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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.12.2000
Aktenzeichen: 3 S 2994/99
Rechtsgebiete: PBefG, PBefAusglV


Vorschriften:

PBefG § 45 a Abs. 2
PBefAusglV § 3 Abs. 5
Bei Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite nach § 3 Abs. 5 PBefAusglV ist nicht auf die von den Fahrgästen tatsächlich zurückgelegten Fahrstrecken, sondern auf die Tarifstrecken der für die jeweilige Linie geltenden allgemeinen Tarife abzustellen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 2994/99

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Ausgleichsleistungen nach PBefG

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schieber und den Richter am Verwaltungsgericht Kappes auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 1. Juni 1999 - 9 K 1852/ 98 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin erstrebt die Festsetzung eines zusätzlichen Ausgleichsbetrags für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr für das Kalenderjahr 1997.

Die Klägerin betreibt im Linienverkehr mit Omnibussen die Überlandlinie 231 von Freiamt nach Emmendingen sowie die Ortslinien 232 und 233 auf Gemarkung Freiamt. Diese Linien sind Teil eines zusammenhängenden Liniennetzes der in der Regio-Verkehrsverbund Freiburg GmbH zusammengeschlossenen Beförderungsunternehmen, zu denen auch die Klägerin zählt. Auf ihren Linien befördert sie vorwiegend Schüler mit Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr. Die Beförderungsentgelte werden auf der Überlandlinie 231 nach einem Streckentarif und auf den Ortslinien 232 sowie 233 nach einem Zonentarif erhoben. Die Berechnung der Erträge der Klägerin aus dem Verkauf von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr erfolgt nach Zusammenfassung der entsprechenden Erlöse aus dem oben genannten Liniennetz der im Verkehrsverbund zusammengeschlossenen Unternehmen nach einem festgelegten Aufteilungsschlüssel. Gleiches gilt für die Ermittlung der auf die Klägerin entfallenden Anzahl verkaufter Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr.

Am 30.4.1998 beantragte die Klägerin beim Regierungspräsidium Freiburg die Gewährung eines Ausgleichs für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr für das Jahr 1997 sowie die Bewilligung von Vorauszahlungen für das Jahr 1998. Dabei legte sie ihrer Berechnung u.a. eine Jahres-Wagen-Kilometer-Leistung von 123.089, davon 78.639 km im Überlandverkehr, sowie die ihr vom Verkehrsverbund zugewiesene Zahl von 3.068 verkauften Monats-Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr und eine Erhöhung der Zahl der Beförderungsfälle im Ausbildungsverkehr nach § 3 Abs. 3 PBefAusglV um 10 v.H. zu Grunde. Als mittlere Reiseweite brachte sie zunächst eine Entfernung von 14,88 km in Ansatz und errechnete einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 360.335,-- DM. Im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens korrigierte sie die mittlere Reiseweite auf 13,93 km und legte hierzu eine überarbeitete Berechnung auf der Grundlage von ihr gesondert ermittelter (Einzel-) Reiseweiten für jede ihrer drei Linien (Linie 231: 15,72 km, Linie 232: 10,02 km und Linie 233: 12,33 km) nebst Aufstellungen u.a. von Fahrgastzahlen sowie hierauf bezogen zurückgelegte tatsächliche Wegstrecken vor. Darüber hinaus fügte sie Listen mit Namen und Anschriften der Inhaber von Schüler-Berechtigungsausweisen für die Überlandlinie 231 einerseits und die Ortslinien 232 sowie 233 andererseits bei.

Auf Anforderung des Beklagten reichte die Klägerin mehrere Alternativberechnungen nach, in denen sie die mittleren (Einzel-) Reiseweiten ihrer Ortslinien 232 und 233 nicht nach der tatsächlichen Wegstrecke, sondern nach den Entfernungsstufen des genehmigten Zonentarifs bzw. nach den kürzesten Wegstrecken zwischen den jeweiligen Haltestellen und den von den Schülern besuchten Schulen ermittelte und darüber hinaus statt der ihrer Änderungsberechnung zugrunde liegenden Gewichtung der (Einzel-) Reiseweiten nach Jahres-Wagen-Kilometern ihrer jeweiligen Linien zum Teil eine solche nach der Zahl der verkauften Zeitfahrausweise auf den Ortslinien einerseits und der Überlandlinie andererseits vornahm. Als geringsten Wert errechnete sie dabei eine mittlere Reiseweite von 8,84 km (Linie 231: 15,72 km und Linien 232 sowie 233: 5,61 km, gewichtet nach dem Anteil der auf der Überlandlinie einerseits und den Ortslinien andererseits verkauften Zeitfahrausweisen).

Mit Bescheid vom 22.6.1998 setzte das Regierungspräsidium Freiburg den Ausgleichsbetrag nach § 45 a PBefG für das Jahr 1997 auf 226.406,-- DM und die Vorauszahlungen für das Jahr 1998 auf 2 x 90.562,-- DM fest. Zugleich forderte es für das Jahr 1997 geleistete, die festgesetzten Ausgleichszahlungen übersteigende Vorauszahlungen in Höhe von 94.788,-- DM zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Berechnung der Klägerin lägen für den Ortslinienverkehr Freiamt Entfernungen nach den Wagenumläufen und nicht nach den genehmigten Tarifen zugrunde. In Verbindung mit dem für die Überlandlinie errechneten betriebsindividuellen Wert von 15,72 km ergebe sich unter Berücksichtigung des für den Ortslinienverkehr Freiamt zu Gunsten der Klägerin angenommenen Durchschnittswerts von 8,00 km eine nach verkaufter Kartenzahl gewichtete mittlere Reiseweite von 10,35 km für den gesamten Betrieb. Damit werde den betriebsindividuellen Verhältnissen der Klägerin unter Berücksichtigung der besonderen Strukturen der Streuortgemeinde Freiamt ausreichend Rechnung getragen. Angesichts der neu ermittelten mittleren Reiseweite ergebe sich ein die geleisteten Vorauszahlungen für das Jahr 1997 unterschreitender Ausgleichsbetrag, was eine Rückforderung auslöse. Der Klägerin werde gestattet, den Rückforderungsbetrag mit den festgesetzten Vorauszahlungen zu verrechnen.

Die Klägerin erhob Widerspruch, mit dem sie die Festsetzung eines weiteren Ausgleichsbetrages in Höhe von 226.406,-- DM auf der Grundlage einer mittleren Reiseweite von 14,88 km geltend machte. Sie trug vor, ihr stehe nach § 3 Abs. 5 Satz 3 PBefAusglV ein Wahlrecht zu, nach welcher Methode sie ihre betriebsindividuelle mittlere Reiseweite nachweise. Dies könne unter Zugrundelegung der tatsächlich zurückgelegten Straßenentfernungen erfolgen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3.8.1998 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, nach § 3 Abs. 4 PBefAusglV betrage die durchschnittliche mittlere Reiseweite für den Ortslinienverkehr der Klägerin 5 km. Die tatsächliche mittlere Reiseweite im Ortslinienverkehr betrage unter Zugrundlegung der kürzesten Wegstrecke 5,61 km; die von der Klägerin ermittelte doppelt so hohe mittlere Reiseweite ergebe sich aus den wegen der topografischen Lage extrem langen fahrplanbedingten Umläufen der Fahrzeuge. Diese dienten ausschließlich der Schülerbeförderung; hierdurch bedingte Mehrkosten seien demgemäss nicht von der Allgemeinheit, sondern vom Schulträger in vertraglicher Vereinbarung auszugleichen. Den allgemeinen öffentlichen Erstattungspflichten nach § 45 a PBefG könne nur der kürzeste Fahrweg zugrundegelegt werden. Um den Besonderheiten der Streuortsiedlung Freiamt Rechnung zu tragen, sei bei Berechnung der mittleren Reiseweite fiktiv angenommen worden, dass es sich bei dem Ortslinienverkehr dem Grunde nach um einen Überlandlinienverkehr handle, für den der gesetzliche Durchschnittswert von 8 km anzusetzen sei. Diese Entscheidung wurde der Klägerin am 10.8.1998 zugestellt.

Am 8.9.1998 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 22.6.1998 und dessen Widerspruchsbescheid hinsichtlich der mittleren Reiseweite sowie der Verpflichtung zur Rückzahlung von Vorauszahlungen aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie unter Zugrundelegung einer mittleren Reiseweite von 12,66 km erneut zu bescheiden. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen, die mittlere Reiseweite ihres Unternehmens weiche von den Durchschnittswerten des § 3 Abs. 4 PBefAusglV um mehr als 25 % ab und sei daher der Berechnung des ihr zu gewährenden Ausgleichsbetrages zugrunde zulegen. Den entsprechenden Nachweis könne sie gemäss § 3 Abs. 5 Satz 3 PBefAusglV für die Überlandlinie 231, auf der sie Streckenfahrausweise ausgebe, nach den tatsächlich erfassten Entfernungen führen. Hinsichtlich der Ortslinien 232 und 233 bestehe ein Zonentarif, der wegen der in ihm enthaltenen Entfernungsstufen in Wahrheit ein Teilstreckentarif sei. Hier könne sie den Nachweis entweder ebenfalls nach den tatsächlich erfassten Entfernungen oder nach den Mittelwerten der Entfernungsstufen führen. Dabei stehe ein Wahlrecht hinsichtlich der Nachweismethode und das Recht zu, innerhalb ihres Unternehmens für unterschiedliche Linien mit unterschiedlichen Nachweismethoden, also mit "Mixturen" zu arbeiten. Über das Produkt von Fahrausweiszahl und tatsächlicher bzw. mittlerer Entfernung müsse dann über das gesamte Unternehmen hinweg eine Gesamtreiseweite ermittelt und diese anschließend durch die Zahl der Fahrausweise geteilt werden. Bei dieser Berechnung ergebe sich für das Jahr 1997 eine mittlere Reiseweite von 12,66 km. Maßgeblich sei hierbei allein die von ihren Fahrzeugen tatsächlich zurückgelegte Strecke. Auf die Tarifkilometer komme es hingegen nicht an. Diese dienten ausschließlich der Berechnung des vom Fahrgast geschuldeten Beförderungsentgelts gemäß § 39 PBefG. Dass sie vorwiegend Schüler befördere, sei ebenfalls unerheblich. Ausgehend von der betriebsindividuell ermittelten mittleren Reiseweite ergebe sich ein Ausgleichsbetrag in Höhe von 294.703,-- DM und damit ein Anspruch auf Gewährung weiteren Ausgleichs in Höhe von mehr als 68.000,-- DM. Entsprechend verringere sich auch die Rückzahlungsverpflichtung; darüber hinaus seien die Vorauszahlungen für das Jahr 1998 zu erhöhen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat er ergänzend ausgeführt, die aus Umlaufgründen zweckmäßigen und aus topografischen Gründen wohl auch nicht zu vermeidenden Fahrtrouten der Klägerin seien bei der Berechnung der von den Auszubildenden gefahrenen Tarifkilometern nicht entscheidend. Denn die genehmigten Tarife gäben der Klägerin nicht das Recht, von den Fahrgästen einen Fahrpreis entsprechend der tatsächlichen, die kürzeste Entfernung oftmals um ein mehrfaches übersteigenden Fahrstrecke zu verlangen. Die Ermittlung der mittleren Reiseweite anhand der tatsächlich gefahrenen Entfernungen entspreche daher nicht der Zielsetzung der Ausgleichsvorschriften. Soweit eine Deckung der Kosten des Schülerverkehrs unter Einbeziehung der Ausgleichsleistungen nach § 45 a PBefG nicht möglich sei, bleibe es der Klägerin unbenommen, die Differenz beim Schulträger geltend zu machen.

Mit Urteil vom 1.6.1999 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr nach § 45 PBefG für das Jahr 1997 erneut unter Zugrundelegung einer mittleren Reiseweite von 12,66 km zu entscheiden. Zugleich hat es den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 22.6.1998 und dessen Widerspruchsbescheid vom 3.8.1998 aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe die Abweichung vom Durchschnittswert für die mittlere Reiseweite gemäß § 3 Abs. 5 Nr. 1 PBefAusglV nachgewiesen. Eine Gewichtung nach Orts- bzw. Überlandlinienverkehr sei nicht erforderlich, da nach der Personenbeförderungsausgleichsverordnung nur eine mittlere Reiseweite eines Betriebes vorgesehen sei, die sich entweder nach dem überwiegenden Orts- und Nachbarortslinienverkehr oder nach dem überwiegenden sonstigen Linienverkehr (Überlandlinienverkehr) berechne. Ob hier das eine oder das andere vorliege, könne im Ergebnis dahingestellt bleiben, da der Nachweis einer Abweichung des Durchschnittswertes nach § 3 Abs. 4 PBefAusglV in jedem Fall geführt sei. Soweit der Beklagte die von der Klägerin errechnete höhere Abweichung vom Durchschnittswert für die mittlere Reiseweite der Berechnung des Ausgleichsbetrages nicht zugrunde legen wolle, weil die erhöhte Kilometerleistung durch für den Schülerverkehr bedingte Umwege erreicht werde, sei dies kein zulässiges Kriterium. § 45 a PBefG lasse sich nicht entnehmen, dass kein Anspruch auf Kostenersatz für solche Linien gewährt werde, die ausschließlich dem Zwecke der Schülerbeförderung dienten. Denn Sinn und Zweck dieser Vorschrift bestehe darin, den Verkehrsunternehmen einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass ihnen aus sozialen Gründen Tarifgestaltungen für den Ausbildungsverkehr "zugemutet" würden, die betriebswirtschaftlich nicht kostendeckend seien. Dies ergebe sich auch aus § 43 Satz 1 Nr. 2 PBefG, auf den § 45 a PBefG Bezug nehme. Da die von der Klägerin angewandte Berechnung der Abweichung von der mittleren Reiseweite ansonsten weder dem Grunde noch der Höhe nach von dem Beklagten bestritten werde, könne sie der erneuten Berechnung des Ausgleichsbetrages durch den Beklagten zugrunde gelegt werden.

Gegen das am 11.6.1999 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2.7.1999 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 20.12.1999 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 1.6.1999 - 9 K 1852/98 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung macht er weiterhin geltend, bei der Ermittlung der mittleren Reiseweite seien nicht die tatsächlichen, aus topografischen und betriebswirtschaftlichen Gründen gewählten Fahrtstrecken zugrunde zulegen. Maßgeblich sei vielmehr die Tarifstrecke, also die kürzeste Entfernung zwischen den einzelnen Haltestellen und den anzufahrenden Schulen. Nachdem die Klägerin sowohl Ortslinienverkehr als auch Überlandlinienverkehr betreibe, seien zwei Teilreiseweiten zu ermitteln, die nach dem Verhältnis der von der Klägerin als verkauft gemeldeten Fahrten gewichtet worden seien. Die Zahl der tatsächlich verkauften Karten habe die Klägerin am 22.6.1998 mit lediglich 3.004 angegeben, die sich auf 2.089 im Ortslinienverkehr und 915 im Überlandlinienverkehr verteilten. Dieses Verhältnis sei dem Ausgleichsbescheid zugrunde gelegt worden. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die im Nachhinein geltend gemachte mittlere Reiseweite von 12,66 km auf jeden Fall insoweit falsch berechnet sei, als ihrer Ermittlung unzulässigerweise die vom Regio-Verkehrsverbund Freiburg zugeschiedene Zahl der Ausbildungskarten zugrunde gelegt worden sei. Richtigerweise müsse die mittlere Reiseweite nach der Methode berechnet werden, die die Klägerin bislang angewandt habe, also nach der Zahl der tatsächlich beförderten Auszubildenden.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung und trägt ergänzend vor, die vom Beklagten vorgenommene Gewichtung nach Ortslinienverkehr und Überlandlinienverkehr sei dem Ausgleichsrecht fremd. Im Übrigen treffe es zwar zu, dass sie statt verkaufter Zeitfahrausweise nur nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 PBefAusglV vom Regio-Verkehrsverbund Freiburg zugeschiedene Fahrausweise habe ansetzen können. Indes gebe es in ihrem Schülerverkehr aber weder Umsteiger noch ein Parallelfahrtenangebot anderer Verkehrsunternehmer über die volle Beförderungsstrecke. Daher entspreche die Zahl der zugeschiedenen Zeitfahrausweise auch der Zahl der tatsächlichen Fahrgäste.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten sowie die beigezogenen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg (je 1 Band) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr für das Jahr 1997 verpflichtet. Denn der Bewilligungsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 22.6.1998 und dessen Widerspruchsbescheid vom 3.8.1998 verletzen die Klägerin mit Blick auf die festgesetzten Ausgleichsleistungen für das in Rede stehende Kalenderjahr nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 und 2, Abs. 1 S. 1 VwGO).

Nach § 45 a Abs. 1 PBefG ist dem Unternehmer u.a. im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs auf Antrag ein Ausgleich nach Maßgabe des Absatzes 2 zu gewähren, wenn und soweit der Ertrag aus den für diese Beförderungen genehmigten Beförderungsentgelten zur Deckung der nach Abs. 2 Satz 2 zu errechnenden Kosten nicht ausreicht und der Unternehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Zustimmung zu einer Anpassung der in den genannten Verkehrsformen erhobenen Beförderungsentgelte an die Ertrags- und Kostenlage beantragt hat. Gemäß Abs. 2 der Vorschrift werden als Ausgleich gewährt 50 v.H. des Unterschiedsbetrags zwischen dem Ertrag, der in den in Abs. 1 genannten Verkehrsformen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist, und dem Produkt aus den in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern und den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten. Als durchschnittliche verkehrsspezifische Kosten im Sinne dieser Regelung gelten die Kostensätze je Personen-Kilometer, die von den Landesregierungen oder den von ihnen durch Rechtsverordnung ermächtigten Behörden durch Rechtsverordnung nach Durchschnittswerten einzelner repräsentativer Unternehmen, die sparsam wirtschaften und leistungsfähig sind, pauschal festgelegt werden; dabei können entsprechend betrieblichen und verkehrlichen Besonderheiten unterschiedliche Kostensätze für den schienengebundenen und den nichtschienengebundenen Verkehr sowie für verschiedene Verkehrsregionen festgelegt werden.

Die Einzelheiten der Ermittlung des Ausgleichsbetrages und insbesondere der Höhe desselben ergeben sich aus der - auf der Verordnungsermächtigung des § 58 Abs. 1 Nr. 5 PBefG i.d.F. vom 24.8.1976 (BGBl. I S. 2439), nunmehr § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG, beruhenden - Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr - PBefAusglV -vom 2.8.1977 (BGBl. I S. 1460, mit späteren hier nicht einschlägigen Änderungen). § 3 PBefAusglV regelt dabei, wie die Ermittlung der Personen-Kilometer für die Berechnung des Ausgleichs nach § 45 a Abs. 2 PBefG vorzunehmen ist. Danach werden Personen-Kilometer durch Multiplikation der Beförderungsfälle mit der mittleren Reiseweite ermittelt (Abs. 1). § 3 Abs. 2 und 3 PBefAusglV regeln die anrechenbare Zahl der Beförderungsfälle; Abs. 3 der Vorschrift sieht dabei vor, dass die nach Abs. 2 errechnete Zahl der Beförderungsfälle um 10 v.H. zu erhöhen ist, wenn ein von mehreren Unternehmern gebildetes zusammenhängendes Liniennetz mit einheitlichen oder verbundenen Beförderungsentgelten besteht und je beförderter Person nur ein Fahrausweis ausgegeben wird (sog. Verbundzuschlag). Als mittlere Reiseweite sind nach § 3 Abs.4 PBefAusglV zur Erleichterung der Berechnung grundsätzlich feste Durchschnittswerte zu Grunde zu legen, nämlich 5 km bei überwiegendem Orts- und Nachbarortslinienverkehr und 8 km bei überwiegendem sonstigem Linienverkehr (Überlandlinienverkehr). Weisen allerdings der Beförderungsunternehmer oder auch die Ausgleichsbehörde gemäß § 3 Abs. 5 PBefAusglV nach, dass von den Durchschnittswerten für die mittlere Reiseweite im Ausbildungsverkehr nach Abs. 4 um mehr als 25 v.H. abgewichen wird, ist bei der Berechnung des Ausgleichsbetrages von den nachgewiesenen Werten auszugehen. Geführt werden kann ein solcher Nachweis gemäß § 3 Abs. 5 S. 3 PBefAusglV (nur) auf Grund der verkauften Streckenzeitfahrausweise nach den erfassten tatsächlichen Entfernungen oder nach den mittleren Werten der Entfernungsstufen der genehmigten Beförderungsentgelte (Nr. 1), durch Verkehrszählung (Nr. 2) oder in sonstiger geeigneter Weise (Nr. 3).

Nr. 15.2 Verwaltungsvorschrift des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg zur Durchführung des § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes und des § 6 a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 30.10.1995 (GABl. 728) sieht für die Errechnung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite nach Maßgabe des § 3 Abs. 5 Satz 3 PBefAusglV die Anwendung der "Grundsätze zur Errechnung der mittleren Reiseweite im Ausbildungsverkehr bei Anwendung des § 3 Abs. 5 PBefAusglV" (herausgegeben vom Bundesminister für Verkehr, Stand Februar 1991) - Anlage 1 zur Verwaltungsvorschrift - vor. Danach können Grundlage des Nachweises der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite auf Grund verkaufter Strecken-Zeitfahrausweise (§ 3 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 PBefAusglV) nur vom Unternehmer selbst verkaufte und nicht nach § 5 PBefAusglV zugewiesene streckengebundene Ausweise sein (Nr. 2.2 der Grundsätze). Gemäß Nr. 2.3 der Grundsätze ist beim Nachweis i.S.d. § 3 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 PBefAusglV "unter tatsächlicher Entfernung" "die Tarifentfernung" zu verstehen. Ihr muss grundsätzlich die Straßenentfernung zu Grunde [!Duden1]liegen; sie kann auf volle Kilometer gerundet sein. Nach 2.4 der Grundsätze kann anstelle[!Duden2] der tatsächlichen (Tarif-) Entfernungen mit den mittleren Werten der Entfernungsstufen der genehmigten Beförderungsentgelte gerechnet werden. Für den Nachweis nach § 3 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 PBefAusglV (Verkehrszählung) ist die Anwendung der üblichen statistischen Erhebungsmethoden vorgesehen (Nr. 3.1 der Grundsätze). Hinsichtlich des Nachweises in sonstiger geeigneter Weise i.S.d. § 3 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 PBefAusglV ist nach Nr. 4.1 der Grundsätze die Möglichkeit eröffnet, Unterlagen nutzbar zu machen, über die das Unternehmen ansonsten noch verfügt. Gemäß Nr. 4.1.1 gilt dies insbesondere für ausgegebene Berechtigungskarten und eingezogene Gutscheine; mit Blick auf die Tarifentfernung sind insoweit die Ausführungen zu Nr. 2.3 anwendbar.

In Anwendung dieser Grundsätze kann der Klägerin - an deren Ausgleichsberechtigung dem Grunde nach Bedenken nicht bestehen - kein zusätzlicher Ausgleich nach § 45 a PBefG für das Jahr 1997 gewährt werden. Denn die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 PBefG i.V.m. § 3 Abs. 1 PBefAusglV der Ermittlung des Ausgleichsbetrages zu Grunde zu legende und hier allein im Streit befindliche Zahl der Personen-Kilometer ist jedenfalls nicht höher anzusetzen, als von der Bewilligungsbehörde angenommen.

Zwar geht der Senat davon aus, dass die nach § 3 Abs. 1 PBefAusglV für die Personen-Kilometer zum einen maßgebliche Zahl der Beförderungsfälle, wie von der Klägerin beantragt und im Verwaltungsverfahren auch erfolgt, unter Einbeziehung des sogenannten Verbundzuschlages aus § 3 Abs. 3 Satz 1 PBefAusglV zu errechnen ist; denn die Klägerin betreibt ihre Linien als Verbundlinien im Sinne der genannten Vorschrift, und ihr Vorbringen im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung der Berufung, es gebe in ihrem Schülerverkehr keine Umsteiger (vgl. hierzu den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.8.1999) ist - insoweit zu ihren Gunsten - nicht gemäß § 3 Abs. 5 S. 1 und 2 PBefAusglV nachgewiesen. Jedoch kann der Berechnung der Personen-Kilometer keine mittlere Reiseweite zugrunde gelegt werden, die höher liegt, als vom Beklagten angenommen. Denn die Klägerin, für deren Betrieb nach § 3 Abs. 4 PBefAusglV angesichts der überwiegend im sonstigen Linienverkehr (Überlandlinienverkehr) angefallenen Jahres-Wagen-Kilometer zunächst insgesamt von einer durchschnittlichen mittleren Reiseweite in Höhe von 8 km auszugehen ist (vgl. hierzu Bidinger, PBefR, Stand August 2000, G Anm. 15 zu § 3 PBefAusglV), hat nicht gemäß § 3 Abs. 5 S. 1 und 3 PBefAusglV nachgewiesen, dass die betriebsindividuelle mittlere Reiseweite ihres Unternehmens im Ausbildungsverkehr den von der Bewilligungsbehörde angesetzten Wert von 10,35 km überschreitet.

Dabei ist bereits fraglich, ob der Nachweis einer individuellen mittleren Reiseweite für den (gesamten) Betrieb der Klägerin dem Grunde nach erbracht ist. Denn ein solcher lässt sich bei Verbundlinien - wie den vorliegend in Rede stehenden Linien der Klägerin - in aller Regel nur mittels einer hier aber nicht durchgeführten Verkehrszählung (§ 3 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 PBefAusglV) erbringen, da nur diese Nachweismethode geeignet ist, die Reiseweite der sogenannten Fremdumsteiger zu erfassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.3.1995, Buchholz 442.01, § 45 a PBefG Nr. 6). Darüber hinaus dürfte es hinsichtlich der Ortslinien der Klägerin an einem - für den Nachweis gemäss § 3 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 PBefAusglV erforderlichen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 6.2.1990 - 14 S 2358/88 -; Bidinger, a.a.O., Anm. 24) - Streckentarif fehlen und ein etwaiger Nachweis gemäss § 3 Abs. 5 S. 3 Nr. 3 PBefAusglV durch Listen mit Namen von beförderungsberechtigten Personen im Ausbildungsverkehr (vgl. Bidinger, a.a.O., Anm. 23) auch angesichts der bestehenden Differenz zwischen der sich aus den Listen ergebenden und der in die Berechnungen der Klägerin eingestellten Personenzahl nicht ohne weiteres in Betracht kommen.

Dem braucht der Senat indes nicht weiter nachzugehen. Denn der hier in Rede stehende Nachweis ist jedenfalls der Höhe nach nicht erbracht, da der Ermittlung der mittleren Reiseweite im Ausbildungsverkehr bezogen auf die Ortslinien 232 und 233 der Klägerin nicht - wie sie meint - die auf Grund ihrer Linienführung tatsächlich zurückgelegten Wegstrecken, sondern die jeweils kürzesten Straßenentfernungen zwischen Ausgangs- und Zielhaltestellen zu Grunde zu legen sind:

Sinn und Zweck des § 45 a PBefG besteht darin, den ohnehin in ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit beeinträchtigten Verkehrsunternehmen einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass ihnen aus sozialen Gründen Tarifgestaltungen für den Ausbildungsverkehr "zugemutet" werden, die betriebswirtschaftlich nicht kostendeckend sind. Nachdem diese Kostenunterdeckung vor allem durch Sozialtarife für Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr verursacht wird, soll ein Teil der hieraus resultierenden Belastungen mit § 45a PBefG ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.3.1995, a.a.O.; Zeiselmaier, "Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Ausbildungsverkehr nach § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes", WiVerw 1989, 39).

Bezieht sich der Ausgleichsanspruch des § 45 a PBefG mithin auf - dem Unternehmer im Vergleich zu seinen übrigen Beförderungstarifen "zugemutete" -tarifliche Nachteile bei der Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr, so kommt ein Ausgleich für sonstige, schon in den allgemeinen Tarifen nicht gedeckte Belastungen der Verkehrsunternehmen (auch durch die Beförderung von Auszubildenden oder infolge struktureller Nachteile im ländlichen Raum) im Rahmen dieser Vorschrift nicht in Betracht. Demgemäss vermag der Beförderungsunternehmer der Berechnung seiner fiktiven Kosten nach § 45 a PBefG, § 3 PBefAusglV auch nur Belastungsfaktoren zugrunde zu legen, denen im Bereich seiner allgemeinen Tarife eine Deckung gegenüber steht, die also dort in seine tarifliche Entgeltberechnung einzubeziehen sind. Für einen darüber hinaus gehenden Billigkeitsausgleich bieten die §§ 45 a PBefG, 3 PBefAusglV keinen Raum (a. A. Zeiselmaier, a.a.O., S. 50).

In Ansehung dessen ist - übereinstimmend mit Nr. 2.3 der "Grundsätze" - bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite auf die Tarifstrecken der für die jeweilige Linie geltenden allgemeinen Tarife abzustellen, die grundsätzlich - und so auch hier - mit denjenigen der Tarife für Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr übereinstimmen. Denn allein diese Strecken können dem Entgeltanspruch des Beförderungsunternehmers im Rahmen seines allgemeinen öffentlichen Personenverkehrs zugrunde gelegt werden (a. A. Zeiselmaier, a.a.O., S. 50).

Für die danach anzusetzenden Tarifstrecken ist schließlich hinsichtlich der Ortslinien der Klägerin - ebenfalls entsprechend Nr. 2.3 der "Grundsätze" und zwischen den Beteiligten auch unstreitig - von den jeweils kürzesten Straßenentfernungen zwischen Ausgangs- und Zielhaltestellen auszugehen.

Auch unter Zugrundelegung der für die Klägerin jeweils günstigsten Einzelwerte ergibt sich danach keine betriebsindividuelle mittlere Reiseweite von mehr als 10,35 km. In Ermangelung entsprechender Daten zur Ermittlung einer Jahres-Gesamtreiseweite für das Unternehmen der Klägerin geht der Senat dabei in Bezug auf die Ortslinien von einer eine mittleren (Teil-) Reiseweite von 5,66 km (Linie 232: 4,66 km und Linie 233: 6,55 km im Verhältnis von 88 zu 99 Fahrgästen) aus. Unter Einbeziehung einer mittleren (Teil-) Reiseweite von 15,72 km bezogen auf 97 Fahrgäste für die Überlandlinie 231 errechnet sich dann ein Wert von 9,1 km.

Kann der Klägerin nach alledem kein zusätzlicher Ausgleich für das Jahr 1997 gewährt werden, und sind Bedenken gegen die erhobene Rückzahlungsforderung weder vorgetragen noch ersichtlich, so ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

vom 13. Dezember 2000

Unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert gemäß §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 2 GKG auf 68.297,-- DM je Rechtszug festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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