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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 17.09.2003
Aktenzeichen: 4 S 1459/03
Rechtsgebiete: SZG, Zuwendungs-TV, Richtlinie 91/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997


Vorschriften:

SZG § 6 Abs. 1 Satz 3
SZG § 6 Abs. 2 Satz 6
SZG § 10
Zuwendungs-TV § 2 Abs. 1 Unterabs. 5
Richtlinie 91/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 § 4 Abs. 1
Hat das Kind einer Sonderzuwendungsberechtigten, die während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausübt, am 1. Dezember eines Kalenderjahres den zwölften Lebensmonat bereits vollendet, bemisst sich die Sonderzuwendung für dieses Kalenderjahr gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz i.V.m. § 10 SZG nach dem Umfang der am 1. Dezember ausgeübten Teilzeitbeschäftigung und nicht nach dem Beschäftigungsumfang vor Antritt der Elternzeit.

Das gilt auch dann, wenn die Anwendung des Stichtags 1. Dezember dazu führt, dass sich die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichstellung von Berechtigten, die während der Elternzeit eine erziehungsgeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung ausüben, mit Berechtigten, die keine Beschäftigung ausüben, wegen der Nähe der Geburt des Kindes zum Stichtag nicht auswirkt.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

4 S 1459/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Sonderzuwendung

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Riedinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und die Richterin am Verwaltungsgericht Warnemünde ohne mündliche Verhandlung am

17. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. März 2003 - 1 K 165/02 - geändert, soweit damit der Klage stattgegeben wurde. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in vollem Umfang.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Erhöhung der Sonderzuwendung für das Jahr 2001.

Die Klägerin ist beamtete Lehrerin im Dienste des Landes Baden-Württemberg. Am 3.11.2000 wurde ihr Kind Josua geboren und am 30.12.2000 trat sie den Erziehungsurlaub an. Bis dahin war sie 21/27 Wochenstunden als Sonderschullehrerin teilzeitbeschäftigt. Ab dem 10.9.2001 übte sie eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 8/27 Wochenstunden aus. Im Dezember 2001 erhielt sie eine Sonderzuwendung, die auf der Basis einer Teilzeitarbeit von 8/27 Wochenstunden berechnet war. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung lehnte den Antrag der Klägerin auf Bewilligung einer Sonderzuwendung unter Berücksichtigung ihrer Teilzeitbeschäftigung von 21/27 Wochenstunden mit Bescheid vom 20.12.2001 ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15.1.2002 zurück. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit Urteil vom 19.3.2003 - 1 K 165/02 - der daraufhin erhobenen Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, bei der Bewilligung der Sonderzuwendung für die Zeit vom 1.1. bis 2.11.2001 eine Teilzeitbeschäftigung von 21/27 Wochenstunden und in der Zeit vom 3.11. bis 31.12.2001 von 8/27 Wochenstunden zu berücksichtigen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 30.6.2003, zugestellt am 10.7.2003, hat der Senat die Berufung zugelassen. Am 16.7.2003 hat der Beklagte seine Berufung begründet und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.3.2003 - 1 K 165/02 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt das Landesamt für Besoldung und Versorgung vor, bei der Bewilligung der Sonderzuwendung sei die Stichtagsregelung des § 10 des Sonderzuwendungsgesetzes zu beachten. Die Bewilligung einer Sonderzuwendung auf der Basis einer Teilzeitbeschäftigung von 21/27 Wochenstunden sei daher nach § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz des Sonderzuwendungsgesetzes nur möglich, wenn das Kind am Stichtag den 12. Lebensmonat noch nicht vollendet habe. Eine anderslautende Auslegung sei angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht möglich. Bei dieser zur Stärkung der Familien gewährten Vergünstigung habe die Gleichstellung der während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausübenden Berechtigten mit den nicht dienstleistenden Berechtigten durch eine Stichtagsregelung begrenzt werden können. Mit dem Willen des Gesetzgebers stehe diese Auslegung nicht im Widerspruch. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber eine abweichende Regelung ohne Stichtag problemlos vorsehen können. Anhaltspunkte für ein schlichtes Redaktionsversehen seien nicht ersichtlich.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und trägt ergänzend vor, sie hätte ohne Teilzeitbeschäftigung eine Sonderzuwendung für das Jahr 2001 in Höhe von 11/12 bezogen auf den Tätigkeitsumfang vor Beginn ihres Erziehungsurlaubs erhalten. Dass sie zum 10.9.2001 eine Teilzeittätigkeit von 8/27 Wochenstunden aufgenommen habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit sei § 6 Sonderzuwendungsgesetz eine Sonderregelung, welche die Anwendung der Stichtagsregelung verdränge. Denn der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass Teilzeitbeschäftigte während des Erziehungsurlaubs nicht schlechter gestellt seien als Berechtigte, die keinen Dienst leisteten. Sie akzeptiere, dass für die Zeit nach Vollendung des 12. Lebensmonats ihres Kindes wieder die Verhältnisse zum Stichtag 1. Dezember maßgebend seien. Eine derartige Regelung sei sachgerecht und entspreche dem Willen des Gesetzgebers, auch wenn sich dieser nicht eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut ergebe.

Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten (1 Heft Akten) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zugelassene und auch ansonsten zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Klägerin steht für 2001 nicht mehr als die ausgezahlte, auf der Grundlage ihrer Teilzeitbeschäftigung von 8/27 Wochenstunden berechnete Sonderzuwendung zu. Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 20.11.2001 und dessen Widerspruchsbescheid vom 15.01.2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die der Klägerin unstreitig dem Grunde nach zustehende Sonderzuwendung für das Jahr 2001 bemisst sich nach § 6 des Gesetzes über die jährliche Sonderzuwendung in der hier nach § 10 maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3642; hier maßgeblich zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 30.11.2000, BGBl. I S. 1638 - SZG -). Danach wird der Grundbetrag in Höhe der nach dem Besoldungsrecht für den Monat Dezember maßgebenden Bezüge gewährt, und zwar auch dann, wenn dem Berechtigten die Bezüge für diesen Monat nur teilweise zustehen oder in den Fällen einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht zustehen. Mit den "für den Monat Dezember maßgebenden Bezüge" sind grundsätzlich diejenigen Bezüge gemeint, die dem Beamten für diesen Monat konkret zustehen und zu zahlen sind (BVerwG, Urteil vom 18.06.1998, NVwZ-RR 1999, 46). Dies sind im Falle der Klägerin die Bezüge aus der während ihrer Elternzeit aufgenommenen und auch am 01.12.2001 ausgeübten Teilzeitbeschäftigung von 8/27 Wochenstunden. Der Umstand, dass ihre Teilzeitbeschäftigung weniger als die Hälfte der Arbeitszeit umfasst, steht der Gewährung einer Sonderzuwendung nicht entgegen (vgl. Urteil des Senats vom 24.04.2002 - 4 S 765/00 -).

An die Bezüge, die sie vor Antritt der Elternzeit aus der bis dahin ausgeübten Teilzeitbeschäftigung von 21/27 Wochenstunden bezogen hat, kann bei der Bemessung der Sonderzuwendung nicht angeknüpft werden. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 3 SZG lässt eine solche Anknüpfung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht zu. Denn die Regelung im ersten Halbsatz dieser Vorschrift, wonach der Grundbetrag in den Fällen einer Beurlaubung ohne Bezüge - also insbesondere im Falle einer Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung - nach dem Beschäftigungsumfang am Tag vor Beginn des Urlaubs zu bemessen ist, gilt, wenn während einer Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, nach dem zweiten Halbsatz nur dann, wenn das Kind den zwölften Lebensmonat noch nicht vollendet hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Vollendung des zwölften Lebensmonats ist gemäß § 10 SZG der 01. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres. Denn § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz stellt auf einen bestimmten Zeitpunkt ab, zu dem die genannten Voraussetzungen vorliegen müssen. Dies ergibt sich klar und eindeutig aus dem Wortlauf der Vorschrift, namentlich aus der Verwendung des Partizips Perfekt und der Konjunktion "wenn". Welcher Zeitpunkt hierfür maßgeblich sein soll, sagt § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG indes nicht. Auf den Zeitpunkt des Antritts der Elternzeit kann ersichtlich nicht abgestellt werden, weil in diesem Fall die Beschränkung der Vergünstigung auf die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes nicht erreicht werden könnte. Einen anderen zeitlichen Anknüpfungspunkt benennt § 6 SZG nicht. Fehlt es somit an einer speziellen Regelung des Anknüpfungszeitpunkts, ist auf die allgemeine Stichtagsregelung des § 10 SZG zurückzugreifen, wonach für die Gewährung und Bemessung der Zuwendung die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse am 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres maßgebend sind (vgl. Schwegmann/Summer, Kommentar zum BBesG, Ordner III, § 6 SZG Anm. 4 f).

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 10 SZG greife nicht ein, weil § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG eine Spezialregelung enthalte und die Anwendung der allgemeinen Stichtagsregelung ausschließe, findet im Gesetz keine Stütze. Zwar ist es zutreffend, dass der subjektive Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet war, mit der Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG sicherzustellen, dass diejenigen Berechtigten, die während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausüben, mit den Berechtigten, die keine Beschäftigung ausüben, gleichgestellt werden (vgl. BT-Drs. 13/10322, S. 74). Zutreffend und von der Beklagten nicht bestritten ist auch die Tatsache, dass die Klägerin im Jahr 2001 eine Sonderzuwendung von 11/12 bezogen auf den Beschäftigungsumfang vor dem Beginn ihrer Elternzeit erhalten hätte, wenn sie keine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen hätte. Denn im Falle einer Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung bleibt der nach § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG berechnete Grundbetrag gemäß § 6 Abs. 2 Satz 6 SZG für die Dauer der Elternzeit bis zur Vollendung des zwölften Lebensmonats des Kindes unvermindert. Allein der in der Bundestagsdrucksache erläuterte Wille des Gesetzgebers vermag jedoch nicht die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG zu rechtfertigen. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (BVerfG, Urteile vom 21.05.1952, BVerfGE 1, 299, 312, und vom 17.05.1960, BVerfGE 11, 126, 130 f.).

Mit einer an diesen Maßstäben ausgerichteten Auslegung ist die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu vereinbaren. Bereits der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG steht - wie bereits ausgeführt - der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung entgegen. Wäre tatsächlich eine Regelung beabsichtigt gewesen, die gewährleistet, dass hinsichtlich der Bemessung des Grundbetrags der Beschäftigungsumfang vor Beginn der Elternzeit in jedem Fall für die vollen ersten zwölf Lebensmonate des Kindes maßgeblich ist, hätte ohne weiteres eine Formulierung gefunden werden können, die diesem Regelungswillen deutlich Rechnung trägt. Denkbar wäre beispielsweise die Formulierung, dass die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz SZG für die Zeit gelte, "bis" das Kind den zwölften Lebensmonat vollendet habe. Eine solche Formulierung hat der Gesetzgeber jedoch nicht gewählt. In § 6 Abs. 2 Satz 6 SZG, der eine Regelung enthält, welche die anteilige Verminderung des nach Absatz 1 berechneten Grundbetrages im Falle der Elternzeit für die Dauer der ersten zwölf Lebensmonate ausschließt, hat der Gesetzgeber demgegenüber eine Formulierung gefunden, die eindeutig auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats des Kindes Bezug nimmt. Die unterschiedliche Formulierung in Absatz 1 und Absatz 2 legt daher nahe, dass sich der Gesetzgeber der unterschiedlichen Folge der beiden Regelungen bewusst war.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung lediglich missglückt ist und die Vorschrift daher über ihren Wortlaut hinaus in dem Sinne ausgelegt werden könnte, den ihr das Verwaltungsgericht gegeben hat. Der Absatz 1 des § 6 SZG regelt die allgemeine Bemessung des Grundbetrages und stellt hierfür einheitlich auf die für den Monat Dezember maßgebenden Bezüge ab; eine im Laufe des Jahres geänderte Zusammensetzung und Höhe der Bezüge bleibt unberücksichtigt (Schwegmann/Summer, a.a.O., § 10 SZG RdNr. 1). Dieser aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Eindeutigkeit eingeführte, einheitliche Stichtag wäre, wenn man der Auslegung des Verwaltungsgerichts folgte, in Fällen einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit aufgegeben. Denn dann müssten bei der Bemessung der Sonderzuwendung zwei verschiedene Stichtage Anwendung finden, nämlich für die Zeit bis zur Vollendung des zwölften Lebensmonats der Tag vor Beginn der Elternzeit des Kindes gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz und für die Zeit ab Vollendung des zwölften Lebensmonats der 01. Dezember gemäß §§ 6 Abs. 1, 10 SZG. Abgesehen davon, dass sich dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG kein Hinweis darauf entnehmen lässt, dass eine auf zwei verschiedene Stichtage bezogene Bemessung des Grundbetrags beabsichtigt wäre, widerspräche eine derartige Regelung auch dem mit dieser Vorschrift verbundenen Zweck, für die Bemessung der Sonderzuwendung eine klare, eindeutige und einfach zu handhabende Berechnungsweise zur Verfügung zu stellen.

Dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG nicht beabsichtigte, den ansonsten geltenden allgemeinen Stichtag aufzugeben, zeigt im Übrigen auch der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (im Folgenden: Zuwendungs-TV), der parallel zu den durch Art. 11 des Gesetzes zur Umsetzung des Versorgungsberichts vom 29. Juni 1998 (BGBl. I, S. 1666, 1685, - Versorgungsreformgesetz 1998) eingeführten Änderungen des Sonderzuwendungsgesetzes mit Tarifvertrag vom 15.03.1999 geändert wurde. Denn er enthält in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 5 eine vergleichbare Regelung, wonach sich die Zuwendung in den Fällen, in denen im Bemessungsmonat für die Zuwendung eine erziehungsgeldunschädliche Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird und das Kind am ersten Tage des Bemessungsmonats den zwölften Lebensmonat noch nicht vollendet hat, abweichend von dem Beschäftigungsumfang am Tage vor Beginn des Elternzeit bemisst. Die damit im Rahmen der Bemessung der Zuwendung ausdrücklich vorgeschriebene Anwendung des allgemein im Rahmen des Zuwendungs-TV geltenden Stichtags spricht dafür, dass auch bei der Normierung des § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG die Geltung der Stichtagsregelung in § 10 SZG nicht auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers beruht, sondern im Gegenteil aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung beabsichtigt war.

Der dargelegten Auslegung steht auch nicht die Erwägung entgegen, dass die Stichtagsregelung je nach dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes und der Nähe zum maßgeblichen Stichtag dazu führen kann, dass sich die beabsichtigte Gleichstellung mit Berechtigten, die keine Beschäftigung ausüben, wie hier im Einzelfall nicht auswirken kann. Mit dem Anspruch auf die jährliche Zuwendung unter Anknüpfung an den Beschäftigungsumfang vor Beginn der Elternzeit des Kindes, obwohl im maßgeblichen Kalenderjahr keine oder nur eine geringere Beschäftigung ausgeübt wurde, hat der Gesetzgeber über den hergebrachten Alimentationsgrundsatz hinaus zur Stärkung der Familie eine Vergünstigung eingeräumt. Diese hat er in näher festgelegtem Umfang typisierend und pauschalierend geregelt und regeln dürfen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.06.1998, NVwZ-RR 1999, 46, 47). Etwaige hieraus resultierende Härten oder Unbilligkeiten hat der Gesetzgeber dabei zulässigerweise in Kauf genommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.11.1977, BVerfGE 46, 299, 307; siehe auch Schwegmann/Summer, a.a.O., § 10 SZG RdNr. 1). Diese treffen auch keineswegs nur Teilzeitbeschäftigte im Rahmen einer Elternzeit. So erhält beispielsweise auch ein nicht in der Elternzeit befindlicher Beamter, der das gesamte Jahr hindurch vollbeschäftigt war, aber zum 01. Dezember eine Teilzeitbeschäftigung mit verringerten Dienstbezügen aufgenommen hat, nur eine aus diesen verringerten Dienstbezügen errechnete Sonderzuwendung ohne Rücksicht auf die elf Monate lang ausgeübte Vollbeschäftigung (Schwegmann/Summer, a.a.O., § 10 RdNr. 3). Gleiches gilt für andere im Laufe des Jahres eintretende Änderungen in der Höhe oder der Zusammensetzung der Bezüge.

Ein Verstoß gegen Paragraph 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE (Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas), CEEP (Europäischer Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft) und EGB (Europäischer Gewerkschaftsbund) geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeit (ABl. Nr. L 14 vom 20.01.1998, S. 9, ber. im ABl. L 128 vom 30.04.1998, S. 71), wonach Teilzeitbeschäftigte hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht ohne objektiv rechtfertigenden Grund schlechter behandelt werden dürfen, liegt darin entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Dabei kann offen bleiben, ob diese Vorschrift im Bundesgebiet überhaupt unmittelbar anwendbar ist (vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit einer Richtlinie EuGH, Urteil vom 04.10.2001, NJW 2002, 125 zu Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992). Denn die Klägerin wird durch die dargelegte Auslegung des § 6 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz SZG gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt. Vollzeitbeschäftigte, die mit den im Rahmen der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausübenden Sonderzuwendungsberechtigten vergleichbar sind, gibt es nämlich nicht, da eine Vollzeitbeschäftigung gemäß § 15 Abs. 4 des Bundeserziehungsgeldgesetzes während der Elternzeit ausgeschlossen ist. Die von der Klägerin gerügte Schlechterbehandlung besteht allenfalls gegenüber Berechtigten, die während der Elternzeit keine Beschäftigung aufgenommen haben. Diese Fälle regelt die genannte Richtlinie nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

vom 17.09.2003

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG auf 1.191,91 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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