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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 27.08.2001
Aktenzeichen: 4 S 567/99
Rechtsgebiete: BVO, Anlage zur BVO


Vorschriften:

BVO § 7 Abs. 2
BVO § 7 Abs. 7
BVO § 6 Abs. 1 Nr. 1
Anlage zur BVO Nr. 1.3
Aufwendungen für die auf ärztliche Leistungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO berechnete Mehrwertsteuer sind nicht beihilfefähig.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

4 S 567/99

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Beihilfe

hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Riedinger und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Wiegand

am 27. August 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. September 1998 - 15 K 7398/97 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.208,71 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger befand sich im Jahre 1997 in der Wendelstein-Klinik in Gammertingen zu einer stationären Heilbehandlung, deren medizinische Notwendigkeit unter dem 18.03.1997 fachärztlich bescheinigt wurde. Mit Rechnungen der Wendelstein-Klinik vom 20.05.1997, 31.05.1997, 10.06.1997, 20.06.1997, 30.06.1997, 10.07.1997 und 18.07.1997 wurde dem Kläger für die Behandlungszeit vom 11.05.1997 bis zum 18.07.1997 für jeden Tag jeweils ein pauschalierter Pflegesatz in Höhe von 561,-- DM zusätzlich 15 % Mehrwertsteuer, welcher neben den Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Pflege sämtliche ärztlichen und therapeutischen Leistungen mit einschloss, in Rechnung gestellt. Daneben wurden dem Kläger die während seines stationären Aufenthalts in der Wendelstein-Klinik an den einzelnen Tagen erhaltenen ärztlichen Leistungen bescheinigt. Zu den ihm hierdurch entstandenen Aufwendungen beantragte der Kläger jeweils Beihilfe.

Mit Beihilfebescheiden vom 12.06.1997, 08.07.1997, 30.07.1997 und vom 12.08.1997 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Gewährung einer Beihilfe insoweit ab, als die Beihilfefähigkeit der auf die bescheinigten ärztlichen Leistungen anteilmäßig berechneten Mehrwertsteuer, insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.208,71 DM, verneint wurde. Die dagegen jeweils eingelegten Widersprüche wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.1997 zurück. Die auf die Gewährung einer weiteren Beihilfe gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25.09.1998 abgewiesen. Auf den Tatbestand des Urteils wird Bezug genommen.

Mit seiner durch Beschluss des Senats vom 05.03.1999 zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.09.1998 zu ändern und den Beklagten unter entsprechender Aufhebung der Bescheide des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 12.06.1997, 08.07.1997, 30.07.1997 und 12.08.1997 sowie dessen Widerspruchsbescheids vom 17.11.1997 zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in den Rechnungen der Wendelstein-Klinik vom 20.05.1997, 31.05.1997, 10.06.1997, 20.06.1997, 30.06.1997, 10.07.1997 und 18.07.1997 in vollem Umfange anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und die Beihilfeakten des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 130a VwGO. Der Senat hält die zugelassene und auch sonst zulässige Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch, der sinngemäß auf die Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von insgesamt 1.208,71 DM gerichtet ist, nicht zu (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Senat weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Gemäß § 101 LBG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Beihilfeverordnung vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) - BVO - sind nach den folgenden Vorschriften Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Bezüglich der Höhe der Aufwendungen sind nach § 5 Abs. 1 Satz 4 BVO die Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder über Preise und Gebühren sowie die Anlage anzuwenden.

Ausgehend von dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten, dass es sich bei der Wendelstein-Klinik nicht um ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus handelt, sie aber die Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 SGB V erfüllt (vgl. aber dazu schon Urteil des Senats vom 21.08.1992 - 4 S 1116/91 -), kommt als Anspruchsgrundlage für die begehrte Beihilfe nicht § 6 Abs. 1 Nr. 6 BVO, sondern allenfalls § 7 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 2 BVO in Betracht. Nach dem danach anzuwendenden § 7 Abs. 7 BVO sind bei Behandlung in Krankenhäusern nach Abs. 2, die die Bundespflegesatzverordnung sinngemäß anwenden, die pauschal berechneten Aufwendungen für die Leistungen beihilfefähig, die den in § 6 Abs. 1 Nr. 6 BVO genannten entsprechen. Im Übrigen sind Aufwendungen für folgende gesondert erbrachte und berechnete Leistungen beihilfefähig, u.a. für 1. nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2. nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und 3. für Unterkunft, Verpflegung und Pflege. Da die nur Selbstzahler aufnehmende Wendelstein-Klinik die Bundespflegesatzverordnung unstreitig nicht sinngemäß anwendet, kommt eine Beihilfefähigkeit der Aufwendungen des Klägers für eine dortige Behandlung nur nach § 7 Abs. 7 Satz 2 BVO in Betracht, d. h. Aufwendungen für eine stationäre Behandlung in dieser Klinik sind nur insoweit beihilfefähig, als sie in § 7 Abs. 7 Satz 2 BVO aufgeführte Leistungen betreffen, die von der Klinik gesondert erbracht und berechnet wurden. Der dem Kläger ohne gesonderte Berechnung der einzelnen Leistungen in Rechnung gestellte pauschalierte Pflegesatz erfüllt diese Voraussetzungen nicht, so dass die insoweit für die Gewährung einer Beihilfe geltend gemachten Aufwendungen schon dem Grunde nach nicht beihilfefähig sind und die Klage schon wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Satz 2 BVO abzuweisen ist. Dabei ist es beamtenrechtlich nicht willkürlich, private, nicht nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser nicht voll umfänglich wie zugelassene Krankenhäuser zu behandeln (vgl. Urteil des Senats vom 21.08.1992 - 4 S 1116/91 - zur Anwendung des § 7 BVO a.F. auf die Wendelstein-Klinik und den hierzu ergangenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.1993 - 2 B 211/92 - über die Nichtzulassung der Revision).

Die während des Berufungsverfahrens vorgelegten Berechnungen der Wendelstein-Klinik rechtfertigen keine andere Beurteilung, da entsprechend dem abgeschlossenen Behandlungsvertrag die dort aufgeführten Leistungen dem Kläger so nicht verbindlich in Rechnung gestellt wurden, also in dieser Höhe gerade nicht im Sinne von § 7 Abs. 7 Satz 2 BVO berechnet wurden.

Im Übrigen könnte die Klage auch dann keinen Erfolg haben, wenn man mit dem Beklagten zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass durch die von der Wendelstein-Klinik im Rahmen der Pauschalabrechnung bescheinigten ärztlichen Leistungen, die an den einzelnen Tagen erbracht wurden, eine ausreichende gesonderte Berechnung im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 2 BVO erfolgt ist und damit die geltend gemachten Aufwendungen des Klägers grundsätzlich als beihilfefähig behandelt werden könnten. Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete ärztliche Leistungen bestimmt sich gemäß § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO. Hiernach sind beihilfefähig ärztliche und zahnärztliche Leistungen und Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage. Im Rahmen dieser Verweisung, die eine Beihilfefähigkeit der Aufwendungen im vorliegenden Fall erst begründet, findet danach, auch wenn es sich hier um ärztliche Leistungen anlässlich einer stationären Behandlung gehandelt hat, Nr. 1.3 der Anlage Anwendung. Hiernach sind, wenn Leistungen von Gesellschaften oder Unternehmen (z.B. Klinik, Badebetrieb) in Rechnung gestellt werden, - soweit keine anderen Rechtsvorschriften bestehen - die Aufwendungen insoweit beihilfefähig, als sie im Fall einer Leistung und Berechnung durch einen freiberuflich tätigen Behandler beihilfefähig wären. Bei einer ärztlichen Leistung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO und deren Berechnung durch einen freiberuflich tätigen Behandler fielen aber Aufwendungen für die Mehrwertsteuer nicht an, da gemäß § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommenssteuergesetzes und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker steuerfrei sind. Eine Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die auf ärztliche Leistungen berechneten Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer besteht deshalb nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO in Verbindung mit Nr. 1.3 der Anlage insoweit nicht. Dies gilt nach Vorstehendem ungeachtet dessen, dass im vorliegenden Fall die durch die Erbringung stationärer ärztlicher Leistungen erzielten Umsätze der Wendelstein-Klinik nicht nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG, sondern auch insoweit nach § 4 Nr. 16 UStG, dessen Voraussetzungen sie freilich nicht erfüllt, zu beurteilen sind.

Das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach Vorstehendem ist die Anlage zur Beihilfeverordnung normativer Bestandteil derselben und findet im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO, der nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO hier heranzuziehen ist, Anwendung. Nr. 1.3 der Anlage stellt schon nach seinem eindeutigen Wortlaut auch nicht nur auf bestimmte Behandlungsarten oder die Art und Weise der Leistung ab, sondern hat ausdrücklich die Aufwendungen auch insoweit im Blick, als sie aufgrund der "Berechnung" durch einen freiberuflich tätigen Behandler einerseits oder durch eine Gesellschaft oder ein Unternehmen andererseits entstehen. Dies schließt die unterschiedliche Erhebung der Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer ein.

Ein Recht auf freie Arztwahl wäre durch die Regelung schon deshalb nicht berührt, weil der Kläger hier stationäre Leistungen in Anspruch genommen hat, und ein beihilferechtlich nicht einschränkbares Recht auf freie Krankenhauswahl nicht besteht. Wie bereits ausgeführt ist es im Rahmen der zur Verfügungstellung von Mitteln zur Erfüllung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§§ 98, 101 LBG) sachlich gerechtfertigt, nicht nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser nicht voll umfänglich wie zugelassene Krankenhäuser zu behandeln und dies dementsprechend beihilferechtlich auch gegenüber den Beamten zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Senats vom 21.08.1992 - 4 S 1116/91 -). Dass die Regelung der Nr. 1.3 der Anlage an sich schon gegen die dem Dienstherrn aus §§ 98, 101 LBG obliegende Fürsorgepflicht verstieße, wird vom Kläger selbst nicht behauptet. Sie erlangt eine solche fürsorgewidrige Qualität aber auch nicht im Rahmen ihrer Anwendung nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO, da hierdurch die Anerkennung der Beihilfefähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen für stationäre Leistungen solcher Kliniken, die weder nach § 108 SGB V zugelassen sind, noch von der in § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, überhaupt erst ermöglicht wird und damit auch sich daraus ergebende beihilferechtliche Einschränkungen sachlich gerechtfertigt sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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