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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.05.2003
Aktenzeichen: 5 S 1657/01
Rechtsgebiete: BauGB, NatSchG


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
NatSchG § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
1. § 13 NatSchG enthält als ungeschriebene Voraussetzung, dass für das Vorhaben eine erforderliche Baugenehmigung beantragt worden ist und diese erteilt werden kann.

2. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des BauGB vom 30.07.1996 (dort noch als § 35 Abs. 3 Satz 4) gilt auch für Flächennutzungs- bzw. Regionalpläne aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

5 S 1657/01

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung einer Kiesabbaugenehmigung

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Lutz und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik und Albers auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. September 2000 - 4 K 591/99 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Baugenehmigung sowie eine naturschutzrechtliche Genehmigung für den Trockenabbau von Kies auf dem Grundstück Flst.-Nr. 879/1 der Gemarkung Aichstetten der Beigeladenen. Das Grundstück liegt im Aitrachtal zwischen Aitrach und Aichstetten an der L 260 etwa 200 m westlich des Weilers Breitenbach auf 614 m ü. NN.

Der Flächennutzungsplan der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Leutkirch im Allgäu für die Teilverwaltungsräume Große Kreisstadt Leutkirch im Allgäu, Aichstetten und Aitrach vom 12.12.1983 (künftig: Flächennutzungsplan 1983) stellt das erwähnte Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft dar. U.a. enthält er auch Darstellungen für Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und zu rekultivierende Flächen. Hierzu führt der Erläuterungsbericht unter der Überschrift "Kiesabbau" aus (S. 65), dass der Abbau der mächtigen Kiesvorkommen im Plangebiet meist kleinflächig und ungeordnet erfolge; dies bedeute neben einer Beeinträchtigung der Landschaft eine Gefährdung der Grundwasserströme; die zuständigen Fachbehörden strebten deshalb an, den Kiesabbau auf einige wenige großflächige Bereiche zu konzentrieren, deren Abbau und Rekultivierung ausreichend zu überwachen sei; es seien drei Abbauschwerpunkte und darüber hinaus alle genehmigten vorhandenen und geplanten Abbauflächen als solche eingetragen. Ähnlich wird schon unter der Überschrift "Entwicklungsziele" (Landschaftspflege, Kiesabbau) einleitend ausgeführt, der Kiesabbau sei auf wenige großflächige Abbaugebiete zu konzentrieren. Der am 04.04.1996 für verbindlich erklärte Regionalplan des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben bestimmt im Kapitel 3.3.6 als Ziel schutzbedürftige Bereiche für den Abbau u.a. von Kiesen und Sanden sowie, dass in ihnen der Abbau von Rohstoffen aus raumordnerischer Sicht möglich ist und Vorrang vor anderen Nutzungsansprüchen hat. Das für den Abbau durch den Kläger vorgesehene Grundstück liegt in keinem solchen Bereich. Daneben wird, von der Verbindlichkeit ausgenommen, als Grundsatz ausgeführt, dass weitere Abbaustellen zur Versorgung des lokalen Umfelds zulässig seien.

Unter dem 02.06.1998 beantragte der Kläger beim Landratsamt Ravensburg die Erteilung einer bau- und naturschutzrechtlichen Genehmigung zum Trockenabbau von Kies auf dem erwähnten Grundstück; die Abbaufläche sollte etwa 4 ha umfassen, die Kiesgrube sollte später nur teilweise wieder verfüllt werden. Nachdem das Landratsamt und verschiedene Träger öffentlicher Belange ablehnend Stellung genommen und die Beigeladene ihr Einvernehmen verweigert hatten, legte der Kläger am 24.09.1998 geänderte Pläne vor. Darin ist ein größerer Abstand der Abbaufläche von der L 260 (20 m statt 10 m) vorgesehen; das Abbaugebiet soll in etwa drei gleiche Teilflächen unterteilt werden; der Abbau auf der letzten Teilfläche soll mit der Maßgabe genehmigt werden, dass die Rekultivierungsmaßnahmen im ersten Teilabschnitt erfüllt sind; ferner soll der Eingriff in das Landschaftsbild durch eine vollständige Verfüllung der Kiesgrube und durch eine Wiederherstellung des schichtigen Bodenaufbaus ausgeglichen werden.

Mit Bescheid vom 29.10.1998 lehnte das Landratsamt Ravensburg die Anträge ab. Zur Begründung führte es aus: Der geplante Kiesabbau sei ein Eingriff im Sinne von § 10 Abs. 1 NatSchG und als solcher gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 NatSchG unzulässig, da er mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung nicht vereinbar sei; der Regionalplan weise die Fläche nicht als "schutzbedürftigen Bereich für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe" aus; sie liege innerhalb eines "schutzbedürftigen Bereiches für die Wasserwirtschaft" gemäß Kapitel 3.3.5 des Regionalplans; es sei nicht vorgesehen, neben den umliegenden Abbauschwerpunkten Leutkirch, Aitrach und Molpertshaus einen weiteren Schwerpunkt für die Kiesgewinnung einzurichten; nach Kapitel 3.6 des Regionalplans seien weitere Abbaustellen nur zur Versorgung des lokalen Umfelds zulässig; der Bedarf an Wandkies sei jedoch derzeit für das Gebiet um Aichstetten durch vorhandene Abbauschwerpunkte gesichert. Ferner könne der Eingriff in das Landschaftsbild nicht ausgeglichen werden, da es in der Region erfahrungsgemäß an Verfüllmaterial für Kiesgruben zur Wiederherstellung des ursprünglichen Geländeniveaus und der damit verbundenen landschaftsgerechten Wiedereingliederung der Abbaustelle fehle; die Beweislast für eine erfolgversprechende Ausgleichsmöglichkeit treffe den Kläger. Schließlich stünden Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege der Erteilung der Genehmigungen entgegen; die geplante Abbaufläche sei wegen ihrer Bodenqualität für eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung gut geeignet; das Landschaftsbild würde erheblich verändert und beeinträchtigt; die freie und nahezu eben erscheinende Tallandschaft mit Weitensichtbeziehung sei zu erhalten; die vorliegende Bodenlandschaft sei aufgrund der sehr schwach welligen Topographie für Oberschwaben relativ selten; sie gelte als Zeuge des Schmelzwasserabflusses der letzten Eiszeit und sei damit als wichtige landschaftsgeschichtliche Urkunde zu betrachten; das gelte auch für den schichtigen Bodenaufbau. Bei einer Abwägung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG komme diesen Belangen der Vorrang gegenüber den Belangen des Klägers zu, zumal die Versorgung der Region mit Kies gewährleistet sei. Zu versagen seien die Genehmigungen auch wegen des von der Beigeladenen gemäß § 36 BauGB versagten Einvernehmens. Der Bescheid wurde dem Kläger am 12.11.1998 zugestellt.

Den am 10.12.1998 erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Tübingen mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.1999 zurück. Dabei führte es aus: Das Vorhaben sei zwar nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG unzulässig; das einschlägige raumordnerische Ziel des Regionalplans schließe Vorhaben außerhalb der ausgewiesenen Vorrangbereiche nicht aus. Der Kiesabbau sei aber mit Beeinträchtigungen verbunden, die nicht auszugleichen seien. Es sei auch bauplanungsrechtlich unzulässig, weil ihm Belange des Naturschutzes und der natürlichen Eigenart der Landschaft entgegenstünden. Schließlich könne sich auch das Regierungspräsidium nicht über das versagte Einvernehmen der Beigeladenen hinwegsetzen.

Der Kläger hat am 19.03.1999 Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er Erklärungen einiger Baunternehmen dazu vorgelegt, dass sie bereit und imstande seien, Verfüllmaterial in bestimmtem Umfang bereitzustellen. Mit Urteil vom 28.09.2000 - 4 K 591/99 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen nach Einnahme eines Augenscheins die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zu. Dem im Außenbereich privilegiert zulässigen Vorhaben widersprächen die Darstellungen des Flächennutzungsplans 1983. Dies folge zwar noch nicht daraus, dass der Flächennutzungsplan das Abbaugrundstück als Fläche für die Landwirtschaft darstelle, wohl aber daraus, dass der Flächennutzungsplan für Abgrabungen an anderer Stelle positiv Flächen darstelle. Damit sei diese Nutzungsart auf allen anderen Flächen im Plangebiet ausgeschlossen. Dafür, dass der Plangeber dies gewollt habe, sprächen maßgebend auch die diesbezüglichen Aussagen im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan. Dass der Plangeber Kiesabbau an anderen Stellen habe ausschließen wollen, ergebe sich insbesondere aus dem im Erläuterungsbericht mehrfach verwendeten Begriff der "Konzentration" von Kiesabbauflächen. Auch aus anderen Verwaltungsvorgängen ergebe sich, dass die Beigeladene schon seit längerem vorgehabt habe, den Kiesabbau auf ihrem Gemeindegebiet auf bestimmte Flächen zu konzentrieren und den Kiesabbau an anderen Stellen zu verhindern. Soweit im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan von vorgesehenen "Schwerpunkten" des Kiesabbaus die Rede sei, lasse dies nicht auf den Willen des Plangebers schließen, dass es neben den ebenfalls angeführten und ausgewiesenen genehmigten Kiesabbauflächen weitere - nicht schwerpunktmäßige - Abbaubereiche geben solle. Eine ausdrückliche Erklärung dazu, dass die Darstellung eine diesbezügliche Nutzung an anderer Stelle ausschließe, sei nicht erforderlich. Die Darstellungen von Abgrabungsflächen im Flächennutzungsplan stünden dem Vorhaben des Klägers entgegen. Dies ergebe eine nachvollziehende Abwägung zwischen der im Außenbereich privilegiert zulässigen Nutzung und dem Interesse des Plangebers an einem Ausschluss solcher Nutzungen außerhalb der von ihm hierfür dargestellten Flächen. Mit diesem Ausschluss werde ausweislich des Erläuterungsberichts eine bessere Überwachung der Rekultivierung und die Vermeidung von Beeinträchtigungen der Landschaft angestrebt. Der Belang des Landschaftsschutzes könne sich hier durchsetzen, weil die Landschaft in der Umgebung des Abbaugrundstücks noch weitgehend von menschlichen Eingriffen unberührt in ihrer ursprünglichen Form existiere und deshalb schützenswert sei. Dabei dürfe freilich nicht, wie im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen, auf den gesamten Talbereich abgestellt werden, der auch durch die BAB 96 und eine Eisenbahnstrecke geprägt sei, sondern nur auf den Bereich östlich der L 260, von dem aus weitere Abbaugebiete in der Umgebung nicht wahrzunehmen seien. Da der Kläger für sein Vorhaben keine Baugenehmigung beanspruchen könne, stehe ihm auch die begehrte naturschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 13 Abs. 1 NatSchG nicht zu. Das Urteil ist dem Kläger am 04.12.2000 zugestellt worden.

Auf den Antrag des Klägers vom 03.01.2001 hat der Senat mit Beschluss vom 30.07.2001 (5 S 64/01) die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 06.08.2001 zugestellt. Er hat am 04.09.2001 die Berufung begründet.

Während des Berufungsverfahrens änderte die Verwaltungsgemeinschaft Leutkirch im Allgäu am 10.07.2002 den Flächennutzungsplan (künftig: Flächennutzungsplan 2002). Das Regierungspräsidium Tübingen genehmigte die Änderung am 28.10.2002. Die Genehmigung wurde am 07.11.2002 öffentlich bekannt gemacht. Im Erläuterungsbericht wird ausgeführt: "Die Verwaltungsgemeinschaft weist im Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes folgende Schwerpunkte aus, an denen der Kiesabbau im Umfang der zeichnerischen Darstellung im Plan zu konzentrieren ist: - Leutkirch-Tautenhofen "Haidrain" ..., - Aitrach ... . Im Übrigen wird der Kiesabbau auf bestehende Gruben, bereits genehmigte Erweiterungen und, um einer geordneten Rekultivierung willen, geringfügige Abrundungen im Einzelfall beschränkt. Andere oder darüber hinaus erweiterte Abbaustellen sind während des Planungszeitraums des Flächennutzungsplanes bis zur Erschöpfung der vorgenannten Bereiche nicht zuzulassen. Die Erweiterung bestehender Abbauorte in Fläche und Tiefe genießt Vorrang vor der Erschließung neuer Standorte. ... ." Als diesbezügliche Ziele des Flächennutzungsplans werden die Vermeidung einer für die Rohstoffversorgung nicht erforderlichen Zahl von Eingriffen in die traditionell land- und forstwirtschaftlich geprägte, touristisch bedeutsame, reizvolle Allgäulandschaft und der möglichst schonende Umgang mit den vorhandenen Ressourcen an oberflächennahen Rohstoffen angeführt. Diese Ziele sollten durch Konzentration auf möglichst wenige Abbauflächen erreicht werden. Ausgeführt wird ferner, dass der Eigenbedarf in der Verwaltungsgemeinschaft bei 190.000 bis 220.000 t Kies und Sand liege, tatsächlich aber schon jetzt jährlich etwa 670.000 t (Stand 1996) gefördert würden. Dabei betrage die genehmigte Reserve an Material etwa 9,6 Mio t und decke damit einen Bedarf von mehr als 14 Jahren. Soweit der Entwurf eines Teilregionalplans "Oberflächennahe Rohstoffe" vom April 2001 über die vorgenannten Abbauschwerpunkte hinaus weitere schutzbedürftige Bereich für den Abbau vorsehe (z.B. Bereich des Schießplatzes Waizenhof, Gemarkung Aichstetten), trete dem die Verwaltungsgemeinschaft im Rahmen der laufenden Anhörung entgegen, um die Eingriffe in Natur und Landschaft möglichst zu beschränken. Die im Entwurf des erwähnten Teilregionalplans vorgesehenen Bereiche zur Sicherung von Rohstoffvorkommen beträfen einen Zeithorizont jenseits des Planungszeitraums des Flächennutzungsplans.

In einem weiteren Verfahren hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Beklagten mit Urteil vom 28.09.2000 (4 K 2577/98) verpflichtet, über einen Antrag des Klägers auf Erteilung von Genehmigungen für den Kiesabbau auf einem Grundstück der Gemarkung Gebrazhofen von Leutkirch im Allgäu erneut zu entscheiden. Die dort zugelassene Berufung des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 22.03.2002 (5 S 1656/01) verworfen. In der Zwischenzeit hat das Landratsamt Ravensburg die Genehmigungsanträge des Klägers in jenem Verfahren unter Berufung auf den Flächennutzungsplan 2002 erneut abgelehnt. Diesbezüglich ist eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. September 2000 - 4 K 591/99 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 29. Oktober 1998 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 10. März 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die mit dem Antrag vom 2. Juni 1998 in der Fassung vom 24. September 1998 begehrte baurechtliche und naturschutzrechtliche Genehmigung mit anschließender Vollverfüllung, hilfsweise mit anschließender Teilverfüllung, zu erteilen;

hilfweise festzustellen, dass der Kläger bis zum Inkrafttreten des Flächennutzungsplans 2002 der Verwaltungsgemeinschaft Leutkirch im Allgäu einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigungen hatte.

Er trägt vor: Die Darstellungen des Flächennutzungsplans 2002 stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Dieser Plan verstoße gegen das Abwägungsgebot. Er habe im Aufstellungsverfahren mit Schreiben vom 31.08.1999 vorgebracht, dass er für Bereiche, in denen kein Kiesabbau dargestellt sei, bereits Abbauanträge gestellt habe. Dieses bereits konkretisierte Nutzungsinteresse habe der Plangeber entweder gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Die Verwaltungsgemeinschaft habe sich zur Abwägung seiner Belange mit den öffentlichen Belangen gar nicht berufen gefühlt. Sie hätte auch berücksichtigen müssen, dass ihre Ziele im Bereich seines Grundstücks nicht mehr zu erreichen seien, da dort bereits Kies abgebaut werde und kurz zuvor eine nicht unerhebliche Arrondierung des Abbauvorhabens genehmigt worden sei. Der Abwägungsmangel sei erheblich.

Dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan 1983 könne nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass mit der Darstellung von Abgrabungsflächen eine solche Nutzung an anderen Stellen habe ausgeschlossen werden sollen. Dieser fasse zunächst nur die historische Entwicklung sowie die Ziele der mit dem Kiesabbau befassten Fachbehörden zusammen und treffe dann die Aussage, dass "Schwerpunkte des Kiesabbaus" vorzusehen seien. Dem Begriff des "Schwerpunkts" sei immanent, dass ein Abbau an anderer Stelle zulässig sei. Der allein positiven Darstellung von Abgrabungen im Flächennutzungsplan komme auch nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB n.F. keine Ausschlusswirkung solcher Nutzungen an anderer Stelle zu; denn diese Vorschrift sei auf Flächennutzungspläne, die vor ihrem Inkrafttreten in Kraft getreten seien, nicht anwendbar. Auch wenn man davon ausgehe, dass dem Erläuterungsbericht eine hinreichend konkrete planerische Aussage in Bezug auf den Kiesabbau entnommen werden könne, sei sein Vorhaben zulässig. Bei der gebotenen nachvollziehenden Abwägung der öffentlichen Interessen an der Verhinderung des konkreten Vorhabens mit seinem Interesse an dessen Verwirklichung komme dem im Außenbereich privilegierten Vorhaben ein besonders starkes Gewicht zu. Die negative Seite einer Abgrabungskonzentrationsfläche habe eher globalen Charakter. Im vorliegenden Fall sei entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts von einer Vorbelastung des Landschaftsbilds auszugehen. Diese Vorbelastung könne nicht mit dem Hinweis auf die trennende Wirkung der L 260 abgegrenzt werden. Vom Abbaugrundstück aus seien die den gesamten Raum prägende Autobahn und die Eisenbahnlinie deutlich sichtbar. Im Blick auf diese Vorbelastungen habe die L 260 nicht trennende, sondern verbindende Funktion.

Das Vorhaben widerspreche auch nicht Zielen der Raumordnung. Auch sonstige öffentlichen Belange, insbesondere Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die natürliche Eigenart der Landschaft und eine Verunstaltung des Landschaftsbildes, stünden ihm nicht entgegen. Auch insoweit sei die planartige Zuweisung der privilegierten Vorhaben in den meist naturbelassenen Außenbereich zu beachten. Ein besonders schutzwürdiger Naturbereich liege nicht vor. Einer Verunstaltung des Landschaftsbildes werde durch den zur Genehmigung gestellten abschnittsweisen Abbau entgegengewirkt. Durch die dem Bauantrag nachträglich beigefügten Absichtserklärungen verschiedener Bauunternehmer sei nachvollziehbar Verfüllmaterial nachgewiesen. Darüber hinausgehende Verpflichtungserklärungen, etwa in Gestalt von Rahmenverträgen, seien unrealistisch, da zwischen der Genehmigungsphase und der Verfüllung des ersten Teilabschnittes ein nicht unerheblicher Zeitraum liege. Werde dies gefordert, könnten neue Kiesabbauunternehmen keinen Zugang zum Markt mehr finden. Ihm stehe auch eine naturschutzrechtliche Genehmigung für den Kiesabbau zu. Insbesondere könnten die mit dem Eingriff verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen innerhalb angemessener Frist ausgeglichen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Mit der Konzentration von Kiesabbauflächen im Flächennutzungsplan 2002 beabsichtige die Verwaltungsgemeinschaft, für die Rohstoffversorgung nicht erforderliche Eingriffe in die traditionell land- und forstwirtschaftlich geprägte, touristisch bedeutsame, reizvolle Allgäulandschaft zu vermeiden und möglichst schonend mit den vorhandenen Ressourcen an oberflächennahen Rohstoffen umzugehen. Den privaten Belangen der Kiesabbaubetreiber werde Rechnung getragen, indem die Abbauflächen großzügig und zukunftsorientiert ausgewiesen worden seien, wobei sogar teilweise dem überregionalen Bedarf Rechnung getragen werde. Damit habe die Verwaltungsgemeinschaft ein den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechendes Auskiesungskonzept beschlossen. Das Vorhaben des Klägers liege nicht in den ausgewiesenen Konzentrationsflächen. Somit stünden ihm gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegen, die sich in der gebotenen Abwägung gegenüber seinen Belangen durchsetzten. Hierfür spreche schon die in der Vorschrift enthaltene Regelvermutung. Gründe, die sie entkräften könnten, seien nicht ersichtlich. Der gesamte Talraum sei von gewerblichen oder industriellen Einrichtungen und Eingriffen in den Boden unberührt. Die Autobahn sei von dem geplanten Abbaustandort weit entfernt und kaum sichtbar. Es handele sich daher um ein schützenswertes Landschaftsbild, welches durch den geplanten Kiesabbau schwer geschädigt würde. Dem Vorhaben stünden ferner Belange der Raumordnung entgegen. Im Regionalplan sei die Fläche nicht für den Kiesabbau ausgewiesen. Auch der zwischenzeitlich beschlossene, aber noch nicht in Kraft getretene Teilregionalplan Rohstoffsicherung sehe an dieser Stelle keinen Abbau vor. Dem Vorhaben stünden auch Belange des Natur- und Landschaftsschutzes entgegen. Durch den Abbau würde in einer von Abbauvorhaben unberührten Landschaft ein Krater entstehen. Diese Landschaftswunde sei unter realistischen Bedingungen auch nicht heilbar. Im Bereich des Regionalplans stünden etwa 8 Mio. t entnommenem Kies allenfalls 1,6 Mio. t Verfüllmaterial gegenüber. Zudem sei während der Abbauzeit ein nicht hinzunehmender Landschaftseingriff gegeben. Darüber hinaus liege auch ein Eingriff in den Boden vor. Es handele sich um einen sehr guten landwirtschaftlichen Boden. Dieser könne auch bei einer Vollverfüllung nicht wiederhergestellt werden. Auch ein noch so sorgsamer Umgang mit dem Oberboden beim Ein- und Ausbau führe zu einem Verlust an Qualität. Nach einer Rekultivierung sei das Gelände allenfalls eingeschränkt landwirtschaftlich nutzbar.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Standort des Vorhabens und seine Umgebung in Augenschein genommen. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die in diesem Verfahren und im Verfahren 5 S 1656/01 vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten und die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach Schluss der Verhandlung am 12.05.2003 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten geben dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Die Berufung ist nach der Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat der Kläger sie rechtzeitig und den sonstigen Anforderungen des § 124 a Abs. 3 VwGO a.F. gemäß begründet. Die Berufung hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage abgewiesen. Diese ist mit dem Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 29.10.1998 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 10.03.1999 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigungen noch auf erneute Entscheidung über seine diesbezüglichen Anträge zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Auch der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag des Klägers hat keinen Erfolg.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Das Vorhaben bedarf gemäß 49 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 3 LBO einer Baugenehmigung. Diese wird gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NatSchG durch die Naturschutzbehörde erteilt. § 13 Abs. 2 Satz 1 NatSchG bestimmt lediglich eine Verfahrens-, aber keine Genehmigungskonzentration, so dass es daneben einer gesonderten Genehmigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NatSchG bedarf.

Das gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 BauGB privilegiert zulässige Vorhaben des Klägers kann gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs vom 30.07.1996 (BGBl. I S. 1189, dort noch als § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB) nicht genehmigt werden. Nach dieser Vorschrift stehen öffentliche Belange einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Hier ist in einer den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entsprechenden Weise durch Darstellungen im Flächennutzungsplan 2002 für den Kiesabbau eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt.

Nach der zur Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen ergangenen, aber allgemein für privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Auslegung und Anwendung von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB von folgenden Grundsätzen auszugehen:

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt die Errichtung von Windenergieanlagen (sowie anderer Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB) im gemeindlichen Außenbereich unter einen Planungsvorbehalt, der sich an die Gemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung und an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere der Regionalplanung, richtet. Der Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem Bauantragsteller mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der Regel unzulässig sind. Die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedingen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hätte, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen. Eine "Verhinderungsplanung" liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt (BVerwG Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 355 = NVwZ 2003, 733; Urteile v. 13. 03.2003 - 4 C 3.02 - und 4 C 4.02 -). Es müssen nicht sämtliche Flächen, die sich für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB eignen, im Flächennutzungsplan dargestellt werden (vgl. auch OVG Schleswig Beschl. v. 27.08.1999 - 2 L 181/98 - NordÖR 1999, 455; OVG Münster, Urt. v. 13.06.2002 - 8 A 480/01 - NuR 2003, 47; Sächs. OVG Urt. v. 26.11.2002 - 1 D 36/01 - SächsVBl 2003, 84). Bei der Gebietsauswahl müssen nicht die durch § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB geschützten Interessen in der Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen vorrangig gefördert werden.

Außerhalb festgesetzter bzw. ausgewiesener Konzentrationsflächen können Ausnahmen von der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur zugelassen werden, wenn sie die Konzeption des Plangebers nicht in Frage stellen. Es soll die Zulassung von Vorhaben außerhalb der hierfür vorgesehenen Flächen auf Fälle beschränkt bleiben, die gemessen an den Zielvorstellungen des Plangebers Ausnahmecharakter haben (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 a.a.O.). Der Ausnahmevorbehalt stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 - 4 C 4.02 -).

Der Flächennutzungsplan 2002 enthält nach dem insoweit maßgeblichen Erläuterungsbericht (BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 57.84 - BVerwGE 77, 300 = PBauE § 35 Abs. 2 + 3 BauGB Nr. 18) ersichtlich gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Kiesabbauflächen an bestimmten Standorten, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. Dies stellt der Kläger nicht in Zweifel.

Entgegen der Auffassung des Klägers leidet der Flächennutzungsplan 2002 hinsichtlich seiner Darstellungen zum Kiesabbau nicht an einem Abwägungsmangel. Es trifft nicht zu, dass die Verwaltungsgemeinschaft beim Beschluss des Flächennutzungsplans am 10.07.2002 seine Nutzungsinteressen nicht berücksichtigt hat. Vielmehr sind seine diesbezüglichen Anregungen im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.08.1999 in der Beschlussvorlage mit einer Stellungnahme der Verwaltung wiedergegeben. Auch wurden ausweislich der Niederschrift der Sitzung des gemeinsamen Ausschusses seitens eines Vertreters des beteiligten Planungsbüros ausführlich die Bedenken, Abwägungen und Stellungnahmen zum Kiesabbau sowie insbesondere auch die Anregungen des Klägers erläutert. Dass dem beschließenden gemeinsamen Ausschuss nicht bekannt gewesen wäre, dass der Kläger insoweit bereits Genehmigungen beantragt hatte und diese Anträge abgelehnt worden waren, liegt nach der Verfahrensgeschichte fern. Soweit der Kläger bemerkt, die Verwaltungsgemeinschaft habe sich zur Abwägung nicht berufen gesehen, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger bezieht sich insoweit nicht etwa auf Formulierungen in der maßgeblichen Beschlussvorlage für die Sitzung des gemeinsamen Ausschusses vom 10.07.2002, sondern auf einen diesbezüglichen Entwurf Stand Juli 2001.

Schließlich trifft auch nicht zu, dass der gemeinsame Ausschuss verkannt hätte, dass für das hier geplante Abbaugebiet die Zielsetzungen, die mit der Ausweisung von Kiesabbaukonzentrationszonen an anderer Stelle verfolgt würden, nicht mehr erreicht werden könnten. Denn soweit der Kläger insoweit ausführt, es werde in der Umgebung bereits Kies abgebaut, gilt dies jedenfalls nicht für den hier zu beurteilenden Standort; anders ist dies nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in seinem Urteil vom 28.09.2000 Tag im Verfahren 4 K 2577/98 beim Standort Gebrazhofen. Sofern der Kläger dagegen auf den Kiesabbau in Aitrach beiderseits der Autobahn oder auf den noch weiter nordwestlich gelegenen Standort Volkratshofen hinweisen will, sind die Abbauanlagen - wie der vom Senat eingenommene Augenschein bestätigt hat - vom Standort des hier zu beurteilenden Vorhabens nicht einzusehen und wirken auf das Landschaftsbild in dessen Umgebung nicht ein.

Schließlich lässt sich auch nicht feststellen, die Verwaltungsgemeinschaft habe ihrer Abwägungsentscheidung zu Grunde gelegt, dem Kläger stünden ohnehin keine Ansprüche auf Erteilung der erforderlichen Genehmigungen für den Kiesabbau an den Standorten Gebrazhofen und Breitenbach zu. Näher liegt es anzunehmen, sie habe für den Fall, dass der Kläger Genehmigungen beanspruchen könne, ihr Kiesabbaukonzentrationskonzept im Erläuterungsbericht für den Flächennutzungsplan 2002 verdeutlicht, damit das Landratsamt die Abbauanträge des Klägers, die bereits Gegenstand gerichtlicher Prüfung waren, ggf. auf gesicherter rechtlicher Grundlage erneut ablehnen könne. Es versteht sich von selbst, dass der Plangeber begründete Genehmigungsanträge zum Anlass nehmen kann, die planungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu ändern, um so die Grundlage für eine Ablehnung zu schaffen. Die Genehmigungsanträge hatten dem Kläger auch keine über sein allgemeines Nutzungsinteresse an den Grundstücken hinaus gehende, besonders schützenswerte Position verschafft. Im Übrigen standen - wie zum Hilfsbegehren des Klägers noch auszuführen ist - auch die Darstellungen des Flächennutzungsplans 1983 dem hier zu beurteilenden Vorhaben entgegen. Zum vorliegenden Fall kann von der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch keine Ausnahme zugelassen werden. Denn dies würde die Konzeption des Plangebers gerade in Frage stellen, zumal er seine Entscheidung über eine Nichtberücksichtigung des hier zu beurteilenden Standorts in Kenntnis des anhängigen Verfahrens getroffen hat. Dass das Vorhaben des Klägers, gemessen an den Zielvorstellungen des Plangebers, die Landschaft vor einer "Zersiedelung" mit Kiesgruben zu schützen, Ausnahmecharakter hätte, ist nicht ersichtlich. Die vorhandenen vergleichsweise geringen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds durch die jeweils weiter entfernten Trassen der Bahn und der Autobahn sind jedenfalls nicht so gewichtig, dass sie einen solchen Schluss rechtfertigen könnten.

Steht dem Kläger für sein Vorhaben keine Baugenehmigung zu, kann er auch keine Genehmigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NatSchG beanspruchen. Nach dieser Vorschrift bedarf einer Genehmigung durch die Naturschutzbehörde, wer beabsichtigt, im Außenbereich als selbständiges Vorhaben u.a. Kies abzubauen oder zu gewinnen. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, eine naturschutzrechtliche Genehmigung komme nicht in Betracht, wenn das Vorhaben offensichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig sei; mit dieser Erwägung verneint es wohl ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für seine Klage auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung. Ob das Nichtbestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Baugenehmigung offensichtlich ist, kann dahinstehen. Denn der Senat ist der Auffassung, dass § 13 NatSchG, in dessen Rahmen (allein) die naturschutzrechtlichen Erfordernisse, insbesondere die Eingriffsregelung, zu prüfen sind, das ungeschriebene Erfordernis enthält, dass für das Vorhaben eine erforderliche Baugenehmigung beantragt worden ist und diese erteilt werden kann (vgl. auch, zum schleswig-holsteinischen NatSchG, OVG Schleswig a.a.O.). Dies ist aber - wie dargelegt - hier nicht der Fall.

Soweit der Kläger mit seinem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass der Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 29.10.1998 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 10.03.1999 rechtswidrig waren und er bis zum Inkrafttreten des Flächennutzungsplans 2002 einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigungen hatte, ist die Klage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend statthaft, sie ist auch im Übrigen zulässig, aber ebenfalls nicht begründet.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in seinem Urteil vom 28.09.2000 im Verfahren 4 K 2577/98 gilt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch für Flächennutzungspläne bzw. Regionalpläne aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten. In seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB geht das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschl. v. 03.06.1998 - 4 B 6.98 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. Art. 33 Abs. 5 GG = NVwZ 1998, 960 = PBauE § 35 Abs. 2 + 3 BauGB Nr. 36) ohne Weiteres davon aus, dass die Vorschrift auf "alte" Flächennutzungspläne anwendbar sei. Insoweit bestehen nach Auffassung des Senats auch keine grundsätzlichen Bedenken. Eine - der Anwendung der Vorschrift auf "alte" Flächennutzungspläne entgegenstehende - Übergangsregelung ist dem Änderungsgesetz vom 30.07.1996 nicht beigefügt. Auch die §§ 233 f. BauGB enthalten keine diesbezügliche Übergangsregelung. Der vom Verwaltungsgericht in anderem Zusammenhang angeführte § 233 Abs. 1 BauGB betrifft nur Verfahren nach dem Baugesetzbuch, nicht aber etwa die Anwendbarkeit der §§ 29 f. BauGB im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens. Dann gilt nach allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts, dass eine materiellrechtliche Vorschrift ab ihrem Inkrafttreten maßgebend ist (Löhr, in: Battis/Krautz-berger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 233 Rdnr. 1 m.w.N.; ebenso OVG Münster, Urt. v. 28.10.1997 - 10 A 4574/94 - ZfBR 1998, 160). Ein Eingriff in die Planungshoheit der Beigeladenen ist damit nicht verbunden. Die Gemeinde kann zwar durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich Einfluss nehmen. sie ist aber nicht befugt, jene selbst zu regeln. Dass der Gesetzgeber anknüpfend an Darstellungen des Flächennutzungsplans die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich erleichtert oder verschärft, liegt allein in seinem Zuständigkeitsbereich. Im Übrigen steht es einer Gemeinde frei, den Flächennutzungsplan ggf. zu ändern und so der Änderung gesetzlicher Vorschriften, die an den Flächennutzungsplan anknüpfen, Rechnung zu tragen. Das Verwaltungsgericht verkennt insoweit den Unterschied zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan. Während ein Bebauungsplan als Norm die Bebaubarkeit des Plangebiets verbindlich regelt, stellt der Flächennutzungsplan nur vorbereitend mit mittelbarer Verbindlichkeit die künftige bauliche Entwicklung der Gemeinde gegenüber dem Bürger dar, "verbindlich" wird er nur über die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB.

Auch der Flächennutzungsplan 1983 genügt (noch) den Anforderungen, die - wie oben ausgeführt - für die Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu stellen sind. Auch er enthält nach dem insoweit maßgeblichen Erläuterungsbericht gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Kiesabbauflächen an bestimmten Standorten, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. Schon die mehrfache Verwendung des Begriffs "konzentrieren" darauf hin, dass hier von einer planerischen Befugnis Gebrauch gemacht werden soll, die diese Konzentration nicht nur ermöglicht, sondern auch gewährleistet. Dies wird durch den Begriff "Abbauschwerpunkt" nicht etwa relativiert, wie der Kläger meint, sondern nur mit anderen Worten umschrieben. Nur bei Abgrabungen an wenigen Schwerpunkten können die zwangsläufigen Beeinträchtigungen der Landschaft gering gehalten werden.

Dass der Flächennutzungsplan 1983 abwägungsfehlerhaft wäre, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Übrigen sind etwaige Mängel der Abwägung gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 und § 233 Abs. 2 BauGB (vgl. auch § 244 BauGB a.F.) unbeachtlich geworden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, das keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht insoweit - unter Änderung seiner Streitwertbestimmung - und für das Berufungsverfahren auf jeweils 50.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertbestimmung beruht auf § 25 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dabei geht der Senat nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass bei gegenwärtiger Marktlage ein Gewinn von etwa 1,25 EUR je m³ Aushub zu erzielen ist. Bei einem Gesamtaushub von 270.000 m³ und einer Abbaudauer zwischen 6,5 und 8,5 Jahren schätzt der Senat den maßgeblichen Jahresnutzwert (vgl. II 7.1.7 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs, Anhang 1 zu Eyermann, VwGO, 11. Aufl.) auf 50.000,- EUR.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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