinem Hauptorgan Kreistag (LT-Drs. 13/3477, S. 26).

Eine andere Betrachtungsweise führte außerdem zu einer Aufsplitterung der Zuständigkeit für die Entscheidung über den Widerspruch, da in diesem Fall über den Widerspruch gegen den Verwaltungsakt in der Sache die nächsthöhere Behörde, für den Widerspruch gegen die Gebührenerhebung dagegen - vorbehaltlich des § 8 AGVwGO - die Behörde selbst zu entscheiden hätte (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 37 Rn. 14). Die hier vertretene Ansicht vermeidet dieses zumindest unbefriedigende Ergebnis. II. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die Verordnung des Landratsamts Karlsruhe vom 10.5.2005 über die Erhebung von Gebühren für die Wahrnehmung von Aufgaben des Landratsamts als untere Verwaltungsbehörde und als untere Baurechtsbehörde in Verbindung in Verbindung mit "Ziff. 1 und/oder Ziff. 32.1.1.01 des Gebührenverzeichnisses". Der dort aufgeführte Gebührentatbestand (wiederkehrende Überprüfung eines Heimes mit über 200 Plätzen nach § 15 Abs. 1 und 4 HeimG unter Mitwirkung des Gesundheitsamts) ist unstreitig erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat jedoch zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die von ihm geforderte Gebühr zu bezahlen, da er zu den gemäß § 10 Abs. 3 und 4 LGebG gebührenbefreiten Stellen gehört (unten 1). Die sich aus § 10 Abs. 5 S. 1 LGebG ergebende Ausnahme greift im vorliegenden Fall nicht ein, da das vom Kläger betriebene Alten- und Pflegeheim weder einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb noch einen Betrieb gewerblicher Art darstellt (unten 2).

1. Nach § 10 Abs. 3 LGebG sind die Kirchen und die sonstigen als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie deren Untergliederungen und Mitgliedsverbände und die ihnen zugeordneten Einrichtungen, Anstalten und Stiftungen gebührenbefreit. Das Gleiche gilt gemäß § 10 Abs. 4 LGebG für die Verbände der freien Wohlfahrtspflege sowie deren Untergliederungen und Mitgliedsverbände und die ihnen zugeordneten Einrichtungen, Anstalten und Stiftungen, soweit der Bereich der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege betroffen ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, erfüllt der Kläger sowohl die Voraussetzungen des Abs. 3 als auch des Abs. 4. Der Kläger ist gemäß § 4 Abs. 1 seiner Satzung Mitglied des Diakonischen Werks der evangelischen Landeskirche in Baden e.V. und als solches eine der Kirche zugeordnete Einrichtung im Sinn des § 10 Abs. 3 LGebG. Als Mitglied des Diakonischen Werks der evangelischen Landeskirche gehört er ferner zu den in § 10 Abs. 4 LGebG genannten Stellen, da die Verbände des Diakonischen Werks gemäß § 23 Nr. 1 der Durchführungsverordnung zum Umsatzsteuergesetz (UStDVO) vom 21.2.2005 zu den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zählen. Insoweit werden auch von dem beklagten Land keine Einwendungen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts erhoben.

2. Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht entschieden, dass die sich aus § 10 Abs. 3 und Abs. 4 LGebG ergebende Gebührenfreiheit des Klägers nicht durch § 10 Abs. 5 LGebG eingeschränkt wird.

Nach § 10 Abs. 5 S. 1 LGebG tritt die Gebührenbefreiung nicht ein, soweit die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Stellen berechtigt sind, die Gebühren Dritten aufzuerlegen oder sonst auf Dritte umzulegen. Für die in den Absätzen 3 und 4 aufgeführten Stellen gilt diese Einschränkung jedoch nur für deren steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe oder Betriebe gewerblicher Art (§ 10 Abs. 5 S. 2 LGebG). Das vom Kläger betriebene Altenzentrum ist weder ein Betrieb gewerblicher Art noch ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Es bleibt daher unabhängig von der Möglichkeit des Klägers, die von ihm geforderten Gebühren Dritten aufzuerlegen oder sonst auf Dritte umzulegen, bei der von § 10 Abs. 3 und 4 LGebG angeordneten Gebührenbefreiung.

a) Darüber, was unter einem "Betrieb gewerblicher Art" zu verstehen ist, gibt das Landesgebührengesetz selbst keinen Aufschluss. Das Landesgebührengesetz knüpft mit diesem Begriff jedoch offensichtlich an das den selben Begriff verwendende Körperschaftssteuergesetz an, wovon auch die Allgemeinen Hinweise des Finanzministeriums zum Landesgebührengesetz AH-LGebG) vom 15.8.2005 (Ziff.2.1.2 zu § 10 LGebG) ausgehen. Körperschaften des öffentlichen Rechts sind keine Körperschaften im Sinn des Körperschaftssteuergesetzes und unterliegen daher nicht der Besteuerung nach diesem Gesetz. Etwas anders gilt für die in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG genannten "Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts", die von dieser Vorschrift für unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig erklärt werden. Diese Anordnung dient nicht fiskalischen Interessen, sondern hat ihren Grund in der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts. Bestimmte, im Wettbewerb zu privatwirtschaftlichen Unternehmen ausgeübte wirtschaftliche Betätigungen der an sich nicht steuerpflichtigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sollen zur Wahrung der Wettbewerbsgleichheit körperschaftssteuerpflichtig sein (vgl. Rengers in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, Kommentar, Stand Februar 2008, § 1 KStG Rn. 122; Seer, DStR 1992, 1751). § 10 Abs. 5 LGebG, mit dem - so die Entwurfsbegründung - ein sachlich nachprüfbarer Bereich aus der persönlichen Gebührenfreiheit der nach § 10 Abs. 3 und 4 gebührenbefreiten Kirchen und Wohlfahrtsverbände herausgelöst werden soll, (LT-Drs. 13/3477, S. 31) verfolgt das gleiche Ziel.

Unter Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 4 Abs. 1 S. 1 KStG Einrichtungen zu verstehen, "die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben". Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (S. 2). Der vom Verwaltungsgericht aus dem Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht des Klägers gezogene Schluss auf das Fehlen eines Betriebs gewerblicher Art ist daher verfehlt. Das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art ist jedoch deshalb zu verneinen, weil Träger eines solchen Betriebs nach der Definition in der § 4 Abs. 1 S. 1 KStG nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann (Rengers, aaO, Rn. 123; Krämer in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Komm. zum KStG § 4 Rn. 18), während der Kläger als eingetragener Verein eine juristische Person des Privatrechts ist.

Der Ansicht des Beklagten, dass das Landesgebührengesetz den Begriff des Betriebs gewerblicher Art insoweit in einem von § 4 Abs. 1 S. 1 KStG abweichenden Sinn verwende und nicht verlange, dass Träger des Betriebs eine juristische Person des öffentlichen Rechts sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Beklagte meint zu Unrecht, dass bei einem anderen Verständnis der Norm die von § 10 Abs. 1 und 2 LGebG angeordnete Gebührenbefreiung des Landes Baden-Württemberg, der Gemeinden und Landkreise keinen Sinn ergebe. Dafür, dass die Anwendung der Definition des § 4 Abs. 1 S. 1 KStG auf den in § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG gebrauchten Begriff des Betriebs gewerblicher Art ein Leerlaufen des § 10 Abs. 1 und 2 LGebG bewirkte, ist nichts zu erkennen. Sinn und Zweck des § 10 Abs. 5 LGebG erfordern die vom Beklagten für richtig gehaltene Einschränkung ebenfalls nicht, da Satz 2 dieser Vorschrift außer dem Begriff des Betriebs gewerblicher Art auch den des (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs verwendet, der sich inhaltlich mit dem Begriff des Betriebs gewerblicher Art weitgehend deckt (Koenig in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 14 Rn. 6; Seer, DStR 1992, 1751 Fn. 3). Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs setzt aber anders als ein Betrieb gewerblicher Art nicht voraus, dass es sich um den Betrieb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt. Zu einem abweichenden Verständnis des Begriffs des Betriebs gewerblicher Art im Sinn des § 10 Abs. 5 S. 2 2. Alt. LGebG besteht danach keine Veranlassung.

b) Das vom Kläger betriebene Alten- und Pflegeheim erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinn des § 10 Abs. 5 S. 2 1. Alt. LGebG.

Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist nach § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht; eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall unstreitig gegeben. Nach dem Bescheid des Finanzamts xxxxxxxx vom 5.10.2006 ist jedoch davon auszugehen, dass das Altenzentrum des Klägers nicht in dem von § 10 Abs. 5 S. 2 1. Alt. LGebG gemeinten Sinn steuerpflichtig ist.

aa) Eine allgemeine Steuerpflicht gibt es nicht. Eine Steuerpflicht besteht vielmehr nur nach Maßgabe des jeweiligen Einzelsteuergesetzes. Das Tatbestandsmerkmal der "Steuerpflicht" in § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG ist daher mehrdeutig. Aus dem Kontext der Vorschrift ist jedoch zu schließen, dass mit Steuerpflicht (nur) die Körperschaftssteuerpflicht gemeint ist. Mit dem in § 10 Abs. 5 S. 2 2. Alt. LGebG verwendeten Begriff des "Betriebs gewerblicher Art" wird - wie erörtert - auf § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG Bezug genommen, der diese Betriebe für unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig erklärt. Darin ist der Ausdruck eines allgemeinen Prinzips zu sehen, wonach die in den Absätzen 3 und 4 genannten Stellen nur insoweit gebührenbefreit sein sollen, als sie nicht der Körperschaftssteuerpflicht unterliegen.

bb) Ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb körperschaftssteuerpflichtig ist, hat das zuständige Finanzamt zu entscheiden. Das Fehlen der Körperschaftssteuerpflicht hat deshalb in Zweifelsfällen durch die Vorlage eines Freistellungsbescheids im Sinn des § 155 Abs. 1 S. 3 AO zu erfolgen (vgl. Ziff.2.1.2 AH-LGebG zu § 10 LGebG), d. h. eines Bescheids, mit dem das zuständige Finanzamt dem Steuerpflichtigen mitteilt, dass eine Steuer von ihm aufgrund des geprüften Sachverhalts dem Grunde nach überhaupt nicht oder für einen bestimmten Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum nicht gefordert wird (vgl. BFH, Urt. v. 9.4.2008 - II R 31/06 - BFH/NV 2008, 1435 mit weiteren Nachweisen). Der vom Kläger vorgelegte Bescheid vom 5.10.2006, der die vom Finanzamt xxxxxxxx getroffene Feststellung enthält, dass die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff. AO dienende Körperschaft "Ev. Altenzentrum xxxxxxxx Diakonieverein xxxxxxxx e.V." für die Jahre 2003 bis 2005 nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftssteuer sowie nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist, ist ein solcher Bescheid. Die gebrauchte Formulierung macht außerdem hinreichend deutlich, dass der Bescheid sich - ebenso wie der zuvor ergangene, sachlich gleich lautende Bescheid vom 27.10.2003 - auch und gerade auf das vom Kläger betriebene Alten- und Pflegeheim bezieht.

Mit einem Freistellungsbescheid stellt das Finanzamt verbindlich fest, dass der Betroffene keine Steuer schuldet (Tipke/Kruse, Komm. zur Abgabenordnung, Bd. II, § 155 Rn. 9). Ein solcher Bescheid ist auch für die gebührenerhebende Stelle im Rahmen des § 10 Abs. 5 S. 2 LGebG grundsätzlich bindend, da die Finanzbehörden in dieser Frage die größere Sachkunde besitzen. Zu der Annahme, dass der Gesetzgeber mit dem Anknüpfen der Gebührenpflicht an das Vorliegen eines "steuerpflichtigen" wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der gebührenerhebenden Stelle ein gegenüber der zuständigen Finanzbehörde eigenständiges Prüfungsrecht zubilligen wollte, besteht deshalb keine Veranlassung, zumal andernfalls die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestünde. Es kommt weiter hinzu, dass der Verwaltungsaufwand, der mit einer eigenständigen Prüfung durch die gebührenerhebende Behörde verbunden wäre, nur ausnahmsweise in einem angemessenen Verhältnis zu der Höhe der in Rede stehenden Gebühr stünde. Es kann danach nicht die Aufgabe der gebührenerhebenden Behörde sein, die Rechtmäßigkeit eines von dem zuständigen Finanzamt erlassenen Freistellungsbescheids zu überprüfen.

cc) Ein Freistellungsbescheid des zuständigen Finanzamts kann allerdings nur dann eine Bindungswirkung entfalten, wenn er nicht gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig ist. Danach ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein solcher dem Bescheid des Finanzamts vom 5.10.2006 anhaftender Fehler kann jedoch ohne Zweifel ausgeschlossen werden.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), wovon im Fall des Klägers ohne weiteres ausgegangen werden kann. Unterhalten sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der kein Zweckbetrieb ist, ist die Steuerbefreiung allerdings insoweit ausgeschlossen. Entscheidend ist damit die Frage, ob das einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellende Alten- und Pflegeheim des Klägers als Zweckbetrieb anzusehen ist. Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime sind nach § 68 Nr. 1 AO Zweckbetriebe, wenn sie in besonderem Maße Personen dienen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Gemäß § 66 Abs. 3 AO ist das der Fall, wenn diesen Personen mindestens zwei Drittel der Leistungen der Einrichtung zugute kommen. Nach der Darstellung der Klägerin waren in dem Heim im Oktober 2005 insgesamt 203 Personen untergebracht, von denen 188 den Pflegestufen 1 bis 3 angehörten und von denen daher angenommen werden kann, dass sie wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen waren. Dieser Darstellung hat der Beklagte nicht widersprochen. Dafür, dass das Finanzamt xxxxxxxx im Fall des von der Klägerin betriebenen Alten- und Pflegeheims zu Unrecht das Vorliegen eines Zweckbetriebs angenommen hat, ist danach nichts zu erkennen. Auf einen Vergleich der Zeiten notwendiger Pflegeleistungen mit den gesamten Anwesenheitszeiten der Bewohner kann es dabei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht ankommen. Die Voraussetzungen des § 68 Nr. 1 AO wären ansonsten allenfalls in seltenen Ausnahmefällen gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 GKG auf 693 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. 13 S 2483/07

Ende der Entscheidung

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