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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 5 S 574/08
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
BauGB § 24 Abs. 1 Satz 3
BauGB § 24 Abs. 3
BauGB § 28 Abs. 2 Satz 2
Die Ausübung des allgemeinen (Flächennutzungsplan-)Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist vom Wohl der Allgemeinheit nach § 24 Abs. 3 BauGB nur dann gerechtfertigt, wenn der konkrete Verwendungszweck darin besteht, das Grundstück in absehbarer Zeit unmittelbar oder doch mittelbar Wohnzwecken zuzuführen. Soll das Grundstück unmittelbar Wohnzwecken zugeführt werden, setzt dies zumindest voraus, dass in absehbarer Zeit ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt werden soll.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

5 S 574/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausübung des Vorkaufsrechts

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2008 - 2 K 2600/07- wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die beklagte Stadt.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 21.02.2007 - x UR xxx/07 - erwarben die Kläger zu gleichen Teilen vom inzwischen verstorbenen Ehemann der Beigeladenen das auf Gemarkung der Beklagten im Gewann "Johanneswegle" gelegene Grundstück Flst. Nr. 7042 mit einer Fläche von 1.872 qm zu einem Kaufpreis von EUR 57.000,--. Das im Außenbereich liegende, landwirtschaftlich genutzte, möglicherweise noch mit Viehunterständen teilweise bebaute Grundstück liegt im Geltungsbereich des seit 24.07.2004 rechtsverbindlichen Flächennutzungsplans 2010 des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe. Danach sind ca. 80 % der veräußerten Grundstücksfläche als Wohnbaufläche, der südöstliche Teilbereich hingegen als Grünfläche (Schutzstreifen zum angrenzenden Wald) dargestellt.

Von diesem Kaufvertrag erhielt die Beklagte, die dem Ehemann der Beigeladenen für eben dieses Grundstück im Hinblick auf die nur teilweise Darstellung einer Wohnbaufläche und die aufgrund der äußersten Randlage und der derzeitigen Planungsabsichten nicht absehbare Aufstellung eines Bebauungsplans unter dem 06.11.2006 ein Kaufangebot lediglich zu EUR 46.800,-- (1.872 qm x EUR 25,--/qm) unterbreitet hatte, am 26.02.2007 durch ein Schreiben des beurkundenden Notars vom 22.02.2007 Kenntnis, mit dem dieser namens und im Auftrag der Vertragsparteien die Ausstellung eines Negativzeugnisses nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB beantragt hatte.

Aufgrund einer Empfehlung des Planungsamtes der Beklagten vom 07.03.2007, innerhalb von Entwicklungsgebieten grundsätzlich "Vorratshaltung" zu betreiben und zu diesem Zwecke das Vorkaufsrecht auszuüben, und der dortigen Erwägung, dass es ungeachtet dessen, dass (wenn überhaupt) erst langfristig mit einer Überplanung gerechnet werden könne, von Vorteil sei, dort langfristig über Manövriermasse (als Tauschland für künftige dem öffentlichen Interesse dienende Flächen) zu verfügen, beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung vom 27.03.2007, das der Beklagten an dem zwischen den bereits stadteigenen Grundstücken Flst. Nr. 7040/1 und Nr. 7043 liegenden Grundstück zustehende Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB auszuüben.

Nachdem die Beklagte die Kaufvertragsparteien unter dem 29.03.2007 über ihre Absicht, das Vorkaufsrecht auszuüben, in Kenntnis gesetzt und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, übte sie mit Bescheid vom 13.04.2007 gegenüber dem Ehemann der Beigeladenen das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst. Nr. 7042 mit 1.872 qm zum vereinbarten Kaufpreis aus. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass sie in diesem Gebiet keinen allzu großen Flächenanteil besitze, weshalb sie das Grundstück zur Vergrößerung ihres dortigen Eigentumsanteils benötige. Bei diesem handle es sich um eine unbebaute Fläche im Außenbereich, für die im Flächennutzungsplan eine Wohnbaufläche dargestellt sei. Eine Abwendung des Vorkaufsrechts scheide aus, weil die Verwendung des Grundstücks noch nicht bestimmt bzw. mit ausreichender Sicherheit bestimmbar sei.

Gegen diesen ihnen nachrichtlich zugestellten Bescheid erhoben die Kläger am 25.04./30.04.2007 Widerspruch. Diesen begründeten Sie damit, dass sich der Begründung des Bescheids nicht entnehmen lasse, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertige. Dieses sei kein Instrument einer gemeindlichen Bodenbevorratungspolitik. Das Grundstück liege auch eher im mittleren Bereich als am äußersten Rand des Flächennutzungsplans.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB lägen vor. In dem vorgesehenen Wohngebiet im Gewann "Johanneswegle" besitze sie keinen allzu großen Flächenanteil, weshalb das Grundstück zur Vergrößerung ihres dortigen Eigentumsanteils benötigt werde. Der Erwerb von Grundstücken als Austausch- oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land, sei ein in der Regel vom Wohl der Allgemeinheit im Sinne des § 24 Abs.3 BauGB gerechtfertigter Verwendungszweck. Eine Abwendung des Vorkaufsrechts scheide aus den Gründen des Ausgangsbescheids aus.

Entsprechend der dem Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung haben die Kläger Klage zum Landgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie sich weiter gegen das ausgeübte Vorkaufsrecht wenden. Nach Zustellung der Klage an die Beklagte am 19.06.2007, hat das Landgericht Karlsruhe - Kammer für Baulandsachen - mit Beschluss vom 23.07.2007 - 2 O 250/07 - den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen. Zur Begründung ihrer Anfechtungsklage haben die Kläger geltend gemacht, dass die von der Beklagten angeführten Gründe die Ausübung des Vorkaufsrechts, die einen massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit darstelle, nicht rechtfertigten. Dem Grundstück komme auch aufgrund seiner Lage keine besondere Bedeutung zu. Da nahezu jedes der dortigen Grundstücke bis an den südwestlichen Rand der ausgewiesenen Wohnbaufläche reiche, treffe die Begründung letztlich auf alle Grundstücke des Wohngebiets zu. Aufgrund der in § 24 Abs. 3 BauGB zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers dürfe die Beklagte ihr Vorkaufsrecht jedoch nur beschränkt ausüben. So müsse das Wohl der Allgemeinheit gerade im Hinblick auf den Erwerb dieses Grundstücks begründet werden. Mit den von der Beklagten angeführten Gründen werde letztlich eine Bodenbevorratung für alle möglichen, später in Betracht kommenden denkbaren Zwecke betrieben. § 24 BauGB diene jedoch nicht einer gezielten gemeindlichen Bodenbevorratungspolitik; entsprechende Vorschläge der Gemeinden seien bewusst nicht ins Baugesetzbuch übernommen worden. Dass die Beklagte Austausch- und Ersatzland benötige, werde schließlich durch keinen konkreten Sachverhalt belegt, sondern stelle lediglich eine theoretische, allgemeine Überlegung dar, wie das Grundstück möglicherweise später verwendet werden könnte. Da das Vorkaufsrecht ein streng planakzessorisches Instrument sei, sei seine Ausübung etwa dann gerechtfertigt, wenn für die betroffenen Außenbereichsflächen "alsbald" ein Bebauungsplan aufgestellt werden solle. Dies sei jedoch nach den Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 06.11.2006 gerade nicht der Fall. Im Übrigen komme nach dem Flächennutzungsplan ohnehin nur eine Teilfläche des Grundstücks für eine Wohnnutzung in Betracht, weshalb schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht vorlägen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 3 BauGB - anders als eine Enteignung (vgl. § 87 Abs. 1 BauGB) - bereits dann zulässig sei, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertige. Insofern genüge, dass der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten boden- und eigentumspolitischen sowie städtebaulichen Zwecken erfolge und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt würden. Der gemeindliche Grunderwerb müsse mithin lediglich die Ziele und Zwecke einer Maßnahme fördern, mithin deren Durchführung erleichtern oder unterstützen. Bei den einzelnen Vorkaufstatbeständen gälten jeweils unterschiedliche Anforderungen an die Allgemeinwohlrechtfertigung. So müsse die jeweilige Verwendungsabsicht bei einem auf einen Flächennutzungsplan gestützten Vorkaufsrecht noch nicht so konkret sein, als wenn dieses auf einen Bebauungsplan gestützt werde. Insofern sei die im Widerspruchsbescheid angeführte Begründung ausreichend. Dem Grundstück komme im Übrigen durchaus besondere Bedeutung zu, nachdem es zwischen den bereits in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken FIst. Nr. 7040/1 und FIst. Nr. 7043 liege; insofern könne sie eine Arrondierung zu einer Gesamtfläche von 6.554 qm vornehmen und verfüge dann über eine Manövriermasse auch als Tauschland für künftige dem öffentlichen Interesse dienende Flächen. Auch in der Vergangenheit habe sie immer wieder Grundstücke mit dem Ziel erworben, bei dem Allgemeinwohl dienenden Maßnahmen handlungsfähig zu sein. So sei etwa auch das Flurbereinigungsverfahren "B 3 Ettlingen" mit den Baumaßnahmen B-3-Umgehung, Wattkopftunnel und Albhochwasserregulierung dadurch erheblich vereinfacht bzw. teilweise gar erst ermöglicht worden, dass sie selbst erworbene Grundstücke zur Verfügung habe stellen können. Dass eine Kommune eine Bodenvorratspolitik für Grundstücke im Außenbereich betreibe, die für eine Wohnnutzung in Frage kämen, sei städtebaulich im öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Mit Urteil vom 24.01.2008 - 2 K 2600/07 - hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne der Verwaltungsakt, durch den das Vorkaufsrecht ausgeübt werde, auch vom Käufer angefochten werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte sei rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Dabei könne dahinstehen, ob die angefochtene Verfügung bereits deshalb rechtswidrig sei, weil die räumlichen Voraussetzungen des Vorkaufsrechts nur für eine nicht vermessene Teilfläche des verkauften Grundstücks zuträfen, das Vorkaufsrecht jedoch hinsichtlich des gesamten Grundstücks FIst. Nr. 7042 ausgeübt worden sei. Die angefochtenen Bescheide seien jedenfalls deshalb aufzuheben, weil die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gem. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Dies setzte ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander im Widerstreit stehenden (privaten und öffentlichen) Interessen voraus. Entscheidend sei, dass im Einzelfall dem mit dem jeweiligen Vorkaufstatbestand nach § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB verfolgten Zweck entsprochen werde. Auch dieser Vorkaufstatbestand sei erst durch das WoBauErIG 1990 und das WoBauLG 1993 geschaffen worden (§ 3 Abs. 1 BauGB-MaßnG 1990 und 1993). Zum 01.01.1998 sei dieses dann in das BauGB übernommen worden. Nach dem WoBauErIG 1990 hätten neben einer verbesserten Förderung des Wohnungsbaus zur Bewältigung der erhöhten Wohnungsnachfrage als flankierende Maßnahme zum BauGB zeitlich befristete Erleichterungen des Planungs- und Baurechts geschaffen werden sollen, damit Wohnbauland zügig und in ausreichendem Umfang ausgewiesen und die Zulassung von Wohnbauvorhaben im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erleichtert würde (RegEWobauErIG). Das WoBauLG habe weitere Möglichkeiten zur verstärkten Ausweisung und Bereitstellung von Bauland, vor allem für Wohnzwecke gebracht. Das BauGB-MaßnG habe dann Maßnahmen im Planungs- und Baurecht vorgesehen, um den Wohnbedarf der Bevölkerung künftig besser erfüllen zu können. Dieses Ziel sei vor allem in § 1 Abs. 1 Satz 1 BauGB-MaßnG zum Ausdruck gekommen. Danach habe die Bauleitplanung einem dringenden Wohnbedarf der Bevölkerung Rechnung tragen sollen. Mit den Wohnzwecken dienenden Vorkaufsrechten habe die Vorbereitung und Durchführung von Wohnbauvorhaben in Gebieten erleichtert werden sollen, die die Gemeinde durch Bebauungspläne entwickeln wolle. Da der Gesetzgeber einen akuten Engpass auf dem Wohnungsbausektor habe überwinden wollen, habe das neue Vorkaufsrecht nur eingesetzt werden dürfen, um Wohnraum in absehbarer Zeit zu schaffen. Dessen Ausübung zum Zwecke einer allgemeinen Grundstücksbevorratung sei unzulässig gewesen. Diese mit der ursprünglichen Regelung verfolgten Ziele seien mit der Übernahme der Vorschriften in das BauGB 1998 nicht entfallen. Der Regierungsentwurf zum BauROG habe lediglich "das Ziel einer beschleunigten Bereitstellung von Bauland" aufgenommen, weshalb die Ausübung der Wohnzwecken dienenden Vorkaufsrechte nach wie vor nur gerechtfertigt sei, wenn die Gemeinde alsbald die planerischen Voraussetzungen für den Wohnungsbau schaffen wolle. Am Gemeinwohl fehle es deshalb insbesondere dann, wenn lediglich Planungsgewinn abgeschöpft oder der Grundstücksvorrat der Gemeinde erweitert werden solle. Die Aufstellung eines Bebauungsplans müsse daher in absehbarer Zeit beabsichtigt sein. Das mit dem WoBauErIG eingeführte Vorkaufsrecht habe im Bereich eines Flächennutzungsplans die zügige Bebauung neu auszuweisender Wohngebiete sichern helfen sollen. Seien die gemeindlichen Entwicklungsabsichten demgegenüber zeitlich und inhaltlich noch völlig unbestimmt, fehle es regelmäßig an einer Rechtfertigung durch das Wohl der Allgemeinheit. Wolle eine Gemeinde das zu erwerbende Grundstück als Austausch- oder Ersatzland verwenden, sei die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Gemeinwohl nur dann gedeckt, wenn der Erwerb die zügige Schaffung von Wohnraum mittelbar erleichtern solle, etwa dann, wenn das Grundstück als Tauschland benötigt werde, um an anderer Stelle Wohnbauvorhaben verwirklichen zu können. Ein reiner Vorratserwerb widerspreche dem Gesetzeszweck und sei durch das Wohl der Allgemeinheit nicht gerechtfertigt. Vielmehr müsse die Gemeinde das Grundstück nach Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bebauung alsbald im Rahmen ihrer Veräußerungspflicht nach § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB dem Wohnungsbau zuzuführen. Ausgehend davon sei die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte rechtswidrig, da es dem Schreiben des Planungsamts vom 07.03.2007 zufolge lediglich der Vorratshaltung diene. Auch aus dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20.06.2003 (- 3 UE 371/03 - juris) folge nichts anderes. Danach solle es zwar ausreichen, dass eine der jeweiligen Darstellung im Flächennutzungsplan entsprechende Verwendungsabsicht vorliege, jedoch habe die Beklagte derzeit überhaupt noch keine (konkrete) Verwendungsabsicht für das erworbene Grundstück.

Gegen dieses, ihr am 01.02.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.02.2008 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der sie (sinngemäß) beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2008 - 2 K 2600/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen. Innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag bis zum 05.05.2008 verlängerten Begründungsfrist hat die Beklagte ihre Berufung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Ausübung des Vorkaufsrechts habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts durchaus dem Wohl der Allgemeinheit entsprochen. Es falle zunächst auf, dass sich das Verwaltungsgericht in seiner Begründung ausschließlich auf einen einzigen Baugesetzbuchkommentar (Brügelmann) stütze. Ziehe man dagegen andere Literatur heran, ergebe sich ein anderes Bild. Danach sei es unerheblich, ob das Grundstück später Wohnzwecken zugeführt oder für eine andere Nutzung verwendet werde. Auch sei es vom Wohl der Allgemeinheit regelmäßig gerechtfertigt, wenn der Erwerb von Grundstücken als Austausch oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land erfolge. Lediglich allgemeine bodenpolitische Erwägungen der Gemeinde reichten nicht aus. Auch der Entstehungsgeschichte lasse sich nicht entnehmen, dass das durch das BauGB-MaßnG geschaffene Vorkaufsrecht nur zur Schaffung von Wohnraum in absehbarer Zeit eingesetzt werden dürfte. Dagegen spreche bereits § 3 BauGB-MaßnG, welcher gerade nicht verlange, dass der in Aussicht genommene Bebauungsplan zur Bewältigung eines dringenden Wohnbedarfes aufgestellt werden müsse. Den Gemeinden habe ein Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen, um langfristig bestimmte Grundstücke zu sichern und dadurch eine sinnvolle Steuerung der städtebaulichen Entwicklung zu ermöglichen. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgesichte des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die nicht unabhängig von der Regelung in § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB interpretiert werden könne. Sinn und Zweck sei es gewesen, den Gemeinden den Zugriff auf künftiges Bauland bereits zu einem Zeitpunkt zu sichern, zu dem die Bauerwartung und damit auch der Verkehrswert noch relativ niedrig lägen. Dementsprechend sähen sowohl der Gesetzeswortlaut des § 3 BauGB-MaßnG als auch der Regierungsentwurf als alleinige Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechtes das Vorliegen eines Flächennutzungsplans vor, der das betreffende Grundstück als Bauland ausweise. Nachdem für die rechtmäßige Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB noch nicht einmal das Bestehen eines Flächennutzungsplans erforderlich sei, könne kaum verlangt werden, dass in absehbarer Zeit bereits ein aus dem noch gar nicht vorliegenden Flächennutzungsplan zu entwickelnder Bebauungsplan realisiert werden solle. Eine zeitnahe Ausweisung von Bauland könne daher nicht gefordert werden. Aus den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Gesetzesmaterialien folge nichts anderes. Insbesondere folge aus einem etwa verfolgten Zweck, die Entwicklung von Bebauungsplänen zu erleichtern, noch keine zeitliche Begrenzung für die Ausübung eines auf § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB gestützten Vorkaufsrechts. Nach dem Gesetzeswortlaut genüge bereits die Planungsabsicht hinsichtlich eines Flächennutzungsplans. Daran, dass der Zukauf eines zwischen zwei städtischen Grundstücken liegenden Grundstückes zwecks Arrondierung des zu sichernden Baulandes den zuvor dargestellten gesetzlichen Zielsetzungen entspreche, könne nicht ernsthaft gezweifelt werden. Eine große Fläche sei städtebaulich wesentlich sinnvoller als Bauland zu erschließen als die derzeit äußerst schmalen Grundstücke. Auch aus der Veräußerungspflicht des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ergebe sich keine Verpflichtung, das Grundstück zeitnah einer Wohnbebauung zuzuführen. Grundstücke, die zu öffentlichen Zwecken benötigt würden, seien von der Veräußerungspflicht gerade ausgenommen. Insofern sei ausreichend, dass im Flächennutzungsplan hinreichend konkrete Festlegungen getroffen worden seien.

Die Kläger und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und führen ergänzend aus: Nachdem nur ein Teil - ca. 80% - des von ihnen erworbenen Grundstücks als Wohnbaufläche dargestellt sei, seien schon die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB hinsichtlich des ganzen Grundstücks nicht erfüllt. Das ausgeübte Vorkaufsrecht lasse sich auch nicht teilweise aufrechterhalten, da ihnen dann eine für sie nutzlose Fläche von ca. 240 qm verbliebe, was letztlich einer Enteignung gleichkäme. Die Ausführungen der Beklagten seien auch nicht geeignet, die Ausübung des Vorkaufsrechts als vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt anzusehen. Die geltend gemachte Arrondierung führe bei dem Zuschnitt der Grundstücke für sich genommen zu nichts. Ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse sei nicht zu erkennen. Einerseits sei von einem fiktiven Tausch- und Ersatzland, anderseits von Bauland die Rede. Bezeichnend sei der von einer Stadträtin gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhobene Einwand, " dass man nicht wisse, wozu der Erwerb erfolgen solle".

Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Kläger an.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben und die Bescheide der Beklagten vom 13.04.2007 und 05.06.2007 aufgehoben.

1. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Für den Rechtsweg folgt dies bereits aus § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG. Den Klägern steht aber auch die erforderliche Klagebefugnis (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) zur Seite. So kann der Verwaltungsakt, durch den das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, außer vom Verkäufer, dem gegenüber es auszuüben ist (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB), auch vom Käufer angefochten werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.05.1982 - 4 B 98.82 -, Buchholz 406.11 § 25a BBauG Nr. 1; BGH, Urt. v. 05.07.1990 - III ZR 229/89 -, UPR 1990, 386, Urt. v. 05.05.1988 - III ZR105/87 -, NJW 1989, 37; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.1999 - 8 S 1281/99 -, VBlBW 2000, 93; zu § 25 Abs.1 LWaldG bereits Senat, Urt. v. 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, NuR 1998, 430), da diesem das vertraglich erworbene Recht auf Eigentumsverschaffung entzogen wird (vgl. Art. 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG).

2. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch zu Recht als begründet angesehen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2007 über die Ausübung des ihr nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB zustehenden Vorkaufsrechts und deren Widerspruchsbescheid vom 05.06.2007 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Dies dürfte sich allerdings nicht schon daraus ergeben, dass - wie die Kläger meinen - das von der Beklagten in Anspruch genommene Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB für das von ihnen erworbene Grundstück Flst. Nr. 7042 schon nicht entstanden wäre. Ein (allgemeines) Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken steht einer Gemeinde u. a. im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans zu, s o w e i t es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB).

Zwar trifft es zu, dass der seit 24.07.2004 rechtswirksame Flächennutzungsplan 2010 des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe lediglich für den nordwestlichen Teilbereich (von ca. 80 %) des Grundstücks Flst. Nr. 7042 eine Wohnbaufläche darstellt. Dies führt indessen nur dazu, dass die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für die entsprechende, als Wohnbaufläche dargestellte Teilfläche vorlagen, sodass die Beklagte ihr Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht von vornherein nur in Bezug auf diese Teilfläche ausüben durfte (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Eine Beschränkung des von der Beklagten gleichwohl für das gesamte Grundstück in Anspruch genommenen Vorkaufsrechts auf jene Teilfläche wäre auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Kläger mit dem Restgrundstück, wofür einiges spricht, nur mehr eine für sie nutzlose Fläche erwürben (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Mit diesem Einwand hätte selbst der Ehemann der Beigeladenen die Ausübung eines entsprechend beschränkten Vorkaufsrechts nicht verhindern können. Ihm wäre allenfalls die Möglichkeit verblieben, von der Beklagten jedenfalls die Übernahme auch des Restgrundstücks zu verlangen (vgl. §§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, 467 Satz 2 BGB entspr., 92 Abs. 3 BauGB; hierzu auch BGH, Urt. v. 23.06.2006 - V ZR 17/06 -). Weitergehende Rechte stünden auch den Klägern nicht zu, die lediglich einen schuldrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruch haben. Sollte ihnen nicht zuzumuten sein, Eigentümer des Restgrundstücks zu werden, wären sie auf die Geltendmachung ihrer vertraglichen Rechte gegenüber der Beigeladenen beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990, a.a.O.). Auch im Hinblick auf den auf die Teilfläche entfallenden Kaufpreis - der Ehemann der Beigeladenen ging erkennbar von einem einheitlichen Richtwert von EUR 30,45 statt zunächst von EUR 36,--aus - bestünden keine Bedenken, den Bescheid teilweise aufrechtzuerhalten (vgl. §§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, 467 Satz 1 BGB; hierzu BGH, Urt. v. 23.06.2006, a.a.O.).

Das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht wäre allerdings auch hinsichtlich der als Wohnbaufläche dargestellten Teilfläche bereits nicht entstanden bzw. dürfte nicht mehr ausgeübt werden, wenn diese - entgegen der offenbaren Annahme des Verwaltungsgerichts - (auch) noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bzw. im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht als "unbebaut" anzusehen sein sollte (vgl. Ernst/Zinkahn/Bie-lenberg/Krautzberger, BauGB <Stand: 01.10.2008>, § 24 Rn. 39); insofern bestehen aufgrund eines vom April 2005 datierenden Luftbildes (vgl. AS 81 der VG-Akten) nicht unerhebliche Zweifel. Ein Grundstück ist bereits dann als "bebaut" anzusehen, wenn sich auf ihm eine bauliche Anlage im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB befindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1996 - 4 C 1.96 -, Buchholz 406.111 § 3 BauGB-MaßnG Nr. 1). Dies könnte hier (noch) der Fall sein, da auf der in Rede stehenden Teilfläche ausweislich des Luftbildes und der hierzu in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben der Beteiligten offenbar Viehunterstände errichtet wurden. Anders zu beurteilen wäre dies möglicherweise dann, wenn es sich hierbei, wofür freilich wenig spräche, nur um eine geringfügige Bebauung handelte (wie etwa bei einer Einzäunung oder Wegebefestigung, vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 2 BauGB; Paetow in: Berliner Kommentar z. BauGB <Oktober 2008>, § 24 Rn. 15; Stock, a.a.O., § 24 Rn. 37; anders BVerwG, Urt. v. 24.10.1996, a.a.O.; Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. A. 2007, § 24 Rn. 13; W. Schrödter, a.a.O., § 18c), aber auch dann, wenn eine nicht mehr genutzte und auch nicht mehr bestandsgeschützte oder - wie die Beklagte geltend macht - eine formell und materiell baurechtswidrige, erkennbar nicht legalisierungsfähige Anlage in Rede stünde (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.1996, a.a.O.; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 15). All dies kann indes hier dahinstehen.

b) Denn auch dann, wenn das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht aufgrund der in den maßgeblichen Zeitpunkten vorhandenen Bebauung hinsichtlich der als Wohnbaufläche dargestellten Teilfläche entstanden wäre und in der Folge auch grundsätzlich ausgeübt werden durfte, wäre dessen Ausübung (aufgrund eines Ausschussbeschlusses, vgl. zu entsprechenden - hier allerdings nicht bestehenden - Bedenken im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.03.2009 - 8 S 31/08 -) mit dem Verwaltungsgericht jedenfalls als unzulässig anzusehen, weil das Wohl der Allgemeinheit - ausgehend von dem in den Bescheiden angegebenen (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB) und ersichtlich auch allein beabsichtigten Verwendungszweck - eine solche nicht rechtfertigte (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Auch nach Auffassung des Senats ist die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts vom Wohl der Allgemeinheit nur dann gerechtfertigt, wenn der konkrete Verwendungszweck darin besteht, das Grundstück in absehbarer Zeit unmittelbar oder doch mittelbar Wohnzwecken zuzuführen, was im ersteren Falle zumindest voraussetzt, dass in absehbarer Zeit ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Daran fehlt es hier.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur dann vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB), wenn - sollte es nicht bereits nach § 26 BauGB ausgeschlossen sein (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.03.1996 - 3 S 13/94 -) - damit im Einzelfall dem jeweils angegebenen, sich im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen bewegenden Verwendungszweck entsprochen wird; dies unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 3, Beschl. v. 26.04.1993 - 4 B 31.93 -, NVwZ 1994, 282; auch BayVGH, Urt. v. 26.06.1985 - 1 B 84 A.1420 -, BayVBl. 1986, 181).

Nach der in den angefochtenen Bescheiden gegebenen Begründung benötigte die Beklagte das Grundstück "zur Vergrößerung ihres Eigentumsanteils" in dem im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellten Gebiet bzw. als Austausch- oder Ersatzland, insbesondere zum Zwecke der Entschädigung in Land. Ob sich dies noch im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen der dem Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht zugrundeliegenden Verwendungszwecke bewegt, begegnet bereits erheblichen Zweifeln. Jedenfalls wird ihnen vorliegend nicht entsprochen.

Mit dem neu ins Baugesetzbuch aufgenommenen Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB sollte nämlich, was bereits der Wortlaut nahe legt, allein dem Ziel Rechnung getragen werden, beschleunigt Wohnbauland bereitzustellen (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 33).

Dies erhellt letztlich auch aus der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Entstehungsgeschichte. So war das gemeindliche Vorkaufsrecht, das zunächst ein Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung darstellt (BT-Drucks. 10/4630, S. 55), mit Inkrafttreten des Baugesetzbuchs gegenüber der BBauG-Novelle 1976, mit der es zu einem Instrument der Steuerung der gemeindlichen Bodenpolitik gemacht werden sollte, wieder auf die Fälle wirklichen städtebaulichen Bedürfnisses zurückgeführt worden (vgl. BT-Drucks. 10/4630, S. 56). Zwar brachte die - später auch ins Baugesetzbuch übernommene - Regelung in § 3 BauGB-Maßnahmegesetz wieder eine Erweiterung der gemeindlichen Vorkaufsrechte. Damit sollte jedoch lediglich die zügige Bebauung von noch im Bebauungsplan festzusetzenden Wohnbaugebieten erleichtert (vgl. RegE, BT-Drucks. 11/6508, S. 1, 11; auch § 1 Abs. 1 BauGB-MaßnG) bzw. dem Anliegen einer verstärkten Ausweisung und Bereitstellung von Bauland vor allem für Wohnbauzwecke Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drucks. 12/4047, S. 2). Ein seinerzeit vom Bundesrat angeregtes umfassendes Vorkaufsrecht auch zur Baulandbevorratung (BT-Drucks. 12/4208, S. 7) sollte gerade nicht eingeführt werden (vgl. auch BT-Drucks. 12/4208, S. 22 f.). Auch mit der Übernahme dieser Regelung ins Baugesetzbuch wurde lediglich das Ziel einer beschleunigten Bereitstellung von Bauland weiterverfolgt (vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 33 f.). Die vom Bundesrat verlangte Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf alle Bauflächen (vgl. BT-Drucks. 13/7886, S. 5) war demgegenüber nicht Gesetz geworden (vgl. bereits die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses BT-Drucks. 13/8019).

(1) Inwiefern bereits mit der Vergrößerung des kommunalen Eigentumsanteils an Grundstücksflächen in einem als Wohnbaufläche dargestellten Gebiet konkret dem Anliegen des Gesetzgebers entsprochen würde, beschleunigt Wohnbauland bereitzustellen, ist nicht zu erkennen. Auch wenn die entsprechenden Angaben über den Verwendungszweck, deren Anforderungen sich nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls bestimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.), so zu verstehen sein sollten bzw. - falls es sich insofern um eine bloße Ordnungsvorschrift handelte (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 22) - zumindest objektiv davon auszugehen wäre, dass die Vergrößerung des kommunalen Eigentumsanteils selbstredend einmal dem Wohnungsbau zugute kommen sollte, weil auch das erworbene Grundstück für eine Wohnnutzung in Frage käme, änderte dies nichts an der fehlenden Konkretheit einer solchen Verwendungsabsicht. Auf eine solche kann indes mit Rücksicht auf den mit diesem Vorkaufsrecht verfolgten Zweck und den Umstand nicht verzichtet werden, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts zwar nicht - wie bei der Enteignung - erfordern (vgl. § 87 Abs. 1 BauGB), aber doch insofern rechtfertigen muss, als im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit a n g e s t r e b t werden müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990, a.a.O.). Es genügt daher auch für das ins Baugesetzbuch übernommene Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht keineswegs, dass dieses nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB entstanden war und grundsätzlich auch zu seiner Ausübung berechtigte (vgl. BT-Drucks. 11/6508, S. 14). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass dieses Vorkaufsrecht bei materieller Planreife des Flächennutzungsplanentwurfs ggf. auch bereits nach Beginn der öffentlichen Auslegung ausgeübt werden k a n n (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 3 BauGB; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71h; W. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 18g; hierzu auch das sog. Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB). Denn dass im vorliegenden Fall überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit (durch eine dem Flächennutzungsplan entsprechende Verwendung des Grundstücks als Wohnbauland) auch nur a n g e s t r e b t worden wären, ist nicht zu erkennen, nachdem nach den insoweit zeitlich und inhaltlich noch völlig unbestimmten (vgl. BT-Drucks. 11/6636, S. 27) Planungsvorstellungen der Beklagten, die hier auch nicht mit dem Plangeber des Flächennutzungsplans identisch ist, "(wenn überhaupt) erst langfristig mit einer Überplanung gerechnet werden kann" (vgl. internes Schreiben des Planungsamtes der Beklagten vom 07.03.2007 an die städtische Finanzverwaltung/Liegenschaftsabteilung und das Schreiben an den Beigeladenen vom 06.11.2006). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von denjenigen, die den Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20.06.2003 - 3 UE 371/03 - (BRS 66 Nr. 123) und des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 09.03.2006 - Au 5 K 05.18 -) zugrunde lagen, wo jeweils gerade von einer angestrebten Verwendung entsprechend dem Flächennutzungsplan ausgegangen wurde. Dass vorliegend noch keinerlei konkrete Planungsvorstellungen bestanden, wird auch in den Ausführungen zur Abwendung des Vorkaufsrechts, dem Vermerk der Liegenschaftsabteilung vom 12.03.2007 und dem von einer Stadträtin erhobenen, offenbar nicht widerlegten Einwand deutlich. Von einer Rechtfertigung des Wohls der Allgemeinheit in obigem Sinne könnte aber nur ausgegangen werden, wenn zumindest in absehbarer Zeit ein Bebauungsplan für Wohnbauzwecke aufgestellt werden sollte (vgl. BT-Drs. 11/6636, S. 27).

Soweit die Beklagte darauf abhebt, dass das Flächennutzungsplan-Vorkaufsrecht zeitlich nicht begrenzt sei, trifft dies zwar auf seine Entstehung und die spätere grundsätzliche Berechtigung zu seiner Ausübung zu; auch kommt es nicht darauf an, ob bzw. wann das Grundstück letztlich Wohnbauzwecken zugeführt wird (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 33; hierzu auch HessVGH, Urt. v. 20.06.2003 - 3 UE 371/03 -, BRS 66 Nr. 123; BVerwG, Urt. v. 15.03.1995 - 4 B 33.95 -, Buchholz 406.11 § 24 BauGB Nr. 6). Dies ändert aber nichts daran, dass die A u s ü b u n g des der Gemeinde grundsätzlich zustehenden Vorkaufsrechts im Zeitpunkt seiner Ausübung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids auch vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein muss (vgl. § 24 Abs. 3 BauGB). Und davon kann nicht die Rede sein, wenn zu diesem Zeitpunkt noch völlig offen ist, ob mit der Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt dem gesetzlich vorgegebenen Zweck entsprochen wird, insbesondere auch noch keinerlei Planentwürfe oder informelle Planungen vorliegen. Ob insofern nicht nur genügte, dass ein Bebauungsplan in absehbarer Zeit (vgl. BT-Drucks. 11/6636, S. 27; Roos in: Brügelmann, BauGB <Stand April 2008>, § 24 Rn. 71b) bzw. in einem überschaubaren Zeitraum (vgl. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 31) aufgestellt werden soll, sondern mit einem solchen demnächst (vgl. Paetow, a.a.O., § 24 Rn.27) oder gar alsbald (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77: dann regelmäßig erfüllt; Roos in: Brügelmann, BauGB <Stand April 2008>, § 24 Rn. 71a) zu rechnen sein muss, kann hier dahinstehen. Insofern bestünde allerdings noch kein Widerspruch dazu, dass ein Grundstück bei Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht alsbald plangemäß verwendet werden muss (hierzu LG Karlsruhe, Urt. v. 15.07.1983 - O (Baul) 10/83 -, VBlBW 1985, 72); denn bei einem Vorkaufsrecht besteht anders als hier bereits ein Bebauungsplan(entwurf). Zur Bewältigung eines dringenden Wohnungsbedarfs (vgl. § 1 BauGB-MaßnG) braucht ein solcher freilich im Hinblick auf die Gemeinwohlrechtfertigung nicht aufgestellt zu werden (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77).

Auch der Hinweis der Beklagten auf die regelmäßig fehlende Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans führt vorliegend nicht weiter. Diese rechtfertigt es lediglich, die Angabe des Verwendungszwecks (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB) inhaltlich nicht streng auf das Grundstück zu beziehen, um das Vorkaufsrecht nicht weitgehend leerlaufen zu lassen. Insofern genügte es, wenn das Grundstück zur Verwirklichung der Wohnflächen- bzw. Wohngebietsdarstellung verwendet werden soll, ohne dass die spezifische Grundstücksnutzung schon feststehen muss (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 80; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71c; hierzu auch BGH, Urt. v. 07.03.1975 - V ZR 92/73 -, MDR 1975, 565). Daran, dass die Verwirklichung der Wohnflächen- bzw. Wohngebietsdarstellung auch in zeitlicher Hinsicht konkret beabsichtigt sein muss, ändert dies nichts.

(2) Soweit die Beklagte daneben auf die innerhalb von Entwicklungsgebieten grundsätzlich zu betreibende "Vorratshaltung" bzw. auf den Erwerb von Manövriermasse bzw. von Austausch- und Ersatzland verweist, vermag dies allein die Ausübung des Flächennutzungsplan-Vorkaufsrechts ebenfalls nicht vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt erscheinen zu lassen (anders mglw. Krautzberger, a.a.O., § 24 Rn. 23; unklar Stock, a.a.O., § 24 Rn. 77). Die Beklagte übersieht, dass dies ungeachtet dessen, dass die Regelung des Vorkaufsrechts nach Übernahme der Regelungen des BauGB-Maßnahme-gesetz ins Baugesetzbuch zwar wieder erheblich ausgeweitet wurde und von den Gemeinden durchaus auch als Instrument gemeindlicher Bodenpolitik eingesetzt werden kann, nur im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Vorkaufszwecke geschehen kann. Ein umfassendes allgemeines Vorkaufsrecht steht ihr nicht zu; das bisherige Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- und Ersatzland (§ 25a BBauG) ist schließlich bereits mit Inkrafttreten des Baugesetzbuchs entfallen. Auch der Erwerb von Grundstücken als Austausch- und Ersatzland kommt daher nur mehr im Rahmen der Zweckbindung der verbliebenen Vorkaufsrechte in Betracht (vgl. Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 21; wohl auch BT-Drucks. 10/4630, S. 56; Stock, ZfBR 1987, 10 <13f.>). Hier ist jedoch auch nicht entfernt zu erkennen und schon gar nicht belegt, dass das in Rede stehende Grundstück konkret benötigt würde (W. Schrödter in Schrödter, BauGB, § 24 Rn. 19), um durch einen späteren Tausch zumindest mittelbar anderweit den Wohnungsbau zu fördern oder zu erleichtern (vgl. Roos, a.a.O., § 24 Rn. 71e; BT-Drucks. 11/6636, S. 27; vgl. zum Erwerb von Tauschland in einem Sanierungsgebiet VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.03.1996, a.a.O.). Reine bzw. allgemeine bodenpolitische Erwägungen, insbesondere eine Vorratshaltung ("Horten" bzw. "Hamstern"; hierzu auch BGH, Urt. v. 03.07.1975, a.a.O.) im Hinblick auf irgendwelche öffentliche Zwecke vermögen daher im Hinblick auf die strenge Planakzessorietät dieses allgemeinen Vorkaufsrechts (vgl. BayVGH, Urt. v. Urt. v. 26.06.1985, a.a.O.) dessen Ausübung nicht zu rechtfertigen (vgl. Stock, a.a.O., § 24 Rn. 64; Roos, a.a.O., § 24 Rn. 38, 71e; Krautzberger, a.a.O., § 24 Rn. 23; Paetow, a.a.O., § 24 Rn. 21; W. Schrödter, a.a.O., § 24 Rn. 30, 31). Daran ändert auch nichts, dass das in Rede stehende Grundstück teilweise objektiv für eine Wohnnutzung in Frage kommt (anders wohl HessVGH, Urt. v. 20.06.2003, a.a.O., Beschl. v. 23.08.2002 - 3 UZ 2064/02 -; ebenso VG Augsburg, Urt. v. 09.03.2006, a.a.O.)-

Nach alldem musste die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss vom 25. Juni 2009

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festgesetzt, da davon auszugehen ist, dass die Beklagte als Berufungsführerin lediglich öffentliche Interessen verfolgt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.03.2009 - 8 S 31/08 -). Insofern war an der (an der Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren <vgl. Ziff. 9.6.1 des Streitwertkatalogs 2004> orientierten) vorläufigen Festsetzung nicht festzuhalten. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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